21 Erkrankungen der Hornhaut K.-U. Marx Die biologische Therapie ist eine hilfreiche Ergänzung bei Verletzungen und ihren Folgen, bei banalen Hornhautdefekten durch Fremdkörper, bei der Erosion, jedoch auch gerade bei der re- 21.1 zidivierenden Hornhauterosion, bei allergischen bzw. immunabhängigen Reaktionen, trophischen Störungen und degenerativen Prozessen. Therapievorschläge 21.1.1 Verletzungen Fremdkörperverletzung Eine besonders gute epithelisierende Wirkung auf den Fremdkörperdefekt lässt sich durch Euphrasia comp. AS erzielen. Bei sauberer Wunde, z. B. nach Ausbohrung, kann sofort die Therapie mit dieser Salbe beginnen, ansonsten sollte primär für 1 Tag eine antibiotische Salbe eingesetzt werden. Akute Hornhauterosion Bei akuter Hornhauterosion (Abb. 21.1) primär klassische Therapie: Bei Verquellung wird eine Abrasion bis zum festen Epithelrand durchgeführt. Eventuell wird die Pupille erweitert. Es werden die stündliche Anwendung von Euphra- sia comp. AS und ein strenger Binoculus verordnet. Unbedingt muss ein Blepharospasmus vermieden werden. Nur die konsequente Primärtherapie kann einer späteren rezidivierenden Hornhauterosion vorbeugen. Rezidivierende Hornhauterosion Wochen nach der Primärverletzung tritt häufig im Zusammenhang mit einem viralen Infekt morgens beim ersten Lidschlag der schmerzhafte Defekt auf. Das Hornhautepithel kann auch idiopathisch ohne vorausgehende Verletzung aufbrechen, worauf einmal der Lokalbefund an der Descemet-Membran und am Endothel und das plötzliche Auftreten am primär nicht verletzten Auge hinweisen. Der Patient kann sich schützen, wenn er Beschwerden als Prodromi ähnlich wie beim SiccaSyndrom beachtet. Therapie Abb. 21.1 Hornhauterosion. Bei aufgebrochener Epithelverquellung evtl. mit zusammengeschobenem Epithel wird abradiert, dann folgt die intensive Salbenpflege wie bei der akuten Hornhauterosion mit Pupillenweitstellung und Anlegen eines Binoculus. 229 aus; Marx, Augenheilkunde in der Komplementärmedizin (ISBN 3830452624) © Hippokrates Verlag 21 Erkrankungen der Hornhaut Abb. 21.2 Herpes corneae. Abb. 21.3 Keratitis dendritica (Fluoreszenzeinfärbung). Zusatztherapie wenn der allgemeine Virusinfekt mit behandelt und das Immunsystem gestützt wird. . . Spezifische Hornhauttherapie: Wichtiges Mittel ist Aethiops oplx. Tbl. 4 × 2. Injektionsbehandlung: Cornea D 10 / D 5, Conjunctiva D 10 / D 5 neben Nervus trigeminus D 5, Cutis comp. gemeinsam i. m.; evtl. vitOrgan-Präparate: Conjunctiva Nr. 91 und Cornea Nr. 37. Therapie des komplexen sog. grippalen Infekts gestuft nach Schweregrad (s. virale Konjunktivitis, S. 222). Vielfach reicht auch nur die Unterstützung mit Metavirulent per oral. Wichtige Information für den Patienten Als Heilreaktion ist primär, solange der Defekt besteht, mit Brennen nach Salbenanwendung zu rechnen, das aber nach kurzer Zeit verschwindet. Bei erneutem Auftreten von Schrinnen und Schmerzen sofort salben, also durchaus häufiger als im angegebenen Stundenintervall. Verschwinden die nach Salbenanwendung auftretenden Beschwerden, ist die Epithelisierung bereits eingetreten. Weiter konsequente Anwendung und sorgfältige Führung sind zur Verfestigung der Wunde notwendig (s. S. 229). 