Redaktion J.Bauch, Hannover M.Betzler, Essen P.Lobenhoffer, Hannover Die Beiträge der Rubrik „Weiter- und Fortbildung“ sollen dem Facharzt als Repetitorium dienen und dem Wissenstand der Facharztprüfung für den Arzt in Weiterbildung entsprechen.Die Rubrik beschränkt sich auf gesicherte Aussagen zum Thema. Weiterbildung • Zertifizierte Fortbiildung Chirurg 2003 · 74:381–393 DOI 10.1007/s00104-003-0653-3 K.T. Moesta · M. Hünerbein · P. M. Schlag Klinik für Chirurgie und Chirurgische Onkologie,Charité,Campus Berlin-Buch, Robert Rössle Klinik im Helios-Klinikum Berlin,Berlin Therapieverfahren für Adenokarzinome des ösophagogastralen Übergangs Willkommen zur Zertifizierten Fortbildung bei Springer! Mehr Information finden Sie unter http://cme.springer.de oder am Ende dieser Fortbildungseinheit Die Eigenständigkeit der Krankheitsentität Adenokarzinom des ösophagogastralen Überganges wird weltweit zunehmend anerkannt Die Inzidenz des Adenokarzinoms des ösophagogastralen Übergangs ist weltweit steigend, insbesondere im Verhältnis zur Inzidenz der Plattenepithelkarzinome der Speiseröhre. Die Lokalisation der Adenokarzinome betrifft vorwiegend den distalen Ösophagus. Da diese Karzinome häufig die Kardia mit einbeziehen und es in der Regel schwierig ist festzulegen, inwieweit ein proximales Magenkarzinom den Ösophagus infiltriert bzw. ein distales Ösophaguskarzinom in den Magen infiltriert, wurde eine Nomenklatur für die Adenokarzinome des distalen Ösophagus, des proximalen Magens und der eigentlichen Kardia vorgeschlagen, wonach diese Tumoren einheitlich als Adenokarzinom des ösophagogastralen Übergangs bezeichnet werden sollen [1]. Die Eigenständigkeit dieser Krankheitsentität wird inzwischen weltweit zunehmend anerkannt [2, 3]. Alters- und Geschlechtsverteilung sind different sowohl im Vergleich zum Plattenepithelkarzinom des Ösophagus als auch im Vergleich zum Magenkarzinom. Das mediane Erkrankungsalter beträgt je nach Untersuchung zwischen 60 und 63 Jahren, wobei die Erkrankung das männliche Geschlecht stark bevorzugt. Barrett-Ösophagus als Präkanzerose Klassischer Barrett Der klassische Barrett-Ösophagus ist durch eine Auskleidung des distalen Ösophagus mit intestinal metaplastischer Schleimhaut über mindestens 2 cm gekennzeichnet Die heute geläufige Bezeichnung Barrett-Ösophagus beruht auf einer Publikation von Norman Barrett 1950, wobei dieser noch an eine kongenitale Verkürzung des Ösophagus mit einem intrathorakalen Magenanteil glaubte [4]. Kurz danach wurde diese Ansicht durch Allison und durch Loretat-Jacob korrigiert [5, 6], die die anatomische Normalität von Ösophagus und Magen erkannten, aber eine zylinderepitheliale Auskleidung im distalen Ösophagus beschrieben – eine Ansicht, die Barrett übernahm [7]. Ebenfalls 1953 wurde das maligne Potenzial durch die erste Beschreibung eines Adenokarzinoms im zylinderepithelial ausgekleideten Ösophagus belegt [8]. Die Barrett-Metaplasie gilt generell als Präneoplasie, wobei die Karzinominzidenz bei 1:100–1:400 Patienten/Jahr liegt. Diese Entartungstendenz ist eindeutig allerdings nur belegt für den klassischen Barrett. Hierunter versteht man per Definition ein mindestens 2 cm langes, mit intestinalmetaplastischer Schleimhaut ausgekleidetes Segment des distalen Ösophagus (Abb. 1). © Springer-Verlag 2003 Prof. Dr. Dr. h.c. P. M. Schlag Klinik für Chirurgie und Chirurgische Onkologie, Charité, Campus Berlin-Buch, Robert-Rössle-Klinik im Helios-Klinikum Berlin, Lindenberger Weg 80, 13125 Berlin E-Mail: [email protected] Der Chirurg 4•2003 | 381 Abb. 1 Klassischer Barrett-Ösophagus: Der distale Ösophagus ist von zylinderepithelialer Schleimhaut ausgekleidet, die Länge des Segmentes beträgt mehr als 2 cm „Short Barrett“ Für einen „Short Barrett“ (<2 cm Länge) ist ein erhöhtes Entartungsrisiko nicht sicher belegt Micro-Barrett-Ösophagus Erweiterte Kenntnisse und eine mehr pathologisch orientierte Definition der Barrett-Schleimhaut (Prä-Becherzellen, intestinaler Schleimhauttypus) haben die klassische 2-cm-Grenze aber heute aufgehoben.Auch kürzere Barrett-Segmente und zungenförmige Schleimhautmetaplasien werden nun unter dem Terminus „Short Barrett“ dem Barrett-Ösophagus zugerechnet. Für den „Short Barrett“ ist ein erhöhtes Entartungsrisiko an Einzelfällen belegt, jedoch nicht mit der gleichen epidemiologischen Sicherheit nachgewiesen wie beim klassischen Barrett-Ösophagus. Ein sog. Micro-Barrett-Ösophagus, d. h. das Vorliegen einer Barrett-typischen Epithelmetaplasie in Biopsien einer makroskopisch unauffälligen Kardia ist relativ häufig und kann bei bis zu 1/3 gesunder Patienten bei routinemäßiger Biopsie der Kardia gefunden werden. Ein Krankheitswert konnte für den Micro-Barrett-Ösophagus bislang nicht belegt werden. Pathohistologische Definition und Stadieneinteilung Ein eigenes TNM-System für die Adenokarzinome des ösophagogastralen Überganges existiert nicht TNM-Klassifikation Ösophaguskarzinom TNM-Klassifikation Magenkarzinom Die Einteilung der Adenokarzinome in Abhängigkeit von ihrer Lokalisation geht auf R. Siewert zurück [1]. Hierbei werden je nach Lokalisation des Tumorzentrums mit Bezug zur Z-Linie distale Ösophaguskarzinome (Typ I), Kardiakarzinome (Typ II) und proximale Magenkarzinome (Typ III) zusammengefasst (Abb. 2). Ein eigenes TNM-System für diese Entität existiert nicht, die Klassifikation erfolgt nach dem jeweils am weitesten fortgeschrittenen Tumoranteil entweder nach der TNM-Klassifikation Ösophaguskarzinom oder der TNM-Klassifikation Magenkarzinom [9]. Für den Nodalstatus bedeutet dies, dass positive zöliakale Lymphknoten bei einem Kardiakarzinom mit Schwerpunkt im distalen Ösophagus zu einer pM1a-Klassifizierung führen, während dieselbe Lymphknotenmetastase bei einem gastralen Tumorschwerpunkt als Befall der regionären Lymphknoten gewertet wird. Für Grenzfälle legt das TNM-Supplement [10] sogar fest, dass ein Adenokarzinom der Kardia dann als Ösophaguskarzinom einzustufen ist, wenn gleichzeitig eine Barrett-Mukosa vorliegt, ansonsten als Magenkarzinom. Gerade im Hinblick auf die