etechnikfuermb-teil1 - Department Elektrotechnik und Informatik

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Theorie
und Praxis
für Karrieren
von morgen
UNIVERSITÄT SIEGEN
FACHBEREICH 12
ELEKTROTECHNIK
UND INFORMATIK
Institut für Leistungselektronik
und Elektrische Antriebe
Prof. Dr.-Ing. G. Schröder
Elektrotechnik für Maschinenbauer
Teil 1: Grundlagen
Vorlesungsskript
Stand: 1.03
Elektrotechnik für Maschinenbauer
Inhaltsverzeichnis
Elektrotechnik für Maschinenbauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
1
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
2
Elektrisches Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
2.1
Ladung, Elementarladung, Strom, Stromdichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
2.2
Potential, Spannung, Feldstärke, Kraft auf Ladungsträger . . . . . . . . . 8
2.3
Ohmsches Gesetz, elektrischer Widerstand, Leitwert, Temperaturkoeffizient des Widerstandes, Supraleitung, elektrischer Stromkreis,
Quellenspannung, Spannungsabfall, Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
2.4
Elektrostatisches Feld, Verschiebungsfluss, Verschiebungsflussdichte,
elektrische Feldkonstante, Dielektrizitätskonstante, Dielektrikum,
Kondensatoren, Kapazität, gespeicherte Energie, Coulombsches
Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
3
Magnetisches Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
3.1
Pole, quellenfreies Feld, Rechte-Hand-Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
3.2
Magnetischer Fluss und Flussdichte (Induktion) . . . . . . . . . . . . . . . . 27
3.3
Durchflutung und magnetische Feldstärke, Durchflutungsgesetz . . . 29
3.4
Magnetische Spannung, magnetischer Widerstand, Permeabilität,
magn. Feldkonstante, Hysterese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
3.5
Lorentzkraft, Induktionsgesetz, Generator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
3.6
Selbstinduktion, Gegeninduktion, Induktivität, Transformator, Wirbelströme, Skineffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
3.7
Energien und Kräfte im Magnetfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
3.8
Passive Bauelemente, die sich aus den bisherigen Betrachtungen
ergeben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
4
Berechnung von Stromkreisen bei Gleichstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
4.1
Kirchhoff´sche Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
4.2
Grundstromkreis, Kurzschluß, Leerlauf, Anpassung, Energie und
Leistung, Wirkungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
4.3
Nichtlineare Widerstände, graphische Arbeitspunktermittlung . . . . . 60
4.4
Widerstandsnetzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
4.5
Vermaschte Netzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
5
Berechnung von Stromkreisen bei Wechselstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
5.1
Erzeugung von Wechselspannung mit einer elektrischen Maschine
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
5.2
Zeitlicher Mittelwert, Effektivwert, Zählpfeile . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
5.3
Spannung und Strom an Kapazität und Induktivität . . . . . . . . . . . . . 80
5.4
Reihenschaltungen bei Wechselstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
5.5
Zeigerdiagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
5.6
Parallelschaltungen bei Wechselstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
5.7
5.8
6
7
Komplexe Zeiger in der Wechselstromtechnik . . . . . . . . . . . 92
Die komplexe Darstellung von Widerständen und Leitwerten bei
Wechselstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
5.9
Wirk-, Blind und Scheinleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
5.10 Ortskurven der Impedanz und der Admittanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
5.11 Reihen- und Parallelschwingkreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
5.12 Der Frequenzgang passiver Netzwerke, Bode-Diagramm . . . . . . . . 105
5.13 Blindleistungs-Kompensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
Dreiphasen-Wechselstrom (Drehstrom) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
6.1
Das verkettete Drehstromsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
6.2
Die Leistung im Drehstromsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
6.3
Stern-/Dreieck-Umschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
Elektrodynamische Ausgleichsvorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
7.1
Ein- und Ausschaltvorgänge mit idealen Bauteilen . . . . . . . . . . . . . 121
7.2
Reale Schaltvorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
1
1
Einleitung
Die Elektrotechnik ist ein Teilgebiet der angewandten Physik. Sie behandelt die Wechselwirkungen zwischen ruhenden und bewegten Ladungen. Sie hat sich die Aufgabe gestellt,
diese Wechselwirkungen zu beobachten, zu analysieren und die herrschenden Gesetzmäßigkeiten zu beschreiben. Diese Beschreibung geschieht mit Hilfe der Mathematik, d.h. in der
Regel durch Formeln. Dadurch wird das Wissen auf diesem Gebiet allgemein verfügbar und
anwendbar.
Physikalische Größen, Einheiten und Gleichungen:
Die in der Elektrotechnik verwendeten Basisgrößen sind
Länge, Zeit, Masse und Stromstärke.
Alle anderen Größen werden aus diesen Basisgrößen abgeleitet.
Zu jeder Basisgröße gehört eine Basiseinheit. Dies sind in unserem Falle
m (Meter), s (Sekunde), kg (Kilogramm) und A (Ampère).
Dieses System von Basiseinheiten wird häufig auch als MKSA-System bezeichnet. Aus den
Basiseinheiten lassen sich weitere Einheiten ableiten. Dabei achten wir darauf, dass das
Einheitensystem kohärent bleibt. Das heißt, dass abgeleitete Einheiten nur durch Produktbildung aus Basiseinheiten entstehen, ohne dass von 1 verschiedene Zahlenwerte als
Faktoren vorkommen.
Definitionen:
1.
Meter
Seit 1960 ist das Meter als das 1.650.763, 73 - fache der Wellenlänge
der von Atomen des Nuklids 86Kr beim Übergang vom Zustand 5d5
zum Zustand 2p10 ausgesandten, sich im Vakuum ausbreitenden
Strahlung, definiert.
2.
Kilogramm
Ein Kilogramm ist die Masse eines Liters Wasser bei 4° C. (Urkilogramm in Sivres).
3.
Sekunde
Eine Sekunde ist das 9.192.673.770 - fache der Periodendauer der
Strahlung, die beim Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes von Atomen des Nuklids 133Cs entsteht.
4.
Ampère
2
Ein Ampère ist die Stärke eines zeitlich unveränderlichen Stromes, der
durch zwei im Vakuum parallel im Abstand von einem Meter angeordnete, geradlinige, unendlich lange Leiter von vernachlässigbar
kleinem Querschnitt fließend, pro Meter Leiterlänge eine elektrodynamisch verursachte Kraft von 2!10-7 N = 2!10-7 kgm/s2 erzeugt.
Vorsatzzeichen:
Teile
Vielfache
Benennung
Kurzzeichen
Faktor
Dezi
d
10-1
Zenti
c
10-2
Milli
m
10-3
Mikro
µ
10-6
Nano
n
10-9
Piko
p
10-12
Femto
f
10-15
Atto
a
1018
Deka
d
101
Hekto
h
102
Kilo
k
103
Mega
M
106
Giga
G
109
Tera
T
1012
3
Einige abgeleitete Größen:
Größe
Formelzeichen
Bezeichnung
der Einheit
Kurzzeichen
Zusammenhang mit
Grundeinheit
Kraft
F
Newton
N
1N = 1 kgm/s2
Arbeit, Energie
W
Joule
J
1J = 1 kgm2/s2 = 1
Nm = 1Ws
Leistung
P
Watt
W
1W = 1 kgm2/s3
Ladung
Q
Coulomb
C
1C = 1 As
Spannung
U
Volt
V
1V = 1 kgm2/As3
Widerstand
R
Ohm
Ω
1Ω = 1 kgm2/A2s3
Leitwert
G
Siemens
S
1S = 1 A2s3/kgm2
Groß- und Kleinschreibung der Formelzeichen:
Es gilt die Vereinbarung, dass zeitlich konstante elektrische Größen in der Regel mit großen
Formelzeichen dargestellt werden; zeitlich veränderliche Größen erhalten kleine Formelzeichen.
2
Elektrisches Feld
2.1
Ladung, Elementarladung, Strom, Stromdichte
Wenn sich Ladungsträger bewegen, sprechen wir von einem elektrischen Strom. Dabei
kann es sich um die Bewegung von positiv oder negativ geladenen Teilchen (Ionen oder
Elektronen) oder beides handeln. Die bewegten Ladungen sind immer ein Vielfaches der
Elementarladung. Das Elektron ist negativ geladen und trägt eine solche Elementarladung
QE = e = −1,602 ⋅10−19 As
Die Einheit der Ladung ist As oder auch Coulomb.
Ionen können ein Mehrfaches der Elementarladung tragen und positiv oder negativ geladen
sein.
Der Strom in einem Leiter von einem Punkt 1 zu einem Punkt 2 wird positiv gerechnet,
wenn positive Ladungsträger sich von 1 nach 2 oder negative Ladungsträger sich von 2
nach 1 bewegen.
4
I
1
2
+
Bild 2.1:
Bewegung von Ladungsträgern
Diese Definition legt die sogenannte technische Stromrichtung fest. Wenn sich nur
Elektronen bewegen, wie es häufig der Fall ist, bewegen sie sich entgegen der technischen
Stromrichtung.
Zur Beschreibung der Bewegungsrichtung, der Geschwindigkeit und der antreibenden Kräfte
definiert man ein elektrisches Feld. Wenn die drei genannten Größen konstant sind, heißt
das Feld stationäres elektrisches Feld.
Spannt man innerhalb des elektrischen Feldes eine beliebige Fläche auf und ist man in der
Lage, die Anzahl der Ladungen Δq = n"e zu bestimmen, die diese Fläche innerhalb eines
bestimmten Zeitintervalls Δt durchdringen, so hat man ein Maß für die Stärke der Strömung
innerhalb dieser Fläche, die Stromstärke
∆ q dq
=
∆t → 0 ∆ t
dt
i = lim
I
-
Bild 2.2:
-
Technische Stromrichtung und Bewegungsrichtung der Elektronen
Kennt man die Stromstärke i(t) und möchte die innerhalb einer gewissen Zeit T transportierte
Ladungsmenge ermitteln, stellt man die Gleichung um und erhält
T
q = ∫ idt
0
Da die Ladung q in As gemessen wird, ist die Einheit der Stromstärke das Ampère (A).
5
q / As
a)
t/s
t1
i/A
t/s
t1
b)
Bild 2.3:
Ladungstransport bei wechselnder Stromrichtung
Die Materialeigenschaften der durchdrungenen Stoffe sind sehr unterschiedlich. Es gibt gute
elektrische Leiter, weniger gute Leiter und Isolatoren, die praktisch gar nicht leiten.
Wenn man zwischen der Ladungsquelle und der Ladungssenke einen Draht aus Kupfer (guter
elektrischer Leiter) mit konstantem Querschnitt anbringt und darum herum einen schlechten
Leiter (z.B. Luft), dann kann man davon ausgehen, dass über der gesamten Länge des Leiters
an jeder Stelle der gleiche Strom gemessen wird und dass dieser Strom der Gesamtstrom
zwischen Quelle und Senke ist. Es werden keine Ladungsträger seitlich von Außen in den
Leiter eintreten oder austreten.
Beispiel: Die Anzahl der beweglichen Elektronen in Kupfer ist
n = 8,43 ⋅ 1019 / mm3
Die ionisierten Atomrümpfe des Kupfers können sich nicht bewegen, da sie fest in das
Metallgitter eingebunden sind.
Der gesamte in dem Leiter fließende Strom i ist dann
i=
dq
dt
=
d (q p − q n )
dt
=
d
(− n ⋅ e ⋅ A ⋅ x)
dt
wobei A die Querschnittfläche des Leiters ist und x der Weg, den die Elektronenwolke
zurückgelegt hat.