21.1.2 Virale Entzündungen Da Corticosteroide kontraindiziert sind und eine antibiotische Therapie unwirksam ist, bieten die angegebenen biologischen Medikamente eine erstaunlich wirkungsvolle Alternative, besonders, Keratoconjunctivitis epidemica Die durch Adenoviren hervorgerufene Entzündung der Hornhaut tritt gerade nach Abklingen der Allgemeinbeschwerden und der Bindehautsymptomatik auf. Lokaltherapie Wie bei Conjunctivitis epidemica angegeben und zusätzlich: Cornea levisticum comp. AT „Wala“. Allgemeintherapie Behandlung des Virusinfektes siehe unter virale Konjunktivitis. Injektion: Cornea D 10 / D 5 „Wala“, Conjunctiva D 10 / D 5 „Wala“, Nervus trigeminus D 5 „Wala“ und Traumeel (alternativ Engystol und Lymphomyosot), zusammen als Mischinjektion i. m. . . . Herpes corneae Auch beim Herpes corneae (Abb. 21.2, 21.3) ist auf ein Immundefizit zu achten, was besondere Bedeutung hat bei rezidivierendem Herpes simplex. 230 aus; Marx, Augenheilkunde in der Komplementärmedizin (ISBN 3830452624) © Hippokrates Verlag 21.1 Therapievorschläge Wenn bei Kindern die Erkrankung unter virustatischer Therapie langwierig verläuft, ist eine erstaunlich positive Beeinflussung mit Euphrasia comp. AS zu sehen. Offenbar stimuliert Echina­cea die Interferonproduktion und hat einen virustatischen Effekt. Primär ist eine klassische Therapie mit Trifluridin AT und AS evtl. in Kombination mit Kryokauterisation zu empfehlen, wobei begleitend die Allgemeintherapie zur Immunstimulation und danach lokal die Unterstützung der Trophik zur Epithelregeneration durchgeführt wird. Abb. 21.4 Keratitis disciformis. Trophikverbessernde Therapie Lokal werden angewendet: Cornea levisticum comp. AT, Conjunctisan B AT, Echinacea AT, Euphrasia comp. AS, evtl. Actihaemyl (konservierungsstoffhaltig!) und bei schleppendem bzw. rezidivierendem Verlauf zur Injektionstherapie Conjunctiva D 5, Cornea D 5, Nervus trigeminus D 5, Cutis comp. zusammen i. m. und auch in Kombination mit Herpesnosoden. Keratitis bei Herpes zoster V1 Die Behandlung der Keratitis wird klassisch ­virustatisch und später trophikverbessernd ­durch­geführt. Die Allgemeintherapie läuft nach dem Schema wie unter Herpes zoster des Gesichts angegeben (s. S. 213). Keratitis disciformis Neben der Infektion findet sich hier eine Immunreaktion (Abb. 21.4), sodass die vorsichtig gesteuerte Kombinationstherapie von Aciclovir und Corticosteroiden notwendig wird. Eine Begleittherapie mit biologischen Medikamenten fördert die Abheilung (s. S. 213). 21.1.3 Bakterielle Entzündungen Nach Abstrich zur Erreger- und Resistenzbestimmung wird die Therapie klassisch durchgeführt, wobei zur Unterstützung des Immunsystems allgemein biologische Präparate wie angegeben ver­ ordnet werden. Keratitis superficialis punctata Bei vielfältigen Erkrankungen, besonders viralen Prozessen, auch allergischen und bei primär trophischen Störungen durch minderwertigen Tränenfilm infolge Dysfunktion der Meibom-Drüsen finden sich oberflächliche Hornhautinfiltrate, die zu Defekten werden und bei schwerer trophischer Störung sogar zu Ulzerationen führen können. Die Therapie richtet sich nach der Grundkrankheit und wird lokal und zusätzlich allgemein trophikverbessernd durchgeführt. Keratitis bei Rosazea Es erfolgt die Therapie des Grundleidens (s. S. 210). Nur bei starker lokaler Reaktion und Ausprägung wird die Dämpfung der Symptomatik mit einer Kombination aus Antibiotika und Corticosteroiden (z. B. Corti Biciron AS) notwendig. Ulcus marginale Es handelt sich um eine Immunreaktion bei chronischer Blepharitis und Konjunktivitis (Abb. 21.5). Hier wird die Therapie der Grundkrankheit durchgeführt. Zur schnellen Unterbrechung der subjektiv unangenehmen Symptomatik ist die Therapie mit einer Antibiotikum-Steroid-Kombination lokal sinnvoll (z. B. die ölige Zubereitung Corti Biciron AS). aus; Marx, Augenheilkunde in der Komplementärmedizin (ISBN 3830452624) © Hippokrates Verlag 231 21 Erkrankungen der Hornhaut Abb. 21.5 Ulcus marginale. Abb. 21.6 