Aristoteles und die Konstanz der Arten

Werbung
1
Vortrag für Kassel, 6.2.09
Aristoteles und die Konstanz der Arten
1.Einleitung
Zunächst vielen Dank an Gottfried Heinemann für die Einladung und auch an Ludger Jansen,
der mich in den hektischen letzten Tagen zuverlässig mit Literaturtipps versorgt hat, die Sie
auf dem Handout sehen. Ich hatte Gottfried Heinemann vorgewarnt, dass ich vielleicht
kurzfristig den Vortragstitel ändern würde. Sie sehen, das habe ich getan. Ich weiß nicht
genau, was das für das Kolloquium heute morgen bedeutet. Ich glaube aber, es sind innerhalb
der Tagung genug Querverbindungen da. Es ist Darwin-Jahr: 150 Jahre „Origin of Species“.
Die Philosophie der Biologie hat mich gepackt. Kein Wunder, dass ich diese Tagung
spannend finde: Aristoteles' Metaphysik ist ja auch Philosophie der Biologie. Ich nähere mich
der Philosophie der Biologie mit formalen Methoden, d.h. einfach mit ein bisschen
Prädikatenlogik 1. Stufe. Ich stehe damit noch ganz am Anfang. Das ist alles Brainstorming,
kontrollierte Naivität. Fasziniert hat mich, dass die Evolutionsbiologie z.T.
ordnungstheoretisch bestens fassbare Begriffe wie „concestor“ („most recent common
ancestor“) benutzt. Dabei ist vieles unklar, selbst, ob man über die Vorfahrenschaft von Arten
oder aber von einzelnen Organismen spricht. Zwei zweistellige Relationen drängen sich einer
genaueren Betrachtung auf, wenn man als Redebereich Organismen wählt. Die zwei
Relationen sind „… ist Vorfahre von …“ (V) und „… gehört zur selben Art wie …“ (CS, von
„conspezifisch“). Welche Organismen einschlägig sind (evtl. erst solche ab einer gewissen
Komplexität), hängt davon ab, was man fordert. Das Modell bestimmt seinen
Anwendungsbereich. Das alles ist schrittweise kontrollierbar und in seinen Konsequenzen
überschaubar. Man kann darüber systematische Betrachtungen anstellen. Man kann sich aber
auch historisch fragen. Was hat sich eigentlich im Sinne der Postulate für V und CS von
Aristoteles zu Darwin hin geändert? Kein Zweifel: Es hat sich viel geändert, seit Aristoteles in
Phys. II 8 den Gedanken zurückwies, dass Materie gerade vorn im Mund in Form von
Schneidezähnen und weiter hinten in Form von Mahlzähnen zusammenfällt (A). Angesichts
der zunächst mickrigen explanatorischen Kraft des Forschungsprogramms Evolutionsbiologie
war Aristoteles rational darin, es abzulehnen. Die schöne Regelmäßigkeit des
Zusammenfallens von Stoff in Form von Zähnen u.ä. war unbegreiflich, und die antiken
Evolutionstheoretiker (wenn sie den Namen überhaupt verdienen) hatten nichts, um sie
begreifbar zu machen. Heute ist diese Regelmäßigkeit begreiflich geworden (und Feyerabend
behält mal wieder recht: bloß gut, wenn's nicht zu rational zugeht).
Ich fand die Frage "Was hat sich strukturell seit Aristoteles verändert?" systematisch
lehrreich. Denn man merkt besser, was man alles unterscheiden muss. Ich habe gemerkt, dass
die Grundannahmen auch der aristotelischen Biologie über V und CS überhaupt nicht so
unkompliziert sind, wie ich zunächst meinte. Besondere Beachtung verdienen spontan
entstehende Aale, die drei ganz verschiedenen symbiotisch an der Honigproduktion
beteiligten Insektenarten, Halbesel, Frauen, Männer und schließlich der aristotelische Slogan
"anthropos anthropon genna".
2
2. Konsens bezüglich V
Die Relation „ … ist Vorfahre von …“ (V) ist in mancher Hinsicht unkontrovers. Schon
Aristoteles hätte wohl den folgenden Postulaten dafür zugestimmt:
1 ∀xy (x V y ⊃ ~ y V x)
Asymmetrie (nicht bloß Antisymmetrie) von V
Daraus folgt sofort ohne weiteres die Irreflexivität von V: Nichts ist Vorfahre von sich selbst.
Unproblematisch ist auch:
2 ∀xyz (x V y ∧ y V z ⊃ x V z)
Transitivität von V
Es ist ferner klar, dass „ … ist Nachkomme von …“ die konverse Relation zu V sein muss:
3 x N y gdw y V x
Nachkomme
Es folgt, dass auch N asymmetrisch, irreflexiv und transitiv ist. Es ist praktisch, über
gemeinsame Vorfahren und Nachfahren von Organismen sprechen zu können, was keine
Schwierigkeiten bereitet:
4 x GV yz gdw x V y ∧ x V z
5 x GN yz gdw x N y ∧ x N z
gemeinsamer Vorfahre
gemeinsamer Nachkomme
Ferner sei definiert:
6 x UV y gdw x V y ∧ ~∃ z (x V z ∧ z V y) unmittelbarer/direkter Vorfahre
7 x UN y gdw x N y ∧ ~∃ z (x N z ∧ z N y) unmittelbarer/direkter Nachkomme
Eine wichtige Eigenschaft von V ist nämlich, dass Abstammung in diskreten Schritten vor
sich geht. Das lässt sich (hoffentlich) so ausdrücken:
8 ∀xy (yNx ⊃ ∃z (zUNx)
Diskretheit
Jedes x, das überhaupt einen Nachkommen hat, hat einen direkten Nachkommen. Ferner
werden sich Aristoteles und der modene Biologe einig sein, in keiner Richtung die so
genannte Linearität von V zu fordern: Offensichtlich haben viele Organismen zwei Vorfahren,
die nicht selbst Vorfahre und Nachkomme voneinander sind: ihre Eltern. Und offensichtlich
haben viele Organismen mehrere direkte Nachkommen. Man stellt sich Abstammung gerne
als Baum vor. Aber auf der Ebene von Organismen ist das Bild eines Abstammungsnetzes viel
treffender.
Dass es überhaupt Vorfahren (und somit) Nachkommen gibt, wird ebenfalls unkontrovers
sein:
3
9 ∃xy (y V x)
Das legt auf Modelle mit mindestens zwei Organismen fest. Selbst dass ein Organismus
höchstens zwei direkte Vorfahren hat, lässt sich ausdrücken und ist wohl wieder unkontrovers
(es könnte freilich bei Pflanzen problematisch sein):
10 ∀xyz (yUVx ∧ zUVx ∧ y≠z ⊃ ∀x‘ (x’UVx ⊃ x‘=y ∨ x‘=z)) höchstens zwei Eltern
Komplizierter wird es bei der Frage der Vor- und Rückerstreckung. Aristoteles und der
moderne Biologe werden sich zwar im Ergebnis einig sein, weder zu fordern, dass jeder
Organismus einen Vorfahren hat, noch, dass jeder Organismus einen Nachkommen hat. Aber
die Gründe unterscheiden sich zum Teil. Nicht bei den Nachkommen: Es gibt nun einmal
Organismen, die keine Nachkommen haben. Aber bei den Vorfahren. Es liegt zunächst nahe
zu meinen: Aristoteles geht in Phys. VIII, wohl anders als Platon im Timaios, von einer sich
unendlich vor- und zurück erstreckenden Zeit aus, in der sich auch ständig natürliche
Vorgänge abspielen (ihr Maß ist ja nach Phys. IV die Zeit). Also (aber warum eigentlich
"also"?) hat jeder Organismus einen Vorfahren. Die aristotelischen Arten sind deshalb
insofern konstant, als dass sie von Ewigkeit her und bis in alle Ewigkeit ununterbrochen
instantiiert sind. Denn sie sollen ja dem sterblichen Individuum, soweit ihm möglich, die
Teilnahme am Ewigen erlauben. (M, N)
Der moderne Biologe dagegen geht von einer historischen Entstehung des Lebens und der
Lebewesen aus. Er wird deshalb nicht fordern, dass jeder Organismus einen Vorfahren hat.
