Lehrmittel Pharma-Assistentin/Pharma-Assistent Spezielle Berufskenntnisse: Gesundheit/Krankheit/Therapie Themenheft F Verdauungssystem Ernährung Autorinnen BlandineUeckert,SabinaHelbing Redaktion SabinaHelbing Korrigenda Juni 2015 2.Auflage2012 ISBN 978-3-03787-025-9 10337_CAR185_U1062_Cover.indd 1 22.06.2012 10:18:37 Lehrmittel Pharma-Assistentin/Pharma-Assistent Spezielle Berufskenntnisse: Gesundheit/Krankheit/Therapie Autorinnen: Blandine Ueckert, Sabina Helbing Verdauungssystem Ernährung Grafisches Konzept und Satz: Mediengestaltung, Compendio Bildungsmedien AG, Zürich Titelfotos: Fotolia © Carmen Steiner, © Sebastian Kaulitzki Cartoons: Dr. Andreas Tempini, ANFOS-Apotheke Basel Umschlaggestaltung: BieriDesign, Zürich Druck: Edubook AG, Merenschwand Redaktion: Sabina Helbing Didaktische Bearbeitung: Helena Egli-Broz, Compendio Bildungsmedien AG, Zürich Artikelnummer: 10337 ISBN: 978-3-03787-025-9 Auflage: 2. Auflage 2012 Ausgabe: U1062 Sprache: DE Code: CAR 185 Alle Rechte, insbesondere die Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorgängigen schriftlichen Zustimmung des Careum Verlags. Copyright © 2009, Careum Verlag, Zürich Careum Verlag, Moussonstrasse 4, 8044 Zürich Tel.: 043 222 51 50 Fax: 043 222 51 55 www.careum.ch/verlag [email protected] careum Verlag 10337_CAR185_U1062_Cover.indd 2 22.06.2012 10:18:37 Themenheft F – Verdauungssystem 1 Anatomie und Physiologie des Verdauungssystems A Mund: Die Schleimhaut bildet gegenüber Wirkstoffen ein Hindernis. Sie ist mehrschichtig und wird durch Speichel aus den Speicheldrüsen befeuchtet. A Magen: Die Magenschleimhaut ist einreihig und aus verschiedenen Zelltypen aufgebaut. Sie ist einerseits für die Sekretion der Magensäure verantwortlich, andererseits aber auch für die Sekretion des Schleims, der die Schleimhaut überzieht, um diese vor der äusserst aggressiven Magensäure zu schützen. A Dünndarm: Die Schleimhaut des Dünndarms ist so strukturiert, dass eine starke Vergrösserung der Oberfläche auf etwa 200 m2 (entspricht etwa der Fläche eines Tennisplatzes) erzielt wird. Sie ist in Falten gelegt und zudem befinden sich auf den Falten Ausstülpungen, sog. Zotten, die wiederum eine fein gewellte Struktur aufweisen (Bürstensaum). Hier findet die Resorption der Nahrungsbestandteile statt. Abb. 2 Zotten und Mikrozotten im Dünndarm Fujita/Tanaka/Tokunaga: Zellen und Gewebe, 1. Auflage © 1993 Gustav Fischer Verlag Stuttgart Abb. 2 1 2 1. Zotten 2. Mikrozotten (Bürstensaum) 1.3 Verdauung Die Aufgabe des Verdauungssystems ist die Verdauung. Sie beginnt im Mund und geht im gesamten Magen-Darm-Trakt weiter. Speisen werden zerkleinert und in eine Form gebracht, die vom Körper resorbiert werden kann. Dabei unterscheidet man: A Mechanische Verdauung: Durch Beissen, Drücken, Quetschen oder Mahlen (Zähne, Zunge, Muskeln) werden grosse Speisebrocken zerkleinert, bis eine breiartige Masse entsteht, die für die chemische Verdauung gut vorbereitet ist. A Chemische Verdauung: Mithilfe von Enzymen werden grössere, längerkettige Verbindungen in ihre chemischen Grundbausteine zerkleinert. Enzyme sind Eiweissverbindungen, die im Körper an allen Stoffwechselprozessen beteiligt sind, indem sie die chemische Umwandlung von Substanzen ermöglichen. 1.4 Mund Im Mund finden die ersten Schritte der Verdauung statt. 1.4.1 Zähne Obwohl ein Kind zahnlos zur Welt kommt, sind seine Milchzähne im Kiefer schon fast fertig ausgebildet. Das Milchgebiss besteht aus 20 Zähnen, das bleibende Gebiss des Erwachsenen aus 32 Zähnen. Die folgende Abbildung zeigt den Querschnitt durch einen Zahn. F8 1 Anatomie und Physiologie des Verdauungssystems Abb. 3 Aufbau des Zahnes Abb. 3Kugler: Zelle Organ Mensch © 2006 Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag München Zahnschmelz Zahnkrone Zahnhals Zahnbein (Dentin) Zahnpulpa Zahnfleisch (Gingiva) Zahnwurzel Zahnzement Wurzelhaut Wurzelkanal Kieferknochen Die Funktion der Zähne ist die mechanische Verdauung durch Kauen der aufgenommenen Nahrung. 1.4.2 Zunge Die Zunge ist ein muskulöses Organ. Sie hat verschiedene Funktionen: A Mechanische Verdauung: Zerdrücken, Mischen der Nahrung A Transport des Speisebreis nach hinten (willkürlicher Prozess, d.h. willentlich beeinflussbar). Dies löst den Schluckreflex aus (unwillkürlicher Prozess, d.h. nicht über den Willen beeinflussbar). A Geschmackssinn: Auf der Zunge befinden sich viele Geschmackssinneszellen (Geschmackspapillen). Diese können vier verschiedene Geschmacksempfindungen unterscheiden: A süss (v. a. auf der Zungenspitze) A salzig (v. a. an den vorderen Zungenrändern) A sauer (v. a. an den hinteren Zungenrändern) A bitter (v. a. am Zungengrund) 1.4.3 Speicheldrüsen Die Speicheldrüsen produzieren täglich ca. einen Liter Speichel. Die Menge ist abhängig von der Art der Nahrung, denn das Kauen trockener Nahrung, aber auch scharfer