Radikale der molekulargenetischen Diagnostik bei erblichen StÃ

Werbung

Rationale der molekulargenetischen Diagnostik
bei erblichen Störungen der Blutgerinnung
Blutgerinnung,Thrombose, Hämophilie, genetische Tests
Zusammenfassung
26
Genetische Untersuchungsmethoden wie PCR, verschiedene MutationsscreeningAusgabe 4
2005
techniken und Sequenzierung ermöglichen heutzutage die routinemäßige Diagnostik
zahlreicher Gene der Blutgerinnung. Sowohl einzelne Polymorphismen als auch komplette Gene können in einem Zeitraum von Stunden bis wenigen Tagen analysiert werden.Während früher die meisten genetischen Tests im Zusammenhang mit einer genetischen Beratung von Familienangehörigen erfolgten, dienen sie heute vor allem der
Diagnostik und medizinischen Versorgung der Patienten. In der Thrombophilie erlauben
PD Dr. med. Johannes Oldenburg

genetische Untersuchungen die Bestimmung des zugrunde liegenden erblichen Anteils
des Thromboserisikos und geben so wichtige Informationen zu dem Risiko eines Thromboserezidivs bzw. zur Art, Dauer und Dosierung einer Antikoagulationstherapie. Bei
hämorrhagischen Diathesen wie der Hämophilie gibt die Art der zugrunde liegenden
Mutation wichtige Hinweise auf den klinischen Verlauf, insbesondere auf das Risiko der
Hemmkörperentwicklung, einer schweren und häufigen Komplikation der Hämophiliebehandlung. Die Pharmakogenetik stellt einen weiteren, sich sehr rasch entwickelnden
Bereich in der Blutgerinnung dar. Polymorphismen und Mutationen in verschiedenen
Genen (CYP2C9,VKORC1) führen zu einer erhöhten Sensitivität oder Resistenz gegenüber in der Hämostasetherapie eingesetzten Substanzen wie z. B. Cumarin. Hier können genetische Tests dazu beitragen, Nebenwirkungen zu vermeiden und die für den
Patienten am besten geeignete Therapieform und Medikamentendosis zu ermitteln.
Dr. Christof Geisen

Während phänotypische Untersuchungen in der Regel eine aktuelle Situation der Blutgerinnung zeigen, stellen genetische Untersuchungen ein lebenslang bestehendes Merkmal einer Person dar, welches schwerwiegende persönliche und soziale Auswirkung haben kann. Daher erfordert die Durchführung dieser Tests eine detaillierte Aufklärung
des Patienten, klare Indikationsstellung und insbesondere eine kompetente Beratung
hinsichtlich der Bedeutung der Untersuchungsergebnisse für den Patienten. Unter diesen Voraussetzungen können genetische Untersuchungen sehr wichtige und die
klassischen phänotypischen Tests gut ergänzende Informationen liefern.
Korrespondierende Adresse:
PD Dr. med. Johannes Oldenburg
Institut für Transfusionsmedizin
und Immunhämatologie
DRK-Blutspendedienst Baden
Württemberg – Hessen
Sandhofstr. 1
60528 Frankfurt
Tel: 0 69 / 67 82-1 77
Fax: 0 69 / 67 82-2 04
E-Mail: [email protected]
www.molecular-haemostasis.de
Genetisch bedingte
welche einerseits die Fließfähig-
Erkrankungen der
keit des Blutes garantieren und
Blutgerinnung
zum anderen eine unmittelbar einsetzende Gerinnung des Blutes
Die Blutgerinnung (Hämostase)
bei Gefäßverletzungen sicherstel-
stellt ein hochkomplexes Netzwerk
len (Abbildung 1). Praktisch alle
von mehr als 100 Proteinen dar,
Gerinnungsfaktoren können von

Diathese) oder der Thrombose-
Komponenten des Hämostasesystems
27
neigung (Thrombophilie) führen
Prokoagulatorische
Faktoren
oder aber die Interaktion mit MediAusgabe 4
2005
kamenten der Blutgerinnung betreffen können (Oldenburg et al.
Inhibitorische
Faktoren
Fließfähigkeit
des Blutes
Blutgerinnung
am Ort der
Verletzung
Thrombozyten
Fibrinolyse
2001). Tabelle 1 zeigt eine Übersicht der chromosomalen Lokalisation und Struktur von Genen der
Gefäß-Endothel
Blutgerinnung. Nachfolgend sollen

