Rolf Reißig Transformation – ein spezifischer Typ sozialen Wandels Fragen des sozialen und gesellschaftlichen Wandels rücken heute von der Peripherie ins Zentrum wissenschaftlicher und auch öffentlicher Debatten. Dies ist verbunden mit der Suche nach Auswegen aus der tiefen ökonomischen und ökologischen Krise und nach künftiger Entwicklung und Gestaltung der Gesellschaft. Entstanden ist damit auch eine neue, oft jedoch noch verengte und einseitige Transformationsdebatte. Chancen und Risiken für eine tatsächliche gesellschaftliche Transformation liegen auch deshalb dicht beieinander. Erstens: Transformation als sozialer Wandlungstyp – eine begriffliche, inhaltliche, konzeptionelle Begründung Um die neuen sozialen Phänomene von Wandlungsprozessen beschreiben, erklären und deuten zu können, bedarf es der Klärung und inhaltlichen Bestimmung der damit verbundenen Begrifflichkeiten. Dies ist umso dringlicher, als schon frühere Transformationsdebatten durch Engführung und normative Fixiertheit gekennzeichnet waren. So diente der Begriff „Transformation“ nach 1989/90 mehrheitlich zur Charakterisierung der Umbruch- und Wandlungsprozesse in den ehemals staatssozialistischen Ländern. „Transformation“ war im Verständnis des wissenschaftlichen und politischen Mainstreams „postsozialistische Transformation“. Transformation als „ Übergang von einer politischen Ordnung zu einer grundlegend anderen, der Übergang von Diktaturen zu Demokratien, der Plan- und Kommando- zur Marktwirtschaft sowie der Wandel von geschlossenen zu offenen Gesellschaften“ (Merkel 2010: 15). Transformation also als Adaption, als Institutionenübernahme, als zielorientiertes und gerichtetes Handeln im Kontext westlicher Vorbilder. Transformation als Prozess und Handlung, als komplexe gesellschaftliche Veränderung und Suche nach einem neuen Entwicklungsmodell und -pfad blieb in dieser Debatte zunächst marginal (vgl. Reißig 2010 und Beitrag Thomas in diesem Buch). Auch Jahrzehnte danach erfasst der Bertelsmann Transformation Index weltweit 119 Staaten und bewertet sie noch immer nach dem alten Raster (19 Kriterien und 58 Indikatoren) als Transformationswege zu „marktwirtschaftlichen Demokratien“ westlichen Typs (Bertelsmann Transformation Index 2006). Für die modernen bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaften des Westens selbst wurde der Begriff „Transformation“ im Zusammenhang mit gesellschaftlichem Wandel in aller Regel ausgeblendet. Hier wird vornehmlich mit den Begriffen „Entwicklung“, „Sozialer Wandel“ (von Parsons über Luhmann bis Bendix, Münch, Zapf), „weitergehender Modernisierung“ (Zapf), „reflexiver Modernisierung“ (Beck) und „Innovation“ (Zapf) gearbeitet. Neuer Leit- und Suchbegriff Zur Erklärung der vielfältigen und neuen gesellschaftlichen Wandlungs-, Umwandlungs- und Umbruchprozesse im letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts und besonders im 21. Jahrhundert reichen diese Begriffe nicht aus und bedarf es eines neuen dominierenden, eines allgemeinen und zugleich inhaltlich spezifizierten Leit- und Suchbegriffs. Dieser könnte und sollte – so der schon früher unterbreitete Vorschlag – ein inhaltlich qualifizierter und gehärteter Begriff der „Transformation“ sein. Dafür sprechen sowohl wissenschaftskonzeptionelle wie auch gesellschaftspolitische Gründe. 1 Wissenschaftskonzeptionell wird dies bereits deutlich, wenn man die in diesem Kontext bislang zur Verfügung stehenden sozialwissenschaftlichen Grundbegriffe und ihre Aussagekraft vergleicht: d. h. „Sozialer Wandel“, „Revolution“, „Evolution“, „Transition“. „Sozialer Wandel“ ist gewissermaßen der zentrale Begriff der Soziologie. Unter sozialem Wandel wird hier in der Regel ein solcher Prozess von Veränderungen in den Strukturen eines sozialen Systems verstanden, der typische Merkmale des Systems betrifft. Veränderungen, die Abweichungen von relativ stabilen Zuständen beinhalten (vgl. Zapf 1994: 11 ff.). Sozialer Wandel umfasst damit nicht jede Veränderung, sondern jene, die auf typische Elemente eines Sozialsystems abstellen. Es geht hierbei aber doch um Wandel im sozialen (Ordnungs-)System und nicht so sehr um Wandel des (Ordnungs-) Systems. Dabei bildet ersterer die Regel, den Normalfall sozialen Wandels. Als Auslöser sozialen Wandels werden in der klassischen Soziologie u. a. Diffusion, Imitation, Kommunikation, Modernisierung, Konflikt, Diskurs behandelt. Als Folgen sozialen Wandels werden die Anpassung der sozialen Strukturen an die neuen Gegebenheiten, die Steigerung ihres Innovations- und Kapazitätspotenzials, insgesamt die Herstellung von Gleichgewicht und Stabilität auf neuer Grundlage betrachtet. Für sozialen Wandel, der auf Umwandlung sozialer Strukturen, politischer Regeln, Ordnungsmuster und letztlich auf Bruch sowie auf neue soziale Ordnungen tendiert, reichte diese Begriffsbestimmung offensichtlich nicht aus. Seit Mitte des 17. Jahrhunderts wird für eine besondere Verlaufsweise und -richtung des Wandels der Begriff „Revolution“ verwandt. Er wird im Unterschied zu dem Begriff „Sozialer Wandel“ aber auch zu dem der „Evolution“ als jäher Bruch mit der Vergangenheit erfahren, als vorbestimmter Durchbruch zu einer kommenden, neuen bzw. höheren Daseinsordnung verstanden. Im Marxismus findet sich Revolution dann als voraussagbare, gesetzmäßige „Ablösung ökonomischer Gesellschaftsformationen“, als „Umwälzungsepoche“ bzw. „Epoche sozialer Revolutionen“, die namentlich durch den Widerspruch zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen hervorgebracht und von der zur Führung fähigen Klasse verwirklicht wird. Inzwischen wird der Begriff der Revolution in der Wissenschaft weniger normativ gehandhabt und ist zudem aus seinen geschichtsphilosophischen Konnotationen herausgelöst worden. Heute treten langfristige strukturelle evolutionäre Prozesse stärker in den Blickpunkt (vgl. Bluhm 1998: 3-13), ohne dass tiefgreifende Brüche, jähe Wendungen, revolutionäre Ereignisse im Geschichtsprozess negiert werden. Für die in unserem Kontext zur Diskussion stehenden sozialen Wandlungsprozesse und -verläufe im 21. Jahrhundert bedarf es jedoch, wie gesagt, eines neuen dominierenden Begriffs. Im Unterschied zum allgemeinen Begriff des „Sozialen Wandels“ muss er nicht nur Wandel im System, sondern Wandel des Systems – sowohl was Ursachen, Triebkräfte als auch gesellschaftliche Konsequenzen betrifft – beschreiben. Im Unterschied zum Begriff der „Revolution“ muss ein solcher Begriff mehr die Ereignisgeschichte, die Entstehung des „Neuen“ im „Alten“, die Kontingenz, die Offenheit des Prozesses, die unterschiedlichsten Formen und den Verzicht auf Mystifizierung und Heilserwartungen reflektieren können. Beiden Anforderungen kann ein inhaltlich qualifizierter Begriff „Transformation“ am ehesten gerecht werden, sowohl in seiner deskriptiven wie in seiner normativen Seite. Neben wissenschaftstheoretischen Gründen sprechen auch praktische Gründe für die Verwendung des Transformationsbegriffs. Wenn nicht alles täuscht, ist für den gesellschaftlichen Veränderungsprozess im 21. Jahrhundert nicht allein sozialer Wandel innerhalb der gegebenen Strukturen und Ordnungen typisch, sondern sozialer Wandel auch als Umwandlung von Strukturen, Institutionen, Regeln, gesellschaftlichen Ordnungs- und 2 Entwicklungsmodellen. Aber diese gesellschaftliche Umwandlung nicht mehr zuerst, nicht mehr vor allem in Form von Revolutionen, sondern von Transformationen. Oder anders formuliert: Revolutionen sind nicht (mehr), wie einst angenommen, der Normalfall, sondern der Sonderfall solcher tiefgreifenden gesellschaftlichen Umbrüche und Umgestaltungen. Auch – und nicht zuletzt – deshalb gewinnt der Begriff „Transformation“ neue Bedeutung, in wissenschaftlich-analytischer und in praktisch-politischer Hinsicht. Schließlich ist der Transformationsbegriff für die Erforschung und Erklärung des heutigen bzw. künftigen Gesellschaftswandels eher als die Begriffe „Sozialer Wandel“ und „Revolution“ operationalisierbar. Inhaltliche Qualifizierung Als Leitbegriff für inhaltliche Analysen und wertende Deutungen gesellschaftlicher Wandlungsprozesse ist der Begriff „Transformation“ jedoch nur tauglich, wenn er inhaltlich bestimmt und präzisiert wird. Voraussetzung ist, die bislang dominierende und oben angeführte Engführung des Transformationsbegriffs, des Transformationsverständnisses zu überwinden. Transformation kann weder auf „Entwicklung“, „Modernisierung“, „Sozialen Wandel“ noch allein auf postsozialistische Transformation bzw. Übergänge zu marktwirtschaftlichen Gesellschaften reduziert werden. So berechtigt das Plädoyer gegen diese (gängige) Engführung des Transformationsbegriffs ist, so macht es zugleich wenig Sinn, den Transformationsbegriff im Prinzip (wie es oft geschieht) auf alle möglichen Wandlungsprozesse anzuwenden – etwa auf Globalisierung, Europäisierung oder Säkularisierung bzw. den demografischen Wandel. Der Begriff „Transformation“ erfüllt nur dann seinen Sinn, wenn er als Synonym für „Umformungen“, „Übergänge“, „Wechsel“, „Umgestaltung“ von Gesellschafts-, Ordnungsund Entwicklungsmodellen, gesellschaftlichen resp. sozialen Formationen – „Trans“ und „Formation“ als die beiden Metaphern der Kategorie „Transformation“ – gedacht wird. Transformation als Umformung und Wechsel bezieht sich sowohl auf den politischen wie den wirtschaftlichen als auch den sozialen und kulturellen Bereich. Der Transformationsbegriff reflektiert damit einen eigenen und spezifischen Typ sozialen Wandels, eben einen Wandel, der vor allem durch einen Prozess tiefgreifender gesellschaftlicher Veränderungen, durch Änderungen und Umformungen wesentlicher Prozessstrukturen, Institutionen, Kultur- und Ordnungsmuster, gesellschaftlicher Lebensweisen und der Neu-Konstitution und -Konstruktion von Gesellschaftstypen und modellen gekennzeichnet ist. Das unterscheidet ihn zugleich von Begriffen wie „Sozialer Wandel“, „Modernisierung“, „Innovation“, die zur Charakterisierung (durchaus auch tief greifender) gesellschaftlicher Wandlungsprozesse innerhalb eines Ordnungsparadigma, innerhalb gegebener Prozessstrukturen, Gesellschafts- und Entwicklungsmodellen dienen. Der Begriff „Transformation“ unterscheidet sich auch von dem der „Evolution“, der gesellschaftlichen Wandel nicht so sehr mit einem Gestaltungswillen verbindet und stärker die Selbsttransformation des betrachteten Systems reflektiert (vgl. auch Wagener 1996: 2). Und Transformation ist auch von Transition zu unterscheiden. Von Transition sprechen wir, wenn es um einen Wechsel politisch-institutioneller Ordnungen bzw. Regime geht, der als gesteuerter Prozess handelnder Akteure verläuft. Transition als Institutionenübernahme – so wurden vor allem die Übergänge von autoritären kapitalistischen Diktaturen zu repräsentativen bürgerlichen Demokratien in Südeuropa, Lateinamerika und Südostasien zwischen den 1970er und 1990er Jahren charakterisiert. Politikwissenschaftlich erlangte der Begriff Transition seine Bedeutung durch ein internationales Forschungsprojekt zur transition to democracy der 1980er Jahre (O’ Donnell/Schmitter 1986). 