Leonardo Quintero Einführung in die Philosophie Sprachphilosophie Hausaufgaben (5) Fassen Sie John Austins Aufsatz „Performative Utterances“ zusammen, erläutern Sie dabei insbesondere sein Konzept einer „explizit performativen Äußerung (der 1. Standardform)“ und schreiben Sie alle Beispiele für solche Äußerungen aus dem Text heraus. John Austin stellt in seinem Aufsatz über performative Äußerungen drei wesentliche Begriffe heraus, der des Performativen, des Unglücksfalls und des explizit performativen. Der Begriff des „Performativen“ führ Austin als einen neuen Begriff an, und versucht die Notwendigkeit des Existenz dieses Begriffes dadurch zu rechtfertigen, dass es in der sprachphilosophischen Betrachtung von Sätzen Grenzfälle gibt, in denen eine Äußerung vorliegt, die nicht mit wahr oder falsch bezeichnet werden kann, dennoch einen Sinn ergibt und daher nicht einfach zum Sinnlosen gezählt werden kann. Austin spricht die verschiedenen Gebrauchsweisen der Sprache an, die sich wohl aufteilt in eine „Verifikations-“ und eine „Sprachgebrauchs-“ Bewegung gliedert. Seine Auffassung von performativen Äußerungen zählt er zu der „Sprachgebrauchs-“Bewegung und führt in seinem ersten Beispiel eine Art von Äußerung an, die wie eine Aussage aussieht, weder wahr noch falsch, aber auch nicht unsinnig ist. Bei einer Hochzeitszeremonie behauptet der Sprecher „Ja (»I do«) (sc. Ich nehme die anwesende X zur Frau)“. Oder das Beispiel, wenn ich jemandem auf den Fuß trete und sage: „Ich bitte um Verzeihung.“ Schließlich das Beispiel einer Schiffstaufe, wo ich die Sektflasche in der Hand halte und sage: „Ich nenne dieses Schiff Queen Elisabeth.“ und „Ich wette mit dir um einen Groschen, dass es morgen regnet.“ Allen Beispielen gemein ist, dass ich durch das Gesagt tatsächlich die betreffende Handlung vollziehe und nicht bloß über sie berichte. Setzte ich die oben genannten Sätze beispielsweise ins Perfekt, („Ich habe versprochen...“) oder benutzt stattdessen eine andere Person („Er verspricht, dass...“) so wären sie ein Bericht über ein Handlung und könnten wiederum mit wahr oder falsch belegt werden. Austin arbeitet eine erste Standartform der explizit performativen Äußerung heraus, nämlich: Alle Sätze beginnen mit dem Verb der ersten Person Singular Präsens Indikativ Aktiv. Es existiert eine Asymmetrie zwischen dem Gebrauch in dieser Person und diesem Tempus und ihrem Gebrauch in anderen Personen und Tempora. Eine Handlung vollziehen besteht jedoch nicht einfach darin, dass man ein paar Worte sagt, dass z.B. ein paar Worte sagen Heiraten ist. Austin verfeinert diese Aussage, in dem er den Umstand anspricht, unter denen die Worte geäußert werden. Mit Umstand ist der geistige Akt gemeint, den wir vollziehen, ehe wir eine Äußerung treffen. Ist dieser geistige Akt nicht ehrlich oder wahrhaftig gemeint, so stimmen die Umstände nicht, unter denen ich beispielsweise behauptete: „Ich verspreche, morgen dort zu sein.“ Seite 1 von 2 Leonardo Quintero Einführung in die Philosophie Sprachphilosophie Hausaufgaben (5) Während wir für Tatsachen herausarbeiten können, ob sie wahr oder falsch sind, benötigen wir für die performativen Äußerungen ein anderes Kriterium. Austin bezeichnet es mit „geglückt“ oder „nicht geglückt“. Somit nennt er explizit performative Äußerungen, die nicht geglückt sind durch eigene Definition „Unglücksfall“. Betrachten wir noch einmal einen solchen Unglücksfall ein wenig genauer: Um ihn genau klassifizieren zu können, nennt Austin im wesentlichen zwei Regeln. Die erste Regel besteht darin, dass die angesprochene Konvention existiert und akzeptiert sein muss. Die zweite Regel ist ebenfalls sehr offenkundig und besagt, dass die Verhältnisse, unter denen wir behaupten, dass wir uns auf die entsprechende Prozedur einlassen, dafür auch geeignet sein müssen. Ist dies nicht der Fall, so ist am Beispiel der Eheschließung der Ablauf nur formell durchgegangen worden, ohne dass die Eheschließung wirklich gelungen ist. Beispielsweise genügt es nicht, die Worte „Hiermit bist Du von mir geschieden.“ zu äußern, sondern es muss noch ein Rahmen geschaffen sein, unter denen eine solche Äußerung glückt. In diesem Fall könnte man sagen, dass die Konvention nicht existiert oder nicht akzeptiert ist. Des weiteren kann man sich fragen, was passiert, wenn jemand sagt: „Ich gratuliere dir.“, es jedoch gar nicht gratulierend meint, sondern allein der Form halber einen solchen Satz äußert. Hier würde man nicht sagen, dass ich in Wirklichkeit nichts versprochen habe, sondern dass ich zwar versprochen habe, dabei aber unaufrichtig war. Ebenso wie die Äußerung „Willkommen!“ an der Eingangstür meiner Wohnung, wenn ich sie jedoch während des weiteren Abends äußert unwillkommen behandelte. Zwiespältig wird es bei dem Beispiel der Schiffstaufe, wenn im letzten Moment mir eine ordinäre Type die Sektflasche aus der Hand reißt, sie gegen das Schiff schellen lässt und laut ausruft „Ich nenne dieses Schiff Generalissimus Stalin“. Handelt es sich hierbei um eine legitime und anerkannte Prozedur, die jedoch unter den falschen Umständen vollzogen wurde, nämlich von der falschen Person, also jener ordinären Type anstatt der dazu ernannten Person, oder könnte man sagen, dass es sich um einen Fall handelt, wo der Vorgang als ganzer nicht richtig durchgespielt wurde, weil es zur Prozedur der Schiffstaufe gehört, dass man erst einmal dazu ernannt werden muss, und dies hat unser Freund nicht getan. Austin gibt in seinem Text noch ein zweite Standartform der explizit performativen Äußerung. Charakteristisch für diese Art der Performativen ist, dass das kleine Wort „hiermit“ entweder tatsächlich dasteht oder ohne weiteres eingefügt werden könnte. Als Beispiele führt er an: „Reisende werden gebeten, den Bahnkörper nur an dieser Stelle zu überqueren“ oder „Hiermit sind Sie berechtigt, soundso zu tun.“ Er überprüft die Tatsache, ob man jede performative Äußerung mit diesen beiden Hilfsmitteln, der Umformung in die jeweilige Standartform, herausarbeiten kann und kommt zu der Konklusion, dass man demnach eine Liste von Verben erhält, die bestimmten, einigermaßen gut gekennzeichneten Klassen angehören, wie z.B. Fälle, wo man Beurteilungen abgibt, sowie Schätzungen und Bewertungen verschiedener Art äußert usw. Seite 2 von 2