Doch bei genauerem Hinsehen merkt man: Auch Aristoteles hätte das nicht getan. Denn GA
zeigt, dass er an Urzeugung von Lebendigem aus Unbelebtem glaubte (B, I, J). Dass Leben
aus Unbelebtem entsteht, darüber sind sich Aristoteles und der moderne Biologe also einig.
Nur geschah dies nach moderner Ansicht grob gesagt einmal für alles heutige Leben und
geschieht heute nicht mehr; nach aristotelischer (und in der Antike auch darüber hinaus weit
verbreiteter) Ansicht geschieht das zwar nur mit manchem Leben, dies aber täglich. Beide,
Aristoteles und der moderne Biologe, werden sich also wohl auf die folgenden Postulate
einigen:
11 ∃x ~∃y (y N x)
Mancher Organismus hat keinen Nachkommen
12 ∃x ~∃y (y V x)
Mancher Organismus hat keinen Vorfahren
Das ist kein kleiner Konsens, aber viel größer scheint er mir bezüglich V denn auch nicht zu
sein.
3. Dissens bezüglich V
Schon darauf, dass für manchen Organismus gilt, dass jeder seiner Vorfahren wieder einen
Vorfahren hat, wird sich der moderne Biologe, wohl im Gegensatz zu Aristoteles, nicht
einlassen (Platon hätte es auch nicht getan).
13 ∃x ∀y (y V x ⊃ ∃z (z V y))
Manche Organismen haben unendlich viele Vorfahren
4
Doch bevor man Aristoteles dieses Postulat zuschreibt, sollte man etwas vorsichtig sein. Ich
stelle wenigstens eine systeminterne Spannung zur Diskussion. Denn aktuale Unendlichkeiten
sind nicht gerade aristotelisch. Nur - kann man die Teilnahme am Ewigen im Sinne der
Artzugehörigkeit ohne die Annahme bekommen, es hätten bis jetzt schon aktual unendliche
viele Exemplare der eigenen Art existiert (und noch die 1. Antinomie in Kants KrV zeigt, wie
schwer man das einst nahm)? Als Platonist vielleicht. Aber kann es der Verfasser von Met. Z
8, der eine Formtradition im Stoff braucht (K)? Die Spielart des Panpsychismus, zu der
Aristoteles in diesem Punkt bereit ist, fand ich jedenfalls erstaunlich (I).
Wie auch immer - der entscheidende Dissens in Bezug auf die Vorfahren-Relation besteht
darin, ob man Abstammungsinseln zulässt. Ich war überrascht, zu sehen, dass das so wichtig
ist. Denn Bertram Kienzle hat die Begriffe der Verinselung und der Verinselungsfreiheit von
modallogischen Modellen für eine völlig andere Anwendung scharf gestellt, nachdem er als
erster ihre große Bedeutung bemerkt hatte. Für unsere Anwendung ist eine Insel (außer in
Fällen extremer Vereinzelung) dasselbe wie ein Abstammungsnetz. Und die Frage ist: Gibt es
davon nur eines, oder gibt es mehrere? Für unsere Anwendung kann man festsetzen:
14
Eine Insel ist eine Teilmenge M des Redebereichs, für welche gilt:
∀ x y ∈M (x=y ∨ x V y ∨ x N y ∨ ∃ z (z GV xy) ∨ ∃ z (z GN xy))
Aristoteles hält mehrere solche Netze nebeneinander nicht nur für denkbar, sondern das große
Bild der aristotelischen Biologie legt sie sogar nahe. Einerseits hat eine durch Urzeugung
entstehende Population keinerlei abstammungsmäßige Verbindung zu irgendeiner anderen
Population von Organismen. Doch mehr noch: Nach dem aristotelischen Bild sind auch viele
nicht durch Urzeugung entstehende Arten komplette und im Wesentlichen isoliertes
Abstammungsnetze (zu den Ausnahmen komme ich gleich): Ein Mensch zeugt einen
Menschen etc. Insofern sind wenigstens eine ganze Reihe von Arten konstant.
Ist das die aristotelische Auffassung von der Konstanz der Arten, so sieht man übrigens:
Konstanz der Arten im aristotelischen Sinn bedeutet nicht, dass es zu jedem Zeitpunkt
Exemplare genau derselben Arten geben muss. Vielleicht entsteht der erste Aal irgendwann
durch Urzeugung, während es schon lange, vielleicht schon immer, Löwen gegeben hat.
Vielleicht ist der Aal zwischendurch mal ausgestorben, aber irgendwann entsteht er durch
Urzeugung wieder. Was mit dem eidos Aal in der Zwischenzeit los ist, möge Aristoteles
wiederum mit seinem Lehrer klären. Ich bin nicht hier, um Probleme unter den Teppich zu
kehren.
Es lässt sich ein Trilemma bemerken: Man kann nun nicht zugleich behaupten, dass es (1) nur
ein einziges großes Abstammungnetz gibt, dass (2) in vielen Fällen ein Organismus nie von
einem ihm artfremden Organismus abstammt und dass es (3) Organismen mehrerer
verschiedener Arten gibt. Der moderne Biologe und Aristoteles werden, von einem
alltäglichen Begriff der biologischen Art ausgehend, das Offensichtliche nicht leugnen und
also (3) zustimmen. Der moderne Biologe leugnet (2), weil er (1) bejaht; der aristotelische
muss (1) leugnen, weil er (2) bejaht. Umstritten ist also das folgende Postulat:
15 ∀ x y (x=y ∨ x V y ∨ x N y ∨ ∃ z (z GV xy) ∨ ∃ z (z GN xy)) Netz allen Lebens
5
Der moderne Biologe stimmt zu.1 Der aristotelische Biologe postuliert dagegen das
kontradiktorische Gegenteil:
16 ∃ x y (x≠y ∧ ~x V y ∧ ~x N y ∧ ~∃ z (z GV xy) ∧ ~∃ z (z GN xy))
Verinselung
4. Artgenossenschaft
Ich komme zur zweiten Relation, der Artgenossenschaft oder Artgleichheit (CS). Die erste
Idee könnte sein: Artgleichheit wird wohl eine Äquivalenzrelation sein - reflexiv,
symmetrisch und transitiv. Alles ist artgleich mit sich selbst; wenn x mit y artgleich ist, so
auch y mit x; und wenn x mit y und y mit z artgleich ist, so auch x mit z. Die zweite Idee
könnte sein: Artgenossenschaft und Abstammung fallen bei Aristoteles einfach zusammen, in
der modernen Biologie aber nicht mehr. Das erste ist problematisch, das zweite weit
komplizierter, als man denkt. Die erste Idee betrifft die Züge von CS, die Konsens sein
können.
Wenig zu zweifeln gibt es wohl an der Symmetrie. Sowohl Aristoteles als auch der moderne
Biologe werden sie also postulieren:
17 ∀xy (x CS y ⊃ y CS x)
Symmetrie der Artgleichheit
An der Transitivität habe ich gewisse Zweifel. Das liegt daran, dass ich für das knifflige
Problem der so genannten Ringspezies nicht a priori die Möglichkeit verbauen will, dass
manchmal derselbe Organismus mehreren Spezies angehört. Interessanterweise leistet das
Postulat der Transitivität es, das zu verbieten. Genau gesagt verbietet es, dass etwas zwei
Arten angehört, während anderes nicht beiden angehört - wobei letzteres vorauszusetzen ist,
damit man überhaupt von zwei Arten reden kann. Die Forderung der Transitivität
18 ∀xyz (x CS y ∧ y CS z ⊃ x CS z)
Transitivität der Artgleichheit
schließt nämlich jede Situation aus, in der a CS b und b CS c gilt, während a CS c nicht gilt.
