MITTEILUNGEN DER ERNST-PEPPINGGESELLSCHAFT Heft 14, Januar 2007 ISSN 1438-9487 Pepping auf CD Verehrte, liebe Mitglieder unserer Gesellschaft! Fast sechzig Jahre nach ihrer Uraufführung kehrt Peppings Dritte Symphonie (symbolisch) heim in die Philharmonie: Am 25. April 1948 hoben Robert Heger und das Berliner Philharmonische Orchester das noch zu Kriegszeiten entstandene Werk aus der Taufe. Die Aufführung spaltete die anwesenden Kritiker: „Eine künstlerische Tat, die der deutschen Symphonik wieder Richtung gibt“, urteilte der Berliner „Tag“; zu einem ähnlichen Ergebnis gelangte der Autor im Berliner „Tagesspiegel“: „Hier zeichnet sich klar der Weg in die Zukunft ab, der Weg zu einer spezifisch deutschen Neoklassik“. Andere „progressive“ Kräfte hingegen (unter ihnen Hans Heinz Stuckenschmidt) sahen hier einen Weg eingeschlagen, „der zu immer konservativeren Ergebnissen führt“: „Pepping ist mit diesem Werk zu einer Altmeisterlichkeit gelangt, die ihren Stilkreis bewußt eng zieht (...) Die Partitur wirkt als Kompendium vielstimmiger Satzkunst, als ein einziges Schulbeispiel strengen und mitunter freien Kontrapunkts.“ Letztere Stimmen haben sich behaupten können, und auch Peppings Erwartungen an ein breites Publikum, das (so glaubte er) die von ihm angestrebte „komplizierte Einfachheit“ wohl zu schätzen wisse, wurden letztlich enttäuscht. Wenige Jahre später wurde es – wie um viele von Peppings Orchesterkompositionen – still um das Werk. Nunmehr haben sich Uri Rom und das Junge Orchester der Freien Universität Peppings letzter und stilistisch wahrscheinlich markantester und bedeutendster Symphonie angenommen und bringen diese am Sonntag, 18. Februar 2007 (um 20 Uhr im Kammermusiksaal der Philharmonie) zu Gehör. Zur Aufführung gelangen drei weitere um das Kriegsende entstandene Werke: „Yizkor“ (In Memoriam) für Viola und Streichorchester (1947) des israelischen Komponisten Oedoen Partos, „Ma Tovu“ (aus der „Liturgischen Kantate“) des ebenfalls aus Israel stammenden Paul Ben Haim (1950) und die „Vier letzten Lieder“ von Richard Strauss (1948). „Nach dem Krieg“ lautet auch der Titel des Konzertabends, für den kein Geringerer als der israelische Botschafter, Herr Shimon Stein, die Schirmherrschaft übernommen hat. An diesem Sonntag findet – entgegen der ursprünglichen Planung – auch unsere Jahresversammlung statt. Eine weitere höchst erfreuliche Nachricht: Im Paul-Gerhardt-Jahr 2007 wird Peppings Liederbuch nach Gedichten des Barockdichters vielfach musiziert werden. Die Gesellschaft erreichte eine Vielzahl von Anfragen nach der – inzwischen leider vergriffenen – Ausgabe. Diesen Notstand zu beseitigen, ist unser nächstes Anliegen. Bitte teilen Sie uns Aufführungen rechtzeitig mit. Wir veröffentlichen sie gerne unter den Terminen auf unserer Homepage. Möge Sie die umfangreiche Ausgabe für das Ausbleiben der letzten „Mitteilungen“ entschädigen. Im Gedenkjahr erschienen mehrere Aufnahmen von Peppings Werken bei den Labeln cpo, Cantate und im Berliner Pape-Verlag. Rezensionen im Innenteil. Ernst Pepping zum Gedenken – ein Jahresrückblick Eine Vielzahl von Veranstaltungen würdigte Pepping anlässlich seines 25. Todestages am 1. Februar 2006. Termingerecht erinnerte der Rundfunk BerlinBrandenburg in zwei Sendungen an den Komponisten. Den Auftakt unserer Konzertreihe (mit allerdings bescheidenem Pepping-Anteil) bildete eine Chorvesper mit dem Titel „Ode to Light“ – Eine Passionsgeschichte am Sonnabend, 4. Februar 2006 in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche. Es sang der Mendelssohn-Kammerchor unter Leitung von Morten Schuldt-Jensen, an der Orgel spielte Michael Schönheit, Gewandhausorganist. Es erklangen viele Komponisten des 20. Jahrhunderts, wie z. B. Reger, Ligeti, Dupré, unter anderem auch Ernst Pepping mit seiner kleinen Motette „Herr neige deine Ohren“, ein inhaltlich dichtes Programm, was in der gut besuchten Kirche großen Anklang fand. H. H. Mitteilungen der Ernst-Pepping-Gesellschaft Heft 14 Seite 2 Aktuell KMD Prof. Dr. Peter Schwarz (Fortsetzung von Seite 1) Am 4. Juli 2006 verstarb in Berlin unser langjähriges Vorstandsmitglied Peter Schwarz im Alter von 69 Jahren. „Lust hab ich ghabt zur Musika“ – unter diesem Titel stand die „offizielle“ Eröffnungsveranstaltung am 5. Februar in der Franz-Schreker-Bibliothek der Berliner Universitätsbibliothek, deren Schwerpunkt ein (mit Lichtbildern illustrierter) Vortrag zum Leben Ernst Peppings von Anselm Eber bildete. „Lust hab ich ghabt zur Musika“ – dieses Prädikat verdiente auch die musikalische Umrahmung durch Inés Villanueva (Sopran) und Peter Uehling (Klavier) sowie durch Akiko Yamashita (Klavier). Ein Leben ging zu Ende, das von Fürsorge für seine Familie und Weggenossen und von immerwährender intensiver nachschöpferischer Arbeit an der Musik geprägt war. Nach Studium u. a. bei Michael Schneider und Wolfgang Fortner in Detmold wurde er Kantor und Organist an der gerade neu erbauten Kaiser-FriedrichGedächtniskirche in Berlin-Tiergarten, ein Amt, das er 40 Jahre innehatte. Als Organist und Dirigent der von ihm 1965 gegründeten Berliner Cappella sowie des ars-nova-ensembles hat er sich in zahllosen Konzerten und Gottesdiensten neben Aufführungen traditioneller Musik wie kaum ein anderer Kirchenmusiker der