Konsequenzen einer pM1a-Klassifikation aufgrund positiver zöliakaler Lymphknoten ist diese Unterscheidung sicher ausgesprochen arbiträr und sollte kein wesentlicher Standteil einer Therapiestratifizierung sein. Diagnostik Palliative Indikation 382 | Der Chirurg 4•2003 Die spezielle chirurgische Diagnostik soll hier nur so weit im Detail diskutiert werden, wie sie für ein differenziertes Therapiekonzept erforderlich ist. Hierbei ist bereits jetzt wichtig festzustellen, dass es grundsätzlich eine palliative Indikation bei Kardiakarzinomen geben kann, weil auf der einen Seite die chirurgische Morbidität und Endoskopie Die obere gastrointestinale Endoskopie ist die diagnostische Methode der 1.Wahl zur Abklärung einer Dysphagie Chromoendoskopie Mukosektomie Die Endoskopie ist die diagnostische Methode der 1. Wahl zur Abklärung einer Dysphagie. Sie ist nach den Leitlinien der AWMF eine obligate Untersuchung. Erfüllt die auswärtig durchgeführte und dokumentierte Endoskopie die nachgehend aufgeführten Qualitätskriterien nicht bzw. beantwortet sie nicht die aufgeführAbb. 2 Einteilung der Adenokarzinome ten Fragestellungen, so ist eine Wiederhodes ösophagogastralen Überganges in Typen, lung gerechtfertigt. Grundsätzlich muss abhängig von der Lage des Tumorzentrums eine Passage des Tumors angestrebt werzur Z-Linie. (Nach [1]) den, eine vorsichtige Ballondilatation ist zu diesem Zweck gerechtfertigt. Eine Chromoendoskopie kann in Einzelfällen helfen, das Tumorausmaß zu beschreiben, ist jedoch nicht obligat. Untersuchungen zur Fluoreszenzdiagnostik sind im Hinblick auf die Ausdehnungsbeschreibung maligner Prozesse bislang nicht überzeugend. Bei frühen epithelialen Läsionen sollte der Endoskopiker in der Lage sein, die technischen Voraussetzungen für eine Mukosektomie zu bewerten, hierfür ist ein Ausmessen der Läsion in longitudinaler und zirkumferenzieller Richtung erforderlich. Endosonographie Die Endosonographie ist eine Schlüsselmethode für differenzierte Behandlungskonzepte Die Endosonographie wird in den Leitlinien der AWMF nur fakultativ als notwendig erachtet, stellt aber die Schlüsselmethode für differenzierte Behandlungskonzepte dar. Die Endosonographie dient damit den folgende Zielen: ◗ Beurteilung der Resektabilität des Primartumors: Hier ist die Abgrenzung des Tumors zu angrenzenden Organsystemen (Pleura, Zwerchfellschenkel, Aorta, Herzbeutel) erforderlich (Abb. 3). Die Endosonographie hat hier Vorteile gegenüber den statisch bildgebenden Verfahren CT und MR, da sie die Relativbewegungen zwischen Tumor und z. B. Pleura und Aorta wesentlich besser visualisieren kann. ◗ Bewertung der Primärtumorkategorie insofern, als diese Eingangskriterium für multimodale Therapieverfahren unter Studienbedingungen sein können. Hier Abb. 3 Endosonographische Darstellung eines Adenokarzinoms des ösophagogastralen Übergangs mit Infiltration der Pleura (uT4) (Pfeil) Der Chirurg 4•2003 | 383 Weiterbildung • Zertifizierte Fortbiildung Mortalität in spezialisierten Zentren gering, auf der anderen Seite die Palliation im Kardiabereich durch Stentimplantation aufgrund von Refluxproblemen nicht überzeugend ist. liegt der wesentliche Schwerpunkt auf der Differenzierung zwischen uT1/2- und uT3/4-Kategorien. ◗ Bewertung und Indikationsstellung für lokale Therapieverfahren, insbesondere die Differenzierung des mukosalen Frühkarzinoms vom Submukosatyp und Ausschluss einer Infiltration der Muscularis. ◗ Beurteilung der realen Tumorausdehnung über den makroskopisch erkennbaren Tumorrand hinaus sowohl nach proximal als auch nach distal. Die Beschreibung des Nodalstatus ist in der Regel von nachgeordneter Bedeutung, jedoch kann ein ausgedehnt lymphatisch metastasiertes Tumorgeschehen durchaus die Verfahrenswahl beeinflussen. Nicht unerheblich ist der Nachweis lymphatischer und sonstiger Fernmetastasen, die bei Verwendung einer Sektorscannertechnologie auch unmittelbar histologisch gesichert werden können. Radialscanner Sektorscanner Minisondenendosonographie Mehrere Untersuchungsverfahren stehen zur Verfügung. ◗ Der Radialscanner ist grundsätzlich etwas einfacher zu erlernen, die anatomischen Bezüge sind leichter nachzuvollziehen, es fehlt jedoch eine Punktionsmöglichkeit. ◗ Der Sektorscanner bietet eine longitudinale Darstellung der Ösophaguswand. Hierdurch ist die anatomische Orientierung häufig etwas problematischer, auf der anderen Seite besteht hierbei die Möglichkeit einer Punktion unter endosonographischer Sicht. Wenn ein Studienprotokoll zur neoadjuvanten Therapie mit einem am Nodalstatus definierten Einschlusskriterium vorliegt, ist die endosonographisch nadelbioptische Sicherung obligatorisch. ◗ Die Minisondenendosonographie bietet Zugangsvorteile bei hochgradig stenosierenden Tumoren. Darüber hinaus bieten die in der Regel höheren Ultraschallfrequenzen eine bessere Auflösung im Nahbereich und damit eine bessere Differenzierung früher epithelialer Läsionen. Insgesamt verlangt die Endosonographie des oberen Gastrointestinaltraktes relativ hohe Investitionen und erfahrene Untersucher. Da die diagnostischen Genauigkeiten in der Mehrzahl der Studien weit unter 90% liegen, sollten entsprechende Zentren eine interne Qualitätssicherung durchführen. Untersuchungen zur Fernmetastasierung Thorax-CT Abdomensonographie CT-Abdomen Der Ausschluss einer Fernmetastasierung sollte mit einem dem operativen Risiko entsprechenden Aufwand betrieben werden. Ein Thorax-CT sowie eine Abdomensonographie sind obligatorisch. Ein CT-Abdomen ist im Rahmen neoadjuvanter Therapiestudien indiziert bzw. dann, wenn keine Staginglaparoskopie vorgesehen ist. Sie dient der Absicherung der Kurabilität im Hinblick auf Lebermetastasen und Peritonealkarzinose sowie von Lymphknoten im D3-Kompartiment, wenn diese der sonographischen Untersuchung nicht zugänglich sind.Vor neoadjuvanten Therapiestudien dient sie der Erstellung eines Ausgangsbefundes für eine Responsebewertung. Der Stellenwert der Kernspintomographie bei Tumoren des ösophagogastralen Überganges ist bisher nicht gesichert. Die FDG-PET ist in