Pulsierende Sterne - Institut für Theoretische Astrophysik

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Vorlesung im SS 2012
Institut für Theoretische Astrophysik, Universität Heidelberg
H.-P. Gail
und andere Veränderliche
Pulsierende Sterne
• Helioseismologie
• Das η Car Problem
• Pulsation und Massenverlust
• Hüllen langperiodischer Veränderlicher
• Atmosphären pulsierender Sterne
• Modellrechnungen zur Pulsation
• Theorie der Pulsation
• Veränderliche Sterne: Das Beobachtungsmaterial
Plan der Vorlesung
Seite: 0.1
Seite: 1.1
Abbildung 1.1: Hertzsprung-Russell Diagramm mit den Positionen von veränderlichen Sternen, deren
Leuchtkraft und Effektivtemperatur gut bekannt ist, sowie Entwicklungswege von Sternen unterschiedlicher Masse.
Veränderliche Sterne im HR-Diagramm
Seite: 1.2
Abbildung 1.2: Lichtkurve von Mira Ceti für den Zeitraum vom Jahr
1596 bis zum Jahr 2000. Eine durchgehende Lichtkurve existiert ab dem
Jahr 1850.
Lichtkurve eines veränderlichen Sterns
Seite: 1.3
Bei den meisten Sternen sind deren Zustandsgrößen, speziell ihre Helligkeit, über sehr lange Zeiträume unveränderlich. Nur ein Teil aller
Sterne zeigen teils regelmäßige, teils unregelmäßige Schwankungen ihrer Helligkeit über Zeiträume, die von raschen Änderungen innerhalb
sehr kurzer Zeiträume bis zu Variationen, die sich erst nach jahrzehnteoder jahrhundertelanger Beobachtung nachweisen lassen, reichen. Unter
Helligkeit wird dabei diejenige im visuellen Spektralbereich verstanden.
In früheren Jahrhunderten war das ohnehin die einzige mögliche Beobachtungsgröße. Heutzutage sind auch in anderen Spektralbereichen
Beobachtungen möglich, aber mit wenigen Ausnahmen macht sich eine
Veränderlichkeit auch immer im optischen Bereich bemerkbar, und zur
Klassifikation der Phänomene wird deswegen fast nur dieser Spektralbereich verwendet.
1 Veränderliche Sterne
Seite: 1.4
Bei der heute erreichbaren Genauigkeit von Intensitätsmessungen (besser als 10−3 Größenklassen) zeigt praktisch jeder Stern in irgendeiner Form eine gewisse Variabilität auf geringem Niveau. Diese geringen Helligkeitsschwankungen hängen aber meistens mit instationären
Vorgängen in den Oberflächenschichten oder der Umgebung des Sterns
zusammen, und nicht mit Vorgängen im ganzen Stern. Für diese Art
Phänomene interessiert man sich in anderen Bereichen der Astronomie;
sie sind aber nicht das, was man eigentlich unter Veränderlichkeit eines
Sterns verstehen möchte.
Das Ausmaß der Helligkeitsänderungen bei einem Stern kann sehr
unterschiedlich sein: Von drastischen Helligkeitsvariationen über viele
Größenklassen, bis zu minimalsten Veränderungen. Wenn nur Helligkeitsänderungen von mindestens 0.1 Größenklassen berücksichtigt werden, die in früheren Jahrhunderten der unteren Grenze der damals sicher bestimmbaren Helligkeitsänderung entsprach, dann sind nur wenige Sterne Veränderliche. Von den mit bloßem Auge sichtbaren Sternen
erweisen sich in diesem Sinne nur ca. 3% als Veränderliche.
