Unternehmerische Verantwortung bei

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GFA – Gesellschaft
zur Förderung von
Auslandsinvestitionen e.V.
Unternehmerische Verantwortung
bei Direktinvestitionen im Ausland
Impressum
BDI-Drucksache 358
ISSN 0407-8977
Herausgeber:
Gesellschaft zur Förderung von Auslandsinvestitionen
Breitestraße 29 · 10178 Berlin
Redaktion:
Dr. Claudia Wörmann
Dr. Gunter Schall
Tel.: (030) 20 28 - 15 25
Fax: (030) 20 28 - 25 25
E-Mail: [email protected]
Internet: www.bdi-online.de
Gesamtherstellung:
DCM • Druck Center Meckenheim
www.druckcenter.de
Erschienen im Juni 2004
Vorwort
Corporate Social Responsibility (CSR) ist ein
politisches Top-Thema. International wird die
Frage unternehmerischer Verantwortung vor
allem mit Blick auf das Nord- Süd-Verhältnis
intensiv diskutiert. Zunehmend wird von den
Unternehmen aus den hochindustrialisierten
Ländern erwartet, dass sie bei Investitionen in
Schwellen- und Entwicklungsländern soziale und
ökologische Standards setzen, die denen entsprechen, die bei uns gelten. Die Übernahme
unternehmerischer Verantwortung über rein
betriebswirtschaftliche Ziele hinaus wird allerdings häufig gefordert, ohne dass immer Klarheit
über die Möglichkeiten und Grenzen besteht, die
Unternehmen in ihrem Tun gesetzt sind.
Die Gesellschaft zur Förderung von Auslandsinvestitionen setzt sich seit 1956 für die Gestaltung
bestmöglicher Rahmenbedingungen für deutsche Auslandsinvestoren ein. Eine Säule ist das
weltweite Netz bilateraler Investitionsförderverträge, die indirekt auch einen Beitrag zum Aufbau
rechtsstaatlicher Strukturen in Entwicklungs- und
Schwellenländern leisten. Die zweite Säule zur
Gestaltung der Rahmenbedingungen ist die
unternehmerische Aktivität selbst. Auslandsinvestitionen, das zeigen viele Beispiele und Studien, tragen in den Gastländern zur Verbesserung
lokaler Lebens- und Arbeitsbedingungen, zu
Wachstum und damit zur Überwindung von
Unterentwicklung bei. Corporate Social Responsibility wird dabei in vielen Facetten praktiziert.
Oft sind es Großunternehmen, die sich auch
öffentlich zum Leitbild der unternehmerischen
Verantwortung bekennen und z. B. spezielle
Berichte über ihre entsprechenden Aktivitäten
herausgeben. Aber auch mittelständische Unternehmen sind sehr engagiert, CSR in ihrer
Geschäftstätigkeit sichtbar zu machen.
sche Verhalten beeinflusst. Zum anderen wird
über die wichtigsten Regeln und Rahmenbedingungen informiert, die von Seiten der Politik die
gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen definieren.
Wichtig ist und bleibt, dass die Unternehmen
ihrer gesellschaftlichen Verantwortung, die sie
über rein gesetzliche Bestimmungen hinaus
wahrnehmen, freiwillig nachkommen können.
Regulierungsambitionen und Standardisierung
sind hier fehl am Platz. Sie würden unternehmerische Verantwortung eher verschütten als befördern. Freiwilligkeit bei der Übernahme unternehmerischer Verantwortung ist der Schlüssel zum
Erfolg auch bei Investitionen in Entwicklungsländern.
Stefan Ortseifen
Präsident der Gesellschaft zur Förderung von
Auslandsinvestitionen e.V. (GFA)
Vorstand IKB Deutsche Industriebank
Mit dieser Broschüre bezieht die Gesellschaft zur
Förderung von Auslandsdirektinvestitionen Position in der Diskussion um die verantwortliche
Rolle der Unternehmen zur Gestaltung der Globalisierung. Es wird zum einen gezeigt, wie Corporate Social Responsibility das unternehmeri-
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Wirtschaftliche Freiheit und
unternehmerische Verantwortung
Unternehmen brauchen Freiheit,
um verantwortungsbewusst handeln zu können
Freiheit in Verantwortung ist das Leitprinzip unternehmerischer Nachhaltigkeitsstrategien. Für Eigenverantwortung und
Eigeninitiative benötigen die Unternehmen ausreichend Flexibilität. Nur auf freiwilliger Basis können sich die Unternehmen
in einer Welt mit völlig unterschiedlichen
kulturellen, wirtschaftlichen und rechtlichen Voraussetzungen für eine nachhaltige Entwicklung einsetzen.
„Die deutsche Industrie ist mit ihrer hohen
Präsenz in der Weltwirtschaft in vorderster
Linie in den Globalisierungsprozess eingebunden. Da ist es konsequent, dass sich die
Industrie der Diskussion über die Chancen
und Risiken der Globalisierung stellt.“
(Dr. Michael Rogowski, Präsident des
Bundesverbandes der Deutschen Industrie e.V.)
Ein freiheitlich und solidarisch orientiertes
Gemeinwesen braucht die Bereitschaft jedes
Einzelnen, sich für das Gemeinwohl zu engagieren. Dies gelingt am besten dann, wenn hinreichend Raum für Eigenverantwortung gelassen
wird. Das gilt auch für Unternehmen, die Auslandsdirektinvestitionen tätigen, denn in Deutschland wie im Ausland gilt: Freiheit und Verantwortung gehören zusammen und sind genauso wie
der Rechtsstaat fundamentale Konzepte. Deren
Umsetzung kann immer nur orts- und zeitgebunden erfolgen. Damit variieren auch die Mittel und
Wege, mit denen Verantwortung verwirklicht wird.
Jedes Unternehmen steht vor individuellen
Herausforderungen, denen es mit maßgeschneiderten Lösungen begegnen muss. Erfahrung,
Ressourcen, Standort und Marktlage sind von
Branche zu Branche und von Unternehmen zu
Unternehmen verschieden, umso mehr wenn
sich Geschäftstätigkeiten in anderen Regionen
und Kulturen abspielen.
Die Debatte über unternehmerische Verantwortung wird häufig unter dem Begriff Corporate
Social Responsibility (CSR) geführt. Dieser
Begriff mag erst im letzten Jahrzehnt allgemeine
Aufmerksamkeit erlangt haben, die Inhalte sind
aber nicht neu. Der Begriff geht zurück auf Unternehmer in den USA, die am Beginn des 20. Jahrhunderts philanthropische Beweggründe für ihr
Engagement hatten. CSR meint auch die Sorge
für die mit dem Unternehmen verbundenen Stakeholder (Kunden, Mitarbeiter, lokale Gemeinschaften, etc.) und beinhaltet Fragen der Wirtschaftsethik und des Umweltschutzes. Das
Thema selbst hat aber auch bei deutschen Unternehmen seit Beginn der Industrialisierung eine
lange Tradition.
In der Bundesrepublik Deutschland spielt sich
unternehmerische Tätigkeit in einem Rahmen ab,
der durch eine Vielzahl von Gesetzen bestimmt
wird. Doch auch jenseits dieser vorgegebenen
Spielregeln hat die Übernahme unternehmeri-
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scher Verantwortung für die deutsche Industrie
seit jeher einen hohen Stellenwert und ist ein fester Bestandteil der Unternehmenspraxis. Oft sind
es Großunternehmen, die sich öffentlich zum
Leitbild der unternehmerischen Verantwortung
bekennen und z. B. spezielle Berichte über ihre
Aktivitäten herausgeben. Auch die kleinen und
mittleren Unternehmen sind sehr engagiert: Laut
einer Studie der Europäischen Kommission liegt
der Anteil deutscher Mittelständler, die besonderes soziales Engagement zeigen, über dem EUDurchschnitt. Die Unternehmen stellen sich also
der Herausforderung, ihrem Umfeld in verantwortlicher und bewusster Weise Rechnung zu
tragen.