Speisen, erhöht die Absonderung von Speichel. Der Anblick einer appetitlichen Speise lässt einem «das Wasser im Mund zusammenlaufen». Speichel hat folgende Funktionen: A Chemische Verdauung: Im Speichel ist ein Enzym (Amylase) enthalten, das Stärke (= sehr lange Zuckerketten) in kürzere Zuckerketten zerlegt. A Verflüssigung der Nahrung, damit sie zu einem gleitfähigen Speisebrei wird A Geschmack: Durch den Speichel werden einerseits Geschmacksstoffe gelöst, andererseits die Geschmackspapillen immer wieder freigespült. A Abwehr von Krankheitserregern. Für diesen Prozess verantwortlich ist das im Speichel enthaltene Enzym Lysozym. F9 Themenheft F – Verdauungssystem 1 Anatomie und Physiologie des Verdauungssystems 1.5 Speiseröhre (Ösophagus) Der Nahrungsbrei gelangt durch Schlucken über die Speiseröhre in den Magen. Gleichzeitig verschliesst der Kehldeckel die Luftröhre und verhindert so, dass Nahrungsbrei in die Luftröhre gelangt (Abb. 4, S. 10). Die Speiseröhre ist ein muskulöses Rohr, das den Speisebrei durch die abwechselnde Kontraktion (d.h. das Zusammenziehen) der Längs- und Ringmuskulatur weiterbefördert. Die wellenartigen Bewegungen werden Peristaltik genannt. Diese Art des Transports wird über die Muskulatur kontrolliert und funktioniert deshalb auch in liegender Position oder im Kopfstand. Abb. 4 Kreuzung von Atem- und Speiseweg im Rachen Abb. 4Kugler: Zelle Organ Mensch © 2006 Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag München Nasen-Rachen-Raum weicher Gaumen Kehldeckel Kehlkopf Kehlkopfrachen Speiseweg Atemweg Kehldeckel verschliesst Atemweg 1.6 Atemweg ist offen Magen Der Magen ist eine sackartige Erweiterung des Verdauungskanals. Im Magen geht die Verdauung weiter, wobei sowohl mechanische als auch chemische Verdauung zum Zug kommt: A Mechanische Verdauung: Der Magen ist ein Muskel, der sich fortwährend zusammenzieht und wieder entspannt, man spricht von der Motilität des Magens. Dadurch wird der Speisebrei weiter geknetet und gemischt (unwillkürliche Bewegung) und schliesslich portionenweise in den Darm weiterbefördert. A Chemische Verdauung: Bestimmte Zelltypen der Magenschleimhaut produzieren Magensäure (= Salzsäure). Dadurch wird im Magen ein pH-Wert (➔ CHEMIE, Heft B) von 1–2 erreicht. Andere Zelltypen geben eine Vorstufe des Enzyms Pepsin ab. Dank der sauren Umgebung geht diese Vorstufe in die funktionsfähige Form, das Enzym Pepsin über. Diese Protease spaltet die sehr langen Eiweissketten (= Proteine) in kürzere Verbindungen (= Peptide). Im Magen gibt es den höchsten Säuregrad des gesamten Körpers. Dieser schützt den Organismus vor Krankheitserregern, denn diese werden durch die Säure zerstört. Damit nicht auch die Magenschleimhaut durch die Säure und das Pepsin angegriffen wird (Selbstverdauung), produzieren bestimmte Zellen der Magenschleimhaut eine Schleimschicht, die diese zum Schutze gegen die Säure überzieht. F 10 Themenheft F – Verdauungssystem 1 Anatomie und Physiologie des Verdauungssystems Abb. 5 Aufspaltung der Nährstoffe Abb. 5© Compendio Bildungsmedien AG, Humanbiologie 1 Protease (im Magen) Protease (im Zwölffingerdarm) Proteinkette Peptide Amylase (in der Mundhöhle) Aminosäuren (Maltase [im Zwölffingerdarm]) Kohlenhydratkette (z. B. Stärke) Glukose Maltose (Saccharase) Saccharose Glukose + Fruktose Lipase (im Dünndarm) Abspaltung von zwei Fettsäuren + + Triglyzeride 1.7.3 (Monazylglyzerid) Fettsäuren Dünndarm Im Dünndarm wird die chemische Verdauung fortgesetzt. Die Bestandteile der zerlegten Nahrung sowie viele Wirkstoffe werden in die Schleimhautzellen des Darms und von dort weiter ins Blut aufgenommen. Diesen Vorgang nennt man Resorption (➔ BASISWISSEN, Heft C). Dank seinem speziellen Aufbau weist der Dünndarm insgesamt eine sehr grosse Oberfläche auf. Die gute Durchblutung unterstützt eine möglichst vollständige Resorption aller Nährstoffe. 1.7.4 Blinddarm/Wurmfortsatz Der Dünndarm mündet seitlich in den Dickdarm. Dort entsteht ein Sack, der sog. Blinddarm. Das Endstück des Blinddarms, der Wurmfortsatz, ist nicht an der Verdauung beteiligt, sondern gehört zu den Lymphorganen und ist daher Teil der Immunabwehr. ➔ ALLERGIE, Heft H 1.7.5 Dickdarm Im Dickdarm wird dem Nahrungsbrei das Wasser grösstenteils entzogen. Der Brei dickt ein, es entsteht der Stuhl (= Fäzes). Durch die Peristaltik wird der Darminhalt Richtung Darmausgang weitertransportiert. Die Darmperistaltik ist abhängig vom Füllungsgrad des Darms und von der Nahrungszusammensetzung. 1.7.6 Mastdarm (Rektum) Der Mastdarm ist ein Teil des Dickdarms und dient zum Lagern des Stuhls, bis sich dieser durch den After entleert. F 12 3 Erkrankungen der Speiseröhre und des Magens 3.4 Übersäuerung des Magens (Hyperazidität) 3.4.1 Symptome Es treten die gleichen Symptome auf wie beim Reflux. ➔ Kap. 3.1, S. 21 3.4.2 Ursachen Die Magensäureproduktion wird über das Nervensystem gesteuert. Stress, Nervosität, dauernde Anspannung, aber auch Nikotin (Rauchen) und verschiedene Medikamente verstärken diesen Effekt. 