Aristoteles hätte die Transitivität mit Sicherheit gefordert: Zur Idee des Fallens unter ein
Eidos als seiner natürlichen Art gehört, dass man nicht unter zwei davon fällt. Nichts hat zwei
Essenzen, mehrartige Lebewesen wären sozusagen multiple Persönlichkeiten der schlimmsten
Sorte. Nehmen wir an, auch der moderne Biologe will lieber keine mehrartigen Lebewesen
zulassen: Sei es, dass ein Rest Essentialismus in ihm steckt; sei es, dass selbst eine
willkürliche Klassifikation nicht recht mit Mehrartigkeit zusammenpasst (denn was wäre an
einer Artzuweisung, die Mehrartigkeit zulässt, noch eine Klassifikation, eine Einteilung?).
Evtl. vertritt er sogar das stärkere: ∀ x y (x=y ∨ x V y ∨ x N y ∨ ∃ z (z GV xy)). Allerdings ist dies bei
genauerem Hinehen wirklich ein sehr starkes Postulat: Muss dies erfüllt sein, so können nicht mehrere
ursprüngliche Abstammungslinien einmal zusammenlaufen, sondern es muss - Vergangenheitsendlichkeit des
Modells vorausgesetzt - eine Urzelle geben.
1
6
Der schwierigste Fall ist der scheinbar einfachste: die Reflexivität. Hier teilen sich die Wege.
Doch ist es nicht klar, dass alles artgleich mit sich selbst ist? Ja, wenn es nur überhaupt einer
Art angehört. Was sollte sonst die Rede von Artgleichheit? Das zeigt auch, dass wir mit der
Relation CS die Möglichkeit haben, auszudrücken, ob etwas einer Art angehört oder aber
nicht. Nun könnte man sagen: Dann ist ja die Reflexivitätsforderung für den aristotelischen
Biologen ganz natürlich. Er wird doch emphatisch bejahen, dass jedes Lebewesen einer,
seiner natürlichen Art angehört. Es gibt für ihn nichts Artloses. Und sollte nicht auch der
moderne Biologe Klassifikationslücken vermeiden wollen und deshalb, wenn auch vielleicht
mit anderer Motivation, zustimmen?
Das Problem sind Halbesel (Maultiere / Maulesel). Es liegt systematisch nahe, zu sagen,
Halbesel gehörten keiner Art an. Hat Aristoteles dieses offensichtliche Gegenbeispiel zur
Reflexivität der Artgleichheit übersehen? Nein. Er diskutiert Halbesel, z.B. in Met. Z 8 (G, K,
L). Die Idee dort (vgl. K) ist offenbar, dass bei Halbeseln das Art ist, was bei Pferd und Esel
nicht Art, sondern nächste Gattung ist. Aristoteles bedauert, dafür keinen Namen zu haben,
aber nennen wir die Pferde-und-Eselartigen einfach Pfesel, so lässt sich festhalten: Jedes
Pferd, jeder Esel und jeder Halbesel sind Pfesel. Pferde und Esel sind jedoch nicht Pfesel im
Sinne der Artzugehörigkeit, sondern nur im Sinne der Gattungszugehörigkeit. So ist in der Tat
kein Halbesel Artgenosse eines Esels oder Pferdes. Das ist gut so, denn sonst würde mit der
Transitivitätsforderung folgen, dass es weder Pferde noch Esel gibt. Halbesel dagegen sind
Pfesel im Sinne der Artzugehörigkeit. Raffiniert. Dass sich Aristoteles damit solche Mühe
gibt, weist darauf hin, dass er tatsächlich durchzieht, was der Grundgedanke der Formung von
Materie nahelegt:
19 ∀x ( x CS x)
Alles gehört zu einer Art
Der moderne Biologe sollte dagegen vorsichtiger sein und, die Reflexivitätsforderung
einschränkend, allenfalls festhalten:
20 ∀xy (x CS y ⊃ x CS x)
Was mit irgendetwas artgleich ist, das auch mit sich
Der Gedanke, die Zugehörigkeit zu einer Art durch Selbstartgleichhheit auszudrücken,
ermöglicht es immerhin noch (in der ersten Stufe!) die folgenden Postulate zu formulieren,
die zwischen aristotelischem und modernen Biologen konsensfähig sein dürften:
21 ∀x (x CS x ⊃ ∃y (x CS y ∧ x≠y))
Nichts ist sui generis
22 ∃xy (x CS y)
Es gibt mindestens eine Art
23 ∃xy (x CS x ∧ y CS y ∧ ~ x CS y)
Es gibt mehr als nur eine Art
Übrigens stärkt die Negation der zweiten Formel den Gedanken eines aristotelischen
Fülleprinzips (wo auch immer es im Text genau zu finden ist): Wäre die Negation der Formel
wahr, so gäbe es nicht eine einzige Art und zwar allein mangels Lebewesen, die sie
instantiieren. Bei Reflexivität von CS folgt die Formel (22) übrigens bereits aus dem
prädikatenlogisch üblicherweise vorausgesetzten nichtleeren Redebereich.
7
Kann man mit CS auch den Gehalt eines der berühmtesten Prinzipien der aristotelischen
Biologie formulieren: "Anthropos anthropon genna" - "Mensch zeugt Mensch" (vgl. für
Stellen das Handout)? Offenbar ist das nur ein Beispiel, und es soll für viele Arten gelten "X
zeugt X". Ein erster Versuch wäre (evtl. mit „UV“ statt „V“):
24 ∀xy (x V y ⊃ x CS y)
anthropos anthropon genna?
Schon (24) ist nicht einfach eine Gleichsetzung von Vorfahrenschaft und Artgenossenschaft.
Denn es ist nur eine Implikation, keine Äquivalenz. Mit diesem Prinzip kann man formal
einiges anfangen (monospezielle Inseln erzeugen z.B.). Doch bei genauerem Hinsehen merkt
man: Aristoteles hätte das gar nicht in voller Allgemeinheit der Formel befürwortet:
− Nach GA I 1, 715a/b ist nach nach Urzeugung immer nur Xenogenese von asexuellen
Nachkommen möglich (B). Die zweite Generation nach einer Urzeugung muss dabei
sogar einer anderen Art angehören als die erste. (Xenogenese verstehe ich hier im
Wortsinn, nicht als bloßen phänotypischen Generationenwechsel.)
− Halbesel sind nicht einfach artlos, sondern Pfesel und also ihren Eltern artfremd
(K,G).
− So genannte Bienen bestehen nach Aristoteles aus drei verschiedenen symbiotischen
Arten, von denen zwei artfremde Nachkommen haben: Manche Nachkommen der
Königinnen sind Arbeiterinnen, manche Königinnen. Alle Nachkommen der
Arbeiterinnen dagegen sind sterile Drohnen (H).
Der moderne Biologe und Aristoteles sind sich also einig in dem Postulat:
25 ∃xy (x V y ∧ ~ x CS y)
Xenogenese / Evolution
Das wiederum zeigt, dass man es nicht zwingend als Evolutionsprinzip deuten muss, wie es
der moderne Biologe tun wird. Aristoteles befürwortet sogar:
26 ∃xy (x UV y ∧ ~ x CS y)
unmittelbare Xenogenese
sowie außerdem (wegen der Reflexivität von CS zwingend) das noch stärkere
27 ∃xy (x UV y ∧ ~ x CS y ∧ x CS x ∧ y CS y)
unm. Xenogenese von Artzugehörigem
Ob der moderne Biologe das erste befürworten muss, weil es aus seinem Evolutionsprinzip
folgt, ist für mich noch eine offene, aber eindeutig beantwortbare Frage. Das zweite wird er
sich jedenfalls gut überlegen: Vielleicht gibt es in jedem Speziationsprozess eine Art Puffer
der Artlosigkeit (vielleicht auch eines der Mehrartigkeit), so dass eindeutig artzugehörige
artfremde Lebewesen nicht in direkt aufeinander folgenden Generationen vorkommen.
