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Hygienische Anforderungen
an die Aufbereitung
von Krankenhausmatratzen
Prof. Dr. Reinier Mutters
Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene
Philipps-Universität Marburg
Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH
Nosokomiale Infektionen Deutschland
Hochrechnung der Gesamtzahl nosokomialer Infektionen auf Basis
publizierter Prävalenz-Daten
Studie
Prävalenz %
NI berechnet für 2011
6,3 (Diagnose ab Tag 2)
5,7 (Diagnose ab Tag 3)
1.182.763
1.070.120
NIDEP 1 (1994)
3,5
657.091
- KH mit eigenem Labor
5,1
953.720
- KH mit Lab in anderer Stadt
2,9
540.692
NIDEP 2 (1995-1998)
6,9
1.295.408
ECDC (alle Länder 2012)
7,1
-
ECDC (Deutsche Daten 2012)
5,0
936.824
DKG (1990)
Problematik
Eine nosokomiale Infektion oder Krankenhausinfektion ist eine
Infektion, die im Zuge eines Aufenthaltes oder einer Behandlung in
einem Krankenhaus oder einer Pflegeeinrichtung auftritt.
• Etwa 3,5 % aller Patienten in Deutschland bekommen auf
Allgemeinstationen eine Krankenhausinfektion
• 15% auf Intensivstationen
• Nosokomiale Infektionen in Deutschland (DGKH) 900.000 pro
Jahr
rund 40.000 Todesfälle
Krankenhausinfektionen verursachen im Mittel vier
Tage längere Liegezeiten sowie Zusatzkosten von
4.000 bis 20.000 Euro
Bartens, in: Süddeutsche Zeitung. 23.10.2008, S. 16
Rechtliche Situation
Höchstrichterliche Rechtsprechung (Bundesgerichtshof) in
2007 und 2008 (z.B. BGH, 20.3.2007, AZ: VI ZR 158):
Hygiene gehört zu den voll beherrschbaren Risiken im
Gesundheitswesen
Folge: Erleichterte Beweislastumkehr bei Hygienefehlern
Problem multiresistente Keime - die „ESCAPE-Gruppe“
• Enterococcus faecium (VRE)
• Staphylococcus aureus (MRSA)
• Clostridium difficile (NAP1, 027, 078)
• Acinetobacter baumannii (4MRGN)
• Pseudomonas aeruginosa (3MRGN, 4MRGN)
• Enterobacteriaceae
(E. coli, Klebsiella, Serratia ESBL, NDM1, 3MRGN, 4MRGN, KPC)
Letalität von MRE bei Beatmungspneumonie (VAP)
Sanchez, IS08, 1031, 25th ECCMID Kopenhagen 2015
nach Rello 2011
Risiko Transmission
Keimübertragungen im Krankenhaus, Altenheim, Pflegeinrichtung
regelhaft durch direkten Kontakt, selten über Luft (z.B. Windpocken)
Die zeitlich längste Kontaktfläche eines Patienten:
Das Bett (Matratze, Kissen)
Problem
Kontaminiert mit Schmutz und Keimen des Patienten
Ohne Aufbereitung ist die Übertragung auf Folgepatienten
wahrscheinlich
Infektionsrisiko Bett?
Jeder Patient hat Anspruch auf ein sauberes, desinfiziertes
und mit frischer Wäsche bezogenes Bett, das er ohne ein
Infektionsrisiko einzugehen nutzen kann.
Vor dem Hintergrund von Norovirus- und Clostridium difficile-Infektionen
gewinnt das “saubere“ Bett an Bedeutung
Problem
Im Mittel 4 Tage längere Liegezeiten
Zusatzkosten von 4.000 – 20.000 Euro
Ansehensverlust
des Krankenhauses
.
Schließungen
Ökonomischer Verlust durch Imageschaden
.
