Mozart, Constanze Constanze Mozart den und konzertierte zunächst in Wien, dann in Leipzig, Geburtsname: Constanze Weber Dresden und Prag. Sie veranstaltete Soireen, bei denen Ehename: Constanze von Nissen sie ihren späteren Ehemann, Nikolaus von Nissen kennen lernte. Mit ihm begann sie eine umfassende Mozart- * 5. Januar 1762 in Zell im Wiesental, Deutschland Biografie, die sie nach Nissens Tod fertig stellte und her- † 6. März 1842 in Salzburg, Österreich ausgab. Mit dieser über 50 Jahre andauernden Tätigkeit legte sie den Grundstein für die Mozartforschung. Sängerin, Nachlassverwalterin Orte und Länder Letzter Gruß Constanze Mozarts an ihren soeben verstor- Constanze Mozart wurde als dritte von vier Töchtern benen Gatten Wolfgang A. Mozart in Form einer Eintra- Fridolin Webers und seiner Frau Cäcilia in Zell geboren. gung in sein Stammbuch, notiert auf der Rückseite der 1763 übersiedelte die Familie nach Mannheim. 1779 er- Eintragung von Dr. Sigmund Barisani, die ihr als Vorlage folgte der Umzug der Familie Weber nach Wien, wo Aloi- diente: sia, die Schwester Constanzes, ein Engagement am Burg- ”Was Du einst auf diesem Blatte an Deinen Freund sch- theater bekommen hatte. 1781 nahm die verwitwete Cäci- riebst, lia Weber den eben aus den erzbischöflichen Diensten eben dieses schreibe nun Tiefgebeugt an Dich aus Salzburg entlassenen Wolfgang A. Mozart als Unter- vielgeliebter Gatte; mir, und ganz Europa unvergeßlicher mieter auf. Mozart – auch Dir ist nun wohl- auf ewig wohl!!!--- Am 4. August 1782 heirateten Constanze Weber und Um 1, U. nach Mitternacht vom 4te zum 5te Dezember Wolfgang A. Mozart in Wien, wo das Ehepaar auch wohn- deß Jahres haft blieb. Nach Mozarts Tod 1791 trat Constanze Mozart Verließ er in Seinem 36te Jahre- O! nur allzu frühe! – wieder in Konzerten auf, am 28. Februar 1796 stand sie Diese gute- aber undankbare Welt! – O Gott! – in einer Partie in ”La Clemenza di Tito” sogar auf der 8 Jahre knüpfte uns daß zärtlichste, hienieden unzert- Bühne des Königlichen Operntheaters zu Berlin. rennliche Band! – O! könnte bald auf ewig mit Dir verbunden seyn. 1811 übersiedelte sie mit ihrem am 26. Juni 1809 in Preß- Deine äußerst betrübte Gattin burg geehelichten zweiten Ehemann Nikolaus von Nis- Constance Mozart née ‘Weber” sen nach Kopenhagen, wo das Ehepaar begann, den musikalischen Nachlass Wolfgang A. Mozarts zu ordnen. (Faksimile-Abdruck in Arthur Schurig: Wolfgang Ama- Nach dem Verkauf des Hauses in Kopenhagen übersiedel- deus Mozart. Sein Leben, seine Persönlichkeit, sein te das Ehepaar Nissen 1821 nach Salzburg, um die Mo- Werk, Bd. 2, Leipzig: Insel-Verlag. S. 333. Constanze irrt zartbiografie zu vollenden. Nach dem Tod Nissens 1826 sich hier in der Zahl der Ehejahre; sie war neun Jahre führte Constanze Mozart das Werk der Nachlass-Rege- mit Mozart verheiratet.) lung in Salzburg zu Ende. Profil Biografie Die ausgebildete Sängerin Constanze Mozart war für Mo- Constanze Mozart wurde am 5. Januar 1762 in Zell, im zart eine gute Zuhörerin und engste Vertraute. Auf den schwarzwäldischen Wiesenthal geboren, als zweitjüngste zahlreichen Reisen (z.B. Prag 1787 und 1791) Sie begleite- Tochter von Fridolin Weber und seiner Frau Maria Cäci- te sie nicht nur ihren Ehemann, sondern