3.4.3 Therapie Kurzzeitig kann ein Glas Milch oder Kartoffelsaft (Biotta) helfen. Ziel der Behandlung ist eine Verminderung der Säuremenge im Magen, also ein Anheben des pH-Werts (➔ CHEMIE, Heft B). Dauern die Beschwerden trotz Einnahme entsprechender Produkte länger als zwei Wochen an, ist ein Arzt aufzusuchen. Vorsicht: Eine Veränderung (Anheben) des pH-Werts im Magen beeinflusst verschiedene Medikamente: So lösen sich z. B. magensaftresistent überzogene Tabletten bereits im Magen auf (➔ GALENIK, Heft C) und der Wirkstoff, der ja eigentlich vor der Säure hätte geschützt werden sollen, kann durch diese zerstört werden. Der pH-Wert hat auch einen Einfluss auf die Löslichkeit der Wirkstoffe – nur gelöste Substanzen können resorbiert werden. Eine Substanz, die im Magen resorbiert werden soll, kann aufgrund der pH-Verschiebung nicht gelöst werden und ist deshalb nicht resorbierbar. In der folgenden Aufzählung finden Sie einen Überblick über die zur Verminderung der Säuremenge im Magen empfohlenen Massnahmen und Produkte. Vermerk (LISTE) ➔ SPEZIALITÄTEN, Heft L Säuresekretionshemmer Diese Substanzen wirken systemisch, werden also resorbiert und über die Blutbahn wieder an die Magenschleimhaut abgegeben, wo sie verhindern, dass Magensäure gebildet wird. Dadurch dauert es ca. ½ Stunde bis zum Wirkeintritt. Die Wirkung hält dafür deutlich länger an als diejenige von Antazida. Wirkstoffbeispiele A A Ranitidin Omeprazol (gehört in die grosse Gruppe der sog. Protonenpumpenblocker, PPI) Anwendung Ranitidin: rezeptfreie Dosierung beträgt maximal 2 Wochen lang bis zu 4-mal täglich 75 mg Omeprazol: rezeptfreie Dosierung beträgt maximal 2 Wochen lang morgens 1 Tablette (20 mg). Durch die Verzögerung der Erhöhung des pH-Werts ist die gleichzeitige Einnahme von anderen Medikamenten weniger problematisch als bei den Antazida. Spezialitäten (LISTE) / Notizen ………………………………………………………………………………………………………… ………………………………………………………………………………………………………… ………………………………………………………………………………………………………… F 25 3 Erkrankungen der Speiseröhre und des Magens Bevorzugte galenische Formen Die Wirkung der lokal wirksamen Substanzen setzt unmittelbar ein, vor allem bei Wirkstoffen in: A A Gelöster Form, also als Gel, auch als Einzeldosis abgepackt Kautabletten: Müssen gut zerkaut werden Systemisch wirksame Substanzen müssen zuerst resorbiert werden. Da sie selbst säureempfindlich sind, werden die Formen säureresistent überzogen. Besondere galenische Formen sind: A MUPS: Das Multiple unit pellet system bietet den Vorteil, dass die Tablette, die sich aus vielen einzelnen, magensaftresistent überzogenen Pellets zusammensetzt, entweder ganz geschluckt oder in Wasser verteilt (dispergiert) werden kann. A MT: Die Mikrotabletten werden in Kapseln eingefüllt. Die Kapseln dürfen geöffnet und die Mikrotabletten als solche geschluckt werden. 3.5 Magenschleimhautentzündung (Gastritis) Diese Krankheit bezeichnet man im Volksmund auch als Magenverstimmung oder «verdorbener Magen». Wenn die Beschwerden allerdings chronisch auftreten, dann muss ein Arzt aufgesucht werden. 3.5.1 Symptome Es treten Schmerzen und Druck im Magen auf, oft unmittelbar nach dem Essen beginnend, häufig begleitet von Übelkeit, Erbrechen und Appetitlosigkeit. Im Gegensatz zur Magen-DarmGrippe (➔ Kap. 4.4, S. 41) tritt kein Durchfall auf. 3.5.2 Ursachen A Lebensmittelvergiftung durch verdorbene Speisen (Viren, Bakterien) A Hyperazidität (ausgelöst durch scharfe Gewürze, übermässigen Alkohol-, Nikotin- und Kaffeekonsum oder Stress) A Verschiedene Medikamente (Azetylsalizylsäure, Glukokortikoide etc.) 3.5.3 Therapie A Ursachenbehandlung: Magen schonen, daher Tee trinken, aber Verzicht auf Essen am 1. Tag, dann Schonkost: Zwieback, Salzstangen, Bananen, Kamillentee A Antibiotika: zur Bekämpfung von Bakterien A Symptombekämpfung: Antiemetika, Motilitätsförderer (➔ Übelkeit, Kap. 3.3, S. 23); Antazida, Säuresekretionshemmer (➔ Übersäuerung, Kap. 3.4, S. 25); Spasmolytika (➔ Krämpfe, Kap. 3.7, S. 29) A Zusatzempfehlungen: lokale Wärme durch Auflegen einer Bettflasche oder eines Wickels 3.6 Magengeschwür (Ulkus ventriculi) / Zwölffingerdarmgeschwür (Ulkus duodeni) Im Gegensatz zur Gastritis (oberflächliche Schleimhautentzündung) dringt ein Geschwür kraterförmig in die tieferen Schichten der Magen- bzw. Darmwand ein. 3.6.1 Symptome Es treten v. a. in der Nacht krampfartige Schmerzen im Oberbauch (unterhalb der Rippen) auf, evtl. ausstrahlend in den Rücken. Der Schmerz verschwindet nach einer kleinen Mahlzeit oder der Einnahme von einem Glas Milch. F 27 Themenheft F – Verdauungssystem 4 Erkrankungen des Darms 4.2 Verstopfung (Obstipation) Verstopfung bezeichnet die verzögerte und erschwerte Entleerung von trockenem, hartem Stuhl weniger als dreimal pro Woche. Meist tritt eine Verstopfung akut auf. Vor allem bei nahrungsfaserarmer Ernährung, einem Lebensstil mit wenig Bewegung oder auch durch unangemessene Therapie (Gewöhnung an Abführmittel) kann eine Verstopfung chronisch werden, was möglichst vermieden werden sollte. 