Kapitel 6 Aufbau der Sternhülle Für die Berechnung der Schwingungszustände einer selbstgravitierenden Gaskugel kommt es praktisch nur auf die äußeren Teile des Sterns an. Der zentrale Bereich, in dem die Energieproduktion stattfindet, hat nur geringen Einfluß auf das Problem der Schwingungen und wird bei den meisten Berechnungen vernachlässigt. Die Berechnung des Aufbaus der äußeren Teile des Sterns, hier als Hülle bezeichnet, ist relativ einfach möglich. Eine komplette Berechnung bis in das Zentrum ist zwar grundsätzlich auch möglich, wird hier aber nicht behandelt. 6.1 6.1.1 Grundgleichungen für den stationären Stern Druckschichtung Wir betrachten wieder nichtrotierende Sterne ohne starke Magnetfelder im stationären Gleichgewicht. Sie sind sphärisch symmetrisch aufgebaut. Einige der wesentlichen Gleichungen für den Aufbau wurden schon in 4.1.3 angeben: Die Gleichung für die hydrostatische Druckschichtung GMr d p0 = − 2 ̺0 (6.1) d r0 r0 und für die Masse innerhalb einer Kugel mit Radius r (diese ist bei sphärisch symmetrischer Konfiguration das Äquivalent zur Potentialgleichung) d Mr = 4π̺0 r02 . d r0 (6.2) Die Größen, die sich auf den Gleichgewichtszustand beziehen, werden wieder mit einem Index 0 gekennzeichnet. Diese beiden Gleichungen werden ergänzt durch eine Zustandsgleichung p0 = p0 (̺0 , T0 ) , 69 (6.3) 70 Kapitel 6. Aufbau der Sternhülle in welche die Temperaturschichtung im Stern eingeht. Es wird stets angenommen, daß ein lokales thermodynmisches Gleichgewicht vorliegt, in dem die mikroskopischen Eigenschaften der Materie vollständig durch die Dichte ̺0 und die Temperatur T0 bestimmt sind. Diese beiden Gleichungen sind in einem gewissen Radiusbereich zwischen einem inneren Radius, ri , und einem äußeren Radius, ra , zu lösen. Der äußere Radius ist so festzulegen, daß er außerhalb der Photosphäre liegt und daß der Druck dort bereits sehr klein ist. Der Innere Rand muß so klein gewählt werden, daß die Amplitude der Schwingungen, die berechnet werden sollen, im weiter innen liegenden Bereich sehr klein ist, sodaß sie nichts wesentliches zur Frequenz der Eigenschwingungen beitragen. Es können sinnvollerweise nur diejenigen Schwingungsmoden niedrigster Ordnung berechnet werden, deren Knoten alle weit vom Innenrand ri entfernt sind. Einen gewissen Hinweis auf die hierfür einzuhaltenden Bedingungen liefern die polytropen Modelle. Die beiden Gleichungen müssen mit geeigneten Randbedingungen gelöst werden. Bei der hydrostatischen Gleichung wird der Druck am äußeren Rand, pat , vorgegeben. Dieser Druck wird aus einer vereinfachten Theorie der äußeren Sternatmosphäre bestimmt. Wie dies konkret geschieht, wird später behandelt. Die Variable Mr muß am Außenrand natürlich gleich der Sternmasse sein. Wir haben demnach folgendes Randwertproblem zu lösen p = pat , Mr = M∗ bei r0 = ra . (6.4) Mit diesen Anfangsbedingungen sind die beiden Gleichungen (6.1) und (6.2), beginnend bei ra , bis zum Innenrand ri zu integrieren. Nur bei polytropem Aufbau des Sterns ist dies ohne nähere Kenntnis der Temperaturschichtung möglich. In realen Fällen tritt zu den beiden obigen Gleichungen noch eine Gleichung hinzu, aus welcher der Temperaturverlauf zu berechnen ist. 6.1.1.1 Strahlungsdruck Bei hohen Temperaturen muß ein Beitrag des Strahlungsdrucks zum Gesamtdruck berücksichtigt werden. In einem lokalen thermodynamischen Gleichgewichtszustand ist dieser Druck durch prad = 4σSB 4 T 3c (6.5) gegeben. Hierin ist σSB die Stephan-Boltzmann-Konstante. Dieser Druck muß zum Gasdruck hinzu addiert werden, um den tatsächlich wirkenden Druck p zu erhalten. In der Photosphäre des Sterns liegen die Dinge etwas komplizierter. Der Strahlungsdruck hat nur bei isotroper Schwarzkörperstrahlung die Form (6.5). Diese Voraussezung ist im Inneren des Sterns erfüllt, nicht jedoch in der Photosphäre. In den optsch dünnen, äußeren Schichten muß stattdessen eine Strahlungsbeschleunigung zu g hinzugefügt werden. Diese Strahlungsbeschleunigung 6.1. Grundgleichungen für den stationären Stern 71 entsteht dadurch, daß Teilchen aus dem Strahlungsfeld entweder Photonen absorbieren und später wieder Photonen emittieren, oder daß sie Photonen streuen. Bei der Absorption eines Photons nimmt das Teilchen dessen Impuls hν/c auf und bei der Emission wird der entsprechende Photonenimpuls als Rückstoß aufgenommen. Diese Beschleunigung hat die Form grad = 1 c ̺κH F , (6.6) wobei F die lokale Energiestromdichte im Strahlungsfeld und κH der mit der spektralen Energieverteilung im Fluß gemittelte Extinktionskoeffizient ist. Solange die Sternatmosphäre im Prinzip nur als Randbedingung bei der Beschreibung der Vorgänge in der Sternhülle erscheint, können derartige Feinheiten ignoriert und das im Inneren gültige Konzept eines Strahlungsdrucks auch auf die Atmosphäre ausgedehnt werden. 6.1.1.2 Turbulenzdruck Bei kühleren Sternen (Spektraltyp F-M) beginnt dicht unterhalb der sichtbaren Atmosphäre eine ausgedehnte Konvektionszone. In dieser treten merkliche Geschwindigkeiten aufsteigender, heißer und absinkender, kühler Gasblasen auf (vergl. 6.5). Der Mittelwert der Geschwindigkeiten dieser lokalen Geschwindigkeitsschwankungen ist gleich null, da die Konvektion zu keiner mittleren 2 Bewegung der Materie führt. Aber der Mittelwert ξturb = hv 2 i der Quadrate dieser Geschwindigkeitsschwankungen verschwindet nicht. Genauso wie die chaotischen Bewegung der Moleküle in einem Gas die Ursache des Gasdrucks ist, sind die Geschwindigkeitsschwankungen in der konvektiven Schicht die Ursache eines zusätzlichen Drucks, der analog zum Fall des Gasdrucks durch das mittlere Geschwindigkeitsquadrat und die Dichte bestimmt ist pturb = 1 2 2 ̺ ξturb . (6.7) Dieser Turbulenzdruck muß in (6.1) ebenfalls zum Gasdruck p hinzu addiert werden, sodaß effektive Druck in der Sternhülle p = pgas + prad + pturb (6.8) ist. Der Turbulenzdruck wird im Zusammenhang mit der Berechnung des konvektiven Energietransports berechnet. In den tiefen Schichten des Sterns spielt er keine Rolle, aber in den oberflächennahen Zonen. 6.1.2 Temperaturschichtung im Strahlungsgleichgewicht In normalen Sternen findet ein Energietransport vom Zentrum zur Oberfläche durch zwei Prozesse statt: Durch Strahlungstransport und durch Konvektion. Wenn Konvektion möglich ist, dann dominiert dieser Prozeß meistens den Energietransport. Wenn keine Konvektion auftritt, dann wird die Energie durch Strahlung transportiert. Die Hülle des Sterns, die wir betrachten wollen, ist bei den kühlen Sterne vollständig konvektiv bis auf die Sternatmosphäre selbst, die nie konvektiv ist. Bei heißen Sterne findet Energietransport durch Strahlung statt. Wir beginnen mit letzterem Fall. 72 6.1.2.1 Kapitel 6. Aufbau der Sternhülle Die Atmosphäre Als Atmosphäre des Sterns werden die dünnen äußeren Teile des Sterns bezeichnet, aus denen die sichtbare Sternstrahlung stammt. Diese stammt im Mittel aus einer Schicht mit einer von außen her gemessenen optischen Tiefe von τR = 23 . Diese optische Tiefe ist definiert als d τR = −̺0 κR d r0 (6.9) mit der Randbedingung τR = 0 für r → ∞ . (6.10) Der Massenabsorptionskoeffizient κR ist das Rosselandmittel des frequenzabhängigen Extinktionskoeffizienten. Wenn angenommen wird, daß in der Atmosphäre ein lokales thermodynamisches Gleichgewicht vorliegt, bei dem die mikroskopischen Eigenschaften der Materie vollständig durch die Angabe von Temperatur und Druck oder Dichte bestimmt sind, dann ist κR = κR (̺0 , T0 ) (6.11) eine gegebene Materialfunktion, die noch von der Elementhäufigkeiten in der Hülle des Sterns abhängt. Der Radius r, bei dem τR = 32 ist, wird als der Sternradius R definiert. Es gilt der Zusammenhang 4 4πR2 σSB Teff = L, (6.12) wobei L die Leuchtkraft, Teff die Effektivtemperatur der Sternatmosphäre und σSB die Stephan-Boltzmann Konstante ist. Diese Effektivtemperatur bestimmt die Energieverteilung im Sternspektrum und kann aus einem beobachten Spektrum bestimmt werden (was nicht trivial ist). In der Theorie des Strahlungstransports wird gezeigt, daß in der einfachsten Näherung die Temperaturschichtung in der Sternatmosphäre mit der optische Tiefe τR in folgender Weise zusammenhängt 4 1 + 23 τR (6.13) T04 = 12 Teff (sog. Eddingtonnäherung der Temperatur). Diese Näherung gilt unter der Voraussetzung einer ebenen Atmosphäre, wenn also die radiale Ausdehnung der Schicht, aus der das sichtbare Licht des Sterns stammt, klein gegenüber dem Sternradius ist. Diese