Das ProblelD des Bösen Akademischer Vortrag von Dr. Heinrich Barth a. o. Professor an der Universität Basel Basel 1931 Verlag Helbing & Lichtenhahn -," . Wir reden heute von einem Probleme, das sich nicht ohne weiteres zur "akademischen" Betrachtung eignet. "Akademische" Rede erfordert die Ruhe objektiver, leidenschaftsloser Darbietung; ihre Voraussetzung ist die Distanz reiner, interesseloser Betrachtung, die sich selbstlos ihrem Gegenstande hingibt. Über dem Bösen aber liegt Gewitterluft; wir meinen mit diesem Probleme in eine Zone dunkler, drohender Verdichtungen und greller Entladungen einzutreten. Wie kann von ihm sine ira et studio geredet werden? Sollten wir der lebhaften Akzente, die die Rede vom Bösen zu begleiten pflegen, völlig entraten können? Und doch kann es hier nicht unsere Sache sein, der Dynamik des Bösen einen Ausdruck zu verleihen: müsste doch durch ein solches Vorgehen die akademische Windstille schmerzlich gestört werden. Darum muss unsere Haltung die Distanz bewahren; unserer Tonart sollte jener Charakter kühler Objektivität zu eigen sein, in der der Bildungsbeflissene. vielfach die Garantie für eine sachliche, wissenschaftliche Untersuchung erblicken zu können meint. Allein es hat mit dieser "Objektivität" eine eigene Bewandtnis. Zu unserm Probleme schrieb einst Friedrich Paulsen: "Was aber das sittlich Schlechte oder das Böse anlangt, so wird die Ethik es konstruieren, wie die medizinische Diätetik Störungen, Schwächen, Missbildungen konstruiert"*). Fr. Paulsen, dieser Exponent gesättigter akademischer Bürgerlichkeit, wie sie nur auf dem Boden wilhelminisch-deutscher Reichskultur gedeihen konnte, wollte das Böse ethisch konstruieren, indern er es als eine Missbildung der auf normale Ent*)Einl. in d. Phll.16, S. 455. 3 faltung menschlicher Vollkommenheit gerichteten Anlage des Willens darstellen zu können meinte. - Und doch ist das Böse solch biedern Konstruktionen jeweilen über den Kopf gewachsen; wie ein Phönix aus der Asche ist es aus der wissenschaftlichen Analyse professoraler Philister jedesmal neu erstanden, zum Spotte jener medizinischen Objektivität, die sich seiner in so treuherzig-ehrlichem Erkenntnisstreben bemächtigen wollte. Welchen Anblick bietet denn das Böse als Gegenstand solcher Wissenschaft? Was die zerlegende Wissenschaft im Sinne Paulsens herauspräparieren mag, ist sicher nicht mehr das Böse, sondern eine Art biologische Verkrümmung, die so unschuldig ist wie alles, was sich bloss als anormale Veränderung im Lebensprozesse darbietet. Wollten wir der Mahnung gewisser eifriger Schulmeister zur reinen Wissenschaftlichkeit Gehör schenken, dann würde uns unser Problem unter den Händen zerrinnen, - um freilich in seiner wuchtigen Aktualität hinter unserm Rücken unversehens neu aufzutauchen. Wie entziehen wir uns dieser Verlegenheit? Wer das Böse wissenschaftlich konstruieren will, spottet seiner selbst und des Bösen und der echten Wissenschaft. Allein wir können und wollen auf die Frage von Gut und Böse nicht verzichten. Wir glauben zu sehen, dass es auch in den Lebensproblemen Erkenntnis gibt. Sie ist aber etwas anderes als analysierende und rekonstruierende Wissenschaft, deren Gegenstand Gut oder Böse niemals sein kann. Jene wahre Erkenntnis versucht zwar ihrerseits, diese Begriffe zu begrenzen und zu bestimmen, sie dialektisch zu zerlegen und zu verarbeiten. Sie weiss aber, dass sie in dieser Arbeit die Realität von Gut und Böse sich nicht vergegenwärtigen kann. Diese Realität liegt ausserhalb aller theoretischen Bestimmung, mag jene begriffliche Be4 grenzung immerhin Erkenntniswert besitzen. Im Unterschied von anmassender Wissenschaftlichkeit besitzt echte Erkenntnis ein Augenrnass für die Grösse und Unzugänglichkeit der Lebenstatsachen. Sie weiss, dass sie ihrer niemals Herr ist, und dass die Auseinandersetzung mit diesen Tatsachen auf einem andern Felde liegt, als dem der theoretischen Debatte. Nur im Bewusstsein dieser Unzugänglichkeit können wir auf unser Problem eintreten. Scheinbar dürfen wir unbesehen von der Auffassung ausgehen, dass wir es im "Bösen", als dem Gegenbegriff zum Guten, mit einem Unwert, einer Negation zu