Wirtschaftlicher Erfolg ist das Hauptziel unternehmerischen Handelns und notwendige Voraussetzung für das gesellschaftliche Engagement der
Unternehmen. Nur so kann die Wettbewerbsfähigkeit langfristig erhalten werden. Dabei geht es
um den Beitrag, den Unternehmen im Rahmen
ihrer Geschäftstätigkeit, z. B. durch Innovation,
Investition oder die Schaffung von Arbeitsplätzen
für eine zukunftsfähige Gesellschaft leisten. Wer
hier gute Antworten präsentieren kann, ist automatisch vorn im Wettbewerb um die Gestaltung
der Zukunft. Unternehmen sind im Rahmen der
für sie geltenden Vorschriften und Gesetze
zunächst sich selbst gegenüber verpflichtet. In
Wahrnehmung dieses Einzelinteresses wird
zugleich gesellschaftliche Verantwortung übernommen.
Doch Unternehmen können mit ihren Leistungen
nicht die Versäumnisse der Politik ausgleichen.
Die Verantwortung, im eigenen Land, aber auch
gegenüber Partnern, international für die Einhaltung sozialer Rechte und der Umweltgesetzgebung zu sorgen, liegt nach wie vor bei den Regierungen.
Neue Herausforderungen durch
die Globalisierung
Die Globalisierung hat die Chancen der Unternehmen erhöht. Gleichzeitig sind die Herausforderungen für das unternehmerische Handeln
komplexer geworden und die Erwartungen an die
unternehmerische Verantwortung gestiegen. Die
rasante Entwicklung und Verbreitung der Kommunikationstechnologien und die damit verknüpften umfassenden Möglichkeiten, sich zu informieren, haben zu einer verstärkten Bedeutung
von Reputation und Glaubwürdigkeit eines Unternehmens gegenüber Kunden, Mitarbeitern und
Kapitalgebern geführt.
Viele Unternehmen sind nicht nur auf ihren Heimatmärkten aktiv, sondern auch durch Handel
und Direktinvestitionen international tätig. Der
Löwenanteil dieser Aktivitäten geschieht auf den
Märkten der hochindustrialisierten Länder mit
hohen gesetzlichen Anforderungen in den Bereichen Umwelt und Soziales. Die freiwillige Übernahme von Verantwortung ist vor allem in
Schwellen- und Entwicklungsländern wichtig.
Insbesondere hier haben sich freiwillige Maßnahmen als effiziente Ergänzungen zu gesetzlichen
Regelungen erwiesen.
Wachsende Auslandsdirektinvestitionen – ein Beitrag zu globaler Entwicklung und Umweltschutz
Deutsche Unternehmen sind mit ihren Direktinvestitionen weltweit vertreten, und zwar mit
wachsender Tendenz. Der gesamte Investitionsbestand deutscher multinationaler Unternehmen
im Ausland lag Ende 2001 bei knapp 700 Mrd. €,
allein 2002 nahm er um 26,1 Mrd. € zu. Im vergangenen Jahrzehnt hat er sich insgesamt mehr
als vervierfacht, wobei auch verstärkt Entwicklungsländer in die internationale Arbeitsteilung
einbezogen werden.
Dieses Engagement erlaubt den Unternehmen,
neue Absatzmärkte zu erschließen und vor Ort
Wertschöpfung zu betreiben. Den Gastländern
wird so Zugang zu technologischem Know-how
und modernen Managementmethoden ermöglicht. Junge Menschen werden nach den hohen
Standards deutscher Unternehmen ausgebildet.
So wird die Grundlage für einen qualifizierten
Berufsweg geschaffen, oft über dem lokalen
Niveau. Darüber hinaus stärkt die Industrie auch
als Abnehmer für lokale Zulieferer und als Steuerzahler die Wirtschafts- und Finanzstruktur in
ihren Gastländern.
Wichtig ist auch der Beschäftigungseffekt dieser
Investitionen. Insgesamt werden in den ca.
28 500 Auslandsstandorten deutscher Unternehmen über 4,6 Mio. Arbeitnehmer beschäftigt. Das
bedeutet mittelbar Einkommen und Lebensgrundlage für weitere Millionen von Menschen –
im Ausland wie auch in Deutschland. International tätige Unternehmen investieren in Produktions- sowie Forschungs- und Entwicklungsstandorte und kaufen bei lokalen Firmen Waren und
Vorprodukte ein. Dadurch tragen sie zur Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen, zur
Finanzierung sozialer Einrichtungen, zur Verbesserung des Ausbildungsstandes und der Verbreitung umweltschonender Technologien und
Managementmethoden bei und vermitteln Prinzipien wie Selbständigkeit, Verantwortung und
Eigeninitiative. Oftmals liegen die Löhne über
dem landesüblichen Vergleichsniveau. In ihrem
Engagement gehen die Unternehmen oft über die
lokalen gesetzlichen Anforderungen hinaus.
Dadurch wird der Strukturwandel in Entwicklungsländern unterstützt, Technologietransfer
aktiv betrieben und die Wirtschaft gestärkt. Ausländische Unternehmen leisten also einen wertvollen Beitrag zur Verbesserung der lokalen
Lebens- und Arbeitsbedingungen, zu Wachstum
und Wohlstand.
Wie wachsender Wohlstand einer Volkswirtschaft
verteilt wird, hängt allerdings von politischen Entscheidungen ab. Sicher ist, dass eine Politik, die
ein schlechtes Investitionsklima schafft, eine Erhöhung des Wohlstands im vorhinein verhindert.
„Die Unternehmen haben ebenfalls erkannt,
dass CSR über Philanthropie hinausgeht und
Gegenstand strategischer Auseinandersetzungen ist. Es existiert keine allgemeingültige
Definition von CSR, da das Konzept immer
wieder neu definiert wird, um wechselnden
Bedürfnissen und Zeiten gerecht zu werden.
Es liegt bei jedem Unternehmen, die Werte
und Prinzipien für die es steht, selbst zu definieren.“
(Björn Stigson, Präsident des World Business
Council for Sustainable Development
(WBCSD))
Deutsche Unternehmen übernehmen weltweit Verantwortung
für eine nachhaltige Entwicklung
Deutsche Unternehmen leisten auf freiwilliger Basis einen wichtigen Beitrag zur
Umsetzung von Menschenrechten, Sozial- und Umweltstandards sowie zur
Bekämpfung von Korruption. Im Rahmen
ihrer Möglichkeiten berücksichtigen sie
Verbraucherinteressen und fördern den
Transfer von technologischem Know-how
und modernen Managementmethoden.
Der politische Rahmen des
Auslandsengagements
Die Aktivitäten multinationaler Unternehmen
rücken immer mehr ins Blickfeld der Öffentlichkeit. Damit steigen auch die konkreten Anforderungen und Erwartungen, die von verschiedenen
gesellschaftlichen Gruppen an die Unternehmen
gestellt werden. Neben dem Beitrag zu wirt-
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„Meine Überzeugung und Erfahrung ist, dass
die multinationalen Unternehmen so etwas
wie trojanische Pferde sind, die auch Demokratie und Menschenrechte transportieren.“
(Hans-Olaf Henkel, Präsident LeibnizGemeinschaft)
schaftlichem Wachstum wird von ihnen eine stärkere Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten sowie die Einführung hoher Sozialund Umweltstandards auch in den armen Regionen dieser Welt gefordert.
Unternehmen können mit ihren freiwilligen Leistungen aber nicht Versäumnisse der Politik ausgleichen. Die Durchsetzung von sozialen und
ökologischen Mindeststandards außerhalb des
Wirkungskreises multinationaler Unternehmen
kann angesichts fehlender Kontrollmöglichkeiten
und Kompetenzbefugnisse nicht deren Aufgabe
sein. Hier ist eine klare Aufgabenteilung notwendig: Die Regierungen sind gefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen und sie tragen die Verantwortung, im eigenen Land, aber auch gegenüber
Partnern für die Einhaltung sozialer Rechte und
der Umweltgesetzgebung zu sorgen. Daher richten sich die Rahmenvorgaben internationaler
Organisationen in der Regel an Staaten, die
diese umsetzen sollen. Erst im zweiten Schritt
kann es dann um die Umsetzung durch die Unternehmen innerhalb ihres Wirkungskreises gehen.
