Vorlesung 3

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Vorlesung 3
© 2015 Prof. Dr. Adrian Schwaninger
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Überblick
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Einleitung
Psychophysik
Wahrnehmung: Sinnesorgane
 Prozesse und Grundprinzipien
 Sehen
 Hören
 Propriozeption
 Tastsinn
 Geschmackssinn
 Geruchssinn
Wahrnehmungsorganisation
Wahrnehmungsinterpretation
Aufmerksamkeit
 Auditive Aufmerksamkeit
 Visuelle Aufmerksamkeit
 Zentrale Aufmerksamkeit
Objekterkennung
Anwendungsbeispiel Luftsicherheit
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Transduktion: Enkodierung
physikalischer Energie als
neuronale Signale
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Prozesse der Wahrnehmung
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Empfindung: Prozess, bei dem unsere Sinnesrezeptoren und unser Nervensystem
Reizenergien aus unserer Umwelt empfangen und darstellen.
Wahrnehmung: Prozess, bei dem die sensorischen Informationen organisiert und
interpretiert werden; dies ermöglicht uns, die Bedeutung von Gegenständen und
Ereignissen zu erkennen.
Obwohl wir aus analytischen und deskriptiven Gründen Empfindung und
Wahrnehmung getrennt definieren, sind beide in Wirklichkeit Bestandteile eines
kontinuierlichen Prozesses.
Transduktion: Umwandlung einer Energieform in eine andere; Im sensorischen
Bereich die Umwandlung von Reizenergien (wie Sehreize, Töne und Gerüche) in
Nervenimpulse, die unser Gehirn interpretieren kann
Bottom-up-Verarbeitung (aufsteigende, datengesteuerte Informationsverarbeitung):
Analyse, die mit den Sinnesrezeptoren beginnt und aufsteigend bis zur Integration
der sensorischen Information durch das Gehirn erfolgt.
Top-down-Verarbeitung (absteigende, konzeptgesteuerte Informationsverarbeitung):
Informationsverarbeitung, gesteuert durch höhere mentale Prozesse, beispielsweise
wenn wir Wahrnehmungen aufgrund unserer Erfahrungen und Erwartungen
interpretieren.
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Beispiel für Bottom-Up
und Top-Down Verarbeitung
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Beispiel für Bottom-Up
und Top-Down Verarbeitung
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Grundprinzipien sensorischer Wahrnehmung
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Das Wahrnehmungssystem ist ausgerichtet auf das
Überleben und Fortbestehen der jeweiligen Spezies in
der natürlichen Umgebung in welcher die Evolution
stattfand.
Beispiele:
 Eine weibliche Seidenraupenmotte muss nur ein
Milliardstel Gramm eines Botenstoffes pro Sekunde
absondern, um jede männliche Seidenraupenmotte
im Umkreis von 1 km anzulocken.
 Fledermäuse und Delphine orten ihre Beute mit
Sonar (durch Entfernungsschätzung der vom Objekt
zurückgeworfenen Schallwellen)
 Frösche reagieren auf kleine, dunkle Objekte in
Bewegung. Ein Frosch könnte verhungern, wenn er
in einem leeren Raum mit vielen toten unbeweglichen Fliegen steht.
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Überblick
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Einleitung
Psychophysik
Wahrnehmung: Sinnesorgane
 Prozesse und Grundprinzipien
 Sehen
 Hören
 Propriozeption
 Tastsinn
 Geschmackssinn
 Geruchssinn
Wahrnehmungsorganisation
Wahrnehmungsinterpretation
Aufmerksamkeit
 Auditive Aufmerksamkeit
 Visuelle Aufmerksamkeit
 Zentrale Aufmerksamkeit
Objekterkennung
Anwendungsbeispiel Luftsicherheit
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Menschliche Wahrnehmung und
elektromagnetisches Spektrum
Wir Menschen nehmen nur den Teil des elektromagnetischen Spektrums wahr,
welcher in der Evolution für unser Überleben und Forbestehen relevant war.
Röntgenstrahlen, Radiowellen, UV- und Infrarotlicht sowie Schallwellen sehr hoher
und niedriger Frequenz nehmen wir nicht wahr.
Wellenlänge in Nanometer (ein Milliardstel Meter)
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Physiologie des Auges
Ziliarmuskel
Zonulafasern
Lichtenergie
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Physiologie des Auges
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Das Licht tritt durch die Hornhaut des Auges (Cornea) ein.
Durch die Iris, einen Muskelring, wird die Größe der Pupille eingestellt, durch
die das Licht ins Auge eintritt. Dies ist abhängig von der Lichtmenge aber auch
von Gefühlszuständen.