3 Der Transformationsbegriff bezieht sich mithin auf die gesamtgesellschaftliche Ebene und betont in seiner allgemeinsten Form den prozessualen, langfristigen, sequentiellen, interdependenten (Heinemann-Grüder 1993: 3), neue Prozessstrukturen und gesellschaftliche Ordnungs- und Entwicklungsmuster hervorbringenden Charakter. Transformation ist ein intentionaler, eingreifender, gestaltender und zugleich ein eigendynamischer, organischevolutionärer Entwicklungsprozess. Historische Prozesse, die den Charakter von Transformation annehmen, werden in der Regel von beiden Prozessen vorangetrieben. Transformation ist Wandel, der immer auch Kontinuität einschließt. Transformation ist in diesem Verständnis ein endlicher, aber entwicklungsoffener Prozess, der im Falle eines erfolgreichen Verlaufs zur Herausbildung neuer, funktions- und entwicklungsfähiger Prozessstrukturen, eines neuen sozioökonomischen Entwicklungstyps und -modells sowie neuer kultureller Deutungsmuster führt. Transformation ist damit sowohl ein deskriptiver wie auch normativer Begriff. Transformation als Begriff und Konzept fragt danach, was geschah warum und wie, aber auch nach dem Sinn, der Bedeutung von Wandel und Veränderung. D. h., welche Folgen und Konsequenzen hat Transformation für die Gesellschaft, für die Menschen und ihre Lebensführung. Einem solchen Transformationsverständnis liegt kein statisch-stabiles Gleichgewichtsmodell, sondern ein dynamisches und entwicklungsoffenes Gesellschaftsmodell zugrunde. Transformation als gesellschaftlicher Wandlungsprozess ist in diesem Sinne also durchaus definier-, fixier- und bestimmbar. Als Arbeitsbegriff und Analyseinstrument muss er jedoch – gerade weil sich die Formen, Muster, Inhalte, Ziele der konkreten gesellschaftlichen Transformationsprozesse beträchtlich unterscheiden – stets weiter inhaltlich qualifiziert und präzisiert werden. Nicht zuletzt ist eine Schärfung des Transformationsbegriffs gerade in den aktuellen, besonders ökologisch geprägten Transformationsdebatten erforderlich. Indem diese die ökologischen Konfliktlagen kritisch thematisieren, stärken sie das Bewusstsein in der Gesellschaft für das Erfordernis neuer Entwicklungspfade. Doch wird Transformation in diesem Kontext vorwiegend als ökologisches Umbauprojekt der Industriegesellschaft interpretiert; nicht selten als primär technisch-organisatorisches Projekt, das eine Veränderung der allgemeinen Rahmenbedingungen durch eine neue institutionelle Steuerung von Oben verlange. Dass Transformation vor allem aber ein gesellschaftlicher Wandlungsprozess ist, ein sozioökonomischer und soziokultureller Wandel, eine Transformation von Unten und Oben, ein Wandel der gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse und grundlegende Eingriffe in das bestehende Akkumulations- und Regulationsregime erfordert, wird in vielen dieser aktuellen Debatten unterschätzt. Wenn sich ein solch eingeschränktes Transformationsverständnis als politisch-strategisches Konzept praktisch durchsetzen würde, wofür gegenwärtig einiges spricht, käme das letztlich einem Verzicht auf die notwendige gesellschaftliche Transformation gleich. Auf der anderen Seite wird Transformation verschiedentlich aber auch als „Alter Wein“ in „Neuen Schläuchen“ verstanden; als Fortführung des klassischen Revolutionsmodells und konzepts eines plötzlichen, radikalen und die Gesellschaft erlösenden Systembruchs; nur eben als etwas längerer Prozess und mit einigen anderen, angepassteren Mitteln und Methoden. Transformation in diesem hier entwickelten Verständnis ist jedoch einerseits ein eigener und spezifischer Typ sozialen Wandels und andererseits ein neues, weiterreichendes theoretisches und politisches Konzept sozialen, gesellschaftlichen Wandels, Übergangs und Umbaus, das sich von alten Gewissheiten unterschiedlicher Provenienz trennt, ohne neue festzuzurren. So formuliert auch Klaus Dörre für die Zunft der heutigen Sozialwissenschaftler völlig zu Recht: „Eine kritische Soziologie auf der Höhe ihrer Zeit hätte hingegen Begriffe und Kategorien zu entwickeln oder wieder zu entdecken und mit Inhalten zu füllen, die eine tiefgreifende 4 gesellschaftliche Transformation bei Wahrung, Ausbau und Erweiterung von Demokratie überhaupt denkbar machen.“ (Dörre 2011: 71). Transformation – Kennzeichen eines spezifischen sozialen Wandlungstyps Als spezifischer sozialer Wandlungstyp ist Transformation damit durch folgende Eigenschaften und Besonderheiten gekennzeichnet: Transformation ist ein Prozess der Destruktion, des Übergangs und der Neukonstitution von Typen sozialer Ordnungen, von Typen sozioökonomischer und soziokultureller Entwicklungsweisen. Transformation ist deshalb vor allem ein komplexer, mehrdimensionaler gesellschaftlicher Wandlungsprozess, ein prozessualer Wandel der Prozessstrukturen, Institutionen, kulturellen Deutungsmuster und Lebensweise (s. auch Grin et. al. 2010: 11). Transformation ist charakterisiert durch eine Wechselwirkung von intendierten, eingreifenden, langfristigen und umkämpften Prozessen grundlegender gesellschaftlicher Veränderungen und Umgestaltungen sowie von eigendynamischen, evolutionären, nicht steuerbaren Such-, Lern- und Experimentierprozessen. Beide Seiten – Prozess und Handlung – können in den einzelnen Transformationsfällen eine unterschiedliche Gewichtung annehmen. Transformation unterscheidet sich dadurch von gesellschaftlichen Übergangsprozesses, die primär gesteuert (Transition) oder eher ungesteuert, evolutionär verlaufen. Transformation wird vor allem durch endogene Ursachen, Quellen, Anstöße, Ereignisse hervorgerufen: durch soziale Konflikte, Krisen und Spannungslinien, die nicht zuletzt im Ergebnis von tiefgreifenden Widersprüchen zwischen neuen gesellschaftlichen Herausforderungen und tradierten politischen, wirtschaftlichen, sozialen Strukturen und Entwicklungsweisen auftreten und sich in kontroversen gesellschaftlichen Diskursen, sozialen Handlungen und gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen zwischen unterschiedlichen und entgegengesetzten Akteurskoalitionen sowie hegemonialen gesellschaftlichen Konstellationen manifestieren. Neben endogenen Ursachen können auch exogene Anstöße, Ereignisse für Transformationsprozesse ein beachtliches Gewicht erlangen. Transformation als Umwandlungsprozess von Typen sozialer Ordnung kann sich in einer Vielfalt von Formen vollziehen, die oft auch als Kombination auftreten: als gerichteter und ungerichteter, geordneter und ungeordneter Wandel, eher allmählich oder eher eruptiv, als Konvergenz oder Zusammenbruch, von unten und von oben. Charakteristische Muster bzw. Varianten gesellschaftlicher Transformation sind zum einen Umbau bestehender und zum anderen Aufbau neuer, alternativer Regelsysteme, Institutionen, Strukturen. Transformationen verlaufen – in Abhängigkeit von der Tiefe des zu bewerkstelligenden Wandels und der gegebenen Macht- und Kräftekonstellationen – in unterschiedlicher Zeitdauer. Typisch für gesellschaftliche Transformationen in den heutigen kapitalistischen Gesellschaften sind jedoch nicht so sehr plötzlich eintretende und in kurzer Frist sich vollziehende radikale Brüche, sondern „a typ of change that is slow and transformation at the same time“ (Streeck/Thielen 2005: 15). Im Ergebnis einer Vielzahl gradueller Transformationen über einen längeren Zeitraum können sich dann substantielle, tiefgreifende, nachhaltige gesellschaftliche Veränderungen ergeben, die keine einfache oder erweiterte Reproduktion des Gegebenen bedeuten. Transformation ist trotz Zukunftsannahmen und normativer Leitideen der Akteure ein kontingenter, offener Entwicklungsprozess. Als Resultate von Transformation ist deshalb 5 sowohl ein neuer, zukunftsfähiger Typ sozialer Ordnung und sozioökonomischer und soziokultureller Entwicklung möglich wie auch ein Kompromiss (Hybride) oder auch Phasen gesellschaftlicher Stagnation, des Scheiterns und der Regression (vgl. auch Eisenstadt 1982). Als allgemeine Indikatoren eines neuen Entwicklungstyps können gelten: Veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen, die nicht einfach rückgängig gemacht werden können, die Etablierung neuer Kernakteure als Träger der neuen Entwicklungsweise, die Institutionalisierung wesentlich anderer, alternativer und zukunftsfähiger Regeln und Strukturen (vgl. auch Dolata 2011: 152/153). Transformation als eigener, spezifischer Typ sozialen Wandels kann aus entwicklungstheoretischer Perspektive weiter differenziert werden. Transformation als Wandel, Übergang, Wechsel von Zivilisationstypen (z. B. archaische, traditionale, moderne); von Formations- bzw. Gesellschaftstypen (z. B. Übergang, Herausbildung und Formierung der bürgerlich-kapitalistischen Marktgesellschaft, staatssozialistische Gesellschaftstransformation, postsozialistische Transformation); von sozioökonomischen und soziokulturellen Gesellschafts- und Entwicklungstypen/-modellen (z. B. „klassenpolarisiertes Gesellschaftsmodell“ des 19. Jahrhunderts, das „sozialmarktwirtschaftliche Gesellschaftsmodell“ bzw. das „fordistischwohlfahrtsstaatliche Gesellschafts- und Entwicklungsmodell“, das „neoliberale finanzmarktgetriebene Entwicklungsmodell“) und schließlich von politischinstitutionellen Regimetypen (z. B. Entwicklung nach 1945 in Deutschland, Italien, Japan oder in Ländern Südeuropas, Lateinamerikas und Asiens zwischen den 1970er und 1990er Jahren). Transformation als spezifischer Typ sozialen Wandels ist – zusammengefasst – durch folgende Merkmale charakterisiert: Umwandlung des Typs sozialer und kultureller Ordnung und Entwicklung; Komplexität (von Ökonomie bis Kultur); Schwarm von Akteuren, die mehr oder minder einen gemeinsamen Zielhorizont teilen; Ergebnisoffenheit; Indikatoren, die das Messen von Erfolg/Misserfolg erlauben. Transformation als neuer Typ des gesellschaftlichen Wandels ist deshalb nach anderen als den bislang in den Sozialwissenschaften dominierenden Modellen und Konzepten des sozialen Wandels zu beschreiben, aber auch in kritischer Differenz zu den klassischen Theoriemodellen der Revolution. Zweitens: Gegenwärtige Übergangs- und Umbruchperiode – Transformation auf der historischen Agenda Transformation heute denkbar machen – das heißt zunächst, die gegenwärtige Epoche als „Übergangszeit“ und als „Gesellschaft im Umbruch“ (Baethge/Bartelheimer 2005) zu verstehen. Die 2008 aufbrechende und sich seit dem weiter vertiefende „Große Krise“ des Finanzmarktkapitalismus (vgl. IfG-Thesen 2011) hat die systemischen Grenzen des dominierenden Entwicklungspfades und -modells deutlich sichtbar werden lassen. Doch zeichneten sich dieser Epochenbruch und das „Ende des goldenen Zeitalters“ (Hobsbawm 1998) schon seit dem letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts ab. „Rückblickend ist nicht mehr strittig, dass die 1970er Jahre eine Wendezeit waren“ (Streeck 2013: 23). In den 1970er Jahren setzte eine „systemübergreifende Krise europäischer Industriegesellschaften“ (Steiner 2006: 1) ein, die die kapitalistischen des Westens ebenso traf wie die realsozialistischen des Ostens. Es war, wie Konrad Jarausch feststellt, der Beginn eines „fundamentalen gesellschaftlichen Strukturwandels“ und einer „strukturellen Transformation“ (Jarausch 2006: 4). Ihr Kern besteht in der Krise des sozioökonomischen und soziokulturellen 6 Entwicklungspfades und Gesellschaftsmodells. Der bisherige Entwicklungspfad stieß an seine immanenten Grenzen. Der steigende Verbrauch nicht erneuerbarer Energie und Rohstoffe und die Zunahme der Emissionen bilden die Grenze dieses Typs wirtschaftlicher Entwicklung und die Grenzen wurden in den 1970er Jahren global spürbar (Land 2009): Ölkrise, Ölpreisschock, steigende Energie- und Rohstoffpreise, Ende des internationalen Währungssystems von Bretton Woods, fallende Wachstumsraten des BIP, Zurückbleiben der Löhne hinter der Produktivitätsentwicklung, Verfestigung einer Sockelarbeitslosigkeit, partielle Aufhebung des Teilhabemodus. Der Club of Rome sprach erstmals von den „Grenzen des Wachstums“ (Meadows et. al. 1972). Seine wichtigste Schlussfolgerung lautete: „Wenn sich nicht grundsätzlich etwas änderte, war die Menschheit im Begriff auf gefährliche Weise über die materiellen Grenzen unseres Planeten hinauszuwachsen“ (Randers 2012: 14). Diese neuen, ungewohnten Blockaden und Konflikte führten bei den verschiedenen Akteuren zu Verunsicherungen und zu unterschiedlichen Suchstrategien. Doch eine tragfähige Alternative konnte sich letztlich nirgendwo durchsetzen. Die staatssozialistisch-fordistischen Gesellschaften fanden – auf Grund ihrer strukturellen und subjektiven Reformunfähigkeit – auf die neuen Herausforderungen des gesellschaftlichen Strukturwandels und der Transformation keine überzeugende Antwort. Die Folge war eine schleichende Erosion, die schließlich die Implosion ihres Gesellschafts- und Wirtschaftsmodells bewirkte. In den kapitalistisch-fordistischen Gesellschaften kam es zu vielfältigen Auseinandersetzungen und auch zu Versuchen progressiver gesellschaftlicher Akteure, den Nachkriegskapitalismus emanzipatorisch, demokratisch und sozialökologisch umzubauen. Doch letztlich setzte sich die Fraktion des Kapitals durch, die im Neoliberalismus und Marktfundamentalismus die Antwort auf die Krise und die neuen Herausforderungen suchte. Eingeleitet wurde eine restaurative Transformation der Wirtschaft (Übergang vom sozialstaatlich regulierten Kapitalismus zur „Entbettung“ des Marktes und zur Dominanz des Finanzmarktkapitalismus), des Staates (Übergang vom Sozial- zum Wettbewerbsstaat) und der Gesellschaft (Übergang von einer partiellen Teilhabe- zu einer marktradikalen Konkurrenzgesellschaft) einleitete und voran trieb. Damit verbunden war die Freisetzung von neuen Anpassungskapazitäten, Stabilitäts- und Innovationspotenzialen. Die Grenzen des bisherigen Pfades aber konnten nicht überwunden werden. Im Gegenteil. Das neoliberale Projekt, das 30 Jahre lang weltweit die Vorherrschaft inne hatte, mündete schließlich in die größte Krise der Nachkriegsgeschichte. Der Traum, Kapitalverwertung könne auf Kosten von Lohnarbeit, Sozialstaat, anderen Konkurrenten und gegen Gemeinwohl und Öffentlichkeit auf Dauer gewährleistet werden, zerplatzte (vgl. Land 2009, Reißig 2009: 136-139). Und auch Wolfgang Streeck beschreibt die Zeit seit den 1970er Jahren als „langgezogene Wende vom Sozialkapitalismus der Nachkriegszeit zum Neoliberalismus des beginnenden 21. Jahrhunderts“ (Streeck 2013: 19). Die nach 1989/90 einsetzende postsozialistische Transformation im Osten (als dem schwächsten Kettenglied) war dann doch nicht – wie im politischen und wissenschaftlichen Mainstream postuliert – das „Ende der großen Gesellschaftsalternativen“ (Bell 1989), oder gar das „Ende der Geschichte“ (Fukuyama 1991), sondern im Gegenteil der Beginn einer neuen Ära der Transformation. Doch am alten Entwicklungs- und Wachstumspfad orientiert, konnte die postsozialistische Transformation das Tor zur neuen sozial-ökologischen und demokratisch-emanzipativen Transformation nicht aufstoßen. Nach der Transformation ist deshalb vor der Transformation, der Transformation gerade auch der entwickelten kapitalistischen Gesellschaften, der Weltgesellschaft, der gesamten Moderne. War es eine grundlegende Schwäche zumindest der vom Mainstream dominierten Transformationsforschung der 1990er Jahre, die postsozialistische Transformation im Osten. – entgegen kritischer Einwände vor allem ostdeutscher Sozialwissenschaftler – nicht im Zusammenhang mit der erforderlichen Transformation im Westen zu betrachten, so ist es 7 umgekehrt eine erhebliche Schwäche der gegenwärtigen Transformationsforschung, die heutige Transformation ohne die Erfahrungen und Erkenntnisse aus der postsozialistischen Transformation und -forschung zu bearbeiten (vgl. dazu Reißig 2011: 31 ff.). Die Notwendigkeit einer Richtungsänderung in den entwickelten kapitalistischen Ländern betont inzwischen auch die OECD. So wird in ihrem Bericht vom November 2012 festgestellt: „Über den Projektionszeitraum dieses Wirtschaftsausblicks hinaus besteht die Herausforderung für die Politik darin, die Weltwirtschaft auf einen neuen langfristigen Pfad zu lenken. Voraussetzung dafür ist eine Abkehr vom ‚Weitermachen wie bisher’ der Vorkrisenzeit. Die Politik muss nicht nur das Finanzsystem wieder in Ordnung bringen, sondern auch Wege finden, um die ökologische Nachhaltigkeit zu sichern und den wachsenden Ungleichheiten zu begegnen.