Zyklusstörungen: praktische Vorgehensweise Der natürliche Menstruationszyklus ist durch eine regelmässige Abfolge von uterinen Blutungen gekennzeichnet. Am Anfang (kurz nach der Menarche) und am Ende (kurz vor der Menopause) der reproduktiven Lebensphase der Frau sind Störungen im Blutungsmuster häufiger, jedoch können sie sich jederzeit manifestieren und gehören zu den häufigsten Gründen, weswegen Frauen ärztlichen Rat aufsuchen. Zur zielgerichteten Diagnostik gehört zuerst eine gründliche Anamnese, in dem Blutungsstärke, Dauer des Menstruationszyklus (in Tagen) und Art der Unregelmässigkeit erfragt werden. Störungen im Menstruationszyklus werden je nach Erscheinung in Typus- und Tempostörungen unterteilt. Bei Regeltypusstörungen ist die Intensität der Blutung gestört, bei Regeltempostörungen der Rhythmus. Folgende Ursachen können genannt werden (nach Gaetje et al., 2006): 1. Hormonelle Störungen (bis zu 90%) Anovulation (bis zu 80 %) Hyperandrogenämische Stoffwechsellage, besonders PCO-Syndrom Lutealphaseninsuffizienz (oft auf der Basis einer hypergonadotropen Ovarialinsuffizienz) Hyperprolaktinämie Schilddrüsenerkrankungen (0.3 – 2.5%) 1 2. Gutartige Veränderungen des Uterus Myome (eher submuköse Myome) Polypen des Endometriums (auch Corpuspolypen genannt) Adenomyosis uteri 3. Ovarialtumore Sehr selten 4. Bösartige Tumore im Uterus Corpus- oder Endometriumkarzizom Zervixkarzinom 5. Blutgerinnungsstörungen Von Willebrand Syndrom Hämophilie Thrombozytopenie, z.B. im Rahmen einer Chemotherapie Gerinnungsstörung im Rahmen einer Allgemeinerkrankungen (Leberversagen) 6. Andere Ursachen Chronische Zervizitis Chronische Endometritis Hauterkrankungen Zur Diagnostik uteriner Blutungsstörungen gehört neben einer fundierten allgemeingesundheitlichen und gynäkologischen Anamnese auch eine Untersuchung des gynäkologischen Status. Diese sollte nach Möglichkeit zyklusgerecht (eventuell während der Menstruation oder während der Blutungsstörung) durchgeführt werden, so dass die Blutungsintensität und auch die Blutungsquelle erfasst werden können. Blutungen aus einer zervikalen Ektopie (Kontaktblutungen) oder bei chronischen Zervizitis können anhand einer Spekulum-Untersuchung visualisiert werden. Blutungen aus dem uterinen Cavum können sonographisch dargestellt werden. Zur Diagnosestellung einer Blutungsstörung aus einem Hydrosalpinx oder Hämatosalpinx (tubarer Fluor) sollte die Untersuchung während der hyperöstrogenen Phase des Menstruati2 onszyklus (präovulatorisch) durchgeführt werden, da zu diesem Zeitpunkt im Lumen des Eileiters die Sekretion zunimmt, somit auch das Volumen des Hydrosalpinx, so dass der Flüssigkeitsabgang über das Cavum uteri ebenfalls verstärkt beobachtet werden kann. Sowohl kurz nach der Menarche als auch in der Prämenopause überwiegen hormonelle Ursachen für Blutungsstörungen. Allerdings müssen besonders im fortgeschrittenen Alter der Frau auch tumorbedingte Ursachen ausgeschlossen werden (Myom, Polyp, Endometriumkarzinom, seltener auch Zervixkarzinom). Hormontherapie bei Blutungsstörungen: Gabe eines Östrogengestagenpräparates: Östrogene üben neben einer starken proliferativen Wirkungen auch eine Gefäss aufbauende Wirkung auf das Endometrium aus, so dass die Gabe eines