Die Linse verändert ihre Form, um auch nahe und entfernte Gegenstände auf
der Retina (Netzhaut) scharf abzubilden (Akkomodation).
Die Fovea ist der Bereich des schärfsten Sehens auf der Retina, weil dort die
Dichte von Rezeptoren am höchsten ist und vor allem Zapfen vorkommen (siehe
unten).
In der Retina wird Lichtenergie in Nervenimpulse umgewandelt (Transduktion).
Nach der Kodierung in der Retina gelangen die Nervenimpulse über den
Sehnerv ins Gehirn.
Obwohl die Retina ein Bild empfängt, das auf dem Kopf steht, bearbeitet das
Gehirn die eingehenden Impulse so, dass das Bild wieder richtig zu stehen
scheint.
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Akkomodation
Enfternte Objekte
scharf, nahe
Objekte unscharf
Enfternte Objekte
scharf, nahe
Objekte unscharf
Enfternte Objekte
unscharf, nahe
Objekte scharf
Demonstration
Bleistift mit der Spitze nach oben am
ausgestreckten Arm halten und ein weit
(mind. 6 Meter) entferntes Objekt
fixieren. Der Bleistift erscheint unscharf.
Dann den Bleistift fixieren. Das
entfernte Objekt erscheint unscharf.
(Aus Goldstein, 2008)
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Akkomodation
(Aus Eysel, 2006)
(Aus Goldstein, 2008)
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Sehschärfe
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Normalsichtigkeit: Lichtstrahlen laufen auf der Retina eines
normalsichtigen Auges zu einem scharfen Bild zusammen.
Dies gilt für Objekte der Nähe und nach entsprechender
Anpassung der Linsenkrümmung (Akkomodation) auch für
weit entfernte Objekte.
Kurzsichtigkeit (Myopie): Gegenstände in der Nähe werden schärfer gesehen als entfernte Objekte, da sich die
einfallenden Lichtstrahlen schon vor der Netzhaut
überschneiden. Korrektur durch Brille, Kontaktlinsen
oder in einigen Fällen durch laserchirurgischen Eingriff
(z.B. LASIK Methode).
Weitsichtigkeit (Hyperopie): Weit entfernte Gegenstände
werden schärfer gesehen als nahe, da das Bild von nahen
Objekten seinen Brennpunkt hinter der Retina hat. Kinder
korrigieren dies in der Regel durch Akkomodation, so das nur
selten eine Brille gebraucht wird. Allerdings können
Ermüdung und Kopfschmerzen auftreten. Erwachsene
bemerken Weitsichtigkeit, da die Flexibilität der Linse und
damit die Akkomodation nachlässt und sie dann eine Brille
oder Linsen zum Nahsehen benötigen.
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Wellenlänge und Amplitude
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Die Wellenlänge bestimmt den Farbton (z.B. blau, grün, etc.).
Die Intensität des Lichts (Energiemenge von Lichtwellen, entspricht
Amplitude) bestimmt die Leuchtkraft der Farben.
Wellenlänge in Nanometer
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(ca. 6 mio)
amakrine
Zelle
(ca. 120 mio)
(ca. 1 mio),
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Zapfen und Stäbchen
Die beiden Arten von Rezeptoren in der Netzhaut (Retina) sind die
Stäbchen und die Zapfen. Sie unterscheiden sich in Bezug auf Gestalt,
Anzahl, Verbindungen zum Gehirn, Funktion und Lage auf der Netzhaut.
Zapfen
Stäbchen
6 Mio
120 Mio
Oft 1:1
Übertragung
Viele Stäbchen
auf eine
Bipolarzelle
Funktion
Detailliertes
Tagessehen und
Farbensehen
Sehen bei wenig
Licht, kein
Farbensehen
Lage auf der
Netzhaut
Zentrum (Fovea)
Peripherie
Anzahl
Stäbchen
Verbindungen
zum Gehirn
Zapfen
Zapfen und Stäbchen unter
dem Elektronenmikroskop
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Das Farbensehen ist bei wenig Licht beeinträchtigt, weil
dann
nur
Stäbchen
arbeiten,
welche
nicht
farbempfindlich sind.
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Dunkeladaptation
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Kommt man in einen dunklen Raum (z.B. Theater
oder Kinobesuch) oder macht das Licht in einem
Zimmer aus, dann weiten sich sofort die Pupillen, um
mehr Licht in die Peripherie des Auges zu lassen (wo
die Stäbchen sind).
Nach ca. 5 min übernehmen die Stäbchen das Sehen
und ihre maximale Lichtempfindlichkeit ist nach ca. 20
min erreicht (dies entspricht der durchschnittlichen
Dauer der Dämmerung, d.h. dem Übergang zwischen
Sonnenuntergang und Nacht).
