ZEITUNG 15.6.15 „Common Ground“, Maxim Gorki Theater Berlin 18. INTERNATIONALE SCHILLERTAGE MIT FREUNDLICHER UNTERSTÜTZUNG VON N 02 O BÖHMISCHES BAMBI SCHILLERS „DIE RÄUBER“ ZUM AUFTAKT DER SCHILLERTAGE. CALIXTO BIEITO WAR AUCH BETEILIGT. INHALT Festivalzeitung der 18. Internationalen Schillertage | Ein Projekt zur Förderung des ZEITUNG 02/15.6.2015 kulturjornalistischen Nachwuchses 10 LOHNT HOFFNUNG? FISHERS OF HOPE. TAWERET 11 AUSGESCHLOSSEN 04 05 DIE UNVERMEIDBARKEIT VON ANGST UND HASS BURN MUKWEREKWERE BURN MARSCHIEREN, SCHIESSEN, GASMASKEN ANZIEHEN KRIEGERINNEN von dem Gesang des Geliebten.“ Nach zwei Stun- ist, erzählt der Sound schon von der nächsten Szene, ater Mannheim. Noch bevor irgendwelche Brüder den Spielzeit wird sich zeigen, dass Amalias Ende vom Abbrennen einer Stadt durch die Räuberbande. irgendwelche Väter hintergehen, hinunter in den eigentlich ein nicht vorauszuahnender Moment ge- Da vermag sich etwas Gespenstisches zu erzählen, Kerker bannen und hernach noch an ihrem Tod wesen ist. die Laube avanciert zum Geisterhaus, in dem die von vorne anzufangen. Angefangen wurde aber etwas: Die 18. Internationalen Schillertage mit der Premiere der „Räuber“ von Friedrich Schiller in einer Inszenierung von Calixto Bieito. Genau 233 Jahre und 5 Monate nach der Uraufführung des Textes in eben dieser Stadt. Franz, der mit dem Regenmantel auftritt, tritt nämlich nicht ohne Grund mit dem Regenmantel auf. Er ist nicht nur an Liebe zu kurz gekommen, die Inszenierung liefert den einfachen Grund für sein Intrigieren und Brutalisieren schon bald: Der alte Moor schlägt ihn mit dem Gürtel und hat das wohl öfter schon getan. Später kleidet sich Franz wie der Vater zuvor. Jaja, da müssen wir die Köpfe schütteln. Wie HERAUSGEBER Ob es am 13. Januar 1782 in Mannheim geregnet hat die Väter, so die Söhne und wenn einer aus solchen Nationaltheater Mannheim oder nicht, ist heute schwer zu sagen und tut auch Verhältnissen kommt, wenn der nie was anderes ge- nicht so viel zur Sache, weil es auf der Bühne am lernt, jaja, dann kennt der nichts anderes und kann 12. Juni 2015 definitiv bereits geregnet hat. Überall immer nur wiederholen, was an ihm schon getan Burkhard C. Kosminski noch die Lachen. Über allem noch Nebel. Deswegen worden war. GESCHÄFTSFÜHRENDER INTENDANT NATIONALTHEATER MANNHEIM tritt Sascha Tuxhorn als Franz Moor im Regenman- Dr. Ralf Klöter rig Cello. Ob das wohl eine Vorahnung ist, wenn sie tel auf und Katharina Hauter spielt als Amalia trau- Die Bühne von Kathrin Younes liefert dafür vielleicht eine gelungene Andeutung. Es gibt eine wei- REDAKTION diese automatisch bewegliche Gartenlaube ganz vieles und hauptsächlich Bühnenelement ist. Ist zum Beispiel denkbar auch als finnische Sauna, in der sich die Herren vom Moor mal wieder ausziehen, oder auch als recht großer vollautomatisierter Staubsauger, der den ganzen geschichtlichen Morast einfach wegsaugen könnte. ALLE GUT AUF KOKAIN Davor noch hängt David Müller als Hipster Karl mit dem Yuppie Spiegelberg ab. Eine Räuberbande wird gegründet. Die sind alle gut auf Kokain. Haben keine weiße Nasen, gestikulieren und artikulieren aber so. Haben rote Hände und also gemordet. Ma- Böhmischen Wäldern. Was gegründet scheint, wird Knobloch, Nane Krüger, Christine Lauck, am Ende zu einer Masse, die sich am Räuberhaupt- Sabine Schmidt, Franziska Weber mann wie an dem Bambi Genüge tut und den armen REDAKTIONSASSISTENZ Mann alleine lässt. Rückwärts gehen die etwa 40 Michelle Wießner Personen von der Bühne. Dann scheint es, als hät- REDAKTIONSLEITUNG ten diese Zombies mit den roten Händen, und wer Jürgen Berger, Christine Wahl 12 PROGRAMM / SERVICE aber nur vielleicht eine gelungene Andeutung, weil laut Videoprojektion wahrscheinlich Bambis in den Gindlstrasser, Jana Kamm, Marlene THE SEASON OF IMMIGRATION TO THE NORTH grauslichsten Dinge schon geschehen sind. Das ist chen nicht nur Schwüre und Narben, sondern essen Ronja Auerbacher, Lena Fiedler, Theresa Luise weiß warum, sich im Ganzen an dieser Familie ver- PROJEKTLEITUNG gangen. Sandra Strahonja GESTALTUNG An einer haben sie sich definitiv vergangen, näm- formdusche, Berlin lich an Amalia. Am Ende, wenn Franz und der alte LAYOUT Moor schon tot sind, wird Amalia auf Einladung von Angela Aumann, Berlin Karl von der Räuberbande vergewaltigt. Deswegen FOTO bittet Amalia dann um ihren Tod. Hier passiert das Hans Jörg Michel, Christian Kleiner, Unerwartete. Es wird gespielt. Figuren sprechen, Thu Trang Ly / LYS handeln gegeneinander. Das ist ein bisschen mehr FUNDRAISING: als ein Bild zu einem Satz, das ist eine Szene, die mit Anita Kerzmann, Linda von Zabienski einem Text etwas anstellt. Das ist eine Lesart, die DRUCK das Spiel gründet und ausfüllt, keine bloße assozi- Mannheimer Morgen Großdruckerei GmbH ative Bebilderung mehr. Dummerweise ist das aber 06 GESCHICHTE ERZÄHLEN COMMON GROUND 08 WACKELPUDDING FÜRS VOLK MARIA STUART schwebt. Wenn Franz Herr vom Schloss geworden nach dem Gewitter auf der Bühne im Nationalthe- INTENDANT SCHAUSPIEL UND KÜNSTLERISCHER LEITER DER 18. INTERNATIONALEN SCHILLERTAGE 09 GRENZANLAGEN #02 AUSGESCHLOSSEN 03 ße Gartenlaube, die immer wieder über die Bühne ist’s, eingewiegt zu werden in den Schlaf des Todes also immer schon schwierig gewesen, irgendetwas VERANSTALTER 04 SOLDATINNEN SWR2 FORUM schon am Anfang spricht: „Ja süß, himmlisch süß schuldig werden, hat es schon geregnet und ist es IMPRESSUM 03 BÖHMISCHES BAMBI DIE RÄUBER Es ist nach dem Gewitter. Nicht in Mannheim, weil: Der Stadt steht der Regen noch bevor. Es ist ZEITUNG 02/15.6.2015 ➥ nur ein unerwarteter Moment. HERZLICHEN DANK! So wie die Zombies stumm ins Publikum blicken, Die 18. Internationalen Schillertage wurden ermöglicht und gefördert durch so sprechen die Figuren ihren Text eben dort hin. Die Reduktion des Personals reißt manchmal eine gewitzte Querverbindung an, Kürzungen des Textes hätten den Abend zu einem luftigen und irgend- Die 18. Internationalen Schillertage danken ihren Sponsoren und Kooeprationspartnern wohin gerichteten machen können. Es wurde aber BUCHBINDER Deklamation plus Bild. Das ist alles irgendwie nur Mediepartner 2 malerisch. THERESA LUISE GINDLSTRASSER Spielstättenpartner Boris Koneczny, David Müller, Foto: Hans Jörg Michel 3 SWR2 FORUM: DIE FRAU AN DER WAFFE hung ausschlaggebend gewesen. Mehr Notlage als sich die Frage nach der Frau an der Waffe. Erst seit individuelle Entscheidung. Sowohl Miriam Tscholl 2001 dürfen Frauen Soldatinnen bei der Bundes- als auch Christine Eifler sprechen über sexuelle Ge- wehr werden. Ist dies ein notwendiger