Versuch Nr. 03: Widerstandsmessung mit der Wheatstone-Brücke Versuchsdurchführung: Donnerstag, 28. Mai 2009 von Sven Köppel / Harald Meixner Protokollant: Harald Meixner Tutor: Batu Klump Inhalt 1. Aufgabenstellung und physikalischer Hintergrund 1.1. Was ist ein elektrischer Widerstand? 1.2. Aufgabenstellung 2. Messmethode und Schaltbilder 3. Messergebnisse 3.1. Drahtwiderstand 3.2. Platin-Präzisionswiderstand 3.3. Thermistor 4. Bestimmung des Temperaturkoeffizienten 5. Herleitung der Abgleichbedingung 6. Fehlerbetrachtung 6.1. Genauigkeit der Wheatstoneschen Brücke 6.2. Wann wird der Fehler von R minimal? 7. Wheatstonebrücke als Thermometer 1. Aufgabenstellung und physikalischer Hintergrund 1.1. Was ist ein elektrischer Widerstand? Elektrischer Strom besteht aus relativ frei beweglichen Elektronen, die sich durch einen Leiter bewegen. Je mehr Elektronen fließen, desto größer ist die Stromstärke. Da sich beim Fließen eines Stroms immer sehr viele Elektronen bewegen, führen sie viele elastische Stöße dabei aus, sowohl mit anderen Elektronen als auch mit bestimmten atomaren Bestandteilen des Leitermaterials. Durch diese Stoßprozesse wird die eigentlich gerichtete Bewegung gestreut und behindert. Die Elektronen müssen nun eine bestimmte elektrische Energie besitzen (=Spannung) um gegen diese „Behinderung“, also den elektrischen Widerstand, anzukommen. Will man also einen bestimmten elektrischen Strom durch einen Leiter fließen lassen, so ist der elektrische Widerstand ein Maß dafür, wie viel elektrische Spannung man dafür benötigt. 1.2. Aufgabenstellung In diesem Versuch werden nun folgende Aufgaben durchgeführt: 1. Die Abhängigkeit von der Temperatur wird bei 3 unterschiedlichen Widerständen im Bereich von 20°C bis 100°C gemessen und graphisch dargestellt. 2. Der Temperaturkoefffizient β, definiert durch die Gleichung R= R0∗1 βθ 3. 4. 5. 6. 7. wobei R0 der Widerstand bei 0°C und θ die Temperatur in Grad Celsius ist. Die Abgleichbedingung wird hergeleitet. Fehlerbetrachtung Die Messunsicherheit der Wheatstonebrücke wird mit der Messunsicherheit verglichen, die sich ergibt, wenn man den Widerstand aus dem ohmschen Gesetz durch I und U errechnet. Die Wheatstonebrücke soll als Thermometer verwendet werden. Es wird untersucht, wie man die Widerstände in Aufgabe 6 dimensionieren muss, um eine möglichst optimale Linearität zu erhalten. 2. Messmethode und Schaltbilder Zur Bestimmung wird die sogenannte Wheatstonesche Brücke verwendet. Das Prinzipschaltbild der Wheatstonschen Brücke ist unter Schaltbild 1 dargestellt. Das Voltmeter im Zentrum der Schaltung bezeichnet man als Nullinstrument. Es zeigt unabhängig von der angelegten Spannung keinen Ausschlag, wenn R 1 R3 = R 2 R4 gilt. Dies ist die sogenannte Abgleichbedingung. Setzt man nun für einen der bekannten Widerstanden einen unbekannten Widerstand R x ein und hat man die Möglichkeit, einen der bekannten Widerstände zu variieren, so kann man R x bestimmen, indem man durch variieren des veränderbaren Widerstandes dafür sorgt, dass das Nullinstrument keinen Ausschlag mehr anzeigt („Brückenabgleich“). Nun