Voraussetzung ist bei Überriesen nicht erfüllt. Bei diesen muß ein anderer Ansatz für die Temperaturschichtung in der Atmosphäre verwendet werden. Im ebenen Fall ist die Eddingtonapproximation für den Zweck der Pulsationsberechnung normalerweise genau genug. Wir bestimmen damit die Randbedingung für den Druck am Außenrand ra . Zunächst stellen wir fest, daß in der Atmosphäre des Sterns nur sehr wenig Masse enthalten ist, sodaß dort ohne weiteres Mr = M∗ gesetzt werden darf, und daß im Fall der ebenen Atmosphäre die Ausdehnung gering ist, sodaß auf 6.1. Grundgleichungen für den stationären Stern 73 der rechten Seite von Gl. (6.1) r = R gesetzt werden darf. Wir dividieren Gl. (6.1) durch κR und erhalten GM∗ d p0 = 2 d τR R κR (6.14) Zur weiteren Vereinfachung nehmen wir an, daß κR konstant ist. Zur Rechtfertigung dessen kann angeführt werden, daß bei den hier in Frage kommenden niedrigen Temperaturen in der Atmosphäre der fraglichen Sterne κR hauptsächlich von der Temperatur und nur wenig von der Dichte abhängt, und daß für sehr 1 kleine optische Tiefen die Temperatur gegen den festen Wert 2− 4 Teff geht. Es folgt dann unmittelbar GM∗ pat = 2 τR (6.15) R κR Entsprechend ergibt sich aus Gl. (6.9) nach Division durch 4πr2 τR = κR ∆M , 4πR2 (6.16) wobei ∆M die Masse außerhalb des betrachteten Anfangspunktes ist. Die Beziehungen können entweder so verwendet werden, daß eine optische Tiefe festgesetzt wird und dann aus den beiden Gleichungen der Druck pat und die außerhalb befindliche Masse ∆M folgen, oder daß ∆M vorgegeben wird und sich daraus τR und pat ergeben. Es können auch genauere Approximationen für den Temperaturverlauf im Bereich der Atmosphäre verwendet werden oder auch komplette Atmosphärenmodelle, falls das für erforderlich gehalten wird. Bei bekanntem M∗ und R kennt man die lokale Schwerebeschleunigung, und zusammen mit Teff sind alle nötigen Informationen vorhanden, um ein Atmosphärenmodell berechnen zu können. Das liefert dann die gesuchte Randbedingung für den Druck. 6.1.2.2 Strahlungstransport im Sterninneren In der Theorie des Strahlungstransports wird gezeigt, daß bei größten optischen Tiefen das Strahlungsfeld fast isotrop ist (Eddingtonnäherung) und daß dann für den Temperaturgradienten 4σSB d T04 = ̺κR F 3 d r0 (6.17) mit dem lokalen Strahlungsstrom 4 F = σSB Teff R2 r02 (6.18) gilt. Die letztere Gleichung gilt aber nur außerhalb des Bereichs, in dem Energieerzeugung stattfindet. Das stellt aber insofern keine Einschränkung dar, als nur dieser Bereich hier von Interesse ist. 74 Kapitel 6. Aufbau der Sternhülle 7 7 120 85 6 5 5 O · 7 3 5 4 2 3 2.5 2 1 9 7 3 5 4 2 3 2.5 2 1 1.5 Pop I Z = 0.02 0 25 20 15 12 4 9 log L / L O · 12 120 85 60 40 6 25 20 15 4 log L / L 60 40 1 -1 1.5 Pop II Z = 0.001 0 1 -1 4.9 4.7 4.5 4.3 4.1 3.9 3.7 3.5 4.9 4.7 log Teff 4.5 4.3 4.1 3.9 3.7 3.5 log Teff Abb. 6.1. Entwicklungswege im Hertzsprung-Russell Diagramm für Sterne unterschiedlicher Anfangsmassen und für zwei Metallizitäten (nach Schaller et al. 1992). Die gestrichelten Linien zeigen den Instabilitätsstreifen für Cepheiden nach Sandage et al. (1999) und Chiosi et al. (1992). Gleichung (6.13) folgt hieraus durch Integration, wenn beachtet wird, daß in der Atmosphäre r praktisch gleich R ist. Die Differentialgleichung (6.17) für die Temperatur muß mit der offensichtlichen Randbedingung T0 = Teff bei r0 = R (6.19) gelöst werden. 6.1.3 Sternparameter Die Masse des Sterns, M∗ , seine Leuchtkraft, L, seine Effektivtemperatur, Teff , und seine Metallizität, Z, müssen vorgegeben werden. Diese sind grundsätzlich durch die Anfangsmasse und Anfangsmetallizität des Sterns und dessen Alter bestimmt und werden durch die Entwicklung des Sterns bis in das Stadium des Pulsationsveränderlichen, das betrachtet werden soll, festgelegt. Die Abb. 6.1 verdeutlicht dies. Sie zeigt für den Fall der Veränderlichen vom Typus δ Cep den Bereich im Hertzsprung-Russell Diagramm, in dem sich diese Veränderlichen finden, und die Entwicklungswege von Sternen unterschiedlicher Masse, für zwei verschiedene Metallizitäten. Speziell im den Fall der δ Cep Sterne wird der Instabilitätsstreifen im Verlaufe der Sternentwicklung allerdings teilweise mehr als einmal durchlaufen. Zum ersten Mal auf dem Weg von der Hauptreihe zum Riesenast, und zwei weitere Mal, wenn im Stadium des Heliumbrennens sog. Schleifen im Hertzspriung-Russell Diagramm durchlaufen werden. Die Zuordnung einer Masse allein auf der Grundlage der Position im Hertzsprung-Russell Diagramm ist in diesem Fall nicht ganz eindeutig möglich. 6.2. Zustandsgleichung 75 Wenn nur der Aufbau der äußeren Teile des Sterns betrachtet wird, um seine Pulsationseigenschaften zu studieren, dann können die Sternparameter nicht selbstkonsistent aus einer Entwicklungsrechnung bestimmt werden. Sie müssen in diesem Fall als freie Parameter behandelt werden. Deren mögliche Werte sind den Beobachtungen pulsierender Sterne und/oder Sternentwicklungsrechnungen zu entnehmen. Für den Instabilitätsstreifen im Hertzsprung-Russell Diagramm, in dem sich die klassischen Cepheiden befinden, geben Chiosi et al. (1992) für die Temperaturgrenzen des Bereichs, in dem die Grundschwingungen angeregt werden, folgendes an: Blue Kante des Instabilitätsstreifens: log Tb = (3.923 + 0.005 Y − 0.415 Z) + (0.072 − 0.180 Y − 0.024 Z) log M + (−0.061 + 0.076 Y − 0.063 Z) log L (6.20) log Lb = (2.044 + 0.549 Y − 2.522 Z) + (0.856 − 0.436 Y + 0.294 Z) log M + (0.938 + 0.334 Y − 0.699 Z) log P0 (6.21) Rote Kante des Instabilitätsstreifens: log Tr = (3.865 + 0.106 Y − 0.592 Z) + (0.163 − 0.392 Y − 0.554 Z) log M + (−0.074 + 0.074 Y − 0.437 Z) log L (6.22) log Lr = (1.731 + 0.914 Y − 2.844 Z) + (1.220 − 1.331 Y + 0.804 Z) log M + (0.856 + 0.354 Y − 2.544 Z) log P0 (6.23) Pulsationsperiode der Grundschwingung: log P0 = (11.462 + 0.354 Y − 15.752 Z) + (0.863 − 0.072 Y − 0.384 Z) log L + (−0.693 + 0.099 Y + 1.792 Z) log M + (−3.481 − 0.051 Y + 4.242 Z) log Teff (6.24) Für den Zusammenhang zwischen Masse und Leuchtkraft im Bereich des Instabilitätsstreifens wird log L = 3.52 log M + 0.5 . (6.25) angegeben. Die Größen L und M in diesen Gleichungen sind in Einheiten von M⊙ und L⊙ , die Periode in Tagen. Entsprechende Approximationen für höhere Moden finden sich in Chiosi et al. (1992, 1993) und weitere Einzelheiten in Tammann et al. (2003). 6.2 Zustandsgleichung Bei den gängigen pulsierenden Sternen bestehen die Hüllen aus einem heißen Gas, das durch die Zustandsgleichung des idealen Gases pg = nkT (6.26) 76 Kapitel 6. Aufbau der Sternhülle beschrieben wird. Hierin ist n die gesamte Teilchendichte, T die Temperatur und k die Boltzmannkonstante. Bei hohen Temperaturen kommt noch der Strahlungsdruck σSB 4 prad = T (6.27) 3c hinzu, der sich mit dem Gasdruck zum Gesamtdruck p = pg + prad (6.28) zusammensetzt. Die gesamte Teilchendichte ist variabel, da bei hohen Temperaturen die Atome ionisiert werden und Elektronen als Teilchen freisetzen, die zum Druck beitragen, und bei niedrigen Temperaturen kommt es zur Molekülbildung, welche die Zahl der Teilchen reduziert, die zum Druck beitragen. Wenn der Zusammenhang zwischen Druck, Temperatur und Massendichte festgestellt werden soll, dann besteht die Hauptaufgabe darin, für eine gegebene Elementmischung die Zusammensetzung des Gases aus Atomen, Molekülen, Ionen und Elektronen zu bestimmen. 