WP 5.2 Lektürekurs Theoretische Philosophie Sommersemester 2010 Dozent: Christopher Erhard, M.A. Einführung in die Phänomenologie Edmund Husserls Fr, 10-12 Uhr, Raum HGB A 015 Fragen und klausurrelevante Punkte zur Sitzung am 29. April 2010 1. Wieso hält es Husserl für erforderlich, sich mit („Prinzipienfragen“ der) Logik zu beschäftigen? Welche Gefahren sieht er, falls man das nicht tut? Was versteht Husserl unter „Prinzipienfragen“ der Logik? 2. Husserl gibt vier Kriterien an, mit deren Hilfe man Wissenschaften voneinander unterscheiden kann. Welche sind das und was bedeuten sie? Spielen Sie anhand von Beispielen einige Kombinationsmöglichkeiten durch. Wieso sagt Husserl, dass sich bei der Logik nur zwei Extrempositionen unterscheiden lassen? Welche sind das und auf welche Seite stellt sich Husserl? Machen Sie sich insbesondere klar, was Husserl mit der Unterscheidung von Logik als „Kunstlehre“ bzw. normativer Disziplin und Logik als theoretischer Wissenschaft meint. 3. Skizzieren den Aufbau der Prolegomena anhand von § 3. 4. Formulieren Sie die Position des Psychologisten. Wie lautet sein Standard-Argument (vgl. § 18)? Finden Sie es überzeugend? 5. Welche drei Argumente können laut Husserl dem Psychologisten nichts anhaben? Stellen Sie jeweils dar, was der Psychologist dem Antipsychologisten erwidert. 6. Worin sieht Husserl eine neue Chance für den Antipsychologisten? Fragen und klausurrelevante Punkte zur Sitzung am 7. Mai 2010 1. Charakterisieren Sie allgemein, welche argumentative Strategie Husserl im vierten Kapitel in der Auseinandersetzung mit dem Psychologismus einschlägt. 2. Welche drei Konsequenzen impliziert die psychologistische Position laut Husserl? Inwiefern handelt es sich dabei um „empiristische Konsequenzen“? Wie versucht Husserl jede der Konsequenzen zu widerlegen? Finden Sie alle seine Gegenargumente plausibel? 3. Für Husserls Argumentation spielt der Begriff des Gesetzes eine wichtige Rolle. Was versteht Husserl unter einem Gesetz? Sammeln Sie einige Stellen zu diesem Begriff (vgl. auch Kapitel 3, § 19) und stellen Sie logische/mathematische und empirische Gesetze einander gegenüber. 4. Was meint Husserl, wenn er in § 22 betont, dass man nicht „zwischen dem Gesetz als Glied der Kausation und dem Gesetz als der Regel der Kausation“ (Hua XVIII, 78) eine Verwechslung begehen dürfe? Erläutern Sie dabei das Beispiel der Rechenmaschine (in moderner Sprache wäre das ein Computer). Spekulative Zusatzfrage: Können Sie sich vorstellen, dass Husserl das Beispiel der Rechenmaschine gegen die These einwenden würde, dass das menschliche Denken vollkommen analog zu einem Computer funktioniert? 5. Husserl zufolge ist jede Wahrheit ewig bzw. genauer: unzeitlich (vgl. Hua XVIII, 87). Was ist damit gemeint? Wie versucht Husserl diese These zu begründen? Fragen und klausurrelevante Punkte zur Sitzung am 14. Mai 2010 1. Inwiefern widerlegt Husserl in Kapitel 7 den Psychologismus? 2. Erläutern Sie Husserls Begriff der Erkenntnis (vgl. Hua XVIII, 118-119; § 32, 2. Absatz). 3. Welche Arten des Skeptizismus unterscheidet Husserl. Wieso ist der „metaphysische Skeptizismus“ in seinen Augen kein echter Skeptizismus? Welche beiden Bedingungen kann ein Skeptiker verletzen? 4. Worin besteht der individuelle (protagoreische) Relativismus? Inwiefern lässt er sich widerlegen, inwiefern nicht? 