tun haben. Was erscheint selbstverständlicher, als dass im Begriffe des Bösen eine radikale Abwertung und Verurteilung zur Diskussion gestellt wird? Und doch widerspricht diese einfache Bestimmung nicht etwa nur gewissen Extravaganzen der modernen Moral- oder Unmoralphilosophie, sondern auch dem landläufigen Reden und Urteilen, wie es uns allen wohlbekannt ist. Um von unsern alltäglichen Bewertungen auszugehen, so fällt der Akzent der Wertschätzung etwa keineswegs immer auf dasjenige, was uns unter der Marke des Guten entgegentritt. Charaktereigenschaften, die von Hause aus etwas Gutes und Tüchtiges besagen, sind uns zweideutig und fragwürdig geworden. Einen "guten" Mann nennen wir mitleidig den Mann der allzu einfachen Intelligenz. Jemanden "tugendhaft" zu nennen, ist bekanntlich ein recht zweifelhaftes Lob. Bravheit und Musterknabentum sind im jugendlichen Kreise das Misslichste, was sich denken lässt. Begriffe wie bieder, anständig, korrekt zaubern Karikaturen der .M.enschlichkeit vor unser Auge; wir würden uns zweimal besinnen, uns vorbehaltlos bei ihnen be5 haften zu lassen. Merkwürdig ist die Unterscheidung, dass der Begriff des "Ethischen" noch immer ernst genommen wird, während vom "Moralischen" selten ganz ohne ironischen Beiklang die Rede ist. Wir bejahen es, solange wir uns - gleichsam in offiziösem Gebaren von einer gewissen unpersönlichen Allgemeinheit von vereinbarten Geltungen tragen lassen, deren Bestehen wir als eine soziale Notwendigkeit erkennen. Daneben gibt es aber eine persönliche und ungleich aktuellere \XT ertschätzung, für die das "Moralische" von dem Odium steifer Gegensätzlichkeit gegen das Leben und langweiliger Korrektheit belastet ist. Das "Moralische" versteht sich zwar noch immer von selbst. Aber gerade darum ist es gut genug, zum ehrwürdigen grauen Hintergrunde zu dienen, von dem sich das lebendigste Leben um so fröhlicher abhebt. Was würde aus dem Fastnachts scherz, wenn ihm der willkommene Gegenpol der "Moral" abhanden käme? Man darf sich wohl einmal fragen, worin eigentlich der innere Grund all dieser Entwertung der ethischen Begriffe liegen mag und wie sie endgültig gemeint ist. Warum musste das ursprünglich so schöne und gehaltreiche Wort "Tugend" seine Kraft dermassen einbüssen, dass es kaum mehr anders als in lächerlicher Bedeutung auftritt? Gewiss spielen hier die Verzerrungen des Ethos eine Rolle, die den Tugendbold in seiner Tugend als unecht und unglaubwürdig erscheinen lassen. Aber warum bleibt unsere allgemeineAusdrucksweise in diesem Falle bei positiven ethischen Prädikaten stehen, anstatt sich alsbald entsprechenden Ausdrücken des Tadels zuzuwenden? Es wäre wohl unerlaubter Optimismus anzunehmen, dass der so geläufige ironische Gebrauch der Moralbegriffe die Überzeugung von einem wahren Guten und Tugendhaften zur Voraussetzung habe, zu 6 dem das Scheinbild der Moral in Kontrast gesetzt werden soll; diese Ironie wäre dann jedesmal der Appell an eine ethische Wahrheit, auf deren Entstellung in der Wirklichkeit hingewiesen würde. Jene Entwertung der ethischen Begriffe entbehrt aber zumeist eines solchen Hintergrundes; sie geschieht völlig gedankenlos. Die Gesellschaft, die diese Entwertungen im Munde führt, weiss im Grunde nicht, was sie gelten lässt; darum ist ihr Gerede ein Symptom der Unsicherheit und Unruhe. Wir sind in jedem Fall in der Lage aufzuzeigen, dass das Gute, wie es in diesem Gerede vorausgesetzt ist, einen Unwert darstellt. Unsere Bewertungen behalten sich also vor, das Gute zu bejahen oder nicht. Jene Entwertungen der ethischen Begriffe hätten kaum eintreten können, wenn es nicht einen Gegenpol ebenso paradoxer positiver Bewertung gäbe. In einem gewissen Bereiche werden Lebensäusserungen bejaht, die ohne Zweifel auf der Linie des Bösen liegen, mag sie immerhin erst vorgezeichnet sein. Wie etwa der "Strolch" das nicht minder auszeichnende als tadelnde Beiwort jugendlicher Extravaganz geworden ist, so begleitet das spielerische Lob der Bosheit von da an alle Möglichkeiten der Ausschreitung, sofern wir sie wenigstens als "gelungen" empfinden. Dort wird freilich die Sache bedenklicher, wo sich selbst der Verbrecher