Kontamination von Matratzen und Bettwäsche mit
besonderen und multiresistenten Keimen
• MRSA, Bettwäsche
– 50%
(Boyce et al.,Infect Control Hosp Epidemiol., 622-627, 1997)
– 43% bis 52%
(Sexton et al., J Hosp. Infect. 187-194, 2006)
• MRSA, Matratze
– 52% (erste Woche)
– 71% (vierte Woche)
(Sexton et al., J Hosp. Infect. 187-194, 2006)
– 380 KBE/100cm2 Wäsche
(Oie et al., Jpn. I. Infect. Dis., 367-369, 2007)
– Epidemische MRSA aus Matratze
(Rahman, Postgrad. Med., 3:126-129, 1993)
• P. aeruginosa
– 25% der Wäsche mit epidemischen Stamm (bei CF)
(Panagea et al., J. Hops. Infect., 102-107, 2005)
Nosokomiale Infektionen durch Matratzen
• Pseudomonas aeruginosa-Infektion aus Matratze
Robertson et al., Brit. Med. J., 831-832, 1980
Fujita et al., Br. Med. J.283: 219-220, 1981
• Acinetobacter-Infektionen aus Matratze
Sherertz & Sullivan, J. Infect. Dis., 151: 252-258, 1985
• Multiresistenter Enterobacter cloacae
Ausbruch mit 12 Infektionen und 3 Kolonisationen
Ursache: Matratzenkerne,
Matratzen optisch einwandfrei
10 Matratzenkerne kontaminiert, Stämme identisch mit Patientenstämmen
Van der Mee-Marquet et al., Crit. Care, 10: 405-406, 2006
Lefo-Institut Ahrensburg 2011:
In 1 Kg Matratzenstaub von Hotelbetten (Hamburg):
• 2,4 – 6,3 Liter Schweiß
• 41 – 200 Milliliter Samenflüssigkeit
• Schimmelpilze, Hausstaubmilben,
• in Einzelfällen ca. 2900 E. coli pro Gramm Material
Infektionen ausgehend von Matratzen
Sherertz RJ, Sullivan ML.
An outbreak of infections with Acinetobacter calcoaceticus in burn patients: contamination of
patients' mattresses.
J Infect Dis 1985; 151 (2): 252-8.
Hammami A, Arlet G, Ben Redjeb S, Grimont F, Ben Hassen A, Rekik A, Philippon A.
Nosocomial outbreak of acute gastroenteritis in a neonatal intensive care unit in Tunisia caused by
multiply drug resistant Salmonella wien producing SHV-2 beta-lactamase.
Eur J Clin Microbiol Infect Dis 1991; 10(8):641-6.
Ayyagari A, Chander J, Narang A, Banerjee CK, Panigrahi D, Bhakoo ON, Sarkar S.
Outbreak of Salmonella worthington meningitis & septicaemia in a hospital at Chandigarh (north
India).
Indian J Med Res 1990;91:15-7.
Ndawula EM, Brown L.
Mattresses as reservoirs of epidemic methicillin-resistant Staphylococcus aureus.
Lancet 1991; 337(8739): 488.
Fujita K, Lilly HA, Kidson A, Ayliffe GA.
Gentamicin-resistant Pseudomonas aeruginosa infection from mattresses in a burns unit.
Br Med J 1981;283(6285): 219-20.
Quantitative detection of Clostridium difficile in hospital
environmental samples by real-time PCR
Quantitative real-time PCR
CDAD positive environment CDAD negative environment
1,E+05
CDAD positive environment CDAD negative environment
60
P e r c e n ta g e
Q u a n ti fi c a ti o n
50
1,E+04
40
30
20
1,E+03
10
0
1,E+02
Furniture
Floor
Toilet
Hands
Bedding
Furniture
Floor
Environmental samples
Toilet
Hands
Bedding
Environmental samples
CDAD negative environment = >6 Monate kein CD-Patient
Mutters et al. J. Hosp. Infect., 2009
Persistenz von Erregern (ESCAPE-Gruppe)
Bakterium
Dauer der Persistenz (Bereich)
Acinetobacter spp.
3 Tage - 5 Monate
Clostridium difficile (Sporen)
5 Monate
Escherichia coli
1,5 Stunden – 16 Monate
Enterococcus spp. (VRE/VSE)
5 Tage – 4 Monate
Klebsiella spp.
2 Stunden bis zu > 30 Monaten
Pseudomonas aeruginosa
6 Stunden – 16 Monate
Trockene Flächen: 5 Wochen
Serratia marcescens
3 Tage – 2 Monate
Trockene Flächen: 5 Wochen
Staphylococcus aureus, MRSA
7 Tage – 7 Monate
CRE-Ausbruch seit Juni 2010
Presse:
Das Unheil lauerte in Griechenland (Rhodos). Im Juni 2010 bekam ein
Urlauber Fieber und musste ins örtliche Krankenhaus.
Nach dem Rückflug ließ er sich an der renommierten Leipziger Uniklinik
weiterbehandeln.
Doch die Bakterien waren gegen nahezu alle Antibiotika resistent.
Lungenentzündung
Sepitkämie
Letzter Pfeil im Köcher, die „Carbapeneme“.