Einzelfällen in der Lage, Fernmetastasen und befallene Lymphknoten sensitiver darzustellen als die vorangegangenen Methoden. Allerdings ist die Anwendung eines PET bei weitem noch nicht als Standard zu betrachten. Darüber hinaus kann die FDG-PET allerdings im Rahmen klinischer Studien eingesetzt werden, um unter neoadjuvanter Therapie frühzeitig eine Tumorresponse zu diagnostizieren und ggf. Non-Responder früher einem resezierenden Verfahren zuzuführen [11]. Bewertung der Operabilität Die Bewertung der kardiopulmonalen Risikofaktoren kann für die chirurgische Verfahrenswahl entscheidend sein 384 | Der Chirurg 4•2003 Die Bewertung der kardiopulmonalen Risikofaktoren kann für die chirurgische Verfahrenswahl und für die Indikation zu multimodalen Therapien entscheidend sein und sollte daher mit großer Sorgfalt ggf. auch unter Einschluss invasiver Verfahren unternommen werden. Es ist sicher im Einzelfall besser, eine subklinische KHK vor der Durchführung einer abdominothorakalen Ösophagusresektion interventionell Weiterbildung • Zertifizierte Fortbiildung Abb. 4 Staginglaparoskopie bei Karzinom des ösophagogastralen Überganges. Deutlich wird die gute Beurteilbarkeit der lymphonodalen Metastasierung am Truncus coeliacus zu therapieren, auch wenn sich der Tumoreingriff hierdurch um 4–8 Wochen aufgrund der erforderlichen Thrombozytenaggregationshemmung verschiebt. Staginglaparoskopie Laparoskopischer Ultraschall Die Staginglaparoskopie dient der Erkennung von Fernmetastasen sowie der Beurteilung der Resektabilität. Nach den Leitlinien der AWMF wird die Staginglaparoskopie bei infrabifurkalen Adenokarzinomen des Ösophagus im Einzelfall als nützlich bewertet. Die Inspektion soll im Oberbauch unter Anhebung des linken Leberlappens mit Inspektion der Kardia und des kleinen Netzes bis zum Lig. hepatoduodenalis durchgeführt werden. Weiterhin ist ein Eröffnen des Lig. gastrocolicum mit anschließender Bursoskopie essenziell, um eine Peritonealkarzinose in der Bursa omentalis auszuschließen. Letztere ist bei Karzinomen des ösophagogastralen Überganges wesentlich häufiger als eine Peritonealkarzinose des restlichen Abdomens. Der laparoskopische Ultraschall kann zusätzliche Fernmetastasen in der Leber bzw. in extraregionären Lymphknotenstationen darstellen (Abb. 4). Laparoskopisch-sonographisch ist insbesondere die Resektabilität im Hinblick auf Infiltrationen des linken Leberlappens sowie der Zwerchfellschenkel gut beurteilbar. Lokal ablative Therapieverfahren Mukosektomie Die endoskopische Mukosaresektion ist mittlerweile technisch ausgereift und ermöglicht prinzipiell, kleine mukosale und submukosale Tumoren in toto und in sano zu entfernen.Auch größere mukosale Läsionen können in der sog.„peacemeal“-Technik in mehreren Abschnitten grundsätzlich komplett reseziert werden. Die Häufigkeit von Lymphknotenmetastasen beträgt jedoch bereits bei mukosalen Frühkarzinomen zwischen 5% und 10%, bei submukosalen Frühkarzinomen werden lymphatische Metastasierungsraten von bis zu 30% angegeben [12, 13]. Eine Resektion in mehreren Teilabschnitten führt darüber hinaus zu Problemen der Beurteilbarkeit tumorfreier Resektionsgrenzen durch den Pathologen, da zum Teil quer durch den Tumor mittels Elektrokoagulation reseziert wird. Bislang ist die onkologische Unbedenklichkeit enDer Chirurg 4•2003 | 385 Die Mukosektomie ist nur unter Studienbedingungen für gut differenzierte mukosale Frühkarzinome ein onkologisch adäquates Verfahren doskopisch ablativer Verfahren für das Adenokarzinom des ösophagogastralen Übergangs nicht hinreichend belegt. Unter Studienbedingungen wäre vorstellbar, bei Vorliegen folgender Bedingungen eine kurative endoskopische Mukosektomie durchzuführen: ◗ ◗ ◗ ◗ auf die Mukosa beschränkter Tumor ohne Infiltration der Submukosa; ein Differenzierungsgrad G1; die Abwesenheit lymphatischer oder venöser Infiltrationszeichen; der sorgfältige pathohistologische Nachweis freier Absetzungsränder. Da mehrere dieser Parameter erst am definitiven Präparat erhoben werden können, muss ein entsprechendes Studiendesign Sorge tragen, dass Patienten bei Überschreiten der Indikationsgrenzen nach der Mukosektomie auch tatsächlich noch einem resezierenden Verfahren zugeführt werden. In Einzelfällen kann eine Mukosektomie als großflächige Biopsie zur Diagnosesicherung eines Karzinoms beitragen. Bei erheblich polymorbiden Patienten mit deutlich erhöhtem Operationsrisiko kann eine Mukosektomie auch außerhalb klinischer Studien bzw. mit erweiterter Indikationsstellung indiziert sein. Voraussetzung hierfür ist eine sehr sorgfältige Risikoabwägung. Photodynamische Therapie Schwere Epitheldysplasie Frühkarzinom des ösophagogastralen Übergangs Die photodynamische Therapie kann unter Studienbedingungen zur Behandlung der schweren Epitheldysplasie eingesetzt werden Die Anwendung einer photodynamischen Therapie mit kurativem Ansatz zur Behandlung einer schweren Epitheldysplasie bzw. eines Frühkarzinoms des ösophagogastralen Übergangs stellt noch höhere Ansprüche an die prätherapeutische Diagnostik als die Mukosektomie, da nach Durchführung des lokal destruktiven Verfahrens keine histologische Absicherung einer kompletten Tumorentfernung durchgeführt werden kann. Darüber hinaus kann die Einhaltung der Indikationskriterien nicht am Resektat beurteilt werden. Die photodynamische Therapie sollte daher noch mehr als die Mukosektomie spezialisierten Zentren vorbehalten bleiben und bedarf der Durchführung unter klinischen Studienbedingungen. Andere lokale Verfahren Andere ablative Therapien wie die Argonbeamerkoagulation oder die Nd:YAG-Laserablation finden in der kurativen Therapie des Adenokarzinoms des ösophagogastralen Übergangs keinen Platz. Bei der Eradikation einer schweren Epitheldysplasie sollte ebenfalls Verfahren mit kontrollierter histologischer Radikalität der Vorzug gegeben werden. Primär operative Verfahren Die Standardtherapie des Adenokarzinoms des ösophagogastralen Übergangs ist die onkologisch adäquate chirurgische Resektion Für die Adenokarzinome des ösophagogastralen Übergangs