einer latenten Bewunderung erfreut, sofern er mit seiner Untat als mit einer Rekordleistung Gefühle schauervollen Staunens erweckt. Dort beginnt sich allerdings die Welt um uns im Kreise zu drehen. So ist denn für das allgemeine Urteil die Wertgebung im Hinblick auf Gut und Böse eine offene Angelegenheit. Und es kann uns nicht entgehen, dass in der umschriebenen paradoxen Wertverschiebung vom Guten auf das Böse ein Wahrheitselement enthalten 7 sein muss; ja, es wäre trivial, davon viel Wesen zu machen. Das Gute, wie es sich in den sittlichen Konventionen der Gesellschaft darstellt, wird den Antimoralisten immer eine dankbare Zielscheibe darbieten; denn der hier vorgefundene Niederschlag der Moral ist unbegründet und ungeschützt. Aber nicht minder trivial ist das Pathos des emanzipierten Individuums, das sich mit viel Geräusch von irgendwelchen Geltungen und Bindungen lossagt, heute keine Heldentat mehr, da die Bindungen ohnehin durchbrochen sind. Das Motiv des extravaganten Sittenbrechers mit seinem relativen Rechte gegenüber der Gesellschaft und ihren Hemmungen, kann es heute mehr als Langeweile erwecken? Wir haben genug von dergleichen Schlaglichtern; Moral und Unmoral, gemeint in diesem Gegensatze, liegen unter ein und demselben Dunkel. Der Relativismus ist wahrlich nicht geistreicher als der platte Moralismus. Weder hier noch dort gibt es Strenge und innere Notwendigkeit; hüben und drüben finden wir ein Ausweichen, Umbiegen, Zurückschrecken vor der Auswirkung des ursprünglich befolgten Gesetzes. Auch beim Amoralisten! Wenn er an verwundbarem Punkte seiner Interessen getroffen wird - haben wir nicht bemerkt, wie sich der blasierte Mund dann plötzlich krampfhaft verzerrt und in bitterbösem Worte über "völligen Mangel an Anstand" schilt? Ein Umbruch hat stattgefunden; der relativistische Firnis ist zerschlagen und das Tor der verstaubten moralischen Rüstkammer mit einem Male weit aufgerissen worden. Diese Art des Amoralismus kann unmöglich ernstgenommen werden. Es fehlt ihr alles, was uns erfreuen oder erschrecken könnte, vor allem die grosse Linie. Das Problem des Bösen wird zunächst daran lebendig werden, dass sich das Böse - im Unterschiede zum 8 Guten der bürgerlichen Moral - als ein Brennpunkt machtvollen Lebens darstellt. Ihm ist daher die Doppelkraft der Anziehung und der Abstossung zu eigen, an der sich alle Dämonie zu erkennen gibt. Es erweckt die Sehnsucht und die Begierde zum Unerhörten und Grenzenlosen; und doch wirft gleichzeitig seine Furchtbarkeit und Gefahr in die Schranken des Masses und der Begrenzung zurück. Krieg, Machtentfaltung, Verbrechen entdeckt der werdende Mensch mit Genugtuung und Grauen als die stärksten Lebensphänomene. Spiel und Phantasie werden um das Böse, nicht um die Tugend kreisen. Ist es doch das Böse, das die Bühne des grossen Weltgeschehens beherrscht. Ohne das Böse gäbe es keine Historie, kein Drama, keinen Roman. Der darstellenden Gestaltungskraft dient es zur beständigen Herausforderung; denn es bietet Raum zu voller und plastischer Gestaltung. Das Gute lässt sich in konkreten Gestalten auf eine überzeugende Weise kaum verkörpern; der Tugendheld ist keine Möglichkeit schöpferischer Darstellung, schon darum, weil die "Tugend" als solche keine individualisierende Kraft besitzt. Schon Plato hat kaum jemals so scharfe Charakterbilder entworfen, als wenn er die Psychologie der Bösen und Entarteten schildern wollte. "Oder hast du noch nicht gemerkt, wie bei den sogenannten Bösen, aber Gescheiten, die Seele stechend hervorblickt und wie scharf sie durchschaut, woran sie sich gewagt hat? Sie hat keinen stumpfen Blick, ist aber gezwungen, der Schlechtigkeit zu dienen. Je schärfer sie also schaut, desto mehr Übel vollbringt sie"*). Bosheit tritt uns hier vor Augen in der blendenden Ausstattung heller Verstandesklarheit. Ihr durchdringender Blick erfasst blitzartig die Lebenslage, und mit unheimlicher Sicherheit *) PI. Resp. 519 a. 9 weiss die Seele sie zu meistern. Und indem sie meistert, folgt sie doch einem Zwange; der Zauber und die Grösse der Bosheit liegt in der unerbittlichen Folgerichtigkeit, mit der sie ihm dient. In der wetterleuchtenden