Wie weit geht bei Aristoteles die Möglichkeit artfremden Nachwuchses? Etwas charity
erfordert Met. Z 9 (L), um nicht auch noch behaupten zu müssen, Männer und Frauen
gehörten verschiedenen Arten an und die Zeugung von Töchtern durch Väter sei Xenogenese.
8
Ich glaube, Aristoteles möchte einfach darauf hinweisen, dass man seinen Slogan in der
angemessenen Allgemeinheit verstehen möge. Vielleicht sind auch die Grenzen zwischen
phenetischem, klassifikatorischem und abstammungsabhängigem Artbegriff noch nicht
deutlich gezogen (biologische Arten sind ja nur Sonderfälle natürlicher Arten). Man kommt
ins Grübeln, wie man eigentlich begründet, dass Männer und Frauen derselben Art angehören,
ohne Artgehörigkeit abstammungstechnisch zu definieren, was wiederum gar nicht so einfach
ist, wenn man an echte Xenogenese glaubt. Wieviel definitorisches Diktat steckt in unserem
Artbegriff?
Mehr Sorgen macht mir freilich eine Stelle in GA I 16: Steht dort, in Text C, wirklich, dass bei
sexueller Fortpflanzung artgleicher Mücken Xenogenese vorkommen kann? Ich vermute:
nein. Denn es kommt zwar etwas, dabei heraus, aber dabei handelt es sich um „Maden“, und
das sind für Aristoteles keine Lebewesen, sondern bloße Nahrungsspeicher (vgl. die
Ausführungen über die Aale in Text J). Schlimmstenfalls widerspricht C einer ganzen Reihe
anderer Stellen (wenigstens dem Satz davor, GA I1, GA II8: B,G). Diese Stellen aber legen es
– auch wenn sie als Teilstücke von Argumenten nicht immer leicht zu interpretieren sind –
sehr nahe, dass Aristoteles die Grenze der Möglichkeit der Xenogenese bei der (sexuellen)
Fortpflanzung zweier artgleicher Lebewesen zieht: Dabei kann nur wieder Artgleiches
herauskommen. Die präzise Formulierung des scheinbar so einfachen „anthropos anthropon
genna“ wäre demnach:
28 ∀xyz (x CS y ∧ x≠y ∧ zUNx ∧ zUNy ⊃ z CS x)
anthropos anthropon genna
Es ist für mich eine offene, aber eindeutig beantwortbare Frage, ob der moderne Biologe das
befürworten darf. Er darf es nicht, falls daraus logisch bereits folgt:
29 ∀xyz (x CS y ∧ x≠y ∧ zUNx ∧ zUNy ⊃ ∀z' (z' V z ⊃ z' CS z)
X nur von X
Das heißt: Das Produkt der (sexuellen) Fortpflanzung zweier artgleicher Lebewesen hat unter
all seinen Vorfahren keinen, der nicht derselben Art angehört wie seine Eltern (übrigens darf
wegen Maultieren u.ä. nicht “N” statt “V” stehen). Aristoteles vertritt das. Er muss es
vertreten für seine große Biologisierung der imitatio aeterni, die Platons Timaios im Sinne der
negatio und der conservatio, aber dezidiert nicht im Sinne der elevatio aufhebt (Raffael hatte
doch Recht mit seinem Bild).
Der moderne Biologe kann das nicht befürworten: Nicht alle meine Vorfahren sind Menschen,
die meisten nicht. Dafür bin ich mit allem Leben verwandt. Und zwar nicht irgendwie,
sondern wörtlich genommen.2
2
Der Widerstand von Ludger Jansen in der Diskussion hat mir gezeigt, dass die – zugegeben etwas
schopenhauerisierende – These nicht so eingängig ist, wie ich es selbst dachte. Tatsächlich muss man
eingehend dafür argumentieren, dass das, was sich, nachdem man es immer, darauf hinweisend, für ein
„natural kind“ gehalten hat, überraschenderweise als in seinen materiellen Grundelementen (DNA u.ä.)
identisch herausgestellt hat, eben gerade wegen dieser Entdeckung allein den Titel des Lebens verdient,
indem es tatsächlich den vermuteten Zusammenhang aufweist; und dafür, dass diese Entdeckung so
überwältigend ist, dass sie vorher denkbare Zweifelsfälle ausschließt. Dafür brauchte es eine ausführliche
9
Es lohnt sich dennoch, das große, Richtung Zukunft grosso modo wie eine Baumkrone
zerfaserte Abstammungsnetz der modernen Biologie nicht als etwas ideengeschichtlich völlig
Neues, sondern als eine Fusion aristotelischer Art-Inseln zu sehen. Diese Art-Inseln werden
nun zu langgestreckt-fingrigen Halbinseln oder zu Stücken davon. Einige griechische
Küstenlinien lassen grüßen. Der in der biologischen Taxonomie einflussreiche, die
Evolutionstheorie besonders ernst nehmende Cladismus klebt solche Inseln praktisch einfach
aneinander.
Für den, der das formal modellieren will, stellt sich damit ein Problem: Der aristotelische
Ansatz bekommt die ununterbrochene Existenz einer sich sexuell fortpflanzenden Art
innerhalb desselben Abstammungsnetzes gratis. Für den modernen Ansatz muss man unter
schwächeren Voraussetzungen die ununterbrochene Existenz einer Art im einzigen
existierenden Abstammungsnetz extra postulieren. Das ist gar nicht so einfach - besonders
wenn man offen sein will gegenüber Maultieren, Rückkreuzungen, der Urzelle und vielem
mehr, das es zu berücksichtigen gilt. Ich hoffe, ich finde eine einfache Lösung, das
auszudrücken. Denn der Gedanke ist ja einfach genug, schön und übrigens in der Philosophie
der Biologie weit diskutiert: Arten könnten in der Zeit persistierende Individuen sein oder
ihnen zumindest in ihren Persistenzbedingungen ähneln. Nun - zu Persistenzbedingungen
hatte Aristoteles auch einiges zu sagen. Ich hoffe daher, dass er mir heuristisch auch weiterhin
gerade da hilft, wo er uns inhaltlich besonders fremd ist: in der Philosophie der Biologie.
Vielen Dank.
Literatur (mit Dank an Ludger Jansen)
Oehler, Klaus: Ein Mensch zeugt einen Menschen. Über den Mißbrauch der Sprachanalyse in
der Aristotelesforschung. Frankfurt / Main: Klostermann 1963.
Dörrie, Hans: Art. "Entwicklung" in: Reallexikon für Antike und Christentum, Lieferung
35/36 (1960f), Sp. 483ff.
Reich, Klaus: Der historische Ursprung des Naturgesetzbegriffs. Festschrift Ernst Kapp 1958,
121ff.
Sedley, David: Creationism and Its Critics in Antiquity. Berkeley / L.A. / London: University
of California Press 2007.
Beal Torrey, Harry / Felin, Francis: Was Aristotle an Evolutionist? In: The Quarteley Review
of Biology, vol. 12, no. 1, March 1937, 1-18.
Fallstudie der Wirkung naturwissenschaftlicher Entdeckungen auf die Sprache. Ich spare mir das auf und
verweise nur auf die kryptische, aber zutreffende Bemerkung Kripkes am Beginn von „Naming and
Necessity“, selbst wenn wir (sagen wir: auf einem anderen Planeten) auf Wesen träfen, die unserer
Beschreibung von Saueriern entsprächen, seien wir nicht berechtigt, zu sagen, wir hätten dort Saurier
entdeckt.
10
Edelstein, Ludwig: Aristotle and the Concept of Evolution , Classical Weekly, 37 (1943/44),
148-150.