steht v.a.die abdominothorakale Resektion in Konkurrenz zu den abdominotranshiatalen Verfahren 386 | Der Chirurg 4•2003 Die Standardtherapie des Adenokarzinoms des ösophagogastralen Übergangs ist die onkologisch adäquate chirurgische Resektion. Die Indikation zur Resektion auch bei lokoregionär fortgeschrittenen Erkrankungen wird in der Regel weniger von der technischen Resektabilität abhängen als von einer Abwägung zwischen dem palliativen Nutzen des Eingriffs und dem operativen Risiko. Hierbei stellen T4-Situationen im Bereich des ösophagogastralen Übergangs, z. B. die Infiltration der Zwerchfellschenkel oder des linken Leberlappens, keine zwingende Kontraindikation für eine zumindest im palliativen Sinne erfolgreiche Tumorresektion dar. Je nach Tumorhöhe, Tumorausdehnung nach distal und persönlicher Präferenz des Chirurgen werden eine Reihe von chirurgischen Verfahren alternativ bzw. konkurrierend eingesetzt. Hierzu gehören die Ivor-Lewis-Ösophagektomie (abdominorechtsthorakaler Zugang), die McKeown-Ösophagektomie (rechtsthorakoabdominozervikaler Zugang), die transhiatale Ösophagektomie (stumpfe Dissektion, abdominozervikaler Zugang) sowie für die distal gelegenen Tumoren der ausschließlich transhiatale Zugang als abdominotranshiatale Ösophaguskardiafundusresektion bzw. abdominotranshiatale Ösophagogastrektomie. In einzelnen Zentren werden auch linksthorakale bzw. kombiniert linksseitige thorakoabdominelle Zugänge insbesondere für distale Tumorlokalisationen eingesetzt. Für die Adenokarzinome des ösophagogastralen Übergangs Weiterbildung • Zertifizierte Fortbiildung Abb. 5 Überleben nach potenziell kurativer Resektion von Karzinomen des ösophagogastralen Überganges im eigenen Patientengut (1993–2002, n=138). (ATR abdominothorakale Resektion, THR transhiatale Resektion) Differenzialindikation steht im Wesentlichen die abdominothorakale Resektion in Konkurrenz zu den abdominotranshiatalen Verfahren. Bei Ersterer ist die Übersicht auf den thorakalen Tumoranteil besser, es kann in der Regel eine ausgedehntere mediastinale Lymphadenektomie erfolgen. Demgegenüber ist die deutlich höhere kardiopulmonale Belastung durch den abdominothorakalen Eingriff zu berücksichtigen. Ein prospektiver Vergleich beider chirurgischer Therapien an einem wirklich vergleichbaren Patientengut steht aus. Retrospektive Untersuchungen sind zum Teil widersprüchlich, belegen aber keine signifikanten Unterschiede [14, 15]. Im eigenen Patientengut zeigt sich eine tendenziell bessere Prognose für kurativ operierte Patienten nach abdominothorakaler Resektion gegenüber dem transhiatalen Vorgehen, ein Selektionsbias ist hier aber nicht mit Sicherheit auszuschließen (Abb. 5). Die Differenzialindikation wird zweifelsohne neben der Tumorhöhe und der Ausdehnung auch die individuelle kardiopulmonale Leistungsfähigkeit und die Komorbidität des Patienten mit einbeziehen, aber ebenso nach wie vor vom Erfahrungsstand und der individuellen technischen Erfahrung des jeweiligen Chirurgen abhängen. Resektionsgrenzen Aufgrund häufiger submukosaler Tumorausbreitung sollen die Resektionsgrenzen in situ mindestens 5 cm vom makroskopischen Tumorrand entfernt gewählt werden Schnellschnitt Aufgrund der vor allem im Ösophagus häufigen submukosalen Tumorausbreitung sollten die Resektionsgrenzen in situ mindestens 5 cm vom proximalen und distalen makroskopischen Tumorrand entfernt gewählt werden. Bei endoskopisch bzw. endosonographisch beschriebenem szirrhösen bzw. intramuralen Tumorwachstum sind diese Resektionsgrenzen möglicherweise nicht ausreichend. Wir empfehlen grundsätzlich, die Tumorfreiheit vor allem des proximalen Schnittrandes intraoperativ durch Schnellschnitt bestätigen zu lassen. Dies ist bei knappen Resektionsgrenzen aufgrund der Häufigkeit einer diskontinuierlichen Tumorausdehnung jedoch auch keine absolute Gewähr für eine R0-Resektion. Die Verfahrenswahl sollte daher den erforderlichen In-situ-Abstand ebenso berücksichtigen wie die Möglichkeit einer proximalen Erweiterung der Resektion bei positivem Schnellschnittbefund. Die Bedeutung des lateralen Resektionsrandes ist im Gegensatz zum Rektum beim Ösophagus nur sehr unvollständig untersucht, operationstaktisch sind die lateralen Resektionsgrenzen gerade am distalen Ösophagus jedoch durch die Nachbarschaft vitaler Organe klar vorgegeben (Perikard, Lunge bds., Adventitia der Aorta). Hier ist auf eine sorgfältige En-bloc-Resektion des Ösophagus mitsamt der periösophagealen Weichgewebe zu achten, um eine intraoperative Tumorzelldissemination zu vermeiden. Lymphadenektomie Bereits bei Vorliegen einer T2-Kategorie sind 30–50% der Adenokarzinom des ösophagogastralen Übergangs lymphatisch metastasiert. Zur prognostischen Bedeutung der Lymphadenektomie bei dieser speziellen Tumorentität ist bislang jedoch relativ wenig publiziert, sodass die Lymphadenektomie in Anlehnung an die Erfahrungen beim Magenkarzinom (insbesondere für die Karzinome des ösophagogastralen ÜberDer Chirurg 4•2003 | 387 Bei Tumoren mit gastralem Schwerpunkt ist neben der distalen Ösophagusresektion eine komplette Gastrektomie mit D2-Lymphadenektomie durchzuführen gangs Typ II und III) sowie des Ösophaguskarzinoms (insbesondere für Typ-IKarzinome) diskutiert werden muss. Dabei ist eine lymphatische Metastasierung in Lymphknotengruppen des oberen Mediastinum selten, die subkarinalen Lymphknoten wiesen im eigenen Patientengut nur in 4% der Fälle einen metastatischen Befall auf (Abb. 6). Bei den Adenokarzinommanifestationen im distalen Ösophagusdrittel (Typ I) und unmittelbar an der Kardia (Typ II) wird eine 2Feld-Lymphadenektomie durchgeführt. Thorakal werden dabei die periösophagealen und subkarinalen Lymphknoten reseziert. Die abdominelle Lymphadenektomie umfasst die Lymphknoten an der Kardia (Lymphknotengruppen 1 und Abb. 6 Häufigkeit lymphonodaler 2), an der kleine Kurvatur des Magens Metastasierung in Abhängigkeit von (Gruppe 3) sowie entlang der A. gastrica der Lymphknotengruppe bezogen sinistra (Gruppe 7) bis zum Truncus coauf alle lymphonodal positiven Patienten