Veränderliche Sterne
Seite: 1.5
Der Begriff der Veränderlichkeit eines Sterns ist deswegen nur schwer
eindeutig festzulegen. Man interessiert sich für solche Phänomene, die
mit bestimmten physikalischen Ursachen in Zusammenhang gebracht
werden können, die den Stern als ganzes betreffen. Das hat im Laufe der
Zeit zur Abgrenzung einer Reihe von Gruppen geführt, die durch spezielle Eigenschaften ihrer Veränderlichkeit charakterisiert werden, und
deren Helligkeitsvariationen mit Veränderungen der Zustandsgrößen der
Sterne in Zusammenhang stehen. Die Mitglieder dieser Gruppen sind es,
die als veränderliche Sterne aufgefaßt werden. Der Begriff der Veränderlichkeit wird im Grunde genommen also nur durch eine Aufzählung der
Gruppen und ihrer Eigenschaften, die zu den veränderlichen Sternen
gezählt werden, definiert. Neue Gruppen könnten sich jederzeit bei Untersuchungen von Helligkeitsvariationen von Sternen herauskristallisieren.
Veränderliche Sterne
Seite: 1.6
Bei einer kleinen, aber auffälligen, Gruppe beobachtet man ein plötzliches Aufleuchten und ein nachfolgendes langsames Abklingen der Helligkeit eines Sterns. Ein solcher Ausbruch wird fast immer nur einmal
beobachtet. Die Ursachen der Variabilität dieser als eruptive Veränderliche bezeichneten Objekte sind meistens explosive Vorgänge in Einzelsternen (z.B. Supernovae) oder in Doppelsternsystemen (z.B. Novae).
Diese Art der Helligkeitsänderungen beruht ebenfalls auf inneren Eigenschaften der Sterne und der Art ihrer Entwicklung.
Bei einer großen Gruppe veränderlicher Sterne pulsieren die Sterne und
modulieren ihre Oberflächenhelligkeit im Rhythmus der Pulsation. Bei
diesen Pulsationsveränderlichen liegt die Ursache ihrer Veränderlichkeit
in Besonderheiten ihres inneren Aufbaus begründet. Diese Veränderlichen sind eine der Hauptgruppen aller veränderlichen Sterne, und speziell die verschiedenen Typen pulsierender Sterne, die Ursache ihrer
Variabilität und deren Eigenschaften, werden hier betrachtet.
Bei den Objekten, die zu den veränderlichen Sternen gezählt werden,
sind einige grundsätzlich verschiedene Hauptgruppen zu unterscheiden.
Veränderliche Sterne
Seite: 1.7
Bei einer anderen großen Gruppe ist die Ursache einer Helligkeitsschwankung die Tatsache, daß das untersuchte Objekt ein Doppelsternsystem ist. In einem Teil der Fälle ist dessen Bahnebene relativ zur
Sichtlinie nur wenig geneigt, sodaß es von Zeit zu Zeit zu einer gegenseitigen Bedeckung beider Sterne kommt. Die Sterne selbst sind in
diesem Fall also gar nicht veränderlich; die Veränderlichkeit der empfangenen Lichtmenge bei diesen sog. Bedeckungsveränderlichen wird nur
durch eine Abschattung bewirkt. Es hat in der Vergangenheit relativ
lange gedauert, bis man gelernt hat, die wechselseitige Bedeckung zweier Sterne von der Pulsation eines Einzelsterns zu unterscheiden.
Veränderliche Sterne
Seite: 1.8
Bei wieder einer anderen Gruppe ist die Helligkeit ungleichmäßig über
die Oberfläche verteilt und die Sterne rotieren, präsentieren dem Beobachter also wechselnd helle Teile der Oberfläche. In diesem Fall ist der
Stern eigentlich nicht veränderlich. Seine Variabilität ist auch hier ein
rein geometrisch bedingt.
In einem Teil der Fällen kommt es in einem Doppelsternsystem durch
Wechselwirkung der Komponenten (z.B. durch Massentransfer) aber
auch zu einer echten zeitlich veränderlichen Emission. Mehrere unterschiedliche Gruppen veränderlicher Sterne verdankt ihre Existenz der
Wechselwirkung der Sterne in engen Doppelsternsystemen.