“ (OECD-Wirtschaftsausblick 2012) Diese neue Situation der kapitalistischen Produktionsweise und der bürgerlichen Gesellschaft, die mit den 1970er Jahren immer deutlicher wurde, ist Ausdruck dafür, dass eine Epoche wirtschaftlicher, sozialer, kultureller Entwicklung zu Ende geht und eine neue Übergangsepoche begonnen hat. Der Kern dieser neuen Übergangs- und Umbruchsituation besteht darin, dass das über mehr als zwei Jahrhunderte hegemoniale Industrie-, Entwicklungs-, Wachstums- und Fortschrittsmodell an seine natürlichen und gesellschaftlichen Grenzen gestoßen und auf den Prüfstand gestellt ist. Dieses Entwicklungsund Modernisierungsmodell des Westens, das einst beachtlichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt bewirkte, könnte nur noch um den Preis irreversibler Schäden und Zerstörungen der Natur, der Gesellschaft und des Menschen fortgesetzt werden (vgl. auch Der neue Bericht an den Club of Rome, München 2012). In diesem Sinne ist dieses Entwicklungsmodell mit seinen Folgen - von der kapitalistischen Wachstumslogik mit ihrem ungebremsten Ressourcenverbrauch über den rasch sich vollziehenden Klimawandel bis zur Verschärfung der sozialen Ungleichheiten und Spaltungen weltweit – im Grunde nicht verlängerbar und nicht verallgemeinerbar. Auf die historische Agenda gerückt ist daher die Notwendigkeit eines grundlegenden Pfadwechsels, einer einschneidenden gesellschaftlichen Transformation. Transformation als längerfristiger Übergang zu einem neuen Typ nachhaltiger wirtschaftlicher Entwicklung, sozialer Teilhabe, demokratischer Bürgerbeteiligung und sozialer und humaner Lebensqualität. Meine zeitdiagnostische Ausgangsthese lautet deshalb: Die heutigen Konfliktstrukturen, weltweiten ökonomischen und ökologischen Krisen und Brüche sowie längerfristigen Trends nicht primär als Zusammenbruchsszenario, sondern als Übergangsund Transformationsepoche zu interpretieren. Eine Übergangs- und Transformationsepoche, die einen längeren historischen Zeitraum umfassen wird, erhebliche Gefährdungen einschließt, aber auch neue Chancen eröffnet; eine Epoche, deren Ausgang aus heutiger Perspektive offen ist. Auch am Wandel des gesellschaftskritischen Diskurses lässt sich dies nachzeichnen. Was als erste Diskussion um „Grenzen des Wachstums“ (1970er Jahre) begann, dann als Diskurs um „Nachhaltige Entwicklung“ (1980er und folgende Jahre) fortgesetzt wurde, später in jenen von „Ökologischer Modernisierung“ und „Green New Deal“ (seit 1990er Jahre bis heute) führte, erfährt nun seine weiterführende, gesellschaftsverändernde Struktur im gesellschaftskritischen Diskurs um eine „Sozial-ökologische und demokratisch-solidarische Transformation“. Dies zeugt zum einen von der schon längeren Diskussion um eine Korrektur der bislang dominierenden Entwicklungs-, Fortschritts- und Wachstumsvorstellungen. Es reflektiert zum anderen einen nun sich herausbildenden neuen, über das bisherige systemimmanente Modelldenken hinausgehenden Such- und Lernprozess in einer Zeit des 8 historischen Übergangs und Umbruchs. Da die Frage nach grundlegenden Richtungsentscheidungen und -wandel im Kontext der tiefgreifenden ökonomischen und ökologischen sowie gesellschaftlichen Krisen und Brüche erstmals wieder auf die Tagesordnung gerückt ist, ist gerade auch der Diskurs um Transformation als grundlegender gesellschaftlicher Wandel neu herausgefordert. Noch aber ist dieser gesellschaftskritische Diskurs nicht hegemonial, nicht in der Wissenschaft und nicht in der Gesellschaft. Drittens: Die heutige Transformation – eine Gesellschafts-Transformation eigenen Typs. Merkmale und Besonderheiten Diese neue Transformation als spezifischer Wandlungstyp ist in meinem Verständnis eine Gesellschafts-Transformation, die eigene Merkmale und Besonderheiten aufweist. Sie kann nicht allein – wie es oft geschieht – auf Wandel der technisch-organisatorischen Strukturen bzw. auf einen „ökologischen Umbau des Industriesystems“ oder auf einen Typ „klimaverträglicher und ressourceneffizienter Entwicklung“ (WGBU 2012), so wichtig dies ist, beschränkt werden. Analysiert man die realen Wandlungs- und Transformationsprozesse unserer Zeit, so kann nun auch geprüft werden, ob und inwiefern die allgemeinen Eigenschaften/Kennzeichen von „Transformation als sozialer Wandlungstyp“ (vgl. ersten Abschnitt) auch auf den spezifischen Typ „Gesellschafts-Transformation“ in der Gegenwart zutreffen und wo die Unterschiede liegen. Vergleicht man dann noch diese heutige Gesellschafts-Transformation mit der ersten Großen Transformation der Neuzeit (18./19. Jahrhundert) und mit nachfolgenden Fällen von Gesellschafts-Transformation im 20. Jahrhundert, so können einige bedeutsame Veränderungsprozesse im aktuellen Transformationsgeschehen herausgearbeitet und charakteristische Merkmale und Besonderheiten der gegenwärtigen Transformation bestimmt und als Typ „Gesellschafts-Transformation“ in einer neuen Übergangs- und Umbruchperiode verallgemeinert und konkretisiert werden. Keine Frage, dass jedoch erst mit dem weiteren Verlauf dieser heutigen Transformation tiefgründigere Analysen und damit weiterführende empirische und theoretische Erkenntnisse möglich werden. 1. Transformationstyp: Gesellschafts-Transformation Der Oberbegriff „Transformation“ als spezifischer Typ sozialen Wandels konkretisiert sich im Unterbegriff „Gesellschafts-Transformation“. Gesellschafts-Transformation sind Wandlungs- und Umwandlungsprozesse auf gesamtgesellschaftlicher Ebene, mit denen sich letztlich die gesamte Struktur und Formbestimmtheit gesellschaftlicher Produktions- und Lebensweise wandeln. Oder anders formuliert: Gesellschafts-Transformationen sind strukturelle Wandlungen, in denen sich die Typen sozialer Ordnung, die Typen sozioökonomischer und soziokultureller Entwicklung grundlegend verändern. Weltgeschichtlich können bislang zwei typische Fälle (Varianten) eines solchen Formationsbzw. Gesellschaftsformwechsel unterschieden werden. Zum einen der Fall von Transformation, der in langfristigen, sich überlappenden evolutionären und revolutionären Teilprozessen und Zyklen, gesamtgesellschaftlich eher überwiegend unbewusst, aber letztlich sich doch auch gerichtet vollzieht. Charakteristisch hierfür war der von Marx analysierte Formationsübergang, vom Feudalismus zur „modernen bürgerlichen Gesellschaft“ (Marx, MEW, Bd. 42), der sich über einen Zeitraum von rund 300 Jahren vollzog. Ein Transformationsprozess, den später Karl Polanyi in seinem Werk „The Great Transformation“ mit Blick auf die Ereignisse der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts weiterführend analysierte (Polanyi 1944/1978). 9 Zum anderen der Fall von Transformation, der eher Versuche einer bewussten, gesteuerten gesellschaftlichen Umwälzung markiert, in denen die handelnden Akteure auch relativ klare Vorstellungen von ihren Zielen und der neu zu schaffenden sozioökonomischen und politischen Ordnung haben. Sie sind in der Regel von kürzerer Dauer, doch erstreckt sich ihr Gesamtprozess –vor allem die soziokulturelle Transformation – auch in diesem Fall über längere Zeiträume. Beispiele dieser Gesellschafts-Transformation sind unter anderem die ansonsten so unterschiedlichen realsozialistischen sowie die postsozialistischen Transformationen im 20. Jahrhundert. Sowohl zur Transformation als Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus liegen theoretische Arbeiten vor (u. a. Bucharin 1920, Hobsbawm 1998, Bahro 1977) als auch insbesondere zur postsozialistischen Transformation des Übergangs vom Staatssozialismus zu demokratisch-kapitalistischen Gesellschaften (u. a. Beyme/Offe 1996, Reißig 1998, 2000; Wiesenthal 2009). Darauf kann die heutige Transformationsforschung zurückgreifen wie auch auf die Ergebnisse der Forschungen zur Transition, zum politischen Ordnungswechsel bürgerlich-kapitalistischer Gesellschaften (u. a. O’ Donnell/Schmitter 1986, Merkel 2010). Trotz ihres voraussetzungsvollen, ambivalenten und hinsichtlich ihrer Resultate offenen Charakters – so meine begründete Hypothese – ist der Transformationstyp „GesellschaftsTransformation“ im globalen Maßstab des 21. Jahrhundert im Wachsen begriffen. Auch die Transformation in den modernen bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaften kann m. E. als ein weiterer spezifischer Fall diesem Transformationstyp „Gesellschafts-Transformation“ zugeordnet werden. Denn bei dieser neuen Transformation geht es schließlich auch um einen grundlegenden strukturellen Wandlungs- und Umwandlungsprozess des Gesellschaftstyps/modells, des Typs sozioökonomischer und soziokultureller Entwicklungsweise. Dabei gibt es offensichtlich Gemeinsamkeiten wie grundlegende Unterschiede zu den anderen beiden genannten Fällen/Varianten von Gesellschafts-Transformation im bisherigen Geschichtsprozess. Denn der Transformationstyp „Gesellschafts-Transformation“ trat bislang bereits und tritt künftig in jeweils unterschiedlichen Formen, Gestalten, Strukturen auf. 2. “Einheiten“ der Gesellschaftsmodelle heutigen Gesellschafts-Transformation: Entwicklungs- und In diesen konflikthaften Wandlungs-, Umformungs- und Übergangsprozessen bürgerlichkapitalistischer Gesellschaften bilden heute „Entwicklungs- und Gesellschaftstypen und modelle“ die „Einheiten“ der Transformation. Diese sind zugleich ein wesentlicher Zugang zur Analyse und Erklärung der komplexen und ambivalenten gesellschaftlichen Transformationsprozesse. Im Prinzip sollen mit „Gesellschafts- und Entwicklungstyp und -modell“ das spezifische gesellschaftliche Entwicklungs- und Kulturmuster, das spezifische Herrschafts-, Wirtschafts(bzw. Produktions-) und Sozialmodell, die typische individuelle Lebensführung und –weise reflektiert und verallgemeinert werden. Oder „soziologischer“ formuliert: Gesellschaftstyp/modell ist ein sozioökonomischer Entwicklungszusammenhang, der sowohl die Makro- wie die Mikroebene umfasst. Auf der Makro- oder Systemebene umfasst er das Wirtschafts-, Produktions- und Sozialmodell mit den damit verbundenen Macht-, Eigentums- und Herrschaftsverhältnissen. Auf der Mikroebene, d. h. der individuellen Ebene, geht es um die individuellen Verfügungs-, Teilhabe- und Emanzipationsmöglichkeiten. Gesellschafts- und Entwicklungsmodelle prägen die modernen bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaften, ihre Funktions- und Entwicklungslogik über lange historische Zeiträume. Dabei setzten sich in bestimmten historischen Zeiträumen jeweils dominierende Gesellschafts- und Entwicklungsmodelle durch. Neben ihren allgemeinen Merkmalen weisen sie von Land zu Land zugleich vielfältige Besonderheiten, Spezifika, „Abweichungen“ 10 (Varianten, Variationen) auf. Gesellschafts-Transformation ist mithin ein Wandel, der durch heftige Auseinandersetzungen zwischen dem alten und dem neuen Entwicklungsparadigma und den damit inhärenten Interessendivergenzen und -gegensätzen gekennzeichnet ist. Betrachtet man jüngste gesellschaftliche Transformationsprozesse im und des Kapitalismus, so lassen sich die Prozesse der Herausbildung, Konstitution, Erosion und des schließlichen Niedergangs sozioökonomischer und soziokultureller Entwicklungsund Gesellschaftsmodelle plausibel nachzeichnen. Zuerst in den USA der 1930er Jahre, dann nach dem 2. Weltkrieg in den entwickelten kapitalistischen Industrieländern, und gerade auch in Westdeutschland, bildete