Crashkurs: Theoretische Grundfragen der Soziologie (SS 2014) Katrin Kreismayr | Katrin Walch | Ines Wiesinger Studienvertretung Soziologie - [email protected] 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 1 Was wird passieren… 1. Vorstellung 2. Wie lern' ich Theorie – Tipps und Tricks 3. Überblick der Theoretiker 1. Die Formung der sozialen Welt 2. Stellenwert von Handlung und Struktur 4. Klausurfragen Beispiele 5. Abschließende Fragerunde 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 2 …und wenn ihr was nicht versteht: FRAGEN, FRAGEN, FRAGEN….. Es gibt keine dummen Fragen 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 3 „Soziologie ist die Kunst, eine Sache, die jeder versteht und die jeden interessiert, so auszudrücken, dass sie keiner mehr versteht und sie keinen mehr interessiert.“ Hans-Joachim Schoeps deutscher Historiker und Religionswissenschaftler (1909 - 1980) 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 4 Wie lern ich Theorie? Lesen, lesen, lesen… Ja, das muss sein – da hilft leider nix Nachdenken Reflektieren Vergleichen Darüber reden, diskutieren, sich gegenseitig erklären… 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 5 I. Die Frage nach der Formung der sozialen Welt Welche Dynamiken stehen hinter der historischen Entwicklung von Gesellschaft? Hat Geschichte eine Richtung oder folgt sie einer Logik? Welche Kräfte wirken hier? zentrale Fragen der frühen Soziologie im 19. Jhd. Soziologie als Wissenschaft war gerade im Entstehen Ziel: ein Naturgesetz der Geschichte und somit auch der gesellschaftlichen Entwicklung zu entdecken 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 6 Historische Hintergründe Wissenschaft Fülle an naturwissenschaftlichen Entdeckungen im 17. Jhd. Faszination für die naturwissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten der „göttlichen“ Ordnung auf die Spur kommen Darwin'sche Evolutionstheorie Gesellschaft Zerfall der mittelalterlichen Weltordnung (Gott & Kaiser) Französische Revolution (Freiheit – Gleichheit – Brüderlichkeit) neues Konzept von Gesellschaft Entwicklung des Bürgertums Einsetzen der Industrialisierung 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 7 Auguste Comte (1798-1857) Drei-Stadien-Gesetz: Comte verband die geschichtliche Entwicklung mit der geistigen Entwicklung der Menschen (Wissen und Wissensgewinn) Jedes Stadium ist durch eine spezifische Form von Naturkenntnis gekennzeichnet, welche sich immer mehr von der Unterordnung unter Phantasie und Spekulation löst und der exakten Beobachtung folgt positiv wird I) theologisch-fiktives Stadium II) methapysisch-abtraktes Stadium III) wissenschaftlich-positives Stadium Ablauf erfolgt zwingend gesetzmäßig! 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 8 Herbert Spencer (1820-1903) Fortschritt ist der Wandel von unzusammenhängender Homogenität zu zusammenhängender Heterogenität Gesellschaftliche Evolution soziale Ausdifferenzierung primitiver Gesellschaftstyp Gesellschaft besteht aus kleinen, in sich geschlossenen homogenen Einheiten, die voneinander unabhängig sind. militärischer Gesellschaftstyp Einheiten beginnen sich intern auszudifferenzieren und treten miteinander in Verbindung (meist durch Krieg & Eroberungen) industrieller Gesellschaftstyp Heterogene Einheiten leben friedlich miteinander Kooperationen untereinander erfolgen freiwillig Kein zwangsläufiger Prozess durch Kriege kann der industrielle wieder zum militärischen Gesellschaftstyp werden. 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 9 II. Karl Marx „Nicht das Bewusstsein bestimmt das Leben, sondern das Leben bestimmt das Bewusstsein.“ 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 10 Historischer Materialismus Alle existierenden Dinge sind Resultate und Ausgangspunkt zugleich Dialektik Gesetz des Denkens These – Antithese – Synthese Hitze – Kälte – Temperatur Motor der gesellschaftlichen Entwicklung Hegel Ideen, der absolute Geist Marx Produktion des materiellen Lebens Hegel idealistische Geschichtsauffassung Marx materialistische Geschichtsauffassung 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 11 Produktion bei Marx – Die erste geschichtliche Tat Gesellschaftliche Aneignung von Natur Mensch bildet und formt sich in der Auseinandersetzung mit der Natur Produktion ist ein Verhalten zum Mitmenschen Arbeit ist gesellschaftlich organisiert Produktion ist die materielle Basis Produktivkräfte Effektivität der Naturaneignung Produktionsverhältnisse Wer verfügt über die Produktionsmittel? Politik, Religion, etc. als ideologischer Überbau der materiellen Basis Überbau wird von der Basis bestimmt und ist daher von ihr abhängig. Das Sein bestimmt das Bewusstsein. 