4.2.1 A A A A A A A Ursachen Unterdrückung des Stuhldrangs, Hämorrhoiden Ballaststoff- oder nahrungsfaserarme Ernährung Zu geringe Trinkmenge Zu wenig Bewegung (Bettlägerigkeit) Schwangerschaft Abführmittel Unerwünschte Wirkung gewisser Medikamente (Opiate, z. B. Codein, Morphin/Psychopharmaka) 4.2.2 Komplikationen Als Komplikation kann es zu einem Darmverschluss (Ileus) kommen. Dabei ist die Darmpassage infolge einer Lähmung der Darmmuskulatur oder einer Verengung (harter Stuhl, Fremdkörper) unterbrochen. Es treten Symptome wie sehr starke Schmerzen, Erbrechen und Blähungen auf. Im weiteren Verlauf treten im Bereich des Darms massive Flüssigkeitsverschiebungen auf, die zu einem Kreislaufversagen (Schock) führen können. Dabei handelt sich um eine lebensbedrohliche Situation, also einen Notfall. 4.2.3 Therapie Zur Beseitigung der Verstopfung muss der eingedickte Stuhl zuerst aufgeweicht, der Darm gefüllt und die Peristaltik angeregt werden. Daher sollten vor einer Therapie mit Abführmitteln folgende Aspekte berücksichtigt werden: A Nahrungsfaserreiche Ernährung A Viel Trinken A Viel Bewegung Die verwendeten Substanzen werden als Laxantien (Abführmittel) bezeichnet. Es gibt verschiedene Ansatzpunkte für die Wirkstoffe: A Der Stuhl wird gleitfähig gemacht. Die verwendeten Substanzen gehören zu den milden Abführmitteln. A Die Stuhlkonsistenz wird reguliert. Der Stuhl wird durch die Verwendung milder Abführmittel weich gemacht. A Das Stuhlvolumen wird erhöht, dadurch die Darmwand gedehnt und so die Peristaltik und der Reflex zur Stuhlentleerung aktiviert. Die verwendeten Substanzen gehören zu den milden bis starken Abführmitteln. A Der Stuhlentleerungsreflex wird direkt durch Reizung der Darmwand ausgelöst. Die verwendeten Substanzen gehören zu den starken Abführmitteln. Achtung: Nach Anwendung von Laxantien kann es 1–3 Tage dauern, bis der Enddarm wieder so gefüllt ist, dass der normale Reflex zur Stuhlentleerung ausgelöst wird. F 32 4 Erkrankungen des Darms Arzneidrogen A Rizinussamen, verwendet wird das daraus gewonnene Rizinusöl (ricini oleum) Die abführende Wirkung entsteht durch starke Reizung der Dünndarmwand. Rizinusöl darf nicht an Schwangere abgegeben werden. Rizinusöl ist dickflüssig und schmeckt eher schlecht, deshalb wird es in Form eines «Cocktails» eingenommen, z. B. mit etwas Cognac und Orangensaft. Wirkeintritt Nach ca. 2 Stunden A Sennesblatt (sennae folium) und Sennesfrucht (sennae fructus), Faulbaumrinde (frangulae cortex), Rhabarberwurzel (rhei radix) Diese Arzneidrogen enthalten darmreizende Anthrachinonglykoside (Anthrachinone) (➔ BOTANIK, Heft B): Anwendung Nur kurzfristig Vorsicht Bei Langzeitanwendung und Missbrauch kann es zu Salz- und Wasserverlusten sowie zur Schwächung der Darmmuskulatur kommen. Dies löst einen Teufelskreis aus! Unerwünschte Wirkungen Der Urin kann sich gelbbraun bis braunrot verfärben und es kann zu Krämpfen kommen. Anthrachinonglykoside werden resorbiert und können die Wehentätigkeit anregen (Vorsicht bei Schwangerschaft). Wirkeintritt Nach 6–10 Stunden MERKE: Obwohl es pflanzliche Medikamente sind, sind sie keinesfalls harmlos. Phytospezialitäten (LISTE) / Notizen ………………………………………………………………………………………………………… ………………………………………………………………………………………………………… ………………………………………………………………………………………………………… ………………………………………………………………………………………………………… ………………………………………………………………………………………………………… ………………………………………………………………………………………………………… Bevorzugte galenische Formen Suppositoria Neben der Wirkung, die auf den Wirkstoff zurückzuführen ist, führt bereits das Einführen eines Zäpfchens zu einer geringen Dehnung des Mastdarms und kann den Stuhlreflex auslösen. Wirkt also sofort, allerdings nur im Enddarm! Ist für Schwangere und Säuglinge geeignet Einlauf (Klistier) Es wird Flüssigkeit (osmotisch wirksame Salze oder Zucker) in den Mastdarm (rektal) «eingespritzt». Dadurch erfolgt eine sofortige Dehnung der Darmwand und das Auslösen des Stuhlreflexes innerhalb von 2–20 Minuten. Man verwendet Klistiere zur einmaligen Behandlung von Verstopfung oder zur Reinigung des Dickdarms vor Operationen, Geburten und Darmuntersuchungen. F 37 4 Erkrankungen des Darms In der folgenden Aufzählung finden Sie einen Überblick über die zur Behandlung von Durchfall empfohlenen Massnahmen und Produkte. Vermerk (LISTE) ➔ SPEZIALITÄTEN, Heft L Adsorbentia Sind Arzneimittel, die Giftstoffe binden, sodass sie nicht resorbiert, sondern mit dem Stuhl ausgeschieden werden. Vorsicht Diese Stoffe binden auch andere Medikamente, die