Extremereignisse

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Vorlesung Erd- und Produktionssystseme, Herbstsemester 2007
1
Klimasystem und Wasserkreislauf
Christoph Schär
Institut für Atmosphäre und Klima
ETH Zürich
http://www.iac.ethz.ch/people/schaer
TEIL 4
Extremereignisse
Schär, ETH Zürich
2
TEIL 4: Extremereignisse
Kapitel 15. Einleitung und Definitionen
Kapitel 16. Beispiele
Kapitel 17. Schäden und Folgen
Schär, ETH Zürich
1
3
Definition 1: Klima
Klima: statistische Verteilung der Wetterelemente
über eine längere Zeitperiode
Häufigkeit
Temperatur
Mittelwert
Bemerkungen:
•
Einfache Beschreibung: mit Mittelwert, Standardabweichung
•
Vollständige Beschreibung: mit Häufigkeitsverteilung
•
Bezugsperiode: mehrere Jahrzehnte (z.B. 30 Jahre)
Schär, ETH Zürich
4
Definition 2: Extremereigniss
Extremereignis: Seltenes Wetter- und Naturereigniss,
welches markant vom statistischen Durchschnitt abweicht
Häufigkeit
extrem
kalt
extrem
warm
Temperatur
Mittelwert
Bemerkungen:
•
Extremereignisse sind Teil jeder Wahrscheinlichkeitsverteilung
•
Nicht jedes Extremereignis verursacht Schäden!
Schär, ETH Zürich
2
5
„Statistischer Durchschnitt“
Schär, ETH Zürich
6
„Markante“ Abweichung vom Durchschnitt
Schär, ETH Zürich
3
11
Definition 3: Naturkatastrophe
Naturkatastrophe: ein Schadenereigniss, dessen Folgen die
Kräfte der betroffenen Bevölkerung übersteigt
20.-23. August 2005
Weesen
Bern, Mattequartier
Ob ein Extremereignis zur Naturkatastrophe wird hängt von der betroffenen
Region, der dort vorliegenden Bevölkerungsdichte und Wertekonzentration,
und auch der Vorbereitung (z.B. Hochwasserschutz) und Reaktion (z.B.
Katastrophenschutz) ab.
OcCC Bericht “Extremereignisse und Klimaänderung”, http://www.proclim.ch/About/products.html
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Definition 4: Wiederkehrperiode
Ein Ereignis, das statistisch betrachtet alle 10 Jahre zu
erwarten ist, hat eine Wiederkehrperiode von 10 Jahren.
(Wiederkehrperiode = Rückkehrperiode = Jährlichkeit)
Häufigkeit ρ(T)
Normierung
extrem
kalt
+∞
∫ ρ(T)dT = 1
extrem
warm
−∞
Temperatur T
Tmin
€
Wiederkehrperiode
J(T ≥ Tmax ) =
Überschreitungswahrscheinlichkeit
+∞
1
P(T ≥ Tmax )
P(T ≥ Tmax ) =
∫ ρ(T)dT
T max
Schär, ETH Zürich
€
Tmax
€
4
13
Beispiel: Abfluss Rhein bei Rheinfelden
Abflussmessstelle Rheinfelden
262 m.ü.M.
34’550 km2
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17
Abfluss Rheinfelden 1993-2003
[m3/s]
grösster beobachteter Abfluss (1933-2003)
12. Mai 1999, 4550 m3/s
Rückkehrperiode
100 y
20 y
5y
2y
Jahresspitze (momentan)
Mittlerer Jahresgang
Tagesabfluss [m3/s]
“normales”
Jahr
feuchter
Frühsommer
feuchter
extrem
Spätsommer trocken
Schär, ETH Zürich
5
18
Abfluss Rheinfelden 1993-2003
[m3/s]
grösster beobachteter Abfluss (1933-2003)
12. Mai 1999, 4550 m3/s
Rückkehrperiode
100 y
20 y
5y
2y
Extremabflüsse
• Flussbett zu klein
• Überschwemmungen
• starke Erosion
Normale Abflüsse
• Flussbett angepasst
• geringe Erosion
Trockenheit
“normales”
Jahr
feuchter
Frühsommer
feuchter
extrem
Spätsommer trocken
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Definition 5: Klimaänderung
Klimaänderung: eine signifikante Veränderung der
Häufigkeitsverteilung des Klimas
Häufigkeit
Temperatur
extrem
kalt
Mittelwert
extrem
warm
Eine signifikante Klimaänderung führt im Allgemeinen zu einer
Veränderung in der Häufigkeit der Extremereignisse
Eine Änderung der Form der Häufigkeitsverteilung (Varianz, Schiefe) kann für
Extremereignisse ebenso wichtig sein wie eine Veränderung des Mittels.