die genetischen und diagnostischen
Abbildung 1
Grundlagen von einigen wichtigen
Krankheitsbildern der Blutgerin-
genetischen Veränderungen
Gerinnungsfaktor hat – entweder
nung, unterteilt in die hämorrhagi-
(Mutationen) betroffen sein, die –
zu einer erblichen Form der Blu-
schen und die thrombophilen Dia-
je nachdem welche Funktion der
tungsneigung (Hämorrhagische
thesen, dargestellt werden.
Chromosomale Lokalisation und Struktur von Genen der Blutgerinnung
Gen
Chromosom
Exons
cDNA
(bp)
Größe des Proteins
Reife- bzw Vorläuferform
(Aminosäureanzahl)
Fibrinogen
Molekulargewicht
(kDa)
340
-chain
4q23-32
5
1932
610 / 644
68
-chain
4q23-32
8
1449
461 / 483
52
-chain
4q23-32
10
1311
411 / 437
49
FII
11
14
1866
579 / 622
72
FV
1q21-25
25
6672
2196 / 2224
330
FVII
13
8
1332
406 / 444
50
FVIII
Xq28
26
7053
2332 / 2351
265
FIX
Xq27
8
1381
415 / 461
57
FX
13q32
8
1446
442 / 482
59
FXI
4q35
15
1875
607 / 625
140-160
FXII
5q33
14
1845
596 / 615
76
FXIII
320
A-subunit
6p24-25
15
2193
731
75
B-subunit
1q31-32
12
1923
641
80
12p
52
8439
2050 / 2813
220-20.000
Antithrombin
1q22-25
7
1296
432
58
Protein C
2q13-14
9
1383
405 / 461
62
Protein S
3
15
2028
635 / 676
69
VWF

Tabelle 1

28
Hämorrhagische
Die hämorrhagischen Diathesen
gliedern sich in die klassischen monogenen Formen der Hämophilie A
(Faktor-VIII-Mangel), der Hämophilie B (Faktor-IX-Mangel) und der Von
Willebrand Erkrankung (VWE), sowie die sehr seltenen Hämorrhagieformen, denen Mangelzustände der
Gerinnungsfaktoren Fibrinogen, Faktor II, Faktor V, Faktor VII, Faktor X,
Faktor XI oder Faktor XIII zugrunde
Abbildung Wave System
liegen. Bei den hämorrhagischen

Ausgabe 4
2005
Diathesen
„Wave“-System (Transgenomics): Automatisiertes System zum Mutations-Screening mittels dHPLC
(= denaturierende Hochleistungs-Flüssigkeits-Chromatographie).
Diathesen erfolgt die genetische
Diagnostik wegen der relativ geringen Zahl von betroffenen Familien
onen im Faktor-VIII(FVIII)-Gen, die
screening- und Sequenziermetho-
und der Komplexität der Genanaly-
zu einer Verminderung oder völli-
den, welche die routinemäßige
sen in sehr wenigen spezialisierten
gem Fehlen des Gerinnungsfaktors
Analyse auch großer Gene ermög-
Labors. Indikationen für die Untersu-
VIII führen. Schweregrad und Häufig-
lichen. Die häufigste Mutation mit
chung sind zu jeweils etwa der Hälf-
keit der Blutungen sind abhängig
einem Anteil von fast 50 % ist die
te die Unterstützung der Diagnostik
vom Ausmaß der FVIII-Verminde-
Intron-22-Inversion. Sie beruht auf
bei den betroffenen Patienten und
rung. Die Therapie erfolgt durch
einer intragenen Rekombination
die genetische Beratung von Fami-
die Gabe von aus Plasma oder gen-
des FVIII-Gens. Weitere wichtige
lienmitgliedern.
technisch hergestelltem FVIII-Kon-
Mutationstypen mit einem Anteil
zentrat.
von jeweils 10 -15 % sind NonsenseMutationen, Missense-Mutationen
Hämophilie A
Das FVIII-Gen liegt auf dem X-
und kleine Deletionen oder Inser-
Chromosom und besteht aus 26
tionen. Bei den weniger schweren
Die Hämophilie A wird X-chro-
Exonen, die ein 2.351 Aminosäuren
Verlaufsformen kommen fast aus-
mosomal rezessiv vererbt und ist
großes Protein kodieren. Die Grö-
schließlich Missense-Mutationen
mit einer Inzidenz von 1:5.000 der
ße des FVIII-Gens und die Vielfalt
vor. Alle bisher publizierten Muta-
männlichen Neugeborenen die häu-
der genetischen Defekte haben
tionen sind in einem internationa-
figste schwere Form einer erblich
deren Aufklärung über viele Jahre
len Mutationsregister aufgeführt
bedingten Blutungsneigung. Ursäch-
erschwert. Inzwischen gibt es ei-
(http://europium. csc.mrc.ac.uk).
lich für die Erkrankung sind Mutati-
ne Reihe von effizienten Mutations-
Fortsetzung auf Seite 29 

