Dokumentation: Fortpflanzungsmedizingesetz

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Dokumentation
Fortpflanzungsmedizingesetz
Update: 16.6.2015
Die Bundesverfassung hält grundsätzlich den Schutz vor Missbräuchen der
Fortpflanzungsmedizin und der Gentechnologie fest. Im Fortpflanzungsmedizingesetz
(FMedG), das 2001 in Kraft trat, ist gesetzlich verankert, unter welchen Voraussetzungen die
Verfahren der medizinisch unterstützen Fortpflanzung beim Menschen angewendet werden
dürfen.
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Hintergrund
Die Bundesverfassung hält grundsätzlich den Schutz vor Missbräuchen der Fortpflanzungsmedizin
und der Gentechnologie fest. Im Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG), das 2001 in Kraft trat, ist
gesetzlich verankert, unter welchen Voraussetzungen die Verfahren der medizinisch unterstützen
Fortpflanzung beim Menschen angewendet werden dürfen. Das Gesetz schützt die Menschenwürde,
die Persönlichkeit sowie die Familie und verbietet missbräuchliche Anwendungen der Bio- und
Gentechnologie. Es erklärt das Kindeswohl zum obersten Grundsatz und verbietet das Aufbewahren
von Embryonen, die Eispende sowie die genetische Untersuchung des Embryos im Reagenzglas.
Die Daten des Samenspenders werden bei einer Bundesstelle aufbewahrt und sind dem Kind
zugänglich. In den Bereich der Fortpflanzungsmedizin gehört die Präimplantationsdiagnostik (PID).
Präimplantationsdiagnostik (PID)
Die Präimplantationsdiagnostik bezeichnet Untersuchungen, die Paaren mit Kinderwunsch erlauben,
bei einem durch In-Vitro-Fertilisation erzeugten Embryo bestimmte Erbkrankheiten und
Chromosomenbesonderheiten zu erkennen. Die Untersuchung der Embryonen findet bei diesem
Verfahren vor der Übertragung in die Gebärmutter der Frau statt. Im Gegensatz zur
Pränataldiagnostik setzt Präimplantationsdiagnostik nicht erst in der Schwangerschaft an und führt
damit zu keinem Schwangerschaftsabbruch, wenn ein Befund vorliegt, dass der Embryo Träger einer
genetischen Krankheit ist. In vielen Ländern Europas ist die Präimplantationsdiagnostik erlaubt. In der
Schweiz ist sie jedoch seit dem Inkrafttreten des Fortpflanzungsmedizingesetzes am 1. Januar 2001
verboten.
Parlamentarischer Prozess
Ende 2005 hatte der Bundesrat vom Parlament den Auftrag erhalten, eine Regelung vorzulegen,
welche die PID ermöglicht und deren Rahmenbedingungen festgelegt. Die entsprechende Motion war
von der nationalrätlichen Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur eingereicht worden. Im
Mai 2009 war die erste Vernehmlassung zur PID zu Ende gegangen. Um den
Vernehmlassungsergebnissen Rechnung zu tragen, hat der Bundesrat im Mai 2010 beschlossen,
den früheren Entwurf für eine Änderung des Fortpflanzungsgesetzes zu überarbeiten.
Neue Vorschläge des Bundesrats: Revision des
Fortpflanzungsmedizingesetzes
Im Juni 2013 hat der Bundesrat den Entwurf zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes und
des Verfassungsartikels 119 sowie die entsprechende Botschaft ans Parlament überwiesen. Paare
mit einer genetischen Veranlagung, aufgrund derer ihre Kinder von einer schweren Erbkrankheit
betroffen sein könnten, sollen demzufolge künftig die PID in Anspruch nehmen dürfen. Alle anderen
PID-Anwendungsmöglichkeiten sollen weiterhin verboten bleiben. Unfruchtbare Paare, die erblich
nicht vorbelastet sind, sollen also auch künftig nicht von der PID Gebrauch machen dürfen. Ebenfalls
verboten bleiben sollen die Untersuchung von Embryonen auf spontan auftretende Krankheiten wie
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Trisomie 21 sowie auch die Auswahl eines sogenannten „Retter-Babys“ zur Gewebespende für
kranke Geschwister. Schliesslich sieht die Änderung die Einführung der sogenannten „Achter-Regel“
vor, derzufolge pro Zyklus maximal acht Embryonen in vitro entwickelt werden dürfen. Bisher sind
maximal drei Embryonen erlaubt („Dreier-Regel“). Grund für die geplante Aufhebung der Dreier-Regel
ist, dass erblich vorbelastete Paare bei maximal drei Embryonen wesentlich schlechtere Chancen auf
einen gesunden Embryo haben als erblich nicht vorbelastete Paare.