Östrogen rasch zur Sistierung einer Blutung im Endometrium führt. Diese Wirkung bleibt allerdings aus, wenn das Endometrium bereits hyperplastisch ist, welches sonographisch sichergestellt werden kann. Bei atrophischen Blutungsstörungen ist die Gabe eines Östrogens äusserst wirksam. So kann die Gabe eines oralen Kontrazeptivums kurzfristig zu einer Verringerung des Blutverlustes bei uteriner Pathologie führen. Diese muss allerdings nach einer kurzen Zeit von einem Gestagenpräparat abgelöst werden, welches dann wiederum beim Absetzen eine erneute Menstruation auslösen wird. Darüber hinaus muss berücksichtigt werden, dass die Gabe eines Östrogengestagenpräparates auf die Dauer die zugrunde liegende Pathologie (z. B. Uterus myomatosus) verstärken kann. Eine solche Therapie kann somit immer nur eine vorübergehende Lösung des Problems sein. Gestagenbehandlung: Gestagene bewirken eine Atrophie des Endometriums. Sie können bei ausreichender allgemeiner Dosierung (z. B. als Tablette oder bei parenteraler Gabe, z.B. die Dreimonatsspritze) oder bei lokaler Anwendung (Gestagenspira3 le, z.B. Mirena®) den Aufbau des Endometriums verhindern und somit eine Amenorrhoe bewirken. Behandlung mit einem Androgen: Ähnlich wie eine Gestagenbehandlung kann auch eine Androgenbehandlung den Aufbau des Endometriums verhindern. Allerdings verfügen Androgene über erhebliche Nebenwirkungen, wie Akne, Hirsutismus bis zu einer irreversiblen Virilisierung (Stimmbruch, Klitorishypertrophie), so dass sie für die Behandlung von uterinen Blutungsstörungen ungeeignet sind. Antifibrinolytica Tranexamsäure (Cyclokapron, 1 bis 1,5 g oral) ist für die Behandlung von uterinen Blutungsstörungen geeignet, da es den Blutverlust bis zu 50 % reduzieren kann. Als Antifibrinolyticum hemmt es die Umwandlung von Plasminogen in Plasmin, welches wiederum den Abbau vom Gerinnungsprotein Fibrin hemmt und sowie hämostatisch wirkt. Nicht-steroidale Antiphlogistika Nicht-steroidale Antiphlogistika, wie Mefenaminsäure, vermindern den Blutverlust bei Menorrhagie über die Hemmung der Prostaglandinsynthese um bis zu 30 %. Zusätzlich vorteilhaft ist hierbei der gleichzeitige analgetische Effekt (z.B. bei einer Dysmenorrhoe, z.B. bei einer Adenomyose). Operative Behandlungsmöglichkeiten Hysterektomie: Die operative Entfernung des Uterus, entweder transabdominal oder transvaginal, stellt eine definitive Beseitigung der uterinen Ursache einer Blutungsstörung dar. 4 Myomenukleation: Je nach Alter der Patientin sind Myome häufig Ursache für uterine Blutungsstörungen. Eine Myomenukleation kommt nur in Frage, wenn noch Kinderwunsch besteht, da die Komplexität des operativen Vorgehens wesentlich grösser ist als bei einer Hysterektomie und das Rezidivrisiko gross ist. Eine Myomenukleation kann transabdominal (Laparotomie oder Laparoskopie) oder hysteroskopisch (transvaginal, transzervikal) durchgeführt werden. Die Wahl des operativen Zuganges wird durch die Position des Myoms bestimmt. Curettage: Bei ansonsten therapieresistenten Blutungen oder bei einer lebensbedrohlichen Blutungsstärke kann besonders bei einer Endometriumhyperplasie eine Curettage (Abrasio) als operativer Massnahme schnell Abhilfe leisten. Prof. Christian De Geyter Universitätsspital Basel 5