Pflege der Neuen Musik gewidmet. So kamen auf der einen Seite die oratorischen Werke von Bach, Mozart, Brahms u. a. zu Gehör, andererseits – und hier lange Zeit in der mit Frank Michael Beyer veranstalteten Reihe „musica nova sacra“ – die ganze Breite der Musik des 20. Jahrhunderts: Strawinsky, Eisler, Ligeti, Yun, Beyer, Nono, Dallapiccola, Britten, Zechlin, Henze, Berio, Siebet – und auch Pepping. Bei letzterem widmete er sich besonders der „Missa Dona nobis pacem“ sowie einigen Orgelwerken, darunter dem Concerto II, das er noch für ein Konzert im Mai dieses Jahres vorbereitete, zu dessen Ausführung ihm dann aber die Kraft fehlte. Begegnungen mit Peter Schwarz waren immer anregend, ideenreich, liebevoll – nie hätte Langeweile aufkommen können. Bei seinem unbändigen schöpferischen Arbeitsdrang machten ihm bürokratische Sachzwänge oft schwer zu schaffen, und er hat es dadurch manchmal seinen Gesprächspartnern nicht leicht gemacht. Peter Schwarz erlebte die letzten Jahre seines Amtes in der Kaiser-Friedrich-Gedächtniskirche nicht ohne Verletzungen und wurde dennoch mit einem festlichen Gottesdienst verabschiedet. Seine letzte Wirkungsstätte war dann für Jahre die Kirche Zum Heilsbronnen in Berlin-Schöneberg. Für sein Lebenswerk wurde er mehrfach ausgezeichnet, so für seine Verdienste um das Musikforum Berlin-Israel und seine künstlerischen Kontakte zu Polen. Bis zuletzt hat der von schwerer Krankheit Geschwächte und Gezeichnete alle geplanten Aufgaben noch zu Ende geführt bzw. Freunde und Weggenossen um deren Erfüllung gebeten. Eine große Gemeinde nahm in einem bewegenden Gottesdienst Abschied von einem Menschen und Künstler, den viele liebten und der unaussprechlich viel bewegt hat. C. S. An nicht weniger als drei Abenden war LKMD i. R. Christian Schlicke, einer der Initiatoren der Konzertreihe, maßgeblich beteiligt. Seiner Anregung – die Idee geht zurück auf eine Aufführung, die Pepping selbst einmal besucht und als „hinreißend“ erlebt hat – ist ein überaus gelungener Konzertabend am 18. Februar in der St.-Matthäuskirche (Berlin-Tiergarten) zu danken: Im Wechsel gelangten die fünf Sätze der „Missa Hercules Dux Ferrariae“ von Josquin Desprez und Peppings „Hymnen für Orgel“ zur Aufführung. Die Gegenüberstellung beeindruckte, nicht zuletzt dank der hervorragenden Leistung des Ensembles Peter Schwarz unter seinem (bereits von Krankheit gezeichneten) Leiter. Christian Schlicke musizierte die – gelegentlich zur Sprödigkeit neigenden – Hymnen mit großer Überzeugungskraft. Nur eine Woche später erwies sich Christian Schlicke einmal mehr als ein exzellenter Kenner von Peppings Musik, der er sich auch emotional stark verbunden fühlt. Die rund hundert Besucher, die zur Gesamtaufführung des „Großen Orgelbuches“ ins entlegene Spandauer Johannesstift gekommen waren, erlebten einen lebendigen und mitreißenden Vortrag, der, unterstützt durch eine farbenreiche und nuancierte Registrierung, die den Stimmungsgehalt der einzelnen Choräle – zur Weihnachts-, Passions- und Osterzeit – verdeutlichte, zweifellos als ein Höhepunkt der Konzertreihe bezeichnet werden darf. Der Applaus war langanhaltend und sehr herzlich. A. E. Das Pepping Gedenkjahr war Anlass für das Vocalensemble der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche, sich in intensiven Proben mit den „ Sechs kleinen Motetten“ von Ernst Pepping zu beschäftigen. Am Sonntag, den 30. April hat das Vocalensemble unter der Leitung von KMD Helmut Hoeft mit deren Aufführung zur musikalischen Gestaltung des Abendgottesdienstes in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche beigetragen und damit einen kleinen, aber wertvollen Beitrag zum Berliner Gedenkfest geleistet. Ergänzt wurde das gottesdienstliche Programm durch Christian Schlicke, der ausschließlich Orgelwerke von Ernst Pepping spielte, sowohl als Prae- und Postludium, als auch zur Einleitung zu den Gemeindeliedern. H. H. Ernst Pepping und seinen Schülern galt ein Orgelkonzert am 6. Mai in der Schöneberger Kirche Zum Heilsbronnen. Florian Wilkes hatte (in Vertretung für den erkrankten Peter Schwarz) ein abwechslungsreiches Programm zusammengestellt, in dessen Mittelpunkt Peppings „Concerto II“ stand. Von großer Ausdruckskraft die Werke der beiden anwesenden Pepping-Schüler Frank Michael Beyer (Lobgesang „Wurze des Waldes“) und Helmut Barbe („Preces“). Diesen wie auch der Sonate I von Paul Hindemith und den ganz zu Unrecht im Schatten des „Großen Orgelbuchs“ stehenden Choralvorspie- Mitteilungen der Ernst-Pepping-Gesellschaft Heft 14 Seite 3 Schatten des „Großen Orgelbuchs“ stehenden Choralvorspielen des „Kleinen Orgelbuchs“ war Wilkes ein ausgezeichneter Interpret. Der Abend hätte gewiss mehr Zuhörer verdient. A. E. Zwei der bekanntesten Werke Ernst Peppings, die immer wieder Choristen und Hörer in ihren Bann ziehen, gelangten am Mittwoch, dem 28. Juni im Konzertsaal Bundesallee der UdK zur Aufführung: Die Evangelienmotette „Jesus und Nikodemus“ (1938) und die Deutschen Bänkellieder „Lob der Träne oder Der Welten Lauf“ (1940/48). In der weitgehend makellosen Widergabe durch den Kammerchor der UdK unter Leitung von Christian Grube bestätigte sich erneut die unverbrauchte Wirkung beider Werke auf die Hörer, und Peppings herrlicher Humor in seinen Bänkelliedern