Tagung Ingenieurgeologie 2011 Berlin - Menschik

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18. Tagung für Ingenieurgeologie und Forum „Junge Ingenieurgeologen“
Berlin 2011
2D-/3D-Spannungsanalyse tief liegender Goldbergwerke in Südafrika
2D-/3D-stress analysis of deep-seated gold mines in South Africa
Florian Menschik1, Heiko Käsling1, Kurosch Thuro1 & Michael Bayerl2
Zusammenfassung
Die vorgestellte Arbeit beschäftigt sich im Rahmen eines Forschungsprojektes mit dem Einfluss hoher Spannungen auf die
Vortriebsgeschwindigkeit und den Werkzeugverschleiß von Schlagbohrhämmern in tief liegenden Bergwerken in Südafrika. Die tiefste
der bearbeiteten Goldminen erschließt eine Tiefe von ca. 3900 m. Dort werden stark abrasive Quarzite mit einer hohen Einaxialen
Druckfestigkeit mit oft nur wenigen dm mächtigen, goldführenden Horizonten (Reefs) abgebaut.
Nachdem zahlreiche felsmechanische Kennwerte der dort auftretenden Gesteine bestimmt wurden, konnte mit Hilfe von 2D-FiniteElemente-Modellen (Phase², Rocscience) eine erste Bestimmung der Spannungsverteilung ermittelt werden. Zur detailierten Analyse der
Spannungen werden aufwändige 3D-Modelle (Flac 3D, Itasca) herangezogen. Die Spannungen aus den erstellten Modellen sollen dann
mit vor Ort gemessenen Bohrgeschwindigkeiten und dem auftretenden Werkzeugverschleiß verglichen werden.
Ziel ist es die auftretenden Spannungen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf den Verschleiß und die Bohrgeschwindigkeit zu bewerten
und sie so positiv für den Bohrprozess hinsichtlich einer Steigerung der Wirtschaftlichkeit zu nutzen.
Schlüsselworte: Numerische Modellierung, Hohe Gebirgsspannungen, Bohrleistung, Werkzeugverschleiß
Abstract
Today many mines are built in greater depths to prospect for the needed resources and to recover them. Not only mines but also many
construction and tunneling projects like the Gotthard Base Tunnel or the Brenner Base Tunnel reach these deep laying rock zones where
typical high stress phenomena like rock bursts may occur. High in-situ stress conditions can also lead to problems like high costs due to
high wear or less performance of the rock cutting tools. Due to the complexity of measurement stress rates are seldomly quantified. In
most cases the stress level is only determined by numerical models. This paper and the associated research project deals with the influence
of these high stress rates on wear and performance of rotary hammer drills in deep-seated mines in South Africa up to a depth of 3900 m.
The encountered rocks are quartzites with high uniaxial compressive strength and high abrasivity. These rocks are mined to reach the only
about one decimetre thick gold bearing horizons – the so called reefs.
To feed the numerical model, the most common geomechanic properties were determined such as uniaxial compressive strength, Brazilian tensile strength, abrasivity values (e. g. Cerchar abrasivity index, LCPC abrasivity coefficient, petrographic composition with thin
section analysis). In addition to the laboratory tests, the drilling performance and the tool wear data were collected directly in the mines
and will also be generated in additional drilling tests. For the evaluation and the interpretation, all gathered data will be combined in a
MySQL database and will be analyzed statistically using Matlab (The MathWorks).
Three 2D cross sections of regular stope geometry were modelled and calculated with Phase² (Rocscience) to define the occurring stress
and its distribution. For a detailed analysis more complex 3-D models (Flac 3D, Itasca) are going to be calculated in the future. The previous collected field data will be compared to the calculated stress data from the numerical models to benchmark the influence of stress on
wear and performance of the used tools. The aim of this research work is to take the advantage of these effects to increase the efficiency
and to optimize drilling works during the mining process.