übernahm zu- lia. Ihr Vater, der in Freiburg Jura studiert hatte, wurde nehmend die Reiseorganisation. Obgleich sich ihre Ehe als Amtmann in Zell 1763 gekündigt. Die Familie Weber mit Mozart als immer schwieriger gestaltete, hatte sie bis übersiedelte nach Mannheim, in die Geburtsstadt von Cä- zum Tode Mozarts, allen negativen Vorurteilen Leopold cilia Weber, was für die Familie einen sozialen wie auch Mozarts zum Trotz, um die Gunst ihres Schwiegervaters finanziellen Abstieg mit sich brachte. Fridolin Weber gerungen. musste in der Folge seine Familie mit Gelegenheitsjobs als Sänger, Souffleur und schlecht bezahlter Notenkopist Nach Mozarts Tod war Constanze aus finanziellen Grün- mühsam über Wasser halten. den gezwungen, selbst wieder musikalisch aktiv zu wer- –1– Mozart, Constanze Trotzdem (oder gerade deswegen) war er bemüht, seinen 1787 und 1791. Töchtern die beste Erziehung angedeihen zu lassen. Die gute Schulbildung seiner Töchter lässt auf deren Unter- Während ihrer Ehe mit Wolfgang A. Mozart gebar sie richt in der Katholischen Schule der Congregation von sechs Kinder, von denen zwei überlebten. Die wachsende Notre Dame schließen. Alle vier Mädchen hatten nämli- Geldnot in den letzten Ehe-Jahren mit Mozart, die vielen ch ausgezeichnete Kenntnis der französischen Sprache in Quartierwechsel und anstrengenden Geburten zehrten je- Wort und Schrift. Die Musikausbildung musste der Vater doch derart an ihren Kräften, dass sich Constanze ver- wohl selbst übernommen haben, da alle Töchter eine vir- mehrt in die Kuren nach Baden-Baden begab. tuose Koloraturtechnik besaßen und exzellent Klavier spielten. So hatte Wolfgang A. Mozart sicher recht, wenn Der Tod Wolfgang A. Mozarts am 5. Dezember 1791 traf er die Familie Weber mit seiner eigenen verglich: die erst 29-jährige Witwe abrupt und sollte ihr Leben “...ihr Vatter wie meiner, und die ganze famille wie die von Grund auf verändern. Die finanziellen Sorgen und Mozartische.” die Sorge um ihre Söhne, den siebenjährigen Carl Tho- Bei dem Gesangsunterricht, den Constanzes Schwester mas und den fünf Monate alten Franz Xaver Mozart Aloisia Weber zwischen Oktober 1777 und März 1778 von zwangen Constanze, auch selbst musikalisch wieder ak- Wolfgang A. Mozart erhielt, war meistens auch Constan- tiv zu werden. Die ausgebildete Sängerin konzertierte zu- ze anwesend. Auch Constanze verrichtete nach eigenen nächst in Wien, später auch in Leipzig, Dresden und Angaben täglich ihre Stimm- und Gesangsübungen. Drei Prag. Am 28. Februar 1796 stand sie sogar in einer der der Töchter, nämlich Aloisia, Sophie und Josepha (Mitg- Partien in ”La Clemenza di Tito” auf der Bühne des Kö- lied der Theatertruppe von E. Schikaneder) übten später niglichen Operntheaters zu Berlin. Um jedoch zu regel- den Musikerberuf als Sängerinnen und Pianistinnen aus. mäßigen Einnahmen zu kommen, beschloss sie, Unter- Die wahrscheinlich talentierteste von ihnen, Aloisia, mieter in ihre Wohnung zu nehmen. konnte ab ihrem 19. Lebensjahr die gesamte Familie ernähren und auch deren gesellschaftlichen Status wieder Constanze bezog also eine geräumige Wohnung im obers- heben. ten Stockwerk des Michaelerhauses. Dort arrangierte sie musikalische Soireen, die von vielen durchreisenden