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 12 Die Geschichte der Gesellschaft als eine Geschichte von Klassenkämpfen In der Geschichte standen sich immer Klassen mit unterschiedlichen ökonomischen Interessen gegenüber Klassen verfügen über eine gemeinsame ökonomische sowie soziale Lage Urgesellschaft Keine Klassen Sklavenhaltergesellschaft SklavenhalterInnen vs. Sklaven und Sklavinnen Feudalismus FeudalherrInnen vs. Leibeigene Kapitalismus KapitalistInnen vs. ProletarierInnen Diktatur des Proletariats Klassenlose Gesellschaft Durch den Untergang einer Klasse erlangt eine neue Klasse Macht und verändert somit die Gesellschaft 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 13 III. Max Weber und der „Geist des Kapitalismus „Das Selbstverständliche wird am wenigsten gedacht.“ 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 14 III. Max Weber und der „Geist des Kapitalismus Frage nach Entstehung des Kaptialismus Anderer Denkansatz als bei Marx Weber: Kulturelle Bedeutung des Kapitalismus Marx Weber Ökonomische Erklärung; Kulturelle Bedeutung des Kapitalismus streng materialistische Argumentation Frage nach Entstehung der rationalen Lebensführung 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 15 Entstehung des Kapitalismus bei Weber Rational-kapitalistische Organisation der freien Arbeit Voraussetzung: Rationales Recht Rationale Verwaltung Internalisierung des methodisch-rationalen Handels 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 16 Kontext von Webers Theorie 19. Jhd. Deutschland Aufgeklärtes deutsches Bürgertum Deutschland entwickelte sich zum Nationalstaat Webers Blick auf Rationalisierung der Lebensführung verdrängte den dynamisch, politischen Klassenbezug marxscher Theorien. 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 17 Ausgangsfragen von Weber populärstes Werk Webers „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“ (1920) Warum ist der Kapitalismus gerade im europäischen Westen entstanden? Neue Wirtschaftsgesinnung Kapitalismus entwickelte sich vor allem in protestantischen Ländern (z.B. England, Niederlanden) sehr stark „Geist des Kapitalismus“ hat religiösen Ursprung 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 18 Wirtschaftsgesinnung des Kapitalismus Gewinn des Gewinnes Willen Rationale Organisation der freien Arbeit Systematischer Arbeitslauf Bestmögliche Ausnützung der menschlichen Arbeitskraft Trennung von Betrieb und Haushalt Zweckrationale Handlungsorientierung Rationalisierung in Verwaltung und Recht 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 19 Calvinismus Protestantische Strömung Weber hebt 2 Punkte hervor: Menschen sind Gottes Werkzeug auf Erden Tüchtigkeit im Beruf Prädestinationslehre: Tüchtiges Leben ist Zeichen für „Eintritt in Himmelreich“ Erfolg im Beruf,Verzicht auf Genuss, Zeit nicht Verschwenden 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 20 Fazit zu Webers Calvinismus Kritik an Weber: Calvinismus ist an vielen Orten jünger als Kapitalismus Weber bringt Ursache und Wirkung durcheinander Fruchtbares der Weber-Analyse Webers-Kritik am Messen des „Wert der Arbeit“ im Kapitalismus 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 21 Rationalisierungsthese Prozess der Rationalisierung greift auf alle Lebensbereiche über Rationalisierung: mittel-zweck-orientierte, kalkulierte, systematische geplante Handlungsform Auch in Recht und Verwaltung - Bürokratie Weber: „kaltes unmenschliches Gehäuse der Hörigkeit“ 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 22 IV. Norbert Elias „Menschen sind nicht in der Lage, den Tod abzuschaffen. Aber sie sind ganz gewiß [sic!] in der Lage, das gegenseitige Töten abzuschaffen.