Vorlesung „Der Begriff der Person“: WS 2008/09 – PD Dr. Dirk

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Vorlesung „Der Begriff der Person“: WS 2008/09 – PD Dr. Dirk Solies
Begleitendes Thesenpapier – nur für Studierende gedacht!
Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831)
PD Dr. Dirk Solies, Arbeitsbereich Praktische Philosophie, JGU Mainz, [email protected]
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Die Werkgenese:
 Bern, Frankfurt
 Jena (1801-07)
 Bamberg, Nürnberg, Heidelberg
 Berlin (1818-1831)
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Einteilung des hegelschen Werkes nach der Enzyklopädie der philosophischen
Wissenschaften (1816ff.):
I. Wissenschaft der Logik (1812–16, überarb. 1831)
II. Naturphilosophie
III. Philosophie des Geistes

Phänomenologie des Geistes (1806/07 – urspr. als erster Teil eines nichtvollendeten,
früheren Systems)

Grundlinien der Philosophie des Rechts (1821)

Philosophie der Geschichte

Philosophie der Religion

Vorlesungen über die Ästhetik

Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie
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Programm der Sitzung:
1. Zur Anerkennungsthematik in der Phänomenologie des Geistes
2. Der Personbegriff in Hegels Logik und Rechtsphilosophie
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► Zur Phänomenologie des Geistes im Werk Hegels
► Die Bedeutung der Anerkennung
► Selbstbewusstsein
A. Selbständigkeit und Unselbständigkeit des Selbstbewußtseins; Herrschaft und Knechtschaft
Es ist für das Selbstbewußtsein ein anderes Selbstbewußtsein; es ist außer sich
gekommen. Dies hat die gedoppelte Bedeutung: erstlich, es hat sich selbst verloren, denn
es findet sich als ein anderes Wesen; zweitens, es hat damit das Andere aufgehoben,
denn es sieht auch nicht das Andere als Wesen, sondern sich selbst im Anderen.
TWA 3, S. 146
► Spiegelsituation des Eigen- und Fremdbewusstseins
► „Dopplung“ des Bewusstseins als Bedrohung
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Argumentationsstruktur des Aufhebens:
Es [das Selbstbewusstsein] muß dies sein Anderssein aufheben; dies ist das Aufheben des
ersten Doppelsinnes und darum selbst ein zweiter Doppelsinn; erstlich, es muß darauf
gehen, das andere selbständige Wesen aufzuheben, um dadurch seiner als des Wesens
gewiß zu werden; zweitens geht es hiermit darauf, sich selbst aufzuheben, denn dies
Andere ist es selbst.
► Angewiesensein / Konfrontationssituation
► „Kampf auf Leben und Tod“ als Kampf um Anerkennung
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Rolle der Abstraktion:
Es trete „ein Individuum einem Individuum gegenüber auf“:
So unmittelbar auftretend, sind sie füreinander in der Weise gemeiner Gegenstände;
selbständige Gestalten, in das Sein des Lebens – denn als Leben hat sich hier der seiende
Gegenstand bestimmt – versenkte Bewußtsein[e], welche füreinander die Bewegung der
absoluten Abstraktion, alles unmittelbare Sein zu vertilgen und nur das rein negative Sein
des sichselbstgleichen Bewußtseins zu sein, noch nicht vollbracht oder sich einander noch
nicht als reines Fürsichsein, d.h. als Selbstbewußtsein[e] dargestellt haben. Jedes ist wohl
seiner selbst gewiß, aber nicht des anderen, und darum hat seine eigene Gewißheit von
sich noch keine Wahrheit.
► reine Gewissheit als defizitäre Form des Sichwissens
► Negativität
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► Kampf auf Leben und Tod geht nicht bis zum Tod
► Notwendigkeit, sich selbst an dem anderen zu bewähren:
Das Individuum, welches das Leben nicht gewagt hat, kann wohl als Person anerkannt
werden; aber es hat die Wahrheit dieses Anerkanntseins als eines selbständigen
Selbstbewußtseins nicht erreicht.
Hegel: Phänomenologie des Geistes (TWA 3, S. 149)
Anerkanntwerden als Person: „defizienter“ Modus
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► Herrschaft – Knechtschaft als „einseitiges und ungleiches Anerkennen“
► vermittelt durch Todeserfahrung:
In dieser Erfahrung wird es dem Selbstbewußtsein, daß ihm das Leben so wesentlich als das