eine Übersicht zu den verschiede-
– wenn auch funktionsloses – FVIII-
nicht alle Hämophilie-Phänotypen
nen Mutationsgruppen und den da-
Protein gebildet, das offensichtlich
durch Mutationen im FVIII-Gen zu
mit verbundenen Hemmkörperrisi-
ausreicht, um bei diesen Patienten
erklären sind. Jedoch konnten erst
ken. Die Hemmkörperprävalenzen
eine natürliche Immuntoleranz
in jüngster Zeit einige der anderen
reichen von 88 % bei großen, meh-
gegenüber den therapeutisch zuge-
molekularen Defekte aufgeklärt wer-
rere FVIII-Proteindomänen umfas-
führten FVIII-Präparaten zu erzeu-
den. Bei der VWE Typ 2N liegt ein
senden Deletionen bis zu 3 % bei
gen.
Bindungsdefekt des von Willebrand-
z. B. Spleißstellen-Mutationen. Bis-
Faktors (VWF) für den FVIII vor, so
her sind zehn Mutationsgrup-
dass FVIII nicht an den VWF binden
pen mit deutlich verschiedenen
kann. Dadurch reduziert sich die
Hemmkörperrisiken identifiziert
Halbwertszeit von FVIII von – nor-
worden (Oldenburg et al. 2004).
malerweise – 8-12 h auf 1 h. Beim
Eine wichtige Ursache für die ver-
X-chromosomal rezessiv vererbt
kombinierten FVIII/FV-Mangel lie-
schiedenen Hemmkörperpräva-
und ist mit einer Inzidenz von
gen Mutationen in einem der für
lenzen sind Unterschiede in der
1:25.000 der männlichen Neugebo-
das intrazelluläre Prozessing bei-
Menge an endogenem FVIII-
renen seltener als die Hämophilie A.
der Proteine wichtigen Chaperone
Protein, das ein Patient bilden kann.
Ursächlich für die Blutungsneigung
LMAN1 und MSDF2 vor. Hierdurch
Während das FVIII-Protein bei ei-
ist ein Mangel des Gerinungsfaktors
wird die Sekretion beider Proteine
nigen Mutationsgruppen vollstän-
IX (FIX). Das klinische Erscheinungs-
beeinträchtigt.
dig fehlt, z. B. bei großen Deletio-
bild und das therpeutische Prinzip –
nen und Intron 22-Inversionen, so
Substitution des fehlenden Gerin-
wird bei anderen Mutationstypen,
nungsfaktors – unterscheiden sich
z. B. Missense-Mutationen, noch ein
praktisch nicht von der Hämophilie A.
In den letzten Jahren hat sich
gezeigt, dass der Typ der Mutation ganz entscheidend für das Risiko der Hemmkörperbildung ist,
welche heutzutage die schwerste
Komplikation der Hämophiliebehandlung darstellt und bei etwa 2030 % aller schwer betroffenen Patienten auftritt. Abbildung 2 zeigt

Abbildung Sequencer
„Kapillar-Sequencer ABI PRISM 3100 zur
Ermittlung von Gensequenzen.”
Hämophilie B
Die Hämophilie B wird ebenfalls
29
Ausgabe 4
2005
Es ist seit langem bekannt, dass

30
rinnungsfaktoren sein, die ein
Einfluss des Mutationstyps auf
die Hemmkörperprävalenz
Erkennen des substituierten FIX
88 %
cher macht. Eine Besonderheit
41 %
25 %
bei der Hämophilie B ist das mit
Leichte Kette
Nonsense
Schwere Kette
40 %
dem Hemmkörper gleichzeitige
31 %
17 %
Intron 22 Inversionen
21 %
Non A-Run
Kleine Deletionen
A-Run
21 %
16 %
Auftreten von anaphylaktischen,
allergischen Reaktionen gegen
den substituierten FIX, insbesondere bei Patienten mit großen
3%
C1-C2
Missense
Non C1-C2
5%
3%
Splice site
3%
Deletionen. Hierdurch wird die
10 %
25 %
0%
Niedriges Risiko
Erfolgswahrscheinlichkeit einer
Immuntoleranzinduktion durch
75 %
50 %
Hemmkörperbildung
100 %
Hohes Risiko
Abbildung 2
hochdosierte FIX-Gabe ganz
erheblich reduziert.

Ausgabe 4
2005
als körperfremd unwahrscheinliMehrere Domänen
Große Deletionen
Einzelne Domänen
Der FIX-Leiden-Phänotyp ist
Das FIX-Gen kartiert auf dem
Wie bei der Hämophilie A hat
eine weitere sehr interessante Be-
langen Arm des X-Chromosoms
auch bei der Hämophilie B die Art
sonderheit der Hämophilie B. Die-
und besteht aus 8 Exons, die ein
der Mutation einen entscheidenden
se Patienten werden zwar mit einer
461 Aminosäuren großes Protein
Einfluss auf das Hemmkörperrisi-
schweren Verlaufsform der Hämo-
kodieren. Wegen seiner geringen
ko. Insbesondere Patienten mit gro-
philie B geboren, nach der Pubertät
Größe ist die Sequenzierung der
ßen Deletionen, aber auch solche
steigt die FIX-Aktivität jedoch auf
kompletten cDNA die Methode der
mit Nonsense-Mutationen, haben
Werte über 10-20 % an, so dass die
Wahl für die Mutationsdiagnostik
ein vergleichsweise hohes Hemm-
Patienten nur noch eine leichte Ver-
(Herrmann and Wulff 2004). Im Ge-
körperrisiko. Insgesamt liegt die
laufsform aufweisen. Ursächlich für
gensatz zur Hämophilie A sind die
Hemmkörperinzidenz bei der Hä-
diesen Phänotyp sind Mutationen in
meisten Mutationen Nukleotidaus-
mophilie B allerdings mit etwa 3 %
einem 40bp großen Bereich im FIX-
tausche, die zu Missense-Mutationen
sehr viel niedriger als bei der Hä-
Promotor. Dieser Abschnitt ist wich-
(68 %) und Nonsense-Mutationen
mophilie A. Ein wichtiger Grund
tig für die Bindung von Steroidhor-
(14 %) führen. Alle anderen Muta-
hierfür ist das unterschiedliche Mu-
monen wie z. B. Androgenen, durch
tionsarten sind selten und weisen
tationsprofil mit einem sehr viel ge-
welche die FIX-Expression ganz er-
Häufigkeiten von unter 5 % auf. Die
ringeren Anteil an Risikomutationen,
heblich gesteigert werden kann.
verschiedenen Mutationen sind in
wie große Deletionen und Nonsen-
einem internationalen Mutations-
se-Mutationen (20 % vs 80 %). Ein
register über Internet verfügbar
anderer Grund könnte die beträcht-
(http://www.umds.ac.uk/molgen/
liche strukturelle Homologie zu den
haemBdatabase.htm).
anderen Vitamin-K-abhängigen Ge-

