Seitwärts zur Ruhe Längsschnitt Das grosszügige Wohnhaus im Basler Vorort Arlesheim liest man am besten über die Diagonale. Die Seitwärtsbewegung erschliesst beim Begehen eine abwechslungsreiche Raumfolge. Und sie führt zu Ruhe und einer serenen Privatsphäre. Text: Manuel Pestalozzi | Fotos: zvg Während die Strassenseite geschlossen wirkt, wurde die zum Garten orientierte Längsfassade ausgiebig verglast. 34 | Architektur | Einfamilienhaus, Arlesheim/BL a+t 7|11 7|11 a+t Einfamilienhaus, Arlesheim/BL | Architektur | 35 Die Untersicht des quer zum Volumen verlaufenden Giebeldachs lässt unterschiedliche Raumempfindungen entstehen. Unter dem eigentlichen Giebel ist eine offene «Kanzel» angeordnet. Grundriss Erdgeschoss Grundriss Untergeschoss Das Raumkontinuum im Eingangsgeschoss wird von der Gartenseite her mit Tageslicht versorgt. Oblichter setzen im Inneren punktuell Akzente. Das Haus befindet sich auf der Talseite der Leben. Die Decke ist gleichzeitig die Dach- Erschliessungsstrasse, die unweit vom Wald- untersicht. Sie steigt auf zum First, der quer rand entlang des nach Westen abfallenden zum Volumen und zum Hang verläuft. Unter Jurahügelzugs verläuft. Es wird bei diesem Bau dem First ist eine offene Aufenthaltsplattform stark zwischen der geschlossenen Strassen- angeordnet. Dadurch unterscheiden sich die seite und der grossflächig offenen Gartenfas- Raumhöhen in den verschiedenen Zonen des sade differenziert. Erdgeschosses, und es entstehen differen- Ebenen 36 | Architektur | Einfamilienhaus, Arlesheim/BL a+t 7|11 7|11 a+t zierte Bereiche mit eigenem räumlichem Charakter. Die Orientierung und die Lichtführung Das Haus ist horizontal ausgerichtet und, unter ist ganz auf die Über-Eck-Wirkung von Archi- Ausnutzung der Hanglage, zusammen mit dem tektur und Situation eingestimmt. Die Eintre- Aussenraum auf unterschiedlichen Ebenen tenden blicken quer durchs Geschoss ins Birs- angeordnet. Das Erdgeschoss befindet sich auf tal und den Jura. Die Wohnzone dehnt sich an dem Niveau des Hauszugangs von der Stras­se der südlichen Stirnseite aus in einen Sitzplatz her. Die Eintretenden finden sich in einem über dem sich das Dach in eine Pergola auflöst. grossen Raum, der sich über die gesamte Das Untergeschoss ist in den Hang gebaut. Hier Geschossebene erstreckt. Die Küche und der befinden sich die Privaträume der Bewohne- Wohnbereich mit Cheminée sind durch eine rinnen und Bewohner. Sie sind alle zum Gar- ins Volumen eingezogene Loggia als separate ten orientiert. Dieser verfügt über eine ausge- Bereiche gekennzeichnet, der Esstisch findet dehnte Sitzterrasse und einen Swimmingpool. sich hinter der Loggia in der «Übergangszone» Er lässt sich von allen Zimmern über grosse zwischen dem aktiven und passiven häuslichen Schiebefenster ebenerdig erreichen. Die «dieEinfamilienhaus, Arlesheim/BL | Architektur | 37 Die Architekten Sacha Marchal (rechts) und Philippe Fürstenberger sind ein binationales Architektenteam. Das seit 2006 bestehende Architekturbüro Marchal + Fürstenberger Architekten, Basel (www.mfarchitekten.ch), ist nach einer langjährigen Zusammenarbeit mit Herzog & de Meuron entstanden. Das Büro will mit seiner Arbeit Unikate schaffen. Es werden für jede Aufgabe innovative, eigenständige Lösungen gesucht. Mit Ressourcen gehen Marchal + Fürstenberger nachhaltig um – und ermöglichen so neben wirtschaftlichen Investitionskosten auch einen kostengünstigen Betrieb und Unterhalt der Bauten. Jüngere Projekte 2010 Wallpaper City House, Basel 2010 Haus an der Bättwilerstrasse, Basel 2009 Hauptsitz Sefco AG, Therwil/BL 2009 Haus am Wenkenpark, Riehen/BS 2009 Haus am Hollenweg, Reinach/BL 2007 Ferienwohnung Hotel Saratz, Pontresina/GR 2008 Haus am Hang, Arlesheim 2008 Haus am Rebberg, Arlesheim Unter der Pergola, die als Dacherweiterung in den Raum ausgreift, befindet sich ein Sitzplatz, der am Morgen direkt besonnt ist. meint nenden Bereiche» sind auf der Hangseite des zweibündig organisierten Grundrisses angeordnet und werden über Schächte mit Tageslicht versorgt. Silhouette aus welchen Elementen heute ein modernes, grosszügiges Eigenheim komponiert wird. Grosse, ungestörte Oberflächen, die weiss, schwarz, transparent oder natürlich belassen sind, bilden die Raumabschlüsse. Sie warten Die Erscheinung des Hauses wird stark durch darauf, «bespielt» zu werden. Das Gebäude sein Dach geprägt. Es handelt sich im Wesent- bildet mit seinem Aussenraum eine Einheit. lichen um ein Satteldach, welches sich über Das kompakte Volumen und sein Umfeld gene- der im Norden ins Volumen eingebundenen rieren viele Bereiche mit unterschiedlichem Garage noch einmal kurz aufbäumt. Das durch Charakter, es gibt verschiedene Wege, um die Topografie und die Nachbarschaft angeregte Auf und Ab der Firstkante lässt eine Silhouette entstehen, die an einen Hügelzug erinnert. Die durchlaufende Traufkante bekräftigt die horizontale Ausrichtung der Räume. Die reine, geometrische Form dieses «Aufsatzes» hat skulpturale Qualitäten und ist das eigentliche Wahrzeichen des Gebäudes, das sich zurückhaltend gibt und gleichzeitig schon aus Distanz räumliche Grosszügigkeit verheisst. n 38 | Architektur | Einfamilienhaus, Arlesheim/BL Die Bilder sprechen für sich; diese Haus zeigt, dorthin zu gelangen. Die Architektur sollte deshalb unterschiedliche Bedürfnisse und Lebensstile aufnehmen können. Das Dach wirkt wie eine tief in die Stirne gezogene Schirmmütze. Dieser Eindruck wird durch den Versatz zwischen den fensterlosen Giebelseiten und der dadurch verschatteten Fassade akzentuiert. Entsprechend schummrig ist die natürliche Belichtung im Innern. Manuel Pestalozzi a+t 7|11