Ernährung bei Multipler Sklerose Inhalt / Entzündungsvorgänge im Körper Ernährung bei Multipler Sklerose – Gibt es eine spezielle MS-Diät? „Es gibt Krankheiten, die nur durch richtige Ernährung geheilt werden können“, das sagte schon Hippokrates im 4. Jh. vor Christus. Inzwischen weiß man sicher: Viele Erkrankungen und ihre Ausprägung stehen in klarem Zusammenhang mit der Ernährung. Durch eine gesunde Ernährungsweise oder den Verzicht auf bestimmte Lebensmittel kann man die Symptome einiger Erkrankungen positiv beeinflussen oder sogar heilen. Nimmt die Ernährung auch Einfluss auf die MS-Erkrankung? Gibt es eine spezielle MS-Diät? In den letzten Jahren wurden die krankheitsauslösenden Mechanismen bei Multipler Sklerose zunehmend geklärt. Multiple Sklerose ist eine Autoimmunerkrankung, die mit einer chronischen Entzündung des Zentralnervensystems einhergeht. Diese Erkenntnis führte zur Entwicklung verschiedener ernährungsphysiologischer Ansätze. Da einige Fette das Entzündungsgeschehen im Körper erheblich beeinflussen können, basieren die Ernährungskonzepte im Wesentlichen darauf, den Anteil bestimmter Fette in der Nahrung festzulegen. Viele dieser MS-Diäten wurden inzwischen wieder verworfen, da sie zu einseitig waren und sich für die dauerhafte Ernährung nicht eigneten. Heute weiß man, dass es keine spezielle „MS-Diät“ gibt, mit der man Multiple Sklerose heilen kann. Doch man weiß auch, dass eine falsche Ernährung Entzündungsvorgänge im Körper unterstützt und den Krankheitsverlauf negativ beeinflussen kann. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat auf Basis ihrer Erfahrungen mit entzündlichen Erkrankungen versucht, Kriterien für eine sinnvolle Lebensmittelauswahl festzulegen. Diese Broschüre soll Ihnen dabei helfen, sich ausgewogen und gesund zu ernähren und gleichzeitig dadurch einen positiven Einfluss auf das Krankheitsgeschehen bei Multipler Sklerose zu nehmen. Dabei sollten Sie jedoch immer im Auge behalten, dass eine Ernährungsumstellung auf keinen Fall die medikamentöse Therapie ersetzt, sondern diese allenfalls unterstützt. Wir wünschen Ihnen dabei viel Erfolg! Ihr Extracare-Team 2 Inhalt Grundsätze zur Ernährung........................................................................................................ 4 Fettsäuren, Vitamine und Spurenelemente – Einfluss auf entzündliche Prozesse im Körper......................................................................... 8 Fettsäuren – der Schlüssel zur entzündungshemmenden Ernährung............................................................................................9 Oxidativer Stress – so entstehen schädigende freie Radikale........................................................................................13 Vitamin A, Vitamin C, Vitamin E und b-Karotin als Radikalfänger.......................................................................................................................................15 Kupfer, Selen und Zink – wichtig für die entzündungshemmende Ernährung.................................................................... 18 Osteoporose – mit Kalzium vorbeugen..................................................................................22 Vitamin D und Vitamin K.......................................................................................................................24 Verstopfungen natürlich entgegenwirken.............................................................................26 Was trinke ich? ........................................................................................................................................ 27 Ernährungsempfehlungen bei MS im Überblick....................................................................28 Wo finde ich Hilfe..................................................................................................................... 31 Quellen und weiterführende Literatur................................................................................................31 3 Grundsätze zur Ernährung Die Ernährungsmedizinerin Frau Dr. Monika Pirlet-Gottwald schrieb in einem Artikel: „Der Mensch isst zu viel, zu viel auf einmal, zu viel Schwerverdauliches, er isst zu hastig und er weiß nicht mehr, was ihm gut tut.“ Für eine gesunde Ernährung sind einige „Grundsätze zur Ernährung“ zu beachten, die als Leitfaden dienen können. Auf diese Weise kann der Körper mit allen nötigen Nährstoffen ausreichend versorgt werden und diese auch richtig verdauen. 1–6 Aber auch bei der Ernährung ist der Mensch als Individuum zu sehen. Jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf bestimmte Nahrungsmittel. Deshalb ist es wichtig, bei der Ernährungsweise herauszufinden, was der Körper benötigt und was ihm gut tut. 1. Vielfältigkeit Der Körper braucht zur Deckung seines Energiebedarfs und zum Erhalt seiner Funktionen eine Vielzahl an Nährstoffen. Dazu gehören Eiweiße, Fette, Kohlenhydrate, Vitamine, Mineral­stoffe, Spurenelemente und sekundäre Pflanzenstoffe. Damit alle Nährstoffe in ausreichender Menge zu sich genommen werden, ist eine ausgewogene Ernährung nötig. Das heißt: abwechslungsreich, in ausreichender Menge – nicht zu viel und nicht zu wenig – und in geeigneter Kombination. 