Salzmann-Degeneration. Anschließend muss die häufig begleitende trophische Störung bis zur Stabilisierung der zugrunde liegenden Erkrankung behandelt werden. Stärke III oder auch eine Schaukeltherapie evtl. gemeinsam mit Conjunctiva durchzuführen. Unterstützen kann auch Actihaemyl, wobei an den epithelbelastenden Konservierungsstoff Benzalkoniumchlorid zu denken ist. 21.1.4 Hornhautdegenerationen Hier ist die Trophik gestört. Die Fuchs-Dellen mit einer Epithel, Bowman-Membran und Stroma betreffenden Verdünnung sieht man primär und sekundär, z. B. bei harten Kontaktlinsen außerhalb des Kontaktlinsenrandes, bei Bindehautfäden, Tumoren usw. Degenerative Hornhautveränderungen sieht man bei trophischen Störungen z. B. auch als periphere blasige Epithelverquellung im Sinne der Salzmann-Degeneration (Abb. 21.6). Mit grau glasiger kappenförmiger Auflagerung findet sich die Hornhautdegeneration sekundär bei Zustand nach Pterygiumplastik und auch Kataraktextraktion. 21.1.5 Einlagerungen in die Hornhaut Die speziellen Hornhautveränderungen nach Behandlung mit dem Antiarrhythmikum Amiodaron (Cordarex) sollen erwähnt werden, weil die Patienten vielfach auf diese Therapie nicht verzichten können. Es finden sich Einlagerungen mit dem Bild einer Cornea verticillata (Abb. 21.7), jedoch auch mit dem Bild eines Korallenstocks, das bei längerer Einnahme sich besenreiserartig zunehmend verdichten kann und v. a. eine dichtere Basislinie entwickelt. Auch können sich in dem Einlage- Lokaltherapie Hier haben sich lokal die Conjunctisan B AT, die Cornea levisticum comp. AT, die Euphrasia comp. AS bewährt. Allgemeintherapie Gute Erfahrungen liegen vor mit Aethiops oplx. Tbl. Die Injektionstherapie wird wieder mit Organpräparaten durchgeführt. Hier empfiehlt es sich, das vitOrgan-Präparat Cornea in der Stärke I–III und dann noch einmal ausschließlich mit der Abb. 21.7 Cornea verticillata unter Amiodaron. 232 aus; Marx, Augenheilkunde in der Komplementärmedizin (ISBN 3830452624) © Hippokrates Verlag 21.2 Weitere therapeutische Ansätze rungsgeflecht wolkige Herde als Infiltrate in der Bowman-Membran bilden und sich isoliert periphere Einlagerungen zeigen. 21.2 Eine Stabilisierung und auch Rückbildung kann erreicht werden mit 2–4 × täglicher Anwendung von Cornea levisticum comp. AT. Weitere therapeutische Ansätze Für die o. g. degenerativen und entzündlichen Hornhautveränderungen finden sich weitere therapeutische Hinweise unter: . Ohrakupunktur (s. S. 62), . Autologe Therapien (s. S. 76), . Homöopathie (s. S. 104–108), . Komplexhomöopathie (s. S. 112), . Nosodenbehandlung (s. S. 116), . Organpräparate (s. S. 118–119), . Neuraltherapie in der Augenheilkunde (s. S. 144), . Phytotherapie in der komplementären Augenheilkunde (s. S. 166), . Ophthalmologische Psychosomatik (s. S. 174). Literatur [1] [2] [3] [4] [5] Gießler S, Duncker GIW: Rezidivierende Erosio corneae nach mechanischen Traumata. Der Ophthalmologe; 2001; 98: 950–954. Lohmann ChP, Sachs H, Gabel V-P: Die Behandlung der rezidivierenden Erosio corneae mittels phototherapeutischer Keratektomie mit dem ExcimerLaser. Klin Mbl Augenheilk. 1969; 209: 304–308. Reinhard Th, Sundmacher R: Therapeutische Strategien bei rezidivierender Erosio. Der Ophthalmologe. 2000; 97: 157–172. Rieck PW, Pleyer U: Wundheilung der Hornhaut. Der Ophthalmologe. 2003; 100: 1109–1129. Zierhut M, Thiel H-J, Weidle EG, et al: Anomale Expression von HLA-Klasse II-Antigenen auf Bindehaut-Epithelien bei peripheren Hornhautulcera. Klin Mbl Augenheilk. 1987; 191: 174–178 233 aus; Marx, Augenheilkunde in der Komplementärmedizin (ISBN 3830452624) © Hippokrates Verlag