Veränderliche Sterne
Seite: 1.9
Am 13. August 1596 wurde von David Fabricius bemerkt, daß die Helligkeit eines Sterns im Sternbild Walfisch (Cetus) kontinuierlich abnahm. Im Oktober des Jahres verschwand er dann völlig. Tatsächlich
ist der Stern im Maximum von 2ter Größenklasse, im Minimum von
9ter Größenklasse und damit mit bloßem Auge nicht mehr sichtbar.
Deswegen bezeichnet Fabricius den Stern in Schriften als res mira“.
”
Die regelmäßige Veränderlichkeit wurde durch Johann Ph. Holwarda
1638 bemerkt und eine Periode von etwa 11 Monaten bestimmt. Der
Stern wird nach Johannes Hevelius allgemein als Mira“, die Wunder”
same, bezeichnet. Dies war die erste Entdeckung eines Sterns, der sich
später als Pulsationsveränderlicher erwies.
1.1 Historisches
Seite: 1.10
Abbildung 1.1: Lichtkurve von Mira Ceti für den Zeitraum vom Jahr 1596 bis zum
Jahr 2000. Eine durchgehende Lichtkurve existiert ab dem Jahr 1850.
Lichtkurve eines veränderlichen Sterns
Seite: 1.11
Bei Algol wurde eine Veränderlichkeit im Jahr 1669 durch Montanari festgestellt und 1789 durch Goodricke die Periode bestimmt. Es ist
möglich das die Helligkeitsschwankungen schon in der Antike bemerkt
wurden. Auch der Name, der aus dem Arabischen stammt und soviel
wie Dämon“ bedeutet, scheint darauf hinzudeuten. Dies war die erste
”
Entdeckung eines Sterns, der sich als Bedeckungsveränderlicher erwies.
Historisches
Fabricius
Montanari
G. Kirch
Maraldi
Koch
Pigott
Goodricke
Goodricke
W. Herschel
Pigott
Pigott
Harding
Harding
Fritsch
Harding
Harding
Schwerd
J. Herschel
o Ceti (Mira)
β Persei (Algol)
χ Cygni
R Hydrae
R Leonis
η Aquilae
β Lyrae
δ Cephei
α Herculis
R Coronae Borealis
R Scuti
R Virginis
R Aquarii
Aurigae
R Serpentis
S Sepentis
R Cancri
α Orionis
Nach Hoffmeister (1970)
Entdecker
Stern
1639
1669
1687
1704
1782
1784
1784
1784
1795
1795
1795
1809
1810
1821
1826
1828
1829
1836
Mira
Algol
Mira
Mira
Mira
δ Cep
β Lyr
δ Cep
SRc
R CrB
RV Tauri
Mira
Mira
Algol
Mira
Mira
Mira
SRc
Jahr Typ
331.2
2.867
408. 1
388.9
309.9
7.177
12.91
5.366
irr.
irr
146.5
145.6
390.0
9984
182.1
356.4
371.8
361.6
Periode
[d]
Doppelstern
3-fach
Doppelstern
Seite: 1.12
Tabelle 1.1: Die im Jahre 1844 bekannten Veränderlichen, mit ihren
heutigen Bezeichnungen, Variablentypen und Perioden.
Historisches
Seite: 1.13
Die Entdeckung weiterer Veränderlicher kam nur schleppend in Gang.
Bis zum Jahr 1844 waren erst 18 veränderliche Objekte bekannt, die in
Tabelle 1 aufgelistet sind. Dies ist eine korrigierte Auflistung der von
Fr. Argelander 1844 in einem Artikel genannten Veränderlichen (2 heute
als nicht variabel eingestufte Sterne gestrichen, zwei von Fr. Argelander
übersehene Entdeckungen ergänzt). In diesem Artikel beschrieb er, was
damals über stellare Variabilität bekannt war und gab detailliert eine
Methode zur Beobachtung von Variabilität an, die auch von Amateuren
mit einfachen Hilfsmitteln angewendet werden kann.
Historisches
Chalmers
Müller & Hartwig
Prager
Kukarkin, 1. Aufl.
