Chemie der Hauptgruppenelemente

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Chemie der Hauptgruppenelemente
Hansjörg Grützmacher
[email protected]
Sekretariat: Frau Rüegg H 129
Ziel:
●Kenntnis allgemeiner Begriffe und Definitionen.
●Strukturchemie von anorganischen Verbindungen.
●Kenntnis der grundlegenden Verbindungstypen,
ihrer Eigenschaften und Reaktivität.
Atome
Struktur (Verhalten von Elektronen in Atomen), Ionisierungsenergien, Elektronenaffinität, Elektronegativität
Moleküle
Ionen A+ B–
Struktur,
Dynamik,
Reaktivität
Radien
Festkörperstrukturen
(Gitter)
Materialien
Schmp.646 °C
Schmp.−93.7 °C
3
Mehrelektronensysteme
1. Die Wellenfunktionen für Mehrelektronensysteme sind nicht exakt lösbar.
Jedoch: Die Orbitale sind wasserstoffähnlich.
2. Die Orbitale werden durch die Quantenzahlen n, l und m beschrieben.
3. Die winkelabhängigen Wellenfunktionen φ, θ haben die gleichen Formen
wie Einelektronen-(H)-Orbitale .
4. Wegen der erhöhten Kernladung sind die Radialfunktionen R zu kleineren
Radien kontrahiert. Die Orbitalenergien sind niedriger.
6. Wichtig: Die Energie des Orbitals hängt von n und l ab!
Aufhebung der Entartung von s, p und d Orbitalen.
Elektron „2“
r12
θ2
Elektron „1“
r1
r2
φ2
θ1
Kern
φ1
Bedenken Sie: Der Ort der Elektronen ist
unbestimmt (Heisenberg‘sche Unschärferelation). Das macht die Bestimmung von r12,
der Elektron-Elektron-Wechselwirkung
und eine exakte Lösung der SchrödingerGleichung für ein Mehrelektronensystem
unmöglich!
Mehrelektronensysteme
Pauliprinzip (Ausschlussprinzip):
Wenn zwei Elektronen in einem System vertauscht werden, muss die
Gesamtwellenfunktion Ψ ihr Vorzeichen wechseln. Das bedingt die
Definition einer weiteren Quantenzahl: der Spinquantenzahl ms (+½, −½).
Zwei Elektronen dürfen niemals in allen vier Quantenzahlen übereinstimmen; jedes Orbital kann nur maximal mit zwei Elektronen besetzt
werden (einem α,β-Elektronenpaar).
Aufbauprinzip
Ein Orbitalschema wird immer bei den niedrigsten Energien beginnend
zu den höchsten Energien besetzt.
(Auffüllen des Schemas von „unten nach oben“)
Hund‘sche Regel:
Entartete Orbitale werden zunächst einfach mit Elektronen gleichen
Spins besetzt (Maximierung des Gesamtspins S = │Σms│).
Warum haben die ns Orbitale eine
niedrigere Energie als die np Orbitale?
Mehrelektronensysteme
Ionisierungsenergie
H:
He+:
He:
Li:
physikalisch relevant: R2
Kernladung
Iv
1313 kJ mol-1
5250 kJ mol-1
2372 kJ mol-1
520 kJ mol-1
R2 gibt die relative ElektronendichteVerteilung als Funktion des Abstandes r
vom Kern an.
Diese ist für s Orbitale am Kernort maximal
für alle anderen Orbitale (p,d, f,..) ist R2 = 0.
Z
+1
+2
+2
+3
Warum sind die Ionisierungsenergien
für He und Li so „niedrig“?
R2/
e pm3
n = 2,
l = 0  2s
R2/
n = 2,
l = 1  2p
e pm3
Die Elektron-Elektron-Wechselwirkung in
Mehrelektronensystemen wirkt sich wie eine
Abschirmung der Kernladung aus.
r/pm
2s “durchdringt” besser den Rumpf,
es „spürt“ die Kernladung Z stärker und wird
weniger abgeschirmt:
E2s < E2p[*]
[*]: Für Li ist r2s > r2p aber dennoch E2s < E2p
r/pm
Mehrelektronensysteme
Bis zur Konfiguration 1s2, 2s2, 2p6, 3s2, 3p6 (Ar, Z = 18) dominiert n die Energie der
Orbitale.