Die internationalen Rahmenvorgaben konzentrieren sich auf die folgenden vier Bereiche:
„Gesellschaftliches Engagement zugunsten
der Menschenrechte ist unverzichtbar. Wir
selbst wollen im Rahmen unserer jeweiligen
Möglichkeiten aktiv an der Förderung und
Stärkung des weltweiten Schutzes der Menschenrechte mitwirken.“
(Auszug aus der gemeinsamen Erklärung von
Bundesregierung, BDI und BDA, DGB, Forum
Menschenrechte und VENRO zum Thema
„Internationaler Schutz der Menschenrechte
und Wirtschaftstätigkeit“ von 2002)
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Menschenrechte
Die universelle Wahrung der Menschenrechte ist
eine der wichtigsten Herausforderungen der Globalisierung und eine der Leitlinien deutscher
Außenpolitik. In der Allgemeinen Erklärung der
Menschenrechte von 1948 haben sich die Mitgliedstaaten der UN verpflichtet, auf die Achtung
und Einführung der Menschenrechte hinzuwirken. Die Würde jedes einzelnen Menschen zu
achten und rechtsstaatliche Verhältnisse zu
schaffen, in denen sich die Menschenrechte entfalten können, sind als elementare ethische
Gebote zugleich Voraussetzungen für nachhaltige politische Stabilität sowie für wirtschaftliche
und soziale Entwicklung in der Welt. Dies halten
auch der Internationale Pakt über wirtschaftliche,
soziale und kulturelle Rechte sowie der Internationale Pakt über bürgerliche und politische
Rechte von 1966 fest. Menschenrechtsverletzun-
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gen beruhen vor allem auf Defiziten im politischen Bereich. Sie müssen daher auf der politischen Ebene angesprochen werden, von hier
müssen die Impulse kommen.
Zugleich fordert die Allgemeine Erklärung der
Menschenrechte jeden Einzelnen sowie alle
Organe der Gesellschaft und damit auch die wirtschaftlichen Akteure auf, zu der Verwirklichung
dieses Ziels beizutragen. Deutsche Unternehmen fühlen sich dadurch aufgerufen, alle in der
Erklärung festgeschriebenen Menschenrechte zu
fördern und durch ihre Anwendung im Geschäftsverkehr zu ihrer Anerkennung und Verwirklichung
beizutragen. Mit eigenen Initiativen versuchen
multinationale Unternehmen zur Umsetzung der
Menschenrechte beizusteuern. Umgekehrt sollten Unternehmen in ihrem Wirkungskreis darauf
achten, dass von ihnen keine Menschenrechtsverletzungen mitzuverantworten sind. Auch für
die Wirtschaft ist die Einhaltung der Menschenrechte als Grundlage politischer Stabilität ein
wichtiges Anliegen. Denn die Einschränkung von
politischen und wirtschaftlichen Freiheiten beeinträchtigt in der Regel auch die Interessen der
international tätigen Unternehmen, beispielsweise durch die Einschränkung von Investitionsmöglichkeiten, von Freizügigkeit oder von Bildungsmöglichkeiten für Arbeitskräfte.
Kernarbeitsnormen
Die die konkreten Arbeitsbedingungen betreffende Dimension der Globalisierung wird von der
Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) behandelt. In der Erklärung über die grundlegenden
Prinzipien und Rechte bei der Arbeit von 1998
haben sich die Mitgliedstaaten der ILO ausdrücklich dazu verpflichtet, die Einhaltung der vier
Kernarbeitsnormen zu fördern und zu verwirklichen. Die Kernarbeitsnormen verlangen Vereinigungs- und Tariffreiheit, Beseitigung der Zwangsarbeit, tatsächliche Abschaffung der Kinderarbeit
und Verbot der Diskriminierung in Beschäftigung
und Beruf. Die Erklärung ist ein wichtiger Schritt
in Richtung auf die weltweite Durchsetzung dieser Prinzipien und ihre Einbeziehung in das wirtschaftliche und gesellschaftspolitische Handeln.
Die Umsetzung dieser Kernarbeitsnormen in den
Unternehmen wird durch die dreigliedrige ILOGrundsatzerklärung über multinationale Unternehmen und Sozialpolitik, die 2000 aktualisiert
wurde, gefördert. Auf dieser Basis bieten bereits
viele multinationale Unternehmen bei ihren Niederlassungen und Tochtergesellschaften in Entwicklungsländern Arbeitsbedingungen, die über
die jeweiligen nationalen oder lokalen Gepflogenheiten und Vorschriften hinausgehen. Dies wird
langfristig die Situation in diesen Ländern positiv
beeinflussen. Teilweise wirken sie sogar bei Vertragspartnern, Zulieferern und Lizenznehmern in
Entwicklungsländern auf entsprechende Regelungen hin. Die Auswirkung der Globalisierung
auf die grundlegenden Arbeitsnormen hängt
letztlich jedoch maßgeblich von der jeweiligen
Innenpolitik der Gastländer ab.
Globaler Umweltschutz
Auch im Bereich des Umweltschutzes verfestigt
sich der internationale Regelrahmen und stellt
somit konkrete Anforderungen und Erwartungen
an das unternehmerische Handeln. Eine besondere Rolle für die Lösung von grenzüberschreitenden Umweltproblemen spielen Multilaterale
Umweltabkommen (MEAs) unter dem Dach der
Vereinten Nationen und ihrer Sonderorganisationen. MEAs betreffen auch das umweltbezogene
Verhalten von Unternehmen, da sie in nationales
Recht oder in freiwillige Selbstverpflichtungen
transferiert werden. Wesentliche MEAs sind das
Montreal-Protokoll (1987) zu FCKW u. a., die
Basel-Konvention (1989) zur Entsorgung von
Sondermüll oder das Kioto-Protokoll (1997) zur
Reduktion von Treibhausgasemissionen. So hat
die Basel-Konvention eine strenge Kontrolle von
grenzüberschreitenden Transporten von Sonderabfällen verabschiedet, die durch eine internationale Haftungsregelung 1999 ergänzt wurde. Das
Kioto-Protokoll formuliert konkrete Ziele für die
Reduktion der internationalen Treibhausgasemissionen, welches die deutsche Wirtschaft
dazu veranlasste, die in der Selbstverpflichtung
zur Reduktion der Treibhausgasemissionen definierten Zeit- und Mengenziele zu verschärfen.
Der Einfluss von MEAs auf das unternehmerische Handeln entsteht vor allem durch ihre
Anwendung in den jeweiligen Unterzeichnerstaaten. Die Praxis zeigt, dass die Umsetzung der
MEA-Ziele in Deutschland durch freiwillige
Selbstverpflichtungen sehr erfolgreich möglich ist
und dadurch zudem internationale Wettbewerbsverzerrungen aufgrund unterschiedlicher
Geschwindigkeiten der MEA-Umsetzung reduziert werden können. Gleichzeitig verwenden
Unternehmen die MEA-Ziele als internationalen
Handlungsmaßstab und beachten diese auch bei
ihren Auslandsinvestitionen.
Nachhaltige Entwicklung
Das Prinzip der Nachhaltigkeit bedeutet den Ausgleich und die Integration ökonomischer, ökologischer und sozialer Ziele auch unter den Bedingungen globaler Verantwortung und der Vorsorge
für nachfolgende Generationen. Politisch festgehalten wurden die Ziele der Nachhaltigkeit in der
Agenda 21, die 1992 auf der UN-Konferenz für
Umwelt und Entwicklung in Rio verabschiedet
wurde, sowie in dem 2002 auf dem Weltgipfel für
nachhaltige Entwicklung beschlossenen Aktionsplan von Johannesburg. Diese Wegweiser der
nachhaltigen Entwicklung von Industrie- und Entwicklungsländern für das 21. Jahrhundert wurden
von der internationalen Staatengemeinschaft
verabschiedet und sollen als Basis für die Politik
der Mitgliedsstaaten dienen. In diesen Dokumenten werden Staat, Gesellschaft und Wirtschaft als
die Akteure für nachhaltige Entwicklung angesehen. Jedem Akteur wird eine konkrete Aufgabe
und Verantwortung zugeschrieben, mit der er der
Nachhaltigkeit dienen soll. Beispielsweise sollen
Regierungen optimale Rahmenbedingungen
schaffen, unter denen die Effizienz von Produktionsprozessen verbessert oder nachhaltige Konsumgewohnheiten entwickelt werden können.
