Einheit 10: Rechteck-Hohlleiter und RechteckResonator Theorie Der zunächst etwas furchterregende Begriff des Hohlleiters beschreibt anschaulich nichts weiter als ein Rohr konstanten Querschnitts, das eine sehr gut (und für entschieden einfachere Betrachtung ideal) leitende Wand hat. Technisch verbreitet sind vor allem Rechteck- und Rund-Hohlleiter. Wir beschränken uns auf erstere. Zum Rechteck-Resonator wird ein solches Rohr durch zusätzliche Wände senkrecht im Rohr, es entsteht also ein ideal leitend berandeter Quader. Es führt bereits zu hinreichenden Komplikationen, und es ist der technisch verbreitetste Fall, betrachtet man lediglich eine homogene Materialfüllung mit ε und μ, die gänzlich ladungsund verlustfrei ist, weswegen wir uns darauf beschränken. Aus den Maxwell-Gleichungen folgt (vgl. A_10_1a) unter diesen Bedingungen eine dreidimensionale homogene Wellengleichung, die prinzipiell durch Variablenseparation gelöst werden kann. Die Betrachtung vereinfacht sich etwas, wenn man den Wellencharakter der Felder in Längsrichtung des Rohrs (üblicherweise der Koordinate z-zugewiesen) bereits annimmt: Die beiden Vorzeichen im Exponent der e-Funktionen bedeuten Wellenausbreitung in negative (+) oder positive (-) z-Richtung. Es genügt allerdings nicht, die Wellen-/Helmholtzgleichung unabhängig für e und h zu lösen, da beide ja noch zueinander konsistent die Maxwell-Gleichungen befriedigen müssen. Es ist nicht allzu schwierig, aber doch mit etwas Schreibarbeit verbunden (vgl. A_10_1b), aus einer komponentenweisen Auswertung (hier muß man es wirklich mal machen) der beiden Rotations-Gleichungen folgenden Zusammenhang abzuleiten: Diese beiden Gleichungen sind in hohem Maße bemerkenswert: Erstens kann man offensichtlich bei bekannten longitudinalen Feldkomponenten ez und hz alle weiteren Komponenten durch direkte Differentiation gewinnen. Zweitens bestehen aber bereits nichttriviale Lösungen, wenn nur eines der beiden Longitudinalfelder ez und hz existiert. Da dies von sehr fundamentaler Bedeutung ist beachte, daß bisher keinerlei Randbedingungen angewandt wurden -, hat sich für die Unterscheidung der beiden Feldtypen eine spezielle Nomenklatur eingebürgert: i) $ ez = 0: Transversal Elektrische (TE-) Felder (zum Teil auch als H-Felder bezeichnet) Dabei sind e und h noch dreikomponentige Felder. kz hat die Bedeutung einer Wellenzahl in z-Richtung, ist also mit der Wellenlänge im Hohlleiter gemäß nacheinander für ez, hz auf zwei gewöhnliche Differentialgleichungen zurückführen, wobei die Separationskonstanten kx und ky den leicht zu merkenden „Wellenzahl-Pythagoras” vervollständigen: Erst jetzt setzt man die konkrete Gestalt des Hohlleiterquerschnitts ein (was bedeutet, daß alles zuvor Beschriebene allgemeingültig ist) und findet (vgl. A_10_3d) bei einem folgendermaßen beschriebenen Hohlleiterquerschnitt im TM-Fall für ez: und im TE-Fall für hz: ii) $ hz = 0: Transversal Magnetische (TM-) Felder (zum Teil auch als E-Felder bezeichnet) Damit ist das Problem allerdings noch nicht vollständig gelöst. Man muß nun zur Bestimmung von ez, hz zur Helmholtz-Gleichung in A_10_1a zurückkehren. Sie läßt sich durch einen zweidimensionalen Produktansatz verknüpft, und unterscheidet sich von der Wellenzahl k0 im unbegrenzten Medium mit Lichtgeschwindigkeit c: VuEThET Einheit 10: Rechteck-Hohlleiter und Rechteck-Resonator, Theorie und Aufgaben$ Offensichtlich gibt es jeweils beliebig viele Lösungen, die als Hohlleiter-Moden („Mode”=Schwingungsform) bezeichnet