Kienzle, Bertram: Die Bestimmung des Janus. Freiburg: Mohr Siebeck 2007.
Dawkins, Richard: The Ancestor's Tale. London: Weidenfeld 2004.
Aristoteles: Über die Zeugung der Geschöpfe. Übersetzt von Paul Gohlke. Paderborn:
Schöningh 1959.
11
Niko Strobach, Kassel 6.2.09
Aristoteles und die Konstanz der Arten - Handout
1.Einleitung
V : „… ist Vorfahre von …“
CS „… gehört zur selben Art wie …“
2. Konsens bezüglich V
(1) ∀xy (x V y ⊃ ~ y V x)
Asymmetrie (nicht bloß Antisymmetrie) von V
(2) ∀xyz (x V y ∧ y V z ⊃ x V z)
Transitivität von V
(3) x N y gdw y V x
Nachkomme
(4) x GV yz gdw x V y ∧ x V z
gemeinsamer Vorfahre
(5) x GN yz gdw x N y ∧ x N z
gemeinsamer Nachkomme
(6) x UV y gdw x V y ∧ ~∃ z (x V z ∧ z V y) unmittelbarer/direkter Vorfahre
(7) x UN y gdw x N y ∧ ~∃ z (x N z ∧ z N y) unmittelbarer/direkter Nachkomme
(8) ∀xy (yNx ⊃ ∃z (zUNx)
Diskretheit
(9) ∃xy (y V x)
Es gibt Vorfahren / Nachkommen
(10) ∀xyz (yUVx ∧ zUVx ∧ y≠z ⊃ ∀x‘ (x’UVx ⊃ x‘=y ∨ x‘=z)) höchstens zwei Eltern
(11) ∃x ~∃y (y N x)
Mancher Organismus hat keinen Nachkommen
(12) ∃x ~∃y (y V x)
Mancher Organismus hat keinen Vorfahren
3. Dissens bezüglich V
(13) ∃x ∀y (y V x ⊃ ∃z (z V y))
(14)
Manche Organismen haben unendlich viele Vorfahren
Eine Insel ist eine Teilmenge M des Redebereichs, für welche gilt:
∀ x y ∈M (x=y ∨ x V y ∨ x N y ∨ ∃ z (z GV xy) ∨ ∃ z (z GN xy))
Man nicht zugleich behaupten, dass es
− nur ein einziges großes Abstammungnetz gibt,
− in vielen Fällen ein Organismus nie von einem ihm artfremden Organismus abstammt
− Organismen mehrerer verschiedener Arten gibt.
(15) ∀ x y (x=y ∨ x V y ∨ x N y ∨ ∃ z (z GV xy) ∨ ∃ z (z GN xy))
(16) ∃ x y (x≠y ∧ ~x V y ∧ ~x N y ∧ ~∃ z (z GV xy) ∧ ~∃ z (z GN xy))
4. Artgenossenschaft
(17) ∀xy (x CS y ⊃ y CS x)
(18) ∀xyz (x CS y ∧ y CS z ⊃ x CS z)
(19) ∀x ( x CS x)
(20) ∀xy (x CS y ⊃ x CS x ∧ y CS y)
(21) ∀x (x CS x ⊃ ∃y (x CS y ∧ x≠y))
(22) ∃xy (x CS y)
Netz allen Lebens
Verinselung
Symmetrie der Artgleichheit
Transitivität der Artgleichheit
Alles gehört zu einer Art
Was mit irgendetwas artgleich ist, das auch mit sich
Nichts ist sui generis
Es gibt mindestens eine Art
12
(23) ∃xy (x CS x ∧ y CS y ∧ ~ x CS y)
Es gibt mehr als nur eine Art
(24) ∀xy (x V y ⊃ x CS y)
anthropos anthropon genna?
(25) ∃xy (x V y ∧ ~ x CS y)
Xenogenese / Evolution
(26) ∃xy (x UV y ∧ ~ x CS y)
unmittelbare Xenogenese
(27) ∃xy (x UV y ∧ ~ x CS y ∧ x CS x ∧ y CS y)
unm. Xenogenese von Artzugehörigem
(28) ∀xyz (x CS y ∧ x≠y ∧ zUNx ∧ zUNy ⊃ z CS x)
anthropos anthropon genna!
(29) ∀xyz (x CS y ∧ x≠y ∧ zUNx ∧ zUNy ⊃ ∀z' (z' V z ⊃ z' CS z) X nur von X
„anthropos anthropon genna“-Stellen: Met. 1032a.25, Met. 1033b.32, Met. 1070a.8, Met.
1070a.27, Met. 1070b.34, Met. 1092a.16, PA 646a.33, Ph 194b.13, Ph 198a.26
ähnlich: “anthropos ex anthrópou”
Texte
(A)Phys. II 8 198b23ff, das kritische Referat der Evolutionstheorie des Empedokles (Ü: Zekl)
wÐste ti¿ kwlu/ei ouÀtw kaiì ta\ me/rh eÃxein e)n tv= fu/sei, oiâon tou\j o)do/ntaj e)c a)na/gkhj
a)nateiÍlai tou\j me\n e)mprosqi¿ouj o)ceiÍj, e)pithdei¿ouj pro\j to\ diaireiÍn, touj de\
gomfi¿ouj plateiÍj kaiì xrhsi¿mouj pro\j to\ leai¿nein th\n trofh/n, e)peiì ou) tou/tou eÀneka
gene/sqai, a)lla\ sumpeseiÍn: o(moi¿wj de\ kaiì periì tw½n aÃllwn merw½n, e)n oÀsoij dokeiÍ
u(pa/rxein to\ eÀneka/ tou. oÀpou me\n ouÅn aÀpanta sune/bh wÐsper kaÄn ei¹ eÀneka/ tou e)gi¿gneto, tau=ta me\n e)sw¯qh a)po\ tou= au)toma/tou susta/nta e)pithdei¿wj: oÀsa de\ mh\ ouÀtwj,
a)pw¯leto kaiì a)po/llutai, kaqa/per ¹Empedoklh=j le/gei ta\ bougenh= a)ndro/pr%ra.
Was hindert also die Annahme, dass es sich auch mit den (organischen) Teilen in der Natur so
verhalte, z.B. die Zähne wüchsen mit Notwendigkeit (aus dem Kiefer) heraus, und zwar die vorderen
scharf, geeignet zum Abbeißen, die Backenähne aber breit und (daher) brauchbar zum Zerkleinern der
Nahrung, wohingegen dies doch nicht um dessentwillen eintrete, sondern es falle nur so zusammen.
Und ähnlich sei es auch mit den übrigen Teilen, in welchen ein "wegen etwas" vorzuliegen scheint.
Überall, wo sich nun alles so ergab, als ob es wegen etwas geschehen wäre, da erhielten sich diese
(Gebilde), die eben rein zufällig in geeigneter Weise zusammengetreten seien. Wo es sich nicht so
ergab, da gingen sie unter und tun es heute noch, so wie ja Empedokles spricht von "Rindsgattungen
mit Mannsbug".