Von Willebrand
Transportmolekül des FVIII wird
Erkrankung
sowohl die primäre als auch die se-
ne des Genotyps als auch auf der
kundäre Hämostase beeinträchtigt.
des Phänotyps äußerst heterogen
Besonders häufig treten Schleim-
(Schneppenheim et al. 2004). Die
kung VWE ist, unter Berücksichti-
hautblutungen wie Epistaxis und
Phänotypen werden in drei Haupt-
gung der leichten Verlaufsformen,
Menorrhagie auf. Die Behandlung
kategorien eingeteilt. Typ 1 und Typ
die häufigste erbliche Blutungsnei-
erfolgt je nach Schweregrad mit Des-
3 bezeichnen das partielle oder
gung mit einer geschätzten Präva-
mopressin und / oder einem VWF-
komplette Fehlen des VWF Proteins,
lenz von bis zu 1 % in der Bevöl-
haltigen Gerinnungskonzentrat.
während Typ 2 sich durch ein quali-
kerung. Das klinische Bild dieser
tativ verändertes, dysfunktionelles
Erkrankung ist äußerst heterogen.
Das VWF-Gen befindet sich
VWF-Protein auszeichnet. Der Typ
Mehr als 80 % der Patienten zeigen
auf Chromosom 12 und umfasst
2 der VWE ist ein ausgezeichnetes
eine sehr milde Verlaufsform (VWE
52 Exone, die ein 2.813 Aminosäu-
Beispiel dafür, wie Defekte in einer
Typ 1), 15-20 % haben einen mil-
ren großes Protein kodieren. Ein
bestimmten Region selektiv einzel-
den bis moderaten Schweregrad
Pseudogen des VWF mit einer
ne Funktionen des VWF beeinflus-
und nur eine sehr kleine Gruppe
97 %-igen Homologie zu den Exo-
sen und so Phänotypen hervorru-
von etwa 1 % der Patienten weist
nen 23 und 24 kompliziert die ge-
fen, die typisch für diese Regionen
die Symptome einer schweren
netische Analyse des VWF-Gens.
sind (Abbildung 3). Bei der schwe-
VWE mit einem nahezu komplet-
Bis heute konnte eine große An-
ren VWE Typ 3 liegen in der Regel
ten Fehlen des Von Willebrand Fak-
zahl von Mutationen in allen Do-
schwere molekulare Defekte wie
tors (VWF) auf (VWE Typ 3). Ent-
mänen des VWF-Gens aufgeklärt
große Deletionen oder Nonsense-
sprechend der Funktion des VWF
und in einer Datenbank zusammen-
Mutationen vor, die im gesamten
als Vermittler der Thrombozyten-
gefasst werden (http:// mmg2.im.
Gen lokalisiert sein können. Beim
Gefäßwand-Interaktion und als
med.umich.edu / v /VWF/).
häufigen VWE Typ 1 ist bekannt,
VWF Propeptid
VWD Type
D1
2AIIC
D2
Funktion
31
Ausgabe 4
2005
Die Von Willebrand Erkran-
Die VWE ist sowohl auf der Ebe-
VWF Sekretiertes Protein
(2A)
2B
2M
2N
D'
D3
2AIIA
A1 A2
2AIID
A3
D4
C1
C2
Dimerisierung
Multimerisierung

Abbildung 3
Liganden
FVIII
Heparin
GPIb
Heparin
Kollagen
Sulfatid
Kollagen
RGD Sequenz
GPIIb / IIa
Phänotyp-bezogene
Lokalisierung der
Mutationen bei der
Von Willebrand
Erkrankung