„Wir sind uns einig, dass große wie kleine
Unternehmen der Privatwirtschaft im Rahmen
ihrer legitimen Geschäftstätigkeit verpflichtet
sind, zur Entwicklung gerechter und bestandfähiger Gemeinwesen und Gesellschaften
beizutragen.“
(Politische Erklärung vom Johannesburg)
Die Agenda 21 und vor allem der Aktionsplan von
Johannesburg betonen aber auch die Verantwortung der Privatwirtschaft für nachhaltige Entwicklung. Unternehmen sollen bei ihren Aktivitäten im
In- und Ausland dafür Sorge tragen, dass z. B.
gute Arbeitsbedingungen (im Sinne der ILO-
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„Oberste Prämisse für die Wahrnehmung von
Eigenverantwortung zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung seitens der deutschen
Wirtschaft ist ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit.“
(Dr. Udo Oels, Bayer AG bei der Eröffnung
des „German Business Day“ im Rahmen des
WSSD, Johannesburg, 2002)
Kernarbeitsnormen) vorherrschen und umweltschonend agiert wird. Dieser unternehmerische
Teil der Verantwortung für nachhaltige Entwicklung wird in dem Aktionsplan von Johannesburg
u. a. dahingehend spezifiziert, dass Unternehmen im Sinne einer Corporate Social Responsibility (CSR) handeln sollen. Diese CSR soll durch
entsprechende Managementsysteme wahrgenommen und durch Berichterstattung transparent
gemacht werden.
Multinationale Unternehmen
übernehmen Verantwortung
Deutsche Unternehmen stellen sich weltweit den
an sie gestellten Herausforderungen und übernehmen Verantwortung für ihr Handeln. Die
Unternehmen tun dies freiwillig, da sie ein Eigeninteresse an funktionierenden Gemeinwesen und
„Die Weltorganisation freut sich drauf, eine
an guter Zusammenarbeit mit lokalen Autoritäten
noch engere Partnerschaft mit der Industrie
haben, beispielsweise im Kampf gegen die
aufzubauen und mit ihr zusammen die Ziele
Armut. Sie treiben in ihrem Wirkungskreis eine
zu erreichen, für die wir uns alle einsetzen:
nachhaltige Entwicklung voran und bemühen
Frieden und Wohlstand.“
sich gemeinsam mit der Politik um stabile Rahmenbedingungen. Doch das Engagement der
(Kofi Annan, UN Generalsekretär)
Unternehmen muss immer in den wirtschaftlichen
Kontext passen und die Kultur und Tradition des
jeweiligen Landes berücksichtigen. Es geht also
darum, innovative Lösungen
für die regionalen oder lokaWege zur Wahrnehmung unternehmerischer Verlen Ausprägungen bestimmter
antwortung sollten innerhalb des Unternehmens
Probleme zu finden. Goodgefunden werden
Practice-Beispiele erweisen
Das Engagement des Unternehmens muss in den wirtschaftlisich hierbei als beste Lösung.
chen Kontext passen und die Kultur und Tradition des jeweiligen
Sie haben Vorbildfunktion,
Landes berücksichtigen. Grundsätzlich muss es den Unternehindem sie zeigen, dass vermen selbst überlassen bleiben, ob und wie sie ihre Prinzipien in
antwortliches unternehmeriinternen Kodizes festschreiben bzw. mit Hilfe von Managementsches Handeln zu Wettbesystemen umsetzen. Jedes Unternehmen sollte sich mit diesem
werbsvorteilen führen kann
Thema auseinandersetzen.
und regen so andere Unternehmen zur Nachahmung an.
Wichtige Beispiele für Good-Practice-Plattformen
von weltweiter Bedeutung sind die Corporate Citizenship-Initiative des WEF und des WBCSD
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sowie der Global Compact, der 1999 von UNGeneralsekretär Kofi Annan initiiert wurde. Sie
dienen dem beiderseitigen Nutzen der Teilnehmer: Unternehmen profitieren von der übergreifenden Expertise und den Erfahrungen, während
sie ihren betriebswirtschaftlichen Sachverstand
beisteuern.
Insbesondere der Global Compact hat sich zum
Ziel gesetzt, einen weltweiten Beitrag zu nachhaltigem Wachstum und zu vorbildlichem Handeln
von Seiten der Unternehmen zu leisten. Zugleich
ist der Global Compact ein Versuch, Unternehmen auf freiwilliger Basis in die Umsetzung internationaler Rechtsnormen einzubinden. Er basiert
auf der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, den ILO-Kernarbeitsnormen sowie der
Agenda 21. Die insgesamt neun Grundprinzipien
fordern die beteiligten Unternehmen auf, sich bei
ihren weltweiten Aktivitäten verstärkt für die
Berücksichtigung der Kernwerte im Bereich der
Menschenrechte, Arbeitsrechte und Umweltstandards einzusetzen. Unternehmen sollen sich
nach diesen allgemein anerkannten Normen richten und so Vertrauen in die Strukturen der Weltwirtschaft schaffen. Seit ihrer Gründung durch
UN-Generalsekretär Kofi Annan sind der Initiative
weltweit bereits mehr als 1000 Unternehmen beigetreten. Allerdings ist der Beitritt zum Global
Compact nicht Voraussetzung für verantwortungsvolles Handeln der Unternehmen, sondern
nur ein mögliches Ergebnis.
Unternehmenskodizes
Auf Unternehmensebene haben viele international aktive Unternehmen ihre eigenen Kodizes
ausgearbeitet, deren Umsetzung die angemessene Berücksichtigung ökologischer und sozialer
Aspekte bei ihren nationalen und internationalen
Aktivitäten gewährleisten soll. Eine Überwachung
der Einhaltung der Kodizes erfolgt überwiegend
unternehmensintern. Hierfür wird vielfach ein
umfassendes Berichts- und Kontrollsystem aufgebaut. Dabei können Verstöße gegen die Regelungen und Richtlinien des Unternehmens bis zu
Disziplinarmaßnahmen und Beendigungen von
Beschäftigungsverhältnissen führen. Verständli-
cherweise haben sich zunächst einmal große,
global arbeitende Unternehmen dem Thema
Kodizes zugewendet. Doch auch mittlere und
kleinere Unternehmen haben inzwischen die Notwendigkeit erkannt, im Rahmen ihres Risikomanagements solche Werte- und Umsetzungsprogramme zu entwickeln. Derartige Programme
können bei kleineren Unternehmen einfacher,
weniger komplex und weniger formell sein. Aber
jedes Unternehmen, das mit Auslandstöchtern
auf dem internationalen Markt tätig ist, sollte sich
– unabhängig von seiner Größe – mit diesem
Thema auseinandersetzen.
Reduzierung von spezifischen Treibhausgasemissionen verfolgt, oder die Verpflichtung der
Chemischen Industrie zur stufenweisen Einstellung der Produktion von FCKW.
Der Erfolg von freiwilligen Initiativen hängt jedoch
immer von den staatlichen Rahmenbedingungen
ab. Darauf weist auch eine OECD-Studie zur Wirkung freiwilliger Selbstverpflichtungen hin. Freiwillige Initiativen der Wirtschaft können nur dann
gut funktionieren, wenn die Politik ebenfalls ihrer
Verantwortung gerecht wird.