braucht man die Abgleichbedingung nur noch nach R x auflösen und hat damit den Widerstand bestimmt. In durchgeführten Experiment wurden die Widerstände R1 und R2 durch einen ausgespannten Draht ersetzt, auf dem sich ein Schleifkontakt bewegt (dargestellt in Schaltbild2). Anstelle der Widerstandswerte geht nun also das Verhältnis der Längen der Drahtabschnitte, bezeichnet mit a in die Abgleichbedingung ein. Mithilfe des Schleifkontakts kann man nun den b Brückenabgleich herbeiführen. Der unbekannte Widerstand R x berechnet sich nun aus dem Produkt des bekannten Widerstands mit dem Verhältnis der Drahtabschnitte: a R x =Rn (Herleitung folgt in 5.) b Als bekannten Widerstand Rn wird ein Stöpselwiderstand verwendet. Dieser besteht aus mehreren in Reihe geschalteten Präzisionswiderständen von unterschiedlicher Größe, welche man gezielt zuschalten und überbrücken kann, um unterschiedliche Gesamtwerte für den Widerstand zu erhalten. Schaltbilder Prinzipieller Aufbau der Wheatstoneschen Brücke: Schaltbild1 Praktische Ausführung im Versuch: Schaltbild2 3. Messergebnisse 3. 1. Für den Drahtwiderstand wurden folgende Werte gemessen: Temp [°C] 22,5 36 42 48,6 54,7 59,9 65,9 72,1 79,4 94 a [cm] 23,7 23,6 23,2 23,1 23,05 22,95 22,85 22,1 22,1 22,1 b [cm] 76,3 76,4 76,8 76,9 76,95 77,05 77,15 77,9 77,9 77,9 Rn [Ohm] 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 Rx [Ohm] 31,06 30,89 30,21 30,04 29,95 29,79 29,62 28,37 28,37 28,37 Δ Temp [°C] 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 Δ Rx 0,79 0,79 0,77 0,77 0,77 0,76 0,76 0,73 0,73 0,73 Graphische Darstellung: 40 Anfängerpraktikum 2 Versuch 3, Aufgabe 1 Drahtwiderstand 38 Linear Regression for DRAHTWIDERSTA_RX: Y=A+B*X Parameter Value Error -----------------------------------------------------------A 32,21586 0,32464 B -0,04433 0,00532 ------------------------------------------------------------ 36 34 R 32 30 28 26 24 22 20 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Temp Der Widerstandswert schwankt im Bereich zwischen 20°C und 100°C nur um ungefähr 3Ω. In kleinen Temperaturbereichen kann der Drahtwiderstand also als konstant angenommen werden. 3. 2. Für den Platin-Präzisionswiderstand ergaben sich folgende Messwerte: Temp [°C] 26,6 33,7 39,7 48 55,4 63,8 71,7 82,3 86,7 92,5 a [cm] 54 54,3 54,9 55,35 55,9 56,4 56,8 57,3 57,65 58 b [cm] 46 45,7 45,1 44,65 44,1 43,6 43,2 42,7 42,35 42 Rn [Ohm] 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 Rx [Ohm] 117,39 118,82 121,73 123,96 126,76 129,36 131,48 134,19 136,13 138,1 Δ Temp [°C] 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 Δ Rx 1,26 2,86 2,93 2,98 3,05 3,11 3,17 3,23 3,28 3,33 Graphische Darstellung: Anfängerpraktikum 2 Versuch 3, Aufgabe 1 Platin-Präzisionswiderstand R / Ohm 140 Linear Regression for PLATINPRÄZIS_RX: Y=A+B*X 120 Parameter Value Error -----------------------------------------------------------A 108,95769 0,37172 B 0,31369 0,00582 ------------------------------------------------------------ 20 30 40 50 60 70 80 90 100 t / Cel Der Platin-Präzisionswiderstand zeigt eine sehr lineare Abhängigkeit von der Temperatur. 