eliacus (Gruppe 9) und von dort nach kranial auf der Ventralfläche der Aorta. Weiterhin werden die suprapankreatischen Lymphknoten an der A. hepatica (Gruppe 8) und an der A. lienalis (Gruppe 11) en bloc entfernt. Ist eine Gastrektomie indiziert, wird eine D2-Lymphadenektomie durchgeführt. Bei Tumoren mit gastralem Schwerpunkt (Typ III) ist in aller Regel ein abdominotranshiatales Vorgehen möglich, wobei abdominell eine vollständige D2-Lympadenektomie durch eine periösophageale Lymphadenektomie im hinteren Mediastinum ergänzt wird. Die Indikation zur Splenektomie ist bei dieser Tumorentität wenig untersucht und kann zunächst nur bei gastralem Tumorschwerpunkt und transmuraler Tumorinfiltration empfohlen werden. Gastrektomie oder proximale Resektion Auf der Basis der empfohlenen Sicherheitsabstände ist es in vielen Fällen auch bei Adenokarzinomen des ösophagogastralen Übergangs Typ 2 möglich, die große Kurvatur des Magens zwecks Bildung eines Magenschlauches zu erhalten.Problematisch ist hierbei eher das Verbleiben der Lymphknoten entlang der großen Kurvatur (Gruppe 4) sowie der supra- und infrapylorischen Lymphknotengruppen (5 und 6) im Körper. Prospektive Untersuchungen zum Vergleich Ösophagokardiafundusresektion vs. Ösophagogastrektomie existieren nicht. In retrospektiven Untersuchungen wurde bislang keine eindeutige Überlegenheit der Gastrektomie gegenüber der proximalen Teilresektion belegt.Auf der anderen Seite zeigen Untersuchungen von Kodera et al.1999 in etwa 14% der Adenokarzinome des ösophagogastralen Überganges eine Positivität der Lymphknoten entlang der großen Kurvatur,wobei hierunter auch Langzeitüberleber zu verzeichnen waren [2]. Die Rate positiver supra- und infrapylorischer Lymphknoten war mit ca. 5% deutlich geringer, eine Positivität dieser Lymphknoten war auch grundsätzlich mit einer nichtkurativen Gesamtsituation vergesellschaftet, sodass diese Zahlen das operative Verfahren weniger beeinflussen. Grundsätzlich sollte aber bei distalem Tumorsitz und kurativer Gesamtsituation der Ösophagogastrektomie gegenüber der Ösophaguskardiafundusresektion der Vorzug gegeben werden. Abzuwägen sind Nutzen und Risiken vor allem dann, wenn aufgrund der Höhe des Tumoroberrandes eine Rekonstruktion durch Jejunuminterponat nicht möglich ist und somit aus der Indikation zur Gastrektomie die Notwendigkeit eines Koloninterponates resultiert. Minimal invasive und begrenzt radikale Verfahren Grundsätzlich ist bei abdominothorakalen Eingriffen sowohl der abdominelle wie der thorakale Teil der Resektion auf minimal invasivem Weg möglich. Untersuchun- 388 | Der Chirurg 4•2003 Rekonstruktionsverfahren Magenschlauchinterposition Jejunuminterponat Koloninterposition Die Passagewiederherstellung nach Resektion des ösophagogastralen Überganges ist grundsätzlich durch Magenschlauchinterposition, Jejunuminterponat oder Koloninterponat möglich. Die Magenschlauchinterposition stellt, sofern möglich, den besten Kompromiss zwischen technischem Aufwand und funktionellem Ergebnis dar. Dies begründet sich zum einen aus der Notwendigkeit nur einer einzelnen Anastomose, des Erhalts der physiologischen Duodenalpassage und der in der Regel guten Vaskularisation des Interponates. Ein Jejunuminterponat bietet nur bei Resektionen von proximalen Magenkarzinomen mit distaler Teilresektion des Ösophagus eine ausreichende Anastomosierungslänge und ist bei diesen Situationen aufgrund der typischerweise erforderlichen Gastrektomie die Rekonstruktionsmethode der Wahl. Die Koloninterposition ist immer dann erforderlich, wenn ein Magenschlauchinterponat aus technischen Gründen nicht durchführbar ist, bedeutet aber eine deutliche Verlängerung des Eingriffs. Die Morbidität und Mortalität der Koloninterposition ist zumindest in erfahrenen Zentren nicht höher als die der Magenschlauchinterposition [17, 18]. Vorgehen bei R1-Resektion Die Häufigkeit einer postoperativern R1-Situation kann durch sorgfältige Festlegung der Resektionsgrenzen, eine großzügigen Indikationsstellung zum abdominothorakalen Vorgehen und durch systematische Durchführung von Schnellschnittuntersuchungen (v. a. des proximalen Resektionsrandes) deutlich reduziert werden. Eine retrospektive Analyse unseres eigenen Patientengutes ergab, dass unter Wahrung dieser Regeln resultierende R1-Situationen dem Operateur typischerweise intraoperativ bereits bekannt waren und aufgrund von ungünstigen sonstigen Prognosefaktoren (Nodalstatus, Primärtumorausdehnung) bzw. aufgrund hoher Komorbidität akzeptiert wurden. In diesem Kontext wies die R1-Klassifikation dann auch keine unabhängige prognostische Relevanz mehr auf. Diagnostiziert der Pathologe nach grundsätzlich kurativer Resektion eine R1-Situation am proximalen Schnittrand, so ist bei unkompliziertem postoperativen Verlauf eine Reoperation zur Nachresektion in Einzelfällen gerechtfertigt. Die Indikation zu einem solchen Eingriff bedarf aber einer sehr sorgfältigen Abwägung des Risiko-Nutzen-Verhältnisses unter Einbeziehung sonstiger Prognosemarker. Komplikationsmanagement Anastomoseninsuffizienz Die Anastomoseninsuffizienz kann durch frühe endoskopische Intervention beherrscht werden Fibrinkleber Stentimplantation Die spezifische chirurgische Komplikation des Eingriffs bei jedweder Rekonstruktion ist die Insuffizienz der Anastomose zwischen Ösophagus und Interponat. Diese Insuffizienz führt sowohl bei abdominotranshiatalem wie bei abdominothorakalem Vorgehen zu einer Mediastinitis. Eine unbehandelte und inadäquate drainierte Anastomoseninsuffizienz wird in der Regel zur schweren Sepsis führen. Vor der Einführung eines aggressiven frühendoskopischen Komplikationsmanagements war ein wesentlicher Anteil der Mortalität an diesem Eingriff durch die Anastomoseninsuffizienz bedingt. Kleinere Insuffizienzen können erfolgreich mittels Fibrinkleber verschlossen werden, wobei der Fibrinkleber sowohl direkt in den Fisteltrakt eingebracht werden als auch submukosal in der Bereich der Fistelöffnung injiziert werden muss. Bei größeren Insuffizienzen kann ein tägliches endoskopisches