Key words: Numerical modelling, high in-situ stress conditions, drilling performance, tool wear
1
Einleitung
Technisierung wurden auch die Abbaubedingungen besser
und wirtschaftlicher. Heutzutage sind die einfach zu erreichenden Areale bereits ausgebeutet und man muss in immer
größere Tiefen vordringen. Mit zunehmender Überlagerung
werden allerdings auch die Abbaubedingungen wieder
schwieriger und so sinkt die Produktivität. Um diesem
Trend entgegenzuwirken werden neue Techniken entwickelt
und neue Forschungsziele gesetzt. Eins dieser Forschungsvorhaben beschäftigt sich mit den auftretenden Spannungen
Gold zählt zu den wertvollsten Metallen der Erde und wird
an verschiedensten Orten weltweit abgebaut und verarbeitet.
Etwa ein Drittel der gesamten Goldproduktion kommt dabei
aus Südafrika, wo das Gold bereits seit dem Ende des 19.
Jahrhundert gefördert wird. Zu Beginn des Abbaus wurden
hier eher einfache Methoden, die mit hoher körperlicher
Anstrengung verbunden sind, eingesetzt. Mit zunehmender
1
2
M.Sc. Florian Menschik, Dr. Heiko Käsling, Prof. Dr. Kurosch Thuro, Lehrstuhl für Ingenieurgeologie, Technische
Universität München, [email protected]
Dr. Michael Bayerl, Hilti Entwicklungsgesellschaft mbH
1
18. Tagung für Ingenieurgeologie und Forum „Junge Ingenieurgeologen“
und deren Auswirkungen auf den Bohrprozess. Die Arbeit
umfasst Laborversuche zur Gewinnung felsmechanischer
Kennwerte, die Erstellung einer Gesteinsdatenbank und die
numerische Modellierung einer tiefliegenden Strecke einer
Goldmine in Südafrika am Beispiel der Tau tona Goldmine.
2
Geografisch-geologischer Überblick
2.1
Geographische Abgrenzung
mehr als geeignet. In ihr werden mehrere Reefs abgebaut,
die im Generellen ein Fallen von ca. 20° aufweisen. Die
Mine folgt mit ihrem Abbau den immer weiter abtauchenden goldführenden Gesteinen.
3
Laborprogramm und Datenbank
3.1
Ermittlung und Speicherung der Kennwerte
Zur Ermittlung der felsmechanischen Kennwerte liefen
bereits im Jahr 2009 mehrere Labortests an Quarziten aus
Tau tona und weiteren Goldbergwerken, die ähnliche Verhältnisse aufweisen.
Die Tau tona Goldmine liegt im östlichen Teil Südafrikas,
etwa 65 km westsüdwestlich von Johannesburg im Süden
der Stadt Carletonville und befindet sich so im afrikanischen Zentralplateau. Die Stadt Carletonville ist namensgebend für das Carletonville Goldfeld, das in dieser Gegend
durch eine große Anzahl an Bergwerken erschlossen wird.
Dieses Goldfeld gehört wie noch 5 weitere zu einer der
goldreichsten Lagerstätten der Welt, dem sogenannten
Witwatersrandbecken. Das Witwatersrandbecken wurde
nach einem Höhenzug bei Johannesburg, der durch die
Provinzen Gauteng und Mpumalanga zieht, benannt. Da in
diesem Höhenzug viele helle Quarzite aufgeschlossen sind
und er einen Teil der kontinentalen Wasserscheide zwischen
dem Atlantik und dem Indischen Ozean darstellt, erhielt er
den Namen „Ridge of White Waters“ oder eben Witwatersrand (GUILBERT & PARK 1986: 758).
2.2
Ermittelt wurden die
• Festigkeit (Einaxiale Druckfestigkeit, Spaltzugfestigkeit, Punktlastindex)
• Abrasivität (Cerchar Abrasivitäts Index, LCPC Abrasivitäts Index)
• Mineralgehalt durch Mikroskopie mit Modalanalyse
und Röntgendiffraktometeranalyse
Um die Laborergebnisse speichern und später analysieren
zu können wurde im Rahmen einer Masterarbeit (EITSCHBERGER 2010) eine webbasierte Datenbank erstellt. In dieser
Datenbank werden alle Werte in Tabellen gespeichert und
können über eine Webseite online abgefragt werden. Dabei
lassen sich alle Einzelwerte, Mittelwerte einzelner Proben
und auch nach Mine und Gesteinen gefilterte Werte anzeigen und ausgeben. Diese Werte wurden für die 2DModellierung (MENSCHIK 2009) benutzt und werden auch
in weiteren 3D-Modellen ihre Anwendung finden.