Nach seiner unbeantwortet gebliebenen Liebe zu Aloisia Künstlern, die Mozart kannten, besucht wurden. Einer hatte Wolfgang A. Mozart für Constanze erst ein Auge, der Stammgäste dieser Soireen war in der Saison als er nach seinem Hinauswurf aus der Salzburger Hof- 1797/98 Nikolaus Nissen, welcher, selbst hochmusikali- musik Anfang Mai 1781 nach Wien übersiedelte und bei sch, ein glühender Verehrer der Werke Wolfgang A. Mo- der mittlerweile in Wien ansässigen Witwe Cäcilia We- zarts war. Es traf sich gut, dass der als sympathisch, klug ber als Untermieter einzog. In einem Brief vom 15. De- und hochgebildet geltende dänische Legationssekretär zember 1781 gesteht Mozart seinem Vater bereits seine auf Wohnungssuche war. Bald zog Nikolaus Nissen in Liebe zu Constanze. Leopold Mozart verwehrte seine Ein- die geräumige Wohnung Constanzes ein. Er übernahm willigung zur Eheschließung bis zum letzten Moment für die verwaisten Kinder die Vaterrolle und auch den und ließ sich erst durch die Fürsprache der die Lieben- Unterricht in Latein, Französisch und Algebra. den unterstützenden Baronin Waldstetten umstimmen. Noch bevor sein briefliches Placet eintraf, hatten Wolf- Auch wenn die Hochzeit von Constanze Mozart und Niko- gang und Constanze sich am 4. August 1782 trauen las- laus Nissen erst am 26. Juni 1809 stattfand – im Martins- sen. dom zu Preßburg – bestand, nach allem was wir wissen, schon seit längerem eine ernsthafte Liebesbeziehung zwi- Je mehr sich die Beziehung zwischen Wolfgang A. Mo- schen beiden. zart und seiner Salzburger Familie, also seinem Vater und seiner Schwester Nannerl distanzierte, umso näher Wegen der angeschlagenen Gesundheit Nissens besch- wurde ihm seine geliebte Constanze. Constanze Mozart loss das Ehepaar in die Heimat des Gatten zu übersie- galt mit ihren damals 20 Jahren als lebenslustig und war deln. Zehn Jahre lang lebten sie in der Lavendelgasse in sicher auch in musikalischen Dingen eine gute Zuhöre- Kopenhagen: Dort führte das Paar ein finanziell sorgenf- rin, später auch immer wichtigere Ratgeberin. Sie wurde reies Leben und Nikolaus von Nissen begann auf der Ba- Mozarts Begleiterin auf den wichtigen Reisen nach Prag sis von Erzählungen seiner Frau mit seinem Lebenswerk, –2– Mozart, Constanze dem Schreiben der Mozart-Biografie. Verständnis für die hohen Ideale Wolfgang A. Mozarts. 1828 gibt Constanze Mozart die Mozart-Biografie ihres 1821 reifte beim Ehepaar Nissen anlässlich eines Kuraufenthaltes in Gastein der Wunsch, sich in Salzburg niederzulassen. In ihrem neuen Haus am Nonnberg setzte Niko- zweiten Mannes, Nikolaus von Nissen, heraus. Rezeption laus von Nissen mit Hilfe Constanzes sein Alterswerk Constanze Mozart wird in den meisten der gängigen Mo- fort. Ferner unterstützte sie ihn bei der anstrengenden zart-Biografien als dem Genie ihres Mannes nicht ge- Reise nach Deutschland, die dem Aufsuchen von mit Mo- recht werdenden Ehefrau beschrieben. In der biografi- zart verbundenen Stätten und Personen gewidmet war. schen Literatur über Wolfgang Amadeus Mozart gibt es Constanze führte das von Nissen aufgrund seiner Krank- genügend Aussagen, die angebliche charakterliche und heit und Todes am 22. März 1826 unvollendete Projekt menschliche Mängel Constanze