6
Aus dieser Gleichung können wir die Bewegungsgeschwindigkeit der einzelnen Elektronen
bekommen:
dx
= − n ⋅ e ⋅ A ⋅ νe
dt
i
ν e=
− n⋅e⋅ A
i = −n ⋅ e ⋅ A
Wir nehmen nun an, dass es sich um eine gleichförmige Strömung mit konstanter Stromstärke I = 1 A handelt. Dieser Strom heißt übrigens Gleichstrom, weil er immer in die
gleiche Richtung fließt. Der Querschnitt des Leiters sei A =1 mm2. Dann ist die Bewegungsgeschwindigkeit:
mm
1 A ⋅ mm 3
νe =
19
2 = 0,074
−19
s
8,43 ⋅ 10 ⋅ 1,602 ⋅ 10 As ⋅ 1mm
Diese Geschwindigkeit erscheint zunächst sehr klein. Es ist jedoch nicht diese Geschwindigkeit von Interesse sondern eher die Tatsache, dass wie bei einer Strömung einer Flüssigkeit
durch ein Rohr konstanten Querschnitts die Bewegungsgeschwindigkeit an jeder Stelle des
Leiters zu jeder Zeit gleich groß ist.
In unterschiedlichen Anwendungen können die typischen Stromstärken sehr unterschiedlich
sein:
Ströme in Elektronikschaltungen:
Glühlampe 230V / 100 W:
Heizlüfter 230V / 2000 W:
Anlasser im Auto:
Aluminium-Schmelzofen:
1µA bis 100 mA
0,43 A
8,7 A
100A
10000A
Wenn man einem bestimmten elektrischen Strom I hintereinander angeordnete Leiterabschnitte mit unterschiedlichen Querschnitten anbietet, dann ist die
Bewegungsgeschwindigkeit der Elektronen (wie bei Flüssigkeiten in Rohrabschnitten mit
unterschiedlichen Querschnitten) in den einzelnen Abschnitten unterschiedlich groß. Es
besteht offensichtlich der Zusammenhang
ν~
I
A
7
I
v2
-
-
-
S1
v1
S2
-
v1
-
-
A1
A1
A2
Bild 2.4:
Geschwindigkeit der Elektronen bei wechselndem Leiterquerschnitt
Die Bewegungsgeschwindigkeit hat direkt zu tun mit den Verlusten, die beim Ladungstransport entstehen. Daher ist der Quotient I/A in der Elektrotechnik eine wichtige Größe. Diese
Größe wird Stromdichte genannt und erhält das Formelzeichen S. Die in der Technik
üblicherweise verwendete Einheit ist A/mm2. Für konstanten Strom in einem Leiter eines
bestimmten Querschnittes A erhalten wir
I
A
Wenn die Stromdichte S in einem Leiter zu große Werte annimmt, werden die Atomrümpfe
zu solch großen Schwingungen angeregt, dass das Metallgitter zerstört wird. Der Leiter
brennt durch. Übliche Stromdichten in Kupfer liegen im Bereich 3...20 A/mm2.
S=
Der Fall des Leiters konstanten Querschnitts zwischen Ladungsquelle und Ladungssenke ist
ein Spezialfall. Wenn Quelle und Senke gemeinsam von leitendem Material umgeben sind,
werden die Bewegungsgeschwindigkeit und die Bewegungsrichtung der Ladungsträger stark
vom betrachteten Ort abhängen. Also bietet es sich an, einen Geschwindigkeitsvektor bzw.
!
!
einen Vektor der Stromdichte S einzuführen. Dazu führen wir einen Flächenvektor A ein.
Sein Betrag ist gleich der Fläche selbst. Seine Richtung ist die Flächennormale.
Stromröhre
mit Strom ∆Ι
S
α
∆A
Bild 2.5:
Flächenelement im Strömungsfeld
8
Dadurch gewinnen wir die Freiheit, die Fläche beliebig in den Raum legen zu können. Die
Flächennormale muß nun nicht mehr in Richtung der Leiter-Achse weisen. Wenn wir
allerdings den Gesamtstrom I im Leiter erfassen wollen, muß die Fläche den Leiter vollständig umfassen. Tut sie dies nicht, dann ist nur der Teilstrom erfasst, der die Fläche
durchdringt. Es gilt:
! !
I = ∫ S ⋅ dA
A
2.2
Potential, Spannung, Feldstärke, Kraft auf Ladungsträger
Wir sind bisher davon ausgegangen, dass ein Strom fließt, ohne nach der Ursache für den
Stromfluss zu fragen. Tatsächlich ist es so, dass es für den Stromfluss eine treibende Kraft
geben muß. Diese Kraft wirkt auf die Ladungsträger und es wird eine Arbeit verrichtet, wenn
sich die Ladungsträger unter Krafteinwirkung bewegen. Die Arbeit, die verrichtet werden
muß, um eine Ladung vom Punkt 1 zum Punkt 2 zu bewegen, ist proportional der Ladung Q.
Der Proportionalitätsfaktor zwischen beiden wird Potentialdifferenz genannt.
∆ ϕ = ϕ 2 − ϕ1 =
∆W
Q
ϕ3
Q
+
ϕ2
F
s
E
∆ϕ = U21
d
+
Q
ϕ1
F
ϕ0
Bild 2.6:
Äquipotentialflächen und Feldstärkevektor im homogenen Feld
Wird eine Ladung Q in einem elektrischen Feld vom Punkt 1 zum Punkt 2 bewegt, durchläuft
sie eine Potentialdifferenz Δ!. Für die aufgenommene oder abgegebene Energie ist nur die
Potentialdifferenz maßgebend, nicht der absolute Wert der beiden einzelnen Potentiale.
Somit ist die Wahl des Bezugspunktes für das Potential frei. Dieser Zusammenhang ist
vergleichbar mit einer Masse m, deren potentielle Energie verändert wird, indem sie im
Gravitationsfeld der Erde von einer Höhe h1 auf eine Höhe h2 gebracht wird. Für die aufzubringende Arbeit ist nur Δh interessant und nicht die absolute Höhe.
9
Wird eine Masse m auf gleicher Höhe (waagerecht) reibungsfrei verschoben, ist keine Arbeit
notwendig. Im elektrischen Feld gibt es analog zu den Höhenlinien Linien bzw. Flächen
gleichen Potentials. Diese werden Äquipotentiallinien bzw. Äquipotentialflächen genannt.
Zur Lageänderung einer Ladung auf einer Äquipotentialfläche ist ebenfalls keine Arbeit
notwendig.
Die Einheit des Potentials ist das Volt.
[ϕ ] =
Joule Ws VAs
=
=
=V
C
As
As
Die Richtung der Kraft steht immer senkrecht auf den Äquipotentialflächen. Wenn wir von
einem homogenen Feld ausgehen, in dem an jedem Ort die Kraft auf die Ladungsträger gleich
groß ist und in die gleiche Richtung weist, dann sind die Äquipotentialflächen ebene Flächen.
Betrachten wir nun zwei Äquipotentialflächen im Abstand d. Die Potentialdifferenz zwischen
beiden ist
∆ϕ =
∆W F ⋅ d F
=
= d = E⋅d
Q
Q
Q
Die Größe E wird Elektrische Feldstärke genannt. Der Zusammenhang zwischen der Kraft
auf die Ladungsträger F und der elektrischen Feldstärke E kann allgemein ausgedrückt
werden:
!
F !
=E
Q
Die elektrische Feldstärke ist ein Vektor. Dieser Vektor zeigt in die Richtung der Kraft, die
auf eine positive Ladung ausgeübt wird. Die Einheit der elektrischen Feldstärke ist V/m.
Wird eine elektrische Ladung von einer Äquipotentialfläche mit dem Potential !1 auf eine
Äquipotentialfläche mit dem Potential !2 verschoben und anschließend weiter auf eine dritte
Fläche mit dem Potential !3, dann gilt
ϕ 3 − ϕ 1 = (ϕ 3 − ϕ 2 ) + (ϕ 2 − ϕ 1 ) = U 32 + U 21 = U 31
Die Differenz zwischen zwei Potentialen wird Elektrische Spannung genannt. Das Formelzeichen ist U und die Einheit ist die des Potentials, also Volt.
Wird eine Ladung im elektrischen Feld bewegt, so verändert sich ihr Energieniveau. Die
!
größte Änderung der Energie erfährt sie dann, wenn sie sich in Richtung von E bewegt.
Wählt man einen beliebigen Weg, so gilt für den Weg vom Punkt 1 nach Punkt 2:
2
U 12 =
! !
∫ Eds =
1
∆W
Q
10
1
ϕ1
+
U12
E
ds
ϕ2
2
Bild 2.7:
Freie Bewegung eines Ladungsträgers im elektrischen Feld
Wenn der gewählte Weg in sich geschlossen ist, verschwindet das Integral. Das ist auch leicht
einzusehen, da man sich am Ende des Integrationsweges wieder auf der gleichen Äquipotentialfläche befindet wie zu Beginn.
∫
! !
E ⋅ ds = 0
Die Kraft auf die Ladungsträger wirkt immer in Richtung des größten Potentialgefälles, somit
kann man schreiben
!
E = − grad ϕ
ϕ3
+
E
+
ϕ2
E
+
E
Bild 2.8:
Richtung des Feldstärkevektors im inhomogenen Feld
ϕ1
11
Wenn in einem homogenen Feld der Weg in Richtung der Kraft (senkrecht zu den Äquipotentialflächen) gewählt wird, wird daraus in skalarer Schreibweise
E =−
∆ϕ
∆s
Das Fließen eines Stromes ist nicht Voraussetzung dafür, dass eine elektrischen Feldstärke
existiert. Auch in einem Isolator kann eine elektrische Feldstärke vorhanden sein. Wenn
jedoch das Medium, in dem die Feldstärke vorherrscht, leitfähig ist, dann stellt sich eine
Stromdichte ein, die gleich der Feldstärke multipliziert mit einer Materialkonstante ist:
!
! 1 !
S = κE = E
ρ
κ>0
ϕ3
+
v
+
ϕ2
v
+
v
Bild 2.9:
ϕ1
Bewegungsrichtung der Ladungsträger im inhomogenen elektrischen Feld
Die Materialkonstante κ wird spezifische elektrische Leitfähigkeit genannt. Der Kehrwert ρ
heißt demzufolge spezifischer elektrischer Widerstand. Die Einheit des spezifischen
Ω⋅ mm2
Widerstandes ist
. Die mm2 werden hier bewusst nicht gegen das m gekürzt !
m
Der spezifische elektrische Widerstand des Kupfers ist
ρCu = 0,017
Ω mm 2
m
Der des Eisens ist dagegen höher:
ρ Fe
Ω mm 2
= 0,1
m
12
Silber leitet noch etwas besser als Kupfer, Gold dagegen etwas schlechter. Beide Metalle sind
allerdings für die Anwendung in großen Mengen zu teuer. Das Aluminium hat einen spezifischen Widerstand von
Ω mm2
m
Wegen seiner Zugfestigkeit wird es häufig bei Hochspannungs-Freileitungen verwendet.
ρ Al = 0,03
Man erkennt aus den genannten Zahlen, warum das Kupfer in der Elektrotechnik eine so
große Rolle spielt.
2.3
Ohmsches Gesetz, elektrischer Widerstand, Leitwert, Temperaturkoeffizient des
Widerstandes, Supraleitung, elektrischer Stromkreis, Quellenspannung, Spannungsabfall, Leistung
Wir betrachten wieder einen langgestreckten Leiter konstanten Querschnitts, an dessen Enden
unterschiedliche Potentiale !1 und !2 vorherrschen. In diesem Leiter findet durch den Einfluß
des elektrischen Feldes eine Ladungsträgerbewegung statt. Es gilt
S=
I 1
1 ϕ1 − ϕ2
= E=
ρ
A ρ
l
-
1
-
-
-
A
-
-
-
2
E
F
S
l
Spannung über Länge l : U
Strom durch Fläche : I
Bild 2.10:
Stromröhre
Nach der Potentialdifferenz aufgelöst ergibt das
U12 = ϕ1 − ϕ2 = ρ ⋅
l
⋅ I = R⋅ I
A
;
R = ρ⋅
l
A
Die Größe R fasst den spezifischen elektrischen Widerstand und die Geometrie des Leiters
zusammen. Sie wird Elektrischer Widerstand genannt. R ist der Proportionalitätsfaktor
zwischen der an einem Leiter anliegenden Spannung und dem sich daraufhin einstellenden
Strom. Damit kommen wir zum Ohmschen Gesetz:
13
R=
U
I
Die Einheit des elektrischen Widerstandes ist 1 Ω (Ohm). Manchmal wird auch der Kehrwert
des elektrischen Widerstandes verwendet. Er wird als elektrischer Leitwert bezeichnet.