entlockte dem überaus verständigen Publikum so manches Schmunzeln. Weitgehend unbekannt hingegen dürften die von beiden Chorwerken eingerahmten Klavierlieder aus dem Liederkreis „Vaterland“ (nach Gedichten von Friedrich Georg Jünger) und aus dem „Haus- und Trostbuch“ (beide im ersten Nachkriegsjahr 1946 entstanden) selbst manchem Pepping-Kenner gewesen sein. In der überzeugenden Interpretation durch Inés Villanueva (Sopran) und Peter Uehling (Klavier) hinterließen alle zwölf ausgewählten Lieder starke Eindrücke und brachten so manche erfreuliche kompositorische Überraschungen, die bei etlichen Hörern den dringenden Wunsch nach Widerbegegnung mit diesen Werken ausgelöst haben dürften. Zum Schluss erklangen, wiederum gesungen vom Kammerchor der UdK unter Christian Grube, neun Volksliedsätze aus den Sammlungen für drei und vier Stimmen von 1957. Diese, für Peppings Verhältnisse nicht sehr schwierigen Werke, entfalten jedoch ihren Zauber und ihren Charme erst so recht, wenn sie auf solch hohem stimmlichen und musikalischen Niveau vorgetragen werden – eine Verbeugung Peppings vor dem deutschen Volkslied und eine Werbung für die Satzkunst Ernst Peppings durch diesen hervorragenden Chor. Viele Hörer dürften Prof. Rainer Cadenbach für seine kenntnisreichen und mit Sensibilität vorgetragenen Einführungen dankbar gewesen sein und selbst die zahlreichen Pepping-Kenner werden von ihm manche neue Information erhalten haben. R. W. In der Berliner Luisenkirche fand am Sonntag, 2. Juli 2006 eine Chorvesper mit Werken Ernst Peppings und seines Schülers Winfried Petersen statt, zusätzlich erklangen Werke alter Meister aus dem Schweriner Umfeld. Marina Zagorski dirigierte das Schweriner Vocalensemble vor einer leider kleineren Besucherzahl, die aber aufmerksam Teilen der Deutschen Messe Peppings lauschte oder sich von den Klangbildern des Gesang des Lebens (1970), Zyklus von 4 Gedichten von Karl Heinz Robrahn, von Petersen beeindrucken ließ. H. H. * Herzlichen Dank allen, die sich mit großem Engagement für das Zustandekommen und Gelingen der Konzertreihe eingesetzt haben! Die Redaktion Pepping auf CD Im April 2006 erschienen Peppings Symphonien beim Osnabrücker Label „cpo“ (Werner Andreas Albert, Nordwestdeutsche Philharmonie). Etwa zeitgleich legte das Stuttgarter Label „Cantate“ eine Neueinspielung der „Missa Dona nobis pacem“ durch Bernd Stegmann und das Berliner Vokalensemble vor. Der Berliner Pape-Verlag veröffentlichte Peppings „Kleines Orgelbuch“ in der Interpretation von George Bozeman. Auszugsweise geben wir hier einen Teil der Rezensionen wieder. Zuletzt finden Sie eine bereits vor längerer Zeit erschienene Besprechung des dritten Bandes unserer „Pepping-Studien“. Ein Muss für Pepping-Fans. NWD legt Gesamteinspielung der Sinfonien vor. Minden (mt). Ein Blick in die einschlägigen Schallplattenkataloge betätigt, dass mit Pepping auch ansonsten Chor assoziiert wird: Weniges ist dokumentiert, und dann vorrangig Musik, die der menschlichen Stimme anvertraut ist. Da mutet es fast wie eine kleine Sensation an, dass jetzt das Osnabrücker Entdeckerlabel „cpo“ eine Gesamteinspielung der Sinfonien Ernst Peppings vorlegt und um ein Klavierkonzert ergänzt. Ausführende dieser diskographischen Heldentat sind die Nordwestdeutsche Philharmonie (NWD) unter Werner Andreas Albert, einem Dirigenten, der sich in der Vergangenheit zum König des abseitigen Repertoires gemausert hat. Auf zwei CDs werden die zwischen 1939 und 1944 entstandenen und zwischen 1992 und 1995 im Auftrag des Westdeutschen Rundfunks eingespielten drei Sinfonien vorgestellt. Das Ergebnis kann sich hören lassen und auch darüber hinaus ist die Doppel-CD eine kleine Fundgrube: Das Booklet informiert ausführlich über Umstände der Entstehung, bleibt allerdings vage, wenn es um satztechnische Einzelheiten geht, die hier von einigem Interesse wären. Vielleicht nahm der Autor an, die traditionellen Bahnen verhaftete Kompositionsweise brauche keine detaillierten Erläuterungen: Damit hat er zumindest teilweise recht. Erstaunlich die Verweigerungshaltung des Komponisten den Strömungen des 20. Jahrhunderts gegenüber, die aus den vier vorgelegten Instrumentalwerken spricht. So ist die erste Sinfonie ein viersätziges, überaus verspieltes und den Geist der Wiener Klassik atmendes Werk. Haydn in die Moderne versetzt ist das: Kein Wunder, dass Karl Böhm die Uraufführung dirigierte. Für die Zweite Sinfonie von 1942 setzte sich kein Geringerer als Wilhelm Furtwängler ein: Man spürt, dass die Eindringlichkeit des langsamen Satzes bei diesem Dirigenten in besten Händen war. An anderer Stelle (3. Satz) hört man allerdings auch, dass Einfälle sich totlaufen und der Erfindungskraft des Komponisten Grenzen gesetzt sind. Trotzdem ist die Zweite Sinfonie das bedeutendste Werk und für einen Test in Sachen Repertoiretauglichkeit unbedingt geeignet. Aber auch hier bleibt Pepping Traditionalist, lässt kaum etwas von den bedrohlichen Ereignissen der Weltgeschichte in die Komposition einfließen. Wie kann ein in Berlin ansässiger Tonsetzer im Angesicht von Krieg Mitteilungen der Ernst-Pepping-Gesellschaft Heft 14 Seite 4 Aktuell und Zerstörung derart unbekümmert komponieren, fragt man sich. Nicht zuletzt angesichts einer dritten Sinfonie (1944), die den