Zulieferkette
Selbstverpflichtungen
Freiwillige Selbstverpflichtungen bzw. vereinbarungen nehmen ergänzend zu rechtlichen Regelungen und fiskalischen Instrumenten eine zentrale Rolle ein. Durch kooperatives Handeln
übernehmen die Wirtschaft als Ganzes oder einzelne Branchen Verantwortung für eine nachhaltige Entwicklung. Schwerpunkt für die Anwendung von Selbstverpflichtungen bildet der
vorsorgende Umwelt-, Verbraucher- und
Gesundheitsschutz, insbesondere dort, wo Ordnungsrecht nicht oder nur begrenzt einsetzbar ist.
Freiwillige Selbstverpflichtungen genießen eine
große Akzeptanz bei den Unternehmen: Sie sind
sehr flexibel, da nur Ziele und keine Wege vorgegeben werden und sie lösen damit spezifische
Branchenprobleme nicht nur effizienter, sondern
zum Teil auch schneller. Zudem können, statt
zusätzlichen Verwaltungsaufwand zu schaffen,
zur Umsetzung Marktkräfte genutzt werden, da
Selbstverpflichtungen auf dem Prinzip der Eigenverantwortung beruhen. Die Erarbeitung und
Umsetzung erfolgt häufig mit Hilfe von Unternehmen, Verbänden und Gewerkschaften, wodurch
Konsens und Erfahrungsaustausch gewährleistet
sind.
Seit über 20 Jahren haben sich in Deutschland
Selbstverpflichtungen, insbesondere im Umweltbereich, zu einem politisch bedeutsamen und
wirtschaftlich effizienten Instrument etabliert. Prominente Beispiele hiefür sind die Klimaschutzerklärung der deutschen Wirtschaft, die eine
Unternehmen übernehmen Verantwortung in
ihrem geschäftlichen und gesellschaftlichen
Umfeld. Dies gilt auch für die Zulieferkette. Unternehmen arbeiten zusammen mit ihrer Zulieferkette an der Förderung von Grundsätzen unternehmerischer Verantwortung. Starke langfristige
Beziehungen mit diesen Geschäftspartnern helfen bei der Entwicklung nachhaltiger Managementpraktiken. Allerdings ist die Einflussnahme
der Unternehmen auf die Zulieferkette durch eine
Reihe praktischer Probleme beschränkt. Denn
die Möglichkeiten eines Unternehmens, Grundsätze unternehmerischer Verantwortung auch
über den eigenen Betrieb hinaus zu fördern, hängen von der Industrie, in der es tätig ist, der
Anzahl der Zulieferer, der Struktur und Komplexität der Zulieferkette und der Marktposition des
Unternehmens ab. Oftmals ist es weder ökonomisch noch logistisch machbar, alle Zulieferer
„Unsere Ideen, Technologien und unser Handeln dienen den Menschen, der Gesellschaft
und der Umwelt. Integrität bestimmt den
Umgang mit unseren Mitarbeitern, Geschäftspartnern und Aktionären. Die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter sind die Quelle unseres
Erfolgs. Wir arbeiten in einem weltweiten
Netzwerk des Wissens und des Lernens
zusammen. Unsere Unternehmenskultur ist
geprägt von der Vielfalt der Menschen und
Kulturen, von offenem Dialog, gegenseitigem
Respekt, klaren Zielen und entschlossener
Führung.“
(Auszug Siemens Leitbild)
Unternehmerische Verantwortung
bleibt auf den jeweiligen Wirkungskreis beschränkt
Unternehmen prägen ihr Umfeld und übernehmen entsprechend Verantwortung für die
gesellschaftliche Entwicklung und die Umsetzung gesellschaftlicher Ziele. Starke langfristige Beziehungen mit den Zulieferern helfen,
dieses Verantwortungsbewusstsein auch
außerhalb des Unternehmens zu verankern.
Eine Kontrolle aller Zulieferer und Unterauftragnehmer ist aber in der Regel weder ökonomisch noch logistisch möglich.
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„Die Unternehmen sollten der erklärten Politik
der Länder, in denen sie tätig sind, voll Rechnung tragen und auch die Meinungen der
anderen Unternehmensbeteiligten in Betracht
ziehen. Die Unternehmen sollten in dieser
Hinsicht [...] ihre Geschäftspartner, einschließlich Zulieferfirmen und Unterauftragnehmer, wo praktikabel, zur Anwendung von
Grundsätzen der Unternehmensführung
ermutigen, die im Einklang mit den OECDLeitsätzen für multinationale Unternehmen
stehen.“
(Auszug aus den OECD-Leitsätzen für Multinationale Unternehmen)
und Unterauftragnehmer zu kontrollieren. Die
gewählten Wege sind daher genauso vielfältig
wie die Herausforderungen, vor denen die Unternehmen im Einzelfall stehen. Folglich kann die
Zusammenarbeit auch hier nur auf freiwilliger
Basis erfolgen. Oberste Prämisse bleibt die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Nur wettbewerbsfähige Unternehmen können sich in ihrer Zulieferkette Vereinbarungen zur
Umsetzung höherer Sozial- und Umweltstandards leisten.
Politische Initiativen zur Förderung und Flankierung unternehmerischer Verantwortung
Leitlinien
Ein nützliches Instrument, mit dem Regierungen
und internationale Organisationen ihre Erwartungen an multinationale Unternehmen formulieren
und einen Rahmen für verantwortungsbewusstes
Handeln abstecken, sind Leitlinien. In ihrer
geschäftlichen Praxis orientieren sich die Unternehmen vielfach daran. Sie verwenden diese beispielsweise bei der Erstellung eigener Unternehmenskodizes. Mit der Orientierung an
international anerkannten Leitlinien tragen die
Unternehmen dazu bei, teilweise bestehende
Befürchtungen und Vorbehalte gegen ihre Auslandsaktivitäten abzubauen und das Vertrauen
zwischen ihnen und der Bevölkerung in den
jeweiligen Ländern zu festigen. Damit leisten sie
einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung des
Investitionsklimas in Transformations- und Entwicklungsländern.
Leitlinien sind ein Orientierungsrahmen für
Benchmarks und Best Practices. Die Umsetzung
muss freiwillig bleiben, eine Verknüpfung mit Förderinstrumenten, wie z. B. Exportkreditversicherungen ist abzulehnen. Es muss gewährleistet
sein, dass die Förderung der Anwendung von
Leitlinien mit Augenmaß betrieben wird und bei
der Behandlung von Problemfällen stets entsprechend den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit
und Praxisorientiertheit verfahren wird. Ansons-
Orientierung geben statt Vorschriften erlassen
Good-Practice-Beispiele, externe Kodizes,
Leitlinien oder Standards können den Unternehmen eine Orientierung geben, um interne
Prinzipien zu formulieren und Managementsysteme zu errichten. Welchen der zahlreichen Empfehlungen in welchem Umfang
gefolgt werden soll, müssen die Unternehmen fallspezifisch entscheiden können. Zum
Teil entstehen durch zusätzliche Verpflichtungen nur zusätzliche Kosten, ohne die konkreten Beiträge der Unternehmen für eine nachhaltige Entwicklung zu verbessern.
ten erzeugen Leitlinien für multinationale Unternehmen lediglich mehr Bürokratie ohne praktischen Nutzen im Vergleich zu internen Kodizes
oder freiwilligen Selbstverpflichtungen. Vielmehr
bleiben Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung durch die Verabschiedung neuer, die Wettbewerbsfähigkeit erschwerende Leitlinien und
die permanente Steigerung der Bürokratie auf
der Strecke. Dies widerspricht der Vorstellung,
dass die wirtschaftliche Entwicklung eine gleichwertige Säule der Nachhaltigkeit ist.