2. Abb. 1: Ernährungskreis – Zusammenstellung einer ausgewogenen Ernährung Nur so viel essen, wie der Körper benötigt Wer sich viel bewegt, der verbraucht mehr Energie. Auf diesem Prinzip basieren die Referenz­ werte der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zur Energiezufuhr. Weil zu viel Nahrung auf Dauer zu gesundheitlichen Problemen und Fettsucht führen kann, sollte dem Körper immer nur so viel zugeführt werden, wie er im Darm aufnehmen, im Stoffwechsel umsetzen und über die Ausscheidungsorgane (Darm, Haut, Lungen und Niere) restlos ausscheiden kann. 4 Richtwerte für die durchschnittliche Energiezufuhr pro Tag7 Ist jemand körperlich aktiv, benötigt er mehr Energie. Durch den PAL-Werta kann man relativ schnell den persönlichen Richtwert für die tägliche Energiezufuhr ermitteln. Beispiele für den durchschnittlichen täglichen Energieumsatz Arbeitsschwere und Freizeitverhalten PALa ausschließlich sitzende oder liegende Lebensweise 1,2 Beispiele alte, gebrechliche Menschen ausschließlich sitzende Tätigkeit mit wenig oder keiner anstrengenden Freizeitaktivität 1,4–1,5 Büroangestellte, Feinmechaniker sitzende Tätigkeit, zeitweilig auch zusätzlicher Energieaufwand für gehende oder stehende Tätigkeiten 1,6–1,7 überwiegend gehende und stehende Arbeit 1,8–1,9 Verkäufer, Kellner, Handwerker körperlich anstrengende berufliche Arbeit 2,0–2,4 Bauarbeiter, Landwirte, Leistungssportler Laboranten, Kraftfahrer, Studierende, Fließbandarbeiter Mit dem ermittelten Ruheenergieumsatz, der u. a. Geschlecht, Alter und Körpergewicht berücksichtigt, und dem PAL-Wert ergibt sich der tägliche Energiebedarf (kcal/Tag) in Abhängigkeit von der körperlichen Aktivität (Ruheenergieumsatz x PAL = Energiebedarf pro Tag). Die Richtwerte in der folgenden Tabelle geben einen guten Überblick wie hoch die tägliche Energiezufuhr für Normalgewichtige in Abhängigkeit von der körperlichen Aktivität (PAL) aussehen soll. Bei Abweichungen vom Normbereich, insbesondere bei Übergewicht und bei geringer körperlicher Aktivität, sind individuelle Anpassungen der Richtwerte notwendig. Entscheidender Kontrollparameter ist das aktuelle Körpergewicht.7 Richtwerte für die durchschnittliche Energiezufuhr bei Personen unterschiedlichen Alters in Abhängigkeit von der körperlichen Aktivität in kcal/Tag a, b, c Alter (Jahre) Jugendliche und Erwachsene PAL=1,4 m PAL=1,6 w m PAL=1,8 w m w 15 bis unter 19 2600 2000 3000 2300 3400 2600 19 bis unter 25 2400 1900 2800 2200 3100 2500 25 bis unter 51 2300 1800 2700 2100 3000 2400 51 bis unter 65 2200 1700 2500 2000 2800 2200 65 und älter 2100 1700 2500 1900 2800 2100 PAL = physical activity level, durchschnittlicher täglicher Energiebedarf für körperliche Aktivität als Mehrfaches vom Ruheenergieumsatz. b Schwangere: Richtwerte für die zusätzliche Energiezufuhr für Schwangere im 2. Trimester +250 kcal/Tag und im 3. Trimester +500 kcal/Tag. Diese Angaben gelten nur bei Normalgewicht vor der Schwangerschaft, bei einer wünschenswerten Gewichtsentwicklung während der Schwangerschaft (Körpergewichtszunahme von 12 kg bis Ende der Schwangerschaft) und bei unverminderter körperlicher Aktivität. c Stillende: Richtwert für die zusätzliche Energiezufuhr für Stillende bei ausschließlichem Stillen während der ersten 4 bis 6 Monate +500 kcal/Tag. a 5 6 3. Nehmen Sie sich Zeit für Ihr Essen Für eine gesunde Ernährung ist es wichtig, dass die Nahrung vollständig zerlegt wird. Nur so können alle Nahrungsbestandteile, Vitamine und Mineralstoffe aufgenommen werden. Die Verdauung beginnt mit dem vollständigen Zerkleinern und Einspeicheln der Nahrung. Ganz nach dem Motto: „Gut gekaut ist halb verdaut.“ Dadurch ist gewährleistet, dass alle Bestandteile verdaut werden können. Ist das nicht der Fall, z. B. wenn zu große Bissen hinunter geschluckt werden, zu hastig gegessen wird oder zu große Mahlzeiten eingenommen werden, zersetzen vor allem die Bakterien im Dickdarm die Nahrungsmittel. Die Folgen sind: • Kohlenhydratreiche Nahrung (Körner, Brot, Rohkostsalate, Obst) wird unter vermehrter Bildung von Verdauungsgasen zersetzt • Eiweißhaltige und ballaststoffarme Kost (Fleisch, Fisch, Käse, Eier) führt langfristig zu Darmträg- heit und Verstopfung Es entstehen im Darm giftige und übel riechende Zersetzungsstoffe. Diese schädigen die Darmschleimhaut, u. a. auch das in der Darmschleimhaut liegende Immunsystem. Es bilden sich Darmgase. Blähungen und übler Geruch des Stuhls sind die Folge. Zunächst entsteht ein Reizzustand des Darms, später ein Erschöpfungszustand mit Darmträgheit (Verstopfung). Die Zersetzungsstoffe werden über die Darmschleimhaut aufgenommen und können den Körper schädigen (intestinale Autointoxikation). 4. Essen Sie nicht zu spät am Abend Isst man abends eine reichhaltige Mahlzeit und hält nicht mindestens 2 Stunden zwischen Essen und Schlafengehen ein, verschlechtert sich der Schlaf. Das liegt daran, dass viele Nahrungsmittel 6 bis 8 Stunden benötigen, bis sie vollständig verdaut sind. Wenn wir schlafen, werden unsere Körperfunktionen heruntergeschraubt, auch die Verdauung. Essen wir vor dem Schlafengehen, liegt das Essen unverdaut im Magen. 5. Acht geben bei schwer verdaulichen Lebensmitteln Bestimmte Stoffe sind schwer verdaulich, beispielsweise rohe Körner, grobes Vollkornbrot, Nüsse, Salate. Hier gilt kein Verbot, jedoch ein Maßhalten und gutes Kauen. Schwer verdauliche Lebensmittel sollten nicht am späten Abend gegessen werden. 6. Nicht alle Lebensmittel werden vertragen Nahrungsmittelunverträglichkeiten, beispielsweise Laktose- oder Fruktose-Unverträglichkeiten, Gluten- oder Obstsäuren-Unverträglichkeit sind weit verbreitet. Jeder muss für sich herausfinden, was ihm gut tut, denn nicht jeder verträgt alles. Bei der Ernährung sollten individuelle Besonderheiten unbedingt berücksichtigt werden. 