Parc Ela – Region Albula-Bergün, Savognin-Bivio. Infoblatt „Waldaufbau“ Quelle: Amt für Wald Graubünden (2001): CD „Rund um den Wald“ Der Wald und das Licht Im Wald, wo so viele Pflanzen nahe beieinander stehen, ist das Bedürfnis nach Licht besonders gross, aber auch besonders schwierig zu befriedigen. Ganz in Nähe des Waldbodens ist die Lichtmenge weit weniger gross, als im Bereich der Baumkronen. Je näher dem Waldboden, desto weniger Licht ist durchschnittlich vorhanden. Trotzdem sind alle Pflanzen mit Ausnahme der Bodenbewohner und der Schmarotzer auf das Vorhandensein des Lichts angewiesen, um ihre Assimilation (Energiegewinnung durch Photosynthese) durchführen zu können. Da das Licht nicht überall gleich stark vorhanden ist, wohnen im Wald Pflanzen, die viel Licht (Lichtbaumarten) und solche, die wenig Licht (Schattenbaumarten) benötigen. Für beide Arten von Pflanzen wären die Lebensbedingungen nicht akzeptierbar, wenn sie ihre Plätze tauschen würden. Lichtbaumarten würden bei andauerndem Schatten eingehen und Schattenbaumarten würden an der prallen Sonnen ebenfalls nicht überleben können. So ergibt sich im Wald eine Abstufung des Lichts von oben nach unten und die Pflanzen ordnen sich in einem natürlichen und stufigen Waldbestand so ein, dass sie ihre Blätter dort entfalten, wo die gewünschte Helligkeit vorhanden ist. In einem einschichtigen Waldbestand ist die Ausnützung des vorhandenen Lichtes gestört, da alle Bäume gleich hoch sind und mit ihren Kronen ein dichtes und lichtundurchlässiges Dach bilden. In einem reinen, einstufigen Fichtenwald zum Beispiel kann nur ganz wenig Licht eindringen, sodass der Boden nur mit spärlichem Mooswuchs bedeckt wird und sich keine Sträucher entwickeln können. Im Winter dringt das Licht bis auf den Waldboden und nur die immergrünen Pflanzen, die Nadelbäume nützen es weiter aus. Im Frühling, bevor die Laubbäume ihre Knospen austreiben lassen, können Bärlauch, Sauerklee und Buschwindröschen vom Licht, das jetzt noch bis auf den Waldboden dringt, profitieren und ihre wunderschönen, hellgrünen Teppiche ausbreiten. Sobald die Laubbäume jedoch ihre Blätter entfalten, wird es wieder dunkler auf dem Waldboden und weniger lichthungrige Pflanzen nehmen den Platz der Frühlingsblüher ein. Nur die Lebewesen unter der Erde kommen ganz ohne Licht aus. Sie sind für die Zersetzung der abgefallenen Blätter verantwortlich sind und benötigen dafür kein Licht. Ausserdem haben viele dieser Lebewesen eine so empfindliche Haut, sodass sie schnell wieder unter der Oberfläche verschwinden, wenn zuviel Licht darauf trifft. Es braucht viele Jahre und zum Teil auch die Mithilfe des Försters und seiner Forstgruppe, bis ein junger Baum seinen Platz am Licht erobert hat. Hat er es geschafft, kann er viele hundert Jahre dort überleben. Die Schichten des Waldes Ein natürlicher Wald weist verschiedenste Pflanzen auf, die scheinbar wirr durcheinander und übereinander wachsen. Bei näherem Hinsehen ist jedoch zu erkennen, dass es sich hierbei um eine stockwerkartige Schichtung der Pflanzenwelt handelt. Dadurch wird der Raum vollkommen ausgenützt. Jede der Schichten ist stark von den anderen abhängig. Entscheidend für ihre Zusammensetzung sind die Infoblatt Waldaufbau Seite 1 Parc Ela – Region Albula-Bergün, Savognin-Bivio. Lichtverhältnisse. Sind diese günstig, gibt es in allen Stockwerken einen üppigen Pflanzenbestand. Sind sie aber ungünstig, kommen die Pflanzen der unteren Schichten nur selten vor oder fehlen ganz. Die Bodenschicht Das schattigste Stockwerk des Waldes, die Bodenschicht, wird von den Moosen und Flechten und vom Sauerklee bewohnt, weil das Lichtbedürfnis dieser Pflanzen am geringsten ist. Die Moose speichern die Niederschläge und bilden so Reservoire, die auch in Trockenzeiten vielen Lebewesen Feuchtigkeit spenden. Winzige Insekten und andere Kleinstlebewesen bevölkern diese Zwergwelt. Für den Boden bilden die Moosteppiche zusammen mit den abgefallenen