sich das „Fordistisch-Wohlfahrtsstaatliche Entwicklungsmodell“ heraus und bestimmte für Jahrzehnte die Funktions- und Entwicklungslogiken kapitalistischer Entwicklung. Es war durch eine Reihe allgemeiner Merkmale und institutioneller Bausteine gekennzeichnet, die ein alles in allem in sich konsistentes und funktionierendes Gesellschaftsund sozioökonomisches Entwicklungsmodell konstituierten, das eine neue Entwicklungsweise generierte (vgl. u. a. Reißig 2009: 117 ff.). Es wirkte als Kombination von fordistischer Massenproduktion, beständigen Wirtschaftswachstum, produktivitätsorientierter Lohnentwicklung und Ausbau staatlicher Sozialleistungen, von Sozialpartnerschaft und gewerkschaftlicher Mitbestimmung. Zugleich wirkte dieses Entwicklungsmodell kaum in Richtung emanzipativer individueller und gesellschaftlicher Entwicklung. Bekanntlich stieß dieses techno-ökonomische und sozio-kulturelle Modell seit ca. Mitte der 1970er Jahre an seine immanenten Grenzen. Krisen und Erosionsprozesse dieses fordistisch geprägten sozioökonomischen Entwicklungsmodells waren die Folge. Was in den 1970er/1980er Jahren sich vollzog erwies sich (später) als historische Umbruchsituation, als Übergangsepoche. Durchgesetzt hat sich nicht – wie gezeigt – ein neuer, öko-sozialer, nachhaltiger, demokratisch geprägter Transformations- und Entwicklungspfad, sondern eine markt-liberale, restaurative Transformation. In ihrem Ergebnis bildete sich ein tiefgreifend verändertes, kohärentes neoliberales, marktradikales Gesellschafts- und Entwicklungsmodell heraus, das lange funktionierte und dann mit der 2008 aufbrechenden großen Krise erodierte (s. Reißig 2009: 124-141). Bei der neuen Gesellschafts-Transformation im 21. Jahrhundert geht es nicht um die Rückkehr zur Vergangenheit, zum Sozialkapitalismus der Nachkriegszeit, sondern um den schrittweisen Übergang zu einem neuen, zukunftsträchtigen sozioökonomischen und soziokulturellen Gesellschafts- und Entwicklungstyp/-modell. Das schließt gewandelte Strukturen, Institutionen (Um- und Neuaufbau), Regeln ein, die einen neuen Typ von demokratischer Gesellschaft und sozialer Entwicklung generieren. Eine Entwicklung, in der die Dominanz finanzmarktgetriebener, kapitalistischer Verwertungsbedingungen allmählich zurück gedrängt würde und gesellschaftliche, d. h. soziale, ökologische, demokratische Verwertungsbedingungen sich immer mehr durchsetzten. 3. Heutige Gesellschafts-Transformation – Übergang sozioökonomischer und soziokultureller Entwicklungsweisen zu einem neuen Typ Auf der historischen Agenda steht mithin eine grundlegende gesellschaftliche Transformation. Diese ist jedoch konfrontiert mit einer über 30jährigen neoliberalen „Entbettung“ des Marktes, Deregulierung und umfassenden Privatisierung und der Herausbildung eines marktliberalen/-radikalen Gesellschafts- und Entwicklungsmodells. Das erfordert zunächst und vor allem – in Anlehnung an Karl Polanyi – das Ringen um die „Wieder-Einbettung“ und ReRegulierung des außer Kontrolle geratenen Marktes, insbesondere des Finanzmarktes. Gesellschafts-Transformation in diesem Sinne heißt heute deshalb Abwehr der Folgen marktradikaler Entwicklung und Schritte zur Richtungsänderung kapitalistischer Produktionsund Entwicklungsweisen. Gewinnt die demokratische Politik den Primat über die Ökonomie 11 zurück? Kann eine Kulturgesellschaft über den radikalisierten Markt, insbesondere den Finanzmarkt obsiegen oder verfestigt sich eine „Marktkonfome Demokratie“ statt eines „Demokratiekonformen Marktes“? Notwendig sind eine soziale Regulierung und die Verteidigung und der Ausbau der sozialen und demokratischen Rechte. Notwendig sind Investitionen in öffentliche Infrastrukturen, besonders in die Bereiche Bildung, Forschung, Lehre, Gesundheit, Kinderbetreuung, Pflege, Öffentlicher Personennahverkehr. Worum es also geht, sind typische gesellschaftliche Auseinandersetzungen um gesellschaftliche Wandlungen, um eine beginnende gesellschaftliche Transformation, die an den heutigen gesellschaftlichen Konflikten und den konkreten individuellen Bedürfnissen der Menschen anknüpft. Transformation als spezifische Richtungsänderung kapitalistischer Produktionsund Entwicklungsweise. Angesichts der Gegebenheiten heutiger finanzmarktgesteuerter Entwicklung bleibt selbst diese heutige, aktuelle Herausforderung der Transformation ein langfristiger, komplexer und hart umkämpfter Wandlungsprozess. Es ist eben nicht sicher, ob dieser notwendige und grundlegende Wandel – d. h. eine sozialökologische und demokratische Transformation – schon heute oder erst morgen bzw. noch viel später eintreten wird und zu welchen konkreten Ergebnissen er führen wird. Systemische Gesellschaftsveränderungen brauchen Zeit. Der Wandel der Energiesysteme, ein neues Wachstumskonzept, die Lösung der Klimafrage, die Umsetzung sozialer Gerechtigkeit, eine umfassende Demokratisierung und der Wandel der heute dominierenden institutionellkulturellen Leitvorstellungen sind Anforderungen, die nur über längere Zeiträume zu bewerkstelligen sind. Randers meint in seinem Bericht an den Club of Rome sogar, dass erst nach 2052 die wirklichen grundlegenden gesellschaftlichen Umwandlungen erfolgen werden, weil erst dann die kritische Situation – die Klima- und soziale Frage – sich so zugespitzt haben werden, dass gesellschaftsveränderndes Handeln unausweichlich wird. Doch muss mit diesem Handeln im Sinne ökologischen und sozialen Wandels schon heute begonnen werden; ein Prozess, in dem sich dann bereits neue Konturen abzeichnen können (Randers 2012: 34, 363). Generell sind jedoch – aus heutiger Sicht – verschiedene Szenarien vorstellbar: Fortführung einer marktradikalen, finanzmarktgetriebenen Entwicklung, wie es Teile der Herrschenden weiterhin versuchen. Möglich sind jedoch auch stark autoritär und rechtspopulistisch geprägte Antworten auf ein sich vertiefendes Krisenszenario. Das kann unter Umständen Niedergänge, Zusammenbrüche, Katastrophen infolge von „Grenzüberschreitung“ (vgl. Randers 2012: 271) herbeiführen. Doch formieren sich auch Kräfte, die auf einen „Grünen Kapitalismus“ setzen. Welches Szenario sich realisieren wird, ist gegenwärtig nicht vorhersehbar. Nur wollen wir hier die (aus heutiger Sicht optimistische) Transformationsvariante – die sozialökologische und demokratisch-solidarische Transformation – in den Blick nehmen. Sie ist objektiv herangereift, gesellschaftlich erforderlich und wäre die demokratische, soziale und humane Lösung der angehäuften Probleme, Konflikte, Herausforderungen. Auch wenn es für ihr Gelingen keine Garantie gibt, sollte gesellschaftskritisches Denken und Handeln zumindest versuchen, diese Entwicklungsvariante in den Blick bzw. in Angriff zu nehmen. Umso mehr, als diese gesellschaftliche Transformation in dieser oder jener Form bereits begonnen hat. Dabei gilt zunächst: Ohne Bearbeitung der unmittelbar drängenden gesellschaftlichen Konfliktsituationen und Herausforderungen ist die auf der Agenda stehende weiterführende, historische Gesellschafts-Transformation des 21. Jahrhunderts nicht möglich. In dieser neuen Übergangs- und Umbruchsituation erfordert eine solche Gesellschafts-Transformation, das gesellschaftliche Naturverhältnis und die sozialen Verhältnisse in ihrem Zusammenhang neu zu gestalten durch den Übergang zu einem zukunftsträchtigen sozialökologischen und solidarisch-kooperativen Entwicklungspfad. Es ist die konstruktive Antwort auf die beiden zentralen Konfliktlinien unserer Zeit: die Zerstörung der ökologischen Grundlagen menschlichen Lebens, der natürlichen Gemeingüter (Ressourcen, Klima, Wasser, Landschaft, 12 Meere) und die soziale Zerklüftung und tendenzielle Zerstörung der Welt-Gesellschaft, der sozialen und geistigen Gemeingüter (Arbeit, Bildung, Gesundheit, sozialer Zusammenhalt der Gesellschaft, Vertrauen, Achtung, Würde, Anerkennung). Sozial-ökologische und demokratisch- solidarische Entwicklung – das sind deshalb die beiden miteinander verbundenen Säulen, sind der Kern dieser Gesellschafts-Transformation im 21. Jahrhundert. Dieser Pfadwechsel erfordert letztlich einen tiefgreifenden Wandlungs- und Umbauprozess von Produktions- und Lebensweisen. Aus den Konflikten, Trends und Brüchen des bisherigen Entwicklungspfades und den neuen gesellschaftlichen Herausforderungen sind drei Erfordernisse, die diese Gesellschafts-Transformation in dieser oder jener Weise zu bewältigen hätte, ableitbar und fixierbar: Zum einen der schrittweise Übergang von der alles beherrschenden, inzwischen Natur und Gesellschaft gefährdenden heutigen Wachstumsökonomie zu einem alternativen, zu einem neuen Wachstumspfad, genauer zu einem neuen, nachhaltigen Entwicklungspfad. Denn die alte Gleichung Wachstum gleich Fortschritt, gleich Wohlstand, gleich höhere Lebensqualität, ist nicht mehr haltbar. Dennoch wird sie nach wie vor in der offiziellen Politik und auch im Mainstream der Ökonomenzunft favorisiert. Tatsächlich führt das bisherige Wachstumsregime und -konzept mit seiner extensiven Vernutzung natürlicher Ressourcen, endlicher fossiler Energieträger und Emittierung klimaschädlicher Schadstoffe zur ungebremsten und nicht mehr zu reparierenden Zerstörung der Natur, zu ökologischen Krisen, zu Umweltkatastrophen, zu sozialen und gesellschaftlichen Ausgrenzungen national und global, zu öffentlicher Verschuldung und geht zu Lasten der heranwachsenden Generationen. Dieses Wachstumsmodell ist also nicht mehr wie in der Vergangenheit eine wesentliche Voraussetzung zur Bearbeitung grundlegender Probleme (Arbeitslosigkeit, Armut, Prekariat, soziale Ungleichheit) in den entwickelten kapitalistischen Ländern, wie Wachstum an sich aber auch nicht der Grund aller Probleme, allen Übels ist. Wachstum – Entwicklung – Wohlstand sind in dieser Transformation neu zu definieren und in einem längeren Prozess gesellschaftlichen Wandels auf neue Art und Weise zu verwirklichen. Ging es in der ersten Großen Transformation der Neuzeit nicht zuletzt um den Übergang von der Agrar- zur rasch wachsenden Industriegesellschaft, so geht es mit der heutigen Transformation gerade auch um den Umbau des gesamten traditionellen Industriesystems und den Übergang vom industriell-fordistischen zu einem neuen, nachhaltigen, öko-sozialen Entwicklungspfad. Dieser ist bislang noch in keinem Land vollzogen. Es gibt kein entsprechendes gesellschaftliches bzw. wirtschaftliches Modell, an dem sich heute die einzelnen Länder und Akteure orientieren könnten. Wie, auf welchem Wege in dieser Transformation stabile und zukunftsfähige Entwicklung ohne das traditionelle Wachstum zu erreichen ist, ist deshalb Gegenstand vielfältiger und kontroverser Diskussionen (Dörre 2011, Klein 2011, Land 2011, Müller/Strasser 2011, Paech 2011). Ohne eine konstruktive Antwort und praktische Alternative auf diese wahrlich einmalige Herausforderung der Wachstumsfrage ist die neue Gesellschafts-Transformation jedoch nicht denkbar, nicht realisierbar. Ein neuer dynamischer, weiter zu präzisierender „Entwicklungsbegriff/-gedanke“ bildet in diesem Transformationsverständnis die konstruktive Alternative zur traditionellen „Wachstumslogik“. Die Wachstumsfrage ist in die übergeordnete Frage eines neuen Entwicklungspfades ein- und dieser unterzuordnen (vgl. auch Land 2011: 99). Die gesellschaftliche Transformation steht so vor der historischen Aufgabe, diese heutige Wachstumsökonomie schrittweise in ein nichtfossiles Wirtschaftssystem und einen neuen Typ natur- und umweltverträglicher sowie ressourceneffizienter wie sozialer und kultureller Entwicklung zu überführen. Statt Fortsetzung eines destruktiven Wirtschaftskurses also nachhaltige Entwicklung, d. h. vor allem „menschliche Entwicklung“ (UN-Bericht 2010). Zum anderen verlangt die neue Große Gesellschafts-Transformation den schrittweisen Übergang vom zunehmenden und weltweiten Ausschluss großer sozialer Gruppen und 13 Regionen von Wohlstand, sozialer Sicherheit und individuellen Entwicklungsmöglichkeiten zu einem alternativen, neuen Modell sozialer und demokratischer Teilhabe. GesellschaftsTransformationen bedeuten Wandel des Wirtschafts-, Produktions- und Sozialmodells, der System- und der Lebenswelt. Heute gewährt auch in den entwickelten kapitalistischen Ländern der alte Wachstumspfad in seiner fordistisch-industriellen Ausprägung nicht mehr Wohlstand und Lebensqualität. Der Übergang zu einem nachhaltigen, sozialökologischen Wirtschaftspfad kann aber auch nur gelingen, wenn es dabei nicht um Askese und Verzicht geht, sondern um neue Formen sozialer und demokratischer Teilhabe und gleicher individueller Entwicklungsmöglichkeiten für alle Bürgerinnen und Bürger. Die konkreten Wege zu dieser Teilhabe sind in den verschiedenen Weltregionen (z. B. Industrie- bzw. Schwellenländer oder Entwicklungsländer) sehr unterschiedlich und müssen in vielem auch erst noch gefunden und ausprobiert werden (vgl. auch Bericht an den Club of Rome 2012). Letztlich geht es jedoch in allen Regionen um gleiche