13
(B) GA I 1, 715a18-b15 (Ü: Gohlke) Artkonstanz nach sexueller Fortpflanzung artgleicher Eltern,
nach Urzeugung immer nur Xenogenese von asexuellen Nachkommen möglich
Tw½n dh\ z%¯wn ta\ me\n e)k sunduasmou= gi¿gnetai qh/leoj kaiì aÃrrenoj, e)n oÀsoij ge/nesi
tw½n z%¯wn e)stiì to\ qh=lu kaiì to\ aÃrren: [...] tw½n d' a)nai¿mwn ta\ me\n eÃxei to\ qh=lu kaiì to\
aÃrren wÐste ta\ o(mogenh= genna=n, ta\ de\ genn#= me/n, ou) me/ntoi ta/ ge o(mogenh=: toiau=ta d'
e)stiìn oÀsa gi¿gnetai mh\ e)k z%¯wn sunduazome/nwn a)ll' e)k gh=j shpome/nhj kaiì
perittwma/twn. [...] tou/twn d' au)tw½n oÀsa me\n e)k sunduasmou= gi¿gnetai tw½n suggenw½n
z%¯wn kaiì au)ta\ genn#= kata\ th\n sugge/neian: oÀsa de\ mh\ e)k z%¯wn a)ll' e)k shpome/nhj
th=j uÀlhj, tau=ta de\ genn#= me\n eÀteron de\ ge/noj, kaiì to\ gigno/menon ouÃte qh=lu/ e)stin
ouÃte aÃrren: [...] ei¹ ga\r oÀsa mh\ gi¿gnetai e)k z%¯wn, e)k tou/twn e)gi¿gneto z%½a
sunduazome/nwn, ei¹ me\n o(mogenh=, kaiì th\n e)c a)rxh=j toiau/thn eÃdei tw½n teknwsa/ntwn
eiånai ge/nesin ž tou=to d' eu)lo/gwj a)ciou=men: fai¿netai ga\r sumbaiÍnon ouÀtwj e)piì tw½n
aÃllwn z%¯wnŸ, ei¹ d' a)no/moia me\n duna/mena de\ sundua/zesqai, palin e)k tou/twn e(te/ra
tij aÄn e)gi¿gneto fu/sij kaiì pa/lin aÃllh tij e)k tou/twn, kaiì tou=t' e)poreu/et' aÄn ei¹j
aÃpeiron. h( de\ fu/sij feu/gei to\ aÃpeiron:
Diejenigen Tiere [...], bei denen es einen Unterschied zwischen Männchen und Weibchen gibt,
entstehen aus einer Paarung dieser beiden. [...] Die Blutlosen kennen nur zum Teil den Unterschied
zwischen Männchen und Weibchen, so dass also die Artgenossen zeugen, zum Teil findet wohl eine
Zeugung statt, aber nicht durch Artgenossen. Dies ist da der Fall, wo Geschöpfe nicht durch Paarung
gezeugt werden, sondern aus Moder und Fäulnis. [...] Und alle Tiere, die aus einer Paarung von
Artgenossen hervorgehen, zeugen ebenfalls wieder nach Arteinheit. Sind dagegen Tiere nicht aus
Tieren hervorgegangen, sondern aus faulendem Stoff, so zeugen diese zwar, aber eine andere Gattung,
und das Erzeugnis ist weder Männchen noch Weibchen. [...] Wenn nämlich aus der Paarung solcher
Tiere, die selber nicht aus Tieren hervorgegangen sind, Nachkommen entstünden und diese wären von
gleicher Art, so müßte auch die Entstehung der Eltern ebenso sein, was wir mit guten Gründen fordern
müßten, da es auch anderwärts bei den Tieren so ist. Wären sie aber nicht von der gleichen Art, dabei
doch auch wieder zur Paarung befähigt, dann müßten aus ihnen wieder artverschiedene Nachkommen
hervorgehen, und aus diesen wieder andere, und so ins Unendliche. Aber die Natur meidet das
Unendliche [...].
(C) GA I 16, 721a2-10 Xenogenese zweier artgleicher Eltern?
Tw½n d' e)nto/mwn ta\ me\n sundua/zetai kaiì h( ge/nesij au)tw½n e)stin e)k z%¯wn sunwnu/mwn
kaqa/per e)piì tw½n e)nai¿mwn, oiâon aià te a)kri¿dej kaiì oi¸ te/ttigej kaiì ta\ fala/ggia kaiì oi¸
sfh=kej kaiì oi¸ mu/rmhkej, ®ta\ de\ sundua/zetai me\n kaiì gennw½sin, ou)x o(mogenh= d'
au(toiÍj a)lla\ skw¯lhkaj mo/non, ou)de\ gi¿gnontai e)k z%¯wn a)ll' e)k shpome/nwn u(grw½n, ta\
de\ chrw½n, oiâon aià te yu/llai kaiì ai¸ muiÍai kaiì ai¸ kanqari¿dej [...]
Bei den Kerbtieren findet zum Teil eine Paarung statt, und dann erfolgt die Entwicklung aus
gleichnamigen Tieren, wie bei den Bluttieren, z.B. bei Heuschrecken und Zikaden, ferner Spinnen,
Wespen und Ameisen. Andere paaren sich, bringen aber nicht gleichartige Tiere hervor, wie sie selber
sind, sondern nur Maden, und sie entstehen auch nicht aus Tieren, sondern aus fauligen Flüssigkeiten
oder festen Stoffen, wie Flöhe, Fliegen und Stechfliegen [...]
(D) GA II 4, 737b12-15 Asexuelle Fortpflanzung im Allgemeinen
eÃnia ga\r ouÃte qh=lu genn#= ouÃt' aÃrren, oÀsa mhd' au)ta\ gi¿gnetai e)k qh/leoj kaiì aÃrrenoj
mhd' e)k z%¯wn mignume/nwn.
Manche Tiere bringen ja gar nicht Männchen und Weibchen hervor, sofern sie nämlich selber nicht aus
Weibchen und Männchen entstanden sind noch aus einer Paarung.
14
(E) GA II 4, 738b25-36 Hybride und allmähliche Rezession der Form (wohl bei denselben Eltern)
e)nupa/rxein e)n toiÍj gignome/noij ouÃte to\ poiou=n. eÃsti de\ to\ me\n sw½ma e)k tou= qh/leoj h(
de\ yuxh\ e)k tou= aÃrrenoj: h( ga\r yuxh\ ou)si¿a sw¯mato/j tino/j e)stin. kaiì dia\ tou=to oÀsa
tw½n mh\ o(mogenw½n mi¿gnutai qh=lu kaiì aÃrren ž mi¿gnutai de\ wÒn iãsoi oi¸ xro/noi kaiì e)ggu\j
ai¸ kuh/seij, kaiì ta\ mege/qh tw½n swma/twn mh\ polu\ die/sthkenŸ, to\ me\n prw½ton kata\ th\n
o(moio/thta gi¿gnetai koino\n a)mfote/rwn, oiâon ta\ gigno/mena e)c a)lw¯pekoj kaiì kuno\j kaiì
pe/rdikoj kaiì a)lektruo/noj, proi+o/ntoj de\ tou= xro/nou kaiì e)c e(te/rwn eÀtera gigno/mena
te/loj a)pobai¿nei kata\ to\ qh=lu th\n morfh/n, wÐsper ta\ spe/rmata ta\ cenika\ kata\ th\n
xw¯ran: \
[N]ur der Körper stammt vom Weibchen, die Seele vom Männchen. Diese ist das Wesen eines
bestimmten Leibes. Wenn daher Weibchen und Männchen gepaart werden, die nicht zur gleichen Art
gehören - solche Paarungen sind möglich, wo die Tragezeiten gleich sind und die Schwangerschaften
ähnlich verlaufen, auch die Körper in der Größe zueinander passen -, da wird die erste
Nachkommenschaft der Ähnlichkeit entsprechend zu etwas beiden Eltern Gemeinsamem, z.B. Fuchs
und Hund oder Rebhuhn und Hahn. Sobald aber im Laufe der Zeit ein Gelege nach dem andern
entsteht, kommen sie schließlich auf die Gestalt des Weibchens hinaus, wie fremde Samen dem
heimischen Boden sich anpassen.