Mozarts herausstrei- der Mozart-Biografie zu Ende. Constanze holte ihre chen. Oft sind die Aussagen, wie zum Beispiel bei Wolf- Schwester Sophie zu sich ins Haus, die am selben Tag gang Hildesheimer, sogar widersprüchlich: ”Constanze wie sie ihren Mann verloren hatte. Bis zu ihrem Tod am war eine leichtlebige, dabei triebhafte Natur, sie gewähr- 6. März 1842 – Constanze starb an einer Lungenläh- te Mozart – und vielleicht nicht nur ihm – erotische, zu- mung – stellte sie ihr ganzes Leben in den Dienst der Er- mindest sexuelle Befriedigung, wäre aber unfähig gewe- innerung an ihren Mann. sen, ihm jenes Glück zu spenden, dessen ein geringerer Würdigung zu seiner Selbstverwirklichung bedurft hätte. Darin war Mozart Egozentriker: Der Maßstab allen menschlichen Constanze Mozart war auf Grund ihrer hervorragenden Empfindens war ihm das von ihm selbst investierte Ge- musikalischen Ausbildung in der Lage, die Sopranparti- fühl, nicht die Erwiderung des Partners, deren mehr en der Opern ihres Mannes gemeinsam mit ihm durchzu- oder weniger geringen Grad er nicht wahrnahm oder zu- arbeiten. Wir wissen, dass Mozart diese anspruchsvolle mindest: erst dann wahrnahm, wenn er, wie von Aloisia, Arbeit mit seiner Frau sehr geschätzt hat. zurückgewiesen wurde. Seine Einsamkeit war zwar extrem, zugleich aber war sie ihm auch Schutz vor Verlet- Als Mozart im Spätsommer 1783 in Salzburg zu Besuch zungen seines Ego.” Zunächst bemerkt er völlig richtig: war, sang er mit seiner Frau und gemeinsam mit Freun- ”Constanze Mozart ist der seltene Fall einer biographi- den das berühmte Quartett aus dem dritten Akt des ”Ido- schen Schlüsselfigur, deren Bild wir aus keinem einzigen meneo”. ”Andrò ramingo e solo”: Er selbst hatte die Par- Selbstzeugnis tie des kretischen Königssohnes Idamantes übernom- nicht, solange sie Constanze Mozart war. Und auch die men. Der Vortrag des Quartetts erschütterte ihn derart, Aussagen anderer über sie sind spärlich genug. Wir sind dass er in Tränen ausbrach und das Zimmer verlassen beinahe ausschließlich auf die an sie adressierten Briefe musste. Dies erzählte Constanze Mozart erst fünfzig Jah- angewiesen, und auf die wenigen, meist unfreundlichen re später anlässlich eines Besuches 1829 von dem engli- Andeutungen überlebender Zeitgenossen. Aus ihren acht schen Verleger Vincent Novello und dessen Frau Mary in Jahren als Mozarts Frau haben wir kein einziges Doku- Salzburg. Die Reisetagebücher der Novellos enthalten no- ment von ihr selbst. Die Briefe an ihren Mann sind ver- ch mehr Erstaunliches: Einmal habe Mozart seiner Frau schollen,” und weiter: ”Vielleicht offenbarte sich in ihnen gestanden, sein Glück sei zu groß, um dauerhaft zu sein. jene Liebe und Fürsorglichkeit, die sie für ihren Gatten zusammensetzen können, zumindest empfunden haben will, allzu ungenügend für die registWenige Jahre nach dem Tod ihres Mannes ließ Constan- rierende Nachwelt. (...) Es ist unwahrscheinlich, daß sie ze Mozart den Klavierauszug des ”Idomeneo” veröffentli- jemals psychisch gelitten hat, und auch ihre physischen chen. In der Ankündigung dieser Ausgabe schrieb sie: Leiden betrachten wir mehr als willkommenen Vorwand ”Die Liebhaber und Kenner der Mozartischen Musik wer- zu Badekuren.” den darinn