werden. Wegen des Wellenzahl-Pythagoras © [email protected] $ 1 von 2 unterscheiden sie sich (in der Regel) nicht nur durch die xy-abhängigen Felder, sondern auch durch das longitudinale Ausbreitungsmaß. Insbesondere tritt für jede Mode bei zu kleiner Frequenz der Fall auf, daß das Ausbreitungsmaß imaginär wird, und die Felder longitudinal nicht mehr oszillieren, sondern exponentiell abklingen. Dies hat nichts mit einer ohmschen Bedämpfung zu tun, sondern ergibt sich als Lösung der Maxwell-Gleichungen! Die Frequenzgrenze ist offensichtlich für jede Mode TMmn oder TEmn durch gegeben. Aufgaben A_10_1) a) $ Zeige, daß aus den Maxwell-Gleichungen mit den im Theorie-Abschnitt beschriebenen Voraussetzungen folgende zweidimensionale Helmholtz-Gleichung entsteht: b) (Zusatzaufgabe) Zeige durch komponentenweisen Auswertung der beiden Rotations-Maxwell-Gleichungen die Ableitbarkeit der transversalen aus den longitudinalen Feldkomponenten. A_10_2) a)$ Leite mit Hilfe der im Theorieteil angegebenen Beziehungen getrennt für den TE- und den TM-Fall Beziehungen zwischen den transversalen Feldern ex, ey, hx, und hy und den longitudinalen Feldern ez und hz ab. b)$ Bilde ferner für TE und TM die Quotienten ex/hy und ey/hx. Bilde die Einheit beider Größen und gib eine physikalische Interpretation. A_10_3) a)$ Führe die Separation der Helmholtz-Gleichung aus Aufgabe A_10_1a) für ez und hz durch. b)$ Welche Randbedingung gilt im TM-Fall für ez, wenn der Querschnitt des Hohlleiters wie in der Theorie beschrieben gegeben ist? c)$ Führe im TE-Fall das hz-Feld auf geeignete Ausdrücke an den Rändern tangentialer elektrischer Felder zurück. Warum kann eine direkte Randbedingung für hz nicht gefunden werden? Zeige die Gültigkeit der in der Theorie gebenen Ausdrücke für ez und hz. A_10_5) Wie verändern sich bei gleichbleibenden Materialeigenschaften die Grenzfrequenzen, wenn beide Kanten eines Hohlleiters um den Faktor α verkürzt werden? Was passiert mit der niedrigsten Grenzfrequenz, wenn nur die kürzere Kante verkürzt wird? Wie ändern sich die Grenzfrequenzen, wenn statt Vakuum ein Material mit εr = 9 den Hohlleiter ausfüllt? Wie wirken sich obige Modifikationen auf den Wellenwiderstand aus? A_10_6) Es soll ein 400-MHz-Trägersignal durch einen RechteckHohlleiter übertragen werden. Ein Signal von 60 MHz Bandbreite wird aufmoduliert. Berechne die zulässigen Abmessungen, bei denen das Signal ausschließlich in der TE10-Mode übertragen wird. A_10_4) Ein Rechteckhohlleiter mit den Kanten a = 120 mm, b = 30 mm ist 50 cm lang. Auf der einen Seite befindet sich eine reflexionsfreie Ankopplung an einen Sender, auf der anderen ein reflexionsfreier Abschluß (was gar nicht so einfach ist). In der Mitte des Hohlleiters befindet sich eine Mikrobe. a)$ Berechne die niedrigsten drei Grenzfrequenzen des Hohlleiters! Wieviel Moden sind ausbreitungsfähig, wenn die dritte Grenzfrequenz überschritten wurde? Muß das immer so sein? b) Das Sendesignal hat eine Frequenz von 2 GHz. Berechne, wie stark die TE20 und die TE30 - falls sie am Hohlleiter-Eingang angeregt werden - bis zur Mitte des Hohlleiters abgeklungen sind (Angabe linear und in dB). c)$ In den Hohlleiter wird eine Leistung von 1 W eingestrahlt. Berechne die maximalen elektrischen und magnetischen Feldstärken am Ort der Mikrobe. Welchem zeitlichen Abstand liegt zwischen E- und HMaximum während einer vollen Periode? VuEThET Einheit 10: Rechteck-Hohlleiter und Rechteck-Resonator, Theorie und Aufgaben$ © [email protected] $ 2 von 2