Ab dem Element K (Z = 19) macht sich der Einfluss von l bemerkbar und das 4s wird
vor dem 3d Orbital besetzt: Die Elektronenkonfiguration von K ist (Ar)4s1
Begründung:
4s durchdringt den Rumpf gut, daher ist der Einfluss der Kernladung hoch, E4s < E3d.
Ist 4s jedoch vollbesetzt (Ca, Z = 20), so wird beim nächsten Element Sc, Z =21, das
3d-Orbital schlechter als 4p abgeschirmt (r4s > r3d), die Energie von 3d sinkt und
Sc hat die Valenzelektronenkonfiguration: [Ar]4s2, 3d1
 Mit dem Element Sc 1 beginnt die erste Übergangsmetallreihe, in der
sukzessive das 3d Orbital besetzt wird:
Sc 4s2 3d1 / Ti 4s2 3d2 / V 4s2 3d3 / Cr 4s1 3d5 /Mn 4s2 3d5 / Fe 4s2 3d6
Co 4s2 3d7 / Ni 4s2 3d8 /Cu 4s1 3d10 / Zn 4s2 3d10 /.
Mehrelektronensysteme
Für H sind die Energien der s, p und d-Orbitale für
jedes n entartet. Für alle anderen Atome sind die
Energien dieser Orbitale nicht entartet. Sie werden
jedoch mit zunehmendem Z immer ähnlicher.
l=0
n=1
2
1. Übergangsmetallreihe: 3d - 4p
2. Übergangsmetallreihe: 4d – 5p
3
3. Übergangsmetallreihe: 5d – 6p
Lanthanoiden: 4f – 5d
4
Actinoiden: 5f – 6d
5
6
7
8
11
1
2
3
4
Mehrelektronensysteme: Slater-Regeln
Orbitalenergie:
2π2 m Z2 e4
En= −
n h2
12
Effektive Kernladungszahl:
Zeff = Z − S
Abschirmungskonstante S
für ein ns oder np Elektron
Elektronen mit höherer Ouantenzahl tragen zu
S nicht bei: nS > n : S = 0
Abschirmungskonstante
Elektronen mit gleicher n schirmen Z
nur schwach ab (35%) : nS = n : S = 0.35
Elektronen auf einer niedrigeren Schale mit n-1
schirmen Z um 85% ab: nS = n - 1: S = 0.85
kernnahe Elektronen schirmen Z ganz ab:
nS < n - 1: S = 1.0
Kern
Z
nS: Hauptquantenzahl des e, das zu S beiträgt.
n: Hauptquantenzahl des e für das S berechnet wird.
Berechnung von Zeff für Mehrelektronensysteme nach den Slater-Regeln
Berechnung der Abschirmungskonstante für ein s oder p (Valenz)elektron:
S = 0.35Σe(nS=n) + 0.85Σe(nS=n-1) + 1.0Σe(nS<n-1)
Beispiel: S für ein s,p-Valenzelektron in einem S-Atom:
Konfiguration: (1s2), (2s2, 2p6), (3s2, 3p4)
S = (2×1.0) + (8×0.85) + (5×0.35) = 10.55; Zeff = 16 − 10.55 = 5.45
Für d-Valenzelektronen gilt eine modifizierte Regel: Wird die Elektronenkonfiguration nach steigender Haupt-, n, und Nebenquantenzahl, l, wie:
(1s), (2s, 2p), (3s, 3p), (3d), (4s, 4p), (4d), (4f) (5s, 5p),….
geordnet, so schirmen alle Elektronen in den Klammerausdrücken links von einem
d oder f Elektron die Kernladung Z um den Betrag 1.0 ab. d oder f Elektronen im
gleichen Klammerausdruck mit gleicher n schirmen Z um den Betrag 0.35 ab.
Beispiel: S für ein 3d-Valenzelektron in einem Mn-Atom:
Konfiguration: (1s2), (2s2, 2p6), (3s2, 3p6), (3d5), (4s2)
S = (18×1.0) + (4×0.35) = 19.4; Zeff = 25 − 19.4 = 5.6
Beachte: d und f Elektronen werden durch Elektronen in der unmittelbar darunter
liegenden „Schale“ wirkungsvoller abgeschirmt als s oder p Elektronen.