7 Entzündungsvorgänge im Körper Fettsäuren, Vitamine und Spurenelemente – Einfluss auf entzündliche Prozesse im Körper Einige Bestandteile von Nahrungsmitteln können die entzündlichen Prozesse bei Multipler Sklerose beeinflussen. Untersuchungen haben gezeigt, dass im Überfluss genossene tierische Fette die Entzündungsprozesse bei Multipler Sklerose verstärken, während Fisch- und Pflanzenöle diesen Prozessen entgegenwirken. Auch Antioxidantien haben in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung in der Ernährung. Zu ihnen zählen die Vitamine A, C und E, b-Karotin sowie die Spurenelemente Kupfer, Selen und Zink. Durch ihre Wirkung als „Radikalfänger“ (vgl. S. 13) beeinflussen sie das Entzündungs­geschehen im Körper positiv. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt bei Multiper Sklerose eine vorwiegend lactovegetarische Kost. Dabei wird weitgehend auf Fleisch, tierische Fette, Eier und Eiprodukte verzichtet. Fettarme Milch und Milchprodukte sind aufgrund ihres Kalziumgehalts wichtig. 8 Welche Bestandteile der Nahrungsmittel Einfluss auf entzündliche Prozesse im Körper haben, möchten wir nun im Folgenden vorstellen. Außerdem erfahren Sie konkret, welche Nahrungsmittel gut und welche weniger gut sind. So lernen Sie einfach, wie Sie Ihren täglichen Speiseplan gestalten können. Fettsäuren – der Schlüssel zur entzündungshemmenden Ernährung Fette zählen neben Proteinen und Kohlenhydraten zu den drei Grundbausteinen unserer Ernährung. Sie sind ein wichtiger Energie­lieferant für den menschlichen Organismus, liefern essentielle Fettsäuren (essentiell = lebensnotwendige Fettsäuren, die der Körper selbst nicht herstellen kann), sind Träger der fettlöslichen Vitamine A, D, E und K und dienen zum Aufbau von Körperzellen, als Kälteschutz (Fettgewebe unter der Haut), Polster für innere Organe und Geschmacksträger. Aufgrund ihrer chemischen Struktur unterscheidet man gesättigte und ungesättigte Fettsäuren, die für die Nahrungsmittelauswahl eine bedeutende Rolle spielen. Denn mehrfach ungesättigte Fettsäuren sind u. a. Vorläufer der sogenannten Eicosanoide. Sie sind an entzündlichen Prozessen im Körper beteiligt. Dabei unterscheidet man Eicosanoide, die eine Entzündung verstärken und solche, die einer Entzündung entgegenwirken. Die mehrfach ungesättigten Fettsäuren Linolsäure (Omega-6-Fettsäure) und α-Linolensäure (Omega3-Fettsäure) gehören zu den essentiellen Fettsäuren. Sie müssen mit der täglichen Nahrung aufgenommen werden. Aus ihnen bildet der Körper weitere wichtige Fettsäuren, u.a. die Arachidonsäure und Eicosapentaensäure, die für das Entzündungsgeschehen im Körper eine besondere Bedeutung haben. Die aus Arachidonsäure gebildeten Eicosanoide können eine Entzündung verursachen bzw. verstärken. Dagegen wirken die aus Eicosapentaensäure gebildeten Eicosanoide entzündungshemmend. Eicosapentaensäure verdrängt die Arachidonsäure aus der Zellmembran, um sich dort selbst anzulagern und hemmt dadurch die Bildung von entzündungsfördernden Eicosanoiden. Abb. 2: Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren und deren Wirkung Ungesättigte Fettsäuren Omega-6-Fettsäuren Linolsäure Omega-3-Fettsäuren α-Linolensäure Arachidonsäure „entzündungsfördernd“ Eicosapentaensäure „entzündungshemmend“ Nahrung Fleisch, Wurst, Milch und Milchprodukte, Eigelb Nahrung Fisch wie Hering, Lachs, Steinbutt, Makrele 9 Fettsäuren 10 Mit diesem Wissen wird bei der entzündungshemmenden Ernährung der Eicosapentaensäure eine besondere Bedeutung zugeschrieben. Eicosapentaensäure kommt vor allem in den Fetten von Fischen und Meerestieren vor. Zusätzlich kann sie vom Körper selbst aus a-Linolensäure gebildet werden. Arachidonsäure befindet sich in tierischen Fetten. In begrenztem Umfang wird sie zudem im Körper aus ihren Vorstufen, der Linolsäure und γ-Linolensäure, gebildet. Der Einfluss von Linolsäure und γ-Linolensäure auf den Entzündungsprozess ist noch nicht vollständig geklärt. Eicosapentaensäure und Arachidonsäure werden hauptsächlich direkt über die Nahrung aufgenommen. Die richtige Zufuhr dieser ungesättigten Fettsäuren spielt daher eine wesentliche Rolle für eine gesunde und ausgewogene Ernährung. Die Omega-3 und Omega-6 Fettsäuren stehen im Konkurrenzkampf mit den gleichen Enzymen. Es gilt: Je kleiner das Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren ist, desto größer ist die Chance, dass die entzündungshemmende Eicosapentaensäure synthetisiert werden kann. Die DGE empfiehlt ein Verhältnis von Omega 6- zu Omega 3-Fettsäuren von 5:1. Dies entspricht einer Zufuhr von 2,5 % Linolsäure zu 0,5 % α-Linolensäure an der Gesamtenergieaufnahme für 15 bis über 65-Jährige. Aus diesen Erkenntnissen ergeben sich für den Verzehr von Fetten folgende Empfehlungen der DGE: •Vermeiden Sie fettreiche tierische Lebensmittel und Innereien wie Schweineschmalz, Schweineleber, Eigelb oder fettreiche Fleisch- und Wurstsorten. • Essen Sie nicht mehr als 2 Portionen (300 – 600 g ) mageres Fleisch oder Wurst pro Woche. •Verzehren Sie 2-mal pro Woche Omega-3 fettsäurereichen Fisch wie Makrele, Lachs und Hering. •Verwenden Sie Raps-, Soja-, Walnuss- und Leinöl, die reich an Omega-3-Fettsäuren sind. • Bevorzugen Sie fettarme Milch und Milchprodukte. 