Schritt zur walt im Krieg. Sexuelle Übergriffe seien von höher- Gleichstellung der Frau? Was passiert, wenn Frauen rangigen Offizieren an Soldatinnen verübt worden. in eine geschlossene Männergesellschaft eindrin- Einige Frauen kamen dann mit einem Kind aus dem gen? Dazu lud Ursula Nusser, Redaktionsleiterin Krieg zurück und wurden in der Heimat als Prosti- der Reihe SWR2 Forum, die Regisseurin Miriam tuierte diffamiert. Tscholl, die Militärsoziologin Prof. Dr. Christi- ➥ Manja Wollweber spricht von sich selber als typischer Frau. Sie ist groß, dünn, blond und Hauptmann in der Bundeswehr. Anlässlich der Inszenierung „Kriegerinnen“ der Mannheimer Bürgerbühne diskutiert sie mit drei anderen Frauen im SWR ne Eifler und Manja Wollweber zum Gespräch ins Mannheimer Nationaltheater. auch heute in der Bundeswehr ein Problem, das nicht ausreichend thematisiert werde. Häufig gehe Manja Wollweber erzählt, sie habe sich beweisen es um Konkurrenzkämpfe, die gewaltsam entschie- wollen und sei im Beruf immer strenger gewesen als den würden. Sie erzählt, viele Männer hätten sie ihre männlichen Kollegen. Die harten Anforderun- nicht als weiblichen Hauptmann akzeptiert. Die gen in der Männerdomäne und der raue Umgangs- Gründe dafür liegen Christine Eifler zufolge im ton seien eine Herausforderung gewesen. Wollwe- tradierten Männlichkeitsideal. Interessant wurde bers Vater war Soldat und der Beruf für sie nichts die Diskussion bei der Frage: „Warum sind weiblich Fremdes. Miriam Tscholl berichtet, dass für ihr Bür- besetzte Berufsfelder stark entwertet und führt die gerbühnen-Projekt „Kriegerinnen“ Frauen aus ver- Aufnahme von Frauen zu einer Abwertung der Bun- schiedenen Ländern nach ihrer Motivation befragt deswehr?“. Eiflers empirische Daten besagen, dass wurden, in den Krieg zu ziehen. Eine der Antwor- die Bewerbungen von Frauen für die Bundeswehr ten: „Beim Militär sind wir frei und gleichberech- zurückgehen. Männer, so Eifler, hätten wohl ein tigt.“ So ähnlich klingen die Motive vieler Frauen. gezieltes Interesse an der Bundeswehr als Männer- Christine Eifler spricht in diesem Zusammenhang bund. von der Erschließung einer Machtressource. Die Frauen wollten eine andere Perspektive, die ohne den Militärdienst nicht möglich gewesen wäre. ZEITUNG 02/15.6.2015 Manja Wollweber berichtet, sexuelle Gewalt sei Diese Frage allerdings wurde von Miriam Tscholl schon am Anfang kommentiert. Auf die Frage, ob sie es gut finde, dass Frauen Soldatinnen sind, er- Miriam Tscholl erzählt, solche individuellen Ent- widert Miriam Tscholl trocken: „Ich finde es über- scheidungen seien in den östlichen Ländern in äl- haupt nicht gut, das irgendjemand Soldat ist.“ Da- terer Generation nicht getroffen worden. In den gegen steht: Es ist irrelevant, ob man es gut findet, Interviews mit russischen Partisaninnen sei häufig dass Frauen zur Bundeswehr gehen. Wichtig ist, die Idee des Kommunismus, aber auch die Bedro- dass sie die Möglichkeit haben. LENA FIEDLER DIE UNVERMEIDBARKEIT VON ANGST UND HASS GILES RAMSAYS UND BLESSING HUNGWES „BURN MUKWEREKWERE BURN“, EINE ANNÄHERUNG AN DIE VERWERFUNGEN DES SÜDAFRIKANISCHEN RASSISMUS ➥ Zum dritten Mal arbeitet der britische Regisseur Shona aus der simbabwischen Hauptstadt Harare. vier Schauspieler als feilschende Straßenverkäufer Giles Ramsay zusammen mit dem simbabwischen Im Gegensatz zu den Shona, die Robert Mugabe un- mit bunten Plastikhüten durch die Reihen der Kir- Autor Blessing Hungwe. Das Ergebnis ist eine er- terstützen, stehen die Ndebele den hauptsächlich in chenbänke und offerieren lauthals Modeschmuck. schreckende politische Momentaufnahme und eine Südafrika lebenden Zulu nahe. In Khayelitsha aber, Eine Zuschauerin zückt einen Fünf-Euro-Schein. universelle Aussage über Immigration, Fremden- einem der größten Townships am Rande Kapstadts, Sie ersteht eines der Teile und ist ob des fehlenden feindlichkeit und die Möglichkeit einer Freund- sind die beiden verfeindeten Männer gleich: Sie Rückgeldes verwundert. Da ist aber auch Verunsi- schaft. sind Amakwerekwere, im südafrikanischen Slang cherung: Können wir, das europäische Premieren- steht das abwertend für Ausländer. Dort müssen publikum, diesen Theaterabend ausschließlich aus sie sich nicht nur mit der hiesigen Xenophobie, son- einer geographischen, kulturellen und emotionalen dern auch mit ihren eigenen Vorurteilen und der Distanz betrachten? Hungwe und Blessing zeichnen das Bild einer gewaltvollen Grenzregion zwischen Simbabwe und Südafrika. Geprägt wird sie von Fremdenfeindlichkeit zwischen dunkelhäutigen Afrikanern. Ausgangspunkt ist das Jahr 1987: Seither wird Simbabwe von Robert Mugabe diktatorisch regiert. Manja Wollweber, Foto: Christian Kleiner Millionen Simbabwer versuchen dem Hunger, der Arbeitslosigkeit und Unterdrückung zu entkommen und fliehen ins benachbarte Südafrika. Dort AUSGESCHLOSSEN 03 aber sind sie immer wieder fremdenfeindlicher Gewalt ausgesetzt. Zahlreiche südafrikanische Gangs haben es sich zur Aufgabe gemacht, „Ausländer“ anzugreifen und zu töten. Aufgewachsen in einer Oberpfälzer Kleinstadt, fällig frisierten Jugendlichen zu setzen, aus deren Die Frage, die sich stel- kommen mir als erste Assoziation zum Thema „Aus- Lautsprechern Punkmusik dröhnt. Dabei wäre doch len sollte, ist damit keine geschlossen“ all die urigen Gasthäuser in den Sinn, beides theoretisch problemlos möglich. Lassen wir nach einer sich zwanghaft deren Betreten mir verwehrt blieb. Der Grund: Ein „geschlossene Gesellschaften“ in unserem Alltag öffnenden laminiertes Blatt Papier, von Zeit zu Zeit auch ein also sogar freiwillig entstehen? in der jeder mit jedem in hölzernes Türhängeschild, mit der Aufschrift: „Geschlossene Gesellschaft“. Selbige bestand in der Regel aus Mitgliedern des örtlichen Kegel- oder Schützenvereins oder aber – bei Lokalen mit Wintergarten und gehobenem Preisniveau – aus geladenen Gästen von Erstkommunionsfeiern, sechzigsten Geburtstagen oder Goldenen Hochzeiten. Stolperte man dann versehentlich doch einmal in einen jener Festsäle, weil man sich auf Bayerns Landstraßen verfahren oder gar besagtes Türschild übersehen hatte, erntete man böse oder allenfalls irritierte Blicke, eine kurzbündige Wegauskunft sowie einen freundlichen Verweis auf die Tür mit dem Hinweisschild. Geschlossene Gesellschaft eben. 4 Foto: LYS abgegrenzte Anzahl von Personen, die als sozial griff als „Gesamtheit der Menschen, die zusammen unter bestimmten politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen leben“ oder aber als „Kreis von Menschen, die gesellig beisammen sind“. Setzen wir den