Kukarkin, 2. Aufl.
Kukarkin, 3. Aufl.
Kukarkin, 4. Aufl.
GCVS (Samus ++)
1865
1916
1937
1948
1958
1970
1981
2012
113
1986
6968
10 912
14 708
20 448
28 457
40 835
Anzahl
Seite: 1.14
Diese Zahlenangaben beziehen sich auf bestätigte Veränderliche in
der Milchstraße. Zusätzlich gibt es zahlreiche Objekte, die vermutlich
veränderlich sind, bei denen eine Bestätigung dessen aber noch aussteht,
sowie zahlreiche extragalaktische Objekte, vor allem in den Magellanschen Wolken, die jeweils in separaten Katalogen erfaßt sind.
Katalog
Jahr
Das hat die Beobachtung von Veränderlichen stark beflügelt und die
Anzahl der entdeckten Veränderlichen stieg danach rapide an:
Historisches
Seite: 1.15
Eine völlig andere Art von Veränderlichkeit stellt das einmalige helle
Aufleuchten eines Sterns dar, der für eine gewisse Zeit sichtbar bleibt
und dann nach allmählicher Helligkeitsabnahme nach einiger Zeit zu
schwach wird, um noch weiter beobachtet werden zu können. Solche
Ereignisse sind bereits aus antiken europäischen Quellen und aus alten
chinesischen und japanischen Quellen überliefert. Es handelt sich dabei um Novae oder Supernovae. Wegen des plötzlichen Erscheinens des
Sterns an einer Position am Himmel, an der vorher kein Stern beobachtet wurde, sprach Brahe in der Beschreibung der von ihm entdeckten
Supernova von stella nova“ und diese Bezeichnung (obwohl eigentlich
”
nicht korrekt) wird seit dem für dieses Phänomen verwendet.
Historisches
China
China
China
China
China
T. Brahe
J. Kepler
Flamstedt
viele
185
386
1006
1054
1181
1572
1604
1667
1987
Centaurus
Scorpius
Lupus
Taurus
Cassiopeia
Cassiopeia
Ophiuchus
Cassiopeia
LMC
Konstellation
20 Monate
8 Monate
24 Monate
24 Monate
6 Monate
18 Monate
12 Monate
—
Visuell sichtbar
Seite: 1.16
Es gibt noch weitere mögliche Beobachtungen, aber da sind die historischen Quellen nicht ganz eindeutig. Von zahlreichen weiteren Supernovae sind heute die Überreste im Radiobereich und im Röntgenbereich
gefunden. Die meisten galaktischen Supernovae sind wegen der Staubabsorption optisch nicht sichtbar.
Entdecker
Jahr
Die historischen Supernovae sind:
Historisches
Entdecker
Scheiner
Anthelm
Richer
Hevelius
d’Agelet
—
Hind
Tebbutt
Birmingham
Jahr
1612
1670
1673
1678
1783
1843
1848
1862
1866
Leo
Vulpecula
Leo
Puppis
Sagittarius
Carina
Ophiuchus
Scorpius
Corona Borealis
Konstellation
4.0 Magn.
2.6 Magn.
3.0 Magn.
6.0 Magn.
6.0 Magn.
-0.8 Magn.
2.0 Magn.
5.0 Magn.
2.0 Magn.
Visuell sichtbar
Die mit bloßem Auge sichtbaren historischen Novae waren:
Historisches
Seite: 1.17
Seite: 1.18
An der Entdeckung von Veränderlichen Sternen hat die Arbeit zahlreicher Amateurastronomen eine sehr verdienstvolle Rolle gespielt. Die
Langzeitüberwachung von Sternen mit teilweise sehr langen Perioden
kann von der professionellen Astronomie nicht geleistet werden und
bietet Amateuren ein reiches Betätigungsfeld, zumal hierfür nicht unbedingt große Instrumente erforderlich sind.