5. Woran scheitert der spezifische Relativismus? 6. Inwiefern ist der Relativismus ein Skeptizismus? Gegen welche Bedingungen einer jeden Theorie verstößt er? 7. Betrachten Sie die folgenden Sätze und überlegen Sie, wie Husserl sie einordnen und ggf. widerlegen würde: (i) Es gibt keine Wahrheit. (ii) Alles ist falsch. (iii) Kein wahrer Satz lässt sich begründen. (iv) Es gibt kein Wissen. (v) Sokrates weiß, dass er nichts weiß. (vi) Wir können kein Wissen darüber haben, wie die Welt wirklich ist, sondern nur darüber, wie sie uns (Menschen) erscheint. (vii) Über das Innenleben anderer Wesen (Menschen, Tiere...) können wir nichts wissen, nur unsere eigenen Wahrnehmungen, Gedanken, Gefühle etc. können wir erkennen. (viii) Jeder Mensch und jede Kultur hat seine bzw. ihre eigene Wahrheit; es gibt keine objektiven Wahrheiten. (ix) Epimenides, ein Kreter, soll gesagt haben: „Alle Kreter lügen“. Fragen und klausurrelevante Punkte zur Sitzung am 21. Mai 2010 1. Worin unterscheidet sich Husserls Argumentationsstrategie in Kapitel 8 von der bisherigen Strategie (v. a. in den Kapiteln 4 u. 7)? 2. Dem ersten Vorurteil der Psychologisten zufolge sind „Vorschriften zur Regelung von Psychischem selbstverständlich psychologisch fundiert“ (Hua XVIII, 159). Was ist damit gemeint? Erläutern Sie, welche Rolle Husserls Unterscheidung zwischen zwei verschiedenen Arten von Normen bei der Kritik an diesem Vorurteil spielt. 3. Welchen Fehler machen die normativen Antipsychologisten in Husserls Augen? Was ist der Gegensatz von Naturgesetzen? (§ 43) 4. Worin besteht das zweite Vorurteil der Psychologisten? Welche Rolle spielt der Status der Mathematik und ihr Verhältnis zur Logik bei Husserls Kritik daran? 5. Ein Grundfehler des psychologistischen Logikers besteht Husserl zufolge darin, dass er es versäumt, fundamentale Unterscheidungen zu machen, die von den „Sachen selbst“ (Hua XVIII, 159) gefordert werden. Welche Unterscheidungen sind das (vgl. §§ 46-47)? 6. Husserl vertritt in den Prolegomena eine Ontologie, zu der neben „Einzelheiten“ auch „Spezies“ („Allgemeinheiten“) gehören. Machen Sie sich diesen Unterschied an Beispielen klar und erläutern Sie, welche Rolle diese beiden Arten von Gegenständen in seiner Kritik des Psychologismus spielen. Fragen und klausurrelevante Punkte zur Sitzung am 28. Mai 2010 1. Woran zeigt sich, dass die Philosophie (noch) keine Wissenschaft ist? 2. Wodurch unterscheidet sich die „Unvollkommenheit“ (4) der Philosophie von der anderer Wissenschaften? 3. Welche beiden Verfallsformen der Idee der Philosophie als Wissenschaft sieht Husserl? 4. Erläutern Sie die Position des Naturalismus. Welche beiden Probleme hat er nach Husserl? Welche Strategie schlägt Husserl im Umgang mit ihm ein? Woran erinnert Sie das? 5. „Der Naturalist lehrt, predigt, moralisiert, reformiert. Aber er leugnet, was jede Predigt, jede Forderung als solche ihrem Sinne nach voraussetzt.“ (11) Erläutern Sie diese Stelle. Sind Sie überzeugt? 6. Warum kann die experimentelle (empirische) Psychologie nicht die Begründung der Erkenntnistheorie übernehmen? 