Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Historisches… 1895 Entdeckung der Röntgenstrahlen 1896 Entdeckung der Radioaktivität Wilhelm Conrad Röntgen 1845 bis 1923 Marie Curie 1867 bis 1934 Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik Antoine Henri Becquerel 1852 bis 1908 Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Historisches… • • • Unmittelbar nach der Entdeckung: Zahlreiche Experimente sowohl mit den X-Strahlen als auch mit Radioaktivität Schon bald Hinweise auf biologische Wirkung ionisierender Strahlen Nutzbringend (Strahlentherapie): – Einsatz ionisierender Strahlen für therapeutische Zwecke • Schädlich (Strahlenschutz): – Klinisch manifeste Schäden, meist an der Haut („Deterministische Strahlenwirkung“) – Induktion von Tumoren („Stochastische Strahlenwirkung“) Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Beginn der Strahlentherapie…. Oberflächentherapie (Moulage), Brüssel 1931 Röntgentherapieanlage, Indiana 1921 Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Was ist Strahlung? Transport von Energie • Beispiel: Infrarotstrahlung Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Strahlungsteilchen Strahlungsteilchen • • • • Energietransport von der Quelle zur Senke geschieht durch Strahlungsteilchen Jedes Teilchen hat eine definierte Energie (E) Teilchen können eine Masse haben oder auch nicht Falls E > Bindungsenergie des Elektrons im Atom, wirkt die Strahlung auf Materie (Atome) ionisierend Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Ionisierende Strahlung freies Elektron Strahlungsteilchen Ionisierende Strahlung zeichnet sich dadurch aus, dass die Strahlungsteilchen eine so hohe Energie (> 5 keV, Photonenstrahlung) haben, dass sie Atome ionisieren können. Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Strahlenarten Wellenstrahlung • Wird auch elektromagnetische Strahlung genannt • Teilchen der Strahlung sind Photonen • Photonen haben keine Masse und keine elektrische Ladung • Ein Photon hat eine bestimmte Energie • Bei Photonenenergie > 5 keV, wirken indirekt ionisierend auf Atome Materiestrahlung • Korpuskularstrahlung • Besitzen Masse • Können Ladung besitzen • Unterschiedliche Energien • Teilchen der Strahlung sind z.B. Alphateilchen und Betateilchen (Elektronen), Protonen, Ionen • Ionisierend auf Atome! • • Photonenstrahlen werden beim Durchgang durch Materie geschwächt (Zahl nimmt ab, näherungsweise exponentiell) Strahlung geladener Teilchen besitzt eine endliche Reichweite (Energie der Teilchen nimmt ab, die Zahl bleibt näherungsweise konstant) Anzahl Anzahl Tiefe Tiefe Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Strahlenbiologische Wirkungskette Trifft ionisierende Strahlung auf biologisches Gewebe, so schließen sich Folgeprozesse an, die gesundheitsschädigende Wirkung haben können! Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Ziel der Strahlentherapie • Strahlentherapie ist eine lokale Therapie • Möglichst homogene Bestrahlung einer definierten Körperregion („Zielvolumen“ – PTV: Planning Target Volume) mit einer festgelegten „Strahlenmenge“ • Schonung des umliegenden gesunden Gewebes • Einhaltung von Dosisbegrenzungen für besonders strahlensensible Organe/Gewebe („Risikoorgane“ – OAR: Organs at Risk) Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Was wird dafür benötigt? • Eine Messgröße, die – die „Strahlenmenge“ beschreiben kann und – mit dem biologischen Effekt der Strahlung korreliert ist • Ein Strahlenfeld, das – hinreichend weit ins Gewebe eindringen – in Richtung und Form an die Aufgabe angepasst werden und – effizient erzeugt werden kann. • Ein Patientenmodell, das – – – – die geometrische Anatomie des Patienten die zu bestrahlende Region (Zielvolumen) die zu schonenden Strukturen (Risikoorgane) sowie physikalische Parameter zu Berechnung der Wechselwirkung der Strahlung mit dem biologischen Objekt enthält Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Quantifizierung der Strahlenmenge - Dosis • Die biologische Wirkung ionisierender Strahlung ist hinreichend gut korreliert mit der durch ionisierende Strahlung in einem bestimmten Volumen ΔV deponierte Energie ΔE • Diese Größe nennt man Dosis – in Analogie zur Verschreibung von Pharmaka D= Energie der einfallenden Strahlung ΔE Δm Energie der austretenden Strahlung h ⋅ ν1 h ⋅ ν0 E M L K Volumen ΔV Einheit: Gray (1 Gy = 1 J/kg) Gotthus-Draper-Gesetz: Von der auf ein biologisches Objekt treffenden ionisierenden Strahlung wird nur der absorbierte Anteil wirksam Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik E - ΔE auf den Stoff übertragene Strahlenenergie Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Externes Strahlenfeld – Teletherapie Um die beabsichtigte Wirkung am vorgesehenen Ort (Zielvolumen) auszulösen, muss ionisierende Strahlung dort Energie deponieren Dabei muss die ionisierende Strahlung • das Zielvolumen überhaupt erreichen • gesundes Gewebe in der Umgebung möglichst verschonen Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Photonenschwächung – Physik • • Aufgrund der leichten Erzeugbarkeit und ihrer Eigenschaften dominieren heute