3. 3. Messergebnisse für den Thermistor aus Halbleitermaterial: Temp [°C] 94,7 82,3 73,4 64,6 56,1 49,6 44,3 39,4 34,4 27,6 a [cm] 34,2 40,8 45,7 50 54,7 58,6 62 43,5 46,4 50,1 b [cm] 65,8 59,2 54,3 50 45,3 41,4 38 56,5 53,6 49,9 Rn [Ohm] 100 100 100 100 100 100 100 300 300 300 Rx [Ohm] 51,98 68,92 84,16 100 120,75 141,55 163,16 230,97 259,7 301,2 Δ Temp [°C] 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 Δ Rx 1,27 1,66 2,02 2,4 2,9 3,41 3,96 5,56 6,24 7,23 Graphische Darstellung: Anfängerpraktikum 2 Versuch 3, Aufgabe 1 Thermistor aus Halbleitermaterial 350 300 Data: Thermistor_Rx Model: ExpDec1 Equation: y = A1*exp(-x/t1) + y0 Weighting: y Instrumental R / Ohm 250 Chi^2/DoF = 7.84615 R^2 = 0.98622 200 y0 A1 t1 150 34.45074 813.78864 25.41327 ±2.86449 ±42.9654 ±1.04864 100 50 20 30 40 50 60 70 80 90 100 t / Cel Der Thermistor zeigt eine exponentielle Temperaturabhängigkeit. Dies ist ein deutliches Zeichen dafür, dass es sich hier nicht um einen Ohmschen Widerstand handelt. 4. Bestimmung des Temperaturkoeffizienten Der Temperaturkoeffizient ist definiert über R= R0 1 βθ β berechnet sich also über β= R−R0 θR0 Man benötigt zur Bestimmung von β den Widerstand bei 0°C. Diesen kann man aus den linearen Regressionen der graphischen Darstellungen entnehmen. Bei den Widerständen, die einen linearen Verlauf zeigen, gibt es außerdem einen Zusammenhang zwischen der Steigung der Geraden und dem Temperaturkoeffizienten: Die Steigung der Regressionsgeraden ist einfach: a= R− R0 θ und damit lässt β sich nun berechnen durch β= a R0 Es ergeben sich nun folgende Temperaturkoeffizienten: Widerstand Drahtwiderstand Platin-Präzisionswiderstand R bei 0° [Ohm] Steigung a 32,21 0,044 108,95 0,313 Temperaturkoeffizient 0,00137 0,00287 Für den Thermistor lässt sich keine lineare Regression durchführen. Der maximale Fehler ließe sich nun Berechnen durch: Δβ = Δa a ΔR0 R 0 R20 Schaut man sich einmal den zweiten Term dieser Gleichung an, so sieht man leicht, dass dieser Fehler extrem klein sein wird. 5. Herleitung der Abgleichbedingung Für die Herleitung der Abgleichbedingung schaut man sich Schaltbild 2 an. Es seien nun Ux Un Ua Ub = An Widerstand R x abfallende Spannung = An Widerstand Rn abfallende Spannung = An Drahtabschnitt a ( = Ra ) abfallende Spannung = An Drahtabschnitt b (= Rb ) abfallende Spannung Geht man zunächst davon aus, dass alle Widerstände gleich sind, so ergibt sich für die entsprechenden Ströme: U x =U a ⇒ R x∗I 2=Ra∗I 2 U n=U b ⇒ R n∗I 1=Rb∗I 1 Diese Gleichungen lassen sich nun so umstellen, dass die Ströme nicht mehr in Ihnen auftauchen: R x Ra = R n Rb Die Widerstände Ra und Rb standen für den durch die Drahtabschnitte a und b verursachten Widerstände. Da es nur auf das Verhältnis der Widerstände zueinander ankommt, können wir sie nun in der Gleichung die Längen a und b ersetzen. Nun braucht man nur noch nach R x aufzulösen und erhält die Abgleichbedingung: R x =Rn a b 6. Fehlerbetrachtungen 6. 