Erfahrungen mit Dimidiochromis strigatus und D. compressiceps Joachim Kreis Nach der Fertigstellung meines 3000-Liter-Aquariums stellte sich die Frage: ,,Welche Arten und wie hoch der Besatz?" Da ich ein Liebhaber der,,Raubcichliden" des Malawisees bin, wollte ich von bestimmten Gattungen nach Möglichkeit nur jeweils eine Art und davon mehrere Tiere (sechs und mehr Exemplare) pflegen. Nach nreiner Erfahrung spricht für die Haltung in,,Cruppen" eine Reihe von Gründen: Die innerartliche Aggressivität wird abgebaut bzw. verteilt sich. Das Männchen treibt seine ein oder zwei Weibchen nicht bis zur Erschöpfung und beschältigt sich auch mit seinen artgleichen Konkurrenten Dadurch hat man mindestens ein, wenn nicht sogar zwei farbenprächtige Minnchen im Aquurium. Weiterhin habe ich feststellen müssen, daß manche Tiere einläch nicht miteinander harmonieren. So laichen manche Weibchen nur mit einem bestimmten Männchen ab Die Männchen scheinen da flexibler zu sein. Zum Beispiel machte ich bei einer Dreiergruppe von 1/2 Ni.mbochrr.tmis livingstonii die Beobachtung, daß das Männchen ein Weibchen olTenbar nicht .,ausstehen" konnte und so lange jagte, bis es vor Erschöpfung starb, während das andele Weibchen sogar vor artfremden Fischen verteidigt wurde. Ich entschied mich für foJgende Arten: Nimbochrom.is.fLLscotaeniatus (311), Buccochromis lepttrrws (414), T1'rannochromis macrostoma (114), Champsochromis spilorhynchus (315) lrnd Dimid.iochromis ,strigatus (3/7). Mit dieser Zusammenstellung wollte ich Aggressionen und Kreuzungen in meiner Fischgemeinschaft so gut es ging vermeiden. In einem 12O0-Liter-Becken pflege ich schon seit geraumer Zeit eine Crtppe Dimitliochroruis compre.s.riceps Deshalb fiel meine Entscheidung bezüglich der Catfing Dimidiochromi.s auf D. strigattts. Mich interessierte. ob bei den beiden Arten Unterschiede in bezug auf Nahnrngselwerb, Fortpflanzung und Verhalten im Aquarium bestehen, da sie sich hinsichtlich der Eigenschaften Größe, Form, Zeichnungsmuster und Färbung sehr ähnlich sind. Nach der Bestellung bei der Firma,,CichlidAquaristik" vergingen gute acht Wochen, bis die Fische mit der nächsten Wildfangsendung vom Malawisee eintrafen. Die Tiere waren zwischen sechs und zehn Zentimeter lang und zeigten außer einem schwarzen Längsband nur eine silbergraue Färbung. Die Unterscheidung der Ceschlechter war so gut wie unmöglich. So nahrn ich zehn Tiere unterschiedlicher Cröße und hoftte auf ein bißchen Glück bei der Geschlechterverteilung. Nach sechswöchiger Quarantäne bezogen die zehn Fische ihr neues Zuhause. Sie gewöhnten sich außerordentlich schnell ein. Weder mit den genannten Raubcichliden noch mit den verschiedenen, ebenfalls zum Besatz gehörenden Mbuna-Cichliden gab @ ,.o-,r to2i (4) iee6:6e-i2 es 69 Raut-ereien Es dauerte fast ein Jahr, bis das gröl3te Männchen bei einer GesamtJänge von 22 Zeriimetern Farbe bekam. Erst jetzt ließen sich mit einiger Sicherheit auch die Geschlechter meiner Tiere bestimmen. An den etwas spitzer ausgezogenen Rticken- und Afterflossen konnte man gut erkennen, dai3 ich drei Männchen und sieben Weibchen besaß Mit einwöchiger Verzögerung begann sich auch das zweite Männchen umzufärben. Das Aquarium wurde jetzt von den beiden Männchen, die sich in ihrer ganzen Farbenpracht präsentierten, in zwei Hälften aufgeteilt. Das dritte Männchen zeigte außer einem leichten Rot in der Afterflosse keine Farbe und wurde von den beiden anderen sosar in deren Revieren geduldet. Zwölf Wochen nach dem Umfärben der Männchen kam es zum ersten Ablaichen. Während bei Männchen eins eine etwas höher liegende Steinplatte als Laichplatz Verwendung fand, laichte Männchen zwei auf einer freien Sandfläche in seinem Revier ab. Interessanterweise wechselten die Weibchen im Verlauf des Ablaichens mehlmals das Männchen, das heißt, einmal laichte ein Weibchen