11 Gehalt an Fettsäuren in ausgesuchten Lebensmitteln9 Nahrungsmittel je 100 g 12 Linolsäure (in g) α-Linolensäure (in g) Butter 1,2 0,4 113 - Schweineschmalz 9,4 1,0 1700 - Margarine 30,9 1,8 - - Olivenöl 8,3 0,9 - - Sonnenblumenöl 63,1 0,5 - - Leinöl 14,3 52,8 - - Walnussöl 52,4 12,2 - - Rapsöl 22,4 9,6 - - Weizenkeimöl 55,7 7,8 - - Lammfleisch, Muskel 0,1 0,1 10 - Rindfleisch, Filet 0,1 - 32 - Schweinefleisch, Muskel 0,2 - 36 25 Schweineniere 0,5 - 351 136 Schweineleber 0,5 - 491 176 Schweineschinken, gekocht 0,3 - 50 - Schweinespeck, durchwachsen 2,9 0,2 250 - Leberwurst 1,4 0,5 227 - Huhn, Brathuhn 2,0 0,1 226 6,5 Huhn, Brust mit Haut 1,1 0,1 161 5,6 Truthahn, Brust ohne Haut 0,0 - 55 - Aal (geräuchert) 1,4 0,7 144 304 Hering (Atlantik) 0,2 0,1 37 2038 Lachs 0,4 0,4 190 749 Garnele 0,1 - 68 206 Kabeljau - - 17 71 Seelachs, Köhler - - 11 101 Rotbarsch 0,1 0,1 240 258 Eigelb 1,7 0,3 210 - Walnuss 34,2 7,5 - - Cashewnuss 7,4 0,2 - - Erdnuss 13,9 0,53 - - 0,1–3,5 0,2–0,3 - - Hülsenfrüchte Arachidonsäure Eicosapentaen(in mg) säure (in mg) Oxidativer Stress – so entstehen schädigende freie Radikale Durch normale Prozesse im Körper, aber auch durch äußere Einflüsse, beispielsweise Stress oder UVStrahlung, kann es im Körper zu einer chemischen Reaktion kommen, bei der freie Sauerstoffradikale entstehen. Freie Radikale sind zumeist instabile und daher hochreaktive Verbindungen. Das Entstehen freier Radikale in unserem Körper ist ein normaler Vorgang, ebenso wie der Angriff dieser freien Radikale auf unsere Körperzellen. Im Normalfall schützt ein gut funktionierender Mechanismus aus Vitaminen, Spurenelementen und Enzymen, die sogenannten Antioxidantien, unseren Körper und seine Zellen. Zudem verfügt der menschliche Körper über Reparaturmechanismen, um Schäden durch freie Radikale zu korrigieren. Sie wandeln anfallende Sauerstoffradikale in unschädliche chemische Verbindungen um. Wie entstehen freie Radikale? Freie Radikale entstehen • als Abfallprodukte der Zellen aus der Energiegewinnung • bei Entzündungsprozessen im Körper • durch Zigaretten- und Alkoholkonsum • durch Umweltgifte und hohe Ozonbelastung • bei intensiver Sonneneinstrahlung • durch übermäßigen psychischen und körperlichen Stress • durch eine unausgewogene Ernährung Ist das antioxidativ wirkende System überlastet, können freie Radikale für den Körper und seine Zellen schädlich werden; man spricht von „Oxidativem Stress“. Dieser liegt dann vor, wenn ein Missverhältnis zwischen Bildung und Abbau freier Radikale vorliegt, d. h. es werden mehr freie Radikale gebildet als der Körper durch Abbau oder Reparaturmechanismen ausgleichen kann. In diesem Fall werden die freien Radikale für den Körper gefährlich. Sie schädigen und zerstören die Zellen. 13 Auswirkungen von „Oxidativem Stress“ 10 •Schädigung („Oxidation“) von Cholesterin und anderen Fetten •Schädigung von Eiweißen (z. B. Enzymen, Hormonen, Abwehrstoffen) •Verstärkung von Entzündungen •Schädigung des Erbgutes •Mitwirkung bei der Entstehung von Erkrankungen (z. B. Herzerkrankungen, Krebs) Oxidativer Stress wird mit einer Vielzahl von degenerativen Erkrankungen wie Multipler Sklerose, Arthrose, Rheuma oder Osteoporose in Verbindung gebracht und als Risikofaktor für die Gesundheit angesehen. Durch eine gesunde Lebensweise und Vermeidung von auslösenden Faktoren kann man bedingt Einfluss auf die Entstehung freier Radikale und damit auf ihre schädigende Wirkung nehmen. Ebenso gelingt dies durch eine ausgewogene Ernährung und ausreichende Zufuhr antioxidativ wirkender Radikalfänger wie Vitamin A, Vitamin E, Vitamin C und β-Karotin oder die Spuren­elemente Kupfer, Selen und Zink. 14 Vitamin A, Vitamin C, Vitamin E und β-Karotin als Radikalfänger Vitamin A, Vitamin C, Vitamin E und β-Karotin sind wichtige Antioxidantien, die am Abbau freier Radikale beteiligt sind. Sie unterbinden die Umsetzung von Arachidonsäure zu schädigenden Entzündungsbotenstoffen. Bei einer ausgewogenen Ernährung ist für gesunde Menschen die Versorgung mit diesen Vitaminen ausreichend. Bei Menschen mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen wie z. B. Multipler Sklerose kann der Bedarf an Antioxidantien höher sein, da durch den Entzündungsprozess verstärkt freie Radikale entstehen. Damit freie Radikale den Entzündungsprozess nicht weiter vorantreiben oder möglicherweise auslösen, ist auf eine ausreichende Zufuhr dieser Vitamine zu achten. Nur wenn alle Komponenten des Entgiftungskreislaufs dem Körper in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen, können Entzündungen gehemmt werden. Eine gesunde Ernährung mit Augenmerk auf diese Vitamine kann die medikamentöse Therapie unterstützen. Nahrungsergänzungsmittel sollten nur nach Rücksprache mit dem Arzt eingenommen werden. Denn eine Überdosierung einiger Vitamine kann schädlich sein. Vitamin C (Ascorbinsäure) Vitamin C ist wichtig für den Aufbau von Kollagen für das Bindegewebe, das Immunsystem und den Aufbau verschiedener Hormone. Zudem fördert es die Eisenaufnahme aus dem Darm. Durch seine antioxidative Wirkung schützt es vor dem Angriff durch freie Radikale. Vitamin C ist besonders in den Schalen von Obst, Gemüse und Kartoffeln enthalten. Empfohlene Nährstoffzufuhr Vitamin C pro Tag7 Frauen (19 Jahre und älter): 95 mg Männer (19 Jahre und älter): 110 mg Schwangere ab 4. Monat: 105 mg Stillende: 125 mg Vitamin C-reiche Lebensmittel9 Vitamin C-reiche Nahrungsmittel mg (je 100 g) Acerola 1700 Hagebutte 1250 