6.2.1 Elementmischung Sterne werden mit der Elementmischung der interstellaren Materie zum Zeitpunkt ihrer Entstehung geboren. Die interstellare Materie besteht ganz überwiegend aus Wasserstoff und etwas Helium mit einer geringen Beimischung sämtlicher anderen Elemente von Li bis U. Letztere werden pauschal als Metalle bezeichnet. Die jeweiligen Massenanteile dieser drei Komponenten an der Mischung werden mit X, Y und Z bezeichnet. Z ist die sog. Metallizität der Materie. Die Metallizität der Sonne, Z⊙ (≈ 0.02), stellt einen Referenzwert dar. Die Metallizität Z der interstellaren Materie verändert sich langsam über lange Zeiträume durch die Prozesse der Sternentstehung, der Massenrückgabe am Ende der Lebensdauer der Sterne, und durch die Prozesse der Nukleosynthese in Sternen. Sehr alte Sterne haben geringe Metallizität (bis unter 10−4 Z⊙ ), junge Sterne haben hohe Metallizität (bis etwa 2Z⊙ ). Unter den Pulsationsveränderlichen sind vor allem die Miras oft massenarme, alte Sterne mit geringer Metallizität, die meisten anderen Typen haben höhere Massen als die Sonne und sind relativ jung mit sonnenähnlicher Metallizität. Die relativen Beiträge der schweren Elemente zu Z sind über die langen Zeiträume seit der Entstehung der Galaxis erstaunlich konstant geblieben. Die Mischung, wie sie in der Sonne vorliegt, gilt als weitgehend repräsentativ und für andere Metallizitäten können Häufigkeiten der schweren Elemente einfach entsprechend umgerechnet werden. Die ursprüngliche Elementmischung eines Sterns bleibt in der Hülle bei den meisten Sternen für sehr lange Zeiträume unverändert, weil keine effizienten Mischungsprozesse zwischen den nuklearen Brennzonen und den äußeren Bereichen eines Sterns existieren. Ausgenommen sind die rasch rotierenden Sterne auf dem oberen Ende der Hauptreihe, in denen rotationsgetriebene globale Zirkulationsströmungen existieren. Alle anderen Sterne verändern ihre Häufigkeiten 6.2. Zustandsgleichung 77 erst, wenn sie sich auf dem Riesenast befinden. Dort reicht die äußere Konvektionszone in einigen Entwicklungsphasen kurzzeitig bis in Bereiche hinein, in denen schon nukleares Brennen stattgefunden hat. Das verändert vor allem die Häufigkeiten von H, He und den Elementen C, N und O. Davon sind viele Typen pulsierender Sterne betroffen, da diese bereits schon einmal das Riesenstadium erreicht hatten oder sich in diesem befinden. Dies muß bei Modellrechnungen berücksichtigt werden. In den allermeisten Fällen wird die Elementmischung immer durch H und He dominiert. Nur wenn nach intensivem Massenverlust Materie freigelegt wird, in denen Wasserstoff schon vollständig zu Helium oder sogar He zu Kohlenstoff und Sauerstoff verbrannt sind, hat man es mit grundlegend anderen Elementmischungen zu tun. Speziell für die wasserstoffdominierte normale Elementmischung ist es für Zwecke der Modellrechnung günstig, die Häufigkeit eines Elementes nach Teilchenzahl relativ zu Wasserstoff als Häufigkeit ǫ anzugeben. Es gilt offensichtlich X= 1 1 + AHe ǫHe + ΣZ (6.29) Y = AHe ǫHe 1 + AHe ǫHe + ΣZ (6.30) ΣZ 1 + AHe ǫHe + ΣZ X Ai ǫi ΣZ = Z= (6.31) (6.32) i und X +Y +Z = 1. (6.33) Die Größen Ai sind die Atomgewichte der Elemente. Wenn, wie oft in Anwendungen, nur X, Y und Z gegeben sind, dann kann daraus direkt nur ǫHe berechnet werden. Bei den anderen Elementen muß angenommen werden, daß die relative Anteile der schweren Elemente beispielsweise wie bei der solaren Mischung sind. 6.2.2 Die Standardmischung Bei Modellberechnungen steht man vor der Aufgabe, für Materie mit einer gegebenen Elementmischung X, Y , Z entweder bei gegebener Temperatur T und Dichte ̺ den Druck p, oder bei gegebenem T und p die Dichte ̺ berechnen zu müssen. Mit dem Druck ist hier immer der Gasdruck gemeint. Der Strahlungsdruck ist bei gegebener Temperatur bekannt. Bei der starken Dominanz von H und He wird man den Beitrag der schwereren Elemente bei der Berechnung des Drucks vernachlässigen können, da deren Beitrag insgesamt höchstens im -Bereich liegt. Es müssen dann folgende Teilchensorten berücksichtigt werden: 78 Kapitel 6. Aufbau der Sternhülle H, H2 , H+ , He, He+ , He2+ , e . Es gibt noch weitere Teilchensorten (wie H− , HHe+ ), die als Absorber wichtig sind, aber zum Druck nichts beitragen. Für diese Teilchendichten können folgende Bilanzgleichungen aufgestellt werden NH = nH + 2nH2 + nH+ ǫHe NH = nHe + nHe+ + nHe2+ (6.34) (6.35) ne = nH+ + nHe+ + 2nHe2+ p = ((1 + ǫHe )NH + ne ) kT (6.36) (6.37) ̺ = (1 + AHe ǫHe ) NH (6.38) Hierin ist NH die Dichte der Wasserstoffkerne. Die Teilchendichten der Ionen sind durch die Sahagleichungen ni+1 Zi+1 = ni ne 2Zi 2πme h2 23 χi e− kT (6.39) miteinander verknüpft. Die i nummerieren die Ionisationsstufen, die Zi sind die Zustandssummen der Teilchen, me ist die Elektronenmasse und χi das Ionisationspotential des Ions i. Eine entsprechende Gleichung hat man für die H2 Bildung (Massenwirkungsgesetz für die Bildung eines zweiatomigen Moleküls AB aus A und B) ZAB nAB = nA nB ZA ZB 2πmA mB h2 mAB 32 e− DAB kT . (6.40) Wenn in den ersten drei Gleichungen (6.38) bis (6.38) die Teilchendichten der Ionen mittels der Sahagleichung zu Gunsten der Teilchendichten der neutralen Teilchen eliminiert werden, und ebenfalls die Teilchendichte von H2 , dann sind die ersten drei Gleichungen bei gegebenem NH ein nichtlineares Gleichungssystem für die drei Unbekannten nH , nHe und ne . Wir haben zwei Fälle zu unterscheiden: 1. Im Fall, daß die Massendichte ̺ gegeben ist, ist NH unmittelbar durch Gl. (6.38) gegeben und die drei Gleichungen (6.34) bis (6.36) können mit einem Iterationsverfahren gelöst werden. 2. Falls stattdessen der Druck p gegeben ist, dann sind die Gleichungen (6.34) bis (6.37) ein System von vier Gleichungen für die vier Unbekannten nH , nHe , ne und NH , das iterativ gelöst werden muß. Bei bekanntem nH , nHe und ne können anschließend die Teilchendichten der einzelnen Ionen mittels der Sahagleichungen und die von H2 nach dem Massenwirkungsgesetz bestimmt werden. Abbildung 6.2 zeigt als Beispiel die Grenzen für die Dissoziation von H2 zu H und der Ionisation von H und He in der p-T -Ebene, die sich durch eine 6.2. Zustandsgleichung 79 25000 He II 20000 He I T [K] 15000 H II HI 10000 9 000 8 000 7 000 6 000 5 000 4 000 3 000 5000 HI H2 0 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 5 log p [Pa] Abb. 6.2. Grenzkurven für die Ionisation von Wasserstoff und Helium und die H2 Dissoziation in der p-T -Ebene. Auf den Kurven sind die Teilchendichten der angegebenen Teilchensorten jeweils einander gleich. Unterhalb der Kurven dominiert das jeweils dort angegebene Ion, oberhalb der Kurven das nächst höhere Ion. Entsprechend für H und H2 . Die gestrichelten Kurven sind der Temperatur-Druck-Verlauf in einer Sternatmosphäre mit rein radiativem Energietransport zwischen τR = 10−8 und τR = 102 für planparallele, hydrostatische Modelle mit g = 104 und Teff = 3 000 K bis 9 000 K in Schritten von 1 000K. Temperaturschichtung in Eddingtonapproximation. Berechnung der Zusammensetzung in der Standardmischung mit X = 0.72, Y = 0.26 und Z = 0.02 ergeben. Dargestellt sind die Grenzlinien, bei denen jeweils nH2 = nH , nH+ = nH und nHe+ = NHe gilt. Diese markiere die Grenzen zwischen den jeweiligen Bereichen, in denen Wasserstoff vorwiegend entweder in molekularer (unterhalb der Grenzlinie) oder in atomarer Form (oberhalb der Grenzlinie) vorkommt, bzw. in denen Wasserstoff entweder vorwiegend neutral (unterhalb der Grenzlinie) oder vorwiegend ionisiert (oberhalb der Grenzlinie) ist, usw. Zum Vergleich sind die Druckschichtungen in den Modellen einiger rein radiativer Sternatmosphären gezeigt. Wenn mehr Elemente und mehr Teilchensorten berücksichtigt werden sollen, was für die Berechnung der Opazität der Materie nötig ist, dann muß für jedes weitere Element eine Gleichung analog zu Gl. (6.35) zum System hinzugefügt werden. Hierfür kommen hauptsächlich C, N, O wegen ihrer relativen Häufigkeit und Fe, Mg, Na, K als Elektronenlieferanten (wegen relativ niedrigen ersten Ionisationspotentials) in Frage. Bei kühlen Sternen mit Teff . 4 500 K – in unserem Zusammenhang also Miras und Halbregelmäßige Veränderliche sowie massereichen Sterne auf dem Roten Riesenast – müssen auch noch einige zusätzliche Moleküle berücksichtigt 80 Kapitel 6. Aufbau der Sternhülle werden. Die wichtigsten sind CO, OH, H2 O und TiO, da diese zur Opazität der Materie beitragen. 6.2.3 Mittleres Molekulargewicht Die gesamte Teilchendichte n und die Massendichte ̺ sind " ! X ǫi )NH + ne n = 1 + ǫHe + (6.41) i ̺= ! 