“ 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 23 IV. Norbert Elias Keine „normale“ akademische Laufbahn Interesse liegt nicht nur auf den Veränderungen, sondern auch auf den Strukturen des sozialen Wandels Zentrale Begriffe Prozessmodell – Synthese bei Untersuchungen von sozialen Phänomenen Figuration – wechselseitige Abhängigkeiten zwischen den Menschen Gegen historischen Determinismus „Die höfische Gesellschaft“ 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 24 Prozess der Zivilisation I Zivilisationsprozess Psychognese Langfristigen Verhaltensänderungen der Individuen und der gesellschaftlichen Beziehungsgeflechte Körperliche, physische, soziale Entwicklungen der Individuen Soziogenese Gesellschaftliche Hierarchien und Machtverhältnisse 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 25 Prozess der Zivilisation II Übergang von mittelalterlichen feudalen System in Westeuropa zum System des absolutistischen Nationalstaates Wandel der Figurationsstrukturen Differenzierung und Verlängerung der Interdependenzketten Wandel in den individuellen Strukturen Triebe und Affekte kontrollieren Fremdzwang wird zu Selbstzwang 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 26 V. Kritische Theorie „Je simpler die offizielle Ideologie, um so komplizierter heute ihre Ableitung. Diese Einsicht besagt, daß [sic!] das Denken aus der Mode kommt.“ (Max Horkheimer) 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 27 Horkheimer Traditionelle und kritische Theorie I Theorie als Form der gesellschaftlichen Praxis Traditionelle Theorie autonom und unabhängig von gesellschaftlicher Wirklichkeit Theorie ist von ihrem Objekt getrennt Die Umwelt (Produktionsweise, Arbeitsteilung) wird als gegeben hingenommen. Kritische Theorie Wissenschaftliche Aussagen sind nicht unabhängig von der Gesellschaft sind selbst gesellschaftliche Tatsachen Theorie als eine Form von gesellschaftlicher Praxis ist in der Lage gesellschaftliche Wirklichkeit zu verändern 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 28 Horkheimer Traditionelle und kritische Theorie II Das Verhältnis von Sein und Sollen Traditionelle Theorie trennt zwischen Feststellung von sozialen Fakten und den normativen Aspekten der Anwendung PolitikerInnen sind dafür verantwortlich Kritische Theorie Zielt auf Emanzipation und Aufklärung ab Weist über das bloß Faktische hinaus alle Gesellschaftsgruppen (auch die Wissenschaft) sollen an ökonomischen und politischen Prozessen teilnehmen Traditionelle Theorie ist distanziert und objektivierend. Kritische Theorie ist engagiert und selbstreflexiv. 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 29 Herbert Marcuse Das Denken von Marx und Freud Wie wirken sich gesellschaftliche Verhältnisse auf die psychische Struktur aus? Lustprinzip vs. Realitätsprinzip Menschliche Urhorde: patriarchalistisches Gesetz Triebunterdrückung durch Kultur Kulturfeindschaft des Menschen als historische Tatsache grundlegende vs. zusätzliche Unterdrückung Herrschende Klasse: wenig Arbeit grundlegende Unterdrückung Unterdrückte Klasse: mehr Arbeit zusätzliche Unterdrückung 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 30 Jürgen Habermas Theorie des kommunikativen Handelns Wir beziehen uns in drei Modi auf die Welt und erheben dabei unterschiedliche Geltungsansprüche Auf die objektive Welt der Tatsachen mit dem Anspruch auf Wahrheit Auf die soziale Welt mit dem Anspruch auf normative Richtigkeit Auf die subjektive Welt mit dem Anspruch auf Wahrhaftigkeit Handlungstypen nach Habermas Handlungssituation Handlungsorientierung nicht-sozial erfolgsorientiert verständigungsorientiert instrumentelles Handeln sozial strategisches Handeln kommunikatives Handeln Ideale Sprechsituation Zwangloser Zwang des besseren Argumentes 31 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 31 Jürgen Habermas Die Kolonialisierung der Lebenswelt System vs. Lebenswelt Aus di fferenzi erung i n Berei che Steuerungs medi um zur Handl ungs koordi nati on Ges el l s chafts s ys tem Lebens wel t Wi rts chaft, Staat Pri vats phäre, Öffentl i chkei t Gel d, Macht Sprache, Interakti on System und Lebenswelt entwickeln sich konflikthaft zueinander Kolonialisierung der Lebenswelt fortschreitender Prozess der Versachlichung der Gesellschaft 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 32 VI. Die Frage nach dem Stellenwert von Handlung und Struktur „Inwieweit sind wir kreative Akteure, die die Bedingungen für ihr eigenes Leben aktiv kontrollieren? Oder ist das meiste von dem, was wir tun, das Ergebnis allgemeiner sozialer Kräfte jenseits unserer Kontrolle?