Palliativ-Team betreut 200 Patienten pro Jahr Versorgung unheilbar Kranker im Kreis auf hohem Niveau VON GUDRUN SCHANKWEILER-ZIERMANN HERSFELD-ROTENBURG. Menschen mit einer schweren unheilbaren Krankheit werden im Kreis Hersfeld-Rotenburg nicht allein gelassen: Mit 200 Patienten im Jahr ist das seit fünf Jahren bestehende Palliativ-Team Waldhessen inzwischen eine feste Größe im Landkreis. Ambulant kümmert sich das Team um die Schwerstkranken und ihre Angehörigen. Angeschlossen sind auch zwei Teams im Vogelsbergkreis, die etwa 100 Menschen pro Jahr betreuen. Das Palliativ-Team wird von zehn bis 20 Prozent der sterbenden Menschen in Anspruch genommen, erläutert Dr. Ulri- ke Mäthrich, verantwortlich für die Palliativversorgung. Es ist ein Spezialteam für problematische Situationen und besteht aus fünf Palliativkrankenschwestern, die eng mit vier Ärztinnen, einer PsychoOnkologin, einer Seelsorgerin, einer Physiotherapeutin, mit dem Sozialdienst und einer Logopädin sowie 15 Schwestern auf der Palliativ-Station im Klinikum Bad Hersfeld zusammenarbeiten. Zwischen 80 und 85 Prozent der betreuten Menschen sind Krebspatienten oder solche mit fortgeschrittenen Lungenerkrankungen, weiterhin Patienten mit neurologischen Erkrankungen oder schweren Herzinfarkten. Tritt eine Situation ein, die zu Hause nicht mehr zu be- wältigen ist, stehen im Klinikum acht Betten für die Schwerkranken zur Verfügung. Bis zu 300-mal im Jahr werden Patienten stationär aufgenommen, wenn der Hausarzt und auch eine allgemeine Station ihnen wegen der Komplexität der Beschwerden nicht mehr gerecht werden kann. Da geht es zum Beispiel um eine schwierige Schmerztherapie oder Wundversorgung. Auch eine (zeitweilige) Überforderung der Angehörigen steht oft im Hintergrund. Die meisten bleiben hier aber nur etwa eine Woche, zwei Drittel werden wieder nach Hause entlassen, erklärt Mäthrich. Die Station sei kein Hospiz, keine Sterbestation. HINTERGRUND, ZUM TAGE, SEITE 2 HINTERGRUND Kassen tragen die Kosten Das Palliativ-Team des Kreises Hersfeld-Rotenburg ist rund um die Uhr erreichbar. Es wurde Anfang 2008 in Zusammenarbeit mit dem Klinikum Bad Hersfeld und dem Kreiskrankenhaus Rotenburg gegründet und arbeitet eng mit den Hospizvereinen in der Region zusammen. Der Anstoß kam damals von Irene Scherner vom Regionalen Hospizverein Rotenburg. Das Vorhaben war ein Modellprojekt der Deutschen Krebshilfe. Das Team ist jedoch keine ehrenamtliche Einrichtung wie die Hospizvereine. Erforderlich ist eine Überweisung des Hausarztes oder des Krankenhauses. Die Kosten für die Betreuung übernehmen die Krankenkassen. (ank) Kontakt: Telefon 0 66 21/88 22 80. Kreis Hersfeld-Rotenburg Mehr zum Thema: Palliativ-Team betreut 200 Patienten pro Jahr Auf der Dachterrasse: (von links) Elke Henning, Birgit Berger, Dr. Ulrike Mäthrich, Irmgard Schreiter, Daniela Stiebing und Margarete Temme. Der Strandkorb mit Blick über Bad Hersfeld dient den schwerstkranken Patienten und dem Palliativ-Team gleichermaßen als Wohlfühl-Insel. Hier kann man sich – trotz der ständigen Nähe zur Endlichkeit des Lebens – eine Stunde wie im Urlaub fühlen. Foto: Schankweiler-Ziermann Was am Ende wichtig ist Das Palliativ-Team Waldhessen kümmert sich um todkranke Menschen VON GUDRUN SCHANKWEILER-ZIERMANN HERSFELD-ROTENBURG. 