dann nicht resorbiert werden können. Deshalb nicht gleichzeitig mit anderen Medikamenten einnehmen, sondern einen Einnahmeabstand von ca. 2 Stunden einhalten. Wirkstoffbeispiel Kohle Unerwünschte Wirkungen Schwarzer Stuhl, Verstopfung Spezialitäten (LISTE) / Notizen ………………………………………………………………………………………………………… Peristaltikhemmer «Lähmen» den Darm. Der Darminhalt wird weniger schnell weitertransportiert. Es wird mehr Wasser resorbiert und der Stuhl dadurch fester. Wirkstoffbeispiel Loperamid Anwendung Zum Einstieg (d.h. initial) 2 Kapseln oder Lingualform. Dann nach jedem weiteren flüssigen Stuhl 1 Kapsel oder Lingualform, max. 8 pro Tag Spezielle Aspekte Der Einsatz dieser Substanzen ist bei Darminfektionen umstritten, da sich in einem stillgelegten Darm Krankheitserreger ungehindert weiterentwickeln können. Deshalb sind sie nicht zu empfehlen bei Fieber über 38 °C, blutigem Stuhl oder für Kinder unter 2 Jahren. Besser geeignet wäre in einem solchen Falle z. B. Kohle. Das Prinzip der Anwendung beruht darauf, dass diese Wirkstoffe wie Opiate (➔ SCHMERZ, Heft G) wirken (sog. Opiat-Agonisten). Solche werden gegen Schmerzen eingesetzt und lösen als unerwünschte Wirkung Verstopfung aus, was hier therapeutisch genutzt wird. Opiate sind leider auch Suchtmittel. Die hier verwendeten Substanzen weisen jedoch keine zentrale Wirkung auf, weshalb sie nicht schmerzstillend wirken und keine Suchtgefahr besteht. Dieses Wirkprinzip wird selten auch durch Anwendung des Arzneipräparats Opiumtinktur (Opii tinctura normata) ausgenutzt. Die Verordnung muss auf einem Betäubungsmittelrezept erfolgen. Das Präparat wird tropfenweise eingenommen. Spezialitäten (LISTE) / Notizen ………………………………………………………………………………………………………… ………………………………………………………………………………………………………… ………………………………………………………………………………………………………… F 39 4 Erkrankungen des Darms Arzneidrogen Gerbstoffe Sind pflanzliche Wirkstoffe, die adstringierend wirken und dadurch die Darmwand weniger wasserdurchlässig machen. Sie sind enthalten in: A Heidelbeeren (myrtilli fructus): können als solche gekaut oder zu einem Brei gekocht werden A Schwarztee (theae folium): Tee als Aufguss, längeres Ziehenlassen verbessert den Gerbstoffgehalt, evtl. im Anschluss wieder etwas mit Wasser verdünnen 4.4 Magen-Darm-Grippe (Brechdurchfall, Gastroenteritis) Magen-Darm-Grippe ist die umgangssprachliche Bezeichnung für Erkrankungen, die mit Erbrechen und Durchfall einhergehen. Die Erkrankung hat nichts mit der echten Grippe (Influenza) zu tun. Sie tritt das ganze Jahr hindurch, v. a. aber im Sommerhalbjahr und auf Reisen gehäuft auf. (Tröpfcheninfekt ➔ INFEKTIONEN, Heft J) 4.4.1 Symptome Meist beginnt die Krankheit mit Übelkeit und Bauchschmerzen. Die erkrankte Person leidet an Brechdurchfall, manchmal auch nur an Durchfall. Auf diese Weise versucht der Körper, die lästigen Erreger so schnell wie möglich wieder los zu werden. Diesen Selbstheilungsprozess sollte man nach Möglichkeit nicht durch Medikamente stoppen. Auch die Übelkeit und die Abneigung gegen alles Essbare hat ihren Sinn: Magen und Darm brauchen Ruhe, um mit der Krankheit fertig zu werden. 4.4.2 Ursachen Die Krankheit wird durch Viren (z. B. Norovirus) oder Bakterien (z. B. Salmonellen) ausgelöst. 4.4.3 Therapie Auf genügende Flüssigkeitszufuhr und Elektrolytersatz achten, Schonkost; geeignet ist auch die Einnahme von Probiotika. Antiemetika ➔ Übelkeit/Erbrechen, Kap. 3.3, S. 23 4.5 Hämorrhoiden Es handelt sich nicht um eine eigentliche Darmerkrankung, sondern vielmehr um eine Erkrankung der Venen. Diese sind in der Hämorrhoidalzone ausserhalb (= äussere H.) oder innerhalb (= innere H.) des Afterschliessmuskels erweitert. Krampfadern ➔ KREISLAUF, Heft I 4.5.1 Symptome A Juckreiz (kann auch auf ein Afterekzem oder Aftergeschwür hindeuten) Schmerzen während des Stuhlgangs (auch ein Symptom bei Analfissuren = rissartige Verletzung in der Afterschleimhaut) A Oft frisches (also rotes) Blut im Stuhl A 4.5.2 Ursachen A Bindegewebeschwäche Übergewicht, Bewegungsmangel, sitzende Beschäftigung A Verstopfung, z. B. durch nahrungsfaserarme Ernährung, dadurch übermässiges Pressen beim Stuhlgang A Schwangerschaft A F 41 Themenheft F – Verdauungssystem 6 Überblick und Vernetzung 6.2 Aufgabenvorschläge für die Umsetzung in die Praxis Aufgabe 1 Sie essen ein Stück Brot. Verfolgen Sie den Weg und die verschiedenen Verdauungsprozesse, die dieses Stück Brot durchläuft, bis die Reste wieder ausgeschieden werden. Aufgabe 2 Die Schleimhaut als Barriere: Viele der beschriebenen Stoffe wirken nur lokal, andere werden resorbiert. Erstellen Sie unter diesem Aspekt eine Liste der für Erkrankungen im Verdauungssystem verwendeten Produkte und achten Sie dabei darauf, wie es sich mit den unerwünschten Wirkungen und mit der Verabreichung an Schwangere verhält. Aufgabe 3 Eine Gruppe von Produkten für die Mundhygiene wurde nicht erwähnt: Pflege von Prothesen. Welche Produkte bieten Sie in der Apotheke an? Suchen Sie Unterlagen zu diesem Thema und stellen Sie einen Ratgeber zusammen. Aufgabe 4 Akute oder chronische Verstopfung: Wie lauten die Therapieempfehlungen? 