Untertitel „Die Tageszeiten“ trägt und wiederum gelassen, fast heiter daherkommt, als habe es Zwölftonmusik und Zweiten Weltkrieg nicht gegeben. Hörenswert ist diese Musik in ihrer zum Teil ausdrucksstarken Art dennoch: Dies gilt erst recht für das wenig mehr als zwanzigminütige Klavierkonzert, das wie ein früher Hindemith wirkt und von Volker Banfield imposant in die Tasten geschlagen wird. Die Nordwestdeutsche Philharmonie ist hier ein ausgesprochen präsenter Begleiter, in den Sinfonien ein aufgeweckt und kompetent agierendes Orchester. Dass ihm die erste Sinfonie am besten liegt, verwundert nicht. Von der zweiten immerhin kann man sich anhand dieser Aufnahme einen ausgezeichneten Eindruck verschaffen. Doch festzuhalten bleibt: Werner Andreas Albert ist nicht Furtwängler und die NWD nicht die Berliner Philharmoniker. Trotzdem: Für alle Pepping-Fans ist diese CD ein Muss, für den sinfonischen Raritäten-Sammler ebenso. Für die übrigen Hörer gibt es einmal angenehme, dann wiederum etwas kantige Musik zu erleben. Keine schlechte Mischung. Udo Stephan Köhne, Mindener Tagblatt Symphonien aus schwieriger Zeit Als Symphoniker im engeren Sinn – also als Komponisten, der sich intensiv und über einen längeren Zeitraum hinweg mit der Gattung Symphonie auseinandersetzt – kann man Ernst Pepping nicht bezeichnen. Er schrieb seine drei Symphonien während des Zweiten Weltkrieges, also in einer schwierigen Zeit, in der viele Komponisten emigriert waren oder sich mit dem Nazi-Regime eingelassen hatten. Nach 1945 war Pepping, der konsequent an seinem eigenen Stil festhielt, dann bald ein kaum mehr gefragter Komponist. Ein wenig an Sibelius erinnernd, beendete Pepping die kompositorische Tätigkeit 13 Jahre vor seinem Tod – in Erinnerung bleibt er vor allem als Erneuerer der Kirchenmusik und als Hochschullehrer (zu seinen Schülern zählte unter anderem Aribert Reimann). Mit dieser Doppel-CD rückt cpo den Instrumentalkomponisten Pepping in den Blickpunkt: Neben den drei Symphonien erklingt das 1950 komponierte Klavierkonzert, den Solopart spielt Volker Banfield. Werner Andreas Albert leitet die Nordwestdeutsche Philharmonie in den 1992-95 entstandenen Aufnahmen. Alle Symphonien halten an der dreisätzigen Form fest, die Dritte trägt den Titel ‚Die Tageszeiten‘, ohne daß Pepping sie als Programmusik verstanden wissen wollte. Die 1939 komponierte erste Symphonie zeichnet sich durch einen ausgedehnten ‚Molto Adagio‘-Abschnitt aus, um den sich die relativ knappen übrigen Sätze gruppieren. Peppings Stil, dies wird schon beim Hören des ersten Satzes klar, ist schwer zu charakterisieren. Er schrieb eine relativ zugängliche, klare Tonsprache, die trotz Anklänge an den Neoklassizismus in keine der Schubladen des (an Sch Schubladen nicht armen) 20. Jahrhunderts paßt. Am ehesten könnte man noch eine Parallele von der ersten Symphonie zu Mahlers Vierter ziehen – allerdings ohne die ‚Himmlischen Längen‘, Peppings Werk dauert 32 Minuten. Das Engagement der Nordwestdeutschen Philharmonie für diese selten zu hörende Musik wird leider durch ein leicht verwaschenes Klangbild getrübt. Die sonst in dieser Hinsicht meist exzellenten cpo-Produktionen erfahren hier einen ‚Ausreißer‘ – die Balance zwischen Streichern und Bläsern könnte besser sein, das Holz wird bisweilen fast zugedeckt. Schade, denn rein musikalisch gibt es nichts auszusetzen: Auch die zweite Symphonie, ein in der Länge deutlich gewachsenes Werk, erfährt eine präzise und mitreißende Interpretation. Das 1942 entstandene Werk wirkt schroffer, herber und nicht so leicht zugänglich wie die ‚ältere Schwester‘. Gemeinsam haben beide Werke eine Tendenz zu kontrapunktischer Schreibweise, die bisweilen etwas gezwungen wirkt – vor allem die Partitur der Zweiten dürfte in dieser Hinsicht ein Fest für Analytiker sein. Im direkten Vergleich hinterlässt die zweite Symphonie den gelungeneren Eindruck, wird aber selbst noch von der Dritten übertroffen, die Pepping 1944 (also unter denkbar ungünstigen Umständen) komponierte. Obwohl die Sätze Titel wie ‚Der Morgen‘ oder ‚Die Nacht‘ tragen, darf man eine ‚Morgenstimmung‘ a la Grieg ebensowenig erwarten wie ein chopineskes Nocturne im Finale. Kontrapunktische Künste durchziehen auch dieses Werk, ansonsten hebt es sich aber durch eine feinfühlige Instrumentation und originelle Harmonik von den ersten beiden Symphonien ab. Vieles spricht dafür, dass Peppings letzte Symphonie seine beste ist – gravierend sind die Unterschiede jedoch nicht. Das Orchester leistet erneut interpretatorisch vorzügliche Arbeit, auch die genannten klanglichen Defizite lassen sich weiterhin feststellen. Kompakt und verspielt präsentiert sich schließlich das Klavierkonzert, traditionell dreisätzig gebaut, wobei erster und letzter Satz wiederum unterteilt sind. Banfield, der für cpo bereits einen Koloss wie das Busoni-Konzert gestemmt hat, bereitet das bei aller handwerklicher Meisterschaft doch eher harmlose Konzert keinerlei Schwierigkeiten, Albert und die Nordwestdeutsche Philharmonie begleiten souverän. Als unbedingt hörenswertes Meisterwerk würde ich das Klavierkonzert aber nicht bezeichnen. Optimal ist das Klangbild auch hier keineswegs, doch besser als bei den Symphonien. Fazit: Wer den Komponisten Ernst Pepping kennenlernen möchte, ist