“ (Anthony Giddens) Struktur 16.06.2014 Handlung Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 33 Charles Lemert – Struktur Soziale Strukturen sind oftmals unmerkbar wirksame soziale Tatsachen, die einer Anzahl von anderen sozialen Dingen eine Ordnung geben, die über eine gewisse Zeit hinweg andauert. Somit verfügen sie über drei Eigenschaften: 1) Schaffen Ordnung II) Bringen Dauerhaftigkeit in sozialen Beziehungen III) Sind nicht unmittelbar sichtbar. Wir erkennen sie erst an den Konsequenzen 3 Arten von Sozialen Strukturen: I) Strukturen des Prestiges Verteilt Ansehen und Wohlstand an unterschiedliche soziale Gruppen und ihre Mitglieder. II) Struktur der Autorität Stellen Gehorsam und Anpassung her. Wird meist erst bei Verstoß sichtbar. III) Klassenstrukturen Organisieren die sozialen Möglichkeiten, regeln den Zugang zu knappen Ressourcen. 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 34 Robert. K. Merton – Struktur Strukturen haben zwei Funktionen Manifeste Funktionen Folgen sind bekannt und beabsichtigt subjektiv angestrebte Ziele stimmen mit den objektiven Folgen überein Latente Funktionen Folgen sind nicht bekannt bzw. nicht bewusst objektive Folgen weichen von den subjektiv angestrebten Zielen ab 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 35 Max Weber – Handlung Soziologie Wissenschaft, die soziales Handeln deutend verstehen will Rückt somit das individuelle Handeln in den Mittelpunkt Verstehen aktuelles Verstehen (was?) motivationsmäßiges Verstehen (warum?) zweckrational – wertrational – affektuell – traditional Handeln Tun, mit welchem ein subjektiver Sinn verbunden ist; unterscheidet sich vom „Sich-Verhalten“ Soziales Handeln der gemeinte Sinn der Handlung ist auf das Verhalten anderer bezogen Webers Handlungsbegriff ist vor allem auf das Fremdverstehen ausgerichtet. Wie der subjektive Sinn bei den Handelnden selbst gebildet wird und handlungswirksam wird bleibt sekundär. 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 36 Alfred Schütz – Handlung Wie erzeugen Handelnde den Sinn ihres Tuns selbst? Schütz stellt somit die Perspektive des Akteurs in den Mittelpunkt. Auslöser einer Handlung Handlungsentwurf die Antizipationen eines zukünftigen Zustandes Motive Um-zu-Motive verweisen auf die Zukunft Weil-Motive verweisen auf die Vergangenheit 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 37 VII. Anfänge der Soziologie in den USA 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 38 VII. Anfänge der Soziologie in den USA I Historische Bedingungen Einwanderungsgesellschaft Individualismus Keine fixen Grenze Fortschrittsoptimismus Pragmatismus Philosophische Richtung Denken und Handeln vom Standpunkt des praktischen Nutzen 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 39 Die ersten Vertreter der amerikanischen Soziologie William G. Sumner Gesellschaft als natürlicher Evolutionsprozess 4 Grundmotive menschlicher Handlungen Lester F. Ward Hunger | Sexualität | Eitelkeit | Furcht Gesellschaft als ein Evoluationsprozess der auf wissenschaftliche fundierte Zivilisation hinausläuft. Charles H. Cooley Menschliche „Natur“ ist Produkt der Kommuniakation 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 40 VII. George Herbert Mead (1863–1931) "Nicht die Dinge selbst beunruhigen die Menschen, sondern die Vorstellungen von den Dingen." 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 41 VII. George Herbert Mead Wissenschaft als selbstreflexive Form von Erkenntnis Ausgangspunkt = „social act“ = Gruppenaktivität Im Mittelpunkt steht die Kommunikation Soziale Persönlichkeit durch Prozess von Interaktion und Kommunikation Individuation und Sozialisation als Prozess 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 42 „Das Individuum ist ein Andere, bevor es es Selbst ist“ I Symbol = Zeichen Symbolisches Denken Wichtigste Symbolsystem ist die Sprache Können kommunizieren, auch wenn die Dinge nicht wahrnehmbar oder abwesend sind Signifikante Symbole Rufen bei beiden Akteur_Innen gleiche Interpretation/Reaktion hervor 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 43 „Das Individuum ist ein