Zum Entsetzen der Leipziger Spezialisten waren jedoch auch diese
Reserveantibiotika gegen den griechischen Importkeim wirkungslos
KPC (Carbapenemase-bildende Klebsiella pneumoniae)
2010 – 2013: 104 Infektionen, >40 Todesfälle
Clinical epidemiology of Klebsiella pneumoniae carbapenemases
Insights from Germany: Positioning pillows can kill your patient
Lippmann et al., Lancet Infect. Dis. 2014
Anforderungen an Matratzen
• Die Matratze muss undurchlässig für Flüssigkeiten, sollte jedoch
durchlässig für Wasserdampf ("atmungsaktiv") sein
• Physikalisch problematische Empfehlung
• Mit Wasserdampf/Wasser gelangen Mikroorganismen
unweigerlich in Matratzen-Inneres
• Die Matratze muss getrennt vom Bettgestell gereinigt und
desinfiziert werden können
• Die für die Matratze verwendeten Materialien dürfen die
Reinigung und Desinfektion nicht behindern
• Die Matratzenoberfläche muss glatt, leicht trocknend und
unbeschädigt sein
AWMF, Hygienische Aufbereitung von Krankenhausbetten, 2004
Anforderungen an Matratzen
• Empfohlen: glatter, desinfizierbarer, flüssigkeits- und
keimdichter Überzug
• Bezüge müssen wischdesinfizierbar sein oder mit
desinfizierenden Waschverfahren aufbereitet werden
• Matratzenbezug muss mindestens Liege- und Seitenflächen
umfassen.
Hygienisch vorteilhafter sind Ganzbezüge.
• Wegen des Wohlbefindens der Patienten und zur
Dekubitusprophylaxe sind physiologische Eigenschaften
insbesondere Dampfdurchlässigkeit und Passform zu beachten.
Leitlinie: Anforderungen an die Bettenhygiene (IB). Hyg. Med. 28, 2003
Die Realität
• Es werden handelsübliche Matratzen verwendet, meist aus
Kostengründen oft einfache Schaumstoffunterlagen
•
Diese sind nicht aufbereitbar, werden daher ggf. mit z.B.
Latexauflagen „abgedeckt“
Mikroorganismen, insbesondere Viren können penetrieren
Die Folge:
Wundliegen (mit daraus entstehendem Dekubitus), Schwitzen
und Störgeräusche bei Bewegungen
Übliche Matratzen im "Gesundheitssystem"
Schaumstoff wird zerstört, Größe nimmt ab
Schaumstoffmatratzen müssen (theoretisch) unverhältnismäßig
häufig entsorgt werden
Latex-/PU-Umhüllungen „quietschen“ beim Bewegen
unangenehm für den Patienten
Einschmutzungen (Blut, Sekrete, Stuhl etc.) nicht entfernbar
„steriler Dreck“ (falls sterilisiert wurde)
Liegekomfort = 0
Matratzen nach 2 Tagen Nutzung
Spezial-Matratzen nach Nutzung
Schaumstoffmatratze nach 3 Monaten Nutzung und versuchter Aufbereitung
Situation
Bildung von Infektionsherden
Keimvermehrung und Ansiedelung von Parasiten: Durch
intensive Nutzung (bis zu 24 Stunden täglich) und längere
Verweildauer (über mehrere Tage)
Mögliche Erregerübertragung
infolge einer Bett-Neubelegung
Bei innerbetrieblichem Transport
Detritus und Flüssigkeiten: Infolge von Schweiß, Inkontinenz,
Wundsekreten des Patienten, infolge pflegerischer und/oder
therapeutischer Maßnahmen
Anforderungen
• Matratzen sind semikritische Medizinprodukte Gruppe 2a
(gemäß Klassifikation Anlage IX EU-Richtlinie 93/42/EWG)
• Die desinfizierende Reinigung wird in der Norm EN ISO 15883-1
bis 4 geregelt
• Weiteres: Prüfmethoden, Anforderungen etc. DIN 58949 1-7,
DIN 58955-1-7
Anforderungen
• Neben der Nichtdesinfizierbarkeit stellt die Trocknung das
zweite Problem dar
• Daher wird in Analogie zu anderen MP empfohlen:
• Die Überprüfung des Trocknungsgrades erfolgt auf den äußeren
Oberflächen visuell
• Ergänzend kann das Spülgut auf farbiges Krepppapier gelegt
werden, auf dem feuchte Flecken gut sichtbar sind
• Restfeuchte an Kontaktstellen ist zu tolerieren
• Bis zu 10% Restfeuchte zulässig
cit: Qualitätssicherung von Reinigungs- und Desinfektionsprozessen –
Anforderungen, Prüfmethoden, Dokumentation, Bezugsquellen
Höller et al., 2009
Im Ergebnis können „aufbereitete“ Matratzen ein Risikofaktor sein
für die Übertragung von Erregern, insbesondere nosokomialer Erreger
Krankenhausbetriebs-Verordnung §23 - 1995
Jeder stationär aufgenommene oder aus einem anderen
Bereich verlegte Patient muss ein gereinigtes und
erforderlichenfalls auch desinfiziertes Bett erhalten, das mit
frischer Wäsche bezogen ist. Die Betten sind bis zur
Verwendung mit einer Schutzabdeckung zu versehen.