1 + AHe ǫHe + X " Ai ǫi )NH + ne . i (6.42) Das mittlere Molekulargewicht µ berechnet sich aus µ= ̺ mH n (6.43) und wir haben für den Druck die Beziehung p = ̺c2 (6.44) mit der isothermen Schallgeschwindigkeit c2 = kT . µmH (6.45) Die Zustandsgleichung für das Gas wird in Modellrechnungen in der Form der Gl. (6.44) verwendet. Das mittlere Molekulargewicht muß durch eine Berechnung der Gaszusammensetzung bestimmt werden. Es ist eine eindeutig bestimmte Funktion der thermodynamischen Variablen T und p bzw. T und ̺. Nur unter Berücksichtigung von H und He gilt µ= (1 + 4ǫHe )NH . nH + nH2 + ǫHe NH + ne (6.46) Wenn alles neutral ist und aller Wasserstoff zu H2 assoziiert ist, dann ist µ= 1 + 4ǫHe 7 ≈ = 2.33 1 3 2 + ǫHe wenn ǫHe ≈ 0.1. Wenn H und He beide als neutrale Atome vorliegen, dann ist µ= 14 1 + 4ǫHe ≈ = 1.27 1 + ǫHe 11 Wenn alles ionisiert ist, dann ist ne = 1 + 2ǫHe und somit µ= 14 1 + 4ǫHe ≈ = 0.61 2 + 3ǫHe 23 6.2. Zustandsgleichung 81 2.5 µ n soziatio H 2-Dis 2.0 1.5 ρ= ation H-Ionis 1.0 ρ = 10-10 0.5 103 10 -2 10 He-Ionisation 4 105 106 T [K] Abb. 6.3. Variation des mittleren Molekulargewichtes µ mit der Temperatur, T , und der Dichte, ̺, für die Standardmischung X = 0.72, Y = 0.26, Z = 0.02 zwischen ̺ = 10−10 g cm−3 und ̺ = 10−2 g cm−3 . Abbildung 6.3 zeigt die Variation von µ mit der Dichte und der Temperatur für die Standardelementmischung mit X = 0.73, Y = 0.26 und Z = 0.02. Wegen der starken Dominanz von Wasserstoff in dieser Mischung sind die wesentlichen Veränderungen von µ auf die Bereiche beschränkt, in denen der Wasserstoff ionisiert wird oder in denen er zum H2 Molekül assoziiert. Außerhalb werden die eben angegebenen Werte angenommen. In numerischen Modellrechnungen wird zur Einsparung von Rechenzeit für µ meistens eine Tabelle für ein p-T -Gitter bzw. ̺-T -Gitter berechnet, aus der µ durch Interpolation bestimmt wird. 6.2.4 Spezifische Wärmen Der Adiabatenindex, γ, ist als das Verhältnis der spezifischen Wärmen cp und cV definiert. Diese sind ihrerseits definiert als ∂U (6.47) cV = ∂T V und cp = ∂H ∂T , (6.48) p wobei U die innere Energie ist, und die Enthalpie H ist H = U + pV . (6.49) 82 Kapitel 6. Aufbau der Sternhülle Die innere Energie U hat drei Beiträge. Der erste ist der Beitrag der Translations- und gegebenenfalls der Rotationsfreiheitsgrade der Teilchen. Der zweite ist die Summe der zur Ionisation aufgewendeten oder bei der Molekülbildung freigesetzten Ionisations- und Dissoziationsenergien der Atome und Moleküle. Der dritte ist die in der Anregung innerer Freiheitsgrade der Teilchen steckende Energie, nämlich elektronische Anregung und Schwingungszustände. Der erste Beitrag ist Ukin = 32 pgas + plin + 23 pnicht−lin . (6.50) Der erste Term auf der rechten Seite ist der Beitrag der Translationsfreiheitsgrade aller Teilchen, die beiden anderen die Beiträge der Rotationsfreiheitsgrade linearer bzw. nichtlinearer Moleküle. Hier ist plin der gesamte Partialdruck aller linearen Moleküle (zwei Rotationsfreiheitsgrade) und pnicht−lin der aller nicht linearen Moleküle (drei Rotationsfreiheitsgrade). Bei der Berechnung des zweiten Beitrags muß darüber verfügt werden, wie der Energienullpunkt gewählt wird. Wir setzen fest, daß dies der Zustand ist, in dem alle Atome als neutrale freie Teilchen vorliegen. Dann ist der Bindungsanteil der inneren Energie X X nj D j , (6.51) n i χi − Ubind = j alle Moleküle i alleIonen wobei χi die Ionisationsenergien, Dj die Dissoziationsenergien und ni und nj die Teilchendichten der Ionen bzw. Moleküle sind. Der dritte Anteil ist die innere Anregungsenergie Uanr = X ni i X Ei,j gi,j e− Ei,j kT Zi−1 . (6.52) j Die Summe i läuft über alle Teilchensorten mit inneren Freiheitsgraden (also alles außer Elektronen und nackten Kernen), die Summe j über alle inneren Energiezustände. Die Anregungsenergien vom Grundzustand aus sind Ei,j und gi,j sind die statistischen Gewichte der Zustände. Es ist Zi = X gi,j e− Ei,j kT (6.53) j die Zustandssumme. Es wird immer vorausgesetzt, daß die Anregung der Zustände einem thermodynamischen Gleichgewicht mit der Temperatur T entspricht. Das trifft bei pulsierenden Sternen zu, da diese keine heißen frühen B und O Sterne sind. Dann können für gegebenes T und ̺, bzw. gegebenes T und p die Teilchendichten aller Teilchen berechnet werden und mittels der bekannten Daten über ihren Energiezustände dann auch Uanr . Die spezifischen Wärmen cp , cv und der Adiabatenindex γ werden am einfachsten durch numerische Differentiation aus solchen Daten ermittelt und für 6.2. Zustandsgleichung 83 Γ1 2.0 1.8 1.6 1.4 1.2 ρ [g cm-3] 1.0 -2 10 -3 10 -4 10 -5 10 -6 10 -7 10 -8 10 -9 10-10 10 103 10 4 10 5 10 6 T [K] Abb. 6.4. Perspektivische Darstellung der Variation des Adiabatenindex Γ1 mit der Temperatur, T , und der Dichte, ̺ für die Standardmischung X = 0.72, Y = 0.26, Z = 0.02. Die schwarze Linie zeigt die Variation von Γ1 im Hüllenmodell eines RR Lyr Sterns. Zwecke der Modellrechnung hierfür Tabellen für ein ̺-T -Gitter erstellt, aus denen bei einer Rechnung die benötigten Werte durch Interpolation ermittelt werden. Im Fall der Standardelementmischung dominieren die Beiträge von H und He sehr stark und wir haben als wesentliche Beiträge (6.54) Ukin = 23 (nH + ǫHe NH + ne ) + 25 nH2 kT Hkin = U + (nH + nH2 + ǫHe + ne )kT (6.55) wenn nur der Anteil der Translations- und Rotationsfreiheitsgrade berücksichtigt wird. Der Anteil der Bindungsenergien ist außerhalb von Bereichen, in denen sich die Teilchenzahlen durch Dissoziation oder Ionisation mit der Temperatur ändern, vernachlässigbar (fällt bei Differentiation nach T weg), und der Beitrag der Anregung innerer Zustände ist nicht groß. Mit dieser Vereinfachung gilt: 1. Wasserstoff vollständig zu H2 assoziiert, keine Ionen: U = 54 NH kT (1 + 56 )ǫHe ) , H = U + 12 NH (1 + 2ǫHe )V . Es folgt cv = 45 NH k (1 + 56 ǫHe ) , cp = 74 NH kT (1 + 10 7 ǫHe ) 84 Kapitel 6. Aufbau der Sternhülle Γ1 1.4 1.3 1.2 1.1 1 -2 10 -3 10 -4 10 -5 10 -6 -3 10 ρ [g cm ] -7 10 5 10 -8 10 4 -9 10 10 -10 10 3 10 T [K] Abb. 6.5. Perspektivische Darstellung der Variation des Adiabatenindex Γ1 , bei dem nur die Teile der Γ1 (̺, T )–Fläche dargestellt sind, in denen Γ1 < 43 ist . Die kritischen Bereiche mit Γ1 < 43 erscheinen hier als Einsenkungen. Solche Bereiche treten im Bereich der Wasserstoff- und Heliumionisationszonen auf und im Bereich der H2 – Dissoziation. (Standardmischung X = 0.72, Y = 0.26, Z = 0.02.) und γ= 7 5 1 + 10 7 ǫHe ≈ 1.43 , 1 + 56 ǫHe (6.56) wenn ǫHe ≈ 0.1. Die gilt in den äußeren Bereichen der kühlsten Sterne. 2. Alle Teilchen freie, neutrale Atome: U = 32 NH kT (1 + ǫHe ) , H = 52 NH kT (1 + ǫHe ) . Es folgt cv = 23 NH k (1 + ǫHe ) , cp = 52 NH k (1 + ǫHe ) und γ= 5 3 . 3. Alle Teilchen vollständig ionisiert. Es folgt cv = 32 NH k (2 + 3ǫHe ) , und wir haben wieder γ = 53 . cp = 25 NH k (2 + 3ǫHe ) (6.57) 6.3. Exinktionskoeffizient 85 Außerhalb der Ionisationszonen, also im größten Teil eines Sterns, gilt γ = 35 . In den Ionisationszonen weicht γ davon aber deutlich ab und bei einer Modellrechnung müssen genau berechnete Werte verwendet werden. 6.3 6.3.1 Exinktionskoeffizient Berechnung des Extinktionskoeffizienten Zur Berechnung des Strahlungstransports im Stern wird das Rosselandmittel κR = Z 0 ∞ ∂ Bν (T ) dν ∂T / Z 0 ∞ 1 ∂ Bν (T ) dν κν ∂T (6.58) benötigt. Der Extinktionskoeffizient κν wird durch mehrere Prozesse bestimmt: Durch kontinuierliche gebunden-frei Absorption und durch Linienabsorption an Atomen, Ionen und Molekülen, durch Streuung an solchen Teilchen (Rayleighstreuung) und an freien Elektronen (Thomsonstreuung), sowie durch Absorption durch freie Elektronen im Plasma. Die Beiträge aller dieser Prozesse müssen einzeln berechnet und zum gesamten κν addiert werden. Im Inneren des Sterns wird die Opazität der Materie durch die kontinuierlichen Absorptions- und Streuprozesse dominiert. Bei den kontinuierlichen Absorptionsprozessen sind bei Temperaturen über ca. 8 000 K hauptsächlich die gebunden-frei Übergänge der häufigen Elemente H, He und eventuell auch noch Beiträge einiger Metalle wichtig, sowie die frei-frei Übergänge bei der Streuung von Elektronen an Ionen. Zwischen etwa 4 500 K und 8 000 K dominiert das H− Ion die Absorption, weil angeregte Zustände von H und He energetisch sehr hoch liegen und erst bei Temperaturen über ca. 10 000 K in genügendem Umfang angeregt sind, während eine Absorption aus dem Grundzustand nur zur Absorption im fernen UV beiträgt. Bei H− ist dagegen eine Absorption aus dem Grundzustand in das Kontinuum bereits in nahen Infrarotbereich möglich ist. Die Beiträge der gebunden-frei Übergange zum Absorptionskoeffizienten sind im lokalen thermodynamischen Gleichgewicht durch X X Ei,j abs σi,j,ν gi,j e− kT Zi−1 ni (6.59) κabsabs = ν i j gegeben, wobei die Summation über i über alle Teilchensorten läuft, die zu dieser Art von Absorption beitragen, und die Summation über j über alle inneren Zustände eines Teilchens läuft, von denen aus bei der Frequenz ν eine Ababs sorption erfolgen kann, und σi,j,ν ist der entsprechende Absorptionsquerschnitt. Letzterer ist aus der Physik der Atome bekannt, die übrigen Größen werden im Zusammenhang mit der Berechnung der Zustandsgleichung schon berechnet. Absorption durch Linien ist prinzipiell in der gleichen Weise zu berechnen. Der Beitrag der Absorption durch H− ist von der gleichen Form. Die Teilchendichte von H− ist proportional zur