G=
I
1
=
R U
Seine Einheit ist 1S ( Siemens) = 1A /1V = 1/Ω.
Der Begriff Ohmscher Widerstand kennzeichnet eine bestimmte Gruppe von Leitern mit
linearer Charakteristik. Wenn ein Widerstand als Ohmscher Widerstand bezeichnet wird,
heißt das, dass der Widerstand unabhängig von Strom und Spannung ist (Voraussetzung ist
dabei eine konstante Temperatur). Betrachtet man den ohmschen Widerstand von Leitern aus
verschiedenen Materialien als Funktion der Temperatur, so stellt man fest, dass in den
meisten Fällen eine Abhängigkeit besteht. Sowohl eine Erhöhung als auch eine Verringerung
des Widerstandes mit steigender Temperatur ist möglich. Wenn
dR
stark positiv ist, spricht
dϑ
man von einem Kaltleiter, ist es negativ, handelt es sich um einen Heißleiter.
R
R = f (ϑ)
α > 0 (positiv), Kaltleiter, PTC
a
α = Temperaturkoeffizient
b
c
α=0
α < 0 (negativ), Heißleiter, NTC
ϑ
Bild 2.11:
Unterschiedliche Temperaturabhängigkeiten des elektrischen Widerstandes
Das Temperaturverhalten wird beschrieben mit Hilfe des Temperaturkoeffizienten α. Dieser
Koeffizient wird angegeben für 20° C.
R = R20 ⋅ (1 + α∆ϑ )
mit Δ" = " - 20° C.
14
Einige wenige Legierungen weisen ein α von nahezu 0/K auf. Das Konstantan z.B. hat daher
seinen Namen.
Kupfer:
Aluminium:
α = 3,92"10-3/K
α = 4,0"10-3/K
R
∆R = R20 ∗ α ∗ ∆ϑ
∆ϑ
20
Bild 2.12:
ϑ / °C
Temperaturverhalten des ohmschen Widerstandes
Wenn man Leiter unter eine bestimmte Temperatur abkühlt, die in der Regel nahe dem
absoluten Nullpunkt liegt, verlieren sie vollkommen ihren Widerstand. Diese Temperatur, die
materialabhängig ist, wird Sprungtemperatur genannt. Unterhalb der Sprungtemperatur
befindet sich ein Stoff im Zustand der Supraleitung. In diesem Zustand ist kein elektrisches
Feld mehr notwendig, um einen Stromfluss aufrecht zu erhalten.
In der letzten Zeit werden immer mehr supraleitende Stoffe bekannt, die eine relativ hohe
Sprungtemperatur aufweisen (Größenordnung -100 °C). Je höher die Sprungtemperatur, desto
geringer der Kühlaufwand, um Supraleitung herzustellen.
Wenn ein bestimmter Strom I durch einen Leiter mit dem Widerstand R fließen soll, ist dazu
die Spannung U = I"R notwendig. Die Spannung U ist ein Maß für die Energie, die eine
bestimmte Ladungsmenge aufnimmt oder abgibt, wenn sie eine Potentialdifferenz durchwandert.
u = ∆ϕ =
Mit i =
dq
erhalten wir
dt
dw
dq
dw
u2
= u ⋅i =
= i2 ⋅ R
p=
dt
R
15
Die an einem ohmschen Widerstand in Wärme umgesetzte elektrische Leistung ist das
Produkt aus Spannung und Strom.
Die in einem ohmschen Widerstand in einem bestimmten Zeitintervall umgesetzte Energie ist
t2
t2
t1
t1
W = ∫ u ⋅ i ⋅ dt = R ∫ i 2 dt
W
W0
I0 = const.
4
I = 2I0
3
2
1
I = I0
t
Bild 2.13:
Energieumwandlung am ohmschen Widerstand
In einem ohmschen Widerstand verlieren die Ladungen Energie. Diese Energie wird in Form
von Wärme frei. Es muß nun andere Mechanismen geben, um den Ladungsträgern zunächst
einmal die notwendige Energie zu verleihen.
Dies kann z.B. auf chemischem Wege erfolgen. Im “galvanischen Element” wird den
Ladungen ein hohes Energieniveau verliehen, indem die positiven und negativen Ladungsträger räumlich voneinander getrennt werden. Dies ist messbar in Form einer elektrischen
Spannung zwischen den beiden Klemmen (Plus-Pol und Minus-Pol). Verbindet man die Pole
mit einem ohmschen Widerstand, kommt ein Stromfluss zustande. Die Batterie gibt dann
elektrische Leistung ab und der Widerstand nimmt sie auf. Der Vorgang kann nicht ewig
dauern, denn die in der Batterie gespeicherte chemische Energie ist begrenzt. Ist sie
aufgebraucht, wird die Spannung zu null und damit auch die Leistungsabgabe. Die Batterie ist
leer.
16
+
-
Fq
+
-
Fq
+
+
+
+
+
+
+
+
-
-
-
-
-
+
+
+
Bild 2.14:
-
-
+
+
-
-
+
+
+
-
-
+
-
-
-
-
Trennung der Ladungsträger in einem galvanischen Element
Es gibt Quellen elektrischer Energie, die in der Lage sind, durch Aufnahme elektrischer
Energie einen Vorrat an chemischer Energie zu bilden. Dazu gehören z. B. die Blei-Akkumulatoren in den Autos. Sie werden zyklisch entladen und geladen.
Darüber hinaus gibt es Quellen elektrischer Energie, die keine Speicherfähigkeit aufweisen.
Dazu gehören die Generatoren in den Kraftwerken und die Solarzellen. Sie liefern nur so
lange elektrische Energie, wie sie von außen mechanische bzw. Strahlungsenergie aufnehmen. Wird die aufgenommene Leistung zu Null, wird auch sofort die gelieferte elektrische
Leistung zu Null.
Quellen elektrischer Energie treten in der Regel entweder als Spannungsquellen oder als
Stromquellen auf. Damit ist im Falle der Spannungsquelle gemeint, dass sich aufgrund der
internen Prozesse an den Klemmen eine Spannung bildet. Durch Anschluss eines Verbrauchers an die Klemmen kommt dann ein Stromfluss (und damit ein Energiefluss) zustande,
wobei die Höhe des Stromes vom ohmschen Widerstand des Verbrauchers abhängt. Im Falle
der Stromquelle fließt ständig ein bestimmter Strom und die sich einstellende Spannung hängt
vom Verbraucher ab. Spannungsquellen sind wesentlich häufiger anzutreffen als Stromquellen. Daher werden wir uns auch zunächst nur mit den Spannungsquellen befassen.
Die Art und Weise, wie die Spannung in der Spannungsquelle erzeugt wird, sei zunächst ohne
Belang. Wir gehen aber erst einmal davon aus, dass die Spannung ständig die gleiche
Polarität hat, dass es sich also um eine Gleichspannung handelt.
17
Gleichspannungsquelle und ohmscher Widerstand werden mit Hilfe von Schaltungssymbolen
dargestellt. Zur Kennzeichnung der Klemme der Quelle, die gegenüber der anderen Klemme
das höhere Potential besitzt, wird diese Klemme durch einen längeren Strich dargestellt. Beim
ohmschen Widerstand verändert sich durch Vertauschen der Klemmen nichts. Daher ist auch
das Schaltungssymbol symmetrisch.
I
+
- Uq
Bild 2.15:
R
U
Stromkreis
Die Quelle liefert die Quellenspannung Uq. Sie ist durch sehr gut leitende Verbindungen
(großer Querschnitt, kurze Länge, kleiner spezifischer Widerstand) , die durch einfache
Striche dargestellt werden, mit dem Verbraucher, dem Widerstand R verbunden. R bestimmt
den nun fließenden Strom I. Die gesamte Quellenspannung ist auch direkt an den Anschlüssen des Widerstandes zu messen, wird hier jedoch als Spannungsabfall bezeichnet.
Der Strom I fließt vom Pluspol der Quelle über den Widerstand zum Minuspol und in der
Quelle vom Minus- zum Pluspol. Es handelt sich also um einen geschlossenen Stromkreis.
Die gerade definierte Stromrichtung ist die technische Stromrichtung. Wie wir wissen besteht
der Strom in metallischen Leitern aus bewegten Elektronen. Diese wandern als Träger
negativer Ladung genau entgegen der dargestellten Stromrichtung. Der Spannungsabfall am
Widerstand wird mit einem Pfeil gekennzeichnet, der in Richtung des Stromflusses weist. Da
der Spannungsabfall am Widerstand und die Quellenspannung identisch sind, weist auch der
Pfeil, der die Quellenspannung darstellt, vom Plus- zum Minuspol.
Schaltet man mehrere Widerstände in Reihe, also hintereinander, so gilt für jeden einzelnen
das ohmsche Gesetz. Der elektrische Strom I durchfließt alle Widerstände.
R1
Bild 2.16:
R2
R3
R4
....
Rn
Reihenschaltung ohmscher Widerstände
An jedem einzelnen Widerstand ist entsprechend seinem Widerstand ein Spannungsabfall zu
messen. Die Summe aller Spannungsabfälle ist gleich der außen angelegten Spannung.
18
I ⋅ R1 + I ⋅ R2 + .......+ I ⋅ Rn = U 1 + U 2 + .....+ U n = U q
I ⋅ Rges = U q
Rges = R1 + R2 + .....+ Rn
Der von der Spannungsquelle aus gesehene Gesamtwiderstand der Last ist gleich der Summe
der Einzelwiderstände.
Bei der Parallelschaltung liegen alle Widerstände an der gleichen Spannung. Es muß
wiederum für jeden Einzelwiderstand das ohmsche Gesetz gelten.
R1
Bild 2.17:
R2
R3
R4
Rn
Parallelschaltung ohmscher Widerstände
Damit ergeben sich unterschiedliche Ströme in den einzelnen Widerständen, die in Summe
den Gesamtstrom ergeben.
U = R1 ⋅ I 1 = R2 ⋅ I 2 = ....... = Rn ⋅ I n
I ges =
U
U U
U
= I 1 + I 2 + .....+ I n =
+
+ .....+
Rges
R1 R2
Rn
1
1
1
1
=
+
+ ......+
Rges R1 R2
Rn
Der Gesamtwiderstand der Anordnung ist kleiner als der kleinste der Einzelwiderstände.
2.4
19
Elektrostatisches Feld, Verschiebungsfluss, Verschiebungsflussdichte, elektrische
Feldkonstante, Dielektrizitätskonstante, Dielektrikum, Kondensatoren, Kapazität, gespeicherte Energie, Coulombsches Gesetz
Zunächst einmal betrachten wir wieder wie zu Beginn ein homogenes elektrisches Feld. Es wird
erzeugt, indem man zwei parallele leitende Platten mit einer Spannungsquelle verbindet. Wenn
die Abmessungen der Platten ausreichend groß gegenüber deren Abstand sind, kann man davon
ausgehen, dass sich mitten zwischen den Platten ein homogenes Feld ausbildet. Diese Annahme
trifft an den Rändern nicht zu. Daher werden diese zunächst einmal nicht betrachten.
+ + + + + + + +
+
- Uq
E
ϕ = const.
