These I „Ausgehend von der Annahme, dass Betongebäude ein Abbild ihrer Konstruktion zeigen, lässt sich behaupten, dass der Dämmbeton näher an der Struktur ist, als herkömmlicher Beton.“ Mies van der Rohe sprach im Zusammenhang von Architektur und Tektonik einmal davon, dass Architektur dort beginnt, wo zwei Backsteine sorgfältig zusammengefügt werden. Semper umschreibt die Tektonik als logisches Fügen von stabförmigen Teilen zu einem in sich unverrückbaren System. Doch wie komme ich auf diese Ausführungen namhafter Architekten? Beim Entwerfen eines Gebäudes muss sich der Architekt früher oder später mit dem Aufbau der unterschiedlichen Schichten auseinandersetzten. So gibt es in den meisten Fällen eine tragende Schicht, eine Dämmschicht sowie eine schützende Schicht, die häufig auch als Haut oder verkleindende Schicht bezeichnet wird. Im besten Fall trägt diese Schicht zum Ausdruck des Gebäudes bei, womit wir beim Begriff der Tektonik wären, auf welchen ich an dieser Stelle noch nicht näher eingehen möchte. Die Besonderheit des Materials Dämmbeton ist, dass er alle drei genannten Funktionen in ein und der selben Schicht beherbergt. Dies brachte mich zu meiner etwas provokativen These, dass sich das Abbild der Konstruktion (Schalung und Wandstärke) bei Dämmbeton direkter ablesen lässt, als bei herkömmlichem Beton und daher eine ontologischere (ehrlichere, wirklichere) Architektur möglich ist. Geschichte Meine näheren Recherchen zu diesem Material haben mich überrascht, da Dämmbeton bereits seit ca. 50 Jahren Anwendung in der Architektur findet. Ganz genau geht der erste Dämmbeton sogar auf die Kuppel des Pantheons in Rom zurück. Hier verwendete man ‚opus cementicium‘ oder wie Vitruv es nannte ,opus signinum‘, mit vermehrtem Anteil an Bimsstein anstelle von herkömmlichem Kieszuschlag.1 Durch die Erfindung des Drehofens im Jahr 1917 fand der Leca-Beton ein breites Anwedunngsfeld. Leca bezeichnet die Abkürzung für „lightweight expanded clay aggregates“ (leichter, geblähter Zuschlag aus Ton)2. (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Blähton) Während des zweiten Weltkrieges wurden mehr als hundert Schiffe mit einem Rumpf aus Leichtbeton ausgestattet, später fand er Anwendung für Fahrbahnplatten von Brücken und Geschossdecken von Hochhäusern bei geringerer Tragfähigkeit des Baugrundes. Eine der ersten bekannten Leichtbeton-Konstruktionen war das 1960 von Eero Saarinen entworfene TWA-Terminal in New York. Es wurde in Leichtbeton vor Ort betoniert. In der Schweiz kam der LecaBeton aufgrund seiner guten Dämmwerte das erste Mal im grossen Stil bei den Aussenwänden der Siedlung Thalmatt 1 zum Einsatz. Abb. TWA-Terminal von Eero Saarinen, 1960. Abb. Schnittansicht des Pantheans in Rom. Abb. Siedlung Thalmatt 1, Atelier 5. Besonderheiten bei der Verarbeitug des Materials Der Mischvorgang unterscheidet sich wesentlich von Normalbeton, da die Leichtzuschläge (Bimsstein oder Blähton, siehe Abb.) durch ihre geringere Dichte zum Aufsschwimmen neigen. Die einzelnen Schüttlagen sollten deshalb maximal 50 cm betragen. Aufgrund der geringeren Rohdichte ist ein grösserer Verdichtungsaufand von Nöten, was engere Abstände des Vibrirens mit der Betonnadel zur Folge hat. Abb. Ausgangsstoff, Produkte und Anwendng von Blähton. Bei Normalbeton übernehmen die Grobzuschläge den gössten Teil der Lastpfade. Innerhalb des Dämmbetons verlaufen die Kräfte aufgrund der reduzierten Druckfestigkeit der Leichtzuschläge vorallem durch die Zementmatrix (siehe Abb.). So ist der Kornbruch die häufigste Ursache für das Versagen bei Druckbanspruchung von Dämmbeton. Abb. Strukturmodel des Lastabtrags in Normal-, Ideal- und Leichtbeton. Beim Konstruieren mit dem Material Beton ist die Schalung das prägende Element nebst dem Beton selber. Je nach Abstand bestimmt sie zunächst die Stärke der Wand, die Grösse der Schalung das Fugenbild und das Material der Schalung ob Holz, Stahl oder Kunststoff, um nur einige zu nennen, die Oberflächenstruktur. Mit Aussnahme der verlorenen Schalung, verschwindet diese nach dem Abbinden. Was zurück bleibt, ist ihr Abdruck. Wie in der These bereits erwähnt zeigt der Beton in den meisten Fällen das Abbild seiner Konstruktion genauer gesagt der Schalung. Da sich der Wandaufbau bei Normalbeton in drei Schichten gliedert jeweils aber nur zwei Schichten in Form einer Oberfläche in Erscheinung treten, lässt sich die Konstruktion nicht richtig ablesen. Somal, die heutigen Wände so stark armiert sind, dass sich ohne hin die Frage stellt, wann Beton noch Beton ist und wann er anfängt verkleideter Stahl zu sein. Eine Wand aus Dämmbeton hingegen zeigt ihr ganzes, wares Ich. Eine tiefe, massige, raumhaltige Wand ohne Dämmung, ohne Verkleidung. Eine Wand die alle drei Funktionen in nur einer Schicht bahndelt. An dieser Stelle treten viele neue spannende Fragen auf. Ob ein plastisches, in Dämmbeton konstruiertes Bauwerk generell schwächer im tektonischen Ausdruck ist als ein aus - wie Semper es nennt - stabförmigen Teilen bestehendes Gebäude? Wenn ja welche Strukturen könnten ein Gebäude aus Dämmbeton im tektonischen Ausdruck stärken? Ich möchte die aufgestellte These weder belegen noch wiederlegen, viellmehr geht es mir um eine Plausiblisierung dieser These. Um Meine Gedanken die ich mir während der ersten Wochen in der Phase ‘Material‘ gemacht habe. So sehe ich auch diese Phase nicht als abgeschlossen, sondern lediglich als Zwischenergebnis innerhalb meiner Recherche zum Material Dämmbeton und auf der Suche nach einer adäquaten Art mit diesem Baustoff zu Konstruieren. Abb. Perforierte Öffnung in einer Dämmbetonwand. Abb. Perforierte Öffnung in einer Normalbetonwand. In Hinblick auf die Phase Struktur und die materialspezifischen Eigenschaften des Dämmbetons ist beispielsweise besonders zu beachten, dass sich Dämmbeton aufgrund seiner höheren Porösität nicht als Bodenplatte mit Sichtbetonoberfläche eignet. So lässt sich Dämmbeton vorallem vertikal (Wand) oder als vertikaler Raumabschluss (Dach) verbauen. Welche bautechnischen Gesetzmässigkeiten sich daraus ergeben und was für räumliche und statische Strukturen sich daraus ableiten lassen, soll nun in der Phase Struktur verfolgt und untersucht.