Ausgabe 4
2005
32
dass er überwiegend (zu 80 %) mit
Die kongenitale Afibrinogenämie,
min K-abhängigen Gerinnungsfak-
der Blutgruppe 0 assoziert ist, und
die durch Mutationen im Fibrinogen-
toren (VKCFD-Vitamin K Combined
somit offensichtlich andere Genloci
Gen ausgelöst wird, hat in der kau-
Factor Deficiency) ist außerordent-
eine den VWF modulierenden Ein-
kasischen Bevölkerung eine Inzi-
lich selten. Ursächlich hierfür kön-
fluss haben.
denz von 1 : 1.000.000. Die klinische
nen Gendefekte in der gamma-Car-
Blutungsneigung kann sehr erheb-
boxylase oder in einem Gen des
Entsprechend werden bei diesem
lich sein und manifestiert sich häu-
Vitamin K-Epoxid-Reduktase-Kom-
Typ nur vergleichsweise selten Mu-
fig bereits in den ersten Lebensta-
plexes (VKORC1) sein (Rost & Fre-
tationen im VWF-Gen gefunden.
gen durch Nachblutungen aus dem
gin et al. 2004).
Stumpf der Nabelschnur.
Der FV hat im Prothrombinase-
Seltene hämorrhagische
Mangelzustände der Vitamin K
komplex bei der Aktivierung von
Diathesen anderer
abhängigen Faktoren FII, FVII und
FII durch FXa eine sehr ähnliche
Gerinnungsfaktoren
FX können als Mangel eines einzel-
Funktion wie der FVIII im Tenase-
nen Faktors oder als kombinierter
komplex bei der Aktivierung von
Schwerwiegende Mangelzustän-
Mangel aller Vitamin K abhängigen
FX durch FIXa. Entsprechend wei-
de anderer Gerinnungsfaktoren sind
Faktoren auftreten. Der FVII-Mangel
sen Gen- und Proteinstruktur ge-
sehr selten, da es sich um autoso-
ist, mit einer Inzidenz von 1 : 500.000,
wisse Homologien auf. Der schwe-
mal rezessive Erbgänge handelt und
der am häufigsten auftretende Man-
re FV-Mangel ist mit einer Inzidenz
für eine klinische Manifestation bei-
gel, während ein schwerer isolier-
von 1 : 1.000.000 sehr selten. Bisher
de Allele betroffen sein müssen. Ent-
ter Mangel von FII oder FX bisher
sind nur wenige Mutationen bei die-
sprechend weisen diese Hämorrha-
nur in wenigen Familien beschrie-
sem klinisch sehr variablen Phäno-
gien Inzidenzen von 1 : 500.000 bis
ben wurde. Die klinische Blutungs-
typ aufgeklärt. Die therapeutischen
1 : >1.000.000 auf und kommen vor-
neigung ist sehr variabel und reicht
Möglichkeiten sind beschränkt, da
wiegend in Bevölkerungsgruppen
von leichten bis hin zu schweren Ver-
es kein FV-Konzentrat gibt und Pa-
vor, in denen blutsverwandte Ehen
laufsformen mit Gelenkblutungen
tienten mit diesem Phänotyp aus-
verbreitet sind.
und auch zerebralen Blutungsma-
schließlich mit gefrorenem Frisch-
nifestationen. Der Phänotyp eines
plasma (GFP) behandelt werden
kombinierten Mangels aller Vita-
können.
mV
1

Abbildung 4
Deletions-Screening mittels „Wave”-System:
Der hohe Peak rechts bei 13 min. steht für ein Exon
des Gens für das Wachstumshormon. Die Peaks links zeigen
Exone des Gerinnungsfaktors VII (FVII) bei einer gesunden
Person (grün) und bei Patienten mit einem FVII-Mangel
durch eine mehrere Exone umfassende, große Deletion
im F VII-Gen (rot, gelb und blau).
0
11
11
13
min