- - - - - - - -
Bild 2.18:
Plattenkondensator
Schon in Kap. 2.1 haben wir festgestellt, dass zur Entstehung einer elektrischen Feldstärke E das
Fließen eines Stromes keine Voraussetzung ist. Wir sorgen nun dafür, dass im Zwischenraum
zwischen den beiden Platten keine Ladungsträgerbewegung stattfindet. Wir bringen dort also
einen Isolator an (spezifische Leitfähigkeit κ = 0). Der Isolator wird in diesem Falle auch
Dielektrikum genannt. Es sammeln sich nun auf beiden Platten Ladungen an, die das Bestreben
haben, den Isolator zu durchdringen. Das ist jedoch nicht möglich. Auf beiden Platten sammelt
sich die gleiche Zahl von Ladungsträgern an, so dass das ganze Gebilde nach außen hin elektrisch
neutral ist. Nun stellen wir uns vor, dass sich zwischen je einer positiven Ladung auf der einen
Platte und einer negativen Ladung auf der anderen Platte eine Verbindung einstellt, eine
sogenannte Feldlinie. Die Gesamtheit der Feldlinien bildet den Verschiebungsfluss Ψ. Wenn
sich sehr viele Ladungen auf den Platten befinden, ergibt das einen großen Verschiebungsfluss.
Dieser Begriff wurde in Analogie zum Fluss im magnetischen Feld gewählt. Er verwirrt etwas,
da ja wegen des Isolators im stationären Zustand nichts fließt.
Die Anzahl der Ladungen pro Flächeneinheit wird Verschiebungsflussdichte D genannt.
D=
Ψ Q
=
A A
Die Einheit der Verschiebungsflussdichte ist As/m2.
20
Im allgemeinen Fall (inhomogenes Feld) wird die Verschiebungsflussdichte als Vektor notiert.
Sie ist eine Feldgröße und auch innerhalb des Isolators definiert. Sie ist der elektrischen
Feldstärke proportional. In Vakuum und näherungsweise auch in Luft gilt:
!
!
D0 = ε 0 E
wobei ε0 als elektrische Feldkonstante oder absolute Dielektrizitätskonstante bezeichnet wird.
Sie hat den Wert ε0 = 8,86"10-12 As/Vm.
Im elektrischen Feld kann man eine Erscheinung beobachten, die als Influenz bezeichnet wird.
Bringt man einen ungeladenen metallischen Körper, der aus zwei trennbaren Hälften besteht, in
ein elektrisches Feld, so findet innerhalb dieses Körpers eine Ladungsträgertrennung statt. Die
negativen Ladungsträger auf dem Prüfkörper orientieren sich zu den positiven Ladungsträgern
auf der positiv geladenen Feldplatte hin und umgekehrt. Trennt man nun die beiden Hälften und
entfernt sie aus dem Feld, so sind sie positiv bzw. negativ geladen. Schafft man dann eine
leitende Verbindung zwischen den beiden Hälften, so findet ein messbarer Ladungsträgeraustausch statt.
+ + + + + + + + + + + + +
- - - - - - - -
=
+ + + + + + + +
1
- - - - - - - -
2
+ + + + + + + +
E
1
2
- - - - - - - - - - - - -
Bild 2.19:
Influenz
-
Bild 2.20:
+ + -
+ + + + + + + +
Es zeigt sich nun, dass bei einer festen Anordnung der Platten und einer festen Spannung, also
fester Feldstärke, bei unterschiedlichen Isolator-Stoffen unterschiedliche Flussdichten, also
Ladungsträgerdichten auf den Platten entstehen. Dies ist erklärbar dadurch, dass sich in den
Molekülen des Isolators die Ladungen trennen und ausrichten, jedoch nicht wandern. Dieser
Vorgang ist in unterschiedlichen Dielektrika unterschiedlich stark ausgebildet. Gegenüber
Vakuum findet unter den genannten Bedingungen aber immer eine Erhöhung der
Verschiebungsflussdichte statt, nie eine Verringerung.
Polarisation der Moleküle des Dielektrikums
21
Bei gegebener Feldstärke erhöht sich D gegenüber D0. Das bedeutet, dass sich die auf den Platten
befindliche Anzahl von Ladungsträgern erhöht. Wir führen nun eine dimensionslose Materialkonstante ein, die diese Erhöhung beziffert: Die relative Dielektrizitätskonstante εr.
!
!
!
D = εE = ε r ε 0 E
Hier wurden wie häufig üblich die absolute und die relative Dielektrizitätskonstante zur
Dielektrizitätskonstanten ε zusammengefasst.
Tab. 2.1:
Stoff
εr
Glas
3,5 .... 9
Glimmer
5 ....... 8
Hartporzellan
5,5 .... 6,5
Luft
1,0006
Papier, imprägniert
2,5 ..... 4
Polyäthylen (PE)
2,3
Polyurethan (PUR)
3,1 .... 4
Quarzglas
4,2
Transformatorenöl
2,5
Relative Dielektrizitätskonstante verschiedener Stoffe
Ein einfaches Experiment zeigt die Auswirkung unterschiedlicher Dielektrika in einer gegebenen
Anordnung. Wir trennen den Plattenkondensator aus Bild 2.18 von seiner Spannungsversorgung,
nachdem die Platten geladen wurden. Die Anzahl der Ladungsträger auf den Platten kann sich
nun nicht verändern. Jetzt tauschen wir das Dielektrikum aus. Zum Beispiel verwenden wir statt
Luft eine Quarzglasscheibe. Die Verschiebungsflussdichte kann sich nicht ändern. Also muß die
Feldstärke kleiner werden. Die Feldstärke wiederum ist über den Plattenabstand mit der
Spannung zwischen den Platten verknüpft.
U 2 = E2 ⋅ d =
D
⋅d
ε rQ ε 0
U 1 = E1 ⋅ d =
D
⋅d
ε rL ε 0
U 2 ε rL 1,0006
=
=
U 1 ε rQ
4,2
Durch Einschieben der Quarzglasscheibe verringert sich die Spannung zwischen den Platten um
den Faktor 4,2!
22
Unter der Annahme, dass sich während des Versuchs die Anzahl der Ladungsträger auf den
Platten nicht verändert, ist der Vorgang reversibel. D. h. nachdem die Glasplatte wieder entfernt
wurde, ist wieder die ursprüngliche Spannung zwischen den Platten messbar.
Die Geometrie, d.h. die Fläche A der Platten und ihr Abstand d, und das verwendete Dielektrikum bestimmen die Speicherfähigkeit eines Kondensators. Mit Speicherfähigkeit oder Kapazität
C ist gemeint, wie viele Ladungsträger sich auf den Platten ansammeln, wenn eine bestimmte
Spannung angelegt wird.
C=
Q D⋅ A
A
=
= εr ε0
U
U
d
Die Einheit der Kapazität ist 1F = 1 As/V (Farad). In der Praxis wird eine Kapazität von 1 F
selten erreicht. Gebräuchlich sind daher Kondensatoren mit Kapazitäten im Bereich nF, µF oder
mF.
In den Zuleitungen des Kondensators muß ein Strom fließen, um Ladungsträger auf die Platten
aufzubringen oder von ihnen abzuziehen. Wenn sich die Ladung auf den Platten verändert, ändert
sich auch die Spannung zwischen den Platten.
duC
dq
i=
=C
dt
dt
Werden die Klemmen eines geladenen Kondensators über einen ohmschen Widerstand
miteinander verbunden, so entsteht ein Ladungsausgleich zwischen den Platten, solange bis beide
Platten wieder neutral sind. Dann wird die elektrische Feldstärke E zu Null und damit auch die
Spannung U zwischen den Platten. Ladungsausgleich heißt aber nichts anderes, als dass ein
elektrischer Strom fließt. Dieser erwärmt den Widerstand. Die dabei in Wärme umgewandelte
Energie war vorher in dem Kondensator, genauer in dessen elektrischem Feld, gespeichert.
Ebenso muß (oft nur kurzzeitig) ein Strom zwischen Spannungsquelle und Kondensator fließen,
um diesen zu laden. Dadurch wird Energie im elektrischen Feld gespeichert.
∞
∞
Q
U
dq
1
W = ∫ u C ⋅ iC dt = ∫ u C dt = ∫ u C dq = ∫ u C Cdu = CU 2
dt
2
0
0
0
0
Nun betrachten wir die Reihenschaltung bzw. Parallelschaltung von Kondensatoren.
Parallelschaltung bedeutet, dass zwei oder mehrere Kondensatoren mit möglicherweise
unterschiedlicher Kapazität an der gleichen Spannung liegen.
23
C1
Bild 2.21:
C2
C3
C4
Cn
Parallelschaltung von Kondensatoren
Es gilt dann:
Q
Q
Q
U = 1 = 2 =.... = n
C1 C2
Cn
Die auf den Kondensatoren gespeicherte Gesamtladung ist die Summe der Einzelladungen:
Qges = Q1 + Q2 +......+Qn
Damit muß ebenso gelten:
Cges = C1 + C2 +.....+Cn
Das bedeutet, dass bei Parallelschaltung die Gesamtkapazität immer größer ist als die größte
Einzelkapazität.
Bei Reihenschaltung von Kondensatoren muß die Ladung auf den mit der Spannungsquelle
verbundenen beiden äußersten Platten umgekehrt gleich groß sein. Die verbundenen Platten
zweier miteinander verbundener Kondensatoren bilden ein isoliertes System. Dort können sich
die Ladungsträger nur trennen. Sie können aber nicht abfließen. Der Gleichgewichtszustand ist
erreicht, wenn sich in jedem Einzelkondensator auf den beiden Platten gleichviele Ladungsträger
unterschiedlicher Polarität befinden. Damit ist die Ladung aller Kondensatoren gleich groß.
C1
Bild 2.22:
C2
C3
C4
....
Cn
Reihenschaltung von Kondensatoren
Es gilt also:
Q1 = Q2 =...... = Qn = Q
Die Spannung über allen Kondensatoren muß gleich der Summe der Einzelspannungen sein.
U ges = U1 + U 2 +.....+U n
24
Damit gilt:
1
Cges
=
1
1
1
+
+....+
C1 C2
Cn
Das bedeutet, dass die Gesamtkapazität immer kleiner ist als die kleinste Einzelkapazität. Ebenso
gilt, dass der Kondensator mit der kleinsten Kapazität die größte Spannung aufnehmen muß.
Die Reihenschaltung wird z. B. angewendet, wenn die Durchschlagsfestigkeit eines einzelnen
Kondensators kleiner ist als die Gesamtspannung.
Abschließend betrachten wir noch das Feld einer Punktladung Q1. Diese Punktladung erzeugt
einen Verschiebungsfluß Ψ, der gleich der Ladung selbst ist. Die Feldlinien sind radial nach
außen gerichtet. Das bedeutet für die Verschiebungsflußdichte D, dass diese mit dem Quadrat
des Abstandes abnehmen muß. Das gleiche gilt für die Feldstärke.
E1 =
D1
Q1
=
ε 4πε d 2
Bringt man nun eine zweite Punktladung Q2 in das Feld der ersten, so entsteht eine Kraft:
F = Q2 ⋅ E1 =
Q1 ⋅ Q2
4π ε d 2
Diese Kraft ist eine Anziehungskraft, wenn die Ladungen ungleichnamig sind. Sind die
Ladungen gleichnamig, stoßen sie sich ab. Die obige Gleichung wird als Coulombsches Gesetz
bezeichnet.
25
3
Magnetisches Feld
3.1
Pole, quellenfreies Feld, Rechte-Hand-Regel
Anwendungen von Magnetfeldern sind aus dem Alltagsleben wesentlich bekannter als
Anwendungen elektrischer Felder. Sie erstrecken sich von der Kompaßnadel über magnetische
Schnellverschlüsse, Hubmagnete, Massenspeicher in PC´s bis hin zur Magnetschwebebahn.
Aus dem Schulunterricht kennen wir das Experiment, bei dem mit Hilfe von Eisenfeilspänen auf
einer Glasplatte das Magnetfeld eines Stabmagneten sichtbar gemacht wird.