(Aber: d-Elektronen schirmen nach dieser Regel genauso effektiv ab wie s,p-Elektronen.
Das ist nicht richtig und wird in modernen Versionen berücksichtigt).
Effektive Kernladungszahlen Zeff nach den Slater-Regeln
14
Trends: Zeff nimmt innerhalb einer Periode von links nach rechts stark zu
(∆Zeff = +3.25). Dabei ändert sich Zeff regelmässig um 0.65.
Zeff nimmt (schwächer) innerhalb einer Gruppe von oben nach unten zu
(∆Zeff = 2.4). Die Zunahme erfolgt sprunghaft: Von den Elementen der 2.
zur 3. Periode um 0.9, von den Elementen der 3. zur 4. Periode um 1.5.
Danach bleibt Zeff für Elemente der 4. – 6. Periode innerhalb jeder Gruppe
konstant.
Ionisierungsenergien
A(g) → A+(g) + e−
Trends:
Innerhalb einer Periode nimmt Iv zu.
Begründung: Iv ~ Zeff.
Innerhalb einer Gruppe nimmt Iv ab
obwohl Zeff zunimmt.
Begründung : Gegenläufiger Effekt von
Iv ~ Zeff und Iv ~ 1/n .
„Anomalien“:
Iv(B) << Iv(Be), Iv(O) << Iv(N)
Iv(Al) < Iv(Mg), Iv(S) < Iv(P)
1. atomare Ionisierungsenergie, Iv, (kJ mol−1) 15
der Elemente aus Gruppe 13 – 18
Elektronenaffinität:
A–(g) → A (g) + e−
Elektronenaffinität (kJ
Iv(A–) = EA
Trends:
Innerhalb einer Periode nimmt EA zu.
Begründung: EA ~ Zeff.
Die EA‘s weisen besonders viele
„Anomalien“ auf:
a) EA(N) < EA(O)
b) EA(2.Periode) < EA(3. Periode)
c) EA (Edelgase) sind negativ, d.h.
der Zerfall der Edelgasanionen
ist exotherm (-30 bis -40 kJ mol−1)
mol−1)
16
der Elemente aus Gruppe 13 – 18
Kovalente Radien (Å) der p-Block-Elemente
Die kovalenten Radien, rkov, der p-Blockelemente
ändern sich regelmässig: Sie nehmen
innerhalb einer Gruppe zu:
rkov, ~ n,
und nehmen innerhalb einer Periode von links
nach rechts ab:
rkov, ~ 1/Zeff.
Die Radien von Kationen sind kleiner, die
Radien von Anionen sind grösser als die
Kovalenzradien der entsprechenden Atome (siehe Teil 7).
17
18
Spektroskopische Elektronegativität
Definition nach Pauling: Vermögen eines Atoms in einem Molekül, die Elektronendichte
an sich heranzuziehen.
χspec = (m εp + n εs) / (m + n)
εp, εs: gemittelte Ionisierungsenergien der s- bzw. p-Orbitale
m,n: Anzahl der p- bzw. s-Elektronen
Für die p-Block-Elemente berechnete Allen-Elektronegativitäten
14
Spektroskopische Elektronegativität
Änderung von χspec innerhalb der Perioden
Einbau der 3d (Sc-Zn) und
4d (Y-Cd) Übergangsmetalle
Änderung von χspec innerhalb der Gruppen
3D-Periodensystem nach Allen
19
Valenz, Oxidationszahl, Koordinationszahl
& Formalladung
Zwei der wichtigsten Faktoren, die eine Abschätzung der Eigenschaften eines
kovalent aufgebauten Moleküls erlauben, sind die:
Valenzelektronenzahl = gesamte Anzahl von Valenzelektronen an einem Atom
in einem Molekül (Oktett- und 18 Elektronenregel)
und die
Valenz =
Anzahl von Elektronen, die ein Atom für Bindungen
zu seinen Nachbaratomen verwendet.