mit diesen beiden CDs gut bedient. Die ordentlichen Interpretationen des Orchesters wurden allerdings klanglich defizitär eingefangen. Für allgemeiner interessierte Hörer muss man festhalten, dass Pepping ein fähiger, aber nicht herausragender Komponist war. Wer ausschließlich Meisterwerke sammelt, wird sich diese Veröffentlichung wohl nicht anschaffen. Ein höchst erfreulicher Aspekt ist hingegen der ausführliche Booklet-Text von Anselm Eber. Michael Loos; Quelle: www.klassik.de Mitteilungen der Ernst-Pepping-Gesellschaft Heft 14 Seite 5 Verborgene Größe Wirklich bedeutende Musik, so will es in der eventgeprägten musikalischen Gegenwart scheinen, kann nur dort zu finden sein, wo die arrivierten Werke der anerkannten Komponisten aufgeführt werden. Das gilt vor allem für die Musik der älteren Vergangenheit, in gewisser Weise auch für jene des 20. Jahrhunderts und der Gegenwart. Außerdem wird Größe allzu leichtfertig im ‚Großen’ gesucht – kleinere Gattungen, ästhetische Nebenwege und musikalische Nischen werden kaum einmal nach verborgenen Schmuckstücken ‚durchforscht’. Doch gibt es gerade hier wundervolle Arbeiten zu bestaunen, wird bei der Beschäftigung mit diesen Kompositionen die ‚Musikgeschichte der Heroen’ in ihrer ganzen Fragwürdigkeit bloßgestellt: Bernd Stegmann und das Berliner Vokalensemble widmen sich mit der vorliegenden Platte dem chormusikalischen Schaffen Ernst Peppings (1901-1981). Schon zuvor traten Dirigent und Ensemble durch Veröffentlichungen mit Musik von Arnold Mendelssohn, Hugo Distler und Helmut Barbe hervor, die sich sämtlich durch ein hohes musikalisches Niveau und eine tiefgründige, innovative und wohlüberlegte Programmzusammenstellung auszeichneten. Ernst Pepping, der vielleicht bedeutendste kreative Kirchenmusiker des deutschen Protestantismus im 20. Jahrhundert, hinterließ ein umfangreiches Werk, vorwiegend im Bereich der Chormusik angesiedelt, jedoch auch durch größere Orchesterwerke dokumentiert. Zudem äußerte er sich in mehreren Buchveröffentlichungen zur ästhetischen Dimension seines Schaffens, das in jene kirchenmusikalische Erneuerungsbewegung eingebettet war, die sich in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts unter anderem barocken Vorbildern zuwandte. Peppings Kompositionsweise ist grundsätzlich polyphon angelegt, verbleibt meist in einer kirchentonartlich geprägten Tonalität und erreicht dabei gleichzeitig eine charakteristische Farbigkeit des Klanges. Im Zentrum der vorliegenden Platte steht die 1948 uraufgeführte fünfsätzige ‚Missa Dona nobis pacem’. Schon die Reaktionen nach dem ersten Erklingen dieser Musik verwiesen auf den verstörenden, für die von Verunsicherung und Zukunftsangst gekennzeichnete Nachkriegszeit angemessene Art der Vertonung des Messtextes. Pepping selbst lehnte eine irgendwie aktuelle, direkte ästhetische Verbindung zwischen seiner Musik und der realen Lebenswelt jedoch stets ab. In der Messe treten uns spröde, zerklüftete Abschnitte gegenüber, die außerordentlich vielfältig gestaltet und mit einem hohen formalen und kompositionstechnischen Anspruch versehen sind. Komplexe Fugen beeindrucken den Hörer, in den anderen Kompositionen der Platte – es sind dies die Motetten auf biblische Texte ‚Jesus und Nikodemus’, ‚Ein jegliches hat seine Zeit’ und ‚Uns ist ein Kind geboren’ – treten jedoch auch lyrische Momente in den Vordergrund, wird eine beinahe meditative Vierstimmigkeit entfaltet. Diese in manchen Aspekten auch für den heutigen Hörer herausfordernde Musik verlangt nach künstlerisch und intellektuell bestens gerüsteten Interpreten – und findet sie im von Bernd Stegmann souverän geformten und geleiteten Berliner Vokalensemble. Der schmal besetzte Chor verfügt über ein schönes Melos, das vor allem in den Sopranen immer wieder aufglänzt. Die herausfordernde Musik Peppings wird neben der notwendigen stimmlichen Disposition von den einzelnen Sängern hörbar auch gedanklich bewältigt – ein nicht unwesentlicher interpretatorischer Aspekt. So gelingen auch tonal schwierige Figuren und Anschlüsse sehr souverän, beweisen sich auch hier die sehr geschlossenen Register des Chores. Das Ensemble ist erkennbar am Ideal differenzierter Klangentfaltung orientiert. Im Ergebnis heißt das: Es wird ein sehr fein abgestimmtes dynamisches Tableau entfaltet, das auf einer aktiven, strukturierten Phrasierung basiert. Einzig die Textverständlichkeit leidet hin und wieder unter der Hinwendung zur klanglich delikaten Vielgestaltigkeit. Doch handelt es sich insgesamt um eine absolut kompetente Interpretation der Werke: Peppings Musik ist von Stegmanns Auffassung und Umsetzung musikalischtechnisch, intellektuell und ästhetisch durchdrungen worden und hat die Vielschichtigkeit der Kompositionen zutreffend ausgeleuchtet. Dabei wurde die nicht unerhebliche Aufgabe bewältigt, eine sich gewissermaßen verbergende Musik zugänglich und verständlich zu machen. Dr. Matthias Lange; Quelle: www. klassik.com Ernst Pepping: „Missa Dona nobis pacem“ Der 1979 gegründete Chor arbeitet semiprofessionell und singt auf höchstem Niveau. Er besitzt einen klaren Chorklang, ist schlank geführt, klingt homogen, singt intonationssicher, aber manchmal etwas statisch. Chor und Chorleiter haben diese Aufnahmen alles in allem sehr gut gemeistert. Astrid Belschner; rbb Kulturradio am Mittag Ernst Pepping: Symphonien und Klavierkonzert Volker Banfield, Klavier; Nordwestdeutsche Philharmonie, Werner Andreas Albert cpo 2006, Best.