Elektronendichte. Deswegen müssen bei der Berechnung der Zustandsgleichung auch Elemente mit relativ geringem Ionisationspotential berücksichtigt werden, um die Elektronendichte bei niedrigen 86 Kapitel 6. Aufbau der Sternhülle Temperaturen und die Absorption durch H− korrekt berechnen zu können, wenn die häufigeren Elemente wegen hohen Ionisationspotentials praktisch nicht mehr ionisiert sind. Die wesentlichen Elektronenlieferanten bei niedrigen Temperaturen sind Mg, Fe, Na und K. Der Beitrag der frei-frei Übergange bei der Elektron-Ion-Streuung (im Wesentlichen Streuung an H+ , He+ und He2+ ) ist von der Form X ni σff,i,ν (6.60) κabs = ne ν i alle Ionen und der Beitrag der Thomsonstreuung ist κstr ν = ne σTh . (6.61) Der Beitrag der Streuung an Atomen ist von der Form (hauptsächlich Beiträge von H und H2 , und nur, wenn Thomsonstreuung ineffektiv) X ni σstr (6.62) κstr ν = i Bei Temperaturen unter 4 500 K wird die Absorption durch die RotationsSchwingungsbanden einiger Moleküle wichtig, vor allem von H2 O und TiO im optischen und nahen Infrarotbereich. Grundsätzlich sind die Beiträge wie bei Atomen zu berechnen, nur daß die enorme Anzahl von Linien, die dann berücksichtigt werden müssen, einen erheblichen Aufwand bei der Berechnung bedeutet. In numerischen Berechnungen wird zweckmäßigerweise der Massenabsorptionskoeffizient κR = κR /̺ (6.63) verwendet, weil dadurch ein wesentlicher Teil der Dichtevariation κR abfaktorisiert ist. 6.3.1.1 Ergebnisse für κR Das Rosselandmittel κR ist im lokalen thermodynamischen Gleichgewicht eindeutig durch die Massendichte ̺, die Temperatur T und die Elementhäufigkeiten festgelegt. Man kann für eine festgelegte Elementmischung für κR eine Tabelle für ein ausreichend großes Gitter von ̺-T -Werten berechnen, das den für Modellrechnungen für den Sternaufbau erforderlichen Bereich überdeckt. Die bei einer Modellrechnung benötigten Werte für κR können daraus durch Interpolation bestimmt werden. Derartige Tabellen sind vielfach erstellt worden. Abb. 6.6 zeigt die Variation der Opazität für die Standardelementmischung, wobei Daten aus zwei vielfach verwendeten Datenquellen verwendet wurden. Für Temperaturen T ≥ 104 K wurden Daten nach Rogers et al. (1996) verwendet. Diese sog. OPAL Tabellen sind für Zwecke der Sternaufbaurechnungen erstellt worden und reichen bis zu sehr hohen Temperaturen und Massendichten. Sie enthalten nur Beiträge 6.3. Exinktionskoeffizient 87 κR H,He (ff, gf) Moleküle Staub 10 2 10 0 H− Fe 10−2 10−4 reuung Thompsonst 4 2 log p 0 −2 −4 103 4 10 105 106 107 T [K] Abb. 6.6. Rosselandmittel des Extinktionskoeffizienten für die Standardelementmischung X = 0.72, Y = 026, Z = 0.02. Im Temperaturbereich T ≥ 104 K Daten nach Rogers et al. (1996) für kleinere Temperaturen nach Alexander & Ferguson (1994). Die dominierenden Absorber sind gekennzeichnet. 88 Kapitel 6. Aufbau der Sternhülle von Atomen, Ionen und freien Elektronen zur Opazität. Für Temperaturen T < 104 K wurden Daten aus Tabellen verwendet, die von Alexander & Ferguson (1994) für Berechnungen von kühlen Sternatmosphären erstellt wurden. Darin sind auch die Beiträge von Molekülen zur Opazität enthalten, welche bei niedrigen Temperaturen die Opazität dominieren (hauptsächlich H2 O, TiO, CO bei der Standardmischung). Bei sehr niedrigen Temperaturen sind auch Beiträge von auskondensierten Festkörperpartikeln berücksichtigt. 6.3.2 Näherungen für den Extinktionskoeffizienten Für vereinfachte Rechnungen, oder falls eine Interpolation von Daten bei Modellrechnungen unerwünscht ist, sind analytische Näherungen für κR angegeben worden. 6.3.2.1 Die Näherung von Christy und Keeley Eine relativ detaillierte Approximation für die Opazität durch Atome und Ionen der häufigen Elemente bei mittleren bis zu hohen Temperaturen wurde von Christy (1966) angegeben. Sie wurde von Keeley (1970) ergänzt um den Beitrag molekularer und atomarer Spezies bei relativ niedrigen Temperaturen und dieser wurde von Marigo (2002) neueren Daten angepasst. Die Approximation besteht aus zwei Anteilen κR = κat + κmol (6.64) Der erste Beitrag ist 5.4 · 10−13 κat = pe ̺T # " 2n 1 1 − NHH2 T2 +X + 2 · 106 T −4 + 2.1 T 6 4.5 T 6 + T −1 (4 · 10−3 T −4 + 2 · 10−4 ̺− 41 )−1 # 1 T2 1.5 1 +Z (6.65) + 6 +Y 1.4 · 108 T + T 6 10 + 0.1 T 6 20 T + 5 T 4 + T 5 Die Temperatur ist in Einheiten von 104 K, alle anderen Größen sind in cgsEinheiten, nH2 ist die Teilchendichte der H2 Moleküle, NH ist die Teilchendichte der H Kerne. Der zweite Beitrag ist n H + n H2 5.55 · 10−27 T 4 ̺ 1 + 10 T 6 + 3.42 · 10−5 T −6 nCO nOH 1.4 · 10−21 T 6 + 2.75 · 10−26 + ̺ ̺ 0.1 + T 6 −27 n H2 O 2.6 · 10 9.72 · 10−21 e−3.2553/(T +0.73) + + ̺ 4.23 · 10−4 + T 4 1 + 3.78 · 103 T 10 κmol = (6.66) Hier sind nH2 ,nCO , nOH und nH2 O die Teilchendichten der Moleküle. Diese Approximation ist nicht in dem Sinn zu verstehen, daß die einzelnen Beiträge exakt den Beiträgen der einzelnen Teilchensorten entsprechen. 6.3. Exinktionskoeffizient 6.3.2.2 89 Einfache Potenzgesetze Für den Massenabsorptionskoeffizienten wurden von Lin & Papaloizou (1985) und von Bell & Lin (1994) analytische Näherungen für das Rosselandmittel κR des Extinktionskoeffizienten für die Standardelementmischung angegeben. Die Näherungen sind unterschiedlich je nach dominierenden Absorbern und Temperaturen. Moleküle: Bei niedrigen Temperaturen dominieren die Absorptionsbanden von Molekülen die Opazität, hauptsächlich die zahlreichen Banden von H2 O und TiO. In diesem Bereich kann das Rosselandmittel des Extinktionskoeffizienten durch 2 κmol = 1.0 10−8 · ̺ 3 · T 3 [cm2 /g] (6.67) approximiert werden. Negatives Wasserstoffion: Bei höherer Temperatur dominiert die Absorption durch H− . Das Rosselandmittel des Extinktionskoeffizienten kann in diesem Bereich durch 1 κH− = 1.0 10−36 · ̺ 3 · T 10 [cm2 /g] (6.68) approximiert werden. Gebunden-frei und frei-frei Übergänge: Bei hohen Temperaturen dominieren die gf - und ff -Übergänge der Atome und Ionen das Absorptionsverhalten der Materie. Das Rosselandmittel des Extinktionskoeffizienten kann in diesem Bereich durch 4 (6.69) κat = 2.3 1020 · ̺ 5 · T −3 [cm2 /g] approximiert werden. Elektronenstreuung: Bei sehr hohen Temperaturen schließlich ist die Materie stark ionisiert und die Opazität wird dann praktisch vollständig durch die Elektronenstreuung dominiert. Das Rosselandmittel des Extinktionskoeffizienten kann in diesem Bereich durch κel = 0.348 [cm2 /g] (6.70) approximiert werden. Die Grenze für die Anwendbarkeit der verschiedenen Näherungen liegt jeweils dort, wo die entsprechenden Ausdrücke einander gleich werden. Abbildung 6.7 zeigt diese Grenzen und die Grenze zu dem Bereich, in dem das Elektronengas entartet ist. Im Falle der Elektronenentartung wäre Wärmeleitung durch das Elektronengas ein wichtiger Mechanismus für den Energietransport, für die Hüllen spielt das aber keine Rolle. 90 Kapitel 6. Aufbau der Sternhülle 108 Thomsonstreuung 106 tun g 107 Ele ktr one ne nta r T [K] gf, ff Übergänge 105 104 − H Moleküle 3 10 −14 −12 −10 10 10 10 10−8 10−6 10−4 10−2 100 −3 102 104 ρ [g cm ] Abb. 6.7. Grenzen für Bereiche, in denen jeweils unterschiedliche Absorptionsmechanismen dominieren, und die Grenze, rechts von der das Elektronengas entartet ist. 6.3.2.3 Polytropenindex bei Strahlungsgleichgewicht In den Bereichen der Sternhülle, in denen die Opazität mit Druck und Temperatur nach einem Potenzgesetz der Form κR = K0 pα Tβ (6.71) variiert und in denen Strahlungsgleichgewicht herrscht, kann die TemperaturDruck-Schichtung analytisch berechnet werden. Es gelten dort folgende Gleichungen (Gl. 6.1 und 6.17): d p0 GMr = 2 ̺ d r0 r0 3 d T04 = ̺κR F . d r0 4σSB Es folgt bei Beachtung von 4πr2 F = L d T04 L 3 = κR . d P0 16πσSB G Mr (6.72) Hierin ist L konstant und Mr ist bei den hier interessierenden Sternen, bei denen die Masse stark zum Zentrum konzentriert ist, über weite Teile der Hülle nahezu konstant und praktisch gleich M∗ . Bei konstantem L/M∗ und dem Potenzgesetz (6.71) für κR kann die Gleichung integriert werden. In den Schichten der Hülle 6.4. Aufbau der Atmosphäre im Strahlungsgleichgewicht 91 unterhalb der Photosphäre kann der kleine Oberflächendruck vernachlässigt werden und mit der Festsetzung T → 0 für P → 0 als Randbedingung folgt T 4−β = pα+1 4−β 3 L . α + 1 64πσSB G M∗ Wenn wir darin den Druck mittels der idealen Gasgleichung p = ̺kT /µmH durch die Dichte ersetzen, dann erhalten wir α+1 T ∝ ̺ 3+α−β und nochmalige Verwendung der idealen Gasgleichung liefert schließlich α+1 p = A̺1+ 3+α−β (6.73) mit einer Konstanten A. Eine Hülle im Strahlungsgleichgewicht ist also annähernd wie eine Polytrope mit dem Index n= 3+α−β α+1 (6.74) aufgebaut. Das ist der Grund, warum polytrope Modelle relativ gute Ergebnisse für die Schwingungseigenschaften einer selbstgravitierenden Gaskugel liefern. Bei der Approximation (6.69) der Absorption durch H und He ist α = 45 und 38 β = − 15 5 und dann n = 9 = 4.2 wenn in der Hülle der Energietransport durch Strahlung stattfindet. Das ist etwas größer als der Wert n ≈ 3 der für einen Stern als ganzes dessen Eigenschaften approximiert, wenn er keine tiefe äußere Konvektionszone hat. Der Wert des Polytropenindex hängt von der verwendeten Approximation für κR ab. Für die H-, He-Absorption findet man auch Approximationen mit etwas anderen Werten für die Potenzen α, β als in (6.69), die generell zu Werten n ≈ 3 . . . 