Intensität der Jungrinderaufzucht dem Wachstumspotential der Tiere anpassen Dr.Katrin Mahlkow-Nerge und Sönke Huuck, Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein Das Ziel der Jungrinderaufzucht besteht darin, gut entwickel- suchungen durch die Erfassung der täglichen Futtermenge je te, gesunde und leistungsbereite Tiere für die Milchkuhherde Altersgruppe in der Zeit von Ende September 2010 bis Ende bereitzustellen. Für Kühe der Rasse Schwarzbunt wird dabei ein Februar 2011. Über die gesamte Aufzuchtphase vom 6. bis Erstkalbealter von 24 bis 26 Monaten angestrebt. Die Erstbe- zum 22. Lebensmonat zeigt sich beim Gewichtsverlauf (Über- samung hat dafür bei einem Mindestgewicht von 400 kg zu sicht 1) eine absolute Übereinstimmung mit den Literaturan- erfolgen, was i.d.R. einem Erstbesamungsalter von ca. 14 bis gaben (für schwarzbunte Jungrinder mit einem Erstkalbealter 15 Monaten entspricht. von 24 Monaten). Lebenstagszunahmen von durchschnittlich 800 g für die ge- Übersicht 1: Gewichtsentwicklung der Futterkamper Jungrinder im Vergleich zu den Angaben in der Literatur samte Aufzucht – das entspricht 850 g im ersten und 750 g im zweiten Lebensjahr – sind hierfür erforderlich. Es hat sich über lange Zeit in den Milchkuhbetrieben in den ersten 12 Lebensmonaten eine intensive Fütterungsstrategie und in dem nachfolgenden 2.Aufzuchtjahr dann eine deutlich weniger intensive Rationsgestaltung durchgesetzt. Jedoch mehren sich die Beobachtungen, dass in der Praxis heutzutage z.T. erheblich früher als empfohlen der Wechsel von der energie- und nährstoffreichen Ration zur energiereduzierten Fütterung erfolgt. Damit sollen einerseits ein frühes Verfetten der Tiere und andererseits eine zu frühe Besamung mit 12 Monaten vermieden werden. In Futterkamp geht man ebenfalls seit 2 Jahren diesen Weg. Gewichtsentwicklung Im Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp werden die Jungrinder in einem dreiseitig geschlossenen Laufstall mit Hochboxen (Kammaufstallung) und Spaltenboden gehalten. Jedem Tier steht eine Liegebox zur Verfügung. Bei einer 100 %igen Belegung ergibt sich ein Tier-Fressplatz-Verhältnis von 2:1. Die Futtervorlage erfolgt täglich einmal in Form von gemischten Rationen. In die Auswertungen wurden 246 Jungrinder vom 6. bis 22.Lebensmonat (entspricht der Aufzuchtdauer im Futterkamper Jungrinderstall) einbezogen, von denen insgesamt 864 Gewichtsbestimmungen vorlagen. Ergänzt wurden die Unter1/3 Kälber können in den ersten 6 Lebensmonaten über 900 g Tageszunahmen erreichen. Damit erreichen die Tiere – wie vorgesehen – mit einem Alter Jungrinder erhielten maximal bis zum 8.Lebensmonat (Gewicht von 14 Monaten das erforderliche Erstbesamungsgewicht von < 300 kg) eine betriebsübliche energiereiche Futterration, die der 400 kg. Im Verlaufe der weiteren Entwicklung erzielen die Tiere Teilmischration der laktierenden Milchkühe (für eine Milchleis- ein Gewicht zur ersten Kalbung von über 600 kg. Die entspre- tung von 24 kg/Kuh und Tag) entsprach (Übersicht 3). chende Lebendmassezunahme (LMZ) von der Geburt bis zum jeweiligen Lebensmonat zeigt Übersicht 2. Übersicht 2: Gewichtszunahme der Tiere von der Geburt bis zum jeweiligen Lebensmonat Übersicht 3: Zusammensetzung und Eckparameter der Futterrationen für die Jungrinderaufzucht Futtermittel bzw. Rationseckwerte Ration für Jungrinder Ration für Jungrinder bis einschließlich ab 9.Lebensmonat 8.Lebensmonat Futtermittel (Angaben in % der TM) Grassilage 1.Schnitt 33 60,7 Maissilage 52 18,3 Weizenstroh Im Durchschnitt wiesen die Tiere am Ende des ersten Jahres ei- 20,1 Rapsextraktionsschrot 4,6 Rapskuchen 4,7 Sojaextraktionsschrot (44 % XP) 4,6 Mineralfutter (für ­Trockensteher, Ca-frei) 0,6 0,7 Futterkalk 0,5 0,2 Rationseckwerte ne tägliche Zunahme (ab der Geburt) von 880 g auf. Bei einem Energie, MJ NEL/kg TM 6,8 5,9 Alter von 22 Monaten – kurz vor Eingliederung in den Kuhbe- Energie, MJ ME/kg TM 11,3 9,8 reich – ergab sich durchgängig für die gesamte Aufzucht eine XP, % der TM 15,8 12,6 mittlere Tageszunahme von 800 g. Das mittlere Geburtsgewicht nXP, g/kg TM 152 134 der 246 Tiere betrug 43 kg (Schwankungsbreite: 29 bis 64 kg). XF, % der TM 18,6 27,4 Fast 50 % der Tiere (n=122) wogen bei der Geburt zwischen 41 Zucker + Stärke, % der TM 22 9,6 und 44 kg (im Durchschnitt 43 kg). Nahezu ein Drittel (n=79) war schwerer als 44 kg (im Durchschnitt 46 kg) und 18 % der Die von Ende September 2010 bis Ende Februar 2011 täglich Kälber (n=45) war bei der Geburt leichter als 41 kg (im Durch- erfassten Futtermengen für die einzelnen Altersgruppen in den schnitt 39 kg). Die leichteren Tiere mit einem Geburtsgewicht verschiedenen Abteilen (wöchentliche TM-Bestimmung beider von 40 kg bzw. weniger wiesen am Ende des ersten Lebensjah- Rationen) zeigt im Vergleich mit den Bedarfsempfehlungen der res lediglich eine um 20 g geringere durchschnittliche Tages- Gesellschaft für Ernährungsphysiologie (GfE, 2001) eine allge- zunahme auf als die Tiere mit einem höheren Geburtsgewicht. mein große Übereinstimmung (Übersicht 4). Die Gewichtsentwicklung der Jungrinder verlief insgesamt wie erwartet und auch entsprechend der Literaturangaben. Für die Altersstufen der Jungrinder in den Abteilen 1 bis 5 entsprach die durchschnittliche Futteraufnahme (im Gruppen- Fütterung und Futteraufnahme mittel) weitestgehend den Angaben der GfE, obwohl bereits Die Fütterungsintensität wurde jedoch im Gegensatz zur langjäh- bei den Jungtieren des Abteils 2 (bis auf einen Monat), also bei rig etablierten Strategie – in den ersten 12 Lebensmonaten (bis Rindern mit durchschnittlich 300 kg, eine energiearme Ration ca. 350 kg Lebendmasse) intensiv, d.h. mit einer energiereichen gefüttert wurde. Die größeren Jungrinder des Abteils 6 mit Ration und im nachfolgenden 2.Aufzuchtjahr weniger inten- durchschnittlich 18,9 Monaten nahmen hingegen durchschnitt- siv, d.h. mit einer energiearmen Futterration – verändert. Die lich 2 kg TM/Tier und Tag und damit täglich 10 MJ ME mehr auf. 2/3 Übersicht 4: Futteraufnahme und Gewichtsentwicklung Standort (Abteil) und mittlere Gruppengröße Abteil 1: 13 Tiere Mittleres Alter (Monate) Gewicht (kg) [Min-Max*] [Min-Max*] Futter- und Energieaufnahme (täglich erfasstes Gruppenmittel) kg TM/ Tier und Tag MJ ME/ Tier und Tag Futter- und Energieaufnahme (GfE, 2001)*** für LMZ 850g kg TM/ Tier und Tag MJ ME/ Tier und Tag 6,5 [5,0-7,6] 230 [196-285] 4,6 53 Abteil 2: 17 Tiere 9 [5,9-12,0] 296 [222-340] 6,6 66** Abteil 3: 17 Tiere 11,9 [9,5-13,7] 351 [292-422] 6,7 66 6,5-7 72 Abteil 4: 18 Tiere 13,8 [11,8-16,0] 410 [344-460] 7,9 77 7-8 80 Abteil 5: 19 Tiere 16,2 [13,3-20,2] 480 [400-588] 8,4 83 8-9,5 89 Abteil 6: 16 Tiere 18,9 [15,6-24,7] 527 [467-630] 11,4 111 8,5-10,5 101 für LMZ 900 g kg TM/ Tier und Tag MJ ME/ Tier und Tag 4-6 54 6-6,5 63 * der Einzeltiere ** Tiere des Abteils 2 sind 1 Monat lang mit der energiereicheren Ration versorgt worden *** bei vergleichbarem Gewicht und Tageszunahmen Die Fütterungsintensität kann dann bereits um den 7.bis 9.Monat (Ration links im Bild) reduziert werden. Dabei ist aber das Wachstum der Tiere regelmäßig zu kontrollieren. Fazit den 7.–9.Monat erfolgen. Damit würde sich die Fütterungsinten- Kälber der Rasse Schwarzbunt können bei guten Haltungs- und sität dem Futteraufnahmevermögen und der Futtereffizienz der Fütterungsbedingungen im ersten Lebenshalbjahr mit über 900 g Tiere anpassen, um die gewünschten Zunahmen zu erreichen. sehr hohe Tageszunahmen erreichen. Werden sie das gesamte zweite Lebenshalbjahr auch weiterhin mit sehr energiereichen Rationen (zumeist Ration der laktierenden Kühe) versorgt, droht bereits lange vor dem Besamungstermin eine Verfettung der DER DIREKTE DRAHT Tiere. Deshalb sollte – unter intensiver Beobachtung der Jungrin- Dr. Katrin Mahlkow-Nerge, Landwirtschaftskammer deraufzucht – der Wechsel von der energiereichen zu einer nähr- Tel.: 04381/900949, eMail: [email protected] stoff- und energiereduzierten Ration (i.d.R. ohne Kraftfutter) nicht Sönke Huuck, Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp erst mit bzw. nach dem 12. Lebensmonat, sondern bereits um Tel.: 04381/900918, eMail: [email protected] Redaktion Proteinmarkt c/o AGRO-KONTAKT Hermannshof, 52388 Nörvenich Tel.: (0 24 26) 90 36 14 Fax: (0 24 26) 90 36 29 eMail: [email protected] 3/3 proteinmarkt.de ist ein Infoangebot vom Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland e. V. (OVID) in Zusammenarbeit mit der Union zur Förderung von Oelund Proteinpflanzen e. V. (UFOP).