Bild 3.1:
Feldlinien dargestellt durch Eisenfeilspäne bei einem Stabmagneten
Man erkennt, dass sich die Späne im Magnetfeld ausrichten. Sowohl die Orientierung der Späne
als auch deren Dichte ist ortsabhängig. Das deutet schon darauf hin, dass wir es wieder mit einem
Vektorfeld zu tun haben. Am dichtesten liegen die Späne an den Enden des Stabes, die als Pole
bezeichnet werden. Die Feldlinien, die durch den Versuch sichtbar gemacht werden, treten aus
dem einen Pol aus und in den anderen wieder ein. Eine willkürliche Definition legt fest, dass sie
aus dem Nordpol austreten und in den Südpol eintreten. Dies kann dadurch sichtbar gemacht
werden, dass man eine Magnetnadel in das Feld bringt und sie um den Stabmagneten herum
bewegt.
In der einfachsten Anordnung (wie hier beim Stabmagneten) gibt es genau einen Nord- und einen
Südpol. Die Pole treten immer paarweise auf. Wenn es einen Nordpol gibt, muß es auch
irgendwo einen Südpol geben und umgekehrt. Später werden wir sehen, dass es auch
Anordnungen mit mehr als zwei Polen gibt. Die Anzahl ist aber immer durch zwei teilbar.
Betrachtet man nur den Stabmagneten, so könnte man zu dem Schluß kommen, dass die Pole die
Quellen und Senken der Feldlinien sind. Dieser Eindruck entsteht aber nur deshalb, weil man in
den Stabmagneten nicht hinein schauen kann. Tatsächlich ist es so, dass magnetische Feldlinien
26
immer in sich geschlossen sind. Innerhalb des Magneten ist die Orientierung der Feldlinien vom
Südpol zum Nordpol.
Wir haben es hier also mit einem quellenfreien Feld zu tun. Daher ist die mathematische und
physikalische Beschreibung des elektrischen Feldes nicht auf das magnetische Feld übertragbar.
Der Stabmagnet und die Kompaßnadel sind sogenannte Permanentmagneten. Sie sind
irgendwann einmal magnetisiert worden und haben sich den Magnetismus sozusagen gemerkt.
Eine andere Klasse von Magneten sind die Elektromagneten. Sie zeigen nur dann magnetische
Erscheinungen, wenn eine sogenannte Erregung existiert. Wird die Erregung abgeschaltet,
verschwindet der Magnetismus. Wir werden uns nun die Grundlagen des magnetischen Feldes
erarbeiten, indem wir elektrisch erregte Magnete betrachten.
Oersted und Ampère haben schon im 19. Jahrhundert herausgefunden, dass sich bewegte
Ladungsträger mit einem Magnetfeld umgeben. Wird der Strom zu Null, d.h. kommen die
Ladungsträger zur Ruhe, verschwindet auch das Magnetfeld.
Wir betrachten nun einen geraden zylindrischen Leiter, der senkrecht auf der Zeichenebene steht.
Wenn in diesem Leiter ein Strom fließt, umgibt er sich mit konzentrischen Feldlinien.
Bild 3.2:
Stromdurchflossener Leiter und sein Magnetfeld
Der Punkt in der Darstellung des Leiters soll anzeigen, dass der Strom auf den Betrachter
zufließt. Das Kreuz bedeutet, dass der Strom vom Betrachter wegfließt.
Zur einfachen Richtungszuordnung der magnetischen Feldlinien und des elektrischen Stromes
finden die Rechtsschraubenregel bzw. die Rechte-Hand-Regel Verwendung.
27
I
Bild 3.3:
Rechte-Hand-Regel
Wenn der Daumen der rechten Hand in Richtung des fließenden Stromes weist, zeigen die
gekrümmten Finger die Richtung der Feldlinien an.
3.2
Magnetischer Fluss und Flussdichte (Induktion)
Die Gesamtheit aller magnetischen Feldlinien bezeichnen wir als magnetischen Fluss Φ. Da die
Feldlinien an bestimmten Stellen dichter verlaufen als an anderen, ist es sinnvoll, eine
Flussdichte zu definieren. Da die Feldlinien eine ortsabhängige Orientierung besitzen wird die
!
Flussdichte allgemein als Vektor B definiert. Synonym zum Begriff magnetische Flussdichte
wird auch häufig der Begriff magnetische Induktion verwendet.
Die Einheit des magnetischen Flusses ist 1Vs, die der Flussdichte ist demzufolge
1Vs/m2 = 1 Tesla = 1T.
Es gilt:
Φ=
! !
BdA
∫
A
Umfaßt die Fläche A alle Feldlinien, so ergibt die Integration den Gesamtfluss. Wird nur ein Teil
der Feldlinien von der betrachteten Fläche erfaßt, so erhält man einen Teilfluss. Die Flächennor-
!
male dA muß dabei nicht parallel zu den Feldlinien stehen.
28
A2, Φ
A1, Φ
Bild 3.4:
Fluss und Flussdichte
Wenn das Feld in bestimmten Abschnitten homogen ist, vereinfacht sich die Berechnung zu
Φ = B⋅ A
A
B
Bild 3.5:
Homogenes magnetisches Feld
Wie ein Vergleich des elektrischen Strömungsfeldes, des elektrostatischen Feldes und des
Magnetfeldes ergibt, werden der elektrische Strom I, der elektrische Verschiebungsfluß Ψ und
der magnetische Fluss Φ auf ganz ähnliche Art beschrieben. Das gleiche gilt für die Stromdichte
S, die Verschiebungsflussdichte D und die magnetische Flussdichte B. Allerdings fließt nur beim
elektrischen Strom wirklich etwas, nämlich die Ladungsträger.
Im elektrischen Strömungsfeld und im elektrostatischen Feld haben wir als Ursache für die
Entstehung eine Potentialdifferenz bzw. eine elektrische Spannung identifiziert. Auch im
magnetischen Feld untersuchen wir nun die Ursache.
3.3
29
Durchflutung und magnetische Feldstärke, Durchflutungsgesetz
Wir haben schon einmal festgestellt, dass ein Magnetfeld immer dann entsteht, wenn sich
Ladungsträger bewegen, d.h. wenn ein elektrischer Strom fließt. Wir betrachten nun eine Fläche
im Raum, durch die Ladungsträger in einer beliebigen Richtung und Intensität hindurchtreten.
Das Integral der Stromdichte über dieser Fläche nennen wir nun nicht Strom, wie in Kapitel 2,
sondern wir führen die Durchflutung Θ ein:
! !
Θ = ∫ SdA
A
Wir gehen nun einen Schritt weiter und nehmen an, dass die Fläche A nur an ganz bestimmten
Stellen von elektrischen Leitern durchdrungen wird. In diesen Leitern fließen Ströme
unterschiedlicher Richtung und Stromstärke.
i1
i2
Feldlinie
i3
Bild 3.6:
B
Durchflutung einer Fläche im Raum
Außerhalb der Leiter ist die Stromdichte Null. Die Integration der Stromdichte über der
Leiterfläche liefert den Strom im jeweiligen Leiter. Dabei muß das Vorzeichen beachtet werden.
Θ = i1 + i2 − i3
Man sieht, dass die Durchflutung der Fläche in diesem Beispiel auch zu Null werden kann,
nämlich dann, wenn i3= i1+i2. Andererseits kann man einen einzigen Leiter mehrfach durch die
Fläche führen, indem man eine Spule wickelt. Dann ist die mit Hilfe eines einzigen Stromes
erzeugte Durchflutung gleich
! !
Θ = ∫ SdA = N ⋅ i
A
mit der Windungszahl N. Rein formal ist damit die Einheit der Durchflutung die des Stromes,
also Ampère. Viel gebräuchlicher ist allerdings der Begriff Ampèrewindungen.
Die Intensität des Magnetfeldes nimmt mit dem Abstand vom verursachenden Strom ab. Wir
führen nun den Begriff Magnetische Feldstärke H ein. Sie entsteht aufgrund des Stromes.
30
Die Feldstärke ist ein Vektor, da die Feldlinien an unterschiedlichen Orten in unterschiedliche
Richtungen zeigen. Wir betrachten zunächst wieder einen einzelnen stromdurchflossenen Leiter.
I
H
Bild 3.7:
Magnetische Feldstärke
Da es sich um ein ebenes Problem handelt, nimmt die Feldstärke außerhalb des Leiters mit 1/r
ab. Anders ausgedrückt ist das Produkt aus der Feldstärke und der Länge der Feldlinien für alle
Feldlinien konstant.
Diese Tatsache kann man auch allgemeiner formulieren: Wenn man einen Weg definiert, der
einen Leiter oder eine Gruppe von Leitern umschließt, dann muß die Integration der Feldstärke
auf diesem Weg die Ursache, also die Durchflutung ergeben. Dabei muß der Weg nicht
kreisförmig sein, sondern er kann beliebig sein. Er muß auch nicht entlang einer Feldlinie
verlaufen, muß aber in sich geschlossen sein.
! !
! !
∫ Hds = Θ = ∫ SdA
A
Aus der Gleichung, die als Durchflutungsgesetz bezeichnet wird, ist zu ersehen, dass die
magnetische Feldstärke die Einheit A/m besitzt.
S
dA
ds
H
Bild 3.8:
Beliebiger Integrationsweg zur Ermittlung der Durchflutung aus der Feldstärke
31
Als Beispiel wenden wir nun auf einen einzelnen stromdurchflossenen Leiter das Durchflutungsgesetz an. Außerhalb des Leiters gilt für jede Feldlinie:
H ⋅ 2π r = I
oder
H=
I
2π r
Innerhalb des Leiters ist immer nur der Anteil des Stromes erfaßt, der vom Integrationsweg
umschlossen wird.
H ⋅ 2π r =
I
2
2 πr
πR
oder
H=
I
r
2π R 2
Bringt man nun in der graphischen Darstellung der beiden Ergebnisse noch die Richtung der
magnetischen Feldstärke ein, ergibt sich folgendes Bild:
H
H0
1
H0
0,5
H
R
Bild 3.9:
2R
3R
4R
r
Feldstärke innerhalb und außerhalb eines vom Strom I durchflossenen Einzelleiters
32
Wir erweitern jetzt das Beispiel auf eine sogenannte Coax-Leitung. In dieser Leitung fließt der
Strom I im Innenleiter hin und im Mantel zurück.
I
r
ra
ri
rD
I
Bild 3.10:
Koaxialkabel
Für den Innenraum gelten die Ergebnisse von oben. Interessant ist nun, was innerhalb des
Mantels und im Außenraum passiert.
Die Stromdichte im Mantel ist ebenfalls konstant, jedoch eine andere als im Innenleiter. Also gilt
innerhalb des Mantels:
SM =
I
π (r − ri 2 )
2
a
Das Durchflutungsgesetz liefert hier
 r 2 − ri 2 
I
2
2 dA = I ⋅  1 − 2
2
−
π
−
r
r
r
r
(
)


a
i
a
i
Ai
Aa
! !
∫ Hds = H ⋅ 2πr = Θ = I − ∫
33
Die Durchflutung wird am Außenrand des Mantels zu Null. Außerhalb des Mantels fließt kein
Strom. Damit ist das Ergebnis für den gesamten Außenraum ebenfalls Null. Der Feldstärkeverlauf ist damit
H
I
r
I
Bild 3.11:
Verlauf der magnetischen Feldstärke bei einer Coax-Leitung
Dieses Ergebnis bedeutet, dass in einer Coax-Leitung ein beliebig großer Strom fließen kann,
ohne dass außen eine magnetische Wirkung meßbar ist. Das ist eine wichtige Eigenschaft der
Leitung im Hinblick auf EMV (Elektromagnetische Verträglichkeit). Die Coax-Leitung stört
keine anderen elektromagnetischen Bauteile in ihrer Nähe durch äußere magnetische Felder.
Voraussetzung ist allerdings, dass im Mantel immer genau der Strom zurückfließt, der im
Innenleiter hin fließt.
3.4
34
Magnetische Spannung, magnetischer Widerstand, Permeabilität, magn. Feldkonstante, Hysterese
Sowohl die Durchflutung Θ als auch die magnetische Feldstärke H sind unabhängig vom
Material, in dem sich die Feldlinien ausbreiten. Dies illustriert auch das obige Beispiel. Der
magnetische Fluss Φ und dessen Dichte sind jedoch bei gegebener Durchflutung davon abhängig.