Begriff der Gesellschaft also mit unserem selbstgewählten sozialen Umfeld gleich, so ergibt sich als logische Konsequenz, dass dieses Umfeld in den meisten Fällen in geschlossener Form existiert. Schließlich basiert ja die Beziehung „Zutritt unerwünscht“ ist jedoch gar nicht immer zu befreundeten Kommilitoninnen und Kommilito- der Fall. Theaterstudenten zum Beispiel meiden nen auf gemeinsamen Interessen, Erlebnissen und von sich aus die Cafeteria im Gebäude der Rechts- einer Reihe Insiderjokes, an deren Konstitution der wissenschaften – würde man dort doch ohnehin un- sympathische Jurastudent von nebenan schlichtweg angenehm auffallen, so ganz ohne Anzug oder Blei- nicht beteiligt war. Die Zugehörigkeit zu einem ex- stiftrock. Ebenso wie Liebhaber der elektronischen klusiven Personenkreis scheint für den Menschen Musik wohl gar nicht erst auf den Gedanken kämen, als soziales Wesen also nicht nur notwendig, son- sich an sonnigen Tagen im Park zur Gruppe der auf- dern auch völlig natürlich zu sein. Die deutsche Erstaufführung im Rahmen der Mannheimer Schillertage findet an einem ungewöhnlichen Ort statt: in der „Franklin Chapel“, inmitten einer einstigen Wohnsiedlung der amerikanischen Streitkräfte, 1950 während des Koreakrieges für Simbabwer Njabulo (Blessing Hungwe) und Farai (Anthony Mahetese) aufeinander. Während Njabulo dem Stamm der Ndebele angehört, ist Njabulo ein jamin Franklin Village einer Geisterstadt, und die müssen die Zuschauer zuerst einmal in einem Touristendoppeldecker durchqueren. Das Thema „Tourismus“ findet sich auch in der Inszenierung wieder. Zu Beginn von „Burn Mukwerekwere Burn“ ziehen geschlossenen Auf der Bühne dann: einige Getränkekisten und ein Autoreifen. Njabulo erzählt von seiner Hütte, die in einem Township nahe Kapstadt abgebrannt ist und von einer Hetzjagd auf „Ausländer“, der er entkommen musste. Seine Augen sind weit aufgerissen, den letzten Besitz, eine übergroße geschnitzte Skulptur, umklammert er fest. Er wird verfolgt, im Gegensatz zu Farai, der an der Grenze zwischen Südafrika und Simbabwe lebt. Er schlendert mit überzeugtem Lächeln durch die hinteren Sitzreihen, springt lässig auf die Bühne und wechselt elegant zwischen den Kulturen, Sprachen und Verhaltensmustern: Er spreche fließend Zulu, meint er, und falle als Simbabwer in Südafrika kaum auf. Beide Männer erzählen ihre Geschichte monologisch, ab und an wird das Erlebte durch Dialoge unterstützt. Drei Schauspieler schlüpfen in Nebenrollen, kurz darauf überlassen sie den Protagonisten Sondern eine nach vielen unterschiedliche Merkmale zusammengefasste und interagieren“. Der Duden definiert den gleichen Be- TOURISTENDOPPELDECKER fröhlichem Einklang lebt. Wikipedia beschreibt Gesellschaft als „eine durch Handelnde miteinander verknüpft leben und sozial Gesellschaft, keit auseinandersetzen. Soldatenfamilien erbaut. Heute gleicht das Ben- In „Burn Mukwerekwere Burn“ treffen die beiden ➥ Bedeutung ihrer Landes- und Stammeszugehörig- ZEITUNG 02/15.6.2015 SOLDATINNEN 2 Forum des Nationaltheaters Mannheim und stellt wieder die Bühne. Farai rettet Njabulo das Leben, sozialen und sie verstecken sich ausgerechnet in der Festge- Umfeldern, deren Existenz sellschaft einer russischen Schwulenhochzeit. Da ganz einfach menschlich ist. Wenn wir uns wohl ist wieder Raum für Vorurteile, aber auch für die damit zu fühlen scheinen, Teil einer geschlossenen Auseinandersetzung mit eigenen Ideologien, für Gesellschaft zu sein – ist das dann nicht völlig legi- Reflexionen über den Irrsinn und die Unvermeid- tim? Sind all unsere krampfhaften Anstrengungen, barkeit von Angst und Hass in feindseligen Umge- die Bildung abgegrenzter Personengruppen zu ver- bungen. meiden, damit nicht hinfällig? Vielleicht gilt es, die Natur des Menschen als Herdentier schlichtweg zu Die starke Präsenz der Protagonisten macht es den akzeptieren. Und zu lernen, dass Gruppenzugehö- Zuschauern einfach, sich auf die beiden Biographi- rigkeit nicht zwingend ein Synonym für Ausschluss en und den einnehmenden Erzählstil zu konzent- oder Radikalität ist. Was mit dieser Einsicht ent- rieren. Trotz der aufwühlenden Annäherung an die steht, ist nämlich nicht nur ein neues Bewusstsein Verwerfungen, die der südafrikanische Rassismus für die Rolle des Einzelnen im Geflecht zwischen- zur Folge hat, gelingt Blessing Hungwe und Giles menschlicher Beziehungen. Es ist vor allem ein un- Ramsey mit „Burn Mukwerekwere Burn“ die behut- beschwerter Umgang mit ebendiesem Lebensum- same Annäherung an einen großen Konflikt. Man feld – und die Einsicht, dass uns Grüppchenbildung hört aufmerksam zu und fühlt sich am Ende ein weder zum Mobber noch zum Außenseiter macht. bisschen weniger als Tourist. CHRISTINE LAUCK RONJA AUERBACHER Szene aus „Burn Mukwerekwere Burn“, Foto: Christian Kleiner 5 GESCHICHTE ERZÄHLEN VORSTELLUNG 15. JUNI ORT SCHAUSPIELHAUS DIE ISRAELISCHE REGISSEURIN YAEL RONEN RECHERCHIERTE ZUSAMMEN MIT IHREN SCHAUSPIELER/INNEN IN BOSNIEN. AUS DEM MATERIAL ZUM BALKANKRIEG WURDE DER DOKU-ABEND „COMMON GROUND“. LENA FIEDLER SPRACH MIT VERNESA BERBO, DEJAN BUĆIN UND NIELS BORMANN. Dejan Bućin Circa fünf Monate vor dem Projekt. Im Okto- Fiedler Ist die slowenische Videokünstlerin wirklich mit dem Geld abgehauen, wie Sie es im Stück erzählen? ber 2013 wurde ich von der Dramaturgin Irina Szodruch Bućin angerufen und gefragt, ob ich Lust habe, mich bei einem ist immer noch da und ist nicht abgehauen. Das ist ein Stück zu beteiligen, das sich mit Ex-Jugoslawien be- Running Gag. schäftigt und mit dem Krieg. Dann hatten wir ein erstes Kennenlernen, und ich habe freudig zugesagt. Niels Bormann Ich habe mit Yael schon zwei Stücke gemacht und wusste, dass die Arbeit interessant wird. Das lassen wir mal offen. (Lachen) Nein, also sie Das soll Slowenien symbolisieren, die in die EU reinkommen wollten, um mit dem Geld abzuhauen. und das Grauen. Fiedler Sollen die Bilder, die Sie mit ihren Erinnerungen erzeugen, die Nachrichtenbilder relativieren, die sich Wenn wir ehrlich sind, wissen wir alle, was damals in die auf der Bühne siehst, gehst du bei dem, was sie fühlt Bućin Das wissen wir natürlich nur, weil es uns erzählt und denkt, mit. Dann stellt sich die Frage nach der Rea- wurde. Berbo Die Geschichte, in der du erzählst, dass du LSD in Welt. Dieser Fluss an Informationen, der heute nor- Kreuzberg genommen hast, ist aber wahr, oder, Niels? Niels Was ist LSD??? Alles, was auf der Bühne behauptet wird, hat nebeneinander und gleichzeitig Bestand. Bućin Aber sag es doch einfach, die Sache mit dem LSD Fiedler Niels, am Anfang des Stücks