reine Selbstbewußtsein ist
► Unterteilung in „zwei entgegengesetzte Gestalten des Bewußtseins“:
„die eine das selbständige, welchem das Fürsichsein, die andere das unselbständige, dem
das Leben oder das Sein für ein Anderes das Wesen ist; jenes ist der Herr, dies der Knecht.“
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Herrschaft – Knechtschaft als „einseitiges und ungleiches Anerkennen“
► Herr
o Fürsichsein
o durch ein anderes Bewußtsein (Knecht) mit sich vermittelt
Der Herr bezieht sich auf den Knecht mittelbar durch das selbständige Sein; denn eben
hieran ist der Knecht gehalten; es ist seine Kette, von der er im Kampfe nicht abstrahieren
konnte und darum sich als unselbständig, seine Selbständigkeit in der Dingheit zu haben
erwies. Der Herr aber ist die Macht über dies Sein, denn er erwies im Kampfe, daß es ihm
nur als ein Negatives gilt.
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Knechtisches Bewußtsein als „Wahrheit des selbständigen Bewußtseins“:
► Knecht:
o Außersichsein (Arbeiten für den Herrn), aber:
o Arbeit: gehemmte Begierde, Formieren
o Anschauen seiner selbst im Produkt
Diese reine allgemeine Bewegung, das absolute Flüssigwerden alles Bestehens, ist aber
das einfache Wesen des Selbstbewußtseins, die absolute Negativität, das reine
Fürsichsein, das hiermit an diesem Bewußtsein ist. Dies Moment des reinen Fürsichseins
ist auch für es, denn im Herrn ist es ihm sein Gegenstand. Es ist ferner nicht nur diese
allgemeine Auflösung überhaupt, sondern im Dienen vollbringt es sie wirklich; es hebt
darin in allen einzelnen Momenten seine Anhänglichkeit an natürliches Dasein auf und
arbeitet dasselbe hinweg.
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Motiv des Hinwegarbeitens:
[...] in dem Bilden des Dinges wird Ihm die eigene Negativität, sein Fürsichsein, nur
dadurch zum Gegenstande, daß es die entgegengesetzte seiende Form aufhebt. Aber dies
gegenständliche Negative ist gerade das fremde Wesen, vor welchem es gezittert hat.
Nun aber zerstört es dies fremde Negative, setzt sich als ein solches in das Element des
Bleibens und wird hierdurch für sich selbst ein Fürsichseiendes. Im Herrn ist ihm das
Fürsichsein ein anderes oder nur für es, in der Furcht ist das Fürsichsein an ihm selbst, in
dem Bilden wird das Fürsichsein als sein eigenes für es, und es kommt zum Bewußtsein,
daß es selbst an und für sich ist. Die Form wird dadurch, daß sie hinausgesetzt wird, ihm
nicht ein Anderes als es; denn eben sie ist sein reines Fürsichsein, das ihm darin zur
Wahrheit wird. Es wird also durch dies Wiederfinden seiner durch sich selbst eigener Sinn,
gerade in der Arbeit, worin es nur fremder Sinn zu sein schien.
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Wissenschaft der Logik, Kap. „Chemismus“:
Person als „sich erst nur auf sich beziehende Basis“.
TWA 6, S. 430
Kap. „Die absolute Idee“:
Der Begriff ist nicht nur Seele, sondern freier subjektiver Begriff, der für sich ist und daher
die Persönlichkeit hat, - der praktische, an und für sich bestimmte, objektive Begriff, der
als Person undurchdringliche, atome Subjektivität ist, der aber ebensosehr nicht
ausschließende Einzelheit, sondern für sich Allgemeinheit und Erkennen ist und in seinem
Anderen seine eigene Objektivität zum Gegenstande hat. Alles Übrige ist Irrtum, Trübheit,
Meinung, Streben, Willkür und Vergänglichkeit; die absolute Idee allein ist Sein,
unvergängliches Leben, sich wissende Wahrheit, und ist alle Wahrheit.
TWA 6, S. 549
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Grundlinien der Phil. des Rechts, 1. Teil: Das abstrakte Recht:
Der „an und für sich freie Wille“
Die Allgemeinheit dieses für sich freien Willens ist die formelle, die selbstbewußte, sonst
inhaltslose einfache Beziehung auf sich in seiner Einzelheit, – das Subjekt ist insofern
Person.
TWA 7, S. 93
§ 36 Die Persönlichkeit enthält überhaupt die Rechtsfähigkeit und macht den Begriff und die
selbst abstrakte Grundlage des abstrakten und daher formellen Rechtes aus. Das