Es gibt magnetisch schlecht leitende und magnetisch gut leitende Stoffe.
Im Vakuum gilt:
!
!
B = µ0 H
Die Beträge der Vektoren sind über die magnetische Feldkonstante oder Permeabilitätskonstante µ0 miteinander verknüpft. Die Richtungen beider Vektoren sind immer gleich.
µ 0 = 4π ⋅ 10 −7
Vs
Vs
= 1,2566 ⋅ 10 −6
Am
Am
Die besten magnetischen Leiter sind die ferromagnetischen Stoffe. Aus dem Namen ergibt sich
schon, dass das Eisen dazu gehört. Nickel, Kobalt und manche Legierungen gehören ebenso zu
dieser Stoffgruppe. Bei ihnen ist der Faktor µ zwischen B und H wesentlich größer als µ0. Ganz
ähnlich wie im elektrostatischen Feld formuliert man allgemein
!
!
!
B = µH = µ r µ 0 H
Die relative Permeabilität µr liegt bei Eisen im Bereich einige 1000 bis 50000.
Der Ferromagnetismus besteht bei allen betroffenen Werkstoffen nur bis zu einer bestimmten
Temperatur, der Curie-Temperatur. Wird diese Temperatur überschritten, verschwindet der
Ferromagnetismus schlagartig. Die Curie-Temperatur ist werkstoffabhängig. Bei Eisen z.B.
beträgt sie 760 °C.
Wenn den Feldlinien ein zumindest teilweise geschlossener Weg durch Eisen angeboten wird,
konzentriert sich ein großer Teil des Flusses im Eisen. Nur noch wenige Feldlinien wählen einen
Weg mit höherem magnetischen Widerstand am Eisen vorbei, z.B. durch die umgebende Luft.
Wickelt man einige Windungen eines isolierten Leiters auf einen Eisenkern, so kann man im
Inneren der so entstandenen Spule mit dem gleichen Strom eine wesentlich höhere Induktion
erreichen als wenn man den Eisenkern entfernt. Ist der Eisenkern so geformt, dass er einen
geschlossenen Weg für die Feldlinien anbietet, so konzentriert sich fast der gesamte Fluss im
Eisen. Selbst wenn eine kurze Luftstrecke zu überwinden ist, gilt dies immer noch.
35
Φ
Kern (Eisen)
I, Θ
A
Luftspalt
B
Spule (Windungszahl N)
Bild 3.12:
Magnetkreis mit geringem magnetischen Widerstand
Wir haben bisher analog zum elektrischen Widerstand schon mehrmals den Begriff Magnetischer Widerstand benutzt, ohne ihn genau zu definieren. Das soll jetzt geschehen.
Im obigen Bild verlaufen alle Feldlinien im Eisen und überwinden die Luft nur in dem kleinen
dargestellten Spalt. Damit ist der gesamte Fluss Φ im Eisen konzentriert. Wenn man davon
ausgeht, dass der Luftspalt sehr klein ist ( im Bild ist er zur Verdeutlichung recht groß
dargestellt), dann werden die Feldlinien auch in der Luft parallel verlaufen und sich nicht nach
außen ausbeulen. Damit ist die Fläche A, innerhalb derer sich der Fluss ausbildet, überall
konstant. Ohne Berücksichtigung der Ecken und Kanten des Eisens nehmen wir an, dass dann
auch die Flußdichte B überall konstant ist. Da jedoch die Permeabilität in Eisen und Luft stark
unterschiedlich ist, muß die Feldstärke in Eisen und Luft unterschiedlich sein.
Um die Feldstärke zu bestimmen, integrieren wir entlang der “neutralen Faser” im Eisen. Ihre
Länge ist ein Mittelwert der Länge aller Feldlinien. Es gilt:
! !
Hds
∫ = ∫ Hds = ∫ H E ds + ∫ H L ds = Θ = N ⋅ i
lE
lL
H E ⋅ lE + H L ⋅ l L = VE + V L = Θ
VE und VL werden als magnetischer Spannungsabfall bezeichnet. Die Summe aus beiden ergibt
die magnetische Urspannung, die gleich der Durchflutung ist. Für beide Stoffe getrennt kann
jetzt der Quotient aus dem individuellen Spannungsabfall und dem Fluss (der für beide gleich ist)
gebildet werden:
VL H L ⋅ l L
lL
V
H ⋅l
lE
RmE = E = E E =
=
=
; RmL =
B⋅ A
B⋅ A
Φ
Φ
µE ⋅ A
µ0 ⋅ A
36
Damit sind die magnetischen Widerstände der Eisen- und der Luftstrecke definiert. Mit ihrer
Hilfe wird aus dem Durchflutungsgesetz für die obige Anordnung
Θ = VE + V L = ( RmE + RmL ) ⋅ Φ
Untersucht man ferromagnetische Werkstoffe genauer, stellt man fest, dass die Permeabilität
keine Konstante ist. Vielmehr ist sie abhängig von der magnetischen Feldstärke. Bei kleiner
Feldstärke ist die Permeabilität recht groß und wird mit wachsender Feldstärke kleiner. Anders
ausgedrückt heißt das, dass die Funktion B=f(H) für Luft linear (allerdings mit sehr kleiner
Steigung), für ferromagnetische Stoffe jedoch nicht linear ist.
B
Entmagnetisierung
Sättigung
A
Br
Neukurve
Hc
H
Bild 3.13:
Hystereseschleife
Bei steigender Feldstärke stellen wir eine Sättigung des Materials fest. Das heißt, man muß eine
immer größere Steigerung der Feldstärke ΔH aufbringen, um die Induktion um einen bestimmte
Betrag ΔB zu steigern. Hat man eine bestimmte Feldstärke eingestellt und reduziert sie wieder
auf Null, indem man den verursachenden Strom zu Null macht, bleibt ein Restmagnetismus.
Dieser Restmagnetismus wird als Remanenzinduktion Br bezeichnet. Um die Induktion zu Null
zu machen, muß nun eine Feldstärke mit umgekehrter Richtung erzeugt werden. Das Material
wird dadurch entmagnetisiert. Die Feldstärke, die notwendig ist, um das Material vollständig zu
entmagnetisieren, heißt Koerzitivfeldstärke Hc. Die Neukurve wird nur ein einziges Mal
durchfahren. Man kommt nicht wieder in den Ursprung zurück.
Dieses Verhalten kann dadurch erklärt werden, dass sich innerhalb des Materials Atom- bzw.
Molekülverbände bilden, die sich nach und nach magnetisch ausrichten. Es bilden sich
Kreisströme aus, die die von außen eingeprägten Feldlinien umschließen und so den Magnetismus verstärken. Die Ausrichtung der einzelnen Bereiche (Weiß´sche Bezirke) geschieht nach und
nach. Sind alle Bereiche ausgerichtet, ist eine weitere Feldverstärkung nicht mehr möglich. Die
Ausrichtung bleibt zum Teil erhalten, wenn die äußere Durchflutung wieder entfernt wird. Es ist
ein Magnet entstanden.
37
Verstellt man die Feldstärke zwischen zwei absolut gleichen positiven und negativen Werten,
erhält man die oben dargestellte Hysteresekurve. Jedes ferromagnetische Material hat eine
charakteristische Hysteresekurve. Die Unterschiede liegen im wesentlichen in Br und Hc . Ein
Material mit geringer Koerzitivfeldstärke heißt weichmagnetisch. Es ist besonders gut für
Anwendungen geeignet, wo die Feldstärke ständig ihre Polarität wechselt. Hartmagnetisches
Material mit großem Hc ist gut für Dauermagnete geeignet.
B
B
H
Hc
Bild 3.14:
Hc
H
Hysteresekurven eines hartmagnetischen und eines weichmagnetischen
Werkstoffs
Erzeugt man bei einem bestimmten Werkstoff unterschiedliche Hysteresekurven, indem man die
Extremwerte der Feldstärke nach und nach steigert und trägt man die Wertepaare in den Spitzen
auf, erhält man die Magnetisierungskurve des Materials.
38
[T]
B
[T]
H
[A/m]
H
[A/m]
B
1 = kornorientiertes Blech in Walzrichtung magnetisiert
2 = Dynamoblech und Stahlguß
Bild 3.15:
3 = legiertes Blech
4 = Gußeisen
Magnetisierungskurven unterschiedlicher Materialien
3.5
39
Lorentzkraft, Induktionsgesetz, Generator
Bringt man eine elektrische Ladung Q mit Hilfe eines elektrischen Feldes E auf eine bestimmte
Geschwindigkeit v und schießt sie in ein magnetisches Feld mit der Induktion B, so stellt man
fest, dass sich dort die Bewegungsrichtung der Ladung ändert. Dieser Effekt wird ausgenutzt bei
der Elektronenstrahlröhre. Dort werden die Elektronen mit Hilfe einer Hochspannung (einige kV)
in Vakuum von der Kathode in waagerechter Richtung zum Bildschirm hin beschleunigt. Die
Zielrichtung ist dabei genau der Mittelpunkt des Bildschirms. Treffen die Elektronen dort auf,
erzeugen sie in der Beschichtung des Bildschirms eine Leuchterscheinung. Die Röhre ist mit
zwei Spulen bewickelt, die als Ablenkspulen bezeichnet werden. Eine ist dabei für die
horizontale, eine für die vertikale Ablenkung zuständig. Fließt in diesen Spulen ein Strom, so
entsteht in einem bestimmten Bereich des Weges, den die Elektronen zurücklegen, ein
Magnetfeld. Durch geschickte koordinierte Veränderung der Ströme in den beiden Spulen wird
erreicht, dass der Elektronenstrahl zeilenweise vom linken oberen Rand der Bildröhre bis zum
rechten unteren Rand wandert. Wenn dieser Vorgang häufiger als 80 mal pro Sekunde wiederholt
wird, bekommt das menschliche Auge davon nichts mit und sieht nur ein vom Elektronenstrahl
erzeugtes Bild. Die Helligkeit der einzelnen Bildpunkte kann über die elektrische Feldstärke, also
über die Kathodenspannung verändert werden. Bei der Ablenkung handelt es sich um die
technische Nutzung der Lorentzkraft.
!
! !
F = Q ⋅ ( ν × B)
Bei gegebener Geschwindigkeit und gegebener Induktion wird die Kraft dann maximal, wenn
die Bewegungsrichtung der Ladungsträger senkrecht auf der Richtung der magnetischen
!
!
Feldlinien steht. Die Kraftrichtung wiederum steht senkrecht auf der von ν und B aufgespannten Fläche.
Fm
v
B
q
Bahnkurve
eines
Ladungsträgers
B-Feldlinie
Bild 3.16:
Kraft auf eine bewegte Ladung im Magnetfeld
Zwingt man die Ladungsträger, sich entlang einer Geraden zu bewegen, indem man einen
linienhaften Leiter in ein Magnetfeld bringt und in ihm einem Strom fließen lässt, so ist die
Summe aller Kräfte auf die bewegten Ladungsträger als Kraft auf den Leiter messbar.
40
Die Anzahl der Ladungsträger, die zur Kraftbildung beiträgt, ist dabei proportional der Länge l
des Leiterabschnitts, der sich im Magnetfeld befindet. Wir betrachten zunächst infinitesimal
kleine Kräfte und Ladungen
!
!
! !
!
dF = dq ⋅ (ν × B) = dq ⋅ ( ds ⋅ eν × B)
dt
!
!
dq
!
!
=
⋅ (ds ⋅ eν × B) = I ⋅ ds ⋅ (eν × B)
dt
!
Dabei ist ev der Einheitsvektor der Bewegungsgeschwindigkeit. Er zeigt in Richtung des Leiters.
Die Integration dieser Gleichung über die Länge l liefert
! !
!