Andere, bevor es es Selbst ist“ II Rollen und Rollenübernahmen Sich-Selbst-Zum-Objekt-Machen Antizipation des Verhalten des Anderen Das Individuum brauch ein Gegenüber um sich selbst zu erkennen. Entstehung des Selbst ist ein sozialer Lernprozess Play = Rollenspiel des Kindes Game = Gruppenspiel 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 44 „Das Individuum ist ein Andere, bevor es es Selbst ist“ III I, Me und Self I Me Bezieht sich auf das Spontane, das Unkontrollierbar im Individuum Gesellschaftlich geformte, „vergesellschaftete“ Seite des Individuums Self Identität, Wechselspiel zwischen I und Me 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 45 Chicago School of Sociology I 1892 gegründet Verbindung wissenschaftlicher Analyse und sozialer Reform Charakteristika der Chicago School – Interesse an der Nutzung der Soziologie • • – Interesse am Alltag der Mensch • – 16.06.2014 Settlement Bewegung 2 Erkenntniswege: Reformer und Reporter Ethnographie Interesse an konkreten sozialen Problemen Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 46 Symbolischer Interaktionismus Herbert Blumer 3 Grundprämissen Menschen handeln Dingen gegenüber auf der Grundlage der Bedeutung, die diese Dinge für sie haben Bedeutung der Dinge entsteht aus sozialen Interaktionen, die man mit seinen Mitmenschen eingeht Bedeutungen werden in einem interpretativen Prozess, den die Personen in ihrer Auseinandersetzung mit den ihr begegnenden Dingen benutzt und abgeändert 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 47 IX. Emile Durkheim „Wir sind erst sicher, wenn wir sicher sind, daß [sic!] wir nicht allein sicher sind.“ 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 48 IX. Emile Durkheim Frankreich 1858 - 1917 Verlor Sohn im WK1 Zentrale Stellung in öffentlichen Auseinandersetzungen Gymnasiallehrer Deutschlandaufenthalt (trifft auf Tönnies) 1887 Universität von Bourdeaux 1896 Lehrstuhl für Pädagogik und Sozialwissenschaften Begriff „Sozialisation“ 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 49 Emile Durkheim und der Zwang der „sozialen Tatbestände“ Faktoren, welche Freiheit des Handelns begrenzen Betont die Bedeutung und Macht der Strukturen Geben dem Handeln eine Richtung, sind Orientierungen Vater des strukturalistischen Denkens Versteht Soziale Realität als „Soziale Tatsache“ (Struktur) 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 50 Studie zur Arbeitsteilung Solidarität: existiert, wenn gesellschaftliche Organisation und die Ausprägung des Moralsystem übereinstimmen 16.06.2014 Segmentierte Gesellschaft Arbeitsteilige Gesellschaft Organisation in Clans, Horden Großen Märkten und Städten Mechanische Solidarität Organische Solidarität Repressive Recht, Sühne „wiederherstellendes Recht: Wiedergutmachung Resozialisierung Starker Kollektivbewusstsein Eigeninitiative und Reflexion Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 51 Sozialer Tatbestand Zentraler Gegenstand der Soziologie Pflichten als Schwester, sind äußerlich: selbst nicht erschaffen sondern erworben Erscheinung, welche von außen entgegen treten Soziales wird durch Soziales erklärt 52 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 52 Studie zum Selbstmord Soziale und kulturelle Faktoren haben Einfluss auf Suizidverhalten Ausgangspunkt: erstaunlich konstante Selbstmordraten in verschiedenen Regionen Betrachtungsweise: - Selbstmord als abhängige Variable von bestimmten Kollektivzuständen - soziale Tatsachen wie soziale Situation sind unabhängige Variable 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 53 Studie zum Selbstmord Selbstmordtyp Ursache Tritt häufig auf Egoistischer Selbstmord Individuelle starkes Ich Bei Ledigen Altruistischer Selbstmord Ich gehört nicht sich selbst Militär Anomischer Selbstmord Regel und Normlosigkeit Wirtschaftliche Krise 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 54 X. Anthony Giddens und die „Dualität von Handlung und Struktur“ „Man hat keine Wahl, außer zu wählen.