7. Was versteht Husserl unter „phänomenologischen Studien“ (vgl. 18-20)? Auf welchen beiden Prinzipien beruhen sie (vgl. 17 unten; 18-20)? Fragen und klausurrelevante Punkte zur Sitzung am 11. Juni 2010 1. Husserl fährt schweres Geschütz gegen die experimentelle Psychologie auf. Hat er zuvor gezeigt, dass sie die Erkenntnistheorie nicht ohne Zirkel begründen kann (vgl. 17), wirft er ihr nun vor, sie könne nicht einmal alle psychologischen Begriffe klären; sie beruhe also auf Annahmen über die Natur des Psychischen, die sie selber nicht rechtfertigen kann (vgl. 20-29). Wie begründet Husserl diese These? 2. Husserl zufolge kann die (experimentelle) Psychologie nicht die selbe Methode wie andere Naturwissenschaften anwenden. Um das zu zeigen, macht er auf den unterschiedlichen ontologischen Status raum-zeitlicher Entitäten (Dinge, Körper, Vorgänge ...) und psychischer Phänomene aufmerksam; es handelt sich also um ganz andere Arten von Gegenständen. Beschreiben Sie diese Unterschiede! Erläutern Sie dabei, was Husserl meint, wenn er sagt, dass das Psychische der „Gegenwurf von Natur“ (37) sei oder dass es seine „ganz eigenen ‚Formen‘ habe“ (35). 3. Wieso stehen sich Psychologie und Philosophie näher als Naturwissenschaft und Philosophie? 4. Was ist die phänomenologische Einstellung? Wie unterscheidet sie sich von der naturalistischen/psychophysischen Einstellung? 5. Inwiefern kann die Phänomenologie eine strenge Wissenschaft sein? Was ist ihr Gegenstand? Was ihre Methode? 6. Für die Phänomenologie, schreibt Husserl, „ist das Singuläre ewig das Àpeiron“ (42). Worauf bzw. auf wen spielt Husserl hier an? Was ist gemeint? Fragen und klausurrelevante Punkte zur Sitzung am 18. Juni 2010 1. Was versteht Husserl unter „Historizismus“? 2. Inwiefern ist der Historizismus eine Form des Skeptizismus bzw. Relativismus? Welche Argumente fährt Husserl gegen ihn auf? 3. Welche Bedeutung hat nach Husserl die Geschichte der Philosophie für die Philosophie selbst? 4. Was ist „Weltanschauungsphilosophie“? Erläutern Sie dabei die Begriffe Erfahrung, Bildung und Weisheit! 5. In welchem Verhältnis stehen Weltanschauungsphilosophie und echte (wissenschaftliche) Philosophie zueinander? 6. Für Naturalismus und Historizismus gilt gleichermaßen: „Der Aberglaube der Tatsache ist ihnen allen gemeinsam.“ (66) Erläutern Sie das! 7. Während der Auseinandersetzung mit dem Historizismus deutet sich an, dass das Ideal einer wissenschaftlichen Philosophie auch eine ethische Dimension hat. Husserl spricht z. B. emphatisch von der „Verantwortung [...], die wir hinsichtlich der Menschheit haben“ (67). Finden Sie weitere Textbelege zu dieser Idee und machen Sie sich klar, was Husserl sagen will! Abschlussdiskussion zu Philosophie als strenge Wissenschaft – einige Anregungen 1. Ist Husserls These gut begründet, dass wir Philosophie als eine strenge Wissenschaft betreiben sollen? Wie überzeugend ist seine Behauptung, dass die Phänomenologie diese Rolle spielen muss? Wieso kann dies nicht z. B. die Metaphysik oder die Logik bzw. Sprachphilosophie? 2. Was kann man über die Natur der Phänomenologie anhand von Philosophie als strenge Wissenschaft lernen? Wodurch zeichnet sie sich aus? Welche Methoden wendet sie an? Von welchen Gegenständen handelt sie? Inwiefern ist sie eine (strenge?) Wissenschaft? 