Historisches
Seite: 1.19
Zur Orientierung am Nachthimmel werden seit dem Altertum die Sternbilder oder Konstellationen verwendet. Die Himmelskugel wird in Areale eingeteilt, in denen jeweils auffällige Sterngruppen, meistens besonders helle Sterne, zu sog. Sternbildern zusammengefaßt werden. Diese
Gruppen werden mit bestimmten Namen belegt und geben dem betreffenden Areal am Himmel seinen Namen. Dieses aus der Antike überkommene Schema dient auch heute noch zu einer raschen Orientierung
am Sternenhimmel.
1.2 Bezeichnung veränderlicher Sterne
Seite: 1.20
Nach einem Beschluß der Internationalen Astronomischen Union von
1930 sollen in der astronomischen Wissenschaft die lateinischen Bezeichnungen verwendet werden, um Unklarheiten oder Mißverständnisse zu
vermeiden, die durch bei Verwendung unterschiedlicher Bezeichnungen
der Sternbilder in unterschiedlichen Sprachen entstehen können. Am
nördlichen Sternhimmel werden im wesentlichen die Namen verwendet,
die bereits Ptolemäus in seinem Verzeichnis von 150 n. Chr. verwendet
hat. Sie entstammen meist der antiken Mythologie. Die Namen am südliche Himmel wurden durch die frühen europäischen Seefahrer geprägt
und beziehen sich vielfach auf Begriffe aus der Seefahrt. Die Grenzen
der einzelnen Himmelsareale sind durch Konventionen festgelegt.
Bezeichnung veränderlicher Sterne
Seite: 1.21
Helle Sterne am Himmel oder solche, die in irgendeiner Weise auffällig
sind, werden mit individuellen Namen bezeichnet. Die meisten dieser
Namen sind arabischen, griechischen oder lateinischen Ursprungs. Um
auch weniger auffällige Sterne am Himmel eindeutig zu charakterisieren, führte Johannes Bayer 1603 in seinem Sternverzeichnis folgende
Bezeichnungsweise ein: Die Sterne im Feld eines Sternbildes werden mit
kleinen griechischen Buchstaben (α, β, γ, . . . ; falls diese nicht ausreichen, dann weiter mit kleinen und bei Bedarf mit großen lateinischen
Buchstaben) bezeichnet und dieser dem Genitiv des Namens des Sternbildes vorangestellt. Beispielsweise wird Sirius, der hellste Stern am
Himmel und im Sternbild Canis Major, nach diesem Schema als α Canis Majoris bezeichnet, oder, unter Verwendung der Abkürzung für das
Sternbild, kürzer als α CMa bezeichnet. Einige der hellsten Sterne mit
ihren Bezeichnungen entsprechend diesem Schema sind in Tabelle 1.2
gelistet. Wenn ein Stern einen individuellen Namen trägt, dann wird
häufig diesem Namen gegenüber der Bayerschen Bezeichnung der Vorzug gegeben; die Praxis ist hier aber etwas uneinheitlich. Beispielsweise
findet man Mira nur relativ selten unter der Bayer-Bezeichnung o Ceti, während Beteigeuze meistens mit der Bayer-Bezeichnung α Orionis
benannt wird.