6.3 Glossar Abrasiv Abschleifende Wirkung Abrasivität Grad der abschleifenden Wirkung Amylase Stärkespaltendes Enzym Antazida Wirkstoffe, die mit Säure eine chemische Reaktion eingehen und sie dadurch neutralisieren Antiemetika Wirkstoffe, die den Brechreiz mildern Carminativa Arzneidrogen mit blähungshemmender Wirkung Chemische Nahrungsbestandteile werden mithilfe von Enzymen chemisch in ihre Grundbausteine zerlegt, die dann im Dünndarm resorbiert werden können. Verdauung Darmflora Im Darm leben Millionen von Bakterien und Hefepilzen, die u. a. für die Verdauung von grosser Bedeutung sind. Diarrhö Durchfall. Mehr als dreimal täglich Entleerung wässrigen oder breiigen Stuhls Dispergiert, dispers Fein verteilt Dispersion Gemisch, bestehend aus mindestens zwei Phasen. Dabei liegt eine Phase (z. B. Öl) in einer anderen Phase (z. B. Wasser) fein verteilt vor. Dyspeptische Überbegriff für verschiedene Beschwerden, die im Bereich des Oberbauchs auftreten Beschwerden Elektrolyte Salze. In Lösung liegen die Bestandteile in geladener Form (Ionen) vor. Das wichtigste Beispiel ist Kochsalz (NaCl). Es liegt in Lösung in Form von Na+ (positive Ladung) und Cl- (negative Ladung) vor. Emesis Erbrechen Endokrine Drüse Drüse, die ihr Hormon enthaltendes Sekret in die Blutbahn abgibt Enteritis Dünndarmentzündung F 48 6 Überblick und Vernetzung Enzym Eiweissverbindung, die als Teil verschiedener Stoffwechselprozesse chemische Verbindungen aufspalten kann Exokrine Drüse Drüse, die ein Sekret auf die Oberfläche von Haut oder Schleimhaut abgibt, z. B. Speicheldrüse Flatulenz Blähungen Gallensaft Wird in der Leber gebildet und in der Gallenblase gespeichert, unterstützt im Zwölffingerdarm die Aufteilung von Fett in feine Tröpfchen (als Vorbereitung für die chemische Verdauung der Fette) Gastritis Magenschleimhautentzündung Geschmackssinn Befindet sich grösstenteils auf der Zunge. Es können die Geschmacksrichtungen süss, sauer, salzig und bitter unterschieden werden. Gingivitis Zahnfleischentzündung Glykogen Speicherform der Glukose in der Leber Hämorrhoiden Schmerzhaft erweiterte Venen in der Region des Afters Hyperazidität Erhöhter Säuregrad Hypoazidität Zu tiefer Säuregrad Ikterus Gelbsucht Ileus Darmverschluss Inkontinenz Unvermögen, Harn und/oder Stuhl bewusst zurückzuhalten Karies «Loch» im Zahn, Zahnfäulnis; der Zahnschmelz wurde angegriffen. Stoffe können in die Zahnhöhle eindringen und u. a. Schmerzen auslösen. Karzinom Bösartige Tumorform, die in Haut- und Drüsengewebe entsteht Kolitis Dickdarmentzündung Kontaktlaxans Abführmittel, das den Darm reizt Laxans/Laxantien Das/die Abführmittel Lipase Fettspaltendes Enzym Magensäure Weist einen pH-Wert von 1–2 auf (Salzsäure). Dadurch kann sie eindringende Krankheitserreger abtöten und unterstützt die Verdauung der Proteine. Mechanische Verdauung Speisen werden durch Zähne und verschiedene Muskeln in kleinere Stücke zerbissen, zerdrückt, zerquetscht, zerrissen oder zermalmt. Motilität Muskelbewegungen im Magen Nausea Übelkeit Obstipation Verstopfung. Verzögerte und erschwerte Entleerung von trockenem, hartem Stuhl, weniger als dreimal pro Woche Ösophagus Speiseröhre F 49 Themenheft F – Verdauungssystem 6 Überblick und Vernetzung Ösophagitis Entzündung der Speiseröhre Osmose bzw. Physikalischer Prozess, bei dem zwei Lösungen, die durch eine für Wasser durchlässige Membran voneinander geteilt sind, bestrebt sind, dass die Konzentration ausgeglichen wird. Dadurch wird Wasser verschoben (die konzentriertere Lösung zieht Wasser an) und ein Druck auf die Membran ausgeübt. osmotisch Pankreas Bauchspeicheldrüse. Produziert Verdauungssaft, der Enzyme aus den Gruppen der Lipasen, Amylasen und Proteasen enthält. (Ausserdem werden die Hormone Insulin und Glukagon produziert.) Parodontitis Entzündung im Bereich des Zahnhalteapparates Peptid Gegenüber den Proteinen deutlich verkürzte Eiweisskette Peristaltik Durch Zusammenarbeit von Ring- und Längsmuskulatur auftretende, wellenförmige Bewegung in der Speiseröhre und im Darm Plaque Zahnbelag, bestehend aus Nahrungsresten, Bakterien und deren Stoffwechselprodukten Prokinetika Wirkstoffe, die die Motilität und Entleerung des Magens fördern Protease Protein-(Eiweiss-)spaltendes Enzym Reflux Rückfluss von Speisebrei aus dem Magen in die Speiseröhre Rektal Verabreichung von Arzneiformen in den Mastdarm Säuresekretions- Wirkstoffe, die die Produktion der Säure im Magen reduzieren hemmer Sedation Beruhigung Spasomolytika Wirkstoffe, die eine Entspannung der glatten Muskulatur bewirken Spasmus Krampf Speichel Körperflüssigkeit; wird