3. Wie verhalten sich nach Husserl das Psychische und das Physische zueinander? Inwiefern sind Bewusstsein und Welt (Ding, Physisches etc.) wesentlich voneinander verschieden? Ist Husserl ein Dualist? Was genau ist mit der Unterscheidung von reinem und empirischen Bewusstsein bzw. phänomenologischer (reiner) und psychophysischer Einstellung gemeint? Wie verhalten sich Phänomenologie und empirische Psychologie (cognitive science, Hirnforschung etc.) zueinander? Fragen und klausurrelevante Punkte zur Sitzung am 25. Juni 2010 1. Wie versteht Husserl das Verhältnis von natürlicher Erfahrung und wissenschaftlicher Theorie? 2. Wodurch zeichnet sich die äußere Wahrnehmung laut Husserl aus? Nennen Sie mindestens drei Wesensmerkmale! 3. Erläutern Sie Husserls Methode in Ding und Raum, mit deren Hilfe er die Wahrnehmung beschreiben will! 4. Kann man etwas wahrnehmen, das nicht existiert? 5. Welches Problem sieht Husserl für seine Methode? Untersuchen Sie dazu seine Unterscheidung von reellen und intentionalem Inhalt der Wahrnehmung! Fragen und klausurrelevante Punkte zur Sitzung am 02. Juli 2010 1. Was will Husserl in den §§ 1-4 von Analysen zur passiven Synthesis zeigen? Beschreiben Sie seine Vorgehensweise! Inwiefern löst Husserl hier das phänomenologische Programm ein? 2. Äußere Wahrnehmung ist nach Husserl in gewisser Weise ein paradoxes Phänomen, „gewissermaßen ein Widerspruch gehört zu ihrem Wesen“ (Hua XI, 3). Worin besteht das Problem und wie versucht Husserl es zu lösen? 3. Welche Merkmale weist die äußere Wahrnehmung auf (vergleichen Sie damit die „immanente Wahrnehmung“, vgl. § 4)? Aus welchen Komponenten besteht eine äußere Wahrnehmung? 4. Inwiefern sind Gegenstände im Raum transzendent? 5. Erläutern Sie die Funktion des „Leibes“ bei der äußeren Wahrnehmung (vgl. § 3)? Kann man etwas wahrnehmen, ohne einen Leib zu haben? Fragen und klausurrelevante Punkte zur Sitzung am 09. Juli 2010 1. Husserl unterscheidet zwei Arten von Zeichen: Anzeichen und Ausdrücke. Wie werden beide definiert? Wodurch unterscheiden Sie sich? In welchem Verhältnis stehen Sie zueinander? 2. Nach Husserl können Ausdrücke auch im „einsamen Seelenleben“ (§ 8, passim) Anwendung finden. Was ist damit gemeint? Inwiefern ist das für Husserls Argumentation zu Beginn der I. Logischen Untersuchung relevant? 3. Für Husserls Bedeutungstheorie spielen die sog. bedeutungsverleihenden und bedeutungserfüllenden Akte eine zentrale Rolle. Machen Sie sich diese Akte anhand eines Beispiels klar und erläutern Sie, welche Funktion diese Akte haben. 4. Ausdrücke und Bedeutungen sind nach Husserl „ideale Einheiten“ (Hua XIX/1, 48 ff., passim). Was ist damit gemeint? 5. Was kann durch einen Ausdruck alles ausgedrückt werden? Erläutern Sie die Mehrdeutigkeit dieser Redeweise vom „Ausdrücken“. 6. Wieso ist die Bedeutung eines Ausdrucks verschieden von dessen Gegenstand? Beziehen sich alle Ausdrücke auf Gegenstände? Fragen und klausurrelevante Punkte zur Sitzung am 16. Juli 2010 1. Was versteht Husserl unter dem psychologischen Inhalt eines Erlebnisses? Welche Rolle spielt dieser für seine Auffassung von Bedeutung? 2. Wie verhalten sich die Bedeutung eines Ausdrucks und der psychologische Inhalt der zugehörigen Bedeutungsintention zueinander? 3. Inwiefern sind Bedeutungen allgemeine Gegenstände? Inwiefern kann man sagen, dass allgemeine Gegenstände existieren? 4. Wie unterscheiden sich die Idealität der Bedeutung und die Idealität des Normativen? 5. Auf welche Weise können Bedeutungen zu Gegenständen werden (§ 34)?