F = I ⋅ ( l × B)
Hier wird die Kraft maximal, wenn der Leiter senkrecht auf den Feldlinien steht. Die Kraft
versucht, den Leiter zur Seite hin auszulenken.
Fl
i
l
B
i
Bild 3.17:
Kraft auf einen stromdurchflossenen Leiter im Magnetfeld
Wir haben hiermit eines der Grundprinzipien elektromechanischer Energiewandler kennengelernt. In Elektromotoren wird auf diese Art eine Kraft bzw. ein Drehmoment erzeugt.
Wie wir wissen umgibt sich jeder stromdurchflossene Leiter mit einem eigenen Magnetfeld. Das
fremd erzeugte Magnetfeld und das eigene überlagern sich nun.
F
I
Bild 3.18:
I
Stromdurchflossener Leiter im Magnetfeld: Resultierendes Magnetfeld
41
Man kann den Ladungsträgern auch dadurch, dass man den Leiter bewegt, innerhalb des
Magnetfeldes eine Geschwindigkeit verleihen. Wir nehmen an, dass der Leiter quer zu seiner
Achse und quer zum Magnetfeld bewegt wird. Ein Stromfluß im Leiter ist nicht notwendig. Die
durch die Bewegung entstehende Kraft auf die Ladungsträger wirkt nun in Richtung der
Leiterachse. Die Elektronen werden in Bewegungsrichtung gesehen nach rechts gedrängt. Auf
der linken Seite bleiben positiv geladene Ionen zurück.
N
++
++ ++
v
B
----
l
S
Bild 3.19:
Bewegter Leiter im Magnetfeld
Durch die Ladungsträgerverschiebung entsteht eine elektrische Feldstärke im Leiter.
!
! ! !
F
= E=ν ×B
Q
Stehen Leiterachse, Magnetfeld und Geschwindigkeit senkrecht aufeinander und ist l die Länge
des Leiters, die sich im Magnetfeld befindet, so kann zwischen den Leiterenden folgende
Spannung gemessen werden:
! !
ui = ∫ Eds = ν ⋅ B ∫ ds = ν ⋅ B ⋅ l
l
l
Diese Spannung wird als induzierte Spannung bezeichnet. Damit ist das zweite Grundprinzip
elektromechanischer Energiewandler formuliert. Mit Hilfe dieses Effektes kann man einen
Generator bauen, der eine elektrische Spannung liefert.
Beide Effekte kann man auch überlagern, indem man den Leiter bewegt und gleichzeitig in ihm
einen Strom fließen läßt. Auf der mechanischen Seite existieren dann Geschwindigkeit v und
Kraft F. Auf der elektrischen Seite existieren eine Spannung U und ein Strom I. Die mechanisch
aufgebrachte Leistung wird dem System auf der elektrischen Seite entnommen oder umgekehrt.
42
P = F ⋅ν = U ⋅ I
Wickelt man den Leiter zu einer Spule und setzt alle Windungen der Spule dem Magnetfeld aus,
so kann man bei gegebener Geschwindigkeit und gegebenem Strom die Kraft und die Spannung
vervielfachen. Der Multiplikator ist die Windungszahl N.
Das Phänomen der induzierten Spannung werden wir jetzt noch einmal betrachten, um ein
allgemeines Induktionsgesetz aufzustellen.
dA
ds
Ui
Schleifdraht
l
Fq
B
v
Bild 3.20:
Messanordnung für die induzierte Spannung
Das bewegte Leiterstück und die Messleitungen bilden eine Leiterschleife. Wenn man das
betrachtete Leiterstück quer zum Magnetfeld bewegt, verändert man die von der Leiterschleife
umschlossene Fläche.
dA = l ⋅ ds
Damit ändert sich auch der von der Leiterschleife umschlossene magnetische Fluss
dΦ = B ⋅ dA
ui = B ⋅ l ⋅ ν = B ⋅ l ⋅
ds dΦ
=
dt
dt
Die induzierte Spannung ist der Änderung des Flusses in der Leiterschleife proportional. Damit
eröffnet sich eine weitere Möglichkeit, eine Spannung zu induzieren. Es ist nicht notwendig, eine
Bewegung auszuführen. Wenn man durch einen veränderlichen Strom in der Erregerspule dafür
sorgt, dass sich der Fluss in der Leiterschleife ändert, entsteht ebenfalls eine induzierte Spannung.
Auch hier gilt, dass man die induzierte Spannung vervielfachen kann, indem man statt einer
Leiterschleife eine Spule verwendet, die die Windungszahl N hat und an deren Leiterenden misst.
43
F
UI
if
Bild 3.21:
F
I
Uf
Feld- und Induktionsspule
ui = N ⋅
dΦ dΨ
=
dt
dt
Dieser Zusammenhang wird als Induktionsgesetz bezeichnet. Die Größe Ψ hat den Namen
Verkettungsfluß. Sie ergibt sich rein rechnerisch durch Multiplikation der Windungszahl N mit
dem Fluss Φ.
3.6
Selbstinduktion, Gegeninduktion, Induktivität, Transformator, Wirbelströme,
Skineffekt
Betrachtet man wiederum das obige Bild genauer, dann kommt man zu der Erkenntnis, dass der
Vorgang der Induktion nicht nur in der Induktionsspule sondern auch in der verursachenden
Feldspule auftreten muß. Im stationären Fall, d. h. bei konstantem Strom If und damit konstantem
Fluss Φf ist eine konstante Spannung Uf notwendig, um den Strom durch den ohmschen Widerstand Rf der Feldspule aufrecht zu erhalten. Wird allerdings der Fluss geändert, dann entsteht eine
zusätzliche Spannung uif.
u f = R f ⋅ i f + uif = R f ⋅ i f + N f
dΦ f
dt
Die Spannung uif entsteht durch Selbstinduktion. Sie entsteht auch dann, wenn die Induktionsspule im obigen Bild gar nicht vorhanden ist, da diese sich rein passiv verhält und den Fluss nicht
verändert. Wir drücken nun den Fluss in der Feldspule durch den erregenden Strom aus. Dabei
lassen wir den Index f weg, weil nur noch eine einzige Spule betrachtet wird.
ui = N
A di N 2 di
di
dΦ
A dΘ
= Nµ 0 µ r
= N 2 µ0 µr
=
= L
dt
l dt
l dt Rm dt
dt
Die induzierte Spannung in der Spule ist der zeitlichen Änderung des Stromes proportional. Der
Proportionalitätsfaktor L wird als Induktivität der Spule bezeichnet.
44
Die Einheit der Induktivität ist das Henry. 1 Henry = 1H = 1 Ωs = 1 Vs/A.
Die Induktivität und der Fluss sind über folgende Gleichung verknüpft:
L⋅i = N 2
i
Θ
= N
= NΦ = Ψ
Rm
Rm
Die Induktivität erzeugt bei Stromänderung eine Spannung, die der verursachenden außen
anliegenden Spannung entgegen wirkt.
Zur Aufrechterhaltung eines konstanten Stromes in einer Induktivität ist eine verhältnismäßig
kleine Spannung zur Überwindung des kleinen ohmschen Widerstandes notwendig. Will man den
Strom in einer Induktivität ändern, muß man eine zusätzliche Spannung anlegen. Je größer diese
Spannung, desto schneller ändert sich der Strom. Zur Verringerung des Stromes ist eine negative
Spannung notwendig. Bei der idealen Induktivität (R = 0) geht der Strom linear gegen unendlich,
wenn an den Klemmen eine konstante Spannung anliegt.
Legt man für eine bestimmte Zeit an eine ideale Induktivität eine Spannung uL an, so ändert sich
der Strom von einem Anfangswert i0 auf einen neuen Wert i1. Die Spannung uL muß während
dieser Zeit nicht konstant sein.
t
1 1
i1 − i0 = ∫ u L (t ) dt
L t0
Zur Änderung des Stromes ist also eine Spannungszeitfläche notwendig.
uL
t0
t1
t
i
i1
i0
t
Bild 3.22
Spannung und Strom an der idealen Induktivität
Wird eine ideale vom Strom I durchflossene Spule über einen Widerstand kurzgeschlossen, so
entsteht in dem Widerstand durch den Strom Wärmenergie. Diese Energie war vorher im
Magnetfeld der Spule gespeichert. Nach theoretisch unendlicher Zeit kommt der Stromfluss zum
erliegen.
45
∞
W = ∫ uL ⋅ i L =
0
∞
∫
0
di L
L
i dt =
dt L
I
∫ Li
L
di L =
0
1 2
LI
2
Wenn man in einer Spule einen Strom erzeugt, kann man demzufolge auch vom Laden der Spule
sprechen. Man speichert auf diese Art eine magnetische Energie im Magnetfeld der Spule, die
man anschließend wieder in elektrische und dann in andere Energieformen umwandeln kann.
Schaltet man mehrere Spulen in Reihe, so erzeugt man mit dem gleichen Strom I in allen
Spulen ein individuelles Magnetfeld. Die dabei gespeicherte Gesamtenergie ist die Summe der
Einzelenergien. Also gilt:
Lges = L1 + L2 + .....+ Ln
I L1
Bild 3.23:
L2
L3
L4
....
Ln
Reihenschaltung von Induktivitäten
Schaltet man mehrere ideale Spulen parallel, so liegen alle Spulen an der gleichen Spannung.
Für die Änderungsgeschwindigkeit des Gesamtstromes gilt:
di
di di1 di2
U U
U
U
=
+
+ ....+ n =
+
+ ....+
=
dt dt
dt
dt
L1 L2
Ln Lges
1
1
1
1
=
+
+ ....+
Lges L1 L2
Ln
i
Bild 3.24:
L1
L2
i1
i2
L3
i3
L4
Ln
i4
in
Parallelschaltung von Induktivitäten
Bei der Parallelschaltung ist die Gesamtinduktivität kleiner als die kleinste Einzelinduktivität.
Wir kommen jetzt noch einmal zurück auf ein System aus zwei Spulen, die magnetisch
miteinander gekoppelt sind (siehe Bild 3.21). Wir hatten gesehen, dass sich immer dann, wenn
der Fluss in der Induktionsspule sich ändert, an deren Klemmen eine induzierte Spannung zu
messen ist.
46
Bei genauerer Betrachtung dieser Anordnung stellt man fest, dass der magnetische Fluss in der
Erregerspule und in der Induktionsspule nicht identisch sein müssen. Es kann nämlich durchaus
einige wenige Feldlinien geben, die von der Erregerspule erzeugt werden, aber nicht die
Induktionsspule durchsetzen. Alle Feldlinien, für die dies zutrifft, zählen zum sogenannten
Streufluß. Der Flussanteil, der beide Spulen durchsetzt, wird Hauptfluss genannt. Bei gut
gewählter Anordnung ist der Hauptfluss immer wesentlich größer als der Streufluss.
Wir nehmen zunächst an, dass die Verkettung der beiden Spulen ideal sei. Es existiert kein
Streufluss.
N1
Φ
Φ
1σ
N2
Φ2
Φ
1
i1
Φ
h
i2
R1
R2
u1
Bild 3.25:
2σ
u2
Haupt- und Streufluß bei gekoppelten Spulen
Damit gilt:
Φ f = Φi = Φ
Wenn sich nun der Fluss ändert, wird in der Erregerspule eine andere Spannung induziert als in
der Induktionsspule.
dΦ
dt
dΦ
uf = N f
dt
ui
Ni
=
uf
Nf
ui = N i
Die Spannungen verhalten sich zueinander wie die Windungszahlen. Diese Tatsache wird als
Transformatorprinzip bezeichnet. Der Transformator wird uns später noch beschäftigen.
47
Nun ist es ebenso leicht möglich, einen Zusammenhang zwischen der Stromänderungsgeschwindigkeit in der Erregerspule und der induzierten Spannung in der Induktionsspule zu
formulieren.
ui = N i
di f
N i N f di f
dΦ
A dΘ f
= N i µ0 µr
=
= M
dt
dt
l dt
Rm dt
Der Koeffizient M wird Gegeninduktivität genannt.