mit Männchen eins ab, dann wechsel- te es zu Männchen zwei. um dort ebenfalls einige Eier irbzulegen. Allerdings wurde Männohen eins mit seiner Steinplatte bevorzugt. Die Weibchen gaben jeweils zwei bis drei Eier mit einem Durchmesser von rund 1.5 Millimetern ab und nahmen sie sofort ins Mau1. Die Celege umfaßten jeweils 60 bis 1 l0 Eier. Nach etwa drei Wochen entließen die Weibchen ihre Jungen. Ich hatte sie vorher in 100Liter-Becken überführt Soweit verlief also a11es so. wie man es von Malawisee-Cichliden gewöhnt ist. Doch zwei Wochen später starb fast jedesmal die Hälfte der Jungtiere, vier Wochen später verendeten die restlichen. Futter und Wasserwerte entsprachen den anderen Aufzuchtbecken, in denen ich zum Beispiel Dimidiot'hrontis compressiceyts, Prutomelas taenictlatLts und Pseudotropheus 4bra atrfgezogen hatte. Nur bei drei Bruten geiang mir die Aufzucht ohne nennenswerte Ausfälle. Ich habe keine Erklärung für dieses Phänomen Yon D. compressiceps erwarb ich schon ansatzweise gefärbte Tiere, die sich als sehr robust und durchsetzungsstark erwiesen Als sie nach der Quarantäne das 1200-LiterAquarium bezogen, übernahm das Männchen innerhalb von zwei Tagen die Herrschaft. Es steckte ein Revier von etwa 70 X 80 Zentimetern ab, das es rigoros gegen jeden vermejntlichen Angreif-er verteidigte. Die drei Weibchen wurden nur beim Ablaichen im Revier des Männchens geduldet. Angriffe auf die Augen der Fische konnte ich bei meinen Tieren nie beobachten. Die Aufzucht der Jungen bereitete mir keine Probleme. Die Unterschiede zwischen D. strigatus und D. compres,slceps fielen mir in erster Linie im Verhalten gegenüber artfi'emden Fischen aff. Dimidiochromis strigatu.\ ist wesentlich friedlicher; so werden zum Beispiel artfremde Fische im Revier geduldet. Dimidiochrumi.s Rechts: Dimidiochromis strigatus; die Art unterscheidet sich sowohl in ihrem äußeren Erscheinungsbild als auch hinsichtlich ihres Verhaltens von dem aquaristisch besser bekannten D. compressiceps 10 DCG-Inio 27 t4) lq96:69 12 @ @ ,.o-rto2i (4) ),ee6:6e-i2 11 compressiceps hingegen ist energischer, wenn es um die Revierverteidigung geht. Dimicliocltrt»nis strigatus ist ein ruheloser Jäger. der den ganzen Tag umherstreift und Ausschau nach Freßbarem hält. Dimidiochrutntis comltres.siceps steht dagegen ruhig zwischen den Pflanzen oder unter Steinaufbauten und wartet auf vorüberschwimmende Beute, die er durch pfeilschnelles Zustol3en packt. Beide Arten bevorzugen Jungfische von bis zu vier Zentimeter Länge. Größere Fische werderr zwar angeschwommen, als ob ,,Maß genommen" wird, aber nicht attackiert. Neben kleinen Fischen nehmen beide Arten alle gängigen Futtermittel an (Cichlid-Sticks, Flockenfuter, Artemia') Dimidioc]tronis strigatus zieht bei mir die oberen Wasserregionen vor, während sich D. compressictp,r mehr in den mittleren Zonen auf'hält. Die beiden Arten sehen sich als Jungfische sehr ähnlich Erst ab etwa sechs bis sieben Zentirneter Körperlänge lassen sie sich einigermaßen gut voneinander unterscheiden. Dimidiochromis \trigatLß wirkt vergleichsweise kräftiger und größer, obwohl beide Arten Cesarntlängen von rund 25 Zentimerern erreichen. Die Schnauze von D. s/rigalu,r ist kfirzer, das Maul weniger oberständig als bei D. cr»npressiceps. Der farbliche Hauptunterschied ist ein ungefähr daumennagelgroßer, leuchtend roter Fleck hinter dem Kiemendeckel yon D. slrigatus Beide Arten sind sehr interesszrnte Fische, die sich nicht nur im Aussehen. sondern auch im Verhalten grundsätzlich ähnlich sind. Urn diese großen CichJiden artgerecht zu pflegen, benötigt man Aquarien von mindestens 700 Liter Inhalt. Um Kreuzungen vorzubeugen. sollte man die beiden Arten besser nicht zusammen in einem Becken halten. Geschlechtsreifes Männchen von Dimidiochromis compressiceps Fotos: Kreis 12 DCG-lnfo 21 (4) 1996:69-'72 @