Helle der Geistigkeit des Bösen liegt sein luziferisches Wesen. "Wie bist du vom Himmel gefallen, du schöner Morgenstern!" Es ist aber die Blendung entfesselten Feuerbrandes, die dieses Licht ausmacht; seine jäh auflodernde Flamme hebt sich von undurchdringlichem Dunkel ab. Das Reich des Bösen ist Verblendung, ist grelles, verzehrendes Licht; nur darum ist sein Herrscher "Fürst der Finsternis". Dieses Licht ist so hell, dass es in Dunkel versenkt, gerade wie dem abgeblendeten Auge die sich ausbreitende Umwelt eben durch das Blendlicht völlig entzogen wird. Wünschen wir doch zuweilen auf dunkelm Wege die Laterne auszulöschen, um zu sehen - mehr zu sehen als die unmittelbare, grell beleuchtete Fusspur. Das Böse ist nicht eine Sache oberflächlicher Alltäglichkeit. Denn dieser Alltag besitzt nicht Raum genug, um ihm zum Schauplatze zu werden.' Das Böse hat - wie wir sagen - zu grosses Format, als dass es sich der Gewöhnlichkeit einzufügen vermöchte. Seine Grösse ist derart, dass die tiefste und älteste Menschheitserfahrung es nicht in die Hand unserer Willkür und unserer alltäglichen Entscheidung legt. Bosheit wird vielmehr als Widerfahrnis der Seele empfunden, als ein Geschehen, das sich ihrer bemächtigt und von dessen Strom das Aussenwerk geregelten Willenlebens spielend hingerissen wird. So wird das Böse zur objektiven, auf uns eindringenden Macht. In seiner Dämonie gewinnt es hinreissende persönliche Gewalt; es begegnet dem Menschen als diabolischer Widersacher. - Zu dieser scheinbaren Veräusserung des Bösen steht in eigenarti10 gem Kontraste eine Lehre, die ihm gerade im Innersten der Seele seine Wohnstätte zuweisen will: Kants Lehre vom "radikalen Bösen". Weist sie doch auf einen "allgemeinen Hang" zurück, der in der Natur des Menschen liege. Dieses "radikal" bezeichnet nicht etwa ein Maximum des Bösen; es antwortet vielmehr auf die Frage, woher das Böse entspringe, und leitet es auf die Wurzel des menschlichen Charakters, auf das innerste und durchgehende Gattungswesen zurück. Hier spricht Kant nicht etwa als Moralist, sondern als beschreibender und feststellender Anthropologe. In den Wurzelregionen menschlichen Seins nimmt er eine durchgehende Verkehrung der Rangordnung unserer Triebfedern wahr. VI ohl ist es eine bedenkliche Lehre, die unsere Oberflächenwelt über so dunkeln Untergründen aufbaut. Ihre Bedenklichkeit liegt eben darin, dass das Böse nicht mehr die Sache vereinzelter Ereignisse, nicht mehr Ausnahme bleibt; vielmehr ist es mit der menschlichen Psyche von vornherein auf dem Plane, und nur dies ist die Frage, wo es Gestalt gewinnt. Wer bestreitet, dass das radikale Böse, als die Verkehrtheit der Ordnungen des Triebes, seelische Tatsache ist, der verkleinert die Seele; er macht sie zu einer wohlaufgeräumten Haushaltung - einem Spottbild des Guten, ohne Gefahr und Hoffnung. Ausser Goethe sind es die Philister und die Ahnungslosen, die sich über Kants Lehre vom radikalen Bösen erregen. Auch moderne Erforschung der Seelentiefe macht ja die Chaotik dieser Region des "Radikalen" offenbar. Nun bedeutet diese Erkenntnis wohl ein Erschrecken; denn Chaos der Seele ist ein Aufklaffen von Abgründen. Aber Chaos heisst auch Möglichkeit; es heisst Erwartung, Fruchtbarkeit, Zukunft. Kants Lehre schreibt dem Seelenleben verhaltene Kräfte und Gewalten zu; ob sie sich zur Zerstörung oder zum Segen II > wenden werden, liegt noch im Dunkel der Untergründe beschlossen. Und diese Verborgenheit erklärt die angedeutete Paradoxie, dass die innerste Gewalt der Seele ihr von aussen zu begegnen scheint. Wenn die Dämonen erwachen, wird sie mit Schrecken der Fremdheit ihrer eigensten Mächte gewahr. Dass in der Reihe der Moralphilosophen endlich ein Entdecker der Idealität des Bösen aufgetreten ist, darf bei aller Befremdung unserm Verständnis zugänglich werden. Mit endgültigem Recht hat Friedrich Nietzsehe die Prädikate "böse" und "schlecht" gegeneinander abgegrenzt. ,Auf Seiten des "Schlechten" liegt für ihn ein Menschentum, das durch seine Nichtigkeit entwertet ist. Der Mensch in seiner Gemeinheit, Schwäche, Feigheit, Erbärmlichkeit, also in seiner Wesenlosigkeit, steht nicht