(F) GA II 5, 741a35-b7 Monosexuelle Fortpflanzung der Aale (trotz Urzeugung?)
tw½n ga\r kaloume/nwn e)ruqri¿nwn aÃrrhn me\n ou)qeiìj wÕptai¿ pw, qh/leiai de\ kaiì kuhma/twn plh/reij. [...]: ouÃte de\ qh/lea ouÃte aÃrrena kaiì e)n t%½ tw½n i¹xqu/wn ge/-nei e)sti¿n,
oiâon aià t' e)gxe/leij kaiì ge/noj ti kestre/wn periì tou\j telmatiai¿ouj potamou/j. e)n
oÀsoij de\ kexw¯ristai to\ qh=lu kaiì to\ aÃrren a)du/naton au)to\ kaq' au(to\ to\ qh=lu genna=n
ei¹j te/-loj: to\ ga\r aÃrren ma/thn aÄn hÅn, h( de\ fu/sij ou)de\n poieiÍ ma/thn.
Bei der roten Meerbarbe ist noch nie ein Männchen gesehen worden, dagegen Weibchen voller
Keimlinge. [...] Und in der Gattung der Fische gibt es auch solche, die weder Männchen noch
Weibchen kennen, z.B. der Aal und eine Art der Meeräsche an versumpften Flüssen. Sobald jedoch
Weibchen und Männchen unterscheidbar sind, ist es unmöglich dass das Weibchen den
Zeugungsvorgang bis zum Ende allein führen kann, da sonst das Männchen überflüssig wäre und die
Natur nichts Überflüssiges schafft.
(G) GA II 8, 748a1-8 Sterilität der Halbesel (= Maultiere / Maulesel)
[...] e)peidh\ gi¿gnetai h(mi¿onoj aÃrrhn kaiì qh=luj a)diafo/rwn oÃntwn t%½ eiãdei a)llh/loij,
gi¿gnetai d' e)c iàppou kaiì oÃnon h(mi¿onoj, eÀtera d' e)stiì t%½ eiãdei tau=ta kaiì oi¸ h(mi¿onoi,
a)du/naton gene/sqai e)c h(mio/nwn: eÀteron ga\r ge/noj ou)x oiâo/n te dia\ to\ e)c aÃrrenoj kaiì
qh/leoj tw½n o(moeidw½n tau)to\ gi¿gnesqai t%½ eiãdei, h(mi¿onoj d' oÀti e)c iàppou kaiì oÃnou
gi¿gnetai e(te/rwn oÃntwn t%½ eiãdei, e)k de\ tw½n e(te/-rwn t%½ eiãdei eÀteron e)te/qh gi¿gnesqai
z%½on. ouÂtoj me\n ouÅn o( lo/goj kaqo/lou li¿an kaiì keno/j: oi¸ ga\r mh\ e)k tw½n oi¹kei¿wn
a)rxw½n lo/goi
[...Man könnte argumentieren:] Da also der männliche und das weibliche [Halbesel] einander artgleich
sind und dieses aus Pferd und Esel hervorgeht, die beide vom [Halbesel] artverschieden sind, so kann
unmöglich aus zwei [Halbeseln] etwas entstehen: eine neue Art kann sich nicht bilden, weil sich die
gleiche Art ergeben muss, falls Männchen und Weibchen derselben Art sich gepaart hatten; ein
[Halbesel] aber kann es auch nicht werden, weil ein solches stets aus Pferd und Esel hervorgeht, die
artverschieden sind. Nur aus artverschiedenen Eltern sollten aber nach unserer Voraussetzung
artverschiedene Tiere stammen. - Dieser Beweis ist reichlich allgemein und leer. [Es folgt eine
ausführliche physiologische Begründung der Unfruchtbarkeit von Maultieren (in der 2. Generation
relevant werdende Temperaturunterschiede)]
15
(H) GA III 10, 760a4-31 Die reproduktive Symbiose der drei verschiedenen an der Honigproduktion
beteiligten Insektenarten
ãOntoj dh\ perittou= tou= ge/nouj kaiì i¹di¿ou tou= tw½n melittw½n kaiì h( ge/nesij au)tw½n
iãdioj eiånai fai¿netai. to\ me\n ga\r genna=n ta\j meli¿ttaj aÃneu o)xeiaj eiãh aÄn kaiì e)p'
aÃllwn z%¯wn sumbaiÍnon, a)lla\ to\ mh\ to\ au)to\ ge/noj genna=n iãdion: oi¸ ga\r e)ruqriÍnoi
gennw½sin e)ruqri¿nouj kaiì ai¸ xa/nnai xa/nnaj. aiãtion d' oÀti kaiì au)taiì gennw½ntai ai¸
me/littai ou)x wÐsper ai¸ muiÍai kaiì ta\ toiau=ta tw½n z%¯wn a)ll' e)c e(te/rou me\n
suggenou=j de\ ge/nouj: gi¿gnontai ga\r e)k tw½n h(gemo/nwn. dio\ kaiì eÃxei a)na/logo/n pwj h(
ge/nesij au)tw½n: [...] ai¸ me\n ouÅn me/littai kata\ tou=t' e)oi¿kasin au)toiÍj, oi¸ de\ khfh=nej
kata\ to\ me/geqoj: [...] a)nagkaiÍon de\ kaiì tou\j h(gemo/naj gi¿gnesqai eÃk tinoj. e)peiì ouÅn
ouÃt' e)k tw½n melittw½n ouÃt' e)k tw½n khfh/nwn au)toiÍj a)nagkaiÍon kaiì au(tou\j genna=n.
gi¿gnontai d' e)piì te/lei oi¸ ku/ttaroi au)tw½n kaiì ou) polloiì to\n a)riqmo/n. wÐste sumbai¿nei
tou\j me\n h(gemo/naj genna=n me\n kaiì au(tou/j, genna=n de\ kaiì aÃllo ti ge/noj ž tou=to d'
e)stiì to\ tw½n melittw½nŸ, ta\j de\ meli¿ttaj aÃllo me/n ti genna=n, tou\j khfh=naj [...]. e)peiì d'
a)eiì to\ kata\ fu/sin eÃxei ta/cin, dia\ tou=to tw½n khfh/nwn a)nagkaiÍon kaiì to\ aÃllo ti ge/noj
genna=n a)fvrh=sqai.
Da die Bienen ein außerordentliches und eigenes Völkchen sind, so erscheint auch ihre Entwicklung in
einem besonderen Lichte. Denn dass [sie] ohne Paarung zeugen, kommt auch bei anderen Tieren vor,
aber das Besondere ist, dass sie nicht dieselbe Gattung hervorbringen: die Rotbarbe bringt immer eine
Rotbarbe [und zwar asexuell, s.o.], die Canna eine Canna [??] hervor. Das kommt daher, dass die
[Arbeiterinnen] auch selber [...] einer zwar anderen, aber verwandten Gattung entstammen, nämlich
den [Königinnen], und darum hat auch ihre Entwicklung etwas irgendwie Verwandtes. [...] Die
[Arbeiterinnen] sind ihnen [=den Königinnen] also insofern angepasst, als sie auch Zeugungskraft
haben, die Drohnen jedoch nur in der Größe [...] Es müssen aber auch die [Königinnen] von irgendwo
herstammen. Da sie nun weder von den [Arbeiterinnen] noch von den Drohnen stammen, müssen sie
selbst auch sich erzeugen [...] so dass hier also der Fall eintritt, dass die [Königinnen] sich selbst
hervorbringen und auch noch eine andere Gattung, nämlich die der [Arbeiterinnen], während die
[Arbeiterinnen] nur eine andere hervorbringen, nämlich die Drohnen [...]. Damit aber alles seine
Ordnung hat, so muss es den Drohnen auch noch versagt sein, eine andere Gattung hervorzubringen
[...].
(I) GA III 11, 762a8ff Urzeugung im Allgemeinen
àOsa de\ mh/te parablasta/nei mh/te khria/zei, tou/twn de\ pa/ntwn h( ge/nesij au)to/mato/j
e)stin. [...] Gi¿gnontai d' e)n gv= kaiì e)n u(gr%½ ta\ z%½a kaiì ta\ futa\ dia\ to\ e)n gv= me\n uÀdwr
u(pa/rxein e)n d' uÀdati pneu=ma, e)n de\ tou/t% pantiì qermo/thta yuxikh/n, wÐste tro/pon
tina\ pa/nta yuxh=j eiånai plh/rh:
Tiere dagegen, die keine Ableger haben und keinen Schleim absondern, entstehen durch Urzeugung.
