INSTITUT FÜR ANGEWANDTE PHYSIK Physikalisches Praktikum für Studierende der Ingenieurswissenschaften Universität Hamburg, Jungiusstraße 11 Transistorverstärker 1 Ziel Der Transistor ist ein viel verwendetes Bauelement in der Elektronik und hat sich zum wichtigsten Verstärkerglied in der Elektronik entwickelt. In diesem Versuch kommt ein Transistor als Verstärker zur Anwendung. Zunächst wird der Transistor mit Gleichspannung betrieben und charakteristische Kennlinien aufgenommen. Anschließend wird die Schaltung so verändert, daß der Arbeitspunkt des Transistors gegen Temperaturänderungen stabilisiert wird. Schließlich wird der Transistor als Wechselspannungsverstärker betrieben. 2 Grundlagen Die Ausgangsmaterialien für Halbleiterbauelemente, Silizium und Germanium, sind Kristalle aus vierwertigen Atomen, die zur Erhöhung der Leitfähigkeit mit drei- oder fünfwertigen Fremdatomen dotiert werden. Die elektrische Leitung im Halbleiterkristall geschieht zum einen durch Elektronen, zum anderen durch Elektronenfehlstellen, so genannte Löcher. Den Löchern wird eine positive Elementarladung zugeschrieben. Sie bewegen sich entgegengesetzt zur Bewegungsrichtung der Elektronen. Durch die Dotierung wird festgelegt, welche Art der Leitung überwiegt. Dotiert man mit fünfwertigen Fremdatomen (z.B. Arsen), so wird die Elektronenleitung überwiegen und man spricht von einem n-dotierten Halbleiter. Dotiert man mit dreiwertigen Fremdatomen (z.B. Indium), überwiegt die Löcherleitung, und es handelt sich um ein p-dotiertes Halbleitermaterial. IC Kollektor (C) n IB p Basis (B) e- UBE n Emitter (E) IC C IB UCE B 2.1 Aufbau UCE UBE E Ein Transistor besteht aus drei unterschiedlich dotierten Zonen in der Reihenfolge n-p-n (npnTransistor) oder p-n-p (pnp-Transistor). Die beiAbb. 1: Aufbau und Schaltbild eines npnden äußeren Zonen werden Emitter und KolTransistors in Emitterschaltung lektor genannt, die innere Zone Basis. In diesem Praktikumsversuch wird ein npnTransistor verwendet. Im Normalfall wird ein solcher Transistor so beschaltet, dass sich der BasisEmitter-Übergang (n → p) in Durchlaßrichtung und der Kollektor-Basis-Übergang (p → n) in Sperrrichtung befinden. Die Elektronen fließen vom Emitter zur Basis. Dort teilt sich der Strom in einen geringen Basisstrom IB und einen hohen Kollektorstrom IC auf. Die Basis-Zone ist sehr dünn, so dass die Elektronen zum Basis-Kollektor-Übergang diffundieren, wo sie von der positiven Kollektor-Emitter-Spannung UCE abgesaugt werden. Der Verstärkungseffekt beruht darauf, aufgrund eines sehr geringen Basis-Stromes IB einen wesentlich stärkeren Kollektor-Strom IC fließen zu lassen. Die daraus resultierende Stromverstärkung wird durch den Gleichstrom-Verstärkungsfaktor B beschrieben: B= IC IB (1) 10.10.2011 TRANSISTORVERSTÄRKER Je nach Transistortyp werden Werte zwischen 10 und 900 erreicht. Wird der Transistor mit Wechselgrößen betrieben, definiert man entsprechend den Wechselstrom-Verstärkungsfaktor β. Meist sind β und B bis auf sehr kleine Abweichungen gleich, so daß Hersteller in den Datenblättern nur die Gleichstrom-Verstärkung angeben. 2.2 Transistorkennlinien Die Beschreibung der Zusammenhänge zwischen Strömen und Spannungen am Transistor geschieht durch Kennlinien. Von den vier Größen IB, IC, UCE und der Basis-Emitter-Spannung UBE können zwei als unabhängige Variable ausgewählt und die anderen beiden als Funktion dieser Variablen dargestellt werden. Wählt man IB und UCE als unabhängig, kann der Transistor durch IC (IB, UCE) und UBE (IC, UCE) beschrieben werden (siehe Abb. 2). IC [mA] II I IB = 40 µA 10 UCE = 5 V 25 µA 10 µA IB [µA] UCE [V] 15 50 IB = 10 µA 1 III UCE = 5 V 40 µA IV UBE [V] Abb. 2: Vierquadranten-Kennlinienfeld eines npn-Transistors in Emitterschaltung. I: Ausgangskennlinien