einmal als furchtbar, nur als verächtlich da. So ist etwa mit der Eigenschaft der Charakterlosigkeit das Problem des Bösen noch nicht einmal aufgeworfen; sie deckt nicht mehr als Schlechtigkeit auf. Sie liegt unterhalb der Linie des Bösen; man täte ihr zuviel Ehre an, wenn sie von dessen Ungeheuerlichkeit nicht unterschieden würde. Schlechtigkeit und Bosheit liegen nicht in derselben Region; was uns peinlich berührt und zu raschem Vorübergehen auffordert, kann nicht zusammenfallen mit dem, was uns mit Grauen erfüllt. Gewalttat und Ausschreitung können uns als Idealismus vorkommen, wo sie sich von der reinen Minderwertigkeit etwa des Charakterlosen abheben. "Der Klang, der durch die Lüfte bebt, Kommt von dem jammervolk, geweiht dem Spotte, Das ohne Schimpf und ohne Lob gelebt. Sie kamen lautlos aus der Welt herüber, Von Recht und Gnade werden sie verschmäht. Doch still von ihnen - schau und geh vorüber!" 12 Von einem Probleme des Gemeinen zu reden, würde uns nicht einfallen, während wir, mit dem Bewusstsein verstanden zu werden, das Böse als Problem ins Auge fassen dürfen. Schon darin liegt ein Hinweis auf die Dignität unseres Gegenstandes, Wohl ist es der Erdgeist, dessen Priesterschaft in Zarathustra vertreten ist. Der "lachende Löwe" scheint uns in die Region tropenhafter Hypertrophie rein animalischen Lebens zu weisen. Allein Nietzsche ist weit davon entfernt, sich in der Konsequenz doktrinärer Pedanterie etwa auf das Lebensideal maximaler Vitalität festzulegen. "Böse" --:- oder sei es "jenseits von gut und böse" - ist für ihn nicht das Prädikat der Brutalität. Aus der Sphäre blosser Lebensintensität und Lebensexpansion ragt ein Höheres heraus: sein Ideal des Starken und Edeln, das den Menschen als Herrn und Herrscher feiert. Daran darf kein Zweifel sein. ] Nietzsche bezeichnet mit seinem Begriffe von Adel und Herrenmenschentum eine Linie möglicher Grösse und möglichen Wertes im Bösen. Aber eben mit der Idealisierung des souveränen Gewaltmenschen, eben mit dem "Willen zur Macht" wird nunmehr auch die innere Spannung sichtbar, die dieser neuen Wertsetzung zu eigen ist. Schrankenloser Herrscherwille, als die äusserste Vollendung menschlich-übermenschlicher Lebensentfaltung, ist wahrlich keine Sache dumpfer Brutalität. Denn das Vieh ist weit davon entfernt, sich die Entsagung des Kampfes um die Macht aufzuerlegen. Nur kindliche Idealisierung macht den Löwen zum Herrscher im Tierreich. Zwischen dem Tiere und Nietzsches Vollmenschen klafft ein Unterschied. Und die Bruchstelle ist durch einen verhassten Begriff bezeichnet, einen Begriff, den Nietzsehe selbst wiederum zu bejahen geneigt ist: die Askese. Weit entfernt, dass der Vollmensch sich ausleben dürfte wie 13 das liebe Vieh; ihm sind vielmehr ungeheure Lasten auferlegt. Er ist Wanderer im einsamen Gebirge und Freund der kalten, eisigen Winde, - ein Bild der Strenge und des Herrscherwillens, ob er sich nun draussen oder drinnen den Sklaven unterwirft. Dieser Harte und Unerbittliche, der als Verkünder und Träger einer fernen Zukunft des Menschentums alle Regung des Herzens niederschlagen muss, - ist er nicht ein Asket, der an Schonungslosigkeit seinesgleichen sucht? Ein Asket freilich für das Leben, aber für ein fernes, fast wie die Idee unerreichbares Leben, das mit "Vitalität" wenig mehr zu tun hat! Um der unerhörten Erwartung willen ist Nietzsches Lebensbild fast nicht weniger gebrochen, als wie es durch religiöse Lebensverneinung geschehen könnte. Mit lauerndem Blick verfolgt Nietzsche - etwa in der "Genealogie der Moral" - die Fragwürdigkelten und Zerrbilder kirchlich-religiöser Askese. Doch es ist merkwürdig: Durch seine Verdächtigungen und Anklagen, seine vernichtenden ps ychologischen Diagnosen zieht sich ein Zug tiefen Erstaunens und verhüllter Bewunderung. Diese Lebensverneinung des Heiligen, diese Willens strenge des priesterlichen Menschen, wie war sie im Grunde gemeint? Diente sie dem Tode oder dem Leben? Sie war ungeheuerliche Verkehrung, Wahnsinn, Selbstzerstörung, unerhörter Anlauf und namenloser Fehlschlag, ein Missverständnis des Lebenswillens von gigantischem Ausmasse. Weil aber Nietzsche dieses sich