Sanddornbeerensaft 266 Schwarze Johannisbeere 177 Blattpetersilie 159 Paprikaschoten 117 Brokkoli 94 Erdbeere 57 Kartoffel 17 15 Vitamin E (D-a-Tocopherol) Vitamin E ist das wichtigste Anti­oxidans in unserem Körper. Vitamin E gehört zu den fettlöslichen Vitaminen und ist daher nur bei gleichzeitiger Fettzufuhr für den Körper verwertbar. Zusammen mit Vitamin C ist es ein wirksamer „Fänger“ von Sauerstoff­radikalen. Durch die Reaktion mit den Sauerstoffradikalen wird es selbst unwirksam. Erst Vitamin C versetzt Vitamin E wieder in seine wirksame Form zurück. Vitamin E ist in Pflanzensamen und den daraus gewonnenen Ölen und Fetten enthalten. Empfohlene Nährstoffzufuhr Vitamin E pro Tag7 Frauen (15 Jahre und älter): 11-12 mg Männer (15 Jahre und älter): 12-15 mg Schwangere: 13 mg Stillende: 17 mg Vitamin E-reiche Lebensmittel9 Vitamin E-reiche Nahrungsmittel 16 mg (je 100 g) Weizenkeimöl 151 Sonnenblumenöl 62 Distelöl 45 Rapsöl 19 Haselnüsse 26 Mandeln 26 Erdnüsse 10 Vitamin A / β-Karotin (Provitamin A) Der Körper benötigt Vitamin A für das Wachstum, das Immunsystem und auch das Sehvermögen. Vitamin A gelangt mit der Nahrung in den Körper. Die wichtigste Vorstufe des Vitamin A ist β-Karotin. Vitamin A gehört zu den fettlöslichen Vitaminen und ist daher nur bei gleichzeitiger Fettzufuhr für den Körper verwertbar. In Verbindung mit den Antioxidantien Vitamin C, Vitamin E und Selen entfaltet β-Karotin seine vollen antioxidativen und immunstärkenden Eigenschaften. β-Karotin findet sich besonders in gelben bis orangenen Gemüsesorten und Obst, aber auch in verschiedenen Blattsalaten und Spinat. Empfohlene Nährstoffzufuhr pro Tag 7 Vitamin A β-Karotin Frauen (19 Jahre und älter): 0,8 mg Männer (19 Jahre und älter): 1 mg Schwangere ab 4. Monat: 1,1 mg Stillende: 1,5 mg Frauen (19 bis 65 Jahre): 4,8 mg Männer (19 bis 65 Jahre): 6 mg Schwangere ab 4. Monat: 6,6 mg Stillende: 9 mg β-Karotin bzw. Vitamin A-reiche Lebensmittel9 Nahrungsmittel Vitamin A mg (je 100 g) β-Karotin mg (je 100 g) Aprikose, getrocknet 0 35 Karotte 0 7,6 Spinat 0 4,8 Honigmelone 0 4,7 Feldsalat 0 3,9 Sojaöl 0 3,5 Chicoree 0 3,4 Rapsöl 0 3,3 Aal 0,98 0 Margarine 0,53 0 Edamer 0,28 0 Hühnerei 0,28 0 Gouda 0,26 0 Lachs 0,04 0 17 Kupfer, Selen und Zink Kupfer, Selen und Zink – wichtig für die entzündungshemmende Ernährung Spurenelemente kommen im menschlichen Körper nur in sehr geringen Mengen vor. Einige von ihnen sind essentiell, d. h. lebensnotwendig und müssen mit der täglichen Nahrung aufgenommen werden. Dabei sind sie bedeutend für hormonelle und enzymatische Reaktionen und in vielen Eiweißen vorhanden. Der menschliche Körper kann sie nicht selbst herstellen, sie müssen regelmäßig mit der Nahrung und dem Trinkwasser aufgenommen werden. Bei gesunden Menschen kann der Bedarf an Spurenelementen gut mit der täglichen Nahrung gedeckt werden. Bei entzündlichen Erkrankungen kann eine höhere Zufuhr einzelner Spurenelemente nötig sein. Auch dieser erhöhte Bedarf kann durch eine gesunde Ernährung gedeckt werden. In wenigen Fällen werden Nahrungsergänzungsmittel empfohlen. Die Einnahme dieser Präparate sollte immer nur in Rücksprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen, da eine Überversorgung bei einigen Spurenelemente schadet. 18 Die Spurenelemente Kupfer, Selen und Zink verbessern die Wirksamkeit antioxidativer Enzyme. Sie spielen für die entzündungshemmende Ernährung bei Multipler Sklerose eine besondere Rolle. Kupfer Das Spurenelement Kupfer ist Bestandteil vieler Enzyme im Körper. Enzyme beschleunigen die chemischen Reaktionen in lebenden Organismen. Ohne sie kann kein Stoffwechsel stattfinden. Dabei wird Kupfer für die Blutbildung, das Bindegewebe und den Eisenstoffwechsel benötigt. Durch seine antioxidative Wirkung schützt Kupfer die Zellen vor Schäden durch freie Sauerstoffradikale. Zusätzlich stärkt es das Immunsystem und wirkt entzündungshemmend. Kupfer findet sich in der Nahrung besonders in Vollkorngetreide, Nüssen, Kaffee, Tee, Kakao, einigen grünen Gemüsesorten, Fischen und Schalentieren. Empfohlene Nährstoffzufuhr Kupfer pro Tag7 1,0–1,5 mg Kupfer in Lebensmitteln9 Kupferhaltige Nahrungsmittel in mg (je 100 g) Kakao 3,8 Cashewnüsse 3,7 Schwarzer Tee 2,5 Kaffee 1,7 Haselnüsse 1,3 Auster 0,9 Linsen, Samen, trocken 0,8 Erbsen, Samen, trocken 0,7 Sardine 0,2 Makrele 0,1 19 Mit Kalzium gegen Osteoporose Selen Selen ist ein wichtiges Spurenelement, dem in der enzymatischen Abwehr der freien Radikale eine bedeutende Rolle zukommt. Dabei schützt Selen die Zellen des Körpers vor dem zellschädigenden Einfluss verschiedener Substanzen und bietet so Schutz vor der Entstehung bösartiger Tumorerkrankungen. Zudem erhöht es die körpereigene Abwehrkraft gegen Krankheitserreger einschließlich Viren und Umweltgiften und aktiviert Schilddrüsenhormone. Selen findet sich in der Nahrung besonders in Fisch, Fleisch, Eiern, Linsen, Getreideprodukten und Nüssen. Empfohlene Nährstoffzufuhr Selen pro Tag7 Frauen (15 Jahre und älter): 60 μg Männer (15 Jahre und älter): 70 μg Schwangere ab 4. Monat: 60 μg Stillende: 75 μg 20 Selen in Lebensmitteln9 Selenreiche Nahrungsmittel in μg (je 100 g) Kokosnüsse 810 Steinpilz 187 Paranüsse 103 Thunfisch 82 Schweineleber 56 Hering 43 Kalbsniere 40 Kalbsleber 22 Schweinefleisch 12 Hühnerei 10 Linsen 10 Haferflocken 10 Rindfleisch 5 Zink Zink ist ein lebensnotwendiges Spurenelement, das für zahlreiche Stoffwechselprozesse in unserem Körper