von den Speicheldrüsen im Mund produziert Stoma Operativ hergestellte Öffnung in der Bauchdecke Stuhlkonsistenz Zusammenhalt, Festigkeit bzw. «Geschmeidigkeit» des Darminhalts Substitution Eine dem Organismus fehlende Substanz (z. B. Hormone, Mineralien) wird ersetzt oder ergänzt. Substituieren Ersetzen, von aussen zuführen Ulkus ventrikuli/ Magen-/Zwölffingerdarmgeschwür duodeni Unwillkürlich Mit dem Willen nicht beeinflussbar Willkürlich Mit dem Willen beeinflussbar F 50 2 Nährstoffe und darauf bezogene Krankheiten Verlauf des Blutzuckerspiegels nach Einnahme von kohlenhydrathaltigen Nahrungsmitteln mit demjenigen nach Verabreichung der gleichen Menge Glukose. Vereinfacht kann man unterscheiden: A Schnelle Zucker: Je kürzer die Ketten, desto schneller werden sie zu Einfachzuckern abgebaut und können resorbiert werden. Der Blutzuckerspiegel steigt schnell an, fällt aber in der Regel auch schnell wieder ab. Dies ist eine für den Organismus eher ungünstige Situation. (Wenn aber ein sofortiger Energieschub notwenig ist, so sollten Einfachzucker eingenommen werden.) A Langsame Zucker: Sie bewirken ein langsames Ansteigen und Absinken des Zuckerspiegels im Blut. Dies ist eine für den Organismus eher günstige Situation. (Für eine über längere Zeit anhaltende Energieversorgung wird die Einnahme von stärkehaltigen, also möglichst langkettigen Produkten empfohlen.) A Stuhlregulierung: Ballaststoffe wie Zellulose und Pektin lassen sich in unserem Verdauungssystem nicht aufspalten. Sie nehmen aber viel Wasser auf, quellen, regen so die Peristaltik des Darms an und regulieren die Stuhlkonsistenz. Sie vermitteln ein Sättigungsgefühl, können Schadstoffe an sich binden und beeinflussen den Cholesterinspiegel im Blut positiv. Schliesslich verlangsamen sie auch die Resorption von Einfachzucker, wirken sich also günstig auf den Blutzuckerspiegel aus. 2.1.3 Bedarf Der tägliche Bedarf beträgt 4–6 g pro kg Körpergewicht, davon mind. 2/3 in Form von Stärke und max. 1/3 als Zucker. 55–60 % des täglichen Energiebedarfs sollte durch Kohlenhydrate gedeckt werden. Mein persönlicher Bedarf beträgt demnach: ………………………………………… Wenn dem Organismus zu wenig Kohlenhydrate zugeführt werden, wird der Energiebedarf über den Abbau von Proteinen (Muskeln!) gedeckt. Auch Fettabbau kann zur Energiegewinnung eingesetzt werden. Wenn mehr Kohlenhydrate aufgenommen als verbraucht werden, werden diese zwar teilweise in der Leber in Form von Glykogen gespeichert, aber zu einem grossen Teil auch zu Fett umgebaut und als solches im Fettgewebe eingelagert. 2.1.4 Kohlenhydrathaltige Nahrungsmittel A Schnelle Zucker: Traubenzucker, Früchte, Schokolade, Süssigkeiten etc. Langsame Zucker: Vollkorn-Teigwaren, Vollkornbrot, Vollreis, Gemüse etc. A Nahrungsfasern: Vollkorngetreide, Früchte, Gemüse, Hülsenfrüchte, Kleie etc. A 2.1.5 Erkrankungen Diabetes ➔ STOFFWECHSEL, Heft J Für die Nutzung der Glukose im Organismus braucht es das Hormon Insulin, das in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird. Diabetiker weisen einen erhöhten Blutzuckerwert auf, weil sie gar kein oder nur in ungenügenden Mengen Insulin bilden können. Laktoseintoleranz Aufgrund eines Enzymmangels bzw. Laktasemangels kann die zugeführte Laktose nicht gespalten werden. Sie wirkt dann als osmotisch wirksames Laxans (➔ VERDAUUNG, Heft F) und löst Blähungen und Durchfall aus. Therapie: Nach Möglichkeit auf die Zufuhr von Laktose verzichten, d. h. Milch und einige Milchprodukte meiden und laktosefreie Milch und Milchprodukte konsumieren. F 57 Themenheft F – Ernährung 2 Nährstoffe und darauf bezogene Krankheiten Selen Funktion Bestandteil von Enzymen Mangelerscheinung Kommt in unseren Breiten praktisch nicht vor (beschrieben werden Herz-, Gelenk- und Nervenerkrankungen) Folge eines zu grossen Angebots Hautentzündung, Haarausfall Nahrungsmittel Fleisch, Fisch, Getreide 2.7 Aufbaumittel Die Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente werden in verschiedensten Kombinationsmitteln angeboten. Neben den bereits erwähnten Stoffgruppen werden diesen Produkten weitere Zusätze beigefügt. Ginseng-Extrakt: verbessert die Denk- und Konzentrationsfähigkeit ➔ LEBENSSITUATIONEN, Heft J A Ginkgo-Extrakt: verbessert die Durchblutung im Gehirn ➔ KREISLAUF, Heft I Arzneidrogen A Aminosäuren Verstärken die Erzeugung von Muskeleiweissen oder fördern den Stoffwechsel der Gehirnzellen Spezialitätenbeispiel: Dynamisan forte Die verschiedenen Substanzen werden in Kombinationen angeboten, die gezielt bestimmte Patientengruppen ansprechen sollen. Viele dieser Produkte sind nicht mehr als Arzneimittel zugelassen, sondern werden als Nahrungsergänzungsmittel vertrieben. ➔ GESETZE, Heft D Vermerk (LISTE) ➔ SPEZIALITÄTEN, Heft L Kinder Spezialitäten (LISTE) / Notizen ………………………………………………………………………………………………………… Geschwächte, Rekonvaleszente