nen eine schwere Blutungssympto-
kommt heterozygot bei 32 % der
in seiner aktiven Form in der frühen
matik aufweisen mit Gelenkblutun-
kaukasischen Bevölkerung vor – ei-
Phase des intrinsischen Systems den
gen und auch intrazerebralen Blu-
ne Frequenz die bereits seinen prä-
FIX aktiviert. Der FXI-Mangel ist in
tungen. Die Therapie besteht in der
diktiven Wert sehr relativiert – und
der kaukasischen Bevölkerung sehr
Substitution von FXIII-Konzentrat.
besitzt nur in Verbindung mit einer
selten, kommt aber bei den Ashke-
gleichzeitig vorliegenden Hyperho-
nazi-Juden mit einer Frequenz von
mocysteinämie einen Aussagewert
ca. 8 % häufig vor. Ursächlich hier-
Thrombophilien
für sind insbesondere zwei Mutationen, eine Nonsense-Mutation in
und dies eher bei den arteriellen als
bei venösen thromboembolischen
Arterielle und venöse thrombo-
Ereignissen. Die Untersuchung der
Exon 5 und eine Missense-Mutation
embolische Ereignisse sind im Ge-
Polymorphismen MTHFR C677T,
in Exon 9, die sich durch eine hohe
gensatz zu den hämorrhagischen
Faktor XIII Val34Leu, PAI-1 4G/5G,
Konsanguinitätsrate innerhalb die-
Diathesen pro Jahr sehr häufig, wo-
GP1AC807T und HPA1a1/b ist nach
ser sehr kleinen Bevölkerungsgrup-
bei die Inzidenz mit dem Alter deut-
Ansicht des Autors nur in besonde-
pe als Founder-Mutationen verbrei-
lich zunimmt, im Bereich der venö-
ren Einzelfällen gerechtfertigt, z. B.
tet haben. Es sind aber auch andere
sen Thrombose von 1 : 100.000 im
wenn die Familienanamnese eindeu-
Mutationen in Familien mit FXI-Man-
Kindesalter bis zu 1 : 1.000 bei über
tig ein erbliches Risiko erkennen
gel beschrieben worden. Das klini-
60-jährigen. Die Thrombophilien
lässt und keine anderen Ursachen
sche Bild ist äußerst variabel und
lassen sich in zwei unterschiedliche
gefunden werden. Auf diese Poly-
die Blutungsneigung lässt sich häu-
Phänotypen einteilen: einen Phä-
morphismen soll daher im Folgen-
fig nicht aus der FXI-Restaktivität
notyp, dem seltene Mutationen in
den nicht weiter eingegangen wer-
ableiten.
einzelnen Genen von inhibitorisch
den. Ohnehin stellt die genetische
wirkenden Gerinnungsfaktoren
Untersuchung von häufigen Polymor-
(Antithrombin, Protein C, Protein S)
phismen in verschiedener Hinsicht
te Verknüpfung der Fibrinpolymere
zugrunde liegen und einen Phä-
ein Problem dar. Selbst bei Trägern
und ist damit essentiell für die Fes-
notyp, der mit häufigen Polymor-
der Faktor V-Leiden-Variante oder
tigkeit des Thrombus. FXIII zirkuliert
phismen (z. B. Faktor-V-Leiden, Fak-
der Prothrombin-Mutation G20210A,
im Blut als Tetramer, das sich aus
tor-V-HR2-Haplotyp, Prothrombin
für die eine Kausalität funktionell ge-
zwei A- und zwei B-Untereinheiten
G20210A) assoziiert ist. Es gibt zahl-
sichert ist, ist die Penetranz einer
zusammensetzt. Die A-Untereinhei-
reiche weitere Polymorphismen, wie
Thrombosemanifestation gering.
ten katalysieren die kovalente Bin-
Methylentetrahydrofolatreduktase
Der größte Teil der heterozygoten
dung der Fibrinpolymere, während
C677T (MTHFR), Faktor XIII Val34Leu,
Merkmalsträger wird im Laufe sei-
die B-Untereinheiten als Trägermo-
PAI-1 4G / 5G, GP1AC807T, HPA1
nes Lebens keine klinisch manifeste
lekül fungieren. Der schwere FXIII-
a1 / b u. a., deren Bedeutung für venö-
Thrombosekomplikation entwickeln.
Mangel ist mit 1 : 5.000.000 sehr sel-
se oder arterielle Thrombosen nicht
Daher ist die Indikationsstellung für
ten. Der größte Teil der Mutationen
gesichert ist. Ein sehr häufig unter-
eine solche Untersuchung besonders
ist bisher in der A-Untereinheit ge-
suchter genetischer Marker ist der
wichtig, um Verunsicherungen der
funden worden. Die Patienten kön-
MTHFR-C677T-Polymorphismus. Er
Patienten zu vermeiden. Bei bereits
Der FXIII vermittelt die kovalen-
33
Ausgabe 4
2005
Der FXI ist ein Glykoprotein, das

Ausgabe 4
2005
34
erlittener Thrombose, insbesonde-
ren Laboren und Krankenhausein-
und FVIII inaktiviert. Die Prävalenz
re dann, wenn das Ereignis ohne er-
richtungen etabliert.
von Mutationen im Protein-C-Gen
kennbare äußere Umstände oder in
wird in der Normalbevölkerung mit
jungem Alter stattgefunden hat oder
bis zu 1,5 auf 1.000 Individuen ange-
bei anamnestisch eindeutig erkenn-
Seltene Mutationen in
geben. Die Mutationen können prak-
barem familiären Risiko, ist die Un-
den Genen Antithrombin,
tisch alle Bereiche des Protein C-
tersuchung in der Regel indiziert.
Protein C und Protein S
Gens betreffen und sind ebenfalls
Hier kann das Ergebnis wichtige Hin-
in einem internationalen Register
weise zur Dauer und Intensität der
Etwa 5 % der familiär auftretenden
Antikoagulation liefern. Bei asymp-
Thrombophilien sind bedingt durch
tomatischen Patienten ohne erkenn-
einen Mangel der klassischen Inhi-
bare familiäre Belastung liefert die
bitoren Antithrombin, Protein C oder
Protein S verstärkt als Cofaktor des
Untersuchung in der Regel keine
Protein S. Die Eigenschaften der Ge-
Protein C dessen Bindung an Phos-
entscheidenden Informationen. Ab-
ne sind in Tabelle 1 aufgeführt. Der
pholipidoberflächen und damit des-
zuraten ist von der routinemäßigen
Erbgang ist in der Regel autosomal
sen Funktion bei der Inaktivierung
Untersuchung von Polmorphismen,
dominant mit unvollständiger jedoch,
von FV und FVIII. Auch hier ist ein
deren Bedeutung in der Literatur wi-
deutlich höherer Penetranz als bei
breites Spektrum verschiedener Mu-
dersprüchlich diskutiert wird. Hier
den Polymorphismen FV-Leiden
tationen bei Patienten mit Protein-S-
ist neben der fraglichen Ursächlich-
und Prothrombin G20210A.
Mangel und gleichzeitiger Throm-
keit zu berücksichtigen, dass bei der
verfügbar (http://www.xs4all.nl /
~reitsma / Prot_C_home.htm).
bosemanifestation gefunden worden.
Untersuchung mehrerer Polymor-
Antithrombin ist der wichtigste
phismen bei dem größten Teil der
direkte Inhibitor einer Reihe von
Bevölkerung belastete Allele identi-
prokoagulatorisch wirkenden Ge-
Häufige Polymorphismen:
fiziert werden, ohne dass sich hier-
rinnungsfaktoren (z. B. FII, FIX, FX).
Faktor-V-Leiden und
aus eine Krankheitsbedeutung ab-
Eine große Zahl verschiedener Mu-
Prothrombin G20210A
leiten ließe.
tationen ist bisher bei Patienten mit
Antithrombin-Mangel und Throm-
Venöse Thrombosen resultieren
Während die Komplettgenana-
bosemanifestation identifiziert und
aus einem komplexen Zusammen-
lysen von Antithrombin, Protein C
in einem internationalen Register
spiel von genetischer Prädisposition
und Protein S, ähnlich wie bei den
zusammengeführt worden (http://
und exogenen Faktoren. Die beiden
Genen der hämorrhagischen Dia-
www.ed.ic.ac.uk / divisions / 7 /
wichtigsten SNPs (Single Nucleotide
thesen, in wenigen spezialisierten
antithrombin /).
Polymorphisms), die das Risiko für
diese Erkrankungen erhöhen, sind
Labors durchgeführt werden, sind
Protein C ist ein Vitamin K-abhän-
die R506Q Variante des FV-Gens und
men FV-Leiden und Prothrombin
giges Protein, das in seiner aktiven
der G20210A Polymorphismus des
G20210A in praktisch allen größe-
Form die Gerinnungsfaktoren FV
Prothrombin-Gens. Sie treten mit ei-
die Nachweise für die Polymorphis-