Bezeichnung veränderlicher Sterne
Bayer Bezeichnung
α Canis Majoris
α Carinea
α Centauri
α Bootis
α Lyrae
α Aurigae
β Orionis
α Canis Minoris
α Eridani
β Centauri
α Orionis
α Aquilae
α Tauri
α Crucis
α Virginis
α Scorpii
β Geminorum
α Piscis Austrini
α Cygni
β Crucis
α Leonis
Canis Majoris
α Geminorum
Name
Sirius
Canopus
—
Arcturus
Wega
Capella
Rigel
Prokyon
Achernar
—
Beteigeuze
Atair
Aldebaran
—
Spica
Antares
Pollux
Formalhaut
Deneb
—
Regulus
—
Castor
-0.7
-0.3
-0.3
-0.1
0.0
0.2
0.2
0.4
0.5
0.7
0.7
0.8
0.8
0.9
1.0
1.0
1.2
1.2
1.3
1.3
1.4
1.5
1.6
Größenklasse
Tabelle 1.2: Die hellsten Sterne und ihre Bezeichnung
Bezeichnung veränderlicher Sterne
Seite: 1.22
Seite: 1.23
Später wurden dann Sternkataloge erstellt, in denen alle Sterne bis zu
einer gewissen Größenklasse möglichst vollständig erfaßt und zusammen
mit genäherten Positionen gelistet wurden. Nach Vorläufern in früheren
Jahrhunderten wurde in der von Argelander und Schönfeld organisierten sog. Bonner Durchmusterung Mitte des 19. Jahrhunderts der erste
große systematische Katalog des nördlichen Sternenhimmels angelegt,
der später durch argentinische Astronomen mit der sog. Cordoba Durchmusterung auf den südlichen Sternenhimmel ausgedehnt wurde. Diese
Erstellung von Sternkatalogen wird mit immer verbesserten Methoden
bis heute bis zu immer lichtschwächeren Objekten fortgesetzt. Spezielle
Sterne werden in der astronomischen Literatur dann meistens mit ihren
Bezeichnungen in einem der gängigen Katalogen charakterisiert.
Bezeichnung veränderlicher Sterne
Seite: 1.24
Für veränderliche Sterne wurde ein eigenes Bezeichnungssystem eingeführt. Durch Argelander wurde im Zusammenhang mit der Bonner
Durchmusterung folgendes Schema für die Bezeichnung von Veränderlichen eingeführt: Da nach dem Bayer-Schema die Buchstaben R bis
Z bei keinem Sternbild verwendet wurden, bezeichnete Argelander die
Variablen in einem Sternbild in der Reihenfolge ihrer Entdeckung mit
großen lateinischen Buchstaben ab R bis Z, die entsprechend dem BayerSchema dem Genitiv des Namens des Sternbildes vorangestellt wurden.
Hiefür gibt es neun Möglichkeiten. Niemand rechnete zu dem Zeitpunkt
der Einführung dieser Bezeichnungsweise mit der Entdeckung von mehr
als neun Veränderlichen in einem einzigen Sternbild.
Bezeichnung veränderlicher Sterne
Seite: 1.25
Auch das erwies sich schnell als nicht ausreichend und man begann eine
neue Serie nach dem Schema AA, AB, . . . , AZ, dann BB, BC, . . . , BZ
und so fort bis QQ, . . . , QZ, wobei der Buchstabe J ausgelassen wird,
um Verwechslungen mit I zu vermeiden. Das liefert 271 weitere Möglichkeiten, sodaß mit dieser Bezeichnungsweise insgesamt 334 Veränderliche
in jedem der 88 Sternbilder bezeichnet werden können.
Das erwies sich aber schnell als unzutreffend. Das System wurde deswegen dadurch erweitert, daß man nach Ausschöpfung der ersten neun
Möglichkeiten mit Doppelbuchstaben von RR, RS, . . . bis RZ die Benennung fortführte. Nachdem auch diese Kombinationen ausgeschöpft
waren, setzte man die Serie mit SS, . . . , SZ, dann TT, . . . , TZ fort, usw.
bis ZZ. Kombinationen, die Vertauschung der Reihenfolge der Buchstaben entsprechen (z.B. SR), wurden nicht verwendet, um eventuellen
Verwechslungen vorzubeugen. Das ergab 54 weitere Möglichkeiten zur
Bezeichnung von veränderlichen Sternen.
Bezeichnung veränderlicher Sterne
Seite: 1.26
Die rasch fortschreitende Beobachtungstechnik ließ die Anzahl der Variablen in einige Sternbildern schon Ende des 19. Jahrhunderts an die
Grenze der Möglichkeiten dieses Bezeichnungssystems stoßen. Nach einem Vorschlag von Charles Andrè bezeichnet man die Variablen in einem Sternbild in der Reihenfolge ihrer Entdeckung einfach mit mit V1,
V2, . . . und setzt dies vor den Genitiv des Namens des Sternbildes.
