Spezial Kinder Anerkannte Therapien Viele Therapieformen sind wissenschaftlich gut untermauert. Bei diesen Verfahren kann man darauf vertrauen, dass dem Kind geholfen wird. Wie lange der Behandlungserfolg auf sich warten lässt, hängt allerdings vom Einzelfall ab. Physiotherapie Was wird gemacht? Physiotherapeuten üben mit den Kindern häufig spielerisch. Auch Alltagssituationen werden trainiert. Es gibt unterschiedliche Konzepte: Bobath geht davon aus, dass das Zentralnervensystem uns zu zielgerichteten Bewegungen befähigt. Ist dieses System beeinträchtigt, kann sich das Kind nicht seinem Alter entsprechend bewegen. Vojta geht davon aus, dass bereits bei Geburt das Programm der idealen Bewegungsentwicklung im Gehirn gespeichert ist. Diese Bewegungsmuster kann die Therapie in Gang setzen, und zwar durch sanften Druck auf bestimmte Körperzonen. In der Psychomotorik bilden motorische, psychische und soziale Komponenten eine Einheit. Unruhige, zappelige oder ängstliche Kinder sollen Selbstvertrauen und Freude an der Bewegung gewinnen. Bei der sensorischen Integration wird die Wahrnehmung geschult. Weitere Bereiche sind Kinderrückenschule, Manualtherapie, Atemtherapie und Hippotherapie. Für welche Auffälligkeiten geeignet? Verspätetes Laufenlernen, Koordinations- und Gleichgewichtsprobleme, Hyperaktivität und Unruhe, Haltungsschäden, Fußfehlstellungen oder Muskelerkrankungen. Wie sind die Erfolgsaussichten? Die Wirksamkeit ist belegt. Dauer der Therapie? Meist lassen sich mit zehn Therapieeinheiten Besserungen erzielen. Foto: irisblende.de Was zahlt die Kasse? Wenn die Therapie ärztlich verschrieben ist, bezahlt die Krankenkasse. Nicht übernommen wird die Hippotherapie (Therapie auf dem Pferd). Psychoanalytische und tiefenpsychologisch fundierte Therapie Was wird gemacht? Diese Therapie geht vor allem auf die unbewussten Ursachen einer Störung ein. Wichtig sind die Gefühle des Kindes, seine Einsicht in die zugrunde liegenden Konflikte. Auf dieser Basis wird daran gearbeitet, das Kind im Umgang mit belastenden Erlebnissen zu stärken, Störungssymptome zu beseitigen und die Entwicklung des Kindes zu fördern. Gearbeitet wird zum Beispiel mit spielerischen und gestalterischen Mitteln. Für welche Auffälligkeiten geeignet? Neurosen, Traumata, Ängste, Essstörungen, Depressionen, selbstverletzendes Verhalten. Wie sind die Erfolgsaussichten? Die Wirksamkeit ist gut belegt. So zeigen Langzeitstudien, dass Kinder und Jugendliche auch 15 Jahre später noch emotional stabiler sind. Dauer der Therapie? Das hängt vom Fall ab. Die Krankenkassen bewilligen maximal 150 bzw. 180 Stunden Einzeltherapie. Was zahlt die Kasse? Die Therapie ist Kassenleistung. Verhaltenstherapie Was wird gemacht? Die Verhaltenstherapie zählt zu den Psychotherapien. Sie lässt sich in mehr als 50 verschiedene Methoden unterteilen. Basis ist die Annahme, dass menschliches Verhalten erlernt ist und sich Schädliches folglich auch wieder verlernen oder umlernen lässt. Der Patient wird in die Lage versetzt, seine Gefühle und sein Verhalten in positiver Weise zu beeinflussen. Dieses positive Verhalten wird eingeübt und stabilisiert. Welche Methoden zum Einsatz kommen, hängt vom einzelnen Fall ab. Unter anderen können Entspannungsverfahren, Selbstmanagement, Kommuni- kationstraining, Rollenspiele und Konfrontationsverfahren angewendet werden. Für welche Auffälligkeiten geeignet? Bei vielen Auffälligkeiten ist die Verhaltenstherapie eine gut bewährte Methode, etwa bei Angststörungen, Zwangsstörungen, psychosomatischen Störungen, Tics, Selbstverletzung, ADHS, Essstörungen, auffälligem Sozialverhalten. Wie sind die Erfolgsaussichten? Verhaltenstherapie gilt im Kinder- und Jugendalter als der erfolgreichste Ansatz. November 2010 Sprachtherapie/Logopädie Was wird gemacht? Mit spielerischen Methoden soll die Freude am Sprechen geweckt werden. Wortschatz und Sprachverständnis sollen sich so verbessern. Horchspiele verbessern die Hörwahrnehmung, Pustespiele die Mundmotorik. Bei älteren Kindern wird auch mit Ton- und Videoaufnahmen und Computerprogrammen gearbeitet. Für welche Auffälligkeiten geeignet? Die Therapie wird bei Sprach-, Stimm- und Schluckstörungen eingesetzt. Auch bei Sprechstörungen wie Stottern und Poltern kann die Therapie helfen. Wie sind die Erfolgsaussichten? Nach Untersuchungen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) sind die kurzfristigen Erfolge einer Sprachtherapie gut. Schnell bessern sich Wortschatz und Grammatik, die Kinder formen komplexere Sätze, artikulieren MUM flusst wird. Bei Kindern ist das