erhöhten Prothrombin-Spiegel. Bei
des hämostatischen Systems zu-
und 1-2 % in der Normalbevölke-
Patienten mit thromboembolischen
sammengetragen, für die Änderun-
rung auf. Der R506Q Polymorphis-
Erkrankungen liegt die Prävalenz
gen des Risikos für thromboemboli-
mus ist ursächlich für den Phänotyp
dieses Polymorphismus bei bis zu
sche Ereignisse diskutiert werden.
der aktivierten Protein-C-(APC-) Re-
20 %, Heterozygote tragen ein ca.
sistenz. Die R506Q-Variante ist mit
dreifach höheres Thromboserisiko.
einem 3-8fach höheren thromboem-
Die Prothrombinvariante ist phäno-
bolischen Risiko im heterozygoten
typisch aufgrund der natürlichen
und einem geschätzten 80fach höhe-
Schwankungsbreite der Faktor-II-
Warfarin, ein Cumarin-Derivat
ren Risiko im homozygoten Zustand
Aktivität nur sehr unsicher zu be-
und häufig angewendetes Antikoa-
assoziiert. Allerdings relativieren sich
stimmen, so dass es hier zur Geno-
gulans, ist ein Paradebeispiel für die
diese Risiken, wenn man bedenkt,
typisierung keine Alternative gibt.
klinisch bedeutsamen Wechselwir-
dass lediglich ca. 10 % der Träger
(Die Faktor-V-Leiden-Mutation wird
kungen zwischen Pharmaka und
der FVL-Variante im Laufe ihres Le-
dagegen phänotypisch sehr gut
Genen. Warfarin wird in der Leber
bens von einer thromboembolischen
durch die APC-Resistenz erkannt.)
durch das Cytochrom P450 2C9 metabolisiert. Zwei allelische Varian-
Komplikation betroffen werden, die
oft im direkten Zusammenhang, z. B.
Pharmakogenetik
Interessanterweise handelt es
ten dieses Enzyms (CYP2C9*2 und
mit Traumen, chirurgischen Eingriffen
sich sowohl beim R506Q FV Polymor-
CYP2C9*3) sind mit einem Aktivi-
und längerer Immobilisation steht
phismus als auch beim G20210A-Pro-
tätsverlust von bis zu 95 % assozi-
(Lee, 2001). Die Prävalenz von venö-
thrombin-Polymorphismus um Foun-
iert. In Deutschland sind annähernd
sen thromboembolischen Ereignis-
der-Mutationen, die vor etwa 30.000
1-3 % der Bevölkerung homozygot
sen bei Trägern der R506Q-Variante
bis 60.000 Jahren entstanden sind und
oder compound heterozygot und
ist mit 0,19 % gegenüber 0,07 % nur
sich seitdem insbesondere in der eu-
etwa 35 % heterozygot für diese Al-
geringfügig erhöht, so dass ein allge-
ropäischen Bevölkerung durch posi-
lele. In beiden Gruppen führen die
meines Screening kaum zu rechtfer-
tive Selektion verbreitet haben. Als
durch ungenügenden Metabolismus
tigen ist (Martinelli et al. 2000). Wür-
Gründe hierfür werden ein geringe-
erhöhten Plasma-Warfarinkonzen-
de es sich bei der R506Q-Variante
rer Blutverlust bei der Geburt und /
trationen zu einem signifikant er-
um einen gravierenden Risikofaktor
oder eine höhere Einnistungsrate von
höhten Risiko für schwere Blutungs-
hinsichtlich Gesundheit und Lebens-
Embryonen diskutiert, die über vie-
komplikationen.
länge handeln, so würde man erwar-
le tausend Jahre einen Überlebens-
ten, dass die Zahl der Allelträger mit
vorteil dargestellt haben, während
höherem Alter abnimmt. Dies ist
heute – angesichts einer deutlich ver-
die Vitamin-K-Epoxidoxid-Reduk-
nicht der Fall (Hessner et al., 2001).
längerten Lebenserwartung – diese
tase (VKOR) identifizieren. Diese
Polymorphismen zu einer erhöhten
stellt das molekulare Ziel der Cuma-
Morbidität beitragen. Lane und Grant
rinderivate dar (Rost & Fregin et al.
(2000) haben 23 SNPs in 14 Genen
2004). Mutationen in diesem Gen
Der G20210A-Polymorphismus
im Prothrombin-Gen führt zu einem
Kürzlich konnten wir das Gen für
35
Ausgabe 4
2005
ner Häufigkeit von jeweils 6-8 %