4 führen. Die Unterschiede in den Approximationen rühren daher, daß eine Näherung in der Form (6.69) die Funktion κR (p, T ) nicht in der ganzen p-T -Ebene gleich gut approximieren kann, wie eine Inspektion der Abb. (6.6) unmittelbar zeigt. 6.4 Aufbau der Atmosphäre im Strahlungsgleichgewicht Eine realistische Berechnung der Struktur der sichtbaren Atmosphäre erfordert eine detaillierte Behandlung des Stahlungstransports, der weit über die einfache Eddingtonapproximation hinausgeht. Der dafür erforderliche Aufwand ist für die Berechnung der Pulsationseigenschaften eines Sterns nicht unbedingt erforderlich. Für das Pulsationsproblem ist es im Prinzip ausreichend, die Atmosphäre als eine dünne äußere Schicht zu betrachten, welche gewisse Randbedingungen für die Auf- und Abbewegungen während des Pulsationsvorgang stellt, deren detaillierte Struktur aber nicht von Interesse ist. Letztere kann 92 Kapitel 6. Aufbau der Sternhülle nachträglich nach allen Regeln der Kunst berechnet werden, wenn die Pulsationseigenschaften bekannt sind. Ansonsten kann die Eddingtonapproximation der Temperaturschichtung, Gl. (6.13), verwendet werden. Eine Inspektion der Abb. 6.7 zeigt, daß bei Sternen mit Teff . 104 K in den äußeren Schichten die Opazität der Materie durch die Absorption durch H− dominiert wird, bei heißeren Sternen durch die gf - und ff -Übergänge durch H und He. Die drastisch unterschiedliche Temperaturabhängigkeit von κR in beiden Fällen führt zu einem grundsätzlich unterschiedlichen Aufbau der Hüllen heißer und kühler Sterne. Bei heißen Sternen findet der Energietransport in der Hülle durch Strahlungstransport statt, bei kühlen Sternen durch konvektive Strömungen. Nur im Bereich der eigentlichen Photosphäre kann sich keine Konvektion ausbilden. Dort findet der Energietransport auf jeden Fall durch Strahlung statt, und diese befinden sich immer im Strahlungsgleichgewicht. Wir beginnen mit diesem Fall und wenden uns im nächsten Abschnitt der Konvektion zu. 6.4.1 Numerische Berechnung Die Gleichungen für den Aufbau der Hülle des Sterns lauten im Fall des Strahlungsgsgleichgewichts GMr d p0 =− 2 ̺ d r0 r0 (6.75) d Mr = 4πr2 ̺ dr d T04 3 = ̺κR F d r0 4σSB R2 dτ = ̺κR 2 . d r0 r0 (6.76) (6.77) (6.78) Der Sternradius R ist der Radius bei der optischen Tiefe τ = 32 . Der Fluß F ist und die Effektivtemperatur Teff L , 4πR2 ist durch F = (6.79) 4 σSB Teff =F (6.80) gegeben. Das Problem des Hüllenaufbaus hängt von vier Parametern ab: L, M , 4 R und Teff . Zwischen L, R und Teff besteht die Beziehung 4πR2 σSB Teff = L. Die Randbedingungen für den Druck, Gl. (6.15), die Masse Mr und die Temperatur, Gl. (6.17), sind pat = GM∗ τ0 R12 κR (6.81) Mr = M∗ (6.82) 4 4 Tat = 12 Teff 1 + 23 τ0 . (6.83) 6.4. Aufbau der Atmosphäre im Strahlungsgleichgewicht 93 Die optische Tiefe τ0 legt die Position des äußeren Randes fest. In Gl. (6.81) ist R1 nicht a priori bekannt, sondern muß separat berechnet werden. Die Tiefe τ0 wird klein genug gewählt, daß die Temperatur nicht wesentlich von dem 1 Grenzwert 2− 4 Teff für τ → 0 abweicht. Zu diesen Gleichungen kommen noch die Zustandsgleichungen p = p(̺, T ) und κR (̺, T ) hinzu, die entweder durch Interpolation in Tabellen oder durch Berechnung zusammen mit den Gleichungen für den Hüllenaufbau bestimmt werden müssen. Die Opazität κR bei τ0 und der entsprechende Radius R1 sind nicht von vorneherein bekannt. Die Opazität muß bei gegebenem R1 aus der nichtlinearen Gleichung GM∗ pat κR (pat , Tat ) = τ0 (6.84) R12 bestimmt werden. Wegen der Nichtlinearität dieser Gleichung erfordert das ein iteratives Verfahren. Anschließend müssen die Gleichungen (6.75) bis (6.78) bis zum Punkt integriert werden, an dem τ = 32 ist. An dieser Stelle muß r0 = R sein. Der Anfangspunkt R1 muß sodann variiert werden, bis diese Bedingung erfüllt ist. Die Differenz zwischen R1 und R ist wegen des steilen Druckanstiegs in der Photosphäre normalerweiser aber sehr gering, sodaß mit in den meisten Fällen ausreichender Genauigkeit einfach R1 = R gesetzt werden kann. Nur bei sehr kühlen M-Sternen mit deren stark ausgedehnten Atmosphären ist das nicht zulässig. Anschließend müssen die Gleichungen (6.75) bis (6.78) einwärts integriert werden, bis die angenommene innere Grenze der Hülle erreicht ist. Diese innere Grenze kann auf verschiedene Weise festgelegt sein, entweder durch einen vorgegebenen Teil des Radius, z.B. R = 0.1 R, oder eine Temperatur, z.B. T = 106 K, oder durch eine Masse Mr , z.B. Mr = 0.2 M . Als Lösungsverfahren kommt jedes Verfahren zur Lösung gewöhnlicher Differentialgleichungssysteme in Betracht; die Gleichungen enthalten keine besonderen Probleme, die spezielle Methoden zur Lösung erforderten. 6.4.2 Beispiele Abbildung 6.2 zeigt das Ergebnis einer numerischen Integration der Gleichungen für eine Schar von Modellen von niedrigen bis zu hohen Effektivtemperaturen. Der Strahlungsdruck und ein eventuell vorhandener Turbulenzdruck sind nicht berücksichtigt, weil sie keine wesentliche Rolle spielen. Bei kleinen optischen Tiefen geht bei der planparallelen Sternatmosphäre die Temperatur gegen die 1 Randtemperatur 2 4 Teff . Deswegen verlaufen die Kurven im linken Teil der Abbildung, also bei kleinen Drucken, praktisch horizontal, bis die optische Tiefe in den Bereich τ ≈ 32 kommt. Bei höheren Drucken steigt die Temperatur dann mit zunehmendem Druck rasch an. Der große Druck bei τ = 23 und der extrem steile Temperaturanstieg mit steigendem Druck im Bereich τ > 1 bei den Modellen mit niedriger Effektivtemperatur wird durch den kleinen Wert der Opazität bei niedrigen Temperaturen 94 Kapitel 6. Aufbau der Sternhülle -2 7 10 10 -3 10 -4 (b) (a) 10 6 10 -5 -6 10 T [K] -3 ρ [g cm ] 10 -7 10 5 10 -8 10 -9 10 4 10 -10 10 -11 10 -12 10 3 0 0.2 0.4 0.6 0.8 10 1 0 0.2 0.4 r / R* 7 0.8 1 0 10 10 (c) (d) 6 -1 10 1-β 10 T [K] 0.6 r / R* 5 10 pe 4 10 -2 10 -3 10 pges 3 10 -4 -2 10 0 10 2 10 4 10 6 10 P [Pa] 8 10 10 10 12 10 10 -2 10 0 10 2 10 4 10 6 10 8 10 10 10 12 10 P [Pa] Abb. 6.8. Hüllenmodell für einen Stern mit Sternparametern im Bereich des Instabilitätsstreifens der δ Cep Veränderlichen (Modellparameter in Tabelle 6.1). Radiale Variation von Dichte (a), Temperatur (b), und p-T Variation (c), sowie der Anteil des Strahlungsdrucks am Gesamtdruck (d). bewirkt, bei denen die Absorption durch H− dominiert. Dieser steile Anstieg ist unrealistisch, denn bei einem derart großen Temperaturgradienten wird die Atmosphäre instabil gegenüber Konvektion. Bei Sternen etwa im Bereich der Spektraltypen F . . . M beginnt dicht unterhalb der Photosphäre eine Konvektionszone, in der der Energietransport durch aufsteigende heißere und absinkende kühlere Gasballen den Temperaturanstieg stark begrenzt. Dieser Prozeß wird in 6.5 behandelt. Bei den Modellen mit größerer Effektivtemperatur (Spektraltypen A und früher) dominiert als Opazitätsquelle die gf - und ff -Absorption. Diese hat einen deutlich größeren Wert des Extinktionskoeffizienten als die H− Absorption und dementsprechend sind die Drucke in der Atmosphäre bei τ = 32 auch deutlich niedriger und der Temperaturanstieg im Bereich τ > 1 ist ebenfalls deutlich weniger steil. Abbildung 6.8 zeigt Variation der wichtigsten Variablen in einer Sternhülle mit Parametern, die dem Instabilitätsstreifens der δ Cep Veränderlichen entsprechen. Die Modellparameter sind in Tabelle 6.1) angegeben. 