(N.V. Sidgwick, the Electronic Theory of Valency; The Clarendon Press, Oxford 1927)
Zahl der ValenzValenz =
elektronen
in dem freien Atom
Zahl der nicht-bindenden
Elektronen des Atoms
im Molekül
16
Valenz
Die Bestimmung der Valenz eines Atoms in einem Molekül erfordert das Zeichnen
einer vernünftigen Resonanzstruktur und kann nicht aus der Molekülformel abgeleitet
werden. Die Valenz eines Atoms in einem Molekül kann die Anzahl der Valenzelektronen des freien Atoms (Gruppenvalenz) nicht übersteigen:
Maximale Valenz eines Atoms in einem Molekül = Gruppenvalenz
Ist die Valenz kleiner als die Gruppenvalenz, so sind nicht-bindende Elektronen am
Atom in dem betrachteten Molekül vorhanden.
Ist die Valenz scheinbar grösser als die Gruppenvalenz, so ist
(i)
das Molekül nicht korrekt formuliert worden;
(ii)
nicht alle Bindungen können als 2-Zentren-2-Elektronen (2z-2e) Bindungen
beschrieben werden.
H
H
••
N
H
H
H
Valenz = N: 5 – 2 = 3
H: 1 – 0 = 1
freies Elektronenpaar
drei 2z-2e Bindungen
C
+
H
H
H
C: 4 – 0 = 4 ≠ 5
H: 1 – 0 = 1
kein freies Elektronenpaar
2z-2e Bindungen ?
H
H
B
B
H
H
H
H
B: 3 – 0 = 3 ≠ 4
H: 1 – 0 = 1 ≠ 2
kein freies Elektronenpaar
2z-2e Bindungen ?
17
Formale Oxidationszahl
Die formale Oxidationszahl eines Atoms in einem Molekül wird erhalten, wenn der Aufbau eines Moleküls als ionisch erachtet wird und alle Bindungen heterolytisch so
gespalten werden, das die Liganden eine geschlossene Elektronenschale erhalten.
Ausnahme: Homonukleare Bindungen werden homolytisch gespalten.
Meistens ändert sich die Ladung, die einfachen einatomigen Liganden zugewiesen wird,
nicht von einer Verbindung zu anderen.
Ausnahme: H kann als H+ (1s0) oder H− (1s2) vorliegen. In diesem Fall werden die
Ladungen entsprechend den Elektronegativitäten verteilt.
Formale
Oxidationszahl
=
Ladung des
Moleküls
Ladung auf
den Liganden
Valenzelektronen des/der
Ladung des
Valenzelektronen des/der − freien Ligandenatoms/gruppe
=
Liganden
nach heterolytischem
freien Ligandenatoms/gruppe
Bindungsbruch
Ladung = 1 − 2 = −1
Ligandenatom:
A H
Ligandengruppe:
A
••
O H
••
Ladung = (7) − (8) = −1
18
Beispiele
Valenz & formale Oxidationszahl
Heteronukleare Bindungen = heterolytischer Bindungsbruch; Homonukleare Bindungen = homolytischer
Bindungsbruch; O.Z. = Molekülladung - Ligandenladungen
H
−1
H
−1
−1
Zentralatom
Si H −1
H
−1
Ligandenatom
O
−1
C
HO
Si
H
H
H −1
O.Z.(Si) = 0 − (4 × −1) = +4
Valenz: Si = 4
Ligandenatom
−1
H H
Si
H
O.Z.(Si) = 0 − (3 × −1) = +3
Valenz: Si = 4
O.Z. ≠ Valenz
−2
+1
Zentralatom
Ladung des
–
Moleküls
−2
O
Ligandengruppe
O.Z.(C) = −1 − [(2 × −2) + (−1)] = +4
Valenz: C = 4
+1
H
C
H
F −1
F −1
O.Z.(C) = 0 − [(2 × −1) + (2 × 1)]= 0
Valenz: C = 4
19
O.Z. ≠ Valenz
Valenz & formale Oxidationszahl
••
Normalerweise wird die formale Oxidationszahl für das Zentralatom eines Moleküls berechnet. Sie
kann jedoch prinzipiell für alle Atome in einem Molekül berechnet werden. Bei der Festlegung der
Ligandenladungen müssen eventuell Formalladungen berücksichtigt werden.