sagen Sie, Ziel war es, mein persönlicher Bezug dazu. Diese Erfahrung in einer stimmt. (Lacht) Was man sehr schnell mitbekommt, ist, alle Parteien an einen Tisch zu bringen. belagerten Stadt, die Erwartung der Spiele. Das ist eine dass die Figur von Niels wie ein Comic-Relief für das Ergänzung zu den kollektiven Bildern. Ganze ist. Das lockert die bedrückte Stimmung ein biss- Fiedler Wie haben Sie nach der Rückkehr weitergemacht? gehabt, alle Konfliktparteien an einen Tisch zu bringen. Als Wissensmotor für den Abend haben mich die Leute Bućin Die ersten zwei Wochen waren reine Tischarbeit. Wir holten uns einfach alle Informationen, die wir zum Anfang der 1990er Jahre finden konnten. Der Anfang des Stücks ist tatsächlich genau das, was man bekommt, wenn man bei Wikipedia das Jahr 1993 eingibt. Gepaart emotionale Abstand war sehr wichtig. Bućin Es wird noch sehr lange dauern, diesen Krieg zu verstehen, weil es so kompliziert ist und die Nachwirkungen immer noch zu spüren sind. Es ging nicht einfach nur um den Sturz eines Diktators, sondern es gibt immer noch die Prozesse in Den Haag. Die Länder beschuldigen sich immer noch gegenseitig des Genozids, und deswegen macht die Distanz von 20 Jahren die Sache nicht unbedingt besser. Je nachdem, wie gerade die politische Lage ist, kocht es dann wieder hoch. wie unsere Erinnerungen an die Zeit aussehen. Daraus Bućin entstand die Idee, das zu kombinieren und auf die Büh- oder? (Lacht) Dass Niels ein Lustiger ist, ist schon ersichtlich Berbo So weit von der Wahrheit ist Niels’ Figur nicht weg. Bormann Ja. „Wir verstehen das nicht.“ Fiedler Haben Sie eine Lösung gefunden? Deutschland kam, war ich überzeugt, dass die Nachrich- Bormann alles treffen wollen. Im Bus dann hatte ich auch schon ten in Deutschland voll mit Meldungen zu Bosnien sein nicht über Ex-Jugoslawien, sondern über Krieg und da- Aufgaben. Ich hab aufgeschrieben, woran ich mich aus müssten. War nicht so. Da kam „Akte X“. Das war das rüber, was er mit Menschen macht. Was einem kleinen Fiedler Wie sind Sie während der Recherchereise mit den den frühen 1990ern erinnere. Welche Lieder ich gehört Hauptthema. Sehr viele Dinge, die Niels erzählt, habe Mädchen widerfährt, das fliehen muss, was das mit die- vielen Arten von Quellen umgegangen? habe und was alles passiert ist. ich aus nicht-deutscher Perspektive erlebt. Man hat sich sem Mädchen macht, in Deutschland zu sein. Bućin Bormann Jeder von uns hat überlegt, wen er persönlich Abends haben wir auch Aufgaben bekommen. Wir mussten Tagebuch schreiben. Bućin Wir hatten abends im Holiday Inn eine Meditati- Berbo Bei mir waren es Themen, die mich besonders inte- onsübung. In einem dieser Konferenzräume. Wir haben ressiert haben. die Decken aus dem Zimmer mitgebracht und uns alle Fiedler Dejan, in genau dieser Situation hinterfragen Sie dern so etwas wie ein Vertreter dabei ist. Bei dem Vor- ist und wie viel das Gedächtnis verändert, verdreht oder Berbo und Bućin sprechen, das wir hatten, waren noch zwei, drei andere hinzufügt. Wie Dinge, die zwanzig Jahre zurückliegen, wollten! interessante Leute aus anderen Republiken dabei. Die zu einem lebensbestimmenden Thema werden, und wie sind aber nicht Teil des Projekts geworden. sehr sich das im Laufe der Jahre verändert. Dabei spie- Bormann Wir mussten uns auch massieren. (belustigt und empört) Wir mussten? Wir Bućin Niels hat ein wenig Berührungsängste. len private und politische Faktoren eine Rolle. Fiedler Ihre Figur, Niels, hat auch wenig Berührungspunk- Bormann te. Sie spielen auf der Bühne den ironischen Deutschen, objektiveres Bild zu bekommen. Es geht viel eher um einen subjektiven Standpunkt. Wir hatten nur die Menschen, die da waren, und deren begrenzten Blickwinkel auf ihre eigene Geschichte. Das Private reflektiert na- nicht zu sehr Teil meines Alltags wird. Ich will nicht aufwachen mit dem Gedanken, was ich in Bosnien alles erlebt habe. Damit kann man nicht leben. Ich versuche mich emotional so zu strukturieren, dass ich es mir leisten kann, mich ab und zu mit diesem Teil meiner Person zu beschäftigen. Auf eine Art und Weise, die mir gut tut und nicht schadet. Es wäre gefährlich, damit endgültig abzuschließen. Bormann Wenn man einmal mit Menschen und Geschichten in Berührung gekommen ist, kann es einen gar nicht mehr kalt lassen. Da wurde ein großer Scheinwerfer drauf gerichtet. Sobald du jemanden kennenlernst, der Furchtbares erlebt hat, kannst du das nicht vergessen. Dabei ist es auch nicht mehr wichtig, ob es jetzt Ex-Jugoslawien ist oder ein anderer Krieg. Es scheint etwas im Menschen zu sein, das immer wieder kommt oder immer da ist, und das kommt zum Vorschein. Das muss man sich immer aufs Neue anschauen und sich fragen: kann nur versuchen, davon zu erfahren und zu wissen, Fiedler Das scheint sich zu wiederholen. Wenn im Mittel- Hitler und dann Bosnien. Das heißt, sie wollen zuerst wozu Menschen fähig sind. Ohne mit der Wimper zu meer 3000 Menschen ertrinken, ist das nicht unbedingt wissen, was im Dritten Reich passiert ist. Ein Teil mei- zucken. Letztens wieder die UN und die französischen Hauptthema. ner Familie ist deutsch, das heißt, es gehört zu ihnen, Soldaten, die für Lebensmittel Kinder misshandelt ha- genau wie die bosnische Seite. Sie wollen wissen, was ben. Und wieder denkt man sich: Darauf wäre ich jetzt der Großvater gemacht hat und ob wir Nazis in der Fa- nicht gekommen, dass Menschen dazu in der Lage sind. milie hatten. Was der Mensch macht und kann, wird im Theater seit auf dem Balkan. Keiner weiß davon. Man interessiert sich nicht, es wird verdrängt. Fiedler Braucht man den Abstand von zehn Jahren oder mehr, um darüber reflektieren zu können? Berbo Nicht unbedingt. Bei mir war es ein bewusster Prozess, an einem bestimmten Punkt zu sagen: Nein, da muss ich loslassen, um den letzten Rest Leben, der übrig Fiedler Die letzten Überlebenden des Holocaust werden den Griechen behandelt. bald sterben. Wie wird sich die Erinnerungskultur än- Bućin dern, wenn wir niemanden mehr haben, der davon er- Pflicht, sich damit auseinanderzusetzen und das Thema zählen kann? zu behandeln. Insbesondere, wenn man in einem Beruf Bućin Ich hoffe, dass die Zeitgeschichte sich so entwickelt hat, dass man schneller darüber spricht, was passiert. geblieben ist, unbehelligt zu verbringen. Über normale Bormann Durch das Internet und die Tatsache, dass jeder Dinge nachdenken und mich mit normalen Problemen Filme und Fotos machen kann, bleiben die Dinge im Ge- Bormann Da sind Gedankenimpulse von mir drin, die ver- beschäftigen. Zwanzig Jahre danach hat man eine