noch die Photonenstrahlen (Röntgen- und γ-Strahlung) Allerdings muss wegen der Energieabhängigkeit der Schwächung die Photonenenergie relativ hoch sein (mehrere MeV) Strahlenquelle Tumor Schwächungsgesetz N = N 0 e − µd N0 Photonen Materie d N Photonen Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Vielfelder-Techniken Multiple Einstrahlrichtungen Hohe Dosis im Schnittgebiet aller Strahlenfelder Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Erzeugung von Photonenstrahlung Hochspannung Beschleunigung von Elektronen (erzeugt durch Glühemission) in einem statischen elektrischen Feld ‐ U + Energieeinheit eV: Ekin=Q*U=e*U Emission von Bremsstrahlung und von charakteristischer Strahlung beim Auftreffen auf die Anode = Röntgenstrahlung Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Prinzipaufbau eines Beschleunigers Beschleunigungsstrecke • HF-Erzeuger (Modulator) • Elektronenquelle MeV - Elektronenstrahl Ablenkmagnet Target Elektronenkanone • Beschleunigungsrohr (Waveguide) • Strahlerzeugung u. Strahlformierung Gantry Hochfrequenzgenerator Blende (Kollimator) Isozentrum Laser Patient • Dosimetriesystem • Kollimationssystem Detektor • Kühlung • Steuerung Bildgebung zur Kontrolle der Patientenpositionierung EPID-System (Electronic Portal Imaging Device) Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik Patientenliege Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Aufbau eines Beschleunigers Beschleunigungsstrecke Strahlformierung HF-Erzeugung Kollimator Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Patientenmodell – Bsp. HNO-Tumor • Patientenmodell aus CT-Serie • Ca. 100 Schichten, Abstand O 3 mm • Konturierung des Zielvolumens und der Risikoorgane • Physikalische Parameter für die Dosisberechnung • Danach folgt die physikalische Bestrahlungsplanung (7./8.Semester) Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Beispiel 1: HNO-Tumor Pat. mit HNO-Tm, GD 48 Gy, 2 x 2 Gy/Tag Komplexes Zielvolumen mit Versuch Risikoorgane zu schonen 5 Beams, 44 Segmente Bestrahlungszeit: < 5 min Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Beispiel 2: Prostata-Tumor 7 Beams, 61 Segmente Bestrahlungszeit: ca. 6 min Pat. mit Prostata-Tm, GD 50.4 Gy, 1.8 Gy ED dann Boost bis 74 Gy mit 2Gy ED Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Beispiel 3: Gynäkologischer Tumor Pat. mit gynäkologischem Tm, GD 45 Gy Komplexes Zielvolumen mit Versuch Risikoorgane zu schonen 7 Beams, 88 Segmente Bestrahlungszeit: ca. 9 min Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Tele- und Brachytherapie Teletherapie Brachytherapie Strahlenquelle Strahlenquellen Tumor/Zielvolumen Tumor/Zielvolumen Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Strahlenquelle im Tumor - Brachytherapie • Einsatz von geeigneten Quellen, die Gamma-Strahlung emittieren • Steiler Dosisabfall mit zunehmender Entfernung vom Strahler (Abstandsquadratgesetz) • Nur für kleine Volumina möglich • 2 Verfahren: Strahlenquellen Tumor/Zielvolumen – Permanente Implantation der Strahler (Dosisapplikation über lange Zeit) – Temporärer Einsatz von Strahlern (Afterloading) Fläche A1 a1 Fläche A2 s1 a 2 D(s2 ) s12 = 2 D(s1 ) s2 Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Strahlenquellen – Radioaktivität Alpha‐Zerfall: Alpha‐ Strahlung Der Kern sendet 2 Protonen und 2 Neutronen aus Nicht geeignet für Strahlentherapie Beta‐Zerfall: Beta‐ Strahlung Der Kern sendet ein Elektron oder ein Positron aus Bedingt geeignet für Strahlentherapie Gamma‐Zerfall: Gamma‐ Strahlung Der Kern sendet ein Photon aus (elektromagnetische Welle) Geeignet für Strahlentherapie Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Prinzip Afterloading Strahlenquelle an Stahlseil wird in den in situ platzierten Applikator per Fernsteuerung eingefahren Punktquelle (1mm x 3mm, 192Ir) Dosisformung durch multiple Standpositionen mit unterschiedlicher Standzeit Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Beispiel - Vaginalapplikator Bestrahlung von Vaginalstumpf oder Stumpfnarbe beim Endometrium-Ca Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Beispiel Ring-Stift Applikator Bestrahlung der Portio bei Cervix-Tm mit speziellem Applikator A • • A Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik 40 mm Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Beispiel Interstitielle Mamma-Bestrahlung Teilbrustbestrahlung bei Mamma-Ca 200 % 150 % 120 % 100 % 90 % 70 % 50 % 30 % Clips !! PTV Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik 3D-Dosisverteilun g Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Beispiel Interstitielle Prostatabestrahlung US-gestützte Permanant-Implantation von Iodseeds (125I) als alleinige Bestrahlung (Dosis ca. 150 – 200 Gy, appliziert über mehrere Monate) Analoge Technologie auch mit Afterloading möglich (temporär, nur Boostbestrahlung) Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik Physikalische Aspekte der Strahlentherapie Beispiel Interstitielle Prostatabestrahlung Seed im Rö-Bild (o.) und in der 3D Reko (u.) Dosisverteilung in der Prostata überlagert mit dem US-Bild Klinik für Strahlentherapie – Medizinische Physik