Eine bekannte Anwendung ist die Zündspule. Auch hier handelt es sich um ein System von
zwei gekoppelten Spulen. Die eine Seite (Primärseite), die über einen Schalter von der Batterie
gespeist wird, also mit U = 12 V, hat eine kleine Windungszahl N1 # 200. Die zweite Seite
(Sekundärseite, Hochspannungsseite) hat eine sehr hohe Windungszahl N2 # 25000. Schließt man
den Schalter, so wird das Magnetfeld aufgebaut. Dabei liegt an der Primärseite 12V an, an der
Sekundärseite eine entsprechend höhere Spannung, die aber noch nicht ausreicht, um an der
Zündkerze einen Funken zu erzeugen. Wird jetzt der Schalter wieder geöffnet, so wird der Strom
dort innerhalb von 1 oder 2 Millisekunden abgebaut (großes negatives di/dt, viel größer als das
positive di/dt beim Aufladen). Damit bricht auch der Fluss zusammen. Auf der Seite, an der die
Zündkerze angeschlossen ist, entsteht dabei eine Spannung von mehreren kV. Diese Spannung
reicht aus, um die Durchschlagsfeldstärke der Luft zwischen Mittelelektrode und Masseelektrode
der Zündkerze zu erreichen. Der Zündfunke entsteht. Von den älteren mechanischen Zündanlagen wissen wir, dass auch der Unterbrecherkontakt auf der Primärseite durch die hohe
Spannung zum Zeitpunkt des Öffnens beansprucht wird. Auch dort können gelegentlich Funken
entstehen, die zu Materialabbrand führen. Neuere elektronische Zündungen sind dagegen so
konstruiert, dass sie auf der Primärseite wartungsfrei arbeiten.
Werden nun die Verhältnisse umgekehrt, d. h. in der Sekundärspule ändert sich der Strom und
in der Primärspule wird dadurch eine Spannung induziert, so ist die Gegeninduktivität die
gleiche.
M 12 = M 21 = M =
L1 ⋅ L2
Ist die Kopplung nicht ideal und bilden sich Streuflüsse, so muß ein Koppelfaktor eingeführt
werden. Dazu definieren wir zunächst einen Streufaktor σ. Er beschreibt die relative Abweichung
der Gegeninduktivität vom Ideal.
M2
σ = 1−
L1 ⋅ L2
oder
M = 1− σ
L1 ⋅ L2 = k L1 ⋅ L2
Bei der idealen Kopplung ist der Streufaktor gleich 0. Wenn überhaupt keine Kopplung der
Spulen besteht, ist er gleich 1. Der Faktor k heißt Koppelfaktor. Für ihn sind die Verhältnisse
umgekehrt.
48
Eine magnetische Kopplung ist nicht immer erwünscht. In elektrischen und elektronischen
Schaltungen lautet häufig die Forderung, dass durch Stromänderungen in Spulen keine
Spannungen in benachbarten Leiterschleifen induziert werden sollen (EMV). Dann ist durch
geeignete Maßnahmen dafür zu sorgen, dass der Koppelfaktor möglichst klein wird.
Geeignete Maßnahmen sind z.B.:
-
Die aufgespannte Fläche muß klein sein, damit der Fluss, der sie durchsetzt, klein ist
-
Spulenachsen so anordnen, dass sie 90° zueinander gedreht sind. Die durchdrungene
Fläche wird dann Null.
-
Verdrillen von Hin- und Rückleiter einer gefährdeten Leitung. Dadurch heben sich die
induzierten Spannungen in den einzelnen Leitungsabschnitten gegenseitig auf.
-
ferromagnetische Abschirmung, die die Feldlinienausbreitung verhindert
a) k = 0
Bild 3.26:
b) k = 1
Geringe (a) und maximale Kopplung (b) von Spulen oder Leiterschleifen
Wird ein elektrisch leitfähiges Gebilde (das kann eine geschlossene Leiterschleife oder auch ein
massives Stück Eisen sein) von einem sich ändernden magnetischen Fluss durchdrungen, dann
wird dort eine elektrische Spannung induziert. Da ein geschlossener Weg für einen Stromfluß
vorhanden ist, kommt dann aufgrund der Spannung dieser Stromfluss auch zustande. Der sich
aufbauende Strom erzeugt nun selbst eine Magnetfeldänderung , die die ursprüngliche zum Teil
kompensiert. Wie stark die Kompensation ist, hängt vom ohmschen Widerstand ab, der den
Stromfluss hemmt.
Auf diese Art entstehen in massiven Eisenteilen, die von einem sich ändernden magnetischen
Fluss durchsetzt sind, die sogenannten Wirbelströme. Sie erzeugen am ohmschen Widerstand
des Materials Wärmeverluste.
49
Wirbelstrom iw
massiver Eisenkern
B + dB
Bild 3.27:
Wirbelströme in einem Eisenkern
Man versucht die Wirbelströme, wenn erforderlich, zu unterdrücken, indem man elektrisch
schlecht leitendes Eisen verwendet und indem man den Eisenkern aus vielen dünnen Blechen
aufbaut, die gegeneinander elektrisch isoliert sind.
Im verursachenden Leiter selbst tritt ebenfalls ein häufig unerwünschter Effekt auf. Wir wissen,
dass sich auch innerhalb eines Leiters eine magnetische Feldstärke und damit letztendlich ein
magnetisches Feld aufbaut, wenn Strom in ihm fließt. Ändert sich dieser Strom und damit das
Feld, so entstehen Ströme im Leiter, die durch Überlagerung mit dem ursprünglichen Strom die
Stromdichte in der Mitte des Leiters verringern. Die Stromdichte wird am Rand viel größer als
innen. Man spricht hier von Stromverdrängung von innen nach außen oder vom Skineffekt.
iw
B + dB
I + dI
Bild 3.28:
Stromverdrängung bzw. Skineffekt
50
Der Skineffekt wird wie die Wirbelströme mit steigender Frequenz der Stromänderung immer
ausgeprägter. In der Mikrowellentechnik, wo mit sehr hohen Frequenzen gearbeitet wird, läßt
man das Leiterinnere sogar weg und verwendet sogenannte Hohlleiter, weil im Inneren sowieso
kein Strom fließen würde.
3.7
Energien und Kräfte im Magnetfeld
Ein Magnet ist, wie allgemein bekannt, in der Lage, ein Eisenstück anzuziehen. Wir wollen nun
die Kraft berechnen, mit der das geschieht. Dazu betrachten wir folgende Anordnung:
U
I
B
N
s
v
lE
Tiefe b
F
l
Bild 3.29:
Entstehung einer Anziehungskraft auf ein Eisenstück
Die Kraft ist immer so gerichtet, dass der magnetische Widerstand minimiert und damit die
Induktivität maximiert wird. Im obigen Beispiel wirkt die Kraft so, dass durch eine durch die
Kraft hervorgerufene Verschiebung der Luftspalt verkleinert wird.
Wir nehmen an, dass sich das Eisen zu keinem Zeitpunkt in der Sättigung befindet. Weiter
nehmen wir an, dass die Spule mit einem konstanten Strom I betrieben wird und dass der
ohmsche Widerstand der Spule gleich Null ist. Durch die Änderung der Induktivität wird in der
Spule eine Spannung u induziert.
d N2
d
d
dL
dI
dL
u=
LI = I
+L =I
=I
= IN 2
dt
dt
dt
dt
dt Rm
dt
= IN 2 ⋅ b ⋅ l
d
1
dt l E
s
+
µ E µ0
1
lE
s
+
µ E ⋅ b ⋅ l µ0 ⋅ b ⋅ l
51
Die induzierte Spannung ist dann
IN 2 ⋅ b ⋅ l 1
1 ds
u= − l
( −
)
( µE + µs ) 2 µ0 µ E dt
E
0
Wenn sich s vergrößert, verkürzt sich lE. Daher die Klammer im Zähler. Der Subtrahend in der
zweiten Klammer kann allerdings vernachlässigt werden. Bewegt sich das Eisenstück mit der
Geschwindigkeit v und vergrößert den Luftspalt, so ist
u= −
IN 2 ⋅ b ⋅ l
⋅v
lE
s
2
µ0 ( µE + µ )
0
Wir nehmen nun an, dass sich der Luftspalt in der Zeit Δt um Δs verändert. Eine Vergrößerung
des Luftspalts erzeugt eine negative Spannung. Die von der Stromquelle in die Induktivität
gelieferte Energie ist
t 0 + ∆t
∆ Wel =
∫
t0 + ∆t
u ⋅ Idt = − I ⋅ N ⋅ b ⋅ l
2
2
t0
∫
t0
s0 + ∆s
= −I ⋅ N ⋅b⋅l
2
2
∫
s0
= I 2 ⋅ N 2 ⋅b⋅ l(
1
l
( µE + µs ) 2
E
0
1
l
( µE + µs ) 2
E
0
1
lE − ∆ s s0 + ∆ s
µE + µ0
(
−
(
1
1 ds
) dt
−
µ 0 µ E dt
1
1
)ds
−
µ0 µ E
1
lE
s0
µE + µ0
)
= ( L( s0 + ∆ s) − L( s0 )) ⋅ I 2
Man beachte hier, dass die Induktivität bei kleinem Luftspalt größer ist als bei großem. Bei einer
Vergrößerung des Luftspalts wird die aufgenommene Energie negativ. Das bedeutet, dass die
Spule Energie abgibt!
Die in der Induktivität gespeicherte elektrische Energie hat sich während dieses Vorganges um
ΔWmagn geändert.
∆ Wmagn =
L( s0 + ∆ s) 2 L( s0 ) 2
I −
I
2
2
Dies ist genau die Hälfte der elektrisch aufgewendeten Energie. Die andere Hälfte ist in
mechanische Energie übergegangen.
∆ Wel = 2 ∆ Wmagn = ∆ Wmagn + ∆ Wmech
∆ Wmagn = ∆ Wmech
52
Für die mechanische Energie gilt
t 0 + ∆t
∆ Wmech =
∫
t0
t + ∆t
0
ds
1
1
1
1 ds
F ( s) dt = − I 2 ⋅ N 2 ⋅ b ⋅ l ∫ l
( −
) dt
dt
2
s ) 2 µ 0 µ E dt
t0 ( E +
µ E µ0
und damit durch Koeffizientenvergleich und anschließende Vernachlässigung von 1/µE
1
µ0 −
1 2 2
F ( s) = − I ⋅ N ⋅ b ⋅ l ⋅ l
2
( µE +
E
=−
1
µE
s 2
µ0 )
1 2
1
Θ ⋅b⋅l l
2 µ0
( µE + µs ) 2
E
0
1 Θ2
1
1 Φ 2 ( s)
1 2
B ( s) ⋅ b ⋅ l
=
⋅ 2
=−
=−
2 µ0 b ⋅ l Rm ( s)
2 µ0 b ⋅ l
2 µ0
Allgemein gilt also:
F=
1 2
Β ⋅A
2µ 0
Das Vorzeichen der Kraft entsteht durch das gewählte Bezugssystem. Die Kraft auf das
Eisenstück wirkt immer in Richtung des Luftspaltes.
3.8
53
Passive Bauelemente, die sich aus den bisherigen Betrachtungen ergeben
Wir haben bisher den ohmschen Widerstand, den Kondensator und die Induktivität kennengelernt. Hier soll noch einmal kurz zusammengefaßt werden, wie sich diese Bauelemente in einem
Stromkreis verhalten, wenn sie für eine gewissen Zeit mit einer konstanten Spannung bzw. einem
konstanten Strom beaufschlagt werden.
i
R
C
i
i
L
u
u
u
t
t
t
u
t
i= U
R
i = C⋅
du
dt
i = 1 ⋅∫u⋅dt
L
i
u = i⋅R
Tabelle 3.1:
t
t
t
u = 1 ⋅∫i⋅dt
C
Verhalten der passiven Grundbauelemente
t
u = L⋅
di
dt
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