6.4. Aufbau der Atmosphäre im Strahlungsgleichgewicht 95 Tabelle 6.1. Modellparameter für ein Hüllenmodell für einen Stern mit Sternparametern im Bereich des Instabilitätsstreifens der δ Cep Veränderlichen. Größe Symbol Wert Dimension Masse Effektivtemperatur Leuchtkraft Radius Heliumhäufigkeit Metallizität M∗ Teff L R Y Z 5 6 000 3 × 104 29.3 0.28 0.02 M⊙ K L⊙ R⊙ 6.4.3 Analytische Näherung für die Photosphäre Die Druckschichtung im Bereich der Atmosphäre kann für kühle und heiße Sterne analytisch berechnet werden, da sich der Massenextinktionskoeffizient durch ein Potenzgesetz von der Form κ = K0 P α T β (6.85) approximieren läßt. Für die Temperaturschichtung wird jetzt die EddingtonNäherung (6.13) für den Temperaturverlauf in der Sternatmosphäre, 4 T 4 = 12 Teff 1 + 23 τ , verwendet. Die Gleichung für die hydrostatische Druckschichtung in den äußeren Sternschichten ist bei Vernachlässigung des Strahlungsdrucks und des Turbulenzdrucks durch (6.1) gegeben. Einsetzen von (6.85) und (6.13) ergibt β 24 g 1 dp = β pα dτ K0 Teff 1 1 + 32 τ β4 . Diese Differentialgleichung für p(τ ) kann durch Trennung der Veränderlichen quadriert werden mit dem Ergebnis β p1+α = 1− β4 8 1 + α 24 g +C 1 + 23 τ β 3 4 − β K0 Teff mit einer Integrationskonstanten C. Diese ist aus der Randbedingung p = 0 für τ = 0 zu bestimmen. Es folgt 1− β4 1+α 3 p = A 1 + 2τ −1 . (6.86) mit β 8 1 + α 24 g A= . β 3 4 − β K0 Teff (6.87) 96 Kapitel 6. Aufbau der Sternhülle Bei kühlen Sternen wird die Opazität in den äußeren Schichten durch die H− Absorption dominiert (Spektraltypen F . . . K). Dort läßt sich der Massenabsorptionskoeffizient durch (6.85) approximieren mit KH− = 2.5 · 10−39 , 1 3 α= , β= 29 3 . (6.88) Hier ist β > 4 und wir erhalten mit h − 17 i 34 p = p0 1 − 1 + 32 τ 12 . (6.89) 3 p0 = g4 89 3 4 29 4 3 2 16 51− 4 . (6.90) KH− Teff Das ist die Temperatur-Druck-Schichtung in den äußeren Schichten kühler Sterne bis in solche Tiefen, in denen der Wasserstoff anfängt merklich zu ionisieren. Ab dann ist die Näherung (6.88) für κ nicht mehr anwendbar da dann die gf – und ff –Absorption durch H und andere Atome und Ionen die Opazität bestimmen. Bei hohen Temperaturen kann man die Opazität durch gf – und ff –Übergänge nach Gl. (6.69) ebenfalls durch (6.85) approximieren mit den Koeffizienten κff = 1.2 · 1012 , α=1 β = − 27 . , (6.91) Für die Druckschichtung (6.86) ergibt sich in diesem Fall wegen β > 4 mit h i 12 15 p = p0 (1 + 23 τ ) 8 − 1 7 1 p0 = (6.92) 4 g 2 Teff 1 2 13 1 2 8 45− 2 . (6.93) Kff Die Grenze zwischen den beiden Fällen, in denen entweder H− Absorption oder Absorption durch gf – und ff –Übergänge dominieren, ergibt sich, wenn für gleiches g und Teff der Photosphärendruck bei τ = 32 einander gleich gesetzt werden 3 1 17 p0,H− 1 − 2− 12 4 15 = p0,ff 2 8 − 1 2 . Es folgt 1 Teff = g 36 1 2 Kff 3 KH4 − 91 ·f (6.94) mit einem Zahlenwert f = 1.1, der sich aus den restlichen Konstanten ergibt. Die Schwerebeschleunigung variiert von g ≈ 10−4 bei Hauptreihensternen bis g ≈ 100 bei Riesen, d.h., daß die Abhängigkeit von g nur sehr gering ist. Die Grenze zwischen beiden Bereichen liegt dann bei Teff ≈ 8 500 K. Heißere Sterne 6.5. Konvektion 97 haben Atmosphären, in denen die Absorption durch gebunden-frei und frei-frei Übergänge bei H und He dominieren, kühlere Sterne haben Atmosphären, in denen H− Absorption dominiert. Die Bedeutung diese Unterschieds liegt darin, daß die Temperaturschichtung bei H− Absorption gleich unterhalb der Photosphäre so steil ansteigt, daß dort Konvektion einsetzt, während bei heißeren Sternen der Energietransport in der Hülle durch Strahlungstransport stattfindet. 6.5 Konvektion Konvektion ist ein Prozeß, bei dem in einem Gas unter dem Einfluß eines Temperaturgradienten im Schwerefeld langsame Zirkulationsströmungen entstehen. Diese Strömungen werden durch folgenden Effekt angetrieben: Gebiete im Gas, die etwas heißer als ihre Umgebung sind, dehnen sich aus, bis ihr Binnendruck gleich dem Umgebungsdruck ist, und haben dadurch eine geringfügig geringere Dichte als ihre Umgebung. Dadurch erfahren sie im Schwerefeld einen Auftrieb und steigen langsam auf. Gebiete mit etwas geringerer Temperatur als ihre Umgebung schrumpfen, bis ihr Binnendruck gleich dem Umgebungsdruck ist, und haben dann eine etwas höhere Dichte als ihre Umgebung. Diese Gebiete erfahren im Schwerefeld eine einwärts gerichtete Beschleunigung und sinken langsam ab. Wegen des unterschiedlichen thermischen Energieinhalts der etwas wärmeren und etwas kühleren Gebiete wird in dieser konvektiven Strömung Energie transportiert. Dieser Prozeß trägt zum Transport von Energie im Stern bei und muß bei der Berechnung der Temperaturschichtung berücksichtigt werden. 6.5.1 Stabilitätsbedingung Bedingung für die Existenz konvektiver Strömungen ist offenbar, daß ein Gebiet im Gas, das heißer als seine Umgebung ist und dadurch einen Auftrieb erfährt, beim Aufstieg im Schwerefeld auch eine geringere Dichte als seine Umgebung beibehält und dadurch auch weiterhin einen Auftrieb erfährt. Es ist nicht selbstverständlich, daß ein aufsteigendes, wärmeres, spezifisch leichteres Gaselement ständig einen Auftrieb erfährt, denn es bewegt sich beim Aufsteigen in ein Gebiet niedrigerer Temperatur und niedrigerer Dichte. Wenn die Dichte im Element dabei nicht rasch genug abnimmt, kann sich sein Dichtedefizit gegenüber der Umgebung in einen Dichteüberschuß und der ursprüngliche Auftrieb in eine Abbremsung umkehren. Zur Feststellung der Dichtevariation in einem aufsteigenden Gaselement denken wir uns das Element von der Höhe r langsam zu der Höhe r+∆r verschoben. Seine Dichte in der Höhe r sei ̺∗ (r) und der Druck innerhalb dieses Gaselements sei dort p∗ (r). Bei langsamer, konvektiver Strömung findet immer ein lokaler 98 r + ∆r p(r + ∆r) &% ⇑ ̺∗ (r) p(r) r '$ ̺∗ (r + ∆r) Kapitel 6. Aufbau der Sternhülle Abb. 6.9. Druck und Dichte in einem aufsteigenden Gaselement Druckausgleich statt1 , sodaß p∗ auch gleich dem Umgebungsdruck p(r) in der Höhe r ist. Nach Verschiebung zur Position r + ∆r ist die Dichte im Gaselement ̺∗ (r + ∆r) und der Druck im Element ist p∗ = p(r + ∆r). Wenn der Energieaustausch durch Strahlung mit der Umgebung vernachlässigt werden kann, dann erfolgt die Änderung des thermodynamischen Zustands des Gaselementes adiabatisch und es gilt für die Dichten ∗ ∗ ̺ (r + ∆r) = ̺ (r) mit γ = cp cv (= ̺∗ (r) + 5 3 p(r + ∆r) p(r) γ1 , für das ideale einatomige Gas). Taylorentwicklung liefert d ̺∗ ∆r + O((∆r)2 ) = ̺∗ (r) dr γ1 1 dp 1+ ∆r + O((∆r)2 ) p dr und im Grenzfall ∆r → 0 folgt für die Dichteänderung im Gaselement 1 1 dp d ̺∗ = ̺∗ . dr γ p dr (6.95) Die Bedingung für das Einsetzen von Konvektion ist nach dem oben gesagten, daß beim Aufstieg im Schwerefeld die Dichte ̺∗ im Gaselement langsamer abnimmt als die Dichte ̺ der Umgebung, daß also − d ̺∗ 1 1 dp d̺ = −̺∗ <− dr γ p dr dr gilt (beachte, daß ̺ mit wachsendem r abnimmt), und zwar für alle Gaselemente, für die ̺∗ (r) ≤ ̺(r) ist, speziell also auch für Elemente mit ̺∗ = ̺ an der Stelle r. Die Bedingung für das Einsetzen von Konvektion lautet also 1 1 dp 1 d̺ > . ̺ dr γ p dr (6.96) 1 Kleine Störungen im Gleichgewichtszustand eines Gas gleichen sich mit Schallgeschwindigkeit aus, sodaß merkliche Druckschwankungen erst bei Strömungen auftreten, die nicht mehr langsam gegenüber der Schallgeschwindigkeit sind. 6.5. Konvektion 99 Das gleiche Ergebnis für das Einsetzen von Konvektion erhält man, wenn man ein absteigendes Element mit einem Dichteüberschuß betrachtet. Dieses Kriterium für Konvektion wurde zuerst von Schwarzschild angegeben. Es garantiert, daß ein aufsteigendes Gaselement sein Dichtedefizit gegenüber der Umgebung beibehält. Bei der Zustandsgleichung (6.44) gilt ̺= µmH p k T und dann ⇒ ∂ ln ̺ ∂ ln µ ∂ ln p ∂ ln T = + − ∂r ∂r ∂r ∂r dT 1 T dp T dµ + < . 1− γ p dr µ dr dr (6.97) (6.98) Wenn das mittlere Molekulargewicht konstant ist, dann vereinfacht sich das zu der meistens verwendeten Form 1 T dp dT 1− < . (6.99) γ p dr dr Der Term mit dem µ-Gradienten kann allerdings nicht immer vernachlässigt werden. Bei einer rein adiabatischen Zustandsänderung gilt ∇ad = 1 ∂ ln T =1− ∂ ln p γ = 2 5 f ür das ideale Gas . (6.100) Dies definiert die Größe ∇ad . Entsprechend wird für die tatsächliche Temperaturschichtung die Bezeichnung ∇= ∂ ln T ∂ ln p (6.101) definiert. Mit dieser Bezeichnungsweise läßt sich das Kriterium für das Einsetzen von Konvektion als ∇ad < ∇ Konvektion! (6.102) schreiben. Das bedeutet: Wenn der tatsächliche Temperaturgradient steiler als der Temperaturgradient bei einer rein adiabatischen Temperaturschichtung ist, dann setzt Konvektion ein. Wir merken zum Kriterium für Konvektion noch folgendes an: Bei dessen Herleitung ist der im Prinzip immer auftretende Energieaustausch mit der Umgebung nicht berücksichtigt. Dessen Einfluß ist im Sterninneren vernachlässigbar, bei oberflächennaher Konvektion muß er aber berücksichtigt werden. 