Spezialitäten (LISTE) / Notizen ………………………………………………………………………………………………………… ………………………………………………………………………………………………………… Schwangere, Stillende Spezialitäten (LISTE) / Notizen ………………………………………………………………………………………………………… Senioren Spezialitäten (LISTE) / Notizen ………………………………………………………………………………………………………… ………………………………………………………………………………………………………… F 68 Themenheft F – Ernährung 4 Essstörungen 4.2 Fettleibigkeit (Adipositas) Von Übergewicht, das gesundheitsschädigend ist und deshalb unbedingt reduziert werden sollte, spricht man ab einem BMI von 30. Fettleibigkeit ist ein Risikofaktor für: A Herz-Kreislauf-Störungen, insbesondere einen hohen Blutdruck A Alters-Diabetes (Diabetes Typ 2 ➔ STOFFWECHSEL, Heft J) A Rheumatische Erkrankungen in den tragenden Gelenken etc. 4.2.1 Ursachen A Psyche: Eine Depression kann dazu führen, dass man zuviel isst (Schokolade zum Aufmuntern). A Stoffwechselstörung 4.2.2 Therapie In der folgenden Aufzählung finden Sie einen Überblick über die zur Behandlung von Übergewicht empfohlenen Massnahmen und Produkte. Vermerk (LISTE) ➔ SPEZIALITÄTEN, Heft L Appetithemmer Verschiedene Wirkstoffe hemmen, als Nebenwirkung, den Appetit. So z. B. Kreislauf anregende Wirkstoffe wie Ephedrin oder Coffein. Andere Wirkstoffe (z. B. Schilddrüsenhormone ➔ STOFFWECHSEL, Heft J) regen den Stoffwechsel an, so dass es zu einem Gewichtsverlust kommt. Solche Wirkstoffe sind für diese Indikation nicht zugelassen. Sie können aber entsprechend missbraucht werden. Der Appetit kann auch dadurch gehemmt werden, dass die Sättigung erhöht wird. Dies wird durch die Verabreichung von Quellmitteln (Nahrungsfasern und Ballaststoffe) erreicht. Anwendung Einnahme eine halbe Stunde vor dem Essen mit viel (!) Wasser, quellen im Magen und vermitteln ein Völlegefühl. Spezialitäten (LISTE) / Notizen ………………………………………………………………………………………………………… Lipasehemmer Diese Substanzen hemmen das Enzym Lipase, das für die Spaltung von Fett verantwortlich ist. Wenn das Fett nicht gespalten wird, kann es nicht resorbiert werden und wird deshalb wieder ausgeschieden. Anwendung Einnahme mit dem Essen. Dies ist aber nur dann nötig, wenn das Essen fetthaltig ist. Unerwünschte Wirkung Da das Fett wieder ausgeschieden wird, kann es zu Durchfall, sog. Fettstühlen kommen (das Fett funktioniert als Gleitmittel). Es wird deshalb empfohlen, dass trotz Einnahme des Lipasehemmers der Fettgehalt der Nahrung reduziert wird. Spezialitäten (LISTE) / Notizen ………………………………………………………………………………………………………… F 74 4 Essstörungen Medizinprodukte Verschiedene Substanzen beeinflussen die Fett- oder Kohlenhydratresorption, indem sie diese Komponenten an sich binden und dadurch eine Resorption verhindern. Auch verschiedene Quellmittel sind nicht mehr als Arzneimittel zugelassen, sondern werden als Medizinprodukte vertrieben. ➔ GESETZE, Heft D Beispiele/Notizen Formoline L 112, Carbosinol, Liposinol, Appecal ………………………………………………………………………………………………………… 4.2.3 Diäten Um Gewicht zu reduzieren, muss die aufgenommene Energiemenge kleiner sein als die Energiemenge, die verbraucht wird. Dies kann erreicht werden: A indem beträchtlich weniger gegessen wird, als für geplante Aktivitäten verbraucht wird und A durch Bewegung! Dadurch werden mehr Kalorien umgesetzt, als aufgenommen. Jeden Frühling werden die verrücktesten Diät-Vorschläge gemacht, um die Figur für den Sommer in Top-Form zu bringen. Viele dieser Diäten sind aber sehr einseitig und führen zu Mangelerscheinungen. Es sollte immer darauf geachtet werden, dass der Gewichtsverlust nicht zu schnell erfolgt: Zuerst reduziert sich das Körpergewicht v. a. durch Wasserverlust. Bis die Fettreserven angegriffen werden, braucht es Zeit. Oft folgt nach Absetzen der Diät eine erneute Gewichtszunahme, die sogar das Ausgangsgewicht übersteigen kann. Dies wird als Yo-Yo-Effekt bezeichnet. Beim Einhalten einer Diät sollten deshalb folgende Punkte berücksichtigt werden: A Ziel sollte eine ausgewogene Ernährung mit Reduktion von Fett und Kalorien/Joule sein. Langsamer Gewichtsverlust, viel trinken (ungesüsst, Alkohol meiden) A Umstellen der Lebensgewohnheiten: sich Gedanken darüber machen, wie die Ernährung nach Beendigung der Diät aussehen soll; mehr Bewegung A In der Apotheke gibt es verschiedene Produkte, die wenig Kohlenhydrate und Lipide, dafür aber Proteine, Vitamine und Mineralstoffe enthalten. Sie werden anstelle herkömmlicher Mahlzeiten gegessen, d.h. über eine bestimmte Zeit hinweg als alleinige Nahrung, danach zur Erhaltung des Gewichts als Ersatz für einzelne Mahlzeiten. Beispiele: Modifast, Protiline etc. Zusatztipps A 4–5 kleinere Mahlzeiten pro Tag sind besser als 3 grosse, keine Snacks. Langsam essen, gut kauen, sich an einen Tisch setzen, sich Zeit nehmen A Auf einem kleineren Teller wirkt die Portion grösser. A Täglich mindestens 1,5 Liter ungesüsste und alkoholfreie Getränke trinken A F 75