Schilddrüse und Schwangerschaft Prof. Dr. med. Bettina Zietz Chefärztin Goldbergklinik Kelheim GmbH Schilddrüse und Schwangerschaft – Zusammenfassung Kenntnisse über Schilddrüsenerkrankungen und Ihre Diagnostik und Therapie sind für Gynäkologen wichtig da sie a) häufiger bei Frauen auftreten b) einen ausgeprägten Einfluss auf den Zyklus haben und c) eine wichtige Differentialdiagnose bei Symptomen gynäkologischer Erkrankungen spielen können. Außerdem kommt Gynäkologen nicht selten die Rolle des „Hausarztes“ bei Frauen im reproduktiven Alter zu. Regulierung der Schilddrüsenhormone Das TSH aus dem Hypophysenlappen reguliert via Rückkopplung über FT3 die Bildung und Sekretion der Schilddrüsenhormone. In der Schilddrüse werden FT4 und FT3 gebildet, FT4 dabei in wesentlich größerem Ausmaß. Beide Hormone werden in die Blutbahn abgegeben. Peripher erfolgt eine Konversion von FT4 in FT3, für welches die einzelnen Gewebe Rezeptoren besitzen. Schilddrüsenhormone und Schwangerschaft Unter HCG Einfluss steigen FT3 und FT4 im 1. Trimenons innerhalb des Normbereichs leicht, entsprechend nimmt das TSH erst leicht ab, um dann im Schwangerschaftsverlauf in den oberen Normbereich anzusteigen. Insgesamt steigt der Schilddrüsenhormonbedarf während der Schwangerschaft um circa 30 %. Entsprechend kommt es zu einer geringen Zunahme des Schilddrüsenvolumens. Der Jodbedarf steigt in der Schwangerschaft durch eine gesteigerte Jodidclearence und eine gesteigerte Schilddrüsenhormonsynthese. Schilddrüsenfunktionsstörung - Diagnose Obligat TSH, bei Werte außerhalb des Normbereichs FT4 zum Nachweis einer manifesten Hypothyreose ( TSH ↑, FT4↓) bzw. Hyperthyreose (TSH↓, FT4↑). Schilddrüsenerkrankung - Diagnose Obligat Schilddrüsensonographie (Schilddrüsenszintigraphie nur zur Differenzierung heißer/ kalter Knoten notwendig, ferner zur seltenen Differentialdiagnose der Hyperthyreose (diffuse Autonomie versuch M. Basedow)). TPO-Antikörper bei TSH über 2,5 mU/ ml und Symptomatik (z.B. Kinderwunsch) zum Nachweis einer Autoimmunthyreopathie vom Typ Hashimoto (Cave: niedrig-titrige AK zum Beispiel beim Jodmangel. Diagnose Hashimoto daher immer in Kombination mit Schilddrüsensonographie). TSH-Rezeptor Antikörper bei Verdacht auf M. Basedow (häufigste Ursache der Hyperthyreose bei der Frau im reproduktiven Alter. |2 Schilddrüse und Schwangerschaft Prof. Dr. med. Bettina Zietz Chefärztin Goldbergklinik Kelheim GmbH Eine Bestimmung von ThyreoglobulinAntikörper und Thyreoglobulin (Indikation vor allem: Verlaufskontrolle differenzierter SD-Karzinome nach definitiver Therapie) ist nicht notwendig. Die Relevanz der Diagnose und Therapie der Autoimmunthyreopathie vom Typ Hashimoto bei der Frau mit Kinderwunsch erklärt sich durch den statistisch nachweisbaren Zusammenhang zwischen Antikörpern und höherer Abortrate nach IVF (53% vs. 23% bei TPO-Anitkörper negativen Frauen) bzw. dem Risiko einer Fehlgeburt. Hyperthyreose und Schwangerschaft Vor geplanter Schwangerschaft sollte eine aktive Hyperthyreose (z.B. bei M.Basedow) definitiv behandelt werden, d.h. entweder mittels Operation oder Radiojodtherapie (dann aber anschließend auf jeden Fall Kontrazeption für mindestens 6 Monate). Während der Schwangerschaft ist das Neuauftreten einer Hyperthyreose insgesamt ein seltenes Ereignis (0,1-0,4% aller Schwangerschaften). Die Patientinnen sollten unbedingt einem Endokrinologen vorgestellt werden. Meist biphasischer Verlauf mit Exacerbation im 1. Trimenon und spätere Spontanremission. Rezidivgefahr nach der Entbindung. (Cave: Bei Hyperthyreose im 1. Trimenon differentialdiagnostisch immer an hohe HCGSpiegel bei Blasenmole denken!) Bei der thyreostatischen Therapie in der Schwangerschaft sollten folgende Grundsätze berücksichtigt werden: 1. Niedrige Thyreostatikadosis (Ziel: latente Hyperthyreose) 2. Keine Kombinationstherapie mit Levothyroxin in der Schwangerschaft 3. Engmaschige Kontrolle von TSH, FT4, Leberwerte und Blutbild unter Thyreostatika in der Schwangerschaft (anfangs 2 später 4 wöchentlich). Bei Unverträglichkeit von Thiamazol Umstellung auf Propylthiouracil (Propycil ®, Dosis bis 300mg / Tag, 1 Tablette enthält 50 mg) möglich. Letzteres soll in geringerem Maße die Plazentaschranke passieren und ist daher in Schwangerschaft und Stillzeit zu bevorzugen! Da TSH-Rezptorantikörper die Plazenta passieren können sollte das Kind postpartal überwacht werden (Herzfrequenz, TSH). Bei Fragen: [email protected] · Tel. 09441 / 702 4302 · FAX 09441/ 702 4309 Ihre Prof. Dr.med. Bettina Zietz |2