Geologische Rahmenbedingungen
3.2
Versuchsergebnisse
Die Quarzite erreichten in den Laborversuchen eine einaxiale Druckfestigkeit von ca. 150 bis 250 MPa und ein Verformungsmodul von 40 und 70 MPa. Diese hohen Werte
wurden auch durch die durchgeführten Punktlastversuche
und Spaltzugversuche bestätigt. Zusätzlich zeigten alle
getesteten Quarzite eine hohe bis sehr hohe Abrasivität und
beim LCPC-Versuch eine niedrige Brechbarkeit. Auch der
sehr hohe äquivalente Quarzgehalt von z.T. über 80 % lässt
auf eine hohe Abrasivität schließen.
Abb. 1: Schematisiertes, geologisches Profil der Gesteine
des Witawersrandbeckens (GUILBERT & PARK 1986, bearb.).
Fig. 1:
Schematic geological profile of the rocks within
the Witwatersrand basin (GUILBERT & PARK 1986, mod.).
4
Geotechnisches Profil Abbaugeometrie
Die Geometrie der Abbauhohlräume ist in Abb. 2 dargestellt. Der Abbau folgt dem Fallen der Reefs und weist
daher eine Neigung von ca. 20° auf. Das Reef an sich besitzt eine Mächtigkeit von nur ca. 30 cm, daher beträgt die
Abbauhöhe max. 1 m. Für das Modell wurde eine effektive
Höhe von 90 cm benutzt. Die Strecke weist eine Abbaubreite von ca. 30 m auf, die in drei etwa gleich große Abschläge
unterteil werden. Bedingt durch die Länge der Bohrstangen
beträgt die Abschlagtiefe 1,2 m.
Die schon im vorigen Kapitel erwähnten Quarzite stammen
aus der Witwatersrand Supergroup und werden in die ältere
West Rand Group (W-WR) und die jüngere Central Rand
Group (W-CR) untergliedert (s. Abb. 1). Die, für die Goldgewinnung relevanten, Bereiche befinden sich in der oberen
W-WR und in den älteren Abschnitten der W-CR. In diesem
Abschnitt wechseln sich die quarzreichen Gesteine sedimentären Ursprungs mit goldreichen Lagen, sogenannten
Reefs, ab. Nach GUILBERT & PARK (1986: 761) existieren
34 nutzbare Reefs. Diese Gesteine wurden zusätzlich leicht
metamorph überprägt wodurch ihre felsmechanischen Eigenschaften beeinflusst sind.
2.3
Berlin 2011
Da aufgrund des komplexen Aufbaus des Untergrunds die
Rechenzeit sehr hoch werden würde, mussten einige Vereinfachung des geologischen Modells getroffen werden. So
wurden bis auf das sich gerade im Abbau befindliche Reef
alle weiteren Horizonte vernachlässigt. Eventuell auftretende Störungen wurden, wie auch die Geländeoberfläche,
ebenfalls nicht berücksichtigt.
Tau tona Goldmine
Die Mine Tau tona erschließt eine Tiefe von 3500 bis
4000 m und ist daher als Extremwert für die Modellierung
2
18. Tagung für Ingenieurgeologie und Forum „Junge Ingenieurgeologen“
Abb. 3: Spannungsverteilung an den Ulmen nach dem
Vollausbruch.
Fig. 3:
Distribution of the occuring stresses on the wall
with fully excavated stope.
Abb. 2: Geometrie des Abbaus, der den numerischen
Modellen zugrunde gelegt wird.
Fig. 2:
Stope geometry for the numerical model.
5
Modellierung in 2D
6
Unter den gegebenen geologischen Rahmenbedingungen
wird angenommen, dass in dieser Tiefe nicht mit mechanisch wirksamen Trennflächen gerechnet werden muss.
Daher wurde zur Berechnung der auftretenden Spannungen
das Programm Phase² aus dem Hause Rocscience benutzt
das eine Berechnung der auftretenden Spannungen über
eine Finite-Elemente-Analyse ermöglicht. Da das Programm über eine graphische Benutzeroberfläche verfügt,
können so mit geringem Aufwand, sehr schnell, viele Modelle generiert und für eine Sensitivitätsanalyse genutzt
werden.