1. Genauigkeit der Wheatstonebrücke Der Fehler von R x lässt sich berechnen durch ΔR x =ΔR n a l R n Δa 2 l −a l−a (1) Um nun die Messunsicherheit bei der Wheatstonebrücke mit der Messunsicherheit bei Bestimmung des Widerstandes mithilfe des Ohmschen Gesetzes zu vergleichen schauen wir nun exemplarisch auf den Drahtwiderstand. Aus der unter Messergebnisse angegebenen Tabelle kann man entnehmen, dass der durchschnittliche Fehler von R etwa 0,76 Ohm entspricht. Der Drahtwiderstand war während der Messung relativ konstant. Gehen wir nun davon aus dass der Widerstand im Mittel 29,6 Ohm groß war, so ergibt sich ein Fehler pro Ohm von ungefähr 2%. Würde man den Widerstand bestimmen, indem man Spannung und Stromstärke mit Geräten mit je 1,5% Fehler misst, so erhält man einen maximalen Fehler von 3% pro Ohm. Die Wheatstonebrücke ist also genauer. 6. 2. Wann wird der Fehler von R x minimal? Ausgangsformel ist nochmal (1). Zur Vereinfachung der folgenden Rechnung nehmen wir nun an, der Fehler des Vergleichswiderstandes Rn sei vernachlässigbar klein, sodass für den Fehler nun gilt: ΔR x =Rn l Δa l−a2 Der Fehler ist nun also eine Funktion die von Rn und a abhängt, da sowohl l als auch der Fehler von a konstant sind. Diese Funktion muss nun also minimal werden. Löst man die Abgleichbedingung nach a auf und setzt ein, so kann man a aus der Gleichung elminieren und erhält: 2 Rn R x ΔR x = l −Rn Leiten wir nun partiell nach Rn ab, so ergibt die Nullstelle, dass das Minimum des Fehler bei Rn = R x . Der Fehler wird also am kleinsten, wenn der Vergleichswiderstand möglichst so groß ist, wie der zu messende Widerstand. 7. Wheatstonesche Brücke als Thermometer Wie die Messergebnisse zeigen, hat der Platin-Präsizionswiderstand eine sehr lineare Abhängigkeit von der Temperatur. Gleicht man mit diesem Widerstand also die Brücke bei einer bestimmten Temperatur so an, dass das Nullinstrument nichts mehr anzeigt, so lässt sich anschließend jede Temperaturänderung mit einem Ausschlag des Instruments registrieren. Da die Abhängigkeit des Widerstands linear ist, ist auch der Ausschlag des Instruments linear und man kann die Wheatsonebrücke als Thermometer nutzen. Im Versuch wurde die Wheatstonebrücke bei 60° angeglichen und dann die Temperatur variiert. Es wurden folgende Ergebnisse gemessen: Temp [°C] 40 45 50 60 73 80 90 U [mv] 32 24 12 0 -24 -36 -52 Δ Temp [°C] 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 Δ U [mv] 0,64 0,48 0,24 0 -0,48 -0,72 -1,04 Graphische Darstellung: 90 Temperatur C° 80 70 60 50 40 -60 -40 -20 0 20 40 Spannung mV Eine Variation des Messgerätes von „empfindlich“ und „unempfindlich“ brachte bei den Messwerten keine ablesbaren Änderungen. Man erkennt gut die lineare Abhängigkeit im Bereich zwischen 60° und 90°. Im Bereich zwischen 50° und 60° allerdings ist ein deutliches Abweichen der Linearität festzustellen. Schaut man sich allerdings die Tabelle mit den Messergebnissen an, so beruht dieses Abweichen von der Linearität nur auf einem einzigen Messwert und ist vermutlich die Folge eines Ablesefehlers. Auch hier ist es ideal, wenn die verwendeten Widerstände etwa dieselbe Größe haben, damit der Fehler am geringsten und somit die Linearität am besten wird.