Beispiel Hydrogencarbonat, [HCO3]–:
Oxidationszahl für =O:
Valenzelektronen HO-C-O– vor heterolytischem Bindungsbruch:
•
•O
[1 + (2×6) + 4 + (1)] = 18
Valenzelektronen HO-C-O– nach heterolytischem Bindungsbruch:
– [1 + (2×6) + 2 + (1)] = 16
C
H
Ladung der HO-C-O– Gruppe: 18 – 16 = 2
O O.Z.(=O) = 0 – 2 = –2
O
(! Ladung nicht doppelt zählen)
Oxidationszahl für -O– :
•
•O
Valenzelektronen HO-C=O vor heterolytischem Bindungsbruch:
[1 + (2×6) + 4] = 17
–
Valenzelektronen HO-C=O nach heterolytischem Bindungsbruch:
H
C
[1 + (2×6) + 3] = 16
O
O
Ladung der HO-C-O– Gruppe: 17 – 16 = 1
O.Z.(=O) = –1 – 1 = –2
••
••
••
••
••
••
••
••
••
••
••
••
•
•O
+1
O
–
••
••
••
O
C
••
••
H
Oxidationszahl für –O–H:
Valenzelektronen O=C-O– vor heterolytischem Bindungsbruch:
[(2×6) + 4 + (1)] = 17
Valenzelektronen O=C-O– nach heterolytischem Bindungsbruch:
[(2×6) + 3 + (1)] = 16
Ladung der O=C-O– Gruppe: 17 – 16 = 1
O.Z.(O) = 0 − [1 + 1] = –2
Valenz & formale Oxidationszahl
O −2
+1
H
−2
P
O
O
−2
−1 H
O
–
+3
H
H
Gruppenladung OH = −1
O.Z.(P) = −1 − [(2 × −2) + (2 × −1)]= +5
Valenz = 5
Si
H −1
H −1
H
Si
Si
H
H
Si
H
Si
H
H
H
H
Gruppenladung SiH3 = 0
O.Z.(Si(SiH3)4) = 0 − (4 × 0) = 0
Valenz = 4
O.Z. (Si(SiH3)4) = +3
21
Valenz = 4
Valenz & formale Oxidationszahl
Es gibt keine systematische Übereinstimmung von Valenz und Oxidationszahl (q+ , q−)
Valenz ≠ formaler Oxidationszahl, wenn:
(i) Es liegen homonukleare Bindungen vor.
(ii) Die Liganden am betreffenden Atom sind entgegengesetzt geladen (z.B. H+, Cl−).
(iii) Das Molekül ist geladen und ein Ligand dissoziiert als Kation (z. B. H+):
Beispiel:
In [NH4]+ ist Stickstoff pentavalent (Valenz = 5) aber die Oxidationszahl ist −3.
H +1
+
−3
N
+1
H
H +1
H +1
Die Übereinstimmung von Valenz und Oxidationszahl (+ oder −) gilt nur für einfache
neutrale Elementwasserstoffverbindungen, AHn, und ist zufällig!
22
Anzahl von (geteilten = kovalenten) 2Z-2e-Bindungen & Koordinationszahl
Für einfache neutrale Elementwasserstoffverbindungen AHn ist die Anzahl der
2Z-2e-Bindungen gleich der Koordinationszahl und gleich der Valenz.
Diese Übereinstimmung ist ebenfalls zufällig und gilt nicht wenn das betreffende Atom,
A, eine Formalladung trägt.
Zahl der Elektronen
auf dem Atom A
im Molekül nach
homolytischem Bruch
aller Bindungen
Zahl der
Valenzelektronen
Fomalladung =
in dem freien
Atom A
H
H
−
B
H
H
H
Valenz: 3
2Z-2e: 4
H
+
C
H
H
H
Valenz: 4
2Z-2e: 4
N
H
H
H
Valenz: 5
2Z-2e: 4
23
Fragmentierungsmethode zur Zuweisung von formalen Oxidationszahlen
(überschätzt den ionichen Charakter von Bindungen)
heterolytisch
A
A
••q–
+ X
Die Liganden erhalten eine geschlossene
Elektronenschale; X = Cl, CH3; q = 1
heterolytisch
dative Bindungen
A
(Lewis-Säure-Basenpaar)
homonukleare
kovalente Bindungen
X
q+
Aq=0 + Xq=0
X
••
heteronukleare
kovalente (polare)
Bindungen
Die Liganden erhalten eine geschlossene
Elektronenschale; Die Ladung ändert sich
nicht.
homolytisch
X
A•
X
+ A•
Fragmentierungsmethode zur Zuweisung von Formalladungen
(überschätzt den kovalenten Charakter von Bindungen)
homolytisch
A
X
A•
+ X•
28
Koordinationszahl &Valenz
Die Koordinationszahl ist gleich der Zahl benachbarter Atome, die an das betrachtete
Atom im Molekül gebunden sind. Koordinationszahl und Valenz stimmen nicht überein:
wenn: (i) Das betrachtete Atom eine Mehrfachbindung eingeht.