wichtig ist. Dabei ist es unentbehrlich für die Abwehrfunktion unseres Körpers, die Insulinspeicherung und Eiweißsynthese, das Wachstum sowie für die Haut und das Bindegewebe. Zink wirkt antioxidativ, also freien Radikalen entgegen. Dadurch schützt es den Körper vor Stoffen und Umwelteinflüssen, die ihm Schaden zufügen könnten. Diese entzündungshemmende Eigenschaft des Zinks verbessert den Therapieerfolg bei zahlreichen entzündlichen Erkrankungen. Zink findet sich besonders in tierischen Lebensmitteln, u. a. in Käse, Muskelfleisch, einigen Fischsorten und besonders in Schalentieren, aber auch in Nüssen und Vollkornprodukten. Empfohlene Nährstoffzufuhr Zink pro Tag7 Frauen (15 Jahre und älter): 7 mg Männer (15 Jahre und älter): 10 mg Schwangere ab 4. Monat: 10 mg Stillende: 11 mg Zink in Lebensmitteln9 Zinkhaltige Nahrungsmittel in mg (je 100 g) Auster 22 Edamer, 30% Fett i. Tr. 5,3 Rinderfilet 4,4 Haferflocken 4,3 Paranuss 4,0 Amaranth 3,7 Geröstete Erdnuss 3,4 Camenbert, 30% i. Tr. 3,4 Dinkelmehl 2,8 Garnele 2,2 Aal 2,0 Sardelle 1,4 Sprotte 1,3 21 Osteoporose – mit Kalzium vorbeugen Als Osteoporose bezeichnet man den Schwund des festen Knochengewebes. Das schwammartige Knochengewebe verliert im Verlauf einer Osteoporose-Erkrankung an Festigkeit. Der Knochen­abbau läuft schneller ab als der Aufbau. So kommt es zu Instabilitäten innerhalb der Knochen. In Deutschland leiden knapp 8 Millionen Menschen an Osteoporose. Bei Osteoporose liegt meist eine erbliche Veranlagung vor. Weitere Faktoren können zusätzlich die Erkrankung beeinflussen. Dazu zählen im Wesentlichen hormonelle Faktoren bei Frauen, Bewegungsmangel, einige medikamentöse Therapien (z. B. Kortison), Rauchen und eine Fehl- bzw. Mangelernährung, insbesondere die Unterversorgung mit Kalzium, Vitamin D und Vitamin K. Kalzium wird mit der Nahrung aufgenommen und fördert den Aufbau und die Festigkeit der Knochen. Vitamin D fördert die Aufnahme und den Einbau von Kalzium in die Knochen. Multiple Sklerose kann mit eingeschränkter Bewegungsfähigkeit und Bewegungsmangel verbunden sein. Das führt zu einem Abbau von Knochenmasse. Zusätzlich kommt es durch eine Kortisontherapie zu einem Kalziummangel. Menschen mit Multipler Sklerose haben daher ein erhöhtes Risiko, an Osteoporose zu erkranken. 22 Kalzium in Lebensmitteln9 Kalziumhaltige Nahrungsmittel Kuhmilch, 1,5 % Fett in mg (je 100 g) 118 Appenzeller, 20 % Fett i.Tr. 1090 Camembert, 30 % Fett i.Tr. 600 Edamer, 30 % Fett i. Tr. 800 Emmentaler, 45 % Fett i.Tr. 1030 Gouda, 45 % Fett i. Tr. 820 Mozzarella 651 Gartenkresse 214 Grünkohl 212 Spinat, gekocht, abgetropft 126 Brokkoli, gekocht, abgetropft 87 Sojamehl, vollfett 195 Bohnen, weiß, getrocknet 113 Kalzium pro Tag7 Roggen, ganzes Korn 37 Erwachsene ( 19 Jahre und älter ): 1000 mg Weizen, ganzes Korn 33 Kakao 114 Empfohlene Nährstoffzufuhr Hering (Ostseehering) 71 Zur Vorbeugung von Osteoporose spielt die ausreiScholle 61 chende Versorgung mit Kalzium und Vitamin D eine Sprotte 170 bedeutende Rolle. Die größten Kalziumlieferanten in unserer Nahrung sind Milch und Milchprodukte. Aber auch einige Gemüsesorten wie Grünkohl, Soja und Getreide (vorzugsweise Vollkorn), Hülsenfrüchte und Fisch haben einen hohen Kalziumgehalt. Als wahrer „Kalziumräuber“ hat sich Alkohol herausgestellt. Der regelmäßige Konsum von zu viel Alkohol wirkt sich erheblich negativ auf die Knochendichte aus. Das Gleiche gilt für das Rauchen. Besonders Frauen nach der Menopause sollten damit vorsichtig sein und ihre Kalziumzufuhr gezielt steigern, um einer drohenden Osteoporose entgegenzuwirken. Die DGE empfiehlt eine tägliche Aufnahme von 1 000 mg Kalzium für Erwachsene. Diese Menge kann erreicht werden mit 150 ml fettarmer Milch, 1 Becher Joghurt (150 g), 2 Scheiben Käse (60 g), einer Portion Brokkoli (200 g) und 500 ml kalziumreichem Mineralwasser. Dabei ist es sinnvoll, die Kalziumaufnahme über den ganzen Tag zu verteilen.7 23 Vitamin D und Vitamin K Vitamin D regelt im menschlichen Körper den Kalzium- und Phosphathaushalt. Da es die Einlagerung von Kalzium in die Knochen fördert, ist es besonders wichtig für deren Stabilität. Außerdem stärkt Vitamin D das Immunsystem, schützt vor einigen Krebsarten und Herzkrankheiten und beeinflusst die Psyche. Ein Mangel an Vitamin D führt langfristig zu Veränderungen der Knochen und des Nervensystems. Gerade für Menschen mit MS, die ein erhöhtes Risiko haben, an Osteoporose zu erkranken, ist eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D wichtig. Die Bedeutung des Vitamin D im Zusammenhang mit Multipler Sklerose wird in den letzten Jahren zunehmend diskutiert. Einige Studien weisen darauf hin, dass ein zu geringer Vitamin D-Spiegel im Blut die Wahrscheinlichkeit, eine klinisch gesicherte MS zu entwickeln und die Krankheitsaktivität erhöht.11 Inwieweit sich jedoch eine zusätzliche Gabe von Vitamin D möglicherweise positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken kann, ist nicht ausreichend geklärt. Daher ist auch unklar, ob eine zusätzliche Einnahme von Vitamin D-Präparaten sinnvoll ist, es sei denn, um einen Vitamin D-Mangel auszugleichen. Der Körper kann Vitamin D unter Einfluss von UV-Licht selbst erzeugen. Bereits täglich 10 Minuten in der Sonne reichen aus, um genügend Vitamin D zu produzieren. Mit zunehmendem Alter wird allerdings immer weniger Vitamin D gebildet. Ob im Alter eine Nahrungsergänzung mit Vitamin D sinnvoll ist, sollte daher mit dem Arzt besprochen werden. 