“ 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 55 X. Anthony Giddens und die „Dualität von Handlung und Struktur“ Bisherige Theorienansätze: Homo oeconomicus Homo sociologicus Kosten- und NutzenAbwägung Gesellschaft ist Gefüge aus sozialen Rollen Weder „Handlung“ noch „Strukutr“ Zwei Seiten einer Medaille Für emprische Forschung fruchtbare Sozialtheorie 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 56 Zentrale Begriffe bei Giddens Soziale Pratiken Handlungsstrom Soziale Ordnung 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 57 Dimensionen des Handelns 1 These: soziale Praxis ist an menschliches Verhalten gebunden; Bewusstseinsfähige Steuerung ist möglich 2 These: Handeln ist nicht immer mit klaren Motiven und bewussten Intentionen verbunden; „Dezentierung“ des Subjekts Routinehandeln Praktisches Bewusstsein Diskursives Bewusstsein 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 58 Dimension der Struktur Strukturen: Können „modulieren“ Interaktion Mein Vortrag (Modalität) Normen, Regeln Struktur 16.06.2014 Umgang mit Wissen auf Universität Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 59 Fazit zu Giddens Struktur und Handlung sind unzertrennlich Aber nicht auf einander reduzierbar Struktur: Oberbegriff von Regeln und Ressourcen 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 60 XI. Pierre Bourdieu und der Habitus "Die Logik kann nur deshalb überall sein, weil sie in Wirklichkeit nirgendwo ist." 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 61 XI. Pierre Bourdieu und der Habitus Habitus Habitus als „generatives Prinzip“ Sind Denk-, Warhnehmungs-,Verhaltens- und Beurteilungsschemata eines Individuums Beruht auf Erfahrungen Wird im sozialen Kontext des Individuums wirksam Möglichkeit der Subjekte, Äußerungen zu entwickeln, mit denen auf eine Situation reagiert werden kann Habitus als „innere Grammatik“ Nicht angeboren, sondern aus Erfahrungen entstanden 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 62 Bourdieu und Strukturkategorien I Soziale Klasse Bezieht sich auf die vertikale soziale Ungleichheit Kritik an Marx Klassenlage strukturiert die Lebensführung eines Individuums Ausdifferenzierung des Kapitalbegriffs: 16.06.2014 Ökonomisches Kapital Kulturelles Kapital Soziales Kapital Symbolisches Kapital Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 63 Bourdieu und Strukturkategorien II Soziales Feld Funktional, differenzierte, arbeitsteilige Gliederung Spezifischer Einsatz in den Feldern Geschlecht Arbeitsteilung von Mann und Frau Strukturierungsprinzip und Herrschaftsverhältnis. 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 64 Beispielfrage 1 Welcher der folgenden Theoretiker konnte keine traditionelle akademische Laufbahn einschlagen? (a) Emile Durkheim (b) Norbert Elias (c) Anthony Giddens (d) Pierre Bourdieu Antwort (b) 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 65 Beispielfrage 2 Karl Marx bezieht sich in seinen Überlegungen auf die Dialektik von Hegel, entwickelt diesen Begriff aber weiter. Welche Aussage dazu ist richtig? (a) Im Gegensatz zu Hegel ist Marx der Ansicht, dass Ideen den materiellen Veränderungen folgen bzw. auf diese reagieren. (b) Marx löst Hegels Dialektik aus seinem materialistischen Zusammenhang und stellt es auf eine idealistische Grundlage. (c) Marx sieht im Gegensatz zu Hegel die Religion und die Kultur verantwortlich für gesellschaftliche Entwicklung. (d) Marx und Hegel sehen Arbeit und Wirtschaft als Basis jeder gesellschaftlichen Entwickelung. Antwort (a) 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 66 Beispielfrage 3 In Max Webers Handlungstheorie kommt das – aus seiner Sicht – anzustrebende Ziel der Soziologie zur Sprache. Welches Ziel führt er für die Soziologie an? (a) Die Soziologie soll sich zum Ziel setzen, soziales Handeln zu verstehen und kausal zu erklären. (b) Das Ziel der Soziologie soll laut Weber sein, Handlungen der Individuen mithilfe struktureller Faktoren zu kategorisieren und zu bewerten. (c) Die Unterscheidung von „aktuellem Verstehen“ und „motivationsmäßigem Verstehen“ als Idealtypen bildet den Mittelpunkt der Soziologie bei Weber. (d) Das Ziel der Soziologie besteht darin, beobachtbares Handeln auf die Persönlichkeitsstruktur von Individuen zurückzuführen. Antwort (a) 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 67 „Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie.“ Kurt Lewin, Sozialpsychologe (1890-1947) Danke für eure Aufmerksamkeit und viel Glück für die Klausur! 16.06.2014 Crashkurs "Theoretische Grundfragen der Soziologie" - SS14 68