Débridement die Säuberung und Granulation der Insuffizienzhöhle beschleunigen. Da dieses Vorgehen eine erhebliche Belastung für den Patienten darstellt und zudem einen oralen Kostaufbau nicht zulässt, wurde die Stentimplantation nach Entwicklung gecoverter selbstexpandierender Metallstents zunehmend auch für die Behandlung von AnastomoseninsufDer Chirurg 4•2003 | 389 Weiterbildung • Zertifizierte Fortbiildung gen hierzu sind derzeit aber auf Kleinserien beschränkt und stellen keinesfalls einen außerhalb von Studien praktizierbaren Standard dar. Ein eingeschränkt radikales chirurgisches Vorgehen wird auch für Frühkarzinome zumindest in Einzelfällen als Alternative vorgeschlagen [16].Auch hier bedarf es vor einem breiteren Einsatz einer angemessenen Validierung. Abb. 7a–c Komplikationsmanagement durch Implantation selbstexpandierender Kunststoffstents zur Abdeckung einer Anastomoseninsuffizienz bei intrathorakaler Ösophagogastrostomie. a Breite Insuffizienz der Ösophagogastrostomie. b Abdichten der Insuffizienz durch Kunststoffstent. c Befund 4 Wochen postoperativ nach Entfernung des Kunststoffstents fizienzen eingesetzt. Allerdings sind die klinischen Ergebnisse aufgrund der unzureichenden Expansionskraft der Metallstents und der Problematik der Stententfernung nach Einwachsen der Gittermaschen nur teilweise befriedigend. Neue viel versprechende Möglichkeiten ergeben sich hier durch selbstexpandierende Plastikstents, die nach unserer Erfahrung zu einer guten Abdichtung der Fistel führen und sich jederzeit leicht entfernen lassen (Abb. 7). Multimodale Therapie Das in der Regel bei Erstdiagnose bereits relativ fortgeschrittene Tumorstadium sowie die nach alleiniger chirurgischer Therapie unbefriedigenden Langzeitergebnisse haben in der Vergangenheit zu einer Vielzahl von Studien motiviert, die sowohl neoadjuvante wie adjuvante multimodale Therapieverfahren gegenüber alleiniger Chirurgie überprüft haben.Bisher hat jedoch keine dieser Studien zur Etablierung eines Standardverfahrens geführt, sodass nach wie vor multimodale Therapieverfahren nur in prospektiven Studien an entsprechend ausgerichteten Zentren empfohlen werden können. Adjuvante Behandlung Adjuvante Therapien sollten nur unter Studienbedingungen stattfinden Adjuvante Therapiekonzepte leiden bei hochmorbiden chirurgischen Verfahren häufig unter der schlechten Rekrutierung von Patienten. Weiterhin besteht für eine Radiotherapie oder Radiochemotherapie der Nachteil, dass in dieser Situation das Interponat ebenfalls im Bestrahlungsfeld liegt, weshalb generell neoadjuvante Therapieansätze bevorzugt werden. In bislang einer einzigen Studie wurde jedoch für eine adjuvante Radiochemotherapie eine gegenüber der alleinigen Chirurgie signifikante Verbesserung des medianen Überlebens für Magenkarzinome berichtet [19]. Die Aussage dieser Untersuchung für die Adenokarzinome des ösophagogastralen Überganges ist aufgrund des geringen Anteils dieser Tumorentität im Studienkollektiv jedoch stark eingeschränkt, sodass adjuvante Therapien hier nach wie vor nur unter Studienbedingungen stattfinden sollten. Neoadjuvante Konzepte Eine Vielzahl von Untersuchungen hat bislang sowohl die Radiotherapie wie die Chemotherapie allein als auch Kombinationsstrategien im neoadjuvanten Therapieansatz untersucht. Ein generelles Problem dieser Untersuchungen ist, dass ◗ häufig Plattenepithelkarzinompatienten und Adenokarzinompatienten unkritisch gemeinsam rekrutiert wurden sowie 390 | Der Chirurg 4•2003 Durch neoadjuvante Radiochemotherapie kann bei 1/4 der Patienten eine histologische Komplettremission erreicht werden Ein signifikanter Überlebensvorteil durch neoadjuvante Radiochemotherapie ist bislang nicht zweifelsfrei erwiesen Bislang ist nur in einer einzigen Publikation ein signifikanter Überlebensvorteil nach neoadjuvanter Radiochemotherapie für Adenokarzinome des Ösophagus belegt [20]. Als neoadjuvante Therapie wurden 2 Zyklen Cisplatin und 5-FU in den Wochen 1–6 gegeben sowie eine Radiotherapie mit 40 Gy in 15 Fraktionen über 3 Wochen. Die Rate der pathologisch kompletten Response betrug 25% im Therapiearm, das mediane Überleben betrug im multimodal behandelten Arm der Studie 16 Monate vs. 11 Monate für Chirurgie allein. Die multimodal behandelten Patienten wiesen außerdem ein signifikant verbessertes Überleben auf, und zwar nach 1 Jahr 52% vs. 44%, nach 2 Jahren 37% vs. 26% sowie nach 3 Jahren 30% vs. 6%. Diese Studie weist jedoch erheblich methodische Schwächen auf, die sowohl das unzureichende präoperative Staging als auch den Abbruch der Studie nach Interimanalyse betreffen. Ein Bias mag sich auch daran erkennen lassen, dass im allein chirurgisch therapierten Arm 82% der Patienten nodal positiv waren, während im multimodal behandelten Arm nur 42% nodal positive Befunde resultierten. Dies erklärt sich nicht allein aus den 25% pathologisch kompletter Remissionen.Von anderen Autoren wurden diese Ergebnisse nicht nachvollzogen [21, 22]. Somit besteht auch hier nach wie vor keine Standardindikation zu einem neoadjuvanten Therapieverfahren. Der Prozentsatz von 25% histologischer Komplettremissionen kann jedoch bei primär aufgrund der Lokoregionärausdehnung nichtresektabel imponierenden Erkrankungen zur Indikationsstellung für ein neoadjuvantes Therapieverfahren auch außerhalb klinischer Studien Anlass geben. Palliative Konzepte Selbstexpandierende Metallstents haben sich als Palliativmaßnahme zur Passagewiederherstellung durchgesetzt Stentsysteme Radiochemotherapie Bei Vorliegen eines inkurablen Primärtumorstadiums steht in der Regel die Palliation der Dysphagie und damit der ösophagealen Stenose im Vordergrund. Gelegentlich können auch Blutungen aus dem Tumor zur Intervention zwingen. Die Stenosebehandlung ist vorwiegend endoskopisch interventionell. Durchgesetzt hat sich die Platzierung von selbstexpandierenden Metallstents, die in der Regel auch ohne eine Dilatation mit konsekutivem Perforationsrisiko implantiert werden können. Je nach Position der Stenose sind unterschiedlich flexible Stentsysteme