alle die Schönheiten und Vorzüge seiner Kunst, welches jedes Werk Mozarts vor allen andern aus- Auch Heinz Gärtners Abhandlungen über Constanze Mo- zeichnet vielleicht in noch höherm Grade beysammen fin- zart enthalten unzählige übelwollende Nachreden, wobei den, weil der Stoff heroisch ist, und Mozart’s Geist im viele Fakten, die gegenteiliges beweisen, einfach ver- Großen und Erhabenen am herrlichsten glänzte.” Dieser schwiegen werden. Dass Constanze Mozart die Mozart- Ausspruch zeugt von der Bewunderung und auch dem forschung erst nach dem Tod ihres zweiten Ehemannes –3– Mozart, Constanze Nikolaus Nissen in Gang gebracht hat, wird häufiger ih- sie sich auch als Tochter ihres Vaters, eines professionel- ren geldsüchtigen Ambitionen zugeordnet, als der Liebe len Notenkopisten. zu ihrem Mann Wolfgang A. Mozart, die immer die Basis für die Arbeit am künstlerischen Nachlass bildete. Im Herbst 1795 organisierte Constanze eine DeutschlandTournee, auf der sie gemeinsam mit Aloisia und dem Pia- Diesen eher negativen Darstellungen steht die erste Mo- nisten Anton Eberl in Programmen mit Werken Mozarts zart-Biografie von Franz Niemetschek gegenüber, die auftrat. Die Konzerte der Witwe Mozarts und ihrer Constanze in einem sehr ansprechenden und sehr realis- Schwester Aloisia, die als eine der berühmtesten Sänge- tischen Bild erscheinen lässt. In den Beschreibungen für rinnen ihrer Zeit galt, wurden vom Publikum in Berlin, den englischen Musikverleger Vincent Novello, der Cons- Leipzig und Hamburg enthusiastisch aufgenommen. Au- tanze 1829 in Salzburg besuchte, dürfte sich mehr “Dich- ßerdem trugen sie damit nicht unwesentlich zu einer Ver- tung” als Wahrheit in Constanzes Lebensgeschichte ge- breitung der Werke Wolfgang A. Mozarts in Deutschland mischt haben. bei. Im “Reisegepäck” dürften neben den Liedern auch Arien aus den Opern ihres verstorbenen Mannes gewe- Die heutige Musikwissenschaft entdeckt in der Persönlichkeit Constanzes immer mehr Charakterzüge, die ihre Rolle als nächster und wichtigster Mensch für das Genie sen sein. Mehr zu Repertoire Wolfgang A. Mozart, der sie, wie er so oft betonte, in- Zur Entstehung der c-Moll Messe, KV 427, weichen die nigst liebte, in neuem Licht erscheinen lassen. Sie zeu- Darstellungen von Wolfgang A. Mozart und seiner Frau gen von der Entwicklung des “innig geliebten Weib- Constanze zwar geringfügig voneinander ab, bringen je- chens” zu einer gefestigten Persönlichkeit, die in den Wir- doch weitgehend dasselbe zum Ausdruck: Constanze be- ren und Schwierigkeiten der letzten Ehejahre der Mo- richtet dem englischen Ehepaar Novello anlässlich eines zarts neben einer umsichtigen Haushaltsleiterin auch zur Besuches der Bewunderer ihres verstorbenen Mannes in engsten musikalischen Beraterin ihres Mannes wurde. Salzburg, dass die Messe ihre Entstehung einem Gelübde Mozarts in Hoffnung auf die gesunde Geburt ihres ersten Ihre Mitwisserschaft der Zugehörigkeit Mozarts zu dem gemeinsamen Kindes entsprang. geheimen und von Staat und Kirche verfolgten Orden Obwohl Mozart die Messe nie vollendet hat, zeugt ihre der “Illuminati” lässt sie noch mehr als engste Vertraute großartige Konzeption und die auf Constanze maßgeschn- und Kennerin auch der geheimsten Gedankengänge