Bundesamt für Veterinärwesen Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft ________________________________________________________ Merkblatt über die Infektiöse Pankreasnekrose (IPN) der Salmoniden Bern, November 1997 1 Die Infektiöse Pankreasnekrose ist eine Viruserkrankung (Birnavirus). Sie wurde erstmals unter diesem Namen 1955 in den Vereinigten Staaten beschrieben. Es wurden in Europa mindestens 5 Subtypen des Virus gefunden. Heute scheint sie ziemlich "weltweit" verbreitet zu sein. Besonders anfällig sind Salmoniden(Regenbogenforellen und Saiblinge) und Hechtbrut. Bei Ausbruch dieser Krankheit können Verluste von 10 bis 90% des Bestandes auftreten. Der Ausbruch fällt oft mit dem Beginn der Kunstfutterverabreichung zusammen (bis zur 20. Lebenswoche). Die Wassertemperatur spielt keine besondere Rolle (ca. 6-16°C). Ältere Fische erkranken nicht an IPN, gelten aber nach Kontakt auf Lebzeiten als Träger des Virus. Das Artenspektrum von IPN-Virus-Trägern umfasst fast alle Süss- wie Meerwasserfische, selbst Muscheln können das Virus beherbergen. Die befallenen Fische zeigen unkoordinierte, spiralige Schwimmbewegungen. Oft verharren sie in Seitenlage auf dem Grund. Es kommt zu Dunkelfärbung, Augenvorfall und Auftreibung des Bauches (als wenn der Brütling eine Erbse verschluckt hätte). Oft schleppen die Fische sogenannte weissliche Kotschnüre (Pseudofaeces) mit sich. Beim Aufschneiden dieser Fische zeigen sich Entzündungen und punktförmige Blutungen im Bereich des vorderen Darmes (Pylorusschläuche) sowie manchmal Punktblutungen auf den andern inneren Organen. Leber, Milz und Niere sind oft äusserst blass und blutarm; meist ist auch ein deutlicher Gallenstau vorhanden. Hauptmerkmal ist der schlaffe, ausgeweitete und nahrungsfreie, sehr brüchige Darm, der prall gefüllt ist mit farblos bis gelblichem, milchig-gallertigem Schleim. Diese Symptome können aber oft, teilweise oder ganz fehlen. Bei anscheinend unerklärlich hoher, nicht umweltbedingter (Wasserqualität, Fütterung usw.) Sterblichkeit ist daher zur Abklärung der Ursache eine virologische Untersuchung nötig. Ausser durch Fische, Wasser, Vögel und Geräte kann die IPN auch durch infizierte Eier und Samen verschleppt werden, wobei äusserliche Desinfektionsmassnahmen in diesem Falle (im Gegensatz zur VHS) nicht helfen. Das IPN-Virus bzw. Virusteile werden im Innern der Eier bzw. Samen angereichert und direkt auf den Brütling weitergegeben. Die Krankheit kann ein paar Fischgenerationen überspringen. Zwischen Einschleppung und Krankheitsausbruch kann eine längere Zeitspanne (oft sogar einige Jahre) liegen. Im Gegensatz zum VHS-Virus ist das IPN-Virus wärme- und säurebeständiger. Es kann bis zu 8 Monate und länger im Wasser überleben und ansteckend bleiben. 2 Wie alle andern Virusinfektionen unserer Süsswasserfische kann IPN nicht mit Medikamenten behandelt werden. Hier helfen nur äusserst genaue Vorbeugungsmassnahmen. Wegen der besonderen Tücke dieser Virusinfektion (Verschleppung durch Ei (Samen) und extrem lange Überlebenszeiten) müssen diese Vorbeugungsmassnahmen besonders durchgreifend sein. Wie es die Erfahrungen aus andern Ländern zeigen, ist die Ausmerzung dieser Krankheit schwieriger und aufwendiger als beispielsweise die der VHS. Impfstoffe gegen die IPN sind nicht praxisreif und sind in jedem Fall bewilligungspflichtig. Gegen die Ausbreitung dieser gefährlichen Viruserkrankung helfen nur a) rechtzeitige Erkennung durch eindeutige virologische Diagnose (Isolierung und Identifizierung des Virus); b) strenge Bestandesisolierung; c) Desinfektions- und Vorbeugungsmassnahmen (Eier und Fische nur aus kontrollierten Beständen zukaufen, usw.). IPN ist gemäss Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 eine anzeigepflichtige Seuche. Der Kantonstierarzt verhängt eine Sperre 1.Grades (Abgabe von Fischen in andere Anlagen oder Gewässer sowie das Einbringen von Fischen in den verseuchten Bestand ist verboten). Die Sperre wird aufgehoben, nachdem alle Fische geschlachtet oder ausgemerzt sind und eine Reinigung und Desinfektion nach Vorschrift erfolgte. Universität Bern Nationale Fischuntersuchungsstelle Institut für Tierpathologie Länggassstrasse 122 3012 B e r n gez. Dr. T. Wahli (Tel. 031/ 631 24 65; Fax. 031/ 631 26 11) 3 4