CH3
H 3C
H 2C
CH2
HC
K.Z.:
3
Valenz : 4
K.Z.:
4
Valenz: 4
CH
K.Z.:
2
Valenz : 4
(ii) Das betrachtete Atom über eine dative Bindung an ein Nachbaratom/gruppe
gebunden ist.
K.Z.: 4
Valenz: 3
H
B
H
+
••
H
H
N
B
H
H
K.Z.: 3
Valenz: 3
H
K.Z.: 3
Valenz: 3
H
H
H H
N
H
K.Z.: 4
Valenz: 5
In einer dativen Bindung liefert ein Bindungspartner beide Bindungselektronen. Dadurch
wird an einem Atom die Valenz erhöht an dem anderen nicht. An beiden Atomen erhöht
29
sich die Koordinationszahl um +1.
Molekül
Valenzelektronen Nichtbindende
im freien Atom
Elektronen
Valenz
formale
2Z-2e
Oxidationszahl Bindungen
K.Z.
Beispiele wo Valenz =  Oxidationszahl  = Anzahl von 2Z-2e-Bindungen = Koordinationszahl
BH3
3
0
3
+3
3
3
CH4
4
0
4
−4
4
4
NH3
5
2
3
−3
3
3
H2O
6
4
2
−2
2
2
HF
7
6
1
−1
1
1
Beispiele wo Valenz ≠  Oxidationszahl 
H3Si-SiH3
4
0
4
−3
4
4
CH2Cl2
4
0
4
0
4
4
[H3O]+
6
2
4
−2
3
3
Beispiele wo Valenz ≠ Anzahl von 2Z-2e-Bindungen
[BH4]−
3
0
3
+3
4
4
[NH4]+
5
0
5
−3
4
4
Beispiele wo Valenz ≠ K.Z.
H2C=CH2
4
0
4
−2
4
3
HC≡CH
4
0
4
−1
4
2
H3N-BH3
3
0
3
+3
4
4
30
Ein kompliziertes Beispiel…
+
– Na
N B −1
H
N
N
H
H
N
B −1
+3 N
N
N
GaCl
– NaCl
B:
Oxidationszahl: +3
Valenz: 3
Koordinationszahl: 4
Formalladung: -1
N B −1
N
N
+1
N
N
+1
+1 N
GaI3
N
+1
N
Bindungsbrüche zur Bestimmung der formalen Oxidationszahl:
Heteronukleare (polare) Bindungen:
heterolytisch
Dative Bindungen ():
heterolytisch
Homonukleare Bindungen:
homolytisch
Bindungsbrüche zur Bestimmung der Formalladung:
Alle Bindungen:
homolytisch
+1 N
N
+1
Ga1−1 +1
I
Ga2 −1 +3
I
I
Ga −2
•• +1
Ga:
Oxidationszahl: +1
Valenz: 1
Koordinationszahl: 3
Formalladung: -2
N
Ga1 :
Oxidationszahl: +1
Valenz: 3
Koordinationszahl: 4
Formalladung: -1
Ga2 :
Oxidationszahl: +3
Valenz: 3
Koordinationszahl: 4
Formalladung: -1
31
Oxidationszahlen in Übergangsmetallkomplexen
Bei Übergangsmetallkomplexen unterscheidet man die formale Oxidationszahl von der
spektroskopischen Oxidationszahl.