Nadeln und Laubblättern eine Infoblatt Waldaufbau Seite 2 Parc Ela – Region Albula-Bergün, Savognin-Bivio. wärmende und schützende Decke. Sie verhindern so sein Austrocknen und Abschwemmen. Die Krautschicht Über der Moosschicht erhenben sich die Farne, Gräser und ein- und mehrjährige Kräuter. Viele von diesen haben unterirdische Vorratskammern. Sie entwickeln sich daher im Frühling vor allen anderen Pflanzen und blühen vor dem Blattaustrieb der Bäume und Sträucher. Es sind lichthungrige Frühblüher. Entwickelt sich das Blätterdach, verwelken sie in seinem Schatten und sterben ab. Dafür blühen andere Pflanzen. Sie passen sich der schwachen Belichtung an, indem sie grosse Schattenblätter bilden. Diese haben eine zarte Oberhaut und sind so dünn und durchscheinend, dass auch die inneren Teile von dem spärlichen Licht empfangen. Weil Bäume und Sträucher den Wind von diesen stillen Einzelpflanzen abhalten, hilft er weder bei der Bestäubung noch bei der Verbreitung der Samen mit. Dafür locken sie durch die auffallenden Formen und Farben ihrer Blüten die Insekten an und werden durch diese bestäubt. Viele entwickeln sich zu Kletterfrüchten, die sich mit ihren winzigen Häkchen an den Haaren vorbeistreifender Tiere festhalten und so verbreitet werden. Andere entwickeln Samenanhängsel, die den Ameisen als Leckerbissen dienen und deswegen verschleppt werden. Diese Pflanzen werden daher Ameisenpflanzen genannt. Die Strauchschicht Wo im Laubwald noch genügend Licht einfällt, besonders aber in Lichtungen und an Waldrändern, finden Sträucher und Jungbäume den geeigneten Lebensraum. Den wechselnden Lichtverhältnissen passen sie sich an, indem sie ihre Blätter schon entfalten, bevor in den Baumkronen die Knospen austreiben. Oft bilden sie um den Waldbestand einen dichten, schützenden Mantel, der dem Wind den Eintritt ins Waldesinnere verwehrt. Viele Sträucher haben flache Blüten. Diese locken vor allem die Fliegen an, die mit ihren kurzen Rüsseln den feiliegenden Nektar leicht erhaschen können. Andere Blüten, so jene der Brombeere und der Himbeere, werden von den Bienen bestäubt. Die Früchte der Sträucher entwickeln sich meistens zu rot- oder schwarzglänzenden Beeren, die vor allem Vögeln eine willkommene Mahlzeit sind. Aber auch Mäusen, Füchsen und anderen Bodentieren dient das saftige Fruchtfleisch der Beeren als Nahrung. Der unverdauliche Samen wird von den Tieren wieder ausgeschieden und auf diese Weise verbreitet. Im Unterholz lebt auch das Rotwild. Es äst mit Vorliebe die Blätter und Zweige verschiedener Sträucher und Jungbäume. Manchmal fegt es deren Stämme und richtet so Wildschaden an. Die Kronenschicht Über den unteren Schichten entfalten die hohen Bäume ihr Blätterdach. Dieses fängt das volle Sonnenlicht auf, dass nur ein kleiner Teil davon ins Waldesinnere einfällt. Es hält den Wind auf und lässt das Regenwasser nur allmählich durchtropfen. Auch Kälte und Wärme dringen nur langsam durch diese schützende Decke in die unteren Schichten. Der Wind weht in der Kronenschicht am stärksten. Er sorgt für die Bestäubung der Blüten und verbreitet auch die Samen. Sowohl Laub- als auch Nadelhölzer sind daher meistens Windblütler und Windfrüchtler. Die Baumkronen dienen zahlreichen Tieren als Wohn- und Lebensraum. Neben den Baumtieren wie Eichhörnchen und Marder und vielen Vögeln hausen hier vor allem zahlreiche Insekten. Viele sind für die Pflanzen ohne besondere Bedeutung, verschiedene können aber Infoblatt Waldaufbau Seite 3 Parc Ela – Region Albula-Bergün, Savognin-Bivio. grossen Schaden anrichten. Die einen verzehren die Blätter oder nehmen mit ihren Stechborste Pflanzensäfte auf. Die anderen schädigen die Bäume durch ihren Holz- und Rindenfrass. Auch bestimmte Waldbaumkrankheiten können durch Insekten übertragen werden. Vögel, Spinnen und sogenannte Raubinsekten verfolgen aber auch Schädlinge. Diese Tiere sind deswegen für die Gesundheit des Waldes sehr nützlich. Infoblatt Waldaufbau Seite 4