Matratzen sind in regelmäßigen Abständen zu desinfizieren.
Anspruch - Umsetzungsziel
Jeder Patient hat Anspruch auf ein sauberes, desinfiziertes
und mit frischer Wäsche bezogenes Bett, das er ohne ein
Infektionsrisiko einzugehen nutzen kann.
Verfahren zur hygienischen
Reinigung und Aufbereitung
von Matratzen
Schutz des Patienten vor
der direkten Kontaktfläche
und somit vor dem
Infektionsherd durch eine
spezielle Auflage
Produkte
4cm Top
8cm Basic
Produkte
Reinigungs- und Desinfektionsanlage - Hyromat®
Auflage „Abstandsgewirke 3 DEA®
Dreidimensionales Abstandsgewirke – Spacer
• Hohe Atmungsaktivität
Gewebewirkstoff zwischen poröser Oberschicht und
dichter Unterschicht bewirkt optimale Verdunstung und Zirkulation
Gitternetz kann keine Feuchtigkeit aufnehmen
Matratzenwärme und die damit in Verbindung stehende
Feuchtigkeit wird abgeführt
• Hohe Druckelastizität
Feuchtwunden-Prophylaxe
Optimaler Klimakomfort durch natürliche Wärme- und
Feuchteregulierung
Dampfdurchlässig
Feuchtigkeits-abführend
Dauerhaft druckelastisch
Ausgezeichnetes Rückstellvermögen
Wasch- und desinfizierbar
Vollständig recyclebar (100% Polyester)
Ohne Auflage
Mit Auflage
Liegesystem "nosocare"
+ Natürliche Klimaregulierung
+ Feuchtwunden-Prophylaxe
+ maschinell desinfizierend
aufbereitbar
Spacer
Untermatratze
Marburg: 160 Betten inkl. Infektionsstation
Reinigungs- und Desinfektionsautomat – Hyromat
•
•
•
•
•
Verschiedene Desinfektionsprogramme
Bakterien, Pilze, Viren, Sporen werden abgetötet
Sichere Trocknung
Keine Geräuschentwicklung
Geringer Energie- und Medienbedarf
Matratzenkombination
Hyromat
Entwicklung eines innovativen
hygienisch sicheren Systems
Vorteile
+ Hoher Liegekomfort für Patienten durch atmungsaktives Abstandsgewirk
+ Praktisches und damit schnelles Handling beim Bettzeugwechsel durch
Bettsets
+ OP-Zwischenreinigungen können durch präoperative Auflage eines neuen
Bettsets entfallen
+ Feuchtwunden-Prophylaxe (dadurch Vermeidung von Dekubitus)
Vorteile
+ Keimfreie Matratzenauflage, die hohe Patientensicherheit gewährleistet
+ Keimfreier Matratzenkern durch festverschweißten, flüssigkeitsdichten
Matratzenüberzug
+ Nachweisliche Zerstörung aller mikrobiellen Gruppen inkl. Milben durch
Peressigsäure
+ Kaum Staubentwicklung im Patientenzimmer bei Bettzeugwechsel durch
Bettset-Logistik
+ Entlastung des eigenen Pflegepersonals und deutlicher Zeitgewinn,
Reduktion Personalaufwand
+ Effiziente Energiebilanz des Systems, Kein Dampf nötig, geringer Energieund Medienverbrauch
Vorteile
+ Rechtliche Anforderungen an Patientenbett erfüllt: atmungsaktiv und
flüssigkeitsdicht
+ Flüssigkeitsabfuhr
bei Diarrhoe liegt Patient weiter trocken
(keine sofortige Aktion erforderlich)
+ Sicherheit: Erstes thermochemisches Matratzenaufbereitungsverfahren,
das die Matratzenauflage sowohl waschen als auch desinfizieren kann.
+ Auflagerungen (Jod, Salben, Blut ,Sekrete) werden rückstandsfrei entfernt
(Einspareffekt)
Das Bett, bzw. die Matratze ist das Trojanische Pferd der Infektion
da bislang von der Hygiene vergessen,
wurden keine leicht desinfizierbaren Systeme entwickelt
Hygiene-Anforderungen an Matratzen mit bisherigen Systemen
nicht umfänglich erfüllbar
Der entscheidende Punkt ist die hygienisch sichere
Desinfektion der Matratzen
Da diese nicht geleistet werden kann, werden „Hilfskonstrukte“
verwendet, die den Anforderungen nicht nachkommen
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