Die formale Oxidationszahl wird wie zuvor durch heterolytische Spaltung aller Liganden
erhalten.
d-Valenzelektronenkonfiguration des Metalls
im Komplex
i
PrO
Ti
i
PrO
OiPr
Ti4+, 4 OiPr−
d0
Ti ist tetravalent
Fe0, 5 CO
d8
Fe ist zerovalent
OiPr
O
C
OC
Fe
C
O
CO
CO
32
Oxidationszahlen in Übergangsmetallkomplexen
Es gibt Fälle, in denen die formale Oxidationszahl nicht der d-Valenzelektronenkonfiguration dn entspricht, z.B. wenn Radikale X• an das Metall koordinieren.
dn kann durch spektroskopische Methoden bestimmt werden.
Es ist daher sinnvoll, Metallatome in Übergangsmetallkomplexen durch eine
spektroskopische Oxidationszahl zu charakterisieren.
Diese hat physikalische Bedeutung.
Periodensystem
Spektroskopie
Valenzelektronenn des Metallatoms
spektroskopische
d
= zahl des freien −
Oxidationszahl
im Komplex
Metallatoms
29
Oxidationszahlen in Übergangsmetallkomplexen
33
Beispiele:
spektroskopische Oxidationszahl
formale Oxidationszahl
Ti (OiPr)4
O
O
O
II
Pd
O
Ti4+, d0
=
Ti4+, d0
Pd2+, d8
=
Pd2+, d8
[Pd(acac)2]
bessere Darstellung
der elektronischen Struktur
O
N
N
O
N
V
Fe
N
Fe5+,
d3
≠ Fe4+, d4
N
IV
Fe
N +•
N
S
R
OTyr
NHis
H2O
S
Cytochrom P450
R
+
N
Cu III
N
OTyr
His
OTyr-Cys
Galaktose Oxidase
Cu3+,
d8
≠
Cu2+,
d9
NHis
H 2O
+
N
His
Cu II
OTyr-Cys
•
34
Oxidationszahl & Formalladung & physikalisch relevante Ladung
Keine Oxidationszahl oder Formalladung gibt die tatsächliche Ladung auf einem Atom
in einem Molekül an. In Hauptgruppenelementen weicht diese selten von ±1 ab!
Molekül
Oxidationszahl
Berechnete
Ladung
Formalladung
CH4
−4
−0.82
0
[CH3]+
−2
0.35
+1
NH3
−3
−1.05
0
[NH4]+
−3
−0.84
+1
35
Der Nutzen von Valenz & Oxidationszahl
Die formale Oxidationszahl ist das Resultat eines Formalismus und erlaubt keine
allgemein gültigen Aussagen über die Reaktivität oder Stabilität einer Verbindung.
Sie ist wichtig für das Aufstellen von Redoxgleichungen.
Die Valenz eines Atoms in einem Molekül gibt an wie viele Elektronen dieses Atom
für Bindungen verwendet hat. Mit dem Konzept der Valenz kann untersucht werden,
ob (i) ein Atom genügend Elektronen hat, um die Ligandenatome in unmittelbarer
Nachbarschaft über 2Z-2e-Bindungen zu koordinieren.
(ii) ein Atom überschüssige Elektronen für weitere Bindungen zur Verfügung stellen
kann.
Beispiel: Die Annahme, dass C in CH5+ eine Formalladung von +1 trägt und alle CH Bindungen
2Z-2e Bindungen sind, ergibt die Valenz 6 für Kohlenstoff. Wird angenommen, dass eine CHBindung protoniert wird und CH5+ ein Komplex aus CH3+ und H2 ist, so wird eine vernünftige
Valenz von 4 erreicht.
H
+
C
H
H
H
H
Oxidationszahl -4
Valenz: 6 (! unmöglich !)
H
H
H
+
C H
H
Oxidationszahl -2
Valenz: 4
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Zusammenfassung
Valenz = Zahl der zur Bindung verwendeten Elektronen
eines Atoms in einem Molekül
Es ist sinnvoll Hauptgruppenelementverbindungen durch die Valenzen der Atome
im Molekül zu beschreiben:
Zahl der ValenzValenz =
elektronen
in dem freien Atom
Zahl der nicht-bindenden
Elektronen des Atoms
im Molekül
Übergangsmetallverbindungen werden meist durch die spektroskopische Oxidationszahl charakterisiert. Diese ist gleich der Valenz des Metallzentrums im Komplex.
spektroskopische Valenzelektronen- n
Oxidationszahl = zahl des freien − d des Metallatoms
im Komplex
(Valenz)
Metallatoms
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