Ausgabe 4
2005
36
sind für den Phänotyp der Cuma-
eindeutigen Cumarinsensitivität
Veränderungen in der Beurteilung
rinresistenz bei Menschen und
oder Cumarinresistenz werden
weitgehend eindeutig. Bei Polymor-
Nagern wie auch einer gesteiger-
überwiegend durch die genetische
phismen sollten nur solche analy-
ten Cumarinsensitivität beim Men-
Untersuchung des FIX- bzw. VKORC1-
siert werden, für die hinsichtlich ihrer
schen verantwortlich. Eine gestei-
Gens erfasst. Des Weiteren scheinen
krankheitsassoziierten Ursächlichkeit
gerte Cumarinsensitivität liegt auch
bestimmte Haplotypen des VKORC1-
in der Literatur Konsens besteht, wie
bei zwei seltenen Varianten im Fak-
Gens, ähnlich wie die CYP2C9-Poly-
z. B. die Faktor-V-Leiden- und die Pro-
tor-IX-Propeptid (Ala-10Val und Ala-
morphismen, einen Einfluss auf die
thrombin-G20210A-Variante. Des
10Thr) vor (Oldenburg et al. 2001).
Cumarindosis zu haben. Insgesamt
Weiteren ist zu berücksichtigen, dass
Im Alltagsleben sind diese Varian-
lässt sich feststellen, dass nach jetzi-
es sich bei den sog. Risikoallelen um
ten ohne Bedeutung. Bei Verabrei-
gem Kenntnisstand kein Mutations-
relative Risiken mit vergleichsweise
chung von Cumarinen zur Antikoa-
screening vor Beginn einer Cuma-
geringer Penetranz handelt und da-
gulation entwickelt sich jedoch in-
rintherapie indiziert ist. Im Falle einer
her die Untersuchung von asympto-
nerhalb weniger Tage zwangsläufig
deutlich vom Erwartungswert abwei-
matischen Patienten in der Regel
eine schwere Blutungskomplikati-
chenden Cumarindosis bzw. auffälli-
nicht indiziert ist. Die Durchführung
on, die auf eine selektive Verminde-
gem Phänotyp, z. B. schwere Blutung,
dieser Tests sollte mit einer detaillier-
rung der Faktor-IX-Aktivität zurück-
können die genetischen Untersuchun-
ten Aufklärung des Patienten, klaren
zuführen ist und das Ausmaß einer
gen aber wichtige Hinweise für die
Indikationstellungen und insbesonde-
schweren Verlaufsform der Hämo-
Fortführung der Antikoagulations-
re einer kompententen Beratung hin-
philie B erreicht. Bei diesen Patien-
therapie liefern.
sichtlich der Bedeutung der Untersu-
ten kann eine therapeutische Anti-
chungsergebnisse für den Patienten
koagulation mit Cumarin-Derivaten
einhergehen. Unter diesen Vorausset-
nicht durchgeführt werden.
Schlussfolgerung
zungen können genetische Untersuchungen sehr wichtige und die klas-
Molekulargenetische Tests sind
sischen phänotypischen Tests gut
sensitivität gibt es breite Erfahrun-
für die routinemäßige Diagnostik
ergänzende Informationen liefern.
gen zu den Cytochrom P450 2C9
aller wesentlichen hereditären Hä-
(CYP2C9)-Polymorphismen, wobei
mostasestörungen verfügbar und
diese offensichtlich nur beim Warfa-
werden sowohl für die Diagnostik
rin eine Rolle spielen und weniger
von Patienten als auch für die gene-
bedeutsam für Phenprocoumon sind,
tische Beratung von Familienangehö-
das vor allem in Deutschland ange-
rigen eingesetzt. Die Untersuchung
wendet wird. Bezüglich des VKORC1-
kompletter Gene bei den entspre-
Gens, dem eigentlichen Target der
chenden klinischen Phänotypen ist
Cumarine, gibt es bisher wenig Er-
wenig umstritten und in Hinblick auf
fahrungen. Die seltenen Fälle einer
die hohe Penetranz der genetischen
Bei den Genanalysen zur Cumarin-
Herunterladen