verzehrende Leben versteht, wird er nicht mit ihm fertig. Er hütet sich wohl, es mit der Gebärde der Aufklärung aus dem Gesichtsfelde zu räumen. Worauf zielt aber diese Feststellung hin? Darauf, dass Nietzsche den so grimmig bekämpften Wertgebungen näher steht, als er es wissen will. Auch die Übersteigerung des Lebens ins Furchtbare und Unerhörte, 14 oder sagen wir: auch seine Expansion ins Böse kennt die Brechung, kennt die Preisgabe unmittelbaren Lebens zugunsten höherer und stärkerer Lebensbejahung. Diese Bejahung des Bösen ist nichts in sich Einfaches und Geschlossenes. Ist sie doch vielmehr voll Spannung, Sieg und Vernichtung. Auch sie gehorcht dem "Stirb . und werde", gegen das sie nach aussen ihre bitteren Vorwürfe schleudert. Auch für sie soll das Leben durch Strenge beherrscht sein, eine Strenge freilich des sich selber zwingenden Zwanges, nicht die Strenge, die der Freiheit dienstbar wird. Immerhin ist es diese gegen sich selbst wütende Gewaltsamkeit, die das Böse vom Faulen und Bequemen, von Schleicherei und serviler Schmiegsamkeit unterscheidet. Diese Asketik des Bösen aber ist es wiederum, die über das Böse hinausweist und erkennen lässt, dass es von fremdem und fernem Lichte leuchtet. ; An der Grösse des Bösen zerbricht das Leben; und das Böse selbst zerbricht an dem in ihm wirksamen Wahrheitswerte. Es ist wiederum Nietzsche, bei dem wir solchen Aphorismus finden, der uns weiterführt: "Der Teufel hat die weitesten Perspektiven für Gott, deshalb hält er sich von ihm so fern: - Der Teufel nämlich als der älteste Freund der Erkenntnis". Darin liegt ja das Geheimnis des Bösen, dass es von blendender Helle umstrahlt ist, von der Helle freilich nicht des offenen, heitern Tageslichtes, sondern die den nahen vulkanischen Ausbruch verkündet. So ist es die Helle der Verstandesschärfe und des überwachen Geistes, in deren Licht die Zerstörung ihr Werk vollbringt. Eine Frage von unendlicher Tragweite ist mit dieser Geisteskraft des Bösen aufgeworfen; ein Problem von unheimlicher Tiefe hat sich aufgetan. Die Gefahr des Lebens scheint allem. *1 *) Jenseits von Gut und Böse, IV. 129. 15 Masse zu entwachsen; eben seine Grösse will es in seinem sichern Verderben finden. :Und doch darf uns diese Helle der Erkenntnis ein Angeld und eine Erwartung bedeuten. "Erkenntnis" des Bösen besagt, dass das Böse an einem Masse gemessen ist; denn alle Erkenntnis ist Ausblick und übergreifende Begrenzung. Auch im Bösen, als einer Welt der Klarheit und des Lichtes, liegt Erinnerung an die Idee, Erinnerung an das ewige Urbild des Helios, wie es der Meister des hindurchschauenden Denkens erahnt hat. An dem einen Baume ist die Frucht der Erkenntnis des Guten und des Bösen gewachsen; es war eine einzige Frucht, die beiderlei Erkenntnis in sich beschloss. - Diese Erkenntnis des Guten und Bösen, in der das Gebot gebrochen wurde, bewirkte Verstrickung in Zwiespalt und Zerrissenheit; sie war der Eingang in das Leben. Was ist das Gegenbild zu diesem Stande der Erkenntnis? Wir dürfen es nicht in der schlummernden Unschuld paradiesischer Seligkeit suchen. Wohl spielt die Phantasie der Völker mit der Vorstellung des "goldenen" Zeitalters, dessen seelenhafter, ungeistiger Sinn durch keine Zwecke, keine Reflexion, keine Kultur gestört wird, - ein Stand der Erkenntnislosigkeit, diesseits von Gut und Böse. Dieses Reich seelischer Unmittelbarkeit und argloser Instinktsicherheit, umwoben von dem Nimbus menschlichen Urstandes, soll einst vor dem Risse noch bewahrt gewesen sein; Gut und Böse waren in ihrem Widerstreite noch durch die Vollkommenheit unverderbter Natur gebunden. Wenn aber dieses schöne Spiel sehnsüchtig rückschauender Gestaltungskraft sich zum massgebenden Idealbild menschlichen Seins verdichten will, wird es zur Verführung; denn es verdeckt die Frage von Gut und Böse. Nicht im "Urstand" liegt die Antwort, so wenig als in 16 einer idealisierten Natur; nicht ein besseres "Zeitalter" kann dem Aufleuchten dieser Frage nach Gut und Böse vorangegangen sein. Nicht in ihrem Inhalte, nur in ihrem Symbolwerte darf die Paradiesesvorstellung uns nahetreten; sie ist Symbol einer Erfüllung, die jenseits aller