-Nr. 777 041 – 2 Ernst Pepping: Missa Dona nobis pacem, Jesus und Nikodemus, Ein jegliches hat seine Zeit, Uns ist ein Kind geboren Bernd Stegmann, Berliner Vokalensemble Cantate 2006, Best.-Nr. C58027 Ernst Pepping: Kleines Orgelbuch, Concerto I; Hugo Distler: Dreißig Spielstücke für die Kleinorgel oder andere Tasteninstrumente George Bozeman, Orgel Pape 2006, Best.-Nr. LC 08430 Mitteilungen der Ernst-Pepping-Gesellschaft Heft 14 Seite 6 Aktuell „Für die Zeit – gegen den Tag“ Bekannt ist Ernst Pepping vor allem für seine Chormusik und sicherlich ist er – neben Hugo Distler – der wichtigste Komponist für evangelische Kirchenmusik im 20. Jahrhundert. Von Chorleitern und Organisten geschätzt, wird er vom Publikum eher verhalten aufgenommen, was sich an der geringen Anzahl von Konzerten und Einspielungen seiner Werke ablesen lässt. Viele Vorurteile gegenüber dem Menschen Ernst Pepping auszuräumen und den Bekanntschaftsgrad seines vielschichtigen und umfangreichen Oeuvres zu fördern, das hat sich die Ernst-Pepping-Gesellschaft zur Aufgabe gemacht. Als Organ dienen ihr die Pepping-Studien, deren dritter Band hier besprochen werden soll. Kurz notiert … Als neue Gesellschaftsmitglieder begrüßen wir sehr herzlich Herrn Dr. Hans-Eberhard und Frau Heike Bosse (Neunkirchen). Es verstarb unser Gesellschaftsmitglied Prof. Ernst Arfken. Im Alter von 99 Jahren starb am 25. Februar 2006 Frau Agnes Klaffke, geb. Kaempf, Sekretärin und Heimleiterin an der Berliner Kirchenmusikschule zwischen 1935 und 1946. Vielfach ist für das heutige Pepping-Bild die Frage nach seinem Verhalten im Dritten Reich entscheidend, zumeist verbunden mit vorschnellen Urteilen. Aufschluss über die damalige Lebenssituation Peppings gibt der Aufsatz „Anpassung, Verweigerung, innere Emigration? Ernst Pepping im Nationalsozialismus“ von Burkhard Meischein. Mit dem nötigen Abstand des Historikers nähert sich Meischein der Problematik, reflektiert über den Begriff ‚innere Emigration’ und kommt zu einem, natürlich nicht widerspruchsfreien Gesamtbild, das als typisch für eine Vielzahl von nicht emigrierten Künstlern im Dritten Reich gelten kann. Naturgemäß setzen sich mehrere Essays mit dem Chorschaffen Peppings auseinander. Erwähnenswert erscheint hier der Beitrag „Ernst Peppings Chorzyklus Der Wagen. Entstehungsgeschichte, Form und Rezeption“ von Anke Tillmann. In kompakter Form präsentiert sich alles Wissenswerte rund um ein bedeutendes a capella Werk des 20. Jahrhunderts. Schade ist nur, dass der analytische Anteil ein wenig unter der gebotenen Kürze leidet. Ebenso spannend ist der Blick auf Peppings Instrumentalwerke, wie ein Aufsatz von Manuel Gervink beweist. Er behandelt die drei Symphonien (!) Peppings und stellt diese in den Kontext der Gattungstradition. Der weithin unbekannte Pepping der 20er Jahre wird unter anderem bei Michael Heinemann in seinem Essay „Ernst Pepping: eine Positionsbestimmung“ thematisiert. Hier zeichnet sich das Bild eines jungen, ungestümen Komponisten ab, der den Vergleich mit dem ‚Bürgerschreck’ Hindemith nicht zu scheuen braucht. Ein kleines Kuriosum ist der Aufsatz „Brückenbau zwischen Ernst Pepping und Hanns Eisler?“ von Gerd Rienäcker. Wie der Autor mehrfach erwähnt, hat es zwischen Pepping und Eisler so gut wie keinen Kontakt gegeben und der Aufsatz handelt von allerlei Differenzen in politischer, weltanschaulicher und ästhetischer Hinsicht. Die Gemeinsamkeiten erschließen sich allerdings auf den zweiten Blick: Beide Komponisten sitzen gewissermaßen zwischen den Stühlen ... ein durchaus lesenswerter Beitrag! Wenige Tage vor seinem 99. Geburtstag verstarb am 29. Dezember 2006 Herr Dr. Eberhard Zohlen. Insgesamt zeichnet sich im dritten Band der Pepping-Studien ein facettenreiches Bild des Menschen und Musikers Ernst Pepping ab, das Lust darauf macht, sich näher mit diesem vielfach unterschätzten Komponisten zu beschäftigen. Es gibt noch viel zu entdecken ... Freitag, 23. Februar 2007, 19.30 Uhr, Dorfkirche Berlin-Marienfelde Musik der 1950er Jahre. Werke von Ahrens, Hessenberg, Reda und Pepping (Zwei Fugen in cis) Christian Schlicke, Orgel Claus Woschenko; Quelle: Die Tonkunst online / 0407 „Für die Zeit – gegen den Tag“. Die Beiträge des Berliner Ernst-Pepping-Symposiums 9.-13. Mai 2001. Hrsg. von Sven Hiemke, Köln: Dohr 2002 In unserer letzten Mitgliederversammlung wurde Frau Christiane Richter in den Vorstand der Gesellschaft gewählt. Sie übernimmt künftig das Amt der Schatzmeisterin. Die Mitgliedsbeiträge für das vergangene Jahr wurden vor wenigen Tagen abgebucht. Peppings Orchestervariationen über einen Liedsatz von Senfl („Lust hab ich ghabt zur Musika“) gelangten am 1. und 2. Juli 2006 in Frankfurt am Main durch das Jugend-Musik-Ensemble der Dreikönigskirche unter Christian Münch zur Aufführung. Am Karfreitag, 14. April 2006 wurde Peppings „Passionsbericht des Matthäus“ in Hamburg aufgeführt (Kantorei St. Katharinen, Kammerchor Fontana d'Israel; Leitung: Andreas Fischer und Isolde Knittel). Florian Wilkes spielte am 3. Dezember 2006 in der Berliner St.