Rechtsgebot ist daher: sei eine Person und respektiere die anderen als Personen.
Person / Persönlichkeit als
► Grundbegriff des abstrakten Rechts
► „Universalprinzip“ der Rechtsphil. als „Teleologie der Willensformen“ (Quante 1997: 74):
► Zuschreibungsaspekt des Personenbegriffes
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Person und Selbstbewusstsein:
Gundlinien der Phil. des Rechts § 34:
Der an und für sich freie Wille, wie er in seinem abstrakten Begriffe ist, ist in der
Bestimmtheit der Unmittelbarkeit. Nach dieser ist er seine gegen die Realität negative,
nur sich abstrakt auf sich beziehende Wirklichkeit – in sich einzelner Wille eines Subjekts.
[...]
§ 35: Die Allgemeinheit dieses für sich freien Willens ist die formelle, die selbstbewußte,
sonst inhaltslose einfache Beziehung auf sich in seiner Einzelheit, – das Subjekt ist insofern
Person.
 „Entfaltung aller Rechtsinstitutionen aus dem Begriff des Willens“ (Mohr, 2001: 133)
 „Person“:
o als individuelle Bestimmungszuschreibung
o „inhaltslos“, d.h. bestimungslos, abstrakt
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[...] In der Persönlichkeit liegt, daß ich als Dieser vollkommen nach allen Seiten (in
innerlicher Willkür, Trieb und Begierde, sowie nach unmittelbarem äußerlichen Dasein)
bestimmte und endliche, doch schlechthin reine Beziehung auf mich bin und in der
Endlichkeit mich so als das Unendliche, Allgemeine und Freie weiß.
 Persönlichkeit als Dieser
 vollkommenes Bestimmtsein durch Trieb, Begierde etc. → Unfreiheit
 Person als Selbstverhältnis zu dieser Bestimmtheit → Freiheit
 Person als strukturell / hierarchisches Verhältnis von Bestimmtheit und Sichverhalten zu
dieser Bestimmtheit
 Freiheit durch Selbstverhältnis
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Die Persönlichkeit fängt erst da an, insofern das Subjekt nicht bloß ein Selbstbewußtsein
überhaupt von sich hat als konkretem, auf irgendeine Weise bestimmtem, sondern
vielmehr ein Selbstbewußtsein von sich als vollkommen abstraktem Ich, in welchem alle
konkrete Beschränktheit und Gültigkeit negiert und ungültig ist. In der Persönlichkeit ist
daher das Wissen seiner als Gegenstandes, aber als durch das Denken in die einfache
Unendlichkeit erhobenen und dadurch mit sich rein-identischen Gegenstandes. Individuen
und Völker haben noch keine Persönlichkeit, insofern sie noch nicht zu diesem reinen
Denken und Wissen von sich gekommen sind. Der an und für sich seiende Geist
unterscheidet sich dadurch von dem erscheinenden Geiste, daß in derselben Bestimmung,
worin dieser nur Selbstbewußtsein, Bewußtsein von sich, aber nur nach dem natürlichen
Willen und dessen noch äußerlichen Gegensätzen ist (Phänomenologie des Geistes,
Bamberg und Würzburg 1807, S. 101 u. f. und Enzyklop. der philos. Wissensch., § 344), der
Geist sich als abstraktes und zwar freies Ich zum Gegenstande und Zwecke hat und so
Person ist.
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Person
► verhalte sich zu einer vorgefundenen Natur, die ihr wie ein Fremdes gegenüberstehe
► Freiheit:
§ 41: Die Person muß sich eine äußere Sphäre ihrer Freiheit geben, um als Idee zu sein.
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§ 40 Das Recht ist zuerst das unmittelbare Dasein, welches sich die Freiheit auf unmittelbare
Weise gibt,
a) Besitz, welcher Eigentum ist; – die Freiheit ist hier die des abstrakten Willens überhaupt
oder eben damit einer einzelnen, sich nur zu sich verhaltenden Person.
b) Die Person, sich von sich unterscheidend, verhält sich zu einer anderen Person, und zwar
haben beide nur als Eigentümer füreinander Dasein. Ihre an sich seiende Identität erhält
Existenz durch das Übergehen des Eigentums des einen in das des anderen mit
gemeinsamen Willen und Erhaltung ihres Rechts – im Vertrag.
c) Der Wille als (a) in seiner Beziehung auf sich, nicht von einer anderen Person (b), sondern
in sich selbst unterschieden, ist er, als besonderer Wille von sich als an und für sich seiendem
verschieden und entgegengesetzt, Unrecht und Verbrechen.
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