Leitlinien sind ein Orientierungsrahmen für
Benchmarks und Best Practices. Die Umsetzung
muss freiwillig bleiben, eine Verknüpfung mit Förderinstrumenten, wie z. B. Exportkreditversicherungen ist abzulehnen. Es muss gewährleistet
sein, dass die Förderung der Anwendung von
Leitlinien mit Augenmaß betrieben wird und bei
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der Behandlung von Problemfällen stets entsprechend den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit
und Praxisorientiertheit verfahren wird. Ansonsten erzeugen Leitlinien für multinationale Unternehmen lediglich mehr Bürokratie ohne praktischen Nutzen im Vergleich zu internen Kodizes
oder freiwilligen Selbstverpflichtungen. Vielmehr
bleiben Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung durch die Verabschiedung neuer, die Wettbewerbsfähigkeit erschwerende Leitlinien und
die permanente Steigerung der Bürokratie auf
der Strecke. Dies widerspricht der Vorstellung,
dass die wirtschaftliche Entwicklung eine gleichwertige Säule der Nachhaltigkeit ist.
Beispiel: OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen
Das umfassendste Beispiel für einen solchen auf
multilateraler Ebene abgestimmten Orientierungsrahmen für verantwortungsbewusstes
unternehmerisches Verhalten sind die OECDLeitsätze für multinationale Unternehmen. Diese
richten sich an alle im Ausland aktiven Unternehmen und deren Tochtergesellschaften. Die Leitsätze sollen ausdrücklich nicht als Ersatz für
nationales Recht dienen. Vielmehr fordern sie die
Unternehmen auf, freiwillig zur wirtschaftlichen,
sozialen und ökologischen Entwicklung der
jeweiligen Gastländer beizutragen.
Besonderen Status erhalten die Leitsätze
dadurch, dass sich die Regierungen von 36
Industrieländern, aus denen gut 90 % der grenzüberschreitenden Direktinvestitionen stammen,
zu ihrer Förderung verpflichtet und nationale
Kontaktstellen zur Kontrolle der eingegangenen
Verpflichtungen eingerichtet haben. In Deutschland ist die nationale Kontaktsstelle beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit im Referat Auslandsinvestitionen angesiedelt. Die
Gesellschaft zur Förderung von Auslandinvestitionen empfiehlt den deutschen Unternehmen,
sich bei ihrem Auslandsengagement an den
OECD-Leitsätzen zu orientieren, um die ökologische und soziale Entwicklung ihrer Gastländer
zusätzlich zu fördern.
Standards
Die von nationalen oder internationalen Normungsorganisationen (z. B. DIN oder ISO) erarbeiteten Standards sind ein tragendes Element
der industrialisierten Gesellschaft, da sie der Allgemeinheit Informationen über technische Sachverhalte zur Verfügung stellen. Standards geben
Auskunft über die Qualität von Produkten und
Dienstleistungen und helfen bei der technischpraktischen Umsetzung rechtlicher Pflichten.
Unter bestimmten Bedingungen können Standards auch genutzt werden, um unternehmerische Verantwortung im Management zu integrieren. Mit der weitgehend akzeptierten Familie der
ISO 9000-Qualitätsstandards und der ISO
14001-Umweltmanagementstandards stehen für
die ökologischen Aspekte unternehmerischer
Verantwortung umfangreiche Managementsysteme zur Verfügung. Ihre Anwendung bietet den
Unternehmen einen Orientierungsrahmen bei
Umwelt-, Gesundheits- und Verbraucherschutz.
Insbesondere im internationalen Kontext hat sich
ihre Durchsetzung allerdings nur in Einzelfällen
als sinnvoll erwiesen.
„Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen bilden den Orientierungsrahmen für
die globalen Aktivitäten von Volkswagen.“
(Volkswagen Umweltbericht 2003 / 2004)
Die Kapitel der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen
– Allgemeine Grundsätze
u.a. Respekt der Menschenrechte
– Offenlegung von Informationen
u. a. Informationen über Tätigkeit, Struktur, Finanzlage, Geschäftsergebnisse
– Beschäftigung/Sozialpartner
u.a. Vertretung durch Gewerkschaften; Beseitigung von Kinder- und Zwangsarbeit
– Umwelt
u.a. Einrichtung eines Umweltmanagementsystems; Schulung der Mitarbeiter
– Bekämpfung der Korruption
u.a. keine Zahlungen an Amtsträger und an Arbeitnehmer von Geschäftspartnern
– Konsumenten
u.a. Sicherstellen der Produktesicherheit, Behandlung von Beschwerden
– Wissenschaft und Technologie
u.a. Förderung von Know-how-Transfers
– Wettbewerb
u.a. keine wettbewerbswidrigen Absprachen
– Besteuerung
u.a. pünktliche Zahlung von Steuerschulden
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Unternehmerische Verantwortung
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Engagement der Unternehmen
kann Verantwortung der Politik
ergänzen, nicht ersetzen
Die Politik ist aufgefordert, weltweit einen
ordnungspolitischen Rahmen zu schaffen,
der die Grundlage für unternehmerisches
Handeln bietet und so den Unternehmen
Raum für freiwilliges Engagement öffnet.
Hierzu gehört auch die effektive Durchsetzung der Menschenrechte sowie grundlegender Sozial- und Umweltstandards. Dabei gilt
der Grundsatz der Subsidiarität, da so den
Gegebenheiten vor Ort am besten Rechnung
getragen werden kann. Bei Maßnahmen, die
Unternehmen aus eigener Verantwortung zur
Erreichung dieser und darüber hinausgehender Ziele ergreifen, ist das Ergebnis entscheidend und nicht der Weg dorthin. Rechtlich
fixierte Standards, die einzelne Elemente
unternehmerischer Verantwortung vorgeben,
werden daher abgelehnt. Die Politik sollte
sich vielmehr auf die Definition von Zielen
beschränken.
„CSR hat klare Bezüge zum Binnenmarkt, die
nach mehr Vereinheitlichung, Transparenz
und Glaubwürdigkeit der CSR-Instrumente
verlangen. In dem Maße, wie CSR sich von
einem Nischenthema zu einem allgemeinen
Ansatz für besseres Unternehmensmanagement entwickelt, brauchen wir auch entsprechende Spielregeln. Dies sollte jedoch nicht
überraschen, da die Unternehmen selbst
Spielregeln verlangen.“
(Anna Diamantopoulou, Kommissarin für
Arbeit und Soziales, Rede im Rahmen der
CSR-Konferenz der italienischen Ratspräsidentschaft, Venedig 14. November 2003)
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Da Standards für technische Bereiche konzipiert
sind, ist ihre Entwicklung nicht für alle Bereiche
unternehmerischer Verantwortung zielführend.
Soziales Engagement ist ein Kerngebiet unternehmerischer Entscheidungen und guter Führung, das sich im Gegensatz zu etablierten
Managementstandards im Bereich des Qualitätsund Umweltschutzes nur in sehr geringem
Umfang anhand formaler Aspekte wie Zahlen und
Prozesskonformität überprüfen lässt. Standards
wären hier entweder zu generell gehalten oder zu
komplex, um von ihren Nutzern angewendet zu
werden.
Um erfolgreich zu sein, benötigt ein Standard
präzise und gut abgestimmte Inhalte. Allein den
Umfang einer allgemeinen Standardisierung
unternehmerischer Verantwortung zu bestimmen
ist unmöglich. Allgemein gültige Grundsätze
unternehmerischer Verantwortung müssten auf
Werten begründet sein. Die Interpretation dieser
Wertvorstellungen ist zwischen den Nationen und
Unternehmerische Verantwortung
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Kulturen durchaus unterschiedlich. Gerade im
Bereich der Sozialpolitik sind kulturelle Unterschiede besonders bedeutend. Zudem birgt die
Vereinheitlichung unternehmerischer Verantwortung durch Standards die Gefahr, dass Unternehmen in ein „Korsett“ gezwängt werden, wodurch
maßgeschneiderte, branchenspezifische und
besonders effiziente Lösungen an Bedeutung
verlieren. Weltweite Standards kämen vielleicht
den Interessen von Industrieländern zugute, würden Entwicklungsländern aber die Chancen nehmen, die Globalisierung gleichberechtigt zur wirtschaftlichen Entwicklung zu nutzen.