-Hedwigskathedrale u. a. Orgelwerke von Ernst Pepping. Die nächste Mitgliederversammlung findet, wie schon erwähnt, am Sonntag, 18. Februar 2007 um 15.30 Uhr statt. Eine Einladung ging Ihnen bereits zu. Um 20.00 Uhr erfolgt in der Berliner Philharmonie die Aufführung von Peppings Dritter Symphonie. Kartenvorbestellungen sind unter Tel. 030 – 36 75 14 84 oder im Internet ([email protected]) möglich. Termine Freitag, 18. Mai 2007, 20.00 Uhr, St.-Nikolaikirche (Stadtmuseum), Berlin-Mitte Martin Luther – Paul Gerhardt. Orgelkonzert Werke von Pepping, Bach, Buxtehude u. a. Christian Schlicke, Orgel Mitteilungen der Ernst-Pepping-Gesellschaft Heft 14 Seite 7 Archiv 1944 – Das Jahr der Entstehung der Dritten Symphonie Ernst Pepping: Handschriftliches Werkverzeichnis für Oskar Söhngen zum 5. Dezember 1945 (Ausschnitt) Als Pepping seine Dritte Symphonie seinem Verleger am 18. September 1944 annoncierte, war bereits abzusehen, dass eine Drucklegung und Aufführung zu Kriegszeiten nicht mehr erfolgen würde. „Wir haben hier auch eine Sinfonie – mit Paukenschlag –, die man die „Tageszeiten“ nennen könnte“, antwortete Ludwig Strecker am 27. September 1944 aus den Kellerräumen des Verlages, „nur ist leider kein Unterschied mehr zwischen Morgen, Mittag oder Nacht, sondern alles nur ein fortgesetzter Alarm und dazwischen auch Angriffe. (…) Daß Sie an einer neuen Sinfonie arbeiten, hat uns alle sehr interessiert. Ich bewundere Sie für die Konzentrationsmöglichkeit, die uns hier nicht mehr vorstellbar ist. Das Manuskript allerdings empfehlen wir Ihnen vorerst bei sich unterzubringen. An sich hätten wir hier natürlich gute Aufbewahrung[s]möglichkeiten, nur ist die Reise zu gefährlich.“ Wenige Wochen später wurden die Mainzer Verlagsgebäude Opfer der Bombenangriffe. Wie überhaupt bei allen zu Kriegszeiten komponierten Werken lässt sich auch im Falle der Dritten Symphonie der historische Kontext ihrer Entstehung kaum erahnen. Zur Komposition, entstanden zwischen Februar und August 1944, erklärte der Komponist ausdrücklich, dass es sich hierbei primär um absolute Musik handele; die Überschriften seien allenfalls als „Phantasieanhaltspunkte“ zu verstehen (Schreiben an Richard Baum vom 6. 8. 1948). Als symphonisches Pendant zu seinem 1940 komponierten Chorzyklus „Das Jahr“, in dem Pepping das ländliche Leben im Wandel der Monate schilderte (so oder ähnlich dürfte es Pepping im Johannesstift, am Rande Berlins gelegen, dessen Räume er von 1934 bis zu seinem Tod bewohnte, erlebt haben), bleibt bei den „Tageszeiten“ jeder Zusammenhang mit dem eigenen Tagesablauf des Komponisten im letzten Kriegsjahr rein spekulativ: „Die Symphonie entstand am Ende des Krieges auf dem Höhepunkt der Luftangriffe, zu einer Zeit, da jeder neue Morgen ein neues Geschenk war“, so Peppings einzige Bemerkung zu den Umständen der Entstehung. Zwar erreichte der Krieg das Johannesstift spät: In seinem handschriftlichen (Oskar Söhngen in Dankbarkeit zum 5. Dezember 1945 überreichten) Werkverzeichnis datierte Pepping erste „schwere Luftangriffe auf Berlin“ auf den 22./23. November 1943; nur kurz darauf wurde auch Spandau Ziel der Angriffe. Erleichtert reagierte Wilhelm Strecker auf Peppings (wie üblich) knappen Spandauer Lagebericht (im Schreiben vom 9. Dezember 1943), „heute Nachricht von Ihnen zu erhalten, denn man hörte hier, daß auch Spandau bei den letzten Angriffen hart betroffen worden sei. Möge es für Sie so gut bleiben, denn es ist schon genug Unersetzliches vernichtet worden.“ Gleichwohl geriet die Kirchenmusikschule von 1943 an zunehmend unter Druck. Am 5. Februar 1943 wurde Gottfried Grote zur Wehrmacht einberufen. Auf Vorschlag des Evangelischen Johannesstifts („im Einvernehmen mit Herrn Grote und nach Rücksprache mit den Herren Oberkonsistorialrat Dr. Söhngen und Oberkonsistorialrat Gruhl“) übernahm daraufhin Pepping kommissarisch die Leitung der Schule; eine hochoffizielle Ernennung durch das zuständige Dezernat beim Stadtpräsidenten von Berlin hat indessen nie stattgefunden, da Pepping, seit 1940 in seiner Funktion als Pädagoge an der Kirchenmusikschule uk- (= unabkömmlich) gestellt, eine entsprechende Qualifikation niemals nachgewiesen hat. (Die 1921 am Staatlichen Lehrerseminar in Essen erworbene „Berechtigung zum öffentlichen Schuldienst“ hatte Pepping 1928 an das Preußische Staatsministerium verkauft.) Die Situation verschärfte sich noch einmal im Sommer 1944: Wie alle Musikschulen und Konservatorien musste auch die Berliner Kirchenmusikschule (durch Erlass des Landeskulturwalters von Berlin vom August 1944) mit einer kurz- oder mittelfristigen Schließung rechnen, ferner stand – gemäß einer Anordnung des Reichswissenschaftsministers vom 1. September 1944 – eine Mobilmachung aller Schüler und Schülerinnen aus dem Bereich des berufsbildenden Schulwesens („soweit sie sich im einsatzpflichtigen Alter befinden und nicht anderweitig erfasst werden oder bereits erfasst worden sind“) wie auch der „freiwerdenden, an anderer Stelle nicht unbedingt notwendigen Lehrkräfte der Musikschulen, Musikseminare und Konservatorien für den Einsatz in der Rüstungsindustrie oder zu anderen unmittelbar kriegswichtigen Aufgaben“ unmittelbar bevor. Zu den eindrucksvollen Zeugnissen, die die Situation an der Kirchenmusikschule im letzten Kriegswinter schildern (der Schulbetrieb konnte trotz Einschränkungen fast bis zuletzt aufrecht erhalten werden), gehört ein Schreiben Peppings an die der Schule noch verbliebenen (und sämtlich dienstverpflichteten) Schülerinnen vom 17. November 1944. Dieses jüngst der Gesellschaft überlassene Dokument fügen wir hier bei. Mitteilungen der Ernst-Pepping-Gesellschaft Heft 14 Seite 8 Doch auch Pepping selbst geriet – angesichts der von offizieller Seite nachdrücklich geforderten Nachweise über seine pädagogische Befähigung – in Bedrängnis. Mehrere Versuche der Stiftsverwaltung und des Oberkirchenrats, einen Verzicht der Unterlagen zu erwirken, blieben erfolglos. Der entsprechende Schriftverkehr zog sich über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr in die Länge und verlief im Herbst 1944 schließlich im Sande. Ein letztes Schreiben in der Angelegenheit datiert auf den 5. Oktober 1944: „Ob die verbrannten Akten der Reichsmusikkammer einen Nachweis meiner deutschblütigen Abstammung enthalten haben, entzieht sich meiner Kenntnis. Beiliegend überreiche ich Ihnen den übersandten Vordruck unterschrieben zurück. Über Zeugnisse zum Nachweise meiner fachlichen und pädagogischen Befähigung verfüge ich nicht, die Privatmusiklehrerprüfung habe ich nicht abgelegt, die staatliche Anerkennung besitze ich nicht. Ich schlage vor, mich – was das Fehlen des Lebenslaufes und des polizeilichen Führungszeugnisses anbelangt – als einen jener ‚wohlbegründeten Ausnahmefälle‘ anzusehen, deren Existenz in den ministeriellen Bestimmungen Berücksichtigung gefunden hat.“ (Pepping an den Berliner Stadtpräsidenten am 5. 10. 1944, EZA 7/2643) Inzwischen hatte offenbar Oskar Söhngen dafür Sorge getragen, dass Pepping auf die „Gottbegnadetenliste“ des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda vom Spätsommer 1944 gelangte. Nunmehr in seiner Eigenschaft als Komponist „dienstverpflichtet“ – seine uk-Stellung als Pädagoge blieb indessen weiter bestehen, ein glücklicher Umstand verhinderte seine Heranziehung zum Volkssturm im Frühjahr 1945 –, blieb Peppings Schaffenskraft bis zum Kriegsende ungebrochen. Im Zuge der „Totalisierung des Krieges“ gewissermaßen jeder Aufführungsmöglichkeit beraubt – so scheiterte schon im September 1943 eine fest terminierte Dresdner Aufführung des Streichquartetts, für 1944 geplante Aufführungen durch Fritz Heitmann, Ernst Kaller und Udo Dammert haben offenbar nicht mehr stattgefunden –, komponierte Pepping fortan für die Zeit danach: Es entstand die „Serenade für Orchester“; über der Komposition der vierten Klaviersonate drangen sowjetische Truppen ins Johannesstift vor. Die Rettung der Manuskripte, insbesondere das der Dritten Symphonie war ihm ein wichtiges Anliegen: Man sei, so die letzte Mitteilung nach Mainz vom 16. März 1945, „nachgerade an den Gedanken gewöhnt, alles übrige Eigentum abzuschreiben. Wenn hierzu auch die Manuskripte von nicht erschienenen Werken gehörten, so wäre dies sehr bitter.“ Während die meisten Autographe sorgsam in unterirdischen Gängen versteckt waren, scheint die Dritte Symphonie verschiedene Wege genommen zu haben: Kurz vor deren Uraufführung drei Jahre nach dem Krieg – vorausgegangenen waren zähe Auseinandersetzungen mit dem Verlag Schott, die Pepping schließlich bewogen, beim Verlag Bärenreiter zu publizieren, außerdem eine langwierige Herstellung und Auslieferung der Aufführungsmateriale und der Studienpartitur – schrieb Caritas Grote an Agnes Klaffke (am 2. April 1948): „Nun kommt erst die Uraufführung von Peppings 3. Sinfonie die Tageszeiten. Du weißt doch noch, wie wir das Manuskript gehütet haben in der Russenzeit. Zuletzt lag’s im Hängeboden über der Küche.“ Pepping selbst dokumentierte die letzten Kriegsmonate in einem Brief an seinen Freund und Kollegen Adolf Brunner vom 19. Februar 1949: Programm zur Uraufführung der Dritten Symphonie (Berlin 1948) „Das Herbst 1943 komponierte ‚Streichquartett‘ war das letzte Manuskript, das der Post übergeben werden konnte. Was hernach entstand, blieb in meinen Händen, das heisst, griffbereit in der Aktentasche. Die vielgeübte und schliesslich virtuos beherrschte Technik bei Alarmen: Fenster aushängen (von 5 Zimmern und Küche), Türen öffnen, Klavichord in den Korridor tragen (auch den Gummibaum nicht vergessen), 3 Koffer, Aktentasche mit Papieren und Manuskripten, Hund und Frau in den Keller schaffen, dies alles zuweilen mehrmals am Tage. Nun, diese Aktentasche war auch in meiner Hand, als die ersten Russen nachts in den Keller kamen, als wir am nächsten Tag unsere Wohnung verliessen und sie nach 4 Wochen wieder aufsuchten. So blieben die ‚Symphonie III Die Tageszeiten‘, die ‚Serenade für Orchester‘ und die ‚Sonate IV für Klavier‘ der Nachwelt erhalten. Der Schlusssatz des letzten Werkes wurde nach der Neuetablierung der Wohnung geschrieben (wir hatten in den letzten Kriegstagen sämtliche Möbel in den Keller geschafft), die wegen der ausgiebigen Plünderungen längere Zeit in Anspruch nahm.“ Impressum: Mitteilungen der Ernst-Pepping-Gesellschaft (ISSN 1438-9487), im Auftrag der Ernst-Pepping-Gesellschaft hrsg. von Anselm Eber, Malplaquetstr. 8, 13347 Berlin, Tel.: 030 – 45028051, E-Mail: [email protected]. Erscheinungsweise: zweimal jährlich. Vertrieb: kostenlos für die Mitglieder der Gesellschaft.