ganz meinschaftsgehirn Internet. Da ist eine ganz andere Do- größert oder in eine andere Richtung gebracht wurden. andere Sicherheit und Weisheit, an die Dinge aus der kumentation möglich. Wenn man es wissen will, kann Vergangenheit ranzugehen. Hätte ich dieses Projekt man es erfahren. der alles sagt, was ihm in den Kopf kommt. Das würde ich nicht sagen. Es gibt nichts, womit Kann man das ändern? Kann man scheinbar nicht. Man rade? In Syrien tobt ein zehnfach schlimmerer Krieg als Bućin Ja, das ist die Frage, wie viel davon wirklich wahr Berbo man abschließen soll oder kann. Ich sehe zu, dass es Meine beiden Töchter sagen immer halb im Spaß: Erst nicht in dem Maße, wie wir uns das gedacht haben. chen, an seine früheste Kindheitserinnerung zu denken. Die Idee war, dass aus allen Ex-Jugoslawien-Län- Berbo In den klarsten Momenten erzählt das Stück Bućin Würdest du sagen, Vernesa, du möchtest jetzt mit deiner Vergangenheit abschließen? Man darf nie aufhören, über Kriege zu reden. Berbo Ja, das ist genau der Punkt. Was interessiert uns ge- Bućin Ich glaube auch nicht, dass es darum geht, ein nicht wirklich mit dem Krieg beschäftigt, zumindest hingelegt. Spätnachts. Und dann musste jeder versu- auf der Bühne das Gehörte und sich. (Lacht) man begreift, dass die Figur fiktiv ist. Wie verhalten weiterzugeben, als sei es eigene Geschichte. eine ehrliche Weise damit auseinanderzusetzen. Der ständnisproblem“. mit ihren Geschichten interessiert. wird es dadurch aber auch nur noch verwirrender. Figur, Niels, wird dieser Eindruck eingeschränkt, weil bar, dass ich jetzt sicherer und stabiler bin, mich auf se schon zusammensaßen, um zu entscheiden, wen wir dem Krieg gekommen ist. diesen sehr verwirrenden Krieg hilfreich. Vielleicht man begreift, dass die Geschichten wahr sind. Bei ihrer mein Beitrag. Wir alle sind verpflichtet, dieses Wissen Ich kann mich erinnern, als ich 93/94 aus dem Krieg nach kennt, Experten oder jemanden, der in Berührung mit tiven hat man. Die verschiedenen Sichtwinkel sind für Fiedler Die starke Wirkung des Stücks beruht darauf, dass die von ihm erzählt. Er hat gelebt und existiert. Das ist chen müssen, hätte ich es anders erzählt. Ich bin dank- Berbo Ich weiß noch, dass wir eine Woche vor unserer Reivernesa berbo, foto: esra rotthoff Bućin Je mehr Augen draufblicken, desto mehr Perspek- immer richtig mit. Berbo Bei mir in der Geschichte gibt es zum Beispiel den DJ Jemo. Er wurde 1992 getötet. Ich bin jetzt diejenige, zwei Monate, nachdem ich aus dem Krieg raus war, ma- Fiedler Irgendwann rufen Sie, Niels: „Es gibt hier ein Ver- ne zu stellen. Fiedler War das Ziel ein objektiveres Bild? chen auf, die wir ins Stück bringen. Da gehen die Leute dejan bućin, foto: esra rotthoff sich daneben die Erinnerungen der anderen? mit dem, was wir erlebt haben, wie wir uns fühlen und niels bormann, foto: esra rotthoff den Konzentrationslagern passiert ist. Bormann Das ist bei einer fiktiven Figur ja auch so. Wenn du der Olympischen Spiele, aber bei mir findet sich dann Bormann Das ist mein Text. Aber ich habe nicht den Impuls 6 Fiktion. Man stellt sich die Frage, was wahr ist. Stücks zeigt die Überlappung der Ereignisse in der Berbo Es ist ein Big Picture. Wir kennen alle die Bilder geht. Berbo Ich persönlich glaube nicht, dass man diese Überlebenden braucht, um sich damit auseinanderzusetzen. lität nicht mehr. Das ist der Twist bei der Inszenierung. Spielen und Tennis und so. tag hatte keiner eine Ahnung, in welche Richtung es Fiedler Wenn man als Zuschauer am Anfang noch nicht weiß, dass es Ihre Geschichten sind, denkt man, es sei Bućin Nicht relativieren, eher ergänzen. Der Anfang des mal ist, gepaart mit tollen Sachen wie den Olympischen Vernesa Berbo Ich wusste gar nichts. Bis zum ersten Proben- ZEITUNG 02 / 15.6.2015 privaten Ausschnitt kristallisiert sich der ganze Horror hinter Ihnen auf der Bühne auftürmen? Bormann Das ist ein rassistischer Witz. Berbo türlich immer, was zeitgeschichtlich passiert. In diesem ZEITUNG 02 / 15.6.2015 Lena Fiedler Wann haben Sie von dem Projekt erfahren? Auf eine perverse Art und Weise ist es unsere ist, der als Medium funktioniert. Gerade das sollte man ausnutzen, um die eigenen und andere Geschichten weiterzugeben. Ich würde es als meine Pflicht sehen, darüber zu berichten, weil ich es erlebt habe. Wenn jemand nicht vom Balkan kommt und darüber redet, ist es eben eine Fiktion. Aber gerade dadurch, dass es etwas mit mir zu tun hat, ist es meine Pflicht, davon zu berichten. 7 WACKELPUDDING FÜRS VOLK low als an ein Staatsoberhaupt erinnert, oder ihre Rivalin und Titelheldin (Betty Freudenberg), die auf einem Minisportboot über die Bühne kurvt, um kurz darauf in ihr überdimensioniertes, kanonenkugelförmiges Turmverlies aufzusteigen und als ANNE SOPHIE DOMENZ INSZENIERT „MARIA STUART“ ➥ Wir kennen sie wohl alle: Diese äußerst kreati- außerordentlicher Ideenreichtum und Zettelchen- ven Momente im Leben, in denen einem eine gran- schreiben die Klinke in die Hand gegeben. dios erscheinende Idee nach der anderen in den Kopf schießt. Während die meisten von uns Normalsterblichen diese raren Augenblicke genießen, aber ungenutzt verstreichen lassen, gilt als vermeintliches Geheimnis aller Kreativschaffenden: aufmerken, aufschreiben und anwenden! Bei Anne Sophie Domenz haben sich während des Inszenierungsprozesses von Friedrich Schillers „Maria Stuart“ scheinbar Domenz schöpfte bei ihrer Umsetzung des Klassikers am Theater Bremen, die jetzt bei den Schillertagen im Mannheimer Nationaltheater gastierte, aus dem Vollen: Ob es Elisabeth ist, die Königin Englands, die anfangs komplett in einer Art riesigem Sitzsack verschwindet und während ihres Auftakt-Monologs eher an ein lebendes Marshmal- schrille Disneyheldin ihr Haar herunterzulassen. Die Nummer startet also groß. Und dann ist die Luft auch schon raus. Man könnte sagen: Es wird nachdenklicher. Man kann aber auch sagen: Es ist eingetreten, was so oft bei impulsiven Ideenansammlungen passiert. Sie erscheinen einem nach einer Weile einfach nicht mehr so prickelnd. Nette Ein- GRENZANLAGEN #02: ISRAEL // ÄGYPTEN fälle wie eine selbstgebaute Seifenblasenmaschine oder eine Wackelpuddingpyramide sind zwar schön anzusehen, führen aber in solcher Masse nirgendwo hin. Theoretisch könnte das Spiel mit Materialien, Tönen und zahlreichen studentischen Partymit- ISRAEL GRENZT IM WESTEN AN DIE ÄGYPTISCHE HALBINSEL SINAI. EINE OFFENE FLANKE FÜR TERRORISTISCHE ÜBERGRIFFE. bringseln das Gesamtbild ja überzeugend unterstützen. Nur müsste dieses eben erst einmal vorhanden sein. Hier Elisabeth mit