Teilhabe aller an Arbeit, Bildung, Gesundheit, Daseinsvorsorge, Kultur und öffentlichen Leben. Zukunftsfähige Entwicklung als soziale Teilhabe stellt in dieser Transformation die Frage nach dem „Guten Leben“ (gerade auch in westlichen Gesellschaften) neu, schon weil diese mit Umweltkompatibilität und Ressourceneffizienz vereinbar sein muss. Die Qualität des Lebens hängt – wie die Erfahrungen der modernen Industriegesellschaften zeigen – nicht allein vom Kaufen und Nutzen von Waren und Diensten (Massenkonsumtion) ab, sondern zu einem wesentlichen Teil von sinnvollem Tun, von gesunder Umwelt, guten Bildungschancen, ausreichender Gesundheitsvorsorge, Pflege menschlicher Beziehungen, zivilgesellschaftlicher Tätigkeit. Das alles ist nicht zuerst nur eine Frage des Geldes (Wohlstand), sondern vor allem auch der Zeit und der gleichberechtigten Teilhabe als Voraussetzung für Wohlfahrt (Scherhorn 2011: 97 ff., Etzioni 2011:328 ff.). So oder so – ein sozialökologischer, solidarischer Pfadwechsel geht mit Änderungen der bisherigen Lebensweiseformen und Lebensstile einher. D. h. – ohne kulturellen Wandel ist der ökonomische nicht realisierbar und umgekehrt. Randers spricht in seinem neuen Bericht an den Club of Rome davon, dass die neue Transformation auf eine neue kulturelle Stufe der Zivilisation abziele. Hierin liege der eigentliche Fokus des anstehenden Paradigmenwechsels. Stärkere Hinwendung der Menschen vom Materiellen zum Kulturellen und zur Selbstentfaltung, vom hierarchisch-antagonistischem System- und Konkurrenzmodell zur Netzwerkorganisation, zum kreativen Team, zur Interaktion, zum Dialog (Randers 2012: 363/364). Dies kann – so Randers – natürlich nur in einem längeren Prozess (mehrere Jahrzehnte) und nur als tiefgreifende Systemveränderung möglich werden. Schließlich erfordert diese neue Gesellschafts-Transformation den Übergang zum Typ sozialökologischer und solidarischer Entwicklung im globalen Maßstab. Denn die grundlegenden Menschheitsprobleme – Ökologische Krisen und Schäden, Klimawandel, Ressourcenknappheit, Soziale Ungleichheit, Verelendung weiter Teile der Erdbevölkerung, Hunger und Flüchtlingsströme – sind allesamt globaler Natur und übersteigen die Problemlösungskapazität der Nationalstaaten. Es geht deshalb um den Übergang zu einem Pfad globaler Entwicklung, in dem Nachhaltigkeit, Solidarität und globale Gerechtigkeit eine neue Einheit bilden. Das erfordert ein alternatives, neues Finanz-, Weltwirtschafts-, Umweltund Sicherheitssystem, ein friedliches, kooperatives Zusammenwirken und -leben der Menschen statt Konfrontation, marktradikaler Konkurrenz und globaler Ausbeutung. Gesellschafts-Transformation als Transformation der Welt-Gesellschaft. Dieser heute auf der historischen Agenda stehende Transformationstyp ist deshalb – um auf unsere Ausgangshypothese zurückzukommen – im wahrsten Sinne des Wortes eine tiefgreifende Gesellschafts-Transformation auf nationaler, regionaler und globaler Ebene. Er umfasst den Wandel der Produktions- und Lebensweisen, der Macht- und Eigentumsstrukturen sowie der individuellen und gesellschaftlichen Deutungsstrukturen. 14 Das aber mündet in die Frage nach der Demokratie als Machtfrage der Transformation. Der mit der neoliberalen Wende einhergehende Frontalangriff auf die Demokratie und ihren Institutionen verlangt nun mehr denn je einen tiefgreifenden Um- und Neuaufbau demokratischer Institutionen als Voraussetzung einer nachhaltigen sozialen, ökologischen und friedfertigen Entwicklung. Die Tiefe dieses anstehenden transformatorischen Wandels macht zugleich deutlich, dass diese „Große Transformation“ nur über längere Zeiträume mit unterschiedlichen inhaltlichen Prioritäten und regionalen Schwerpunkten und nur über vielfältige Zwischenschritte, Vermittlungen möglich werden kann. Das wirft dann die Frage nach Zukunftsannahmen für diese Transformation auf. 4. Gesellschafts-Transformation als Leitbild, Voraussicht und Zukunftsannahme Bei der Betrachtung gesellschaftlicher Transformationen in Vergangenheit und Gegenwart stößt man in der Tat immer wieder auf die Frage nach Existenz und Funktion von Leit- und Zukunftsbildern sowie Visionen in der Transformation. Analysen zur ersten großen Transformation der Neuzeit zeigen, dass diese „insgesamt nicht visionsgesteuert“ (Osterhammel 2011: 631) war. Die Gesellschafts-Transformationen des 20. Jahrhunderts hingegen – sowohl die realsozialistischen wie die postsozialistischen und nicht zuletzt die Transitionen kapitalistischer Gesellschaften von autoritär-diktatorischen zu liberaldemokratischen Regimen – waren hingegen politisch gesteuerte Unternehmen der Gesellschaftsumwandlung auf der Basis relativ klarer Zukunfts- und Gesellschaftsbilder. Die heutige Gesellschafts-Transformation unterscheidet sich diesbezüglich sowohl von der ersten großen Transformation als auch von den Transformations- und Transitionsfällen des 20. Jahrhunderts. Für die heutige Transformation gibt es keine etablierten Vorbilder. Ihr liegt kein fertiges Modell, kein ausgearbeiteter Masterplan zugrunde, das bzw. den es in der gesellschaftlichen Praxis nur noch umzusetzen gilt. Diese Transformation ist auch kein primär politisch gesteuertes Unternehmen von oben, sondern eher ein widerspruchsvoller Such-, Experimentier- und Lernprozess. Dennoch, und anders als in der ersten großen Transformation der Neuzeit, operieren die verschiedenen Akteure heute – gestützt auf Analysen, Trends, Prognosen – mit einer gewissen Voraussicht. Sie entwickeln (unterschiedliche) normative Leitideen, Zukunftsannahmen und auch Visionen für diese Transformation. Hierzu hat sich in jüngster Zeit selbst ein entsprechender Diskurs herausgebildet. Offensichtlich bedarf eine Gesellschafts-Transformation, die im Hier und Heute beginnt, beginnen muss, aber auf einen grundlegenden Richtungs- und Pfadwechsel orientiert ist, eines gesellschaftlichen Narrativs, eines überzeugenden Leitbildes (keine Endzielprojektion). Im Unterschied zu früheren Leitbildern muss das heutige Leitbild der „Transformation“ von den Grenzen des Erdsystems als Ausgangspunkt gesellschaftlicher Entwicklung und von der globalen Interessenverflechtung ausgehen. Und zugleich auf eine andere, bessere, gerechtere, sicherere und freiere (Welt-)Gesellschaft orientieren. Ein solches Narrativ der Transformation gilt es positiv und als Angebot an breite gesellschaftliche Mehrheiten zu kommunizieren: D. h. Wandel und Transformation natürlich auch als Anstrengung, Mühe und Wagnis, aber weder als Zumutung und Bedrohung noch als eine zu realisierende Wünsch-Dir-WasVorstellung, sondern als berechtigte Hoffnung für die Menschen auf ein Leben in Sicherheit, Freiheit und Solidarität. Hoffnung aber ist, wie Sartre es nannte, selbst eine Triebkraft gesellschaftlicher Veränderungen. Ein solches Leitbild der heutigen Gesellschafts-Transformation wäre m. E. das einer „Nachhaltigen und Solidarischen Gesellschaft“ oder (verkürzt) einer „Solidarischen 15 Teilhabegesellschaft“, einer „Solidarischen Weltgesellschaft“ (Reißig 2009: 150 ff.). „Solidarische Teilhabegesellschaft“ ist eine Antwort auf die grundlegenden sozialen und ökologischen Konflikte und Herausforderungen unserer Zeit sowie der Gegenentwurf zur heute dominierenden marktradikalen Konkurrenzgesellschaft. Und ein solches Leitbild bzw. Zukunftskonzept gibt dem vieldiskutierten, aber sozial oft verengt interpretierten Projekt des „Ökologischen Umbaus“ eine klarere, Gesellschaft verändernde Perspektive. Es stärkt das soziale Profil und schlägt doch zugleich Brücken zu den verschiedenen Diskursen und ermöglicht die Herausbildung von Diskurs- und Transformationsallianzen. „Solidargesellschaft“ als ein normatives Leitbild dieser Gesellschafts-Transformation wird hier verknappt als gleichberechtigte Teilhabe aller am Sagen und Haben eines Gemeinwesens verstanden, das am Ziel der Einordnung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung unter die Reproduktion der Natur und an kooperativer Lebensweise und einem friedlichen und vernünftigen Zusammenleben der Menschen orientiert ist. Mit dieser Transformation entstünde dann keine Neuauflage der historisch gescheiterten Einheitsgesellschaft, sondern eine in sich differenzierte, plurale, immer wieder umkämpfte, entwicklungsoffene Gesellschaft, auch mit nicht vorhersehbaren Folgewirkungen. Nicht zuletzt haben bislang alle Transformationen zugleich die Gesellschaft belastende Nebenwirkungen hervorgebracht. So hat bekanntlich Karl Polanyi die mit der ersten großen Transformation verbundene soziale Entbettung des Marktes und deren zerstörende Folgen für Mensch, Gesellschaft, Natur hervorgehoben und entsprechende gesellschaftliche Alternativen (Einbettung des Marktes, Überwindung des Warencharakters von Arbeit/Boden/Geld, Neue Demokratie) entwickelt. Und wie wir wissen, waren die längerfristigen Folgen der ersten großen Transformation nicht nur durch rasche Industrialisierung, wirtschaftliche Dynamik und wissenschaftlichen Fortschritt gekennzeichnet, sondern eben auch durch zunehmende Militarisierung, imperiales Expansionsstreben, Kriege und tiefe soziale Spaltung der Welt. Auch die beiden Gesellschafts-Transformationen im 20. Jahrhundert konnten – im unterschiedlichen Maße zwar – nicht halten, was ihre bestimmenden Akteure versprachen. Eine diesbezügliche Ausnahme bildete am ehesten noch die „New Deal-Transformation“. Eine Leitidee, ein narratives Leitbild der heutigen Transformation kann immer nur als Rahmen gesetzt und als offenes, emanzipatives Projekt handelnder Menschen verstanden und formuliert werden. Dieses Leitbild kann jedoch von der Annahme ausgehen, dass die Funktions- und Zukunftsfähigkeit transformativer Gesellschaften wie der sich herausbildenden Weltgesellschaft im 21. Jahrhundert – auf der Basis der modernen Evolutionspotenziale – vor allem von Entwicklungen abhängen, die sich stärker durch „Nachhaltigkeit“, „Ressourceneffizienz und Umweltkompatibilität“, durch „Teilhabe“, „Gleichheit“ und „Demokratische Solidarität“ auf der Grundlage von Eigeninitiative, Selbstorganisation und individueller Freiheit auszeichnen. Darin widerspiegeln sich in einer widerspruchsvollen Einheit von System- und Lebenswelt wichtige und neue Universalien einer zukunftsfähigen Transformations-Entwicklung und -Gesellschaft im 21. Jahrhundert. Ein Umstand, der in der klassischen Modernisierungstheorie bislang nicht ernsthaft diskutiert wird. Zur Kommunizierung dieser Leitidee, dieses Narrativs der Transformation gehört auch, zu zeigen, dass eine sozialökologische und solidarische Gesellschaft nicht mit der Dominanz kapitalistischer Verwertungsbedingungen kompatibel ist. Sie verlangt deshalb strukturelle Eingriffe in die Logik kapitalistischer Verwertung und Akkumulation, in die bestehenden Macht- und Eigentumsstrukturen, verlangt die Zurückdrängung und Überwindung der Macht der Finanzoligarchie, die sozial- und umweltverträgliche Bindung des Eigentums, eine Vielgestaltigkeit der Eigentumsformen und neue volkswirtschaftliche Proportionen und neue Verteilungsverhältnisse. Und das heißt ein neues wirtschaftliches und gesellschaftliches Regulationssystem und vor allem die Entstehung einer „Neuen Demokratie“ (Polanyi), die die 16 gesellschaftliche und kulturelle über die politische und vor allem über die ökonomische Macht stellt. Wie Richard Wilkinson und Kate Pickett in einer umfangreichen Studie zeigen, sind Gesellschaften mit stärker egalitären Strukturen und Lebensweisen heute bereits funktions- und entwicklungsfähiger, und die Menschen leben in ihnen zufriedener (Wilkinson/Pickett 2010). Transformationen waren immer – und das gilt für die neue Transformation nicht weniger – heftige und konflikthafte gesellschaftspolitische Auseinandersetzungen um Hegemonie, Macht und Eigentum. Heute führen bereits erste Überlegungen, alternative Vorschläge und Schritte einer Transformation – so in Richtung eines Übergangs zu einer veränderten, ökologischen Wirtschaftsweise, einer Überführung öffentlicher Güter in die öffentliche Hand, einer Etablierung neuer Formen sozialer Teilhabe wie Grundeinkommen und Bürgerversicherung – zu solchen sozialen und politischen Auseinandersetzungen. In demokratisch-pluralistischen Gesellschaften mit unterschiedlichen politischen und kulturellen Präferenzen muss und kann die Frage des Transformations- und Entwicklungspfades aber zugleich nur im breiten demokratischen Konsens und nur auf demokratischer Grundlage ausgehandelt und realisiert werden. Die neue GesellschaftsTransformation als spezifischer Typ sozialen Wandels hat nur als konsequent demokratische und solidarische Transformation eine Chance und Zukunft. Auch das ist ein wesentliches Merkmal der heutigen Gesellschafts-Transformation, das diese gegenüber allen bisherigen Transformationen auszeichnet. 