besonders die Familie. In jeder Familie gibt es unausgesprochene Regeln und Verhaltensmuster, die unter Umständen dazu führen, dass sich ein Kind auffällig benimmt. In die Therapie werden nach Möglichkeit die Personen einbezogen, die dem Kind nahestehen, also Eltern, Geschwister, Lehrer, Bekannte. Für welche Auffälligkeiten geeignet? Eingesetzt wird diese Therapieform unter anderem bei Verhaltensauffälligkeiten, psychosomatischen Beschwerden, Tics, Ängsten, Essstörungen, präziser. Noch nicht genug erforscht ist laut IQWiG der Langzeiterfolg der Therapien. Dauer der Therapie? Das hängt vom Problem ab. Bei Stottern zum Beispiel werden im Normalfall maximal 50 Therapieeinheiten angesetzt, bei Artikulationsstörungen bis zu 30 Einheiten. Normalerweise finden eine bis drei Therapiesitzungen pro Woche statt. Was zahlt die Kasse, was muss man selbst zahlen? Wird die Therapie vom Arzt verordnet, bezahlt die Krankenkasse. Ergotherapie Was wird gemacht? In der Ergotherapie übt der Patient Verhaltensweisen, die ihn in die Lage versetzen, seinen Alltag besser zu bewältigen. Bei jungen Patienten kommen viele spielerische Elemente zum Einsatz, aber auch klassische Übungen – zum Beispiel einen Stift richtig halten, eine Schleife binden. Oft wird mit verschiedenen Sinnesreizen gearbeitet. Hat ein Kind zum Beispiel Probleme mit dem Gleichgewicht, wird es während der Therapie schaukeln oder balancieren. Für welche Auffälligkeiten geeignet? Unter anderem Entwicklungsverzögerungen, Wahrnehmungs- und motorische Störungen, ADS und ADHS. Wie sind die Erfolgsaussichten? „Die Erfahrung zeigt: Die Erfolgsaussichten sind gut. Das bestätigen die Eltern von Kindern, die Ergotherapie erhalten haben. Da vor der Therapie ein Ziel vereinbart wird, können die Eltern die Wirkung überprüfen“, erklärt Arnd Longrée, Vorsitzender des Deutschen Verbands der Ergotherapeuten. Foto: irisblende.de Dauer der Therapie? Circa ein halbes bis ein Jahr, das sind in den meisten Fällen etwa 40 Therapieeinheiten, erklärt der Deutsche Verband der Ergotherapeuten. Im Regelfall sind bis zu 60 Therapieeinheiten vorgesehen, mehr sind mit Genehmigung der Kasse möglich. Was zahlt die Kasse? Ergotherapie wird ärztlich verordnet und ist Kassenleistung. Spieltherapie Dauer der Therapie? Bei Angststörungen etwa sollte man mit einer halbjährigen ambulanten Therapie rechnen. Die Kassen übernehmen maximal 80 Behandlungseinheiten. Was zahlt die Kasse? Verhaltenstherapie ist eine Kassenleistung. Systemische Therapie/Familientherapie Was wird gemacht? Die Systemische Therapie ist eine Weiterentwicklung der Familientherapie. Basis ist die Erkenntnis, dass jeder Mensch von seinem sozialen Umfeld beein- Foto: irisblende.de Störungen der Impulskontrolle und des Sozialverhaltens. Wie sind die Erfolgsaussichten? Studien belegen, dass das Verfahren sich gut für Kinder und Jugendliche eignet und gerade bei schwer zu behandelnden Störungen Erfolge bringt. Dauer der Therapie? Im Durchschnitt etwa zehn bis 20 Stunden. Was zahlt die Kasse? Obwohl die Systemische Psychotherapie seit zwei Jahren wissenschaftlich anerkannt ist, wird sie in der Regel nicht von den Kassen finanziert, weil es sich nicht um ein „Richtlinienverfahren“ handelt. Foto: irisblende.de Was wird gemacht? Diese Therapieform gehört zur Humanistischen Psychologie. Zugrunde liegt die Annahme, dass der Patient in der Lage ist, seine Gesundung selbst voranzutreiben. Der Therapeut versteht sich als helfender Begleiter. Durch das Spiel soll der Patient in die Lage versetzt werden, Lösungen für seine Probleme zu finden. Das Kind wählt selbst Spielthemen aus und setzt sie mit den unterschiedlichsten Spielmaterialien in Szene. Weil der Therapeut in die Spielwahl kaum eingreift, wird das Verfahren auch nicht direktive Spieltherapie genannt. Für welche Auffälligkeiten geeignet? Unter anderem Entwicklungsdefizite, Traumata, Verhaltensstörungen, seelische Erkrankungen mit unklarer Ursache. Wie sind die Erfolgsaussichten? Gut, da die Selbstheilungskräfte angesprochen werden. Nachuntersuchungen zeigen, dass die behandelten Kinder im Alltag besser zurechtkommen und die psychischen Krankheitssymptome abnehmen. Dauer der Therapie? Abhängig von der Schwere der Störung. In der Regel 50 bis 60 Therapieeinheiten pro 45 Minuten. Was zahlt die Kasse, was muss man selbst zahlen? Auf Antrag des Therapeuten übernehmen in der Regel die Krankenkassen die Kosten. Sollte das nicht der Fall sein, kann man nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz einen Antrag auf Kostenübernahme beim Jugendamt stellen.