Schär, ETH Zürich
6
21
TEIL 4: Extremereignisse
Kapitel 15. Einleitung und Definitionen
Kapitel 16. Beispiele
• Überschwemmung Brig (24.09.1993)
• Hurricane Katrina (29.08.2005)
• Europäischer Hitzesommer 2003
• Überschwemmung Alpennordseite (21.08.2005)
Kapitel 17. Schäden und Folgen
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Überschwemmung von Brig (24. September 1993)
Überschwemmung 24.9.1993
- 2 Todesopfer
- 650 Mio CHF Schaden
- Folge von kleinräumigen
Starkniederschlägen
- unmittelbare Ursache: falsch
dimensionierter Durchlass der
Saltina-Brücke
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7
24
TEIL 4: Extremereignisse
Kapitel 15. Einleitung und Definitionen
Kapitel 16. Beispiele
• Überschwemmung Brig (24.09.1993)
• Hurricane Katrina (29.08.2005)
• Europäischer Hitzesommer 2003
• Überschwemmung Alpennordseite (21.08.2005)
Kapitel 17. Schäden und Folgen
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Atlantische Hurrikane des Jahres 2005
Folgen von Katrina (SwissRe)
Tote: 1836
Schäden versichert:
66.3 Milliarden US$
Schäden total:
> 135 Milliarden US$
Schär, ETH Zürich
Benannte
Tropische
Stürme im
Atlantik:
26
Arlene
Bret
Cindy
Dennis
Emily
Franklin
Gert
Harvey
Irene
Jose
Katrina
Lee
Maria
Nate
Ophelia
Philippe
Rita
Stan
Tammy
Vince
Wilma
Alpha
Beta
Gamma
Delta
Epsilon
8
27
2-Tages-Prognose von 05/08/27 12 UTC
Landfall: 2005/08/29, about 12 UTC
Schär, ETH Zürich
29
Schär, ETH Zürich
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40
„Klimafrage“ – Folge der globalen Erwärmung?
Meerestemperatur (Juli-September 2005)
-4 -3 -2 -1
1 2 3 4
Abweichung vom langjährigen Mittel [ºC]
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41
Häufigkeit von Hurrikanen
„Klimafrage“ noch nicht
vollständig geklärt:
• Erwärmung führt
tendenziell zu einer
Intensivierung
• Veränderung der
Zirkulation tendenziell zu
einer Reduktion der
Anzahl Hurrikane
• Hinweise auf dekadische
Variabilität natürlichen
Ursprungs
• Beobachtete Zeitreihe ist
inhomogen
Schär, ETH Zürich
10
48
TEIL 4: Extremereignisse
Kapitel 15. Einleitung und Definitionen
Kapitel 16. Beispiele
• Überschwemmung Brig (24.09.1993)
• Hurricane Katrina (29.08.2005)
• Europäischer Hitzesommer 2003
• Überschwemmung Alpennordseite (21.08.2005)
Kapitel 17. Schäden und Folgen
Schär, ETH Zürich
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Extreme Sommer: 2002 … 2003 … 2005 …
August 2002, Dresden
August 2003, Töss
August 2005, Brienz
Schär, ETH Zürich
11
52
Schweizer Sommertemperaturen 1864-2003
Durchschnitt der Stationen Zürich, Basel, Bern, Genf
10 Jahre
10 Jahre
100 Jahre
1000 Jahre
Schär, ETH Zürich
100 Jahre
Mittel
1000 Jahre
Schätzung der Rückkehrperiode
(Schär et al. 2004, Nature, 427, 332-336)
53
Auswirkungen des Sommers 2003 in Europa
• Ernteverluste:
12.3 Milliarden US$ (SwissRe)
Reto Stöckli (ETH Zürich, NASA Modis)
• Stromverknappung, Spitzenpreise
am Spotmarkt (EEX, Leipzig)
• Teilweise ernsthafte Problem mit
Frischwasserversorgung (Italien),
Fischsterben (Schweiz),
Waldbränden (Portugal)
• Hitzetote:
Europaweit zwischen 22’000 und
35’000 vorzeitige Todesfälle
(sogenannte “excess mortality”).
In der Schweiz cirka 1’000 Fälle.