Dieses System der Bezeichnung ist im Prinzip nicht mehr nach oben
begrenzt. Für die ersten 334 Variablen beließ man es aber bei der bisherigen Bezeichnung, weil diese Bezeichnungen der betreffenden veränderlichen Sterne in der Literatur seit Jahrzehnten verwendet wurden und
viele Klassen von Variablen nach der Bezeichnung bestimmter Prototypen benannt wurden (Z.B. RR Lyrae). Eine Umbenennung hätte nur
Verwirrung gestiftet. Man setzt die Reihe deswegen erst nach QZ mit
der digitalen Bezeichnung V335 fort.
Bezeichnung veränderlicher Sterne
Seite: 1.27
Die meisten veränderlichen Sterne, die in der astronomischen Forschung
immer wieder untersucht werden, haben Bezeichnungen nach der Bayerschen Bezeichnung der hellsten Sterne oder Bezeichnungen nach dem
Schema mit ein oder zwei Buchstaben. Der Grund ist einfach der, daß
die hellsten Sterne sich leicht und mit hoher Genauigkeit beobachten lassen und aus diesem Grund ihre Variabilität bereits frühzeitig erkannt
wurde, als das ältere Schema der Bezeichnung noch nicht ausgeschöpft
war.
Bezeichnung veränderlicher Sterne
Seite: 1.28
Die Beobachtungen veränderlicher Sterne erstrecken sich oft über Jahre, manchmal Jahrzehnte, und in einigen Fällen über Jahrhunderte. Es
ergibt sich die Notwendigkeit, die einzelnen Beobachtungen auf ein einfaches einheitliches Zeitmaß zu beziehen. Hierfür eignet sich das von
Joseph Justus Scalinger im Jahr 1581 vorgeschlagene System, das sog.
Julianische Datum. In diesem System werden alle Tage fortlaufend numeriert, beginnend ab einem willkrlich festgesetzten Tag, der die Nummer Null erhält. Zeitpunkte innerhalb eines Tages werden als Bruchteile
des Tages angegeben. Als Anfangspunkt ist (relativ willkürlich) das Datum des 1. Januar 4713 v. Chr. festgesetzt worden. Der este Tag des
Jahres 2000 hatte beispielsweise das Julianische Datum JD 2 451 544.
1.3 Julianisches Datum
Seite: 1.29
Wenn Beobachtungszeitpunkte in Julianischen Daten angegeben werden, dann kann durch Auftragen von Messungen gegen das Julianische
Datum leicht die Variabilität von Sternen untersucht werden und durch
einfache Differenzbildung der zeitliche Abstand zweier Beobachtungen
ermittelt werden. Darin liegt der Vorteil dieser Art der Zeitangaben.
Die Umrechnung von Kalenderdatum und Uhrzeit der Messung in Julianisches Datum fällt nur einmal bei der Auswertung der Messungen
an. Die Umrechnung geschieht am einfachsten mit Hilfe von Tabellen
oder heute meist mittels Computerprogrammen.
Julianische Daten werden mit JD (von Julianus dies) und der Nummer des Tages in der fortlaufenden Zählung bezeichnet. Dann folgt ein
Punkt und darauf der Zeitpunkt innerhalb des Tages in Dezimalbruchteilen. Der Beginn eines Tages ist auf den mittleren Mittag des Nullmeridians festgesetzt. Dies wurde ursprünglich eingeführt, damit es nicht
während der Beobachtungszeit europäischer Astronomen (nachts) zu einem Wechsel des Julianischen Datums kommt.
Julianisches Datum
Seite: 1.30
Solche Lichtkurven können äußerst komplex sein. Teils deuten sich sehr
regelmäßige Helligkeitsvariationen an, teils starke Variationen ohne jedes Kennzeichen einer Regelmäßigkeit, teils auch wechselnde Phasen
von deutlicher Variabilität mit dazwischen liegenden Phasen ohne jede erkennbare Veränderlichkeit. Es zeigte sich, nachdem Ende des 19.