Weltzeiten liegt. Diesseits aber liegt das Reich der Erkenntnis des Guten und Bösen, das eins ist mit dem Bereich unseres geschichtlichen, organisierten und individuell durchgebildeten Lebens. Über der Pforte dieses Lebens steht das versucherische "Eritis sicut Deus, scientes bonum et malum". Uralte Welterfahrung erkennt die Gefahr des Lebens in den Übergriffen des Geistes, der die Schranken erdgebundener Menschlichkeit missachten zu können glaubt, und der überirdische Vollmacht an sich reisst, um alsdann in der Verblendung seines Anspruchs jäh vernichtet zu werden. ! Mit der Erkenntnis hat sich das Reich des Bösen eröffnet; der Geist ist auf dem Plane. Er erschliesst unbegrenzte Möglichkeiten des Lebens und schafft unendliche Wirrungen. Er befreit die gebundenen Seelenkräfte und bietet Ausblick in uferlose Fernen. Indem der Geist an der Seele Gewalt übt, schafft er das Böse in seiner Weite und Kraft, in der Grösse seiner titanischen Auflehnung.] Seiner vermögen wir aber nicht mehr Herr zu werden. Den entfesselten Geist zu den Ursprüngen seelisch gebundener Vollkraft zurückzurufen, liegt nicht in der Macht des Menschen; ihm die Auswirkung im prometheischen Werke der Kultur zu untersagen, wäre Vermessenheit. Es ist aber wohl wert einzusehen, dass der Geist auch in seinem zerstörenden Tun von entwendetem Feuer durchglüht ist. Seine Auswirkung im Bösen ist vergleichbar einem schreckhaften Fanal, das von einem fernen gros sen Geschehnis Kunde gibt. Die Welt des Geistes kann nicht hoffnungs2 17 loses Verderben sein. Jene Erzählung vom Falle warnt zwar vor ihr als einer Welt der Überhebung. Aber sie setzt doch wiederum Gott selbst als wissend um Gut und Böse voraus. Sein ist also auch die Erkenntnis des Bösen. Und nach Nietzsche ist es der Teufel, der für Gott das beste Augenmass besitzt. Doch wir wollen innehalten. Auch uns erwächst die Gefahr, in Verfolgung solcher Gedanken spielerisch zu werden und einer leeren Ideologie zu verfallen, einer Ideologie diesmal des Bösen. Eben im Einftusskreise Nietzsches gibt es viel romantische Spielerei mit Wertsetzungen, die aller Lebensnähe entbehren, ein schwärmerisches Bewegen von Gedanken, über die das wirkliche, konkret verwurzelte Leben mit Sicherheit hinwegschreitet. Ideologien sind nicht nur Sache der Idealisten. Sie durchziehen unser ganzes literarisches Bildungswesen, auch wo es sich in der Freude am Bedenklichen gefällt. Ideologie ist die Begeisterung moderner Ästheten für mittelalterliche Heilige. Ideologie ist es, wenn stille Gelehrte das homerische Heldentum als Ideal menschlicher Stärke und Vollendung preisen. Es ist ein Übermass der Ideologie, wenn sich angeregte Jünglinge als "Brücke und Übergang zum Übermenschen" zu erkennen meinen. Lassen wir uns durch die altbekannten Meisterworte zur wirklichen Lebenslage zurückrufen, so nüchtern und wohlweise sie auch klingen mögen: "Eines schickt sich nicht für alle! Sehe jeder, wie er's treibe Sehe jeder, wo er bleibe,' Und wer steht, dass er nicht falle!" Der Begegnung mit dem Probleme, wie es sich uns in der wirklichen Lebenslage aufdrängt, mag das denkende Ermessen seiner Grösse dienlich sein. Es bewahrt vor 18 verhängsnisvollen Selbsttäuschungen. Eine wohlmeinende Verkürzung der Ausmasse der Lebensfrage wird uns dann nicht mehr möglich sein, wenn uns die Grösse des Bösen im Verhältnis zu dem, was wir als "gut" gelten lassen, lebendig geworden ist. i Mit einem Aufruf auf der Ebene des "Edel sei der Mensch, hilfreich und gut!" werden wir alsdann freilich der Lebenslage nicht zu begegnen suchen. \ Was in unsichern Grenzen als "Moral" unter uns im Schwange ist, hält dem Bösen sicher nicht die WJge, und dies nicht etwa nur darum, weil das Böse mächtiger, sondern weil es bedeutender und tiefer ist. Der Zerstörung begegnen kann nur, was ihr gewachsen ist; es muss ihre Grösse übertreffen, sie "transzendieren". Nicht in einem ;,J enseits von Gut und Böse" liegt dieses Grössere, diese "Transzendenz", wohl aber in einem Guten, jenseits selbst des Bösen. Sie liegt in einer Endgültigkeit, die weiterreicht als das was gilt, in einer Gewähr, die verstattet, unsere Existenz zu wahren. Wenn das Böse