erhältlich. Endoskopisch nicht überwindbare Stenosen stellen eine Kontraindikation für eine Stentbehandlung dar. Komplikationen der Stentimplantation umfassen Perforation,Aspirationspneumonie, Stentmigration, Refluxsymptomatik insbesondere bei distalen Stentplatzierungen, sowie eine Restenose durch Tumoreinwachsen bzw. Überwachsen des Stents. Durch Verwendung gecoverter Stents mit Antirefluxventil können die letzteren Probleme zunehmend vermieden werden [23]. Neben der Stentbehandlung ist in der Vergangenheit sowohl eine ablative Laserbehandlung wie auch die photodynamische Therapie eingesetzt worden. Diese Verfahren sind zumindest im deutschen Sprachraum weitgehend obsolet. Wenn aus technischen Gründen kein Stent eingelegt werden kann, führt eine Radiochemotherapie, ggf. auch alleinige Radiatio bei einem Teil der Patienten noch zur deutlichen Verbesserung der Dysphagie. Vorgehen bei Rezidiv Bei Diagnose eines Tumorrezidivs ist in aller Regel nur ein palliatives Vorgehen möglich Das Auftreten kurativ resektabler Rezidive ist extrem selten, sodass in aller Regel bei der Diagnose eines Rezidivs nur ein palliatives Vorgehen indiziert ist. Dieses wird symptomorientiert durchgeführt und kann neben endoskopisch interventionellen Maßnahmen bei Lokalrezidiven durchaus auch eine Radiochemotherapie beinhalten.Von einer Prognoseverbesserung ist jedoch im Regelfall nicht mehr auszugehen. Der Chirurg 4•2003 | 391 Weiterbildung • Zertifizierte Fortbiildung ◗ die neoadjuvante Therapie zu einer signifikanten Erhöhung von Morbidität und Mortalität der chirurgischen Verfahren führte. Literatur 1. Siewert JR, Hölscher AH, Becker K, Gossner W (1987) Kardiacarcinom: Versuch einer therapeutisch relevanten Klassifikation.Chirurg 58:25–32 2. Kodera Y,Yamamura Y, Shimizu Y,Torii A et al. (1999) Adenocarcinoma of the gastroesophageal junction in Japan: relevance of Siewert’s classification applied to 177 cases resected at a single institution.J Am Coll Surg189:594–601 3. Wijnhoven BP, Siersema PD, Hop WC et al. (1999) Adenocarcinomas of the distal oesophagus and gastric cardia are one clinical entity.Rotterdam Oesophageal Tumour Study Group.Br J Surg 86:529–535 4. Barrett NR (1950) Chronic peptic ulcer of the esophagus.Br J Surg 38:175 5. Loretat-Jacob JL (1957) L’endobrachyesophage.Ann Chir 11:1247 6. Allison PR, Johnstone AS (1953) Esophagus lined with gastric mucous membrane.Thorax 8:87 7. Barrett NR (1957) The lower esophagus lined by columnar epithelium.Surgery 881–889 8. Morsson BC,Welcher JR (1953) Adenocarcinoma of the oesophagus in ectopic gastric mucosa.Br J Cancer 6:127–130 9. TNM Klassifikation maligner Tumoren (2002) 6 edn.Springer, Berlin Heidelberg New York Tokyo 10. TNM-Supplement – a commentary on uniform use (2001) 2 edn.Wiley-Liss, New York 11. Weber WA, Ott K, Becker K et al.(2001) Prediction of response to preoperative chemotherapy in adenocarcinomas of the esophagogastric junction by metabolic imaging.J Clin Oncol 19:3058–3065 12. Kodama M, Kakegawa T (1998) Treatment of superficial cancer of the esophagus: a summary of responses to a questionnaire on superficial cancer of the esophagus in Japan.Surgery 123:432–439 13. van Sandick JW, van Lanschot JJ, ten Kate FJ et al.(2000) Pathology of early invasive adenocarcinoma of the esophagus or esophagogastric junction: implications for therapeutic decision making.Cancer 88:2429–2437 14. Fass J, Dreuw B, Ophoff K, Schumpelick V (1996) Die subtotale Ösophagektomie mit Magentransposition als Standardoperation für das Adenokarzinom des ösophagogastralen Überganges. Langenbecks Arch Chir Suppl Kongressbd 113:166–168 15. Hölscher AH, Bollschweiler E, Beckurts KT, Siewert JR (1996) Radikalitatsausmass beim Cardiacarcinom - Oesophagektomie oder Gastrektomie? Langenbecks Arch Chir Suppl Kongressbd 113:169–172 16. Stein HJ, Feith M, Mueller J et al.(2000) Limited resection for early adenocarcinoma in Barrett’s esophagus.Ann Surg 232:733–742 17. Furst H, Huttl TP, Lohe F, Schildberg FW (2001) German experience with colon interposition grafting as an esophageal substitute. Dis Esophagus.14:131–134 18. Kolh P, Honore P, Degauque C et al.(2000) Early stage results after oesophageal resection for malignancy – colon interposition vs.gastric pull-up.Eur J Cardiothorac Surg 18:293–300 19. Macdonald JS, Smalley SR, Benedetti J et al. (2001) Chemoradiotherapy after surgery compared with surgery alone for adenocarcinoma of the stomach or gastroesophageal junction. N Engl J Med 345:725–730 20. Walsh TN, Noonan N, Hollywood D et al.(1996) A comparison of multimodal therapy and surgery for esophageal adenocarcinoma. N Engl J Med 335:462–467 21. Urba SG, Orringer MB,Turrisi A et al.(2001) Randomized trial of preoperative chemoradiation versus surgery alone in patients with locoregional esophageal carcinoma. J Clin Oncol 19:305–313 22. Kelsen DP, Ginsberg R, Pajak TF et al.(1998) Chemotherapy followed by surgery compared with surgery alone for localized esophageal cancer.N Engl J Med 339:1979–1984 23. Laasch HU, Marriott A,Wilbraham L et al. (2002) Effectiveness of open versus antireflux stents for palliation of distal esophageal carcinoma and prevention of symptomatic gastroesophageal reflux.Radiology 225:359–365 Fragen zur Zertifizierung (nur eine Antwort ist möglich) 1. Ein Adenokarzinom des gastroösophagealen Übergangs wird als Typ II klassifiziert, wenn: a) das Tumorzentrum deutlich oberhalb der Z-Linie liegt. b) ein proximales Magenkarzinom über die Z-Linie hinaus in den Ösophagus hineinwächst. c) der Tumor die Muscularis propria infiltriert. d) das Tumorzentrum zwischen 1 cm proximal und 2 cm distal der Z-Linie liegt. e) der Tumor zirkumferenziell stenosiert. 2. Ein Barrett-Ösophagus a) ist eine obligate Präkanzerose. b) ist durch eine intestinale Metaplasie gekennzeichnet und weist kein besonderes Entartungspotenzial auf. c) kann allein aufgrund des Biopsiebefundes einer intestinalen Metaplasie von der Z-Linie als präneoplastische Veränderung diagnostiziert werden. 