Die Vielzahl bestehender Initiativen von Unternehmen zeigt außerdem, dass Standards für die
Übernahme unternehmerischer Verantwortung
überflüssig sind. Unternehmen mit guter Führung
sind sich der Notwendigkeit sozialer und umweltbewusster Verantwortung sowie gesellschaftlichen Engagements für nachhaltigen Erfolg
bewusst. Nach dieser Philosophie geführte
Unternehmen sind im Allgemeinen erfolgreicher.
Die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung
findet also im Wettbewerb statt.
CSR-Bestrebungen der Europäischen
Kommission
Auf europäischer Ebene wurde Corporate Social
Responsibility zu einem politischen Gestaltungsfeld, seitdem die Europäische Kommission im Juli
2001 ein Grünbuch mit dem Titel „Europäische
Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen“ verabschiedet hat. Darin
definiert die Kommission den Begriff CSR und
gestaltet ihn mit konkreten Maßnahmen aus. Das
Konzept CSR soll laut Grünbuch den Unternehmen als Grundlage dienen, soziale und ökologische Belange auf freiwilliger Basis in ihre Tätigkeiten und in die Wechselbeziehungen mit den
Stakeholdern zu integrieren. Das Grünbuch eröffnete unter anderem die Diskussion, wie es
erreicht werden kann, dass alle am Unternehmen
beteiligten Gruppen in einen strukturierten Dialog
treten können. Konkrete Vorschläge darauf hat
die Europäische Kommission ein Jahr später in
ihrer entsprechenden Mitteilung „Zur sozialen
Verantwortung der Unternehmen: Ein Unternehmensbeitrag zur nachhaltigen Entwicklung“
gemacht. Auf Grundlage dieser Vorschläge
wurde Ende 2002 das Europäische Multistakeholder-Forum etabliert, welches den Dialog zwischen Unternehmen und Stakeholdern erleichtern soll und über die zukünftige Rolle und
Aufgaben der „relevanten Akteure“ diskutiert. Im
Sommer 2004 sollen die Ergebnisse des Forums
in einem Bericht präsentiert werden. Noch ist
offen, was Ziel dieses Prozesses sein soll. Komplexität und Vielfalt der diskutierten Unternehmensbeispiele haben gezeigt, dass die Entwicklung einheitlicher CSR-Leitlinien, wie sie der
Kommission sowie vielen Gewerkschaften und
NGOs vorschweben, nicht sinnvoll ist.
Klar ist: Eine europäische Initiative muss die globale Dimension der heutigen Wirtschaftsverflechtungen berücksichtigen. Wenn aber, wie es das
Grünbuch betont, CSR zur Verwirklichung der
Lissabon-Strategie beitragen soll, dann muss
das Konzept die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen fördern, statt sie zu beeinträchtigen. Mit
zusätzlicher Regulierung kann das nicht gelingen.
Marktwirtschaftliche Impulse
für eine nachhaltige
Entwicklung
Glaubwürdigkeit ist wichtig
Um die Glaubwürdigkeit ihres Engagements zu
stärken, müssen Unternehmen daher mehr und
mehr in der Lage sein, die Auswirkungen ihrer
Tätigkeit auf Umwelt, Gesellschaft und Mitarbeiter umfassend im Rahmen ihrer Managementverfahren zu berücksichtigen und über diese in einer
sachgerechten und transparenten Form zu kommunizieren. Das hierfür geeignete Instrumentarium ist jedoch sehr stark vom Einzelfall abhängig
und kann daher nicht starr vorgegeben werden.
Transparenz kann durch verschiedene Monitoringverfahren gewährleistet werden. Diese sind
allerdings nur bei maßgeschneiderten, unternehmens- oder branchenspezifischen Lösungen effizient. Denn: Je stärker das Monitoring vereinheit-
licht wird, desto größeres Gewicht gewinnen
quantitative Kriterien. Qualitative Kriterien, welche insbesondere im Sozialbereich von Bedeutung sind, verlieren dagegen an Gewicht. Eine
effiziente Erfolgskontrolle erfolgt in der Regel
über internes Monitoring. Einige Unternehmen
ziehen aber auch eine externe Kontrolle oder
Zertifizierung vor.
Zertifizierungssysteme führen aber nicht zwangsläufig zu einem Zuwachs an Glaubwürdigkeit und
bergen zudem die Gefahr, dass die mechanische
Abfrage zentral definierter Kriterien und das Vorliegen bürokratischer Verfahren in den Mittelpunkt der entsprechenden unternehmensinternen Aktivitäten tritt. Die bisherigen Erfahrungen
zeigen vielmehr, dass interne Spielregeln stark
genug sind, die Einhaltung der Ziele zu bewirken.
Im Lebensmittel- und Textilsektor haben sich
Gütesiegel (zum Beispiel das „TransFair“-Siegel
für Kaffee, Tee oder Kakao und das „Rugmark“Siegel für Teppiche) etabliert. Sie geben den
Konsumenten Aufschluss über die Produktionsbedingungen. Große Unterschiede bestehen
allerdings hinsichtlich Zertifizierung, Vergabe,
Verwendung, arbeitspolitischem Regelungsinhalt, Transparenz, Finanzierung und Überwachung. Denn auch hier gilt: Individuelle Probleme
erfordern individuelle Lösungen.
„Lasst uns die Kraft des Marktes mit der Autorität von allgemeingültigen Idealen vereinigen. Lasst uns die kreativen Kräfte privater
Unternehmer mit den Bedürfnissen der
Benachteiligten und der künftigen Generationen verbinden. Lasst uns sicherstellen, dass
der Wohlstand die Armen erreicht. Lasst uns
einen aufgeklärten Weg zu unserem höchsten gemeinsamen Ziel wählen: Ein globaler
Marktplatz, der für alle offen ist und jeden
begünstigt.“
(Kofi Annan, UN Generalsekretär)
Wachsende Bedeutung der öffentlichen
Meinung
Multinationale Unternehmen stehen wegen ihrer
Finanzkraft, des Umsatzvolumens, der Mitarbei-
Unternehmerische Verantwortung
muss glaubwürdig sein
Es bestehen zahlreiche Möglichkeiten, verantwortungsbewusstes Handeln glaubwürdig
zu kommunizieren. In Einzelfällen können
Monitoringverfahren und Zertifizierungssysteme Transparenz schaffen und so die
Glaubwürdigkeit des unternehmerischen
Engagements verbessern. Dies ist aber nicht
zwangsläufig der Fall.
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Unternehmerische Verantwortung
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terzahl und ihrer weltweiten Präsenz unter einer
besonders kritischen Beobachtung von Politik
und Öffentlichkeit. Zahlreiche Politiker beklagen
einen schwindenden Einfluss auf die Aktivitäten
multinationaler Unternehmen. NGOs werfen den
Unternehmen häufig mangelndes Verständnis
und Engagement für die ökologischen und sozialen Belange vor Ort vor, insbesondere in Entwicklungs- und Schwellenländern. Vielfach steht der –
zumeist unbegründete – Vorwurf im Raum, sie
würden vor allem ins Ausland gehen, um die
hohen Sozial-, Arbeits- und Umweltstandards in
der Heimat zu unterlaufen. Oftmals wird dabei
vergessen, dass Entwicklungsländer ihrerseits
auf ausländisches Kapital angewiesen sind.
Skepsis und Besorgnis in der Bevölkerung werden zusätzlich durch eine diffuse und zunehmende Angst vor der Globalisierung verstärkt. Gleichzeitig sorgen neue, global vernetzte
Kommunikationstechnologien für eine immer
raschere Verbreitung von Informationen, auch
über soziale und ökologische Missstände.
„Ich glaube überhaupt nicht daran, dass man
die globalen Probleme auch global lösen
kann. Auch die Natur löst globale Probleme,
indem sie lokal etwas verändert, auf eine solche Art und Weise, die allmählich in größere
Dimensionen hereinwächst.“
(Hans-Peter Dürr, dt. Physiker, 1987 alternativer Nobelpreis)
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Die internationalen Aktivitäten eines Unternehmens rücken also immer stärker ins Blickfeld der
Öffentlichkeit und prägen damit das Image des
Unternehmens. Dies ist von großer Bedeutung,
da der ökonomische Erfolg insbesondere im Konsumgüterbereich zunehmend auch von der
Reputation des Unternehmens abhängt. Beispielsweise wird in Deutschland bei 87% der
Unternehmen das Image evaluiert. Gut die Hälfte
der Unternehmenslenker sieht einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Image und
Umsatz. Verändertes Konsumverhalten und die
Globalisierung der Märkte und Wertschöpfungsketten rücken unternehmerische Verantwortung
auch unter diesem Aspekt in den Vordergrund.