80 Prozent der Menschen äußern den Wunsch, wenn es einmal soweit ist, zu Hause sterben zu wollen. Dass das möglich ist, dafür gibt es seit fünf Jahren das Palliativ-Team Waldhessen. Ziel ist es, todkranken Menschen bis zuletzt ein würdevolles Leben in der häuslichen Umgebung zu ermöglichen. Ein ambulantes Team kümmert sich um die Patienten und ergänzt damit den Hausarzt und die Pflegedienste. Das Team steht rund um die Uhr zur Verfügung, auch nachts. „Wir merken schnell, wo es kocht und wo gleich eine von uns hinfahren muss“, sagt beispielsweise Birgit Berger, die ebenso wie Katrin Wagner Krankenschwester mit Palliativ-Zusatzausbildung ist. Die hohe Bereitschaft Angehöriger, sich mit dem Palliativ-Team im Hintergrund um ihre schwerstkranken Familienmitglieder zu kümmern, sei beeindruckend, sagt Katrin Wagner. „Wir können Patienten und Angehörigen Sicherheit geben“, ergänzt Dr. Ulrike Mäthrich, die Leiterin des PalliativTeams Waldhessen und der Palliativ-Station am Klinikum Bad Hersfeld. Das ermögliche ganz viel zu Hause. Häufige Probleme sind Schmerzen, Atemnot, Übelkeit, aber auch Wunden oder Unruhe. Auch die Seele der Patienten und Angehörigen leidet. Deshalb gehören zum Team Pfarrerin Elke Henning und Psycho-Onkologin Magarete Temme fest dazu, was keine Selbstverständlichkeit ist. „Wir lassen uns auf die Menschen in dieser Extremsituation ein“, sagt Margarete Temme. Die Patienten seien oft für andere „nicht nachvollziehbar schwierig“. Ärzte wüssten in der Regel, was ein Patient brauche. „Aber ich weiß nicht, wie das Sterben geht“, erklärt auch Dr. Mäthrich und spricht von „großen Toleranzübungen“. Da stirbt ein Mensch auf dem Sofa in der Küche mit der Katze auf dem Bauch. „Das geht doch gar nicht, denkt man, aber für ihn war es richtig.“ Man versuche herauszufin- STICHWORT Palliativ: Die Schmerzen lindern Palliativ bedeutet „ummanteln“, erklärt Pfarrerin Elke Henning vom Palliativ-Team Waldhessen. Es gehe um Geborgenheit in der ambulanten Betreuung und auf der Station. Wer hier umsorgt wird, ist unheilbar krank. Seine Beschwerden werden gelindert, aber die Ursachen der Krankheit nicht mehr bekämpft. Die Palliativ- Station ist jedoch kein Hospiz und keine Sterbestation. „Es geht weiter“, sagt Irmgard Schreiter, Stationsleiterin am Klinikum in Bad Hersfeld. Dort leisten die Mitarbeiter Krisenintervention, es werden akute Probleme wie starke Schmerzen oder Luftnot behandelt. Ziel ist es, dass die Patienten wieder nach Hause entlassen werden. (ank) den, was noch wichtig sei für den Menschen am Ende seines Lebens, heißt es aus der keineswegs traurigen Runde des Teams. „Wir können das Ziel des Weges, das Ende, nicht ändern, aber die Bedingungen gestalten, unter denen jemand reist.“ IRMGARD SCHREITER Da braucht der eine den Beistand von Pfarrerin Henning, eine andere ist so stabil, dass sie keine weitere Betreuung mehr benötigt. Beim Nächsten ruft mehrmals täglich eine vom Team an. Für den vierten ist die „Palli-Station“ der bessere Ort zum Sterben – aber deshalb nicht automatisch Endstation für alle. Neben der engen Zusammenarbeit zwischen dem ambulanten Team und der Palliativ-Station – in beide Richtungen – pflegt das Team auch engen Kontakt mit den Hospizvereinen in der Kreisstadt und in Rotenburg.