blutroten Händen, da ein Fremdtext, dort ein alltagstauglicher Kurzkommentar. Zu viele Highlights des Regierepertoires wur- ➥ Durch den Arabischen Frühling und den Sturz des ägyptischen Israel will sich außerdem vor Terroristen schützen. Mehrere isla- den herausgepickt, denn so richtig festlegen wollte Machthabers Husni Mubarak im Jahr 2011 hatte die ägyptische mistische Gruppierungen sind mittlerweile im Sinai-Gebiet aktiv, oder konnte man sich offenbar nicht. Armee zunehmend Schwierigkeiten, das bergige und wenig be- um von dort aus Angriffe auf Israel durchzuführen. Nach dem siedelte Wüstengebiet der Halbinsel Sinai zu kontrollieren. Dar- Sturz des ägyptischen Präsidenten Muhammad al Mursi nahm die aufhin begann Israel mit dem Bau eines bereits 2010 angedachten Gewalt noch zu. Immer wieder kam es zu Auseinandersetzungen fünf Meter hohen Grenzzauns. zwischen Terrorgruppen und Sicherheitskräften. Hunderte ägyp- und versuchen zu retten, was zu retten ist. Besonders ZEITUNG 02/15.6.2015 Nadine Geyersbach als Elisabeth, die dachte, „ge- tische Soldaten wurden getötet. herrscht zu haben wie ein Mann“, aber immer wie- Die über 200 Kilometer lange Grenzanlage führt vom Mittelmeer der in Unsicherheiten verfällt. Denn: Macht schafft am Gazastreifen bis zur israelischen Stadt Eilat im Süden. Ziel ist Die Grenzen zu Syrien, in den Libanon und ins Westjordanland eben nicht automatisch Freiheit. Wenig subtil kann es, Schmuggler und illegale Einwanderer aus Afrika abzuhalten. hatte Israel schon früher auf ähnliche Weise befestigt. Nun das auch an der Kanonenkugel abgelesen werden, die Letztere sind zumeist Beduinen, die auf der Halbinsel leben und soll ein weiterer Zaun an der Grenze zu Jordanien entstehen. gleichzeitig Marias Verlies und Elisabeths Residenz für die der Schmuggel die einzige Einnahmequelle ist. FRANZISKA WEBER beherbergt. Schließlich sitzen die beiden mächtigen Frauen ja irgendwie im gleichen Boot. Schade: Aus der Inszenierung hätte durchaus eine überzeugende werden können. Wenn nur mal je- ZEITUNG 02/15.6.2015 Die beiden königlichen Damen dominieren das Spiel mand rechtzeitig „Weniger ist mehr“ gesagt hätte. NANE KRÜGER Nadine Geyersbach, Betty Freudenberg, Foto: Jörg Landsberg MARSCHIEREN, SCHIESSEN, GASMASKEN ANZIEHEN IN MIRIAM TSCHOLLS „KRIEGERINNEN“ ERZÄHLEN FRAUEN VOM MILITÄRDIENST. ➥ Mit einer weißen Fahne in der Hand, auf der wehr auseinandernehmen und wie man sich verhal- hungsweise Enkelinnen an. Zum Beispiel die Israe- die Jungfrau Maria abgebildet ist, steht Friedrich ten würde, wenn ein Luftangriff käme, Gasmasken lin Shulamit Rom, die seit Langem in Deutschland Schillers Jungfrau von Orleans im Studio des Mann- anziehen und so.“ Sie sagt diesen Satz, als wäre sie lebt und selbst den Militärdienst in Israel verwei- heimer Nationaltheaters auf einem Podest. Der tatsächlich in diese Zeit zurückversetzt. gerte. Indem Tscholl diese verschiedenen Perspekti- Unterschied zwischen den beiden Jungfrauen: Wo die eine das Kind hält, hält die andere einen Helm. „Mein ist der Helm, und mir gehört er zu“, sagt Schauspiel-Laien auftreten, sogenannte Expertin- ven aufeinandertreffen lässt, entsteht eine kritische Durchleuchtung der Institution Militär. nen des Alltags, die ihre eigenen Geschichten auf die Durch Clara Schwinning, die als Johanna den Abend Bühne bringen – und damit auch ein Stück (Welt-) begleitetet und kommentiert, und einen Knaben- Geschichte: russische Partisaninnen des Zweiten chor werden immer wieder konkrete Bezüge zu In Miriam Tscholls Inszenierung „Kriegerinnen“ Weltkriegs, US-amerikanische Soldatinnen, isra- Schillers romantischer Tragödie „Die Jungfrau von mit der Mannheimer Bürgerbühne ziehen eine Rei- elische Zionistinnen, die den Staat Israel mit auf- Orleans“ hergestellt. Der Regisseurin gelingt es, ein he von Frauen mit ihr: aus dem Irak, den USA, Israel gebaut haben. Die Kämpferinnen selbst sind dabei etwas zu langes, aber ausdrucksstarkes Stück Thea- und Russland. Sie alle sind Kämpferinnen, sie alle nicht live, sondern per Video präsent: Die Akteurin- ter auf die Bühne zu bringen. Hier steht nicht nur verbinden ganz spezielle Geschichten mit der Waf- nen auf der Bühne (neben Schwimming und Schil- die Frau als Kriegerin im Zentrum. Sondern es wird fe. Da marschiert beispielsweise Elena Schilling in ling Dirau Schamal, Julia Biereth, Shulamit Rom und auch über den Dienst an der Waffe generell reflek- Uniform im schlichten Bühnenraum auf und ab und Cansu Güler) interagieren mit diesen Projektionen, tiert und der Nationalismusgedanke hinterfragt. erzählt von ihrer militärischen Grundausbildung in indem sie das Gesagte übersetzen oder ein Inter- SABINE SCHMIDT der ehemaligen Sowjetunion: „Wir hatten eine The- view fingieren. Die Bühnendarstellerinnen gehören orieausbildung, wir haben schießen gelernt, ein Ge- dabei durchweg der Generation der Töchter bezie- Schillers Johanna (Clara Schwinning). Für Gott, Nation und Volk zieht sie in den Krieg. 8 Regisseurin Tscholl lässt in ihrer Inszenierung Foto: Idobi 9 LOHNT HOFFNUNG? AUSGESCHLOSSEN 04 Man kennt das Klappschild mit weißer Kreide. tes- oder Sozialwissenschaften an. Und es wirkt wie über die Aufgabe der Kunst ein elitärer Bereich, zu dem viele keinen Zugang sprach: Sie soll den Men- nach der Beerdigung meiner Oma. Ich lief gerade mehr finden oder finden wollen. Es sendet Signale schen zum Schönen und auf den Eingang der Gaststätte zu, da sah ich „Heute: der Exklusivität, Kulturscheue legen das Buch „The- zur Freiheit erziehen. Er Geschlossene Gesellschaft“. Ich wollte kehrtmachen, ater“ beiseite, bevor sie auch nur eine Seite gele- wäre wohl erschüttert, sähe doch nach ein paar Sekunden fiel mir ein, dass ich ja sen haben. Es ist bequem, die Kulturinstitution zu er, wie weit der Rosa-Lux- Teil dieser geschlossenen Gesellschaft war und somit ignorieren, wartet drinnen unter Umständen doch das Wirtshaus mit Fug und Recht betreten durfte. Überforderung, Unverständnis, Langeweile. Und im Heute stehen diese Schilder überall. Manchmal sieht ZEITUNG 02/15.6.2015 „FISHERS OF HOPE. TAWERET“: LARA FOOT VERPACKT UNIVERSELLE THEMEN IN EINE KLEINE FAMILIENGESCHICHTE „We are alive. We have hope and we are here“, sagt Ruth, die Hauptfigur in Lara Foots neuester Produktion „Fishers of Hope“. Sie wurde 2014 in Südafrika uraufgeführt und feierte im Rahmen der Schillertage ihre Deutschlandpremiere. Hoffnung ist das große Thema des Stückes, das Foot geschrieben in der Kantine eine Mischung aus Darstellern, Regis- hinter dem europäischen Klappschild mit weißer seuren, Dramaturgen und