5. Historische Dimension (Einordnung): Zweite Große Transformation der Neuzeit Der Begriff der „Großen Transformation“ verbindet sich mit dem Namen Karl Polanyi und seiner Arbeit „The Great Transformation“. In seinem Sinne wird hier von „Großer Transformation“ gesprochen als ein umfassender, die gesamte Gesellschaft erfassender Wandel, in dem sich die bisherige Art und Weise des Wirtschaftens, des Arbeitens, des Lebens grundlegend verändert. Es wird davon ausgegangen, dass es in der Geschichte der Menschheit bislang nur zwei Große Transformationen, grundlegende epochale Umbruchphasen gab, die mit der heutigen Großen Transformation vergleichbar wären: die Neolithische Revolution, die den Übergang von der Jäger- und Sammlergesellschaft zur Agrargesellschaft verkörperte sowie die Industrielle Revolution und der allmähliche Übergang an verschiedenen Orten der Welt von den unterschiedlichen vorkapitalistischen Formen des Wirtschaftens und Arbeitens zur kapitalistischen Warenproduktion., zur kapitalistischen Marktwirtschaft und zur Herausbildung der Moderne. Es handelte sich bei dieser (ersten) Großen Transformation der Neuzeit um einen „Epochenwechsel“, der zur „Verwandlung der Welt“ (Osterhammel 2009) führte. Eine Verwandlung, indem sich ökonomische, kulturelle, soziale, ökologische Prozesse unterschiedlicher Tempi und Dynamiken überlagern, beeinflusst von einer Vielzahl von Akteursgruppen mit unterschiedlichen Interessen, die schließlich eine spezifische Richtung des Wandels befördern (ebd.). Und die politischen Formen dieses Übergangs zur industriellkapitalistischen Marktwirtschaft waren in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet durch tiefe, revolutionäre Schübe und reformerische Transformationsperioden (Middell 1998: 66). Karl Polanyis Analyse der ersten Großen Transformation (hinsichtlich ihrer beiden Seiten) ist von aktueller Bedeutung auch für die Beobachtung und Untersuchung der heutigen Großen Transformation. Polanyi beschrieb vor allem, wie sich mit dem Übergang zum Kapitalismus der Markt aus seiner früheren gesellschaftlichen, sozialen und kulturellen Einbindung löst und sich Arbeit, Grund und Boden sowie Geld in Waren verwandeln (Polanyi: 107 ff.). Dies riss, wie Polanyi betont, die menschliche und natürliche Substanz in den Strudel des 17 Marktgeschehens und führte zur Herausbildung einer „Marktgesellschaft“ (ebd.: 109) mit zerstörerischen Folgen für Mensch und Natur (ebd.: 15). Die Gesellschaft als Vielfalt widerstreitender Interessen und Tendenzen ist dem Marktliberalismus jedoch nicht bedingungslos ausgeliefert. Denn die zunehmende Zerstörung der demokratischen Gesellschaft führt – so Polanyi – auf den unterschiedlichen Ebenen zu vielfältigen Gegenreaktionen und -bewegungen. Polanyi hielt eine „Neue Demokratie“ für erforderlich, in der die Menschen rational und selbstbestimmt ihre Gesellschaft bedürfnisgerecht gestalten. Freiheit nicht mehr auf Kosten von Gerechtigkeit und Sicherheit, sondern Gerechtigkeit und Sicherheit als Bedingungen auch für umfassende Freiheitsrechte des Einzelnen. Eine Entwicklung, in der die demokratische Gesellschaft über den selbstregulierenden Markt obsiegt und damit das Ende der „Marktgesellschaft“, aber nicht der „wettbewerbsfähigen Märkte“ eingeleitet wird (ebd.: 333). Bei der heutigen Transformation handelt es sich aus dieser Perspektive m. E. um die „Zweite Große Transformation“ der Neuzeit (Reißig 2006, 2009). Das betrifft zum einen die Tiefe und Dynamik des Wandels. Denn mit dieser heutigen Gesellschafts-Transformation ist der am tiefsten greifende Struktur-, Wirtschafts-, Kultur- und Gesellschaftswandel seit Beginn des Industriezeitalters verbunden. Es handelt sich um den grundlegendsten Wandel und Umbauprozess in der Geschichte der Moderne, der Zivilisation überhaupt. Auch im jüngsten Bericht des Club of Rome 2052 nimmt Jorgen Randers eine solche historische Einordnung der Transformation vor, wenn er feststellt: „Ich spreche von einem Paradigmenwechsel, der vielleicht noch umfassender sein wird als der Aufstieg der Neuzeit aus dem Mittelalter … Die Alternative muss sich entwickeln, ihre Überlegenheit demonstrieren und allmählich in Führung gehen“ (Randers 2012: 363). Zum anderen betrifft es die Richtung des Wandels. Nach der radikalen „Entbettung“ des Marktes geht es mit dieser neuen Transformation – wie es Karl Polanyi schon zu seiner Zeit begründete – um die soziale „Wieder-Einbettung“ der kapitalistischen Wirtschaft und mehr noch um eine „Neue Demokratie“ und gesellschaftliche „Bürgermacht“ als eine grundlegende Voraussetzung für einen neuen Typ sozialökologischer und solidarischer Entwicklungsweise, national und global. 6. Die neue Rolle des Faktors Zeit in der heutigen Gesellschafts-Transformation Transformationen verliefen und verlaufen in sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Der Faktor Zeit gewinnt in der heutigen Transformation eine neue Bedeutung. Die neolithische Revolution entfaltete sich über mindestens dreitausend Jahre. Die industrielle Revolution und erste große Transformation der Neuzeit vollzog sich weltgeschichtlich über einen Zeitraum von ca. dreihundert Jahren. In einzelnen Ländern – etwa England – dauerte der Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft etwa achtzig Jahre. „Die evolutionäre Gelassenheit früherer Transformationen ist dahin, die Zeit wird zu einem zentralen politischen Streitpunkt.“ (Osterhammel 2011: 628 f.). Das Tempo wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung hat sich seitdem beschleunigt, und das Erfordernis einer Umkehr zu einer anderen Entwicklung hat ebenso eine neue Dimension erlangt. Auch wenn niemand die zeitliche Dimension der gegenwärtigen Transformation genau zu bestimmen vermag, besteht doch unter Sozial- und Transformationsforschern Übereinstimmung darin, dass die Zuspitzung gerade der ökologischen Krise schnelleres Handeln und raschere Weichenstellung als in früheren Transformationen erforderlich machen, um einen möglichen Kollaps zu verhindern (u. a. WGBU 2012). Auch der Bericht des Club of Rome verweist auf diese neue Zeitdimension, will aber daraus kein unmittelbares Katastrophenszenario ableiten. Und selbst für die in verschiedenen Ländern angestrebte 18 Umstellung auf erneuerbare Energien werden heute kürzere Zeiträume veranschlagt als sie beim Übergang zur Industrialisierung erforderlich waren. Selbst wenn der Gesamtprozess dieser neuen Transformation längere Zeit in Anspruch nehmen wird, hängt ihr weiteres Schicksal jedoch von Entwicklungen und Entscheidungen ab, die in den nächsten Jahrzehnten sich vollziehen bzw. gefällt werden. 7. Evolutionäre Wandlungen und transformative Gestaltungen – neu gewichtet Transformationsperioden gehen – wie die Geschichte zeigt - immer evolutionäre, eigendynamische Entwicklungsprozesse voraus. Das Neue entsteht bereits im oder neben dem Alten. Ohne diese Evolutionsprozesse und vielgestaltigen, kontroversen Suchprozesse ist Transformation unmöglich oder verwandelt sich in einen Akt von autoritärem Handeln, von Willkür und Dirigismus. Diese evolutionären Wandlungen und Suchprozesse gewinnen im heutigen Transformationsgeschehen eine bedeutend größere Relevanz. Gesellschafts-Transformation – verstanden als Übergang zu einem neuen Typ sozialer Ordnung und sozioökonomischer und soziokultureller Entwicklung – ist jedoch stets und vor allem auch an intendiertes, insbesondere kooperatives und solidarisches Handeln gesellschaftlicher Akteure gebunden. Theorien gesellschaftlichen Wandels (u. a. Mayntz 2009, Ostrom 2010) verweisen darauf, dass komplexe gesellschaftliche Transformationen nicht nur durch evolutionäre Wandlungen und unüberschaubare Eigendynamiken selbstgesteuerter Prozesse zustande kommen, sondern zugleich durch identifizierbare Akteurskonstellationen beeinflusst, gebündelt und gestaltet werden. Akteurskonstellationen, die über ausreichend Macht, Ressourcen, Wandlungsbereitschaft und -fähigkeit verfügen, um die sich nicht von allein realisierenden „Gemeingutziele“ zu verwirklichen und die etablierten strukturkonservativen Blockadekräfte zu isolieren. Diese für Transformationen typische Wechselwirkung von evolutionärer, eigendynamischer Entwicklung und eingreifenden Handeln konnte ansatzweise selbst beim Übergang zum New Deal in den USA (Krugmann 2008) und zum fordistischen Entwicklungsmodell in den kapitalistischen Ländern nach dem 2. Weltkrieg sowie dann beim Übergang zum marktradikalen Entwicklungsmodell seit Ende der 1970er Jahre beobachtet werden. Heute vertiefen sich diese Wechselwirkungen auf neue Art und Weise. Zugleich erhalten jedoch intendiertes Handeln und gesellschaftliche Steuerung (vgl. auch Wiesenthal 2006) – angesichts der Tiefe des Wandels, des Umbaus von Wirtschaft, Arbeit und Lebensweise und angesichts der komplexen, hochgradig vernetzten Gesellschaftsstruktur – für den Ausgang der neuen Transformation ein größeres Gewicht. Das stellt die Frage nach spezifischen, transformationsfähigen Akteuren. 8. Gesellschafts-Transformation als spezifische Akteurskonstellation Transformationen waren und sind stets auf das engste mit spezifischen Akteuren und deren Fähigkeiten zum transformativen Handeln verknüpft. Im historischen Vergleich zeigt sich, dass neue Transformationsperioden weniger durch neue Technologien und Leitsektoren der Wirtschaft geprägt waren, vielmehr aber durch aufstrebende soziale Klassen, Schichten, die den Wandel von Institutionen und Mentalitäten vorantrieben (vgl. auch Leggewie/Welzer 2009: 148). Die erste große Transformation der Neuzeit wurde vor allem durch eine aufstrebende, alle tradierten gesellschaftlichen Verhältnisse umwerfende Klasse – die Bourgeoisie und ihre verschiedenen Fraktionen – getragen und vorangetrieben. Die alte feudale Klasse hatte dem trotz ihrer verbliebenen wirtschaftlichen und politischen Machtressourcen am Ende nichts 19 entgegen zu setzen. Die staatssozialistischen Transformationen im 20. Jahrhundert waren zuvorderst das Werk avantgardistischer kommunistischer Parteien, die mittels ihrer politischer Herrschaft und System stabilisierender Strategien lange Zeit die Machtfrage zu ihren Gunsten entscheiden und die Transformation zumindest längere Zeit von oben diktieren und gestalten konnten. In den postsozialistischen Transformationen spielten verschiedene neue Eliten – aus oppositionellen wie unterschiedlichen systemkritischen Kreisen – eine maßgebliche Rolle; im Falle der DDR-Transformation dann jedoch bald nur noch die alten institutionellen westdeutschen Eliten. Wie stellt sich nun die Frage nach den spezifischen Subjekten, Akteuren der neuen Gesellschafts-Transformation heute. Und dies, nachdem sich die „menschheitsbefreiende Mission des Proletariats“ nicht erfüllte und die „avantgardistischen Ersatzlösungen“ in den staatssozialistischen Transformationen sich in ihr Gegenteil verkehrten, und die neuen Eliten der postsozialistischen Transformation zum großen Teil integriert sind und sich zudem die sozialen Strukturen und Milieus in den modernen bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaften weiter ausdifferenziert haben. Ob der Tiefe des Wandels und ob der Komplexität der modernen bürgerlichen Gesellschaften, ob vielfältiger Unübersichtlichkeiten, damit verbundener Unsicherheiten bei gleichzeitiger dominanter Macht des Finanzkapitals als „Zweitem Souverän“ (Beckert/Streeck 2012: 10) und dem Fehlen eines eindeutigen Subjekts der Transformation und der gesellschaftlichen Steuerung ist das Handeln transformationsfähiger Akteure wichtiger und zugleich schwieriger denn je. Dieses charakteristische Paradoxon der neuen Transformation aufzulösen, gehört zu den großen Herausforderungen dieser heutigen Transformation. Die subjektiven Voraussetzungen gesellschaftlicher Transformationsprozesse erwachsen heute nicht – wie oft angenommen wird – aus theoretischen Konzepten, für die hinreichende Argumente und Wahlmehrheiten gefunden werden, sondern vor allem aus den Kämpfen und Arrangements der großen gesellschaftlichen Interessengruppen und aus günstigen internationalen Bedingungen (Esping-Andersen 1998, Vester 2011). Auch dies lässt sich übrigens sowohl am Beispiel des New Deal in den USA und der Herausbildung des fordistischen Pfades in den kapitalistischen Industrieländern nach dem 2. Weltkrieg aufzeigen, wie in spezifischer Form auch am Aufstieg des neoliberalen Pfadmodells seit Mitte der 1970er Jahre. Transformation als spezifisches Akteurshandeln ist heute zunächst ein Prozess, der in Wandlungen in den Tiefen der Gesellschaft und in der Selbstermächtigung der Bürgerinnen und Bürger begründet liegt. Will man über mögliche Transformationsprozesse im Kontext akteursbestimmten Handelns Auskunft erlangen, sollte der Blick zuerst dorthin gerichtet werden. Und da weist die Milieu- und Sozialstrukturforschung nach, dass sich die demokratisch-partizipativen Potenziale in verschiedenen Milieus (untere, mittlere und auch obere Segmente) verstärkt haben (Vester 2011). Und repräsentative Bevölkerungsumfragen zeigen, dass sich inzwischen Mehrheiten gegen Neoliberalismus und Marktfundamentalismus und