IC(UCE) II: Stromsteuerkennlinie IC(IB) bei UCE = const. III: Eingangskennlinie IB(UBE) bei UCE = const. Dies ist die Kennlinie der Basis-Emitter-Diode. IV: Rückwirkungskennlinien UBE(UCE) Abb. 3: Ausgangskennlinienfeld eines npn-Transistors mit Arbeitsgerade. Fließt der Basisstrom IB2, so ist A der Arbeitspunkt. Das Ausgangskennlinienfeld IC(UCE) wird im 1. Quadranten von Abbildung 2 und in Abbildung 3 dargestellt. Daraus lässt sich eine wichtige Eigenschaft des Transistors ablesen: Für die Höhe des Kollektorstromes ist nicht so sehr die Spannung zwischen Kollektor und Emitter maßgeblich, sondern vielmehr die Höhe des Basisstromes. Beim Einbau eines Widerstandes RC in den Kollektorstromkreis liegt nicht mehr die volle Versorgungsspannung Ub zwischen Emitter und Kollektor, es ist U CE = U b − RC ⋅ I C . (2) Im Ausgangskennlinienfeld des Transistors (Abb. 3) ist dieses eine Gerade, die als Arbeitsgerade bezeichnet wird. Ihren Schnittpunkt mit der IC(UCE)-Kennlinie des gewählten Basisstroms nennt man Arbeitspunkt A. Die Wahl des Basisstroms bestimmt somit IC und UCE. Bei Verstärkerschaltungen wird ein linearer Zusammenhang zwischen den Eingangs– und Ausgangsgrössen (Ströme bzw. Spannungen) angestrebt. Wählt man den Basisstrom zu hoch, rutscht der Arbeitspunkt in den nichtlinearen Bereich der IC(UCE)-Kennlinie. Für die Verstärkung von Wechselspannungen wird der Arbeitspunkt, d.h. UCE(A), auf etwa die halbe Versorgungsspannung gelegt, das ergibt annähernd die größtmögliche Variation von UCE bzw. IC. 2 TRANSISTORVERSTÄRKER 3 Der Transistor im Verstärkerbetrieb 3.1 Temperaturstabilisierung des Arbeitspunktes Die einfache Verstärkerschaltung in Abb. 4 funktioniert zufriedenstellend, solange die Temperatur des Transistors konstant gehalten wird. Die Zahl beweglicher Ladungsträger in Halbleitermaterialien hängt stark von der Temperatur ab. Daher reagieren alle Halbleiterbauelemente wie Transistoren empfindlich auf Temperaturveränderungen. Eine Temperaturerhöhung bewirkt eine Verringerung des Emitter–Basis–Widerstandes, der Basisstrom steigt an und verschiebt den Arbeitspunkt zu kleineren UCE. Mit der Schaltung in Abb. 5 lässt sich eine Temperaturstabilisierung des Arbeitspunktes erreichen. Die Basisspannung UB wird durch den Spannungsteiler (1,8 kΩ + RPoti)/470 Ω konstant gehalten. Der sogenannte Querstrom durch den 470 Ω-Widerstand muss zu diesem Zweck wesentlich größer als der Basisstrom sein (hier etwa ein Faktor 5). Einem durch Temperaturerhöhung bewirkten Anstieg des Basisstroms und damit auch des Kollektorstroms wirkt RE entgegen: Da sich mit zunehmenden Basisund Kollektorströmen auch der Emitterstrom erhöht, nimmt die Spannung UE, die über dem Widerstand RE abfällt, zu. Die Spannung UB wird jedoch durch den Spannungsteiler konstant gehalten, so dass sich UBE verringern muss. Der Basisstrom IB geht somit wieder zurück. Bei dieser Schaltungsvariante spricht man demzufolge auch von einer Stromgegenkopplung. 3.2 Verstärkerschaltung für Wechselspannungen In Abb. 6 ist eine Verstärkerschaltung für Wechselspannungen dargestellt. Der Basisstrom IB und damit der Arbeitspunkt A lassen sich mit Hilfe eines Potentiometers einstellen. An den Eingang wird die zu verstärkende Wechselspannung Ue angelegt. Da die Basis-Emitter-Strecke nur für positive Werte einer Wechselspannung in Durchlaßrichtung geschaltet ist, würden nur die positiven Halbwellen des Signals verstärkt werden, wenn ein reines Wechselspannungssignal an der Basis anliegen würde. Um das gesamte Eingangssignal verstärken zu können, lässt man daher zusätzlich einen Gleichstrom in die Basis fließen, der mit dem eingekoppelten Wechselstrom überlagert wird. Sofern der Gleichstromanteil groß genug gewählt wird, erhält man für die Ausgangsspannung Ua ein positives