Jahrhunderts eine systematische Untersuchung der veränderlichen Sterne begonnen hatte, daß Sterne mit bestimmten Merkmalen ihrer Lichtkurven oft gehäuft auftreten. Die veränderlichen Sterne wurden dann
nach bestimmten Merkmalen ihrer Lichtkurven zunächst rein phänomenologisch in unterschiedliche Klassen eingeteilt, die meistens nach
dem ersten bekannt gewordenen Vertreter der Klasse oder nach einem
besonders typischen Vertreter benannt wurden und werden.
Wenn die beobachtete Helligkeit eines Sterns gegen den Zeitpunkt (in
JD) der Beobachtung aufgetragen wird, dann erhält man die Lichtkurve. Genauer erhält man eine Folge von Punkten, die, wenn sie genügend
dicht ist, sich, abgesehen von gewissen Streuungen, für das Auge längs
einer Kurve anzuordnen scheinen, oft aber auch völlig regellos angeordnet erscheinen.
1.4 Lichtkurven
Seite: 1.31
Damit ein Stern als periodischer Veränderlicher bezeichnet wird, muß
der Abstand aufeinander folgender Maxima (oder Minima) für alle solche Perioden nicht völlig gleich sein. Abweichungen um bis zu 30% lässt
man noch gelten. Erst wenn die Variation der Periodenlängen diese
Grenze überschreitet, oder wenn in der Lichtkurve sich wiederkehrenden
Maxima und Minima nicht eindeutig identifiziert werden können, oder
wenn das periodische Verhalten zeitweilig unterbrochen und später wieder fortgesetzt wird, dann spricht man von halbregelmäßigen Veränderlichen.
Wenn die Lichtkurve eine Reihe von Maxima und Minima erkennen
läßt, die sich in annähernd gleichen Zeitabständen wiederholen, dann
spricht man von einem periodischen Veränderlichen. Die Abstände zweier aufeinander folgender Maxima wird als Periode des veränderlichen
Sterns bezeichnet, der Helligkeitsunterschied zwischen Maximum und
darauf folgendem Minimum als Amplitude der Veränderlichkeit. Die
Lichtkurve muß zwischen Maximum und Minimum und zwischen Minimum und darauf folgendem Maximum nicht unbedingt monoton verlaufen. Es kommen recht komplizierte periodische Lichtkurven vor, die
auch Nebenmaxima oder Nebenminima aufweisen.
Lichtkurven
Seite: 1.32
Eine eindeutige Charakterisierung der Veränderlichkeit als regelmäßig,
halbregelmäßig oder unregelmäßig erfordert, daß die Punktfolge der beobachteten Lichtkurve die Merkmale der Lichtkurve genügend dicht
überdeckt. Eine Unregelmäßigkeit in der Veränderlichkeit kann beispielsweise bei einem periodischen Veränderlichen vorgetäuscht werden,
wenn nur wenige Daten vorliegen, die sehr ungleichmäßig über weit auseinanderliegende Perioden verteilt sind. Eine solchen Daten zugrunde
liegende Periode kann aber mit ausfeilten numerischen Methoden festgestellt werden.
Ist keinerlei irgendwie geartete Wiederholung im Lichtwechsel der Sterne zu erkennen, dann spricht man von einem unregelmäßig Veränderlichen.
Lichtkurven
Seite: 1.33
Wenn die Periodenlängen nicht sehr stark variieren, dann kann man die
Beobachtungen aus verschiedenen Zyklen der Variation zu einer mittleren Lichtkurve vereinigen, indem man für jede Beobachtung die zeitliche
Differenz zu dem letzten vorausgegangenen Maximum (oder Minimum)
bildet, diese durch die angenommene Periode dividiert, und die Beobachtungsdaten über dieser sogenannten Phase aufträgt. Diese Phase,
üblicherweise mit φ bezeichnet, variiert nach Definition zwischen null
und eins.
Lichtkurven
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