[...] Es entstehen in der Erde und im Wasser Tiere und Pflanzen, weil in der Erde Feuchtigkeit, im
Wasser Lebensluft und überall seelische Wärme ist. So ist in gewissem Sinne alles voller Seele [...]
(J) GA III 11 762b21-24 Urzeugung der Aale in unbelebten Nahrungsspeichern („Maden“)
ta\ de\ tw½n z%¯wn skwlhkotokeiÍtai, kaiì tw½n a)nai¿mwn oÀsa mh\ a)po\ z%¯wn gi¿gnetai kaiì
tw½n e)nai¿mwn, oiâon ge/noj ti kestre/wn kaiì aÃllwn potami¿wn i¹xqu/wn, eÃti de\ to\ tw½n
e)gxe/lewn ge/noj: [...] ta de\ kalou/mena gh=j eÃn
\ tera skw¯lhkoj eÃxei fu/sin, e)n oiâj
e)ggi¿gnetai to\ sw½ma to\ tw½n e)gxe/lewn.
Die [aus Urzeugung hervorgehenden] Tiere dagegen gehen aus Maden hervor, sowohl die Blutlosen,
die nicht von Tieren stammen, als auch die Bluttiere, wie eine Art Meeräsche und anderer Flußfische
sowie die Gattung der Aale. [...] Und die sogenannten Erddärme haben das Wesen von Maden, in
denen sich der Körper der Aale bildet.
16
(K) Met. Z 8 1033b29 - 1034a5 (Ü: Bonitz / Seidl) Der Halbesel als Pfesel
e)piì me\n dh/ tinwn kaiì fanero\n oÀti to\ gennw½n toiou=ton me\n oiâon to\ gennwmenon, [...]
ou)de\ eÁn t%½ a)riqm%½ [...] ®aÃnqrwpoj ga\r aÃnqrwpon genn#=® aÄn mh/ ti para\ fu/sin ge/nhtai,
oiâon iàppoj h(mi¿onon ž kaiì tau=ta de\ o(moi¿wj: oÁ ga\r aÄn koino\n eiãh e)f' iàppou kaiì oÃnou
ou)k w©no/mastai, to\ e)ggu/tata ge/noj, eiãh d' aÄn aÃmfw iãswj, oiâon h(mi¿onojŸ: wÐste
faneron oÀti ou)qe\n deiÍ w¨j para/deigma eiådoj kataskeua/zein [...] a)lla\ i¸kano\n to\
gennw½n poihsai kaiì tou= eiãdouj aiãtion eiånai e)n tv= uÀlv.
Bei manchen [...] ist es [...] einleuchtend, dass das Erzeugende zwar von derselben Art ist wie das
Erzeugte, aber doch nicht [...] Eines mit ihm der Zahl nach [..,] denn der Mensch erzeugt wieder einen
Menschen, wofern nicht etwas gegen die Natur geschieht, wie wenn ein Pferd einen [Halbesel]
erzeugt. Aber auch hierbei ist ein ähnliches Verhältnis. Denn dasjenige, was das Gemeinsame für
Pferd und Esel sein würde, diese nächste Gattung, hat keinen Namen, es würde aber wohl beides
enthalten, wie eben der [Halbesel]. Daher ist denn offenbar, dass es nicht nötig ist, eine Artform als
Urbild aufzustellen [...], sondern es genügt, dass das Erzeugende hervorbringe und Ursache der Form
an der Materie sei.
(L) Met. Z 9 1034a33 - b3 Halbesel, Männer und Frauen
o(moi¿wj de\ kaiì ta\ fu/sei sunista/mena tou/toij eÃxei. to\ me\n ga\r spe/rma poieiÍ wÐsper ta\
a)po\ te/xnhj ž eÃxei ga\r duna-mei to\ eiådoj, kaiì a)f' ou to\ spe/rma, e)sti¿ pwj o(mw¯numon®ou)
ga\r pa/nta ouÀtw deiÍ zhteiÍn w¨j e)c a)nqrw¯pou aÃnqrwpoj: kaiì ga\r gunh\ e)c a)ndro/j®e)a\n mh\
ph/rwma vÅ: dio\ h(mi¿onoj ou)k e)c h(mio/nou:
Denn der Same bringt (etwas) in der Weise hervor wie (der Künstler) das Kunstwerk. Er hat nämlich
die Form dem Vermögen nach in sich, und dasjenige, wovon der Same ausgeht, ist in gewisser Weise
ein Gleichnamiges. Freilich darf man nicht verlangen, dass in allen Fällen etwas so entstehe wie der
Mensch aus dem Menschen (denn auch die Frau wird vom Manne erzeugt, und deshalb wird [auch
noch lange] nicht der Maulesel vom Maulesel erzeugt) [...]
(M) GA II 1, 731b31ff Ewigkeit der Arten
dia\ tau/taj ta\j ai¹ti¿aj ge/nesij z%¯wn e)sti¿n: e)peiì ga\r a)du/na-toj h( fu/sij tou= toiou/tou
ge/nouj a)i¿+dioj eiånai, kaq' oÁn e)nde/xetai tro/pon, kata\ tou=to/n e)stin a)i¿+dion to\
gigno/menon. a)riqm%½ me\n ouÅn a)du/naton [...]eiãdei d' e)nde/xetai. dio\ ge/noj a)eiì a)nqrw¯pwn
kaiì z%¯wn e)stiì kaiì futw½n.
Da nämlich die Natur dieser Gattung Ewigkeit ausschließt, ist alles Werdende nur in der Art ewig, in
der es dies sein kann. Zahlenmäßig ist dies nicht möglich [...], aber der Art nach ist es möglich. Daher
gibt es immer die Gattung der Menschen und der Tiere und Pflanzen [...]
(N) De an II 4 415a26-b7, (Ü: Theiler /Seidl) Ewigkeit der Art
fusikw¯taton ga\r tw½n eÃrgwn toiÍj zw½sin [...], to\ poih=sai eÀteron oiâon au)to/, z%½on me\n
z%½on, futo\n de\ futo/n, iàna tou= a)eiì kaiì tou= qei¿ou mete/xwsin v du/nantai: pa/nta ga\r
e)kei¿nou o)re/getai, kaiì e)kei¿nou eÀneka pra/ttei oÀsa pra/ttei kata\ fu/sin [...]. e)peiì ouÅn
koinwneiÍn a)dunateiÍ tou= a)eiì kaiì tou= qei¿ou tv= sunexei¿#, dia\ to\ mhde\n e)nde/xesqai tw½n
fqartw½n tau)to\ kaiì eÁn a)riqm%½ diame/nein, v du/natai mete/xein eÀkaston, koinwneiÍ [...]/,
a)riqm%½ me\n ou)x eÀn, eiãdei d' eÀn.
[Zeugung und Nahrungsverwertung] sind die natürlichsten [Leistungen] für alles Lebende, [...]
nämlich ein anderes, sich gleiches Wesen zu erzeugen: das Lebewesen ein Lebewesen, die Pflanze
eine Pflanze, damit sie am Ewigen und Göttlichen nach Kräften teilhaben. Denn alles strebt nach
jenem, und um jenes Zweckes willen wirkt alles, was von Natur wirkt. [...] Weil nun die Lebewesen
am Ewigen und Göttlichen nicht kontinuierlich teilzuhaben vermögen – denn nichts Vergängliches
kann als zahlenmäßig ein und dasselbe fortbestehen -, hat jedes, soweit es dies vermag, am Ewigen
teil, [...] als nicht der Zahl nach eines, wohl aber der Art nach Eines.
17
Herunterladen