Signal. Die Stromgegenkopplung ist allerdings auch für die zu verstärkende Wechselspannung wirksam, die Verstärkung wird daher herabgesetzt. Um diesem Umstand entgegenzuwirken, wird ein Kondensator CE parallel zum Widerstand RE geschaltet. Dieser stellt für Wechselspannungen nur einen geringen Widerstand dar, so dass die Gegenkopplung für den Wechselspannungsanteil des verstärkten Signals insbesondere bei hohen Frequenzen aufgehoben wird. 3 TRANSISTORVERSTÄRKER 4 Aufgaben 4.1 Gleichstromverstärker + 1 kΩ RC 10 kΩ A 1 ΜΩ Ub IC µA UCE IB - Abb. 4: Der Transistor als Gleichstromverstärker in einer einfachen Grundschaltung (Emitterschaltung) Zunächst wird die Schaltung aus Abb. 4 wird aufgebaut. Folgende Aufgaben sind zu bearbeiten: (a) IB wird mit Hilfe des Potentiometers variiert, um die Stromsteuerkennlinie IC(IB) aufzunehmen. Der Stromverstärkungsfaktor B wird gegen IC aufgetragen. Ist B unabhängig von IC? (b) IB wird vom kleinstmöglichen zum größtmöglichen Wert variiert, um die Eingangskennlinie UBE(IB) des Transistors aufzunehmen. (c) IC wird von 2 bis 7 mA verändert und UCE notiert, um die Arbeitsgerade des Transistors aufzunehmen. Wie müßte man die Messung von IC und UCE durchführen, um stattdessen eine Ausgangskennlinie zu erhalten? Aus den aufgenommenen Meßdaten wird mit Hilfe von Gl. (2) die Betriebsspannung Ub ermittelt. Vergleichen Sie den so erhaltenen Wert mit einer direkten Messung mit dem Multimeter! (d) Der Arbeitspunkt wird auf UCE=3,5 V eingestellt und IC notiert. Mit Kältespray ist der Transistor so weit wie möglich abzukühlen. Notieren Sie dann wieder die Werte von UCE und IC und berechnen Sie die prozentualen Änderungen! 4.2 Gleichstromverstärker mit Arbeitspunkt-Stabilisierung Es wird die Verstärkerschaltung aus Abb. 5 aufgebaut. Bei dieser geänderten Schaltung müssen alle Widerstände aufeinander abgestimmt, d.h. richtig dimensioniert sein. Deshalb werden hier auch andere Basis-Vorwiderstände verwendet und die Schaltung aus Teil 1 nicht einfach nur erweitert. Folgende Messungen sind durchzuführen: (a) Wie in Aufgabe 4.1(a) wird die Stromsteuerkennlinie IC(IB) aufgenommen, sowie B bestimmt und gegen IC aufgetragen. Vergleichen Sie den Verlauf B(IC) mit dem Ergebnis aus Aufgabe 4.1(a)! (b) Mit dem Potentiometer wird IB variiert. IC und UCE werden gemessen und gegeneinander als Arbeitsgerade aufgetragen. (c) Der Arbeitspunkt wird auf 3,5 V festgelegt und IC notiert. Kühlen Sie den Transistor mit Kältespray auf eine möglichst tiefe Temperatur ab und halten Sie UCE und IC fest. Berechnen Sie die prozentualen Änderungen und vergleichen Sie sie mit dem Ergebnis von Aufgabe 4.1(d)! 4 TRANSISTORVERSTÄRKER + 1,8 kΩ 1 kΩ RC 1 kΩ UCE Ub UBE 470 Ω UB RE 180 Ω - Abb. 5: Verstärkerschaltung mit ArbeitspunktStabilisierung durch Basisspannungsteiler 4.3 Wechselspannungsverstärker Die Schaltung aus Abb. 6 wird aufgebaut, der Arbeitspunkt wird mit Hilfe des Potentiometers auf UCE = 3,5 V eingestellt. Es sind folgende Messungen durchzuführen: (a) Abhängigkeit von Ausgangs- und Eingangsspannung bei einer Frequenz von 1 kHz mit und ohne den Emitterkondensator CE = 10 µF. Diese Meßreihen sind in dem Bereich aufzunehmen, in dem das Ausgangssignal unverzerrt ist (Oszilloskop benutzen!). Vergleichen Sie die Eingangsspannungen Ue, ab denen eine Verzerrung auftritt! (b) Frequenzgang des Wechselstrom-Verstärkungsfaktors β mit verschiedenen Koppelkondensatoren Ce=4,7 µF; 0,47 µF; 0,1 µF bei fester Eingangswechselspannung (CE weglassen). Stellen Sie die drei Kurven in einem Diagramm zusammen! (c) wie b), aber mit CE = 10 µF. Auch hier sind die drei Kurven in einem Diagramm darzustellen. + 1,8 kΩ RC 100 µF + 1 kΩ Ce UCE + 4,7 µF Ue 470 Ω 1 kΩ Ua Ub UBE UB RE 180 Ω + CE - Abb. 6: Verstärkerschaltung für Wechselspannungen 5