392 | Der Chirurg 4•2003 d) bedeutet eine Verlagerung des Magens in das hintere Mediastinum zusammen mit einer Verkürzung der Speiseröhre. e) wird als „Short Barrett“ bezeichnet, wenn die Gesamtausdehnung im distalen Ösophagus <2 cm ist. 3. Die TNM-Klassifikation für die Karzinome des ösophagogastralen Überganges a) ist seit der 6.Auflage des TNM-Systems eine für diese Tumorentität eigenständige Klassifikation. b) stuft metastasenbefallene Lymphknoten am Truncus coeliacus bei einem Tumorzentrum oberhalb der Z-Linie, insbesondere bei Vorliegen von Barrett-Schleimhaut neben dem invasiven Tumoranteil, als Fernmetastasen ein. c) ist mit dem TNM-System Ösophaguskarzinome identisch. d) wertet ein Einwachsen von proximalen Magenkarzinomen in den distalen Ösophagus als pT4-Situation. e) wertet Metastasen in periösophagealen Lymphknoten bei Typ-III-Adenokarzinom des ösophagogastralen Übergangs als Fernmetastasen. 4. Die Endosonographie bei Adenokarzinomen des gastroösophagealen Übergangs a) ist eine nach den Leitlinien der AWMF obligate Untersuchung. b) besitzt im Bezug auf die Beurteilung der Resektabilität des Primärtumors die höchste Genauigkeit. c) ist der Computertomographie im Hinblick auf die Erkennung lokoregionärer Lymphknotenmetastasen unterlegen. d) kann bei stenosierenden Tumoren grundsätzlich nicht durchgeführt werden. e) ist in ihrer Auflösung auf die oberen Schleimhautschichten begrenzt. a) hochdifferenzierte (G1-)Adenokarzinome des gastroösophagealen Übergangs nur die Submukosa, nicht aber die T.muscularis propria infiltrieren. b) in allen Fällen, in denen ein uT1-Karzinom longitudinal nicht ausgedehnter als 3 cm ist. c) bei einem auf Mukosa und Submukosa beschränkten Karzinom endosonographisch kein Hinweis für eine Lymphknotenmetastasierung vorliegt. d) ein mukosales Frühkarzinom vorliegt (in allen Fällen). e) Keine der Aussagen ist richtig. 6. Die photodynamische Therapie a) führt zu einer Gewebedestruktion, sodass die Vollständigkeit der Therapie nicht pathohistologisch überprüft werden kann. b) kann unbedenklich zur Behandlung von mukosalen und submukosalen Frühkarzinomen der Kardia eingesetzt werden, wenn endosonographisch kein positiver Nodalstatus diagnostiziert wird. c) wird insbesondere zur Eradikation der schweren Epitheldysplasie im Bereich des gastroösophagealen Überganges allgemein empfohlen. d) ist aufgrund des selektiven Effektes auf die Tumorzellen in ihrer Anwendung so sicher, dass eine allgemeine Verbreitung der Methodik empfohlen werden kann. e) ist ebenso wie andere lokale Verfahren zur Behandlung von mukosalen und submukosalen Frühkarzinomen geeignet. 7. Die abdominotranshiatale Resektion a) ist für Adenokarzinome des gastroösophagealen Übergangs von Typ II und III ein onkologisch adäquates Operationsverfahren. b) führt auch in erfahrenen Zentren zu einer inadäquaten mediastinalen Lymphadenektomie. c) sollte nicht mit einer Gastrektomie kombiniert werden, da die Rekonstruktion dann in jedem Fall ein Koloninterponat erfordert. d) ist technisch wesentlich schwieriger als die abdominothorakale Ösophaguskardiafundusresektion. e) führt regelhaft zu onkologisch inadäquaten Sicherheitsabständen. 8. Zur Rekonstruktion der Nahrungspassage nach abdominothorakaler Ösophagokardiafundusresektion kommen in Frage: a) der Hochzug des ganzen Magens nach Lerut. b) als allgemein akzeptiertes Verfahren der 1.Wahl die Interposition des Colon ascendens. Neben den Teilnahmebedingungen und Informationen rund um CME können Sie unter http://cme.springer.de Ihr persönliches Ergebnis bzw.Ihre Teilnahmebestätigung abrufen.Dies ist nur an dieser Stelle und – da u.a. der Durchschnitt aller Teilnehmer berücksichtigt wird – erst etwa 3 Wochen nach Einsendeschluss möglich. Wichtige Hinweise: Online-Einsendeschluss: 13.06.2003 Geben Sie die Antworten bitte über das CME-Portal ein: http://cme.springer.de Per Fax oder Brief eingesandte Antworten können nicht berücksichtigt werden. Die offiziellen Antworten dieser Fortbildungseinheit werden zusätzlich in dieser Zeitschrift an gleicher Stelle publiziert und zwar in Ausgabe 6/2003. Die Lösungen der Zertifizierten Fortbildung aus Ausgabe 2/2003 lauten: 1c, 2d, 3e, 4e, 5b, 6c, 7a, 8a, 9a, 10d Die Teilnahme ist kostenlos und beschränkt sich im Hinblick auf eine eindeutige Identifizierung über die Abonnementnummer auf Weiterbildung • Zertifizierte Fortbiildung 5. Die endoskopische Mukosektomie kann als onkologisch ausreichend radikales Verfahren betrachtet werden, wenn c) ein an der A.gastrica sinistra gestielter Magenschlauch. d) ein Jejunuminterponat. e) Keine der genannten Möglichkeiten ist richtig 9. Eine adjuvante Therapie der Adenokarzinome des gastroösophagealen Überganges a) ist bei Vorliegen einer lokal begrenzen Peritonealkarzinose indiziert. b) ist aufgrund der insgesamt relativ schlechten 5-Jahres-Überlebensraten in jedem Fall indiziert. c) ist in lymphonodal positiven Tumorstadien indiziert. d) ist keine Standardtherapie. e) a) und c) sind richtig. 10. Neoadjuvante Radiochemotherapie a) kann zu histologischen Komplettremissionen führen. b) ist ein anerkanntes Verfahren, um lokoregionär fortgeschrittene Tumoren in ein resektables Stadium zu bringen. c) hat in mehreren, gut dokumentierten Studien zu einem signifikanten Überlebensvorteil für die Patienten geführt. d) besitzt in der Behandlung der Adenokarzinome des ösophagogastralen Überganges keinen Wert. e) Keine der Aussagen ist richtig. Individualabonnenten der Zeitschrift. Für diese Fortbildungseinheit erhalten Sie einen Fortbildungspunkt im Rahmen des freiwilligen Fortbildungszertifikats, wenn Sie 70% der Fragen richtig beantwortet haben bzw.über dem Durchschnitt liegen. Diese Initiative ist zertifiziert von der Landesärztekammer Hessen und der Nordrheinischen Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung und ist damit durch andere Ärztekammern anerkennungsfähig. Für Rückfragen stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung: Springer-Verlag Redaktion Facharztzeitschriften CME-Helpdesk Tiergartenstraße 17, 69121 Heidelberg E-Mail: [email protected] Der Chirurg 4•2003 | 393