6.5.2 Konvektionszone bei kühlen Sternen Eliminiert man aus (6.86) mit (6.13) die optische Tiefe τ , dann ergibt sich eine Beziehung zwischen Druck und Temperatur in den äußeren Schichten eines 100 Kapitel 6. Aufbau der Sternhülle Sterns, in dem die H− -Absorption dominiert 1 " 4−β # 1+α β T p = p0 1 − 21− 4 Teff mit p0 = ( β 8 1 + α g 24 β 3 β − 4 κ0 Teff 1 ) 1+α . Differentiation nach T ergibt # " −1 β−4 β 1+α T dP T −1 = −1 ∇ = 24 p dT β−4 Teff 1− β4 1+α 3 = −1 1 + 2τ β−4 (6.103) (6.104) (6.105) für die Temperaturschichtung im radiativen Gleichgewicht. Die Bedingung für das Eintreten von Konvektion war ∇ad < ∇. Den adiabatischen Gradienten setzen wir gleich seinem Wert ∇ad = 2 γ−1 = γ 5 für ein einatomiges Gas. Das ist sicher korrekt, solange noch keine Wasserstoffionisation eingesetzt hat. Konvektion setzt also ein, wenn 1− β4 2 1+α 3 −1 1 + 2τ < 5 β−4 gilt. Das lösen wir nach τ auf und erhalten # " 4 4−β 2 2 β−4 −1 . τ> −1 3 5 1+α (6.106) Mit den Konstanten α und β für das Absorptionsgesetz (6.85) ergibt sich als Bedingung für das Einsetzen von Konvektion τ > 0.86 . Wir stellen fest: Alle Sterne, in denen die Opazität im Photosphärenbereich durch die H− Absorption dominiert wird, werden gleich unterhalb der Photosphäre instabil gegenüber Konvektion; sie besitzen also alle eine oberflächennahe Konvektionszone. Der Energietransport in der Hülle solcher Sterne findet ganz oder teilweise durch Konvektion statt. Für β < 4 kehren sich bei der obigen Herleitung an einigen Stellen Vorzeichen um. Das Kriterium für das Einsetzen von Konvektion ist dann statt (6.106) die Bedingung " # 4 2 β − 4 β−4 2 1− τ< −1 . (6.107) 3 5 1+α 6.5. Konvektion 101 Mit der Näherung (6.91) für den Absorptionskoeffizienten, die für heiße Sterne gilt, erhalten wir als Bedingung für das Einsetzen von Konvektion τ < −0.26 . Diese Bedingung ist nicht erfüllbar. Das bedeutet: Bei den heißen Sternen der Spektraltypen frühe F bis O, bei denen die Opazität im Photosphärenbereich durc die gf - und ff -Übergänge bei H und He bestimmt werden, existiert keine oberflächennahe Konvektionszone. In deren Hülle finder der Energietransport nur durch Strahlung statt. 6.5.3 Konvektiver Energietransport Ein aufsteigendes Gaselement vergrößert nach einer Wegstrecke ∆r seinen Temperaturüberschuß gegenüber seiner Umgebung um dT d T ∆r = ∆∇T · ∆r , (6.108) − ∆T = d r ad dr wobei zur Abkürzung die Bezeichnung ∆∇ = 1 − dT 1 ∇− γ dr (6.109) für die Differenz zwischen adiabatischem Temperaturgradienten und dem tatsächlichen Temperaturgradienten der Umgebung eingeführt ist. Der Überschuß in der thermischen Energiedichte des aufsteigenden Elements ist ∆T · cp ̺. Multipliziert man dies mit der Geschwindigkeit v, dann erhält man den lokalen Energiestrom in einem Konvektionselement, der mit dem thermischen Energieüberschuß des Elements gegenüber seiner Umgebung verknüpft ist. Das gleiche Ergebnis erhält man, wenn man absteigende Gaselemente betrachtet. Wir führen an dieser Stelle eine Hypothese über die Natur der konvektiven Strömungen ein, die die Basis der sogenannten Mischungsweghypothese bildet und annähernd die wahren Verhältnisse wiedergibt: Ein Konvektionselement bildet sich aus einer kleinen Schwankung und steigt danach im Mittel die Strecke ℓ auf oder ab um sich danach wieder völlig mit seiner Umgebung zu vermischen. Von dieser Mischungsweglänge ℓ wird angenommen, daß sie proportional zur charakteristischen Längenskala des Problems ist ℓ = αHp , (6.110) die hier gleich der Druckskalenhöhe 1 d p −1 Hp = p dr (6.111) ist. Leider kann die für die Beschreibung der Konvektion fundamentale Größe ℓ nicht exakt aus einer Theorie der Konvektion bestimmt werden. Der Proportionalitätsfaktor α zur Längenskala Hp kann nur durch einen Vergleich von theoretischen Vorhersagen, die auf dem Ansatz (6.110) beruhen, mit Messergebnissen 102 Kapitel 6. Aufbau der Sternhülle für reale Konvektion bestimmt werden. Bei Laborproblemen ergibt sich eine annähernde Übereinstimmung zwischen theoretisch berechneten und gemessen Werten bei Proportionalitätsfaktoren α nahe bei eins, der genaue Wert hängt aber vom jeweiligen Problem ab und kann nicht universell bestimmt werden. Wenn die Mischungsweghypothese zutrifft, dann haben an einer bestimmten Stelle die dort angetroffenen auf- oder absteigenden Gaselemente durchschnittlich eine Wegstrecke 2ℓ seit ihrer Entstehung zurückgelegt. Wenn man ∆r in (6.108) mit dieser Länge identifiziert und v die mittlere Geschwindigkeit der Gaselemente ist, dann stellt (6.108) den mittleren Energiestrom dar, der mit der Konvektionsströmung verknüpft ist qkonv = ∆∇ cp ̺ v ℓ . 2 (6.112) Die mittlere Geschwindigkeit v der Gaselemente wird aus der Dynamik des Aufstiegs bestimmt. Die Ursache des Auf- oder Abstiegs eines Elements ist der Überschuß oder das Defizit an Dichte gegenüber der Umgebung. Dieser 1 ist nach einem Aufstieg über eine Strecke ∆r wegen p ∼ ̺ γ bei adiabatischer Zustandsänderung 1 ̺ dp d̺ d̺ d ̺ ∆r = − ∆r . + + ∆̺ = − d r ad d r γ p dr dr Mit (6.97) folgt ∆̺ = = ̺ 1 T dp 1 dp 1 dT 1 d µ − ∆r +T − + T γ p dr p dr T dr µ dr T dµ ̺ ∆∇T + ∆r . T µ dr Eine eventuelle Änderung von µ vernachlässigen wir hier. Multipliziert man ∆̺ mit der Schwerebeschleunigung g, dann erhält man die Auftriebskraft und integriert man diese über den zurückgelegten Weg ∆r, dann ergibt sich die vom Auftrieb am Gas geleistete Arbeit. Diese ist gleich dem Gewinn des Gaselements an kinetischer Energie bei der Bewegung unter dem Einfluß der Auftriebskraft, wenn es um die Strecke ∆r seit seiner Entstehung aufgestiegen ist. 1 2 d̺ 1 d ̺ (∆r)2 ̺ + ̺v = (∆r)2 g · − . = ∆∇T g 2 2 d r ad d r T 2 Das gleiche gilt auch für die absteigenden Elemente. An einer bestimmten Stelle r haben die dort angetroffenen Elemente, wie schon festgestellt, im Mittel den Weg 2ℓ vom Ort ihrer Entstehung zurückgelegt. Es folgt für den Energiestrom der von der konvektiven Strömung mitgeführten thermischen Energie qkonv = ̺cp g 12 T 3 (∆∇T ) 2 ℓ2 . 4 (6.113) 6.5. Konvektion 103 In einer konvektiven Zone im Stern, in der die Bedingung (6.102) erfüllt ist, wird die Energie durch Strahlung und Konvektion transportiert. Für beide zusammen gilt Lr . (6.114) qrad + qkonv = 4πr2 qrad ist durch Gl. (6.18) gegeben. Dies ist eine Gleichung für dT /dr, die an jeder Stelle gelöst werden muß. Sie liefert den Temperaturgradienten und damit kann die Temperaturschichtung in einer Konvektionszone berechnet werden. Literaturverzeichnis Alexander, D. R. & Ferguson, J. W. 1994, Astrophys. J., 437, 879 Baker, N. & Kippenhahn, R. 1962, Zeitschr. f. Astrophysik, 54, 114 Baker, N. & Kippenhahn, R. 1965, Astrophys. J., 142, 868 Bell, K. R. & Lin, D. N. C. 1994, Astrophys. J., 427, 987 Chandrasekhar, S. 1939, An introduction to the study of stellar structure (Chicago: University of Chicago Press), reprint by Dover Publications Chiosi, C., Wood, P., Bertelli, G., & Bressan, A. 1992, Astrophys. J., 387, 320 Chiosi, C., Wood, P. R., & Capitano, N. 1993, Astrophys. J. Suppl., 86, 541 Christy, R. F. 1966, Astrophys. J., 144, 108 Cox, A. N. 1979, Astrophys. J., 229, 212 Eddington, A. S. 1919a, Observatory, 41, 379 Eddington, A. S. 1919b, Observatory, 42, 338 Eddington, A. S. 1919c, Observatory, 42, 371 Eddington, A. S. 1920, Observatory, 43, 341 Keeley, D. A. 1970, Astrophys. J., 161, 643 Ledoux, P. 1945, Astrophys. J., 102, 143 Lin, D. N. C. & Papaloizou, J. 1985, in Protostars and Planets II, ed. D. C. Black & M. S. Matthews, (Tucson: University of Arizona Press), 981–1072 Marigo, P. 2002, Astron. Astrophys., 387, 507 Ritter, A. 1879, Annalen der Physik, 244, 157 Rogers, F. J., Swenson, F. J., & Iglesias, C. A. 1996, Astrophys. J., 456, 902 Sandage, A., Bell, R. A., & Rripicco, M. J. 1999, Astrophys. J., 522, 250 109 110 Literaturverzeichnis Schaller, G., Schaerer, D., Meynet, G., & Maeder, A. 1992, Astron. Astrophys. Suppl., 96, 269 Schwarzschild, M. 1941, Astrophys. J., 94, 245 Stothers, R. 1981, Monthl. Notices R.A.S., 197, 351 Strohmeier, W. 1972, Variable Stars (Oxford: Pergamon Press) Tammann, G. A., Sandage, A., & Reindl, B. 2003, Astron. Astrophys., 404, 423