Von multinationalen Unternehmen wird daher
mehr und mehr erwartet, dass sie offen legen,
unter welchen Umwelt- und Arbeitsbedingungen
sie ihre Produkte im Ausland herstellen. Transparenz kann die Reputation eines Unternehmens
also deutlich erhöhen. Zudem kann ökologisch
und sozial verantwortungsvolles Handeln der
Unternehmen die Chancen für Produkte auf dem
Weltmarkt verbessern: die Motivation der Mitar-
Unternehmerische Verantwortung
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beiter, die Qualität des Produktes, die Bereitschaft der Investoren, all diese Gesichtpunkte
werden dadurch positiv beeinflusst. Ein sozialverträgliches Handeln und eine ökoeffiziente Produktion können also auch handfeste wirtschaftliche Vorteile für Unternehmen bieten.
Nachhaltiges Investment
berücksichtigen
Auch bestimmte Anlegergruppen an den Börsen
legen zunehmend Wert auf Unternehmen, die
neben dem reinen Shareholder-Value auch auf
soziale und ökologische Belange achten, um das
Investment langfristig erfolgreich und tragfähig zu
machen. Vielfach sind Unternehmen, die sich
einer nachhaltigen Entwicklung verpflichten, sehr
innovativ und verfügen über ein besseres Risikomanagement als ihre Wettbewerber. Inzwischen
gibt es eine Reihe von Indizes, die aus verschiedenen Branchen diejenigen Unternehmen auswählen, die besonders sparsam mit Ressourcen
umgehen, ethische Grundsätze einhalten und
besonders sozial verantwortlich mit ihren Mitarbeitern umgehen. Hierzu gehören die Dow Jones
Sustainability-Indizes und die FTSE4Good-Serie.
Der politische Einfluss dieser Ratings ist nicht
unerheblich, auch wenn der messbare Einfluss
auf den weltweiten Kapitalmärkten noch gering
ist.
Flexibilität und Freiwilligkeit
sind die Erfolgsfaktoren
unternehmerischer
Verantwortung
Unternehmerische Verantwortung hat viele
Facetten. Es handelt sich um einen dynamischen
Prozess, der von den vorliegenden Marktbedingungen, der jeweiligen Umgebung sowie kulturellen und historischen Aspekten beeinflusst wird.
Nachhaltige Strategien werden im Unternehmen
unter Beteiligung der jeweiligen Stakeholder und
unter Berücksichtigung spezifischer Umstände
entwickelt. Nur so können sie zu einem Herzstück der Unternehmensaktivität werden. Auch
ohne Rechtsverbindlichkeit sind Unternehmen
aus Gründen der Reputation und Glaubwürdigkeit an ihre Zusagen gebunden. Ihre Verhaltens-
kodizes und Selbstverpflichtungen stellen zudem
eine Benchmark dar, an denen ihr Engagement
gemessen wird. Die Vielfalt der Ansätze solcher
Aktivitäten hat einen weiteren Vorteil: Sie sollte
zu einem Wettbewerb der nachhaltigsten Unternehmenspraktiken und damit zu einer ständigen
Verbesserung der jeweiligen Strategien führen.
Ein „One-size-fits-all“-Ansatz verhindert dagegen
eine effiziente Umsetzung unternehmerischer
Verantwortung.
Wenn überhaupt politische Vorgaben für nötig
erachtet werden, dann sind Leitlinien das überlegene Instrument. Das Erfolgsrezept von Leitlinien
ist, dass sich die Unternehmen an ihnen auf freiwilliger Basis orientieren können. Sie lassen den
Unternehmen Raum für die notwendige Flexibilität in der unternehmerischen Praxis. Für Unternehmen, die in einer Welt mit völlig unterschiedlichen kulturellen, wirtschaftlichen und rechtlichen
Voraussetzungen agieren, ist dies unentbehrlich.
Bei der Diskussion darüber, welche konkreten
Vorgaben Unternehmen bezüglich ihres Verhaltens im Ausland gemacht werden können, muss
ebenso berücksichtigt werden, dass mittlerweile
nicht mehr nur die großen multinationalen Unternehmen, sondern vielfach auch Mittelständler
Auslandsinvestoren sind. Die Anforderungen
müssen auch ihnen gerecht werden und dürfen
keinen übermäßigen Aufwand verursachen. Freiwilligkeit und der Verzicht auf Standardisierung
bietet den Unternehmen vielmehr die Möglichkeit, geeignete unternehmens- oder branchenspezifische Ansätze und Modelle der unternehmerischen Verantwortung zu entwickeln.
Dadurch steigt letztlich auch die Akzeptanz des
gewählten Instruments – nicht nur bei den Unternehmen, sondern auch bei den Staaten.
werden mittlerweile explizit mit entwicklungs-,
sozial- und umweltpolitischen Anforderungen
verknüpft: Forderungen, von denen einige vor
rund 15 Jahren noch nicht einmal innerhalb der
meisten OECD-Staaten umgesetzt waren. Je
verbindlicher solche Regeln sind, desto stärker
greifen sie in die nationale Souveränität der Gastländer ein. Gerade in Entwicklungsländern hinterlassen solche Anforderungen daher nicht selten den Eindruck von Post-Kolonialismus.
Dagegen fördern freiwillige Unternehmenskodizes die für Entwicklungs- und Schwellenländer
wichtigen Direktinvestitionen, indem sie das Vertrauen zwischen Investoren und Gaststaaten
stärken. Zudem darf die Politik nicht die Verantwortung für bestimmte politische Ziele einseitig
auf Unternehmen abschieben.
Die freiwillige Übernahme unternehmerischer
Verantwortung wird also mit marktwirtschaftlichen, wettbewerbsbasierten Instrumenten besser zu verwirklichen sein als mit einer pauschalen
Standardisierung. Ein lokal operierendes Unternehmen braucht Lösungen vor Ort. Übertriebene
Standardisierungsbestrebungen auf nationaler,
europäischer oder globaler Ebene sind kontraproduktiv. Sie nehmen den Unternehmen die
Geschäftsgrundlage und führen dazu, dass die
Bereitschaft zur Übernahme unternehmerischer
Verantwortung sinkt. Ein Unternehmen benötigt
Freiheit, um für globale Herausforderungen globale Antworten und für lokale Herausforderungen
lokale Antworten zu finden.
„Voraussetzung für die Wahrnehmung dieser
Verantwortung ist allerdings, dass wir wettbewerbsfähig sind und dauerhaft bleiben. Die
Wahrnehmung sozialer Verantwortung ist
auch unverzichtbarer Bestandteil wertorientierter Unternehmensführung.“
(Auszug DaimlerChrysler Grundsätze zur
sozialen Verantwortung)
Unternehmerische Verantwortung setzt Wettbewerbsfähigkeit
voraus
Das freiwillige unternehmerische Engagement muss notwendigerweise dem
Anspruch der Wettbewerbsfähigkeit genügen. Nur wettbewerbsfähige Unternehmen können über die gesetzlichen Anforderungen hinaus einen Beitrag für
nachhaltige Entwicklung leisten. Fragen
zu Berichterstattung, Monitoring oder
anderem sind innerhalb des Unternehmens auf freiwilliger Basis zu entscheiden.
Dennoch wird auf nationaler Ebene immer häufiger versucht, mehr oder weniger verbindliche
Regeln und Standards auszuarbeiten, wie sich
Unternehmen bei ihren Auslandsengagements
verhalten sollen, um ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden. Praktisch alle
wichtigeren außenwirtschaftlichen Aktionsfelder
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Unternehmerische Verantwortung
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