Zuschauern versammelt, Kreide, an dem Hoffnungen und Träume tausender lässt sich beobachten, wie neugierige Unbeteiligte Flüchtlinge zerschellen. Sie kommen in Nussschalen, Schließlich soll es ja aufklären, wie Schillers „Räu- immer wieder an der unsichtbaren Linie abprallen, wir knacken sie, entnehmen ihnen die reichhaltigen ber“ in der Mannheimer Uraufführung 1782, auch die den schweren holzigen „Künstlertisch“ umgibt. Wirtschaftsvitamine und verfrachten den Rest auf wenn das so ganz unbürgerliche Trauerspiel unter Steigt ein BWL-Student die Treppe zur Kantine run- Wartehalden. Wir fürchten uns vor der Unüber- der Intendanz von Wolfgang Heribert von Dalberg ter, verheddert er sich auf seinem Weg in den feinen schaubarkeit, der Unbegrenztheit, dem Unkalkulier- um 300 Jahre in die Vergangenheit versetzt wur- Fäden, die ihn von dem künstlerischen Pulk trennen. baren. Unsere Hochzeiten, Beerdigungen, Geburts- de. Man wollte Schillers Text entschärfen. Doch Auch wenn eine Premierenfeier eine Begegnung der tage, Firmenjubiläen feiern wir lieber in geschlos- selbst das half nichts. Politische Machthaber wie Akteure und Beobachter ermöglichen soll, bleibt senen Gesellschaften, wo das vielleicht ja noch ganz der Württembergische Herzog und dessen Schwei- es meist bei einem unsicheren Lächeln oder distan- gut funktioniert. Wie aber sieht es mit dem Theater zer Freunde zürnten dem Dichter, der überfüllte ziertem Zuprosten. Offene Fragen schweben im ver- aus? Saal aber applaudierte, schrie, lachte und wein- Würde man Friedrich Schiller um seine Meinung bit- Theater kreiert sein eigenes Milieu. Es zieht Künst- ten, wedelte er wahrscheinlich wild mit einem Stapel ler, Intellektuelle, Akademiker, Studenten der Geis- Briefe, in denen er vor mehr als 200 Jahren konkret MARLENE KNOBLOCH kum. Er fungiert auch als Erzähler der Geschichte. Fischerdorf und erzählt die Geschichte einer klei- In Szene gesetzt wird die Handlung, die im Übrigen The immigration crisis was not born yesterday. It has they are not Libyan but mostly people from south of now; it might even increase. But it is only fair to say nen Familie. Foot widmet sich den dort vorherr- immer wieder auf biblische Motive wie Judas oder existed for many years, if not decades. The Season the Sahara who have chosen Libya as the country of that what is happening in Libya itself is the reason schenden sozialen Problemen: Weil der Fischer den verlorenen Sohn verweist, in einem realistisch of Immigration to the North is the title of a well- transit to the northern shores of the Mediterranean why the situation is worsening because it enables the John von einem Nilpferd angegriffen und schwer anmutenden Bühnenbild (Patrick Curtis): links known Arabic novel by the Sudanese writer Tayyeb sea. It has become the ideal country for the mafia of immigration gangs to work and get away unpunished. verletzt wurde, kann er nicht mehr arbeiten und hat die Wohnung der Familie und ein Holzgestell mit Saleh. It was published in the late sixties when the- illegal immigration to operate from because the coun- Schwierigkeiten, seine Familie zu ernähren. Der in Fischskeletten, rechts der See. Auf einen von Fi- re was no immigration crisis as such, but there was try lacks any border controls, has no security or mili- sich gekehrte Ziehsohn Peter musste den Unfall schernetzen behängten Hintergrund werden wech- ‘brain drain’-skilled people from the south leaving tary might by which it can stop the mafia and gangs mitansehen und spricht seitdem nicht mehr. Sowie- selnde Bilder projiziert, häufig das eines Sonnenun- their countries to enjoy the luxury and fun offered from profiteering and exploiting the situation – sel- so, so sieht es zumindest Johns Ehefrau Ruth, ist er tergangs. to them by countries of the north, causing the poor ling and buying in the form of modern slavery: And it countries to lose their human capital. is only fair to call it slavery, it is trading on human suf- „not normal“ und kann nicht Johns Platz auf dem Boot einnehmen. Lara Foot integriert Musik- und Tanzelemente in die ansonsten klassisch erzählte Geschichte. Da- The hard social conditions in these southern coun- fering and misery, and cashing in on people’s deaths as they drown in the rubber boats they are shipped in. ausgezeichnete Theaterautorin hat sich vom Doku- das Leid still erträgt. Nur einmal scheint sie wirk- körpert. Am linken Bühnenrand sitzt der Musiker aving their countries at the cost of sacrificing their nized crime and illegal immigration and the invol- mentarfilm „Darwin’s Nightmare“ inspirieren las- lich verzweifelt zu sein. Ruth will die Sache in die Nceba Gongxeka, der die Handlung mit Gesang und lives on the boats of death. It started on a small sca- vement of fundamental Islamic terrorist groups has sen, in dem es um die ökologische und wirtschaft- Hand nehmen und selbst fischen. Für John undenk- dem Klang verschiedener afrikanischer Instrumen- le that raised no alarm but a little outcry regarding been long-established. It is a well-established fact liche Katastrophe am Victoriasee in Ostafrika geht. bar. Er beharrt auf den traditionellen Geschlechter- te untermalt. Foot verpackt in einer kleinen Fami- the cost of life caused by random and quite rare ac- that Al-Qaida in Afghanistan was involved in the Dort hatte man in den 1960er-Jahren den Nilbarsch rollen. liengeschichte universelle Themen: Was fange ich cidents that occurred at sea, but year after year the production and distribution of drugs, working hand mit meinem Leben an? Habe ich Einfluss auf mein number of accidents increased, and the phenomena in hand with the world of the mafia. Libya has not Schicksal oder ist ohnehin alles Gottes Wille? Und is now a real human crisis leading to the deaths of only become the wellspring of illegal immigration, vor allem: Lohnt Hoffnung? Der Text und die Um- illegal immigrants in large numbers. Political, econo- but it might also be the place from which Islamist setzung sind nicht sonderlich komplex oder spek- mic and social turmoil in African and Middle Eastern terrorists sail to European shores. takulär, sondern klar und einfach, wie man das auf countries caused the immigration crisis to reach this deutschen Bühnen heutzutage selten sieht. Der Fo- very dangerous level and to give rise to the worldwi- kus liegt auf starken Charakteren, nichts wird ver- de protest regarding the exploitation and inhuman fremdet, wenig bleibt unausgesprochen. Man kann practices involved. chen und die Seeregion zu besuchen. Die Handlung sich deutsche Politiker zuletzt