24 Der Vitamin D-Anteil in Lebensmitteln ist eher gering. Lediglich fette Fische oder Lebertran, Milch, Käse, Eier, einige Pilze und mit Vitamin D angereicherte Margarine enthalten größere Mengen des Vitamins. Empfohlene Nährstoffzufuhr Vitamin D pro Tag7 Erwachsene (15 Jahre und älter): 20 µg Vitamin D in Lebensmitteln9 Vitamin D-haltige Nahrungsmittel Aal 20 Aal geräuchert 90 Hering, Bismarckhering 13 Hering, Atlantik 25 Lachs 16 Makrele Schätzwerte für eine angemessene Nährstoffzufuh7 Vitamin D pro Tag7 Männer (15 Jahre und älter): 70–80 µg Frauen (15 Jahre und älter): 60–65 µg Schwangere: 60 µg Stillende: 60 µg Vitamin K in Lebensmitteln9 Vitamin K-haltige Lebensmittel in µg (je 100 g) Grünkohl 817 Petersilie 421 Spinat 305 Kichererbse, Samen, trocken 264 Rosenkohl 236 Kopfsalat 109 in µg (je 100 g) 4 Sprotte, geräuchert 32 Thunfisch 4,5 Hühnerei 2,9 Emmentaler, 45 % Fett i.Tr. 1,1 Gouda, 45 % Fett i.Tr. 1,3 Schmelzkäse, 45 % Fett i.Tr. 3,1 Margarine 2,5 Champignons 1,9 Pfifferling 2,1 Steinpilze 3,1 Milch 0,1 Vitamin K kontrolliert nicht nur die Blutgerinnung, sondern ist auch an der Bildung verschiedener knochenspezifischer Proteine beteiligt. Ein Vitamin-K-Mangel geht mit erniedrigter Knochendichte und erhöhtem Risiko für Knochenbrüche einher. Kohlgemüse und grünes Blattgemüse liefern Vitamin K.7 Vitamin K gehört zu den fettlöslichen Vitaminen und ist daher nur bei gleichzeitiger Fettzufuhr für den Körper verwertbar. 25 Verstopfungen natürlich entgegenwirken Ein Problem, das häufig von MS-Patienten angesprochen wird, ist die Verstopfung (Obstipation). Von einer Verstopfung spricht man in der Praxis, wenn der Stuhlgang weniger als jeden dritten Tag stattfindet und nur durch starkes Pressen erfolgt. Etwa 30 % der Bevölkerung leiden darunter, dabei ist der Anteil der Frauen fast um das Doppelte erhöht.7 Bei MS-Patienten kann es zu neurogenen Störungen im Darm kommen. Diese führen relativ häufig zu Verstopfungen. Unterstützt wird dieser Prozess durch eine zunehmende Bewegungseinschränkung. Eine ausgewogene Ernährung kann dazu beitragen, dass der Darm besser in Schwung bleibt. In diesem Zusammenhang spielen Ballaststoffe, die als unverdauliche Kohlenhydrate das Stuhlvolumen erhöhen und so die Zeit der Dickdarmpassage verkürzen, eine zentrale Rolle. Des Weiteren unterstützt das Pektin in Früchten die Verdauung dadurch, dass es Wasser im Stuhl zu einer Art Gel bindet und ihn dadurch weicher macht. Die DGE empfiehlt, täglich mindestens 30 g Ballaststoffe mit der Nahrung aufzunehmen. Außerdem wird geraten, täglich etwa 1,5 Liter Flüssigkeit, über den Tag verteilt und zu den Mahlzeiten, zu trinken.7 Die Nahrung sollte immer gründlich gekaut werden. Das bedeutet vor allem, sich Zeit zum Essen zu nehmen und seine Mahlzeiten zu genießen. Auch Hektik und Stress schlagen sich oftmals negativ auf die Verdauung nieder. Ein Spaziergang oder regelmäßige sportliche Übungen regen den Stoffwechsel an und unterstützen die Darmtätigkeit. Bei leichteren Verdauungsbeschwerden helfen einige natürliche Methoden, die Darmtätigkeit anzuregen. Bewährte Sofortmaßnahmen bei Verstopfung sind: •Morgens nüchtern ein Glas stilles Wasser trinken (Zimmertemperatur) • Eingeweichtes Trockenobst (Einweichwasser und Obst) • Leinsamen, Weizenkleie oder Milchzucker in Müsli, Obstsalat oder Joghurt •Reichlich trinken • Sauerkraut oder Sauerkrautsaft • Darmmassagen (kreisende Bewegungen von rechts nach links) • Bewegung Sollten Sie Probleme mit Ihrer Verdauung haben, suchen Sie einen Arzt auf. Er kann Ihnen weitere Tipps und Hilfen geben. 26 Ballaststoffe12 Ballaststoffreiche Nahrungsmittel in g (je 100 g) Pflaumen, getrocknet 17,80 Mandeln 13,50 Erdnüsse 11,70 Haferflocken 10,00 Schwarze Johannisbeeren 6,78 Roggenbrot 6,46 Rosinen 5,20 Cornflakes, ungesüßt 4,00 Karotten, roh 3,63 Weißbrot 3,19 Brombeeren 3,16 Karotten, gekocht 2,47 Gegenüberstellung (ballaststoffreich – ballaststoffarm) Roggenbrot 6,46 g Weißbrot 3,19 g Haferflocken 10,00 g Cornflakes, ungesüßt 4,00 g Pflaumen, getrocknet 17,80 g Pflaume 1,58 g Was trinke ich? Die Angaben über optimale Trinkmengen variieren hinsichtlich des Alters sowie der individuellen körperlichen Aktivität. Die DGE empfiehlt etwa 1,5 Liter Flüssigkeit am Tag zu trinken. Das Durstgefühl ist bereits ein Warnsignal des Körpers. Wichtig ist es daher, den Körper unabhängig von den Tagesmahl­ zeiten mit ausreichend Flüssigkeit zu versorgen. Ein ausgeglichener Flüssigkeitshaushalt dient nicht nur zur Ergänzung der vollwertigen Ernährung, er vermindert auch das Risiko, an einer Harnwegsinfektion zu erkranken, regt die Verdauungsvorgänge an und bekämpft Konzentrationsstörungen oder Müdigkeit. So bleiben Körper und Geist fit. Menschen mit MS sollten bei der Auswahl der Getränke zielgerichtet vorgehen. Am besten eignen sich kalorienfreie bzw. kalorienreduzierte Getränke wie kalziumreiches Mineralwasser, ungesüßte Kräuterund Früchtetees oder Frucht-Schorlen. Übrigens: Dem Gläschen Wein im Rahmen eines gemütlichen Abendessens oder eines festlichen Anlasses muss nicht vollends entsagt werden. Von einem regelmäßigen oder intensiven Genuss alkoholischer Getränke ist jedoch abzusehen. 27 Ernährungsempfehlungen bei MS im Überblick Für eine ausgewogene und gesunde Ernährung hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) Empfehlungen zusammengestellt. Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE)7 Lebensmittelgruppe Lebensmittel Gruppe 1:Getreide, Getreideerzeugnisse, Kartoffeln • 200–300 g bzw. 4–6 Scheiben Brot oder täglich 150–250 g bzw. 3–5 Scheiben Brot plus 50–60 g Getreideflocken • 200–250 g Kartoffeln (gekocht) oder 200–250 g Teigwaren (Nudeln) oder 50–180 g Reis (gekocht) Vollkornprodukte bevorzugen Gruppe 2:Gemüse, Salate • mindestens 3 Portionen (400 g) Gemüse: täglich 200–300 g gegartes Gemüse und 100–200 g Rohkost Gruppe 3: Obst täglich Gruppe 4:Milch und Milchprodukte • 200–250 g Milch/Joghurt täglich plus 2 Scheiben Käse fettarme Produkte bevorzugen Gruppe 5: Fleisch, Wurst, Fisch, Eier wöchentlich • 300–600 g Fleisch und Wurst fettarme Produkte bevorzugen • 80–150 g fettarmer Seefisch plus 70 g fettreicher Seefisch • mindestens 2 Portionen (250 g) Obst • bis zu 3 Eier, inkl. verarbeiteter Eier Gruppe 6:Öle und Fette • 10–15 g Öl, z. B. Raps-, Soja- oder Walnussöl täglich • 15–30 g Butter oder Margarine pflanzliche Produkte bevorzugen Gruppe 7:Getränke • etwa 1,5 Liter täglich energiefreie und energiearme Getränke bevorzugen Bei entzündlichen Erkrankungen wie der Multiplen Sklerose sollten speziell die Nährstoffe beachtet werden, die sich auf die Erkrankung positiv bzw. negativ auswirken können. Der Bedarf an einigen Nährstoffen ist außerdem für MS-Kranke bzw. im Falle eines MS-Schubes erhöht. 28 Daraus ergeben sich für die Ernährung einige Besonderheiten, die unter Berücksichtigung der DGE-Empfehlungen im Folgenden zusammengefasst sind: Bezogen auf die DGE-Empfehlung bedeutet das: • Bevorzugen Sie pflanzliche Lebensmittel sowie fettarme Milch und Milchprodukte. • Versuchen Sie, nicht öfter als zweimal die Woche kleine Fleischmahlzeiten zu sich zu nehmen. Bevorzugen Sie fettarmes Fleisch und Wild. Meiden Sie fettes Fleisch bzw. fette Wurstwaren und Innereien. • Essen Sie mindestens zweimal pro Woche eine Fischmahlzeit. Bevorzugen Sie fettreiche Fische, z. B. Lachs und Hering. • Verzichten Sie möglichst auf tierische Fette wie Butter und Schmalz. Ersetzen Sie diese durch pflanzliche Fette wie Diätmargarine und kaltgepresste Öle wie Raps-, Soja- und Leinöl. • Verwenden Sie Ei-Ersatzprodukte. Essen Sie möglichst nicht mehr als zwei Eigelb die Woche. • Bauen Sie täglich viel Obst und Gemüse in Ihren Speiseplan ein. • Essen Sie täglich Vollkornprodukte, auch Nüsse. • Trinken Sie rund 1,5 l Mineralwasser oder andere kalorienarme Getränke am Tag. • Bewegen Sie sich täglich, möglichst an der „frischen“ Luft. • Vermeiden Sie Übergewicht. • Nahrungsergänzungsmittel sollten Sie nur nach Rücksprache mit Ihrem Arzt einnehmen. • Alkohol, Rauchen und Stress können Entzündungsprozesse verstärken. Achten Sie im Alltag auf einen gesunden Lebenswandel. Die Ernährungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sind eine wichtige Basis für eine gesunde und ausgewogene Ernährung im Alltag. Bei aller Disziplin darf man nicht aus den Augen verlieren, dass gutes Essen auch Genuss und Lebensqualität bedeutet. Essen sollte daher auch unbedingt gefallen und Spaß machen. Finden Sie Lebensmittel, die gesund sind und Ihnen persönlich auch gut schmecken sowie Rezepte, die Sie genießen können. Vergessen Sie dabei nicht: Auch Ausnahmen sind erlaubt. Bei den Ernährungsempfehlungen geht es immer um einen allgemeinen Umgang mit Lebensmitteln im Alltag. Ab und zu darf man sich aber auch etwas Besonderes gönnen! 29 30 Wo finde ich Hilfe? Kochshows, Ernährungsratgeber und Co. – Tipps und Tricks rund um das Essen begegnen uns Tag für Tag. Doch wohin mit all den Fragen rund um das Thema „Multiple Sklerose und Ernährung“? Ansprechpartner in Ernährungsfragen sind: • MS-Zentren, MS-Beratungsstellen, MS-Schwerpunktpraxen • Kliniken/Rehabilitationskliniken • Ernährungsberatungsstellen • MS-Selbsthilfegruppen Quellen und weiterführende Literatur Hollander D.: Intestinal permeability, leaky gut, and intestinal disorders. 1 Curr. Gastroenterol. Rep. 1999;1:410-416 Pirlet K.: Naturheilkundliche Diätetik aus pathophysiologischer Sicht. 2 Komplement. Integr. Med. 2007;12:10-19 3 Pirlet K.: Konstitution und Individualität. In: Pirlet-Gottwald M., Falkenbach A. (Hrsg). Die Erhaltung von Leben und Gesundheit. Hamburg: Kovac; 2003 4 Pirlet-Gottwald M.: Richtlinien für die Ernährungstherapie. Komplement. Integr. Med. 2007;12:20–25 5 Schilling J.: Kau dich gesund. Haug in MVS, Stuttgart 2005 6 Pöhlau W: Gesund essen bei Multipler Sklerose. TRIAS Verlag Stuttgart 2009 www.dge.de 7 Adam O.: Ernährungsrichtlinien bei Multipler Sklerose, dmv Münster 2007 8 9 Souci, Fachmann, Kraut: Die Zusammensetzung der Lebensmittel: Nährwert-Tabellen, 7. revidierte und ergänzte Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2008 10 11 Döll M.: Entzündungen, die heimlichen Killer, Herbig Verlag 2005 Vitamin D as a predictor of multiple sclerosis activity and progression: A. Ascherio et al., Abstract zum ECTRIMS, 2.–5. Oktober 2013, Kopenhagen (Dänemark) 12 13 Kleine Nährwerttabelle der DGE AWMF S3-Leitlinie. Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei Erwachsenen. Stand 10/2009 14 Ledochowski M.: Klinische Ernährungsmedizin, Springer Verlag 2010 www.vfed.de 15 31 Weitergehende Informationen finden Sie im Internet unter: www.ms-und-ich.de Falls Sie Fragen haben, steht Ihnen unser Serviceteam gerne zur Verfügung. EXTRACARE-Servicehotline: 0 800-987 00 08 (gebührenfrei) E-Mail: [email protected] Novartis Pharma GmbH Roonstraße 25 90429 Nürnberg 03 / 2016 320623