aber an jener übergreifenden Begrenzung seine Schranke findet, dann bieten auch die Grössenverhältnisse des Lebens ein anderes Bild, als wie es uns die expansiven, dämonischen, chaotischen Lebensmächte nahelegen. Dann muss es noch andere Grösse geben, als die in der Verblendung gross wird; ein anderes Mass der Grösse muss wirksam sein, als das grell in die Augen fällt. Diese Umwertung der Grössenwerte aber ist nicht Sache der gewohnten Moral, sondern seltener, letzter Entscheidung. Mit diesen Darlegungen sind wir eine Strecke weit in das Problem des Bösen eingedrungen. Diese Strecke bedeutet im Vergleich zu dem, was zu bedenken übrigbleibt, einen Anfang. Müssen wir uns doch gestehen, 19 _,,' 7aa. dass uns das Problem des Bösen in seinem rätselhaften Dunkel erst recht sichtbar geworden ist. Erst jetzt erheben sich ja a11die abgründigen Fragen, an denen sich die Weltzeiten vergrübelt haben: Wie kommt das Böse in die Welt? Wie ist sein Dasein vereinbar mit einer endgültig guten Weltordnung? Haben wir uns mit einer dualistischen Weltanschauung abzufinden, die Gut und Böse einander als zwei feindliche Weltmächte entgegensetzt? Oder halten wir an einer einheitlichen, positiven Weltauffassung um den Preis fest, dass sich uns das Prinzip des Bösen - dank einer optimistischen Verfälschung des Sachverhaltes - in die Harmonie des Kosmos verflüchtigt? Es ist eine ehrwürdige Reihe von Mythologien, Spekulationen, Denksystemen, in denen sich der Menschengeist während Weltaltern das Problem des Bösen zu deuten sucht. Im Widerstande der Materie, in der Besonderung des Individuums, im Egoismus des Lebenswillens wird die Wurzel des Bösen gesucht. Auf der einen Seite sucht der spekulative Gedanke das Böse - oder sei es das Übel - aus einer positiv verstandenen Weltordnung Gottes, des Seins, des Guten herzuleiten, indem es dann - wie etwa im Neuplatonismus - als eine letzte Verneinung der göttlichen Seinsvollkommenheit erscheint. Gegen diese Spekulation, die das Böse als Nichtigkeit und reinen Mangel hinstellt, erhebt sich warnend eine andere Weltlehre, die dem Bösen das Gewicht voller Realität und die Bedeutung positiver Gegenkraft gegen das Gute zuschreibt. Hier wird die Welteinheit preisgegeben; und wir stehen ratlos vor einem unlösbaren Widerstreite. An dieser Ratlosigkeit aber wird uns erst das Problem lebendig; bleibt es doch eine sehr nachdenkliche Sache, wenn sich etwa einem Jakob Böhme das Böse zu einem besondern Lebenszentrum ver20 , dichtet und im "Zornfep.er Gottes" mächtige Intensität gewinnt. Derlei Probleme weiterzuverfolgen und dem Sinn und Gehalt widersprechender Lehren nachzudenken, ist Aufgabe der Philosophie. Wenn sie etwa der positiven und der negativen Bedeutung des Bösen, wenn sie den Lehren der Neuplatoniker, der Manichäer, Augustins, J. Böhmes und Leibnizens weiter nachdenkt, dann ist sie, wenn sie nicht altgewohnte Denkwege ewig neu beschreiten will, auf Unterscheidung, Bestimmung und Ordnung der Begriffe angewiesen. Eben die tiefgreifende Schärfe des Gedankens ist es aber, die die Philosophie der Umwelt unzugänglich macht, wie denn auch wir in der Verhandlung unseres Problems rechtzeitig innehalten mussten, um nicht allzuviel zuzumuten. Der Philosophie aber kann man es nicht verwehren, ihre Arbeit auch dort zu vollführen, wo sie sich einer unmittelbaren Berührung mit der allgemeinen Bildung nicht mehr erfreuen darf. Auch darf sie sich nicht damit begnügen, bei der Wiedergabe geschichtlich überlieferten Gedankengutes stehenzubleiben ; wäre es doch eine Feigheit, die Dinge nur historisch zu nehmen. Trotz der Widerstände einer ablehnenden Umwelt wird die Philosophie ihren Weg durchschreiten - sicherlich einen Weg voller Fragwürdigkeiten, Irrtümer und Verblendungen. Dank ihrer grossen Eigenwilligkeit haftet ja auch der höchsten geistigen Bemühung etwas Luziferisches an. Und doch 'ist es schade, wenn Luzifer von missgünstigem Gewölk verschattet wird. Schöner ist es) wenn der Fürst der Finsternis zum Verkünder werden, wenn er die nahende Herrlichkeit der Morgensonne künden und kraft des vollern Strahlenglanzes in seinem geliehenen Lichte erbleichen und erlöschen darf. 21