Temperaturen August 2003, relativ zum Mittel 2000-2004
Schär, ETH Zürich
12
54
Mortalität in Baden-Würtemberg
Grippe
Februar 2003
Hitzewelle
August 2003
Hitzewelle
Juni 2002
Tägliche
Daten
langjähriges
Mittel
Winter
Sommer
Winter
Sommer
(Koppe und Jendritzky 2004; Schär and Jendritzky 2004)
Schär, ETH Zürich
57
TEIL 4: Extremereignisse
Kapitel 15. Einleitung und Definitionen
Kapitel 16. Beispiele
• Überschwemmung Brig (24.09.1993)
• Hurricane Katrina (29.08.2005)
• Europäischer Hitzesommer 2003
• Überschwemmung Alpennordseite (21.08.2005)
Kapitel 17. Schäden und Folgen
Schär, ETH Zürich
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58
Bern, August 2005
L
Schär, ETH Zürich
59
Beobachtete Niederschläge
Frei
Niederschlagssumme
21.-24.08.2005 (06 UTC-06 UTC)
Rückkehrperiode
der 3-Tages-Summe
Schär, ETH Zürich
(Frei 2005, Bericht MeteoSchweiz #213)
14
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Vorhersage mit hochauflösenden Wettermodellen
ECMWF EPS
Δx=120 km
COSMO-LEPS
Δx=10 km
HR-EPS
Δx=2 km
Probabilistische Ensemble-Vorhersage mit 10 Simulationen
Schär, ETH Zürich
(Hohenegger et al. QJRMS, submitted)
61
Tägliche Niederschlagssummen
Analysis based
on rain-gauge
observations
No data
(MeteoSwiss)
Ensemble
with Δx=10 km
Ensemble
with Δx=2 km
mm/d
Schär, ETH Zürich
(Hohenegger et al. QJRMS, submitted)
15
62
Abflussvorhersage
Rückkehrperiode (Jahre)
5-Tage Abflussvorhersage, Einzugsgebiet Mellingen (C21, Reuss)
Aug. 20
Aug. 21
Aug. 22
Aug. 23
Aug. 24
Diagramm zeigt 3 Vorhersagesysteme:
• HALMO: deterministisch,
Antrieb durch aLMo (Δx=7 km)
• HEPS10: probabilistisches Ensemble
mit 10 Mitgliedern (Antrieb: COSMO10)
• HEPS51: probabilistisches Ensemble
mit 51 Mitgliedern (Antrieb: COSMO10)
(Jaun et al, submitted)
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TEIL 4: Extremereignisse
Kapitel 15. Einleitung und Definitionen
Kapitel 16. Beispiele
Kapitel 17. Schäden und Folgen
Schär, ETH Zürich
16
66
Naturkatastrophen: Anzahl Ereignisse
2001
Schär, ETH Zürich
(Haresh C. Shah, Stanford University, based on MunichRe Data)
67
Naturkatastrophen: Ökonomische Verluste
2001
Schär, ETH Zürich
Mio US$
(Haresh C. Shah, Stanford University, based on MunichRe Data)
17
68
Naturkatastrophen: Versicherte Verluste
2001
Schär, ETH Zürich
Mio US$
(Haresh C. Shah, Stanford University, based on MunichRe Data)
69
Naturkatastrophen: Todesopfer
2001
Schär, ETH Zürich
(Haresh C. Shah, Stanford University, based on MunichRe Data)
18
70
28 grösste Ereignisse 1970-2006, versicherte Schäden
(SwissRe)
Schär, ETH Zürich
71
28 grösste Ereignisse 1970-2006, Todesopfer
Schär, ETH Zürich
(SwissRe)
19
Billion US$ (2006)
Häufen sich Extremereignisse?
73
“Die Anzahl Naturkatastrophen in den 1990er
Jahren ist viermal grösser
als in den 1960er Jahren;
100
80
60
Oekonomische Verluste
sind acht mal grösser;
40
20
Versicherte Verluste sind
15 mal grösser ... .”
0
Ursachen:
•
Bevölkerungswachstum und Siedlungsstruktur (demographische Faktoren)
•
Lebensstandard (ökonomische Faktoren)
•
zunehmende Verletzlichkeit der Infrastruktur (technologische Faktoren)
•
Klimawandel (Anteil unbekannt)
(SwissRe, Sigma 2001, 2007)
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Trends von Schäden durch Naturkatastrophen
Losses (Billions 1995$)
US Flood Damage, 1932-1997
Trend
Die Zunahme der ÜberschwemmungsSchäden ist primär durch Zunahme
des Reichtums bedingt.
Per Capita Losses (1995$)
(Pielke and Downton 2000)
US Flood Damage per Capita
US Flood Damage per Unit Wealth
Losses per tangible Wealth
($ per Million $)
Analyse von ÜberschwemmungsSchäden in den USA
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20
75
Extremereignisse in der Schweiz
Schweizer Schadenstatistik (1972-1996)
Insgesamt 1‘186 Überschwemmungen, Murgänge, Rutschungen (Lawinen
nicht eingerechnet)
50% von Gewittern und kurzen Starkregen
25% von langandauernden Regenfällen
Durchschnittlich 300 Mio Fr. pro Jahr
Schadenreichste Jahre:
1987
1993
2005
1‘230 Mio Fr.
900 Mio Fr.
2‘500 Mio Fr.
UR, TI, GR
VS
BE, UR, GR, SG, ...
Geschätzter Schaden mit Rückkehrperiode von 100 Jahren:
6 Mia Fr.
(Röthlisberger, 1999)
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76
Jährliche Schäden
akkumuliert
Akkumulierte Schäden [Mio CHF]
Jährliche Schäden [Mio CHF]
Unwetterschäden Schweiz
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