5.1
Ausblick: Künftige Arbeiten
Nach diesen ersten Erkenntnissen wird im nächsten Schritt
ein vereinfachtes 3D-Modell des Abbauprozesses der Tau
tona Goldmine erstellt. Später soll dieses Modell mit weiteren Reefs, Strecken und Schächten ergänzt werden um deren Einflüsse auf die Spannungsverteilung zu zeigen.
Da die Bohrbarkeit nach THURO (1996) als ein sehr komplexes Zusammenspiel mehrerer Parameter zu verstehen ist,
müssen weitere Faktoren wie z.B. maschinentechnische
Eigenschaften und die Bedienung der Schlagbohrhämmer
noch untersucht werden. Im Rahmen dieser Arbeit wird der
Einfluss des Bohrkronendesigns näher betrachtet. Zusätzlich
sollen die Reihenfolge der Bohrlöcher und das Layout des
Bohrrasters an die auftretenden Spannungen angepasst werden, und so der Bohrprozess optimiert werden.
Modellierung und Sensitivitätsanalyse
In einem Übersichtsmodell wurden die in dieser Tiefe zu
erwartenden Spannungen berechnet und in das Detailmodell
übertragen. Es werden ca. 95 MPa Vertikalspannung in dem
Reef in einer Tiefe von ungefähr 3500 m erwartet. Zusätzlich wurde ein weiteres Modell entlang der Linie A-A‘ in
Abb. 2 quer zum Detailmodell erstellt. Um den Einfluss
verschiedener Parameter auf die Ergebnisse zu ermitteln
wurde das Detailmodell mit erhöhter und erniedrigter
Druckfestigkeit, verschiedenen Elastizitätsmoduln und
abgerundeten Ecken gerechnet.
5.2
Berlin 2011
Weiterhin sollen Bohrversuche in den jeweiligen Minen mit
genauer Aufzeichnung der Position der Bohrlöcher durchgeführt werden, um den Einfluss der Spannungen auf den
Bohrprozess präzisieren und lokalisieren zu können.
Literatur
Ergebnisse der Modellierung
EITSCHBERGER, C. (2010): Konzeptionierung und Programmierung einer Festgesteinsdatenbank für geotechnische
Kennwerte. – 73 S., Masterarbeit, Lehrstuhl für Ingenieurgeologie, Technische Universität München (unveröffentl.).
Den größten Einfluss auf die Ergebnisse zeigte eine Variation der Elastizitätsmoduln, bei der sich jedoch nur die absoluten Werte der auftretenden Spannungen ändern und nicht
die Spannungsverteilung. Das Spannungsbild zeigt eine
typische Verteilung mit erhöhten Spannungen im Bereich
der Ulmen und erniedrigten Spannungen im Bereich der
Sohle und der Firste. Bei genauer Betrachtung der Ulmen
(Abb. 3) bilden sich die Spannungsspitzen nicht symmetrisch um den Abbau aus, sondern zeigen die höchsten Werte
im oberen Bereich des Abbaus bzw. niedrigere Werte im
Fußbereich. Zum einen können die hohen Spannungen den
Bohrprozess positiv beeinflussen, da dort das Gestein bereits über die Druckfestigkeit hinaus beansprucht wurde.
Zum anderen werden sich die hohen Spannungen negativ
auf den Verschleiß und den Bohrfortschritt auswirken, sofern sie nicht durch Deformation abgebaut werden können.
GUILBERT, J. M.; PARK JR, C. F. (1986): The Geology of
Ore Deposits. – 985 S., New York (W. H. Freeman and
Company).
MENSCHIK, F. (2009): Geotechnische Einflussfaktoren beim
Bohren mit elektrischen Schlagbohrhämmern. – 53 S.,
Masterarbeit, Lehrstuhl für Ingenieurgeologie, Technische
Universität München (unveröffentl.).
THURO, K. (1996): Bohrbarkeit beim konventionellen
Sprengvortrieb. Geologische Untersuchungen anhand
sieben ausgewählter Tunnelprojekte. – Münchner Geologische Hefte, 1: 145 S., Hieronymus (München).
3
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