und eiderte Führung der Sopranstimme von seiner großen progressiven Weltanschauung ihres Mannes erscheinen. Liebe zu seiner Frau. Besonders die prächtig angelegte Repertoire Choral-Fuge (`Cum sancto spirito`) dürfte auf besonderen Wunsch Constanzes entstanden sein, die ihren Mann Das erste dezidiert von Wolfgang A. Mozart seiner Frau zum Schreiben von Fugen ermunterte, nachdem sie sich Constanze gewidmete Werk war die Messe in c-Moll, KV mit dem von Beiden so bewunderten polyphonen Stil 427 (417a), deren Sopranpartie Constanze bei deren Ur- von Bach und Händel auseinandergesetzt hatten. aufführung am 26. Oktober 1783 in der Kirche St. Peter anlässlich des ersten Besuches des Ehepaares Mozart in Die Stimmführung des Sopran-Parts zeigt zwar einen im Salzburg sang. Vergleich zu Aloisia geringeren Stimm-Umfang (nur bis zum c´´´), verlangt aber eine virtuose Koloratur-Stimme Die Uraufführung der Oper “Entführung aus dem Serail” ebenso wie hohe Expressivität. Jane Glover berichtet in war am 16. Juli 1782. Drei Wochen später, am 4. August, ihrem Buch “Mozart’s Women” über spezielle Stimm- heirateten Wolfgang und Constanze. Nicht nur, dass übungen, die Mozart im Hinblick auf die nahe Auffüh- Wolfgang A. Mozart seine Liebesbeziehung und Gefühle rung der Messe für Constanze geschrieben hat. zu Constanze in diesem Werk zum Ausdruck brachte. In der ersten Sendung von Ausschnitten des soeben fertigge- Die Uraufführung der unvollendet gebliebenen Messe stellten ersten Aktes an seinen Vater Leopold befand sich fand am Ende des ersten und letzten gemeinsamen Auf- auch eine Kopie der Arie “Ach ich liebte, war so glückli- enthaltes des Ehepaares Mozart in Salzburg statt, am 26. ch”, in einer Handschrift, die Leopold Mozart unbekannt Oktober 1783 in der Kirche St. Peter. war: sie war geschrieben von Constanze! Hiermit bewies –4– Mozart, Constanze Quellen minaten.” Zürich, Mainz: Atlantis 2006. Quellen Arthur Schurig. Wolfgang Amadeus Mozart. Sein Leben, Bauer, W. A., Deutsch, O.E.. Mozart. Briefe und Aufzeich- seine Persönlichkeit, sein Werk, Bd. 2, Leipzig: Insel-Ver- nungen, Kassel 1962-75. lag. o.J. Mozart, Constanze. Briefe, Aufzeichnungen, Dokumente. Unseld, Melanie: Mozarts Frauen. Begegnungen in Mu- Hrsg. von Arthur Schurig. Dresden: Opal, 1922. sik und Liebe. Hamburg: Rowohlt-Verlag 2005. Nissen-Mozart, Constanze. Tagebuch meines Brief Wech- Valentin, Erich. Das Testament der Constanze Mozart- sels in Betref der Mozartischen Biographie (1827-1837). Nissen. In: Neues Mozart-Jahrbuch. Regensburg: Bosse Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg. Rudolph 1942. Angermüller (Hg.). Bad Honnef: Bock 1999. Nissen, Georg van. Biographie W. A. Mozarts. Leipzig Weissenstein, Friedrich. Die Frauen der Genies. Wien: 1828. Neuausgabe mit einem Vorwort von R. Angermül- Deutiche, 2001. ler: Hildesheim 1991. Welsh, Renate. Constanze Mozart. Eine unbedeutende Frau. München: DTV-Verlag 2004. Literatur Forschung Berger, Ludwig. Die unverhoffte Lebensreise der Cons- Die widersprüchlichen Äußerungen zur Person Constan- tanze Mozart. Tübingen: Wunderlich 1955. ze Mozarts der diversen Mozart-Biografen zeigt, wie schwierig es ist, zu einer ihr gerecht werdenden Lebens- Carr, Friedrich. Mozart und Constanze. Stuttgart: Re- darstellung zu finden. clam 1986. Die Bibliothek der “Internationalen Stiftung Mozarteum” Diez, Klemens. Constanze – gewesene Witwe Mozart. Ih- verfügt über eine erhebliche Anzahl von Mozart-Biografi- re ungeschriebenen Lebenserinnerungen; nach vorwie- en, die noch nicht vollständig auf Berichte über Constan- gend authentischen Unterlagen. Wien: Österr. Verl.