eher für öko-soziale und solidarische Entwicklungen aussprechen. Wachstums- und kapitalismuskritische Ansichten haben zugenommen (vgl. u. a. Umfrage des Emnid-Instituts 2010 im Auftrag der Bertelsmann Stiftung, Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach 2013). Genau genommen kann von einem Wandel der Werte gesprochen werden, der Wege hin zu einer sozialökologischen und solidarischen Transformation zu öffnen vermag (u. a. Inglehart 2008, Eurobarometer 2007, Vester 2011: 27-49). Entscheidend für praktische Schritte zur Entfaltung der Transformation ist jedoch, ob sich diese Potenziale tatsächlich auch gesellschaftlich zu einem Faktor von Einfluss, Hegemonie und Macht mit entsprechenden Gestaltungschancen entfalten. Das ist heute noch eher selten der Fall. 20 Dennoch: Die neuen sozialen und politischen Spannungen, Konfliktstrukturen, ökonomischen und ökologischen Krisen führen heute – widersprüchlich zwar – zu neuen Protest- und Beteiligungsformen (APuZ H. 25-26 2012), zu neuen Interessenkonstellationen und gesellschaftlichen Arrangements. Dies zeigt sich z. B. in vielfältigen Suchprozessen von gesellschaftlichen Bewegungskräften, von kommunalen Bewegungen, von regionalen und überregionalen Bürgerinitiativen, von Aktivitäten der Nichtregierungsorganisationen, aber auch von kritischen Intellektuellen und Journalisten, Teilen des Unternehmertums und selbst von aufgeschlossenen Kreisen im politisch-administrativen System nach Auswegen aus der akuten Krisensituation und nach machbaren sozialen und ökologischen Alternativen. Und gerade auf unteren Ebenen bilden sich Nischen und „Pioniere des Wandels“ heraus. „Pioniere des Wandels“, die die Grenzen des etablierten Gesellschafts- und Entwicklungsmodells aufzeigen, sie mittels praktischer Projekte überschreiten und eine Beispielfunktion für mögliche konkrete ökologische, soziale, demokratische Transformationsprozesse ausüben. Verschiedene Transformationsforschungen zeigen heute schon, wie diese Pioniere des Wandels zuerst einmal als einzelne Individuen oder als kleine Gruppen in Nischen beginnen, wo sie zunächst kleinräumig und oft noch nicht besonders sichtbar agieren. Sie gewinnen dann durch Vernetzungen, wachsende Kompetenzen, gezieltere Kommunikationen mit der Politik und Öffentlichkeit an Bedeutung und können transformatorische Dynamiken auslösen (vgl. u. a. WGBU 2012, Leggewie/Welzer 2009). Die Frage aber bleibt, wie diese vielfältigen, aber noch fragmentierten Akteurskreise auf den verschiedenen unteren, mittleren und selbst oberen Ebenen zu neuen, pluralen, längerfristig wirksamen Diskursallianzen und Transformationskoalitionen zusammengeführt werden können. Das ist z. B. dann möglich, wenn wichtige Transformationsfelder, bei denen es zwischen den potentiellen Transformationsakteuren größere Interessenübereinstimmungen gibt, in den Mittelpunkt des gemeinsamen Agierens gerückt werden. Das betrifft heute vor allem die „Energiewende“, d. h. das Ringen um ihre soziale, dezentrale und partizipative Ausrichtung; die „Rekommunalisierung und Demokratisierung der Öffentlichen Güter“ (Wasser, Energie, Verkehr, Wohnen, Gesundheit, Bildung, Betreuung, Pflege) sowie die „Nachhaltige Urbanisierung und Stadtentwicklung“ (klimaverträgliche Stadtentwicklung, ökologische Mobilität, kurze Wege zwischen Arbeit-Wohnen-Freizeit, eigene Stromversorgung, Teilhabe an und gemeinsame Nutzung der öffentlichen Güter, sozialstrukturelle Durchmischung). Über solch gemeinsames Agieren auf zentralen, aber zugleich die Bedürfnisse und Interessen großer Teile der Bevölkerung zum Ausdruck bringenden Transformationsfeldern können sich dann auch gesamtgesellschaftliche Transformationsallianzen herausbilden. Die Erfahrungen bisheriger Transformation belegen: Transformationen hatten in der Geschichte immer nur dann eine Chance, wenn sich der wirtschaftliche, soziale, kulturelle Wandel mit den Bedürfnissen und Interessen von Individuen, von großen Gruppen der Bevölkerung verknüpfte. Transformationsakteure haben deshalb zu bedenken, dass Transformation, soll sie Zustimmung in der Bevölkerung finden, als praktisches und überzeugendes Beispiel schon heute und morgen sichtbar, erlebbar werden muss. Hier entscheidet sich ganz wesentlich die Zukunft der Transformation. Das führt zu einem weiteren Merkmal und Kennzeichen von Gesellschafts-Transformation. 9. Große Transformationen als „Zusammenspiel“ vielfältiger kleiner Transformationen „Große Transformation“ und „Kleine Transformation“ sind keine verschiedenartigen Transformationsbegriffe und reflektieren keine unterschiedlichen Typen von sozialem Wandel. Transformation bleibt Transformation – in meinem Verständnis – als Übergang zu einem neuen Typ sozialer und kultureller Ordnung, zu einem neuen Typ sozioökonomischer 21 sowie soziokultureller Entwicklungsweise. „Groß“ und „Klein“ charakterisieren lediglich unterschiedliche Dimensionen, Ebenen dieses Wandels, dieses Bruchs, dieses Übergangs, dieser gesellschaftlichen Neukonstitution – „groß“ im Sinne eher von gesamtgesellschaftlicher Dimension oder „klein“ im Sinne eher von partiell gesellschaftsverändernden Handelns zunächst auf regionaler, lokaler Ebene. Ein Blick auf die Geschichte der unterschiedlichen Transformationsfälle zeigt, dass ein solches Zusammenspiel kleiner Transformationen alle bisherigen großen Transformationsverläufe kennzeichnete. So war auch die erste große Transformation kein plötzlich einsetzender, linearer Prozess. Ihr gingen vielmehr zahlreiche partielle, molekulare wirtschaftliche, soziale, kulturelle Veränderungen voraus. Und sie war begleitet von Spiralen der Aufwärtsentwicklung wie von Phasen der Stagnation und der Rückschläge. Was als „Große Transformation“ bezeichnet wird, ist tatsächlich ein „Zusammenspiel von zahlreichen kleinen Veränderungen“ (Osterhammel 2011: 626). Diese Erkenntnis gilt auch für die heutige Gesellschafts-Transformation. Mehr noch: Die neue Gesellschafts-Transformation hat kein eindeutiges Zentrum und ist gegenwärtig nicht zuerst durch große Transformationsprojekte, sondern durch konkrete transformatorische Schritte, Alternativen, Projekte charakterisiert. Angesichts institutioneller Pfadabhängigkeit, angesichts der gesellschaftlichen Macht des wirtschaftsliberalen und konservativen Blocks und angesichts der vielfältigen, auch geistig-kulturellen Blockaden in der Gesellschaft kann und muss diese Transformation schrittweise, über vielfältige Vermittlungen und vor allem auch „unten“ beginnen. Transformation setzt heute insbesondere eine Vielzahl von progressiven Veränderungen auf lokaler, regionaler, globaler Ebene voraus. So z. B. heute in Gestalt dezentraler, ökologischer Energie-Dörfer und -Regionen, von Formen Solidarischer Ökonomie, von unterschiedlichen Genossenschaften, von neuen sozialen Teilhabe- und demokratische Beteiligungs- und Lebensweiseformen. Ob es sich letztlich um Keime des Neuen handelt, kann nur daran gemessen werden, ob sie die Logik und Struktur des alten Wachstums- und Entwicklungsmodells (wenn auch zunächst partiell) praktisch überwinden und Keime einer neuen sozialökologischen und solidarisch-demokratischen Entwicklungsrichtung verkörpern und befördern. Im Ringen um solche konkreten Veränderungen, Alternativen, Projekte, Netzwerke kommt es – wie auch entsprechende empirische Studien belegen – bereits heute zu sozialen und demokratischen Wandlungen, zu Veränderungen von Eigentums- und Bündnisstrukturen zunächst auf lokaler und regionaler Ebene. Hier entsteht dann auch ein gewisses „WirGefühl“, ein Wandel von Einstellungen (Ja, Veränderungen sind möglich), von Lebensstilen, kulturellen Identitäten. Transformation ist in diesem Sinne also auch heute nicht mehr nur Idee, Vision, sondern hat in Nischen und Nahtstellen schon begonnen (vgl. auch Thomas 2012). In der Regel handelt es sich dabei um Insellösungen, die für sich genommen in den alten und bis heute dominierenden Entwicklungspfad wieder integriert werden können. Zu verhindern ist dies nicht durch Verzicht auf kleine, transformatorische Wandlungen, sondern am ehesten dadurch, dass es den Transformationsakteuren gelingt, den demokratischemanzipativen Charakter dieser Wandlungen zu stärken und sie in neue institutionelle Formen zu „gießen“. Vor allem die Etablierung neuer Regeln, Institutionen, Verfahren im Transformationsprozess und ihre verfassungsmäßige Verankerung gehören zu den wichtigen, zugleich aber schwierig zu bewerkstelligenden Aufgaben dieses Wandlungsprozesses. Doch gerade dieses Feld zwischen der institutionellen Stabilität der alten Ordnung und dem Bruch sowie der Herausbildung der neuen demokratischen Gesellschaftsverfassung ist von größtem praktischem und theoretischem Interesse. Vollziehen sich doch hier die wichtigen Wandlungsprozesse, die über den weiteren Verlauf der Transformation entscheiden (vgl. auch Dolata 2012: 131/132). 22 Ob freilich aus diesen heutigen „kleinen Transformationen“ morgen einmal die neue „Große Transformation“ erwächst, kann nicht vorhergesagt werden. Das hängt auch von den sozialen Kämpfen und Bewegungen wie davon ab, ob die eine oder andere transformatorische Umwandlung in einem gesellschaftlichen Schwebezustand zum „Kipppunkt“ des weiteren Transformationsverlaufs wird und zum „Durchbruch“ führt. Nur was m. E. vorausgesagt werden kann, ist: Ohne eine Vielzahl kleiner Transformationen, ohne ökologische, soziale, demokratische Veränderungen, Alternativen und Projekte wird es die erforderliche Große Gesellschafts-Transformation nicht geben. Auch weil der herrschende Block durch systemimmanente Anpassungspraktiken den grundlegenden Wandel zu kompensieren versucht. Dabei sind kleinere Transformationen, die als erste Schritte, als partikulare Veränderungen sich langsam und über längere Zeiträume vollziehen, letztendlich radikale Prozesse hinsichtlich ihrer Auswirkungen und ihrer Reichweite (vgl. auch WGBU 2011: 90). Möglicherweise gibt es auch in dieser neuen großen Transformation – vergleichbar mit der ersten – Arenen der Transformation, die im Zusammenspiel zahlreicher kleiner Veränderungen eine besondere Wandlungsdynamik auslösen und grundlegendere gesellschaftliche Veränderungen vorantreiben können. In der ersten großen Transformation waren das die weitreichenden Veränderungsprozesse in Bezug auf die Energiebasis von Wirtschaft und Gesellschaft, die neue Bedeutung von Zeit, Kommunikation und Wissen sowie die politische Machttransformation (WGBU: 92). In der zweiten großen Transformation könnten das der Übergang zu einer erneuerten Energiestruktur und der Abschied vom fossilen Zeitalter und damit die Herausbildung einer grundlegend veränderten Wirtschaftsstruktur sein, der Ausbau der öffentlichen Investitionen, die Überführung der öffentlichen Güter und Dienste („sozialwirtschaftliche Dienste“/Müller 2012) in öffentliche Hand und vor allem die Herausbildung einer „Neuen Demokratie“ als Einheit von repräsentativer und partizipativer Demokratie und einer wirkungsmächtigen Bürgergesellschaft. Die Zukunft der Transformation entscheidet sich in diesem Sinne in der Gegenwart, nicht zuletzt im Prozess der „Selbstermächtigung“ der Bürgerinnen und Bürger, in den vielfältigen Kämpfen und Bewegungen um Erneuerung der Demokratie, um Stärkung von Gleichheit und Solidarität, um Erweiterung der Freiheitsrechte. Oder anders formuliert: die Zukunft der Transformation hängt vor allem von der „Erhöhung der Transformationsfähigkeit der Gesellschaften“ (Brie 2011: 75) ab. 10. Gesellschafts-Transformation – Kontingenzen und Offenheit Transformationen waren in der Vergangenheit und werden wohl in der Zukunft mehr denn je voller Paradoxien in Gestalt von Kontingenzen, Zufällen, Unwägbarkeiten, Risiken und von Steuerungen und politischen Entscheidungen ohne festem Gerüst sein (vgl. auch Holzinger 2011:19 ff.). Wie die Geschichte zeigt, können schon spezielle Momente und Ereignisse zu rascheren Kursänderungen, Schocks, lang anhaltenden Krisen oder auch zur Öffnung von Gelegenheitsfenstern für Veränderungen führen. All das kann transformatorischen Wandel so oder so unmittelbar beeinflussen. Gesellschaftliche Transformationen sind mithin keine linearen Prozesse oder Ergebnis allein inspirierenden Handelns mächtiger Akteure, sondern Folge von ineinander greifenden Dynamiken evolutionärer Prozesse und intendierten Handelns, die sich auf unterschiedlichen Zeitlinien in eine bestimmte Richtung des Wandels verdichten. Gesellschafts-Transformationen sind jedoch nicht nur voller Kontingenzen, sondern letztlich auch ergebnisoffen. Transformationen als offene Entwicklungsprozesse machen deshalb eine gehaltvolle Prognose ihres Verlaufs nicht möglich. 