Schliesslich soll das geltende Verbot, Embryonen aufzubewahren, aufgehoben werden. Dieses führt
in der Praxis dazu, dass alle lebensfähigen Embryonen in die Gebärmutter übertragen werden
müssen, was in vielen Fällen zu Mehrlingsschwangerschaften führt. Diese sind mit Risiken für Mutter
und Kinder verbunden. Zur Minderung dieses Risikos sollen Embryonen künftig bei allen in vitroVerfahren (nicht nur der PID) aufbewahrt und gegebenenfalls später in die Gebärmutter übertragen
werden dürfen. Diese Neuerung sowie die Einführung der Achter-Regel erfordern eine Änderung von
Artikel 119 der Bundesverfassung über Fortpflanzungsmedizin und Gentechnologie im
Humanbereich. Sofern das Parlament dem Bundesrat folgt, müssen Volk und Stände dieser
Verfassungsänderung zustimmen, bevor das revidierte Gesetz in Kraft treten könnte.
Der an die eidgenössischen Räte überwiesene Gesetzesentwurf ist erst nach einem zweiten
Vorentwurf zustande gekommen, der im Sommer 2011 vernehmlasst wurde. Der erste Entwurf von
2009 hatte noch die Dreier-Regel sowie ein Verbot zur Kryokonservierung (Aufbewahrung von
Embryonen) enthalten und war in der Vernehmlassung von vielen Seiten heftig kritisiert worden.
Beides ist im nun vorliegenden Gesetzesentwurf nicht mehr enthalten.
Stand der parlamentarischen Beratung
In der Frühjahrssession 2014 hat der Ständerat als Erstrat die Vorlage zur Präimplantationsdiagnostik
beraten. Er ist dabei dem Bundesrat in vielen Punkten gefolgt. So hat er einen Antrag, der die
Auswahl sogenannter Retter-Babys für die Gewebespende für kranke Geschwister erlauben wollte,
klar abgelehnt. Ebenfalls abgelehnt wurde ein Antrag auf Zulassung des Aneuploidie-Screenings.
Weiter hat die kleine Kammer (gemäss Bundesrat) für die Zulassung der Kryokonservierung und die
8er-Regel gestimmt, der zufolge pro Behandlungszyklus höchstens acht Embryonen entwickelt
werden dürfen.
Der Nationalrat hat die Vorlage in der Sommersession 2014 als Zweitrat beraten. Er lehnte zunächst
einen Nichteintretensantrag ab. In der Detailberatung ging die grosse Kammer weiter als der
Ständerat und sprach sich für die Zulassung des Aneuploidie-Screenings aus. Bei der Frage nach der
Auswahl von Retter-Babys folgte der Rat dann aber dem Ständerat und entschied gegen deren
Zulassung. Ebenfalls abweichend von der kleinen Kammer sprach sich der Nationalrat gegen die 3erund 8er-Regel aus und stimmte einem Antrag zu, der keine explizite Obergrenze vorsieht.
In der Herbstsession 2014 hat sich der Ständerat in der Differenzbereinigung für die Zulassung des
Aneuploidie-Screenings ausgesprochen und ist damit dem Nationalrat gefolgt. Abweichend von der
grossen Kammer sprach sich der Ständerat gegen die Aufhebung der Obergrenze der Anzahl
Embryonen aus, die pro Behandlungszyklus entwickelt werden dürfen. Er entschied stattdessen,
dass es maximal 12 Embryonen sein dürfen, unabhängig davon, ob das Erbgut untersucht wird oder
nicht.
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In der Wintersession 2014 bereinigte der Nationalrat die letzten Differenzen und stimmte dem
Ständerat in allen noch offenen Punkten zu. Er folgte dem Ständerat und entschied, dass pro
Behandlungszyklus maximal 12 Embryonen entwickelt werden dürfen. In den Schlussabstimmungen
wurden
sowohl
die
Verfassungsänderungen
als
auch
die
Änderungen
im
Fortpflanzungsmedizinalgesetz von beiden Räten angenommen.
Da es sich auch um Verfassungsänderungen handelt, untersteht die Vorlage dem obligatorischen
Referendum. Volk und Stände haben die Verfassungsänderungen am 14. Juni 2015 deutlich
angenommen. Die Änderungen im Fortpflanzungsmedizinalgesetz unterstehen dem fakultativen
Referendum. Die EVP hat nach der Volksabstimmung vom Juni 2015 angekündigt, das Referendum
zu ergreifen.
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