-An- ze Mozart ausgewertet sind. st. [u.a.] 1982. Forschungsbedarf Gärtner, Heinz. Mozarts Requiem. Frankfurt am Main/ Das Repertoire Constanzes auf den Konzert-Reisen nach Berlin: Ullstein, 1989. dem Tod ihres Mannes in Linz, Graz, Berlin, Leipzig, Hamburg und Prag ist noch wenig recherchiert. Glover, Jane. Mozart’s Women: his family, his friends, his music London: Macmillan 2005. Die Frage nach den Retouchen in Briefen Mozarts (v.a. Ausradieren von Namen von Bekannten und Freunden) Nottelmann, Karsten. Mitteilungen über ,das von gott ge- können nach dem Erscheinen von Helmut Perls Buch seegnete Kleeblatt.’ Exegese eines bisher unbekannten “Der Fall ‚Zauberflöte’. Mozart und die Illuminaten” in ei- Briefs von Constanze Nissen an Carl Mozart. In: Mozart- nem neuen Licht gesehen werden. Da Mozart in seinen Jahrbuch 2003/04, Kassel u.a.: Bärenreiter-Verlag letzten fünf Lebensjahren selbst dem in vieler Hinsicht 2005, S. 199-225. radikalen Freimaurer-Zirkel der “Illuminati” sehr nahe stand, musste er Repressionen seitens des Staates und Ogris, Werner. Mozart im Familien- und Erbrecht seiner der Kirche befürchten, die schon viele seiner Freunde er- Zeit. Verlöbnis – Heirat – Verlassenschaft. Wien: Böhlau litten hatten. Möglicherweise wollte Constanze mit ihren 1999. Namens-Retouchen nach Mozarts Tod viele dieser Freunde schützen und nicht der Zensur preisgeben. Perl, Helmut. “Der Fall Zauberflöte. Mozart und die Illu- –5– Mozart, Constanze Constanze war eingeweiht in die geheimsten Gedankengänge ihres Mannes. Sie wusste, dass Mozart eine neue Loge mit dem Namen “Grotte” gründen wollte. Laut Helmut Perl (S. 153) schrieb sie am 21. Juli 1800 an den Verlag Breitkopf & Härtel dazu: “Ich leihe Ihnen hiemit zum Gebrauch für die biographie (...) einen Aufsatz, größtentheils in der Handschrift meines Mannes, von einem Orden oder Gesellschaft die er errichten wollte: Grotta genannt. Ich kann nicht mehr Erläuterung schaffen, der hiesige hofklarinettist Stadler der ältere, der den Rest geschrieben hat, könnte es, trägt aber Bedenken zu gestehen, daß er darum weiß, weil die Ordens oder geheime Gesellschaften so sehr verhaßt sind.” Dies lässt die Schwierigkeiten der letzten Ehejahre der Mozarts in neuem Licht erscheinen und bedarf neuer Forschungsarbeit. Normdaten Virtual International Authority File (VIAF): http://viaf.org/viaf/12345861 Deutsche Nationalbibliothek (GND): http://d-nb.info/gnd/11873721X Library of Congress (LCCN): http://lccn.loc.gov/n81139238 Autor/innen Monika Kammerlander, Die Grundseite wurde im November 2006 verfasst. Bearbeitungsstand Redaktion: Nicole K. Strohmann Zuerst eingegeben am 29.09.2006 mugi.hfmt-hamburg.de Forschungsprojekt an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg Projektleitung: Prof. Dr. Beatrix Borchard Harvestehuder Weg 12 D – 20148 Hamburg –6– Powered by TCPDF (www.tcpdf.org)