23 Gerade mit dieser heute auf der historischen Agenda stehenden Gesellschafts-Transformation soll im Grunde etwas entstehen, was eigentlich nicht entstehen kann, oder anders formuliert: „Transformation ist eine mögliche Unmöglichkeit“ (Brie 2011: 71). Transformation muss deshalb ihre eigenen Voraussetzungen schaffen, damit eine reale mögliche Möglichkeit entsteht. Dies ist umso dringlicher, da diese sozialökologische und solidarische Transformation auf enorme objektive und subjektive Blockaden und Hürden stößt. Sie ist konfrontiert mit der institutionell weit verzweigten Verfestigung des alten Entwicklungspfades, mit den systemimmanenten Lebensweisen und Lebensstilen in fast allen Milieus der Gesellschaft; auch bei denen, die diesen Wandel eigentlich befürworten. Sie ist konfrontiert mit der Machtfülle und der Anpassungsfähigkeit des heute herrschenden Blocks und den Schwierigkeiten bei der Herausbildung neuer, hegemonialer Akteurskoalitionen und deren Fähigkeiten zu gesellschaftlicher Steuerung. Auch deshalb dominiert das finanzmarktgesteuerte Akkumulations- und Regulationsmodell noch immer die Struktur und Funktionslogik kapitalistischer Entwicklung. Die der Transformation entgegenstehenden Macht-, Eigentums- und Ideologieverhältnisse sind die eine Seite der inneren Struktur der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft. Doch Möglichkeiten eines transformativen Wandels ergeben sich selbst schon aus dem hybriden Charakter dieser inneren Struktur der modernen bürgerlichen Gesellschaft (Wright 2010): aus den Verflechtungen von Macht- und Vergesellschaftungspotenzialen (Demokratie, Öffentlichkeit, Märkte, Zivilgesellschaft), von Kapital- und Soziallogik. Und vor allem ergeben sie sich auch aus dem der Transformation immanenten „Doppelcharakter“ (Polanyi), wo die „Entbettung“ des Marktes immer wieder gesellschaftliche Versuche und Bemühungen seiner „Einbettung“ hervorbringt. Viel wird davon abhängen, ob und wie sich die evolutionären, progressiven Wandlungsprozesse auf lokaler, regionaler, europäischer und globaler Entwicklung vollziehen und wie sich die Suchprozesse und Kämpfe um Umformungen des kapitalistischen Verwertungsprozesses und für eine neue Art und Weise der Vergesellschaftung gestalten. Oder anders formuliert: wie sich transformatorische Umgestaltungen verdichten und neue Dynamiken und Schubwirkungen für weitergehende Entwicklungen auslösen. Gegründet auf einer Gesamtanalyse und -sicht lässt sich m. E. feststellen, diese Transformation ist nicht nur notwendig, sondern trotz aller Widerstände, Kontingenzen und Paradoxien auch machbar – und sie hat in einigen Bereichen, Nischen, Sektoren bereits begonnen. Als erfolgreiche Transformation ist sie – so können wir resümieren – an evolutionäre, sich dynamisierende gesellschaftliche Wandlungen, an handlungs- und strategiefähige Akteure, an die Bevölkerung inspirierende konkrete Transformationsprojekte und an ein gesellschaftliches Narrativ, das breite öffentliche Resonanz findet, gebunden. Doch unabhängig vom weiteren und zukünftigen Ausgang dieser Transformation sind die progressiven Transformationskräfte gehalten, ausgehend von den realen Prozessen der Veränderung im kapitalistischen Akkumulationsmodell und der bürgerlichen Gesellschaft, aktuelle und zukünftige Entwicklungstrends sowie entsprechende soziale, ökologische, demokratische Alternativen aufzuzeigen und vor allem ein kohärentes, gesellschaftspolitisches Projekt für diese Gesellschafts-Transformation zu entwickeln: Zum einen als Voraussetzung für konstruktive Intervention in die ständig stattfindenden gesellschaftlichen Entwicklungsund Auseinandersetzungsprozesse in Zeiten gesellschaftlichen Umbruchs. Zum anderen als Voraussetzung für eine überzeugende Kritik der noch immer weit verbreiteten (neoliberalen) kulturellen Denk- und Verhaltensmuster in der bürgerlichen Gesellschaft, werden doch nur über kulturell-geistige Wandlungen gesellschaftliche möglich. Und schließlich als Voraussetzung für die Herausbildung neuer gesellschaftlicher und (partei-)politischer Koalitionen, die ohne ein gemeinsames 24 gesellschaftliches Wandlungs- und Umbauprojekt nicht entstehen bzw. nicht hegemonie- und damit transformationsfähig werden können. Viertens: Neues Konzept (Paradigma) der Transformation Gesellschafts-Transformation ist, wie wir gezeigt haben, ein spezifischer Typ sozialen Wandels mit eigenen Merkmalen und Besonderheiten. Es spricht schon heute viel dafür, dass Gesellschafts-Transformation – in vielfältigen Formen und mit unterschiedlichen Resultaten – zu einer bestimmenden Entwicklungstendenz im 21. Jahrhundert werden wird. Dies erfordert von der Transformationsforschung einerseits gehaltvolle zeitgeschichtliche Analysen dieser Prozesse der Gesellschaftstransformation als spezifischer Typ sozialen Wandels und andererseits die theoretische Konzeptualisierung von Transformation als neuem Paradigma. Dazu bedarf es m. E. keiner neuen Großtheorie, aber zunächst erst einmal der Rekonstruktion der unterschiedlichen basalen Transformations-Konzepte und vor allem ihrer kritischen Weiterentwicklung. Dabei kann die heutige Transformationsforschung auf ein reichhaltiges und differenziertes „Angebot“ theoretischer und methodischer Konzepte und Erklärungsansätze zurück greifen: auf Systemtheorien, Strukturtheorien, Kulturtheorien sowie Klassen-, Handlungs- und Akteurstheorien (vgl. auch Reißig 2009: 45-66; und Merkel 2010). Gesellschaftskritische Sozialwissenschaftler beziehen sich in ihren heutigen Transformationsanalysen vor allem auf Marx, Gramsci, Polanyi, während dem modernisierungstheoretischen Paradigma nahestehende Sozialwissenschaftler sich eher auf Durkheim, Weber, Schumpeter, Parsons beziehen. Spielen bei den ersten vor allem soziale Verhältnisse, Prozess- und Eigentumsstrukturen, Macht (-ressourcen), gesellschaftliche Kräfteverhältnisse, Hegemonie, Zivilgesellschaft – und damit entscheidende Bezugspunkte für kritische Transformationsanalysen – eine entscheidende Rolle, so bei den zweiten eher Systeme und deren funktionale Differenzierung, Modernisierung und Evolutionsprozesse, aber auch Handlungs-, Kultur-, Entwicklungskonzepte (u. a. in Bezug auf Weber). In Zeiten wie den unsrigen, die durch vielfältige Ambivalenzen und Übergänge und wenig geltende Gewissheiten gekennzeichnet sind, kann das Neben- und auch Miteinander verschiedener und konkurrierender Ansätze und Konzepte nicht überraschen. Ein diskursiver Dialog- und Lernprozess, bei dem zugleich auf Ansätze von Bourdieu, Elias, Eisenstadt, North zurückgegriffen wird, sollte schon deshalb zu einer Selbstverständlichkeit in der heutigen und künftigen Transformationsforschung werden. Doch auch in ihrer Summe verkörpern die bislang vorliegenden unterschiedlichen theoretischen Konzepte und Ansätze kein neues Paradigma der Transformation. Dies interdisziplinär zu erarbeiten, bleibt eine Herausforderung unserer Zeit. Schon die Analysen und theoretischen Verallgemeinerungen des postsozialistischen Falls der Transformation haben das Erfordernis neuer theoretischer Konzepte und Modelle der Transformation verdeutlicht (vgl. u. a. Reißig 1998, 2009, 2011). Dennoch gab es nicht wenige Transformationsforscher, die eine solche kritische Revision und Weiterentwicklung ablehnten und im postsozialistischen Transformationsfall allein eine Bestätigung des klassischen Theoriefundus der System-, Modernisierungs- und Evolutionstheorie sahen (s. dazu u. a. die unterschiedlichen Beiträge in Bönker/Wielgohs 2008, Wiesenthal 2009 und Zapf 1994). Die heutigen und künftigen neuen gesellschaftlichen Transformationen drängen nun m. E. mehr denn je auf eine Neuorientierung der Transformationsforschung und auf zeitgemäße Wandlungstheorien und -konzepte sowie entsprechendes methodologisches Gerüst. Das erfordert, Prozess und Handeln, Macht, Struktur, Kultur und Akteur in ihrem wechselseitigen Zusammenhang zu betrachten, zu analysieren und zu einem neuen Paradigma zu verdichten. Ob am Ende daraus auch eine neue Transformationstheorie entsteht, ist heute 25 nicht eindeutig zu beantworten. Dies wird auch davon abhängen, wie viel Neues in den gesellschaftlichen Praktiken, Wandlungsprozessen und -verläufen selbst noch entsteht. Dabei könnte es sich bei einer solchen Transformationstheorie – angesichts der Komplexität, Beweglichkeit und Differenziertheit des Gegenstandes (Gesellschaft, GesellschaftsTransformation) – selbstverständlich nur um allgemeine, typische Prämissen, Aussagen und die Benennung einiger Variablen handeln (vgl. auch Wiesenthal 2009). Was aber feststeht ist das Erfordernis, ein zeitgemäßes Modell/Konzept/Paradigma der Transformation zu entwickeln. Erste Versuche, Transformation als ein solch neues Paradigma zu entwickeln, wurden an anderer Stelle zur Diskussion gestellt (vgl. Reißig 2009: 26 ff, 195 ff.). Auf jeden Fall sollte „Transformation“ und besonders „Gesellschafts-Transformation“ sowohl als Gegenstand zeitgeschichtlicher Analysen wie auch theoretischer Konzeptualisierung in Zukunft eine größere Aufmerksamkeit erlangen. Denn Transformation und Zukunft rücken angesichts einer Gesellschaft im Umbruch stärker ins Zentrum neuer Diskurse sowie kontroverser strategisch-politischer Entscheidungen und Auseinandersetzungen. Eine kritische Sozialwissenschaft auf der Höhe ihrer Zeit ist aufgefordert, dafür gesellschaftlich relevante Beiträge zu leisten. Transformation - ein spezifischer Typ sozialen Wandels Wesensgehalt Historisch-logische Typen Spezifischer Typ sozialen Wandels; komplexer, mehrdimensionaler Wandel/Wechsel der bestimmenden Prozessstrukturen, Regelsysteme, Entwicklungs- und Kulturmuster; Wandel von Übergang und Neukonstitution von Typen sozialer und kultureller Ordnung, von Typen sozioökonomischer und soziokultureller Entwicklung; Wechselwirkungen und intentionalen und zweckgebundenen Handeln sowie evolutionären, eigendynamischen und nichtsteuerbaren Prozessen; Such-, Lern- und Experimentierprozess kollektiver und individueller Akteure mit bestimmten gemeinsamen Zielorientierungen/Leitideen/Zukunftsannahmen Zivilisationstypen, Sozialen Formationstypen, Gesellschaftstypen, sozioökonomischen und soziokulturellen Entwicklungsmodellen, Politisch-institutionellen Regimetypen Ursachen Ebenen, Bereiche, Orte Gesellschaftliche und globale Übergangs- und Umbruchssituation; Ebenen Endogene systemimmanente Konflikte, Spannungslinien, Krisen; Neue gesellschaftliche Herausforderungen im Widerspruch zu tradierten Strukturen und Entwicklungsweisen; Exogene Anstöße, Ereignisse Gesamtgesellschaftliche Ebene, Makro- und Mikroebene, System und Lebenswelt Räume Nationale, Regionale, Weltgesellschaft Bereiche Komplexität; politische, wirtschaftliche, soziale, geistigkulturelle Akteure Formen und Muster Vielfalt von Formen, die oft in Kombination auftreten; Gesteuerter Wandel und selbstgesteuerter Prozess; allmählich und eruptiv; Ablösungs- und Umwandlungsprozess von „Unten“ und „Oben“; Wandel und Konstanz, Bruch und Konvergenz, Umbau bestehender und Aufbau neuer Institutionen, Schwarm unterschiedlicher Akteure, die im spezifischen Transformationsgeschehen verschiedene Diskurs-, Deutungsund Transformationskoalitionen mit unterschiedlichen Führungspersonal bilden; Große gesellschaftliche Interessengruppen, soziale Bewegungen, kritische Intellektuelle und Eliten, Teile aufgeklärter staatlich-politischer Akteure und des Unternehmertums; Transformation abhängig insbesondere von Akteurskonstellationen, 26 die über ausreichend Macht, Ressourcen, Wandlungsbereitschaft und -fähigkeit verfügen Regelsysteme, Strukturen; Zusammenspiel „großer“ und „kleiner“ Transformationen; Konflikthafte macht- und gesellschaftliche Auseinandersetzungen und Suche nach breiten demokratischen Konsens Resultate Kontingenter, offener Entwicklungsprozess mit intendierten und nichtintendierten Folgen; Unterschiedliche Resultate: Gelingende Transformation = neuer, zukunftsfähiger Pfad sozioökonomischer und soziokultureller Entwicklungsweise, Solidarische Teilhabegesellschaft; Kompromiss und Formen von gesellschaftlicher Hybridbildung; Stagnation, Scheitern Regression Indikatoren des Messens: Grad der Etablierung und Institutionalisierung einer neuen, sozialen, ökologischen, demokratischen und solidarischen Entwicklungsweise; Grad von Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und demokratischer Partizipation als Basis individueller Entfaltungsmöglichkeiten und Lebensführung (-weise); Neue, weiterführende Entwicklungsoptionen als Resultate gesellschaftlicher Evolution und Transformation Neues Paradigma der Transformation Notwendige Um- und Neuorientierung der (klassischen) Theorie sozialen Wandels, Übergang zu einem neuen Modell/Konzept/Paradigma der Transformation als Basis für gehaltvolle und empirische überprüfbare Aussagen über das Was, Warum, Wie sowie den Sinn und die Folgen gesellschaftlicher Wandlungs- und Umbruchprozesse in unserer Zeit; Theorie der Transformation als interdisziplinärer Forschungs- und diskursiver Dialog- und Lernprozess der Sozial-, Kultur- und Geschichtswissenschaften Literatur Baethge, Martin/Bartelheimer, Peter (2005): Berichterstattung zur sozioökonomischen Entwicklung in Deutschland. 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