Geld aus feministischer Perspektive MARGIT APPEL, KSOE – KATHOLISCHE SOZIALAKADEMIE ÖSTERREICHS CLUB OF VIENNA, 5.MAI 2015 Geld aus feministischer Perspektive ◦ Verhältnisse der Zeit / Der geschlechtsspezifische Preis des Geldes ◦ Gegenwärtige Geldwirtschaft /Finanzialisierung (des Alltags) / Politische Rahmung ◦ Ausblick Geld aus feministischer Perspektive Verhältnisse der Zeit KASSANDRA, CHRISTA WOLF 1983 KRIEGSBERICHTERSTATTUNG, MARLENE STREERUWITZ 2007 „Wir lernten rasend schnell. Dass man Tote mit Gold aufwiegt, hatten wir nicht gewusst… „Es sagt alles über die Verhältnisse unserer Zeit……. ◦ …..Doch es war noch anderes möglich: Einen toten Mann gegen eine lebendige Frau zu tauschen….. ◦ ……..Der Spekulant hatte das Geld als Medium des Versagens….. ◦ ……..Der jungen Frau war nur ihr Leben geblieben Geld aus feministischer Perspektive Verhältnisse der Zeit Der geschlechtsspezifische Preis des Geldes (Bezüge zu Christine von Braun / Der Preis des Geldes) ◦ Frauen reduziert auf domestizierte Natur / auf die „Beglaubigung“ des Geldes / auf Leben ◦ Männer reduziert auf geistige Potenz / auf „Besitz“ von Geld / auf Geld Schnittpunkte ◦ Einkommen (das eine mehr, das andere weniger „fundamental“) ◦ „Kastrationsprämie“ (käuflicher Sex als ein Mittel gegen „Unmöglichkeit der Befriedigung“ bzw. zur Sicherung, dass „sich nur das Geld fortpflanzt) ◦ Vermögen Wirkmächtigkeiten ◦ Frauen haben ein anderes Verhältnis zu Geld ◦ Ihre Leistungen sind unbezahlbar ◦ Ihre Fürsorgeorientierung macht sie irrational (Genug darf nicht genug sein – es gilt: je mehr desto besser) ◦ Intimverhältnis zu Körpern widerspricht Intimverhältnis zu Geld (Finanzsektor „frauenrein“) Geld aus feministischer Perspektive Verhältnisse der Zeit „Bedenke, daß Geld von einer zeugungskräftigen und fruchtbaren Natur ist. Geld kann Geld erzeugen und die Sprößlinge können noch mehr erzeugen und so fort. […] Wer ein Mutterschwein tötet, vernichtet dessen ganze Nachkommenschaft bis ins tausendste Glied. Wer ein Fünfschillingstück umbringt, mordet alles, was damit hätte produziert werden können: ganze Kolonnen von Pfunden Sterling.“ Benjamin Franklin, 1748 in Advice to a young tradesman, zit.n. Christina von Braun, 2014 Der Preis des Geldes, eine Kulturgeschichte (361) Geld aus feministischer Perspektive Geldwirtschaft / Finanzialisierung Finanzialisierung des Alltagslebens ◦ Veränderung des Verhältnisses zwischen Finanzsektor und Bevölkerung / Legitimierung der Privatisierung sozialer Sicherheit (Beat Weber) ◦ Veränderung der täglichen Gewohnheiten, des Risikoverhaltens…..innerhalb der breiten Bevölkerung durch Regierungsverordnungen und Aktivitäten privater Institutionen / Verdrängung öffentlicher Güter durch individuelle, marktbasierte Leistungen (Brigitte Young) ◦ Finanzsystem dominiert über Produktion und Reproduktion; „safety nets of last resort“ werden von unbezahlter Arbeit in der Reproduktionssphäre parat gestellt (Diane Elson) Geld aus feministischer Perspektive Geldwirtschaft / Finanzialisierung Finanzialisierung des Alltagslebens Finanzbildung ◦ Distinktionsdiskurs („Ambitionierte“, „Souveräne“ versus „Masse der Ahnungslosen) ◦ Braucht Abwertung von Bevölkerungsgruppen (Frauen, Afro-Amerikanern, „Unterschicht“,..) ◦ (Selbstverschuldete) Finanzielle Unwissenheit der einen führt zur (zugemuteten) finanziellen Belastung der anderen (z.B. Altersarmut von Frauen). ◦ Würdig für Solidarität oder stigmatisierender Statuts „abweichender und unfähiger Individuen“ (Nancy Fraser)? Geld aus feministischer Perspektive Geldwirtschaft / Finanzialisierung Subprime Kredite (= höhere Zinsbelastungen) ◦ Prozess: Recht auf Wohneigentum (inkl. Zugang zu günstigen Immobilienkrediten) funktionales Äquivalent für stagnierende Löhne und gekürzte Sozialleistungen z.B. hinsichtlich Altersversorgung ◦ Weitere Aufnahme von Fremdkapital auf den Immobilienbesitz für den Konsum, als „Versicherung“,…… - gerade wegen Finanzialisierung des Alltagslebens ◦ Geschlechtsspezifische und ethnische Dimension – „last in – first out“ ◦ Alleinerziehende Mütter / Mütter mit Minoritätshintergrund größte finanzielle Unsicherheit zu tragen (Wohl die Folge: staatliche soziale Hilfe….) Geld aus feministischer Perspektive Geldwirtschaft / Finanzialisierung Mikrokredite „Investieren Sie in ein Portfolio aus Hoffnung, Fleiß und harter Arbeit.“ Geld aus feministischer Perspektive Krise: Preis des Geldes für beide Geschlechter - zu hoch - Annahme von der unendlichen symbolischen Opferungsfähigkeit von Männern - Annahme von der unendlichen Belastbarkeit von Frauen („Soziale Airbags“, Christa Wichterich) Geld aus feministischer Perspektive Ausblick ◦Widerstand ◦Alternative Theorie und Praxis ◦Gier nach Erkenntnis ◦Postpatriarchales Denken und Handeln