Demonstration zum ausprobieren:
Rechtes Auge abdecken, 20 min warten.
2. Zimmerbeleuchtung so stark verdunkeln, dass man
mit dem offenen Auge ein Buch noch knapp lesen
kann.
3. Rechtes Auge öffnen -> mit diesem Auge kann man
das Buch perfekt lesen.
1.
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Unterschiede zwischen den Spezies
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Weshalb sieht eine Katze nachts viel besser
als ein Mensch? Mindestens aus 2 Gründen:
 Sie kann die Pupillen weiter öffnen und
mehr Licht hereinlassen.
 Sie hat einen höheren Anteil an
lichtempfindlichen Stäbchen.
Nachteil: Da die Katze nur wenig Zapfen hat,
kann sie weder Einzelheiten noch Farben so
gut sehen wie wir.
Manche Nachttiere wie Kröten, Mäuse,
Ratten und Fledermäuse besitzen eine
Retina, die fast völlig aus Stäbchen besteht.
Deshalb sehen sie auch bei schwachem
Licht noch sehr gut. Allerdings sehen diese
Tiere wahrscheinlich nur sehr wenig Farben,
da ihnen die Zapfen in der Retina fehlen.
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Blinder Fleck
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An der Stelle, wo Sehnerv das Auge verlässt sind keine
Rezeptorzellen vorhanden.
Dadurch entsteht der blinde Fleck.
Demonstration: Schliessen Sie das linke Auge und
fokussieren Sie den schwarzen Punkt.
Variieren Sie den Abstand zur unten stehenden
Abbildung bis sie das Auto nicht mehr sehen.
Im Alltag bemerken wir den blinden Fleck nicht, weil die
Augen sich ständig bewegen und das eine Auge das
aufnimmt, was dem anderen entgeht.
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Vom Auge zum Kortex
Sehnerv (Axone der
Ganglienzellen)
Retina
Colliculus
superior
Sehzentrum des
Thalamus (Corpus
geniculatum laterale,
CGL)
(Nach Frisby, 1979)
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Sehnervenkreuzung
(Chiasma opticum)
Tractus
opticus
Radiatio
optica
Sehrinde (= striärer Cortex oder
primärer visueller Cortex, V1)
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Rezeptive Felder (RF)
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Durch die Verschaltung der retinalen Zellen entstehen rezeptive Felder. Als
rezeptives Feld wird derjenige Bereich der Netzhaut bezeichnet, von dem aus die
Aktivität einer Zelle beeinflusst werden kann. Auf der Netzhaut entspricht das der
Photorezeptorenfläche, die mit der Zelle verbunden ist.
Die rezeptiven Felder der Ganglienzellen bestehen aus einem Zentrum und einem
Umfeld.
Im primären visuellen Cortex (V1) findet man Neurone (Nervenzellen) mit
Orientierungsspezifität (Antwort der Zellen auf Lichtbalken einer bestimmten
Orientierung).
Simple Cell in V1
Zellen in Retina
CGL und V1
-
+
-
-
Nach Hubel & Wiesel, 1962
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Zellen mit Orientierungsspezifität
Zellantwort
Reiz
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Primärer visueller Kortex (V1)
Farbverarbeitung (Blobs)
Simple Cells: Zellen,
die auf hell-dunkel
Unterschiede einer
bestimmten Orientierung reagieren
(Nach Gazzaniga et al., 1998)
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Spezifität von Nervenzellen
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Kortikale Areale
Aus http://thebrain.mcgill.ca
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Parallelverarbeitung von Farbe,
Bewegung, Form und Tiefe
Colliculus
Superior (CS)
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(Aus Eysel, 2006)
ITC
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Parallelverarbeitung von Bewegung,
Farbe, Form, Position und Tiefe
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Parallelverarbeitung ist die natürliche Methode der Informationsverarbeitung im Gehirn; mit
ihrer Hilfe kann man viele Aspekte eines Problems gleichzeitig angehen.
Die Fähigkeit des Gehirns, mehrere Aufgaben gleichzeitig auszuführen, ermöglicht es ihm,
Unterdimensionen des Sehens (Bewegung, Farbe, Form, Position und Tiefe) auf
unterschiedliche neuronale Teams zu verteilen, die getrennt voneinander und gleichzeitig
arbeiten.
Andere neuronale Teams arbeiten dabei zusammen, um die Ergebnisse zusammenzuführen, sie
mit gespeicherten Informationen zu vergleichen und Wahrnehmungen zu ermöglichen.
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