über das Theater? deren afrikanischen Land spielen. Es geht um ein It is worth mentioning that the link between orga- chen nach Kenia, um mit Theatermachern zu spre- letzt um freie Theaterplätze? Wann empörten THE SEASON OF IMMIGRATION TO THE NORTH citizens, uneducated, unskilled, to find a way of le- Zu Recherchezwecken reiste Foot für mehrere Wo- te. Und heute? Wann rangelten sich Besucher zu- vierte Wand und spricht direkt in Richtung Publi- re. Der stumme Peter wird von einem Tänzer ver- nige profitieren. widerspricht den Gedanken der Briefe. sechs Akteure durchbricht er immer wieder die kranken Mann kümmert, ist eine starke Frau, die Europa exportiert. Ein Geschäft, von dem nur we- zu. Dass das Theater in einer elitären Ecke verharrt, dort verankert, sondern könnte auch in einem an- Baxter Theatre Centre in Kapstadt und mehrfach sogenannte Victoriabarsch wird mittlerweile nach schen“ spricht er der Kunst eine politische Dimension von „Fishers of Hope“ ist allerdings nicht zwingend tries, especially in Africa, have pressurized ordinary Bevölkerung so die Lebensgrundlage entzogen. Der auseinander Wissenschaftler, Ökonomen stehen diskutierend durch kreiert sie eine stimmungsvolle Atmosphä- Fischarten wurden verdrängt und der heimischen Mittelmeer liegen. In „Über die ästhetische Erziehung des Men- Der Mensch zieht Grenzen. Die Medien, Politiker, Ruth, die sich liebevoll und energisch um ihren Die Folgen waren verheerend: Hunderte heimische kussion um Flüchtlinge im einer Castorf-Inszenierung der Berliner Volksbühne und inszeniert hat. Die künstlerische Leiterin des ausgesetzt, um die Fischwirtschaft anzukurbeln. 10 Inneren genießt man die Zugehörigkeit zum Milieu. man sie, manchmal spürt man sie. Wenn sich nach rauchten Raum. Shaun Oelf und Mncedisi Shabangu, Foto: Oscar O’Ryan emburg-Platz und die DisFoto: LYS Ruth ruft ihren Bruder Niara zu Hilfe. Er hat das Dorf vor Jahren verlassen und ist kein Retter in der Not, sondern ein Unruhestifter. Ähnlich dem Nilbarsch mischt er das System auf, ohne dass es allerdings zum Zusammenbruch käme. Was bleibt, ist Hoffnung. Verkörpert wird das Prinzip Hoffnung durch die Figur des Njawu. Der dicke, fröhliche Mann arbeitet als Fahrer für das Tourismusbüro und hat eine Menge Geschichten zu erzählen. Als einziger der das naiv oder banal finden. Oder einfach ehrlich. FRANZISKA WEBER This doesn’t mean that Libya’s crisis and the absence of law and order are the main source of, or the central reason for, the immigration crisis, nor does it mean that ending Libya`s problems and restoring the rule Over the past two or three years, Libya, my country, of law is the ultimate cure. The crisis was there befo- has become the departure point from which these re Libya’s plight, and now it needs other measures to migrants start their voyage to the shores of Europe, solve it or else it will remain as great and acute as it is ZEITUNG 02/15.6.2015 ➥ Zum ersten Mal nahm ich es als Achtjährige wahr, So helping the Libyans solve their problems must surely be part of the solution. The Libyans themselves have declared on so many occasions that they only need help so they can help themselves. They will do their own fighting to rid their country of the terrorist groups. They have asked for the ban on armaments to their army to be lifted, and to be provided with political, logistical and moral help. Most Libyans only want their country back to a normal state of law and order, to see civil rule established to replace the ousted dictatorial regime. They would ask the international community to tackle the crisis of illegal immigration and the terrorist gangs by simply going to the root of the matter in Libya: the huge vacuum created by the absence of a legitimate governing system needs to be filled. That governing system would control the country, execute its authority over the entire land, east and west, secure the borders and safeguard the skies of Libya and its shores. Then, and only then, can we say that resolving the problem of Libya would be a giant step towards resolving the crisis of illegal immigration. AHMED FAGIH IST EIN LIBYSCHER AUTOR, LITERATURWISSENSCHAFTLER UND GAST DES INTERNATIONALEN AUTORENNETZWERKS FENCE. 11 PROGRAMM MONTAG 15.06. 20.00 – 21.45 | Schauspielhaus | Preise F COMMON GROUND* YAEL RONEN & ENSEMBLE / MAXIM GORKI THEATER 22.00 | Treffpunkt ist um 21.30 Uhr vor dem Theatercafé/Festivalzentrum | € 15,–/€ 9,– | Keine Abendkasse WHITE RABBIT RED RABBIT NASSIM SOLEIMANPOUR MIT CHRISTOPH MARIA HERBST 22.00 | TIG 7 | € 5,– ZU GAST: THE FENCE – EIN INTERNATIONALES AUTORENNETZWERK SZENISCHE LESUNG 20.30 Verschiedene Spielorte / Theatercafé | Eintritt frei! SCHILL-OUT SPEZIAL INTIME KONZERTE FÜR STADTNOMADEN DIENSTAG 16.06. 18.00 – 19.00 | Lobby Werkhaus | € 5,– Eintritt frei mit Vorstellungsbesuch und mit SWR2-Kulturkarte SWR2 FORUM AB JETZT: KOMPLIZEN – WIE OFFEN IST DIE GESELLSCHAFT FÜR NEUE SOZIALE FORMEN? 20.00 – 21.15 | Studiol | € 15,–/€ 9,– SCHILLERS RÄUBER. EIN ABEND FÜR FÜNF SPIELER UND EINEN GERÄUSCHEMACHER JUNGES SCHAUSPIEL HANNOVER 20.00 – 20.45 | Deutsche Erstaufführung | Treffpunkt ist um 19.30 am Infopoint am „Platz der Freundschaft“ auf dem Benjamin Franklin Village | € 15,–/€ 9,– AFRIKA SELLO PESA / NTSOANA CONTEMPORARY DANCE THEATRE 22.00 | Treffpunkt ist um 21.30 Uhr vor dem Theatercafé/Festivalzentrum | € 15,–/€ 9,– | Keine Abendkasse WHITE RABBIT RED RABBIT NASSIM SOLEIMANPOUR MIT CORINNA HARFOUCH 22.00 | TIG 7 | Eintritt frei ZU GAST: THE FENCE – EIN INTERNATIONALES AUTORENNETZWERK STÜCK-BAU-STEINE 22.30 | Unteres Foyer | Eintritt frei! SCHILL-OUT & MAIFELD DERBY PRÄSENTIEREN PUBLIC SERVICE BROADCASTING *PUBLIKUMSGESPRÄCH IM ANSCHLUSS SERVICESPIELSTÄTTEN | KARTENERWERB OPERNHAUS | SCHAUSPIELHAUS | UNTERES FOYER | THEATERCAFÉ Am Goetheplatz, Mannheim | Zentraler Vorverkauf | Abendkasse 1 h vor Veranstaltungsbeginn STUDIO UND LOBBY WERKHAUS Mozartstraße 9 – 11, Mannheim | Zentraler Vorverkauf | Abendkasse 1/2 h vor Veranstaltungsbeginn PROBENZENTRUM NECKARAU Eisenbahnstraße 2, Mannheim | Shuttle vom Nationaltheater zum Veranstaltungsort | Abfahrt 45 min vor Veranstaltungsbeginn am Theatercafé | Zentraler Vorverkauf | Abendkasse 1/2 h vor Veranstaltungsbeginn BENJAMIN FRANKLIN VILLAGE Eingang am Infopoint Platz der Freundschaft; Anfahrt über Birkenauerstraße oder B 38 | RNV Linie 5 Haltestelle Käfertaler Wald | Zentraler Vorverkauf | Abendkasse 1 h 30 min vor Veranstaltungsbeginn | Alle Veranstaltungen auf dem GESCHLOSSENE GESELLSCHAFT 12.–20. 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