5. Die Maxwell'schen Gleichungen 5.1. Der Verschiebungsstrom rot E =0 rot H = j bisher: div D= div B=0 Die Kontinuitätsgleichung (Ladungserhaltung) fordert: ̇ div j = 0 Wenn aber da rot H = j dann muss gelten ̇ = 0 , div rot H = div j . 0 Es fehlt offensichtlich ein Term, der diesen Widerspruch korrigiert. 115 rot H = j ̇ D Postulat: div rot H = div j div ̇ D=0 div j ̇ = 0 Bedeutung: ̇ D ̇ D = 0 ̇ E ̇ P erzeugt ein Magnetfeld = Verschiebungsstromdichte rot H = Stromdichte + Verschiebungsstromdichte d P : wird durch Ladungsträgerbewegung verursacht, dt d E : ist ein neuer Effekt (wesentlich für Wechselstrom). dt 116 5.2. Das Faraday'sche Induktionsgesetz Magnet wird an Spule heran bewegt -> Induktion einer Spannung = ∫ B ⋅d f Fläche der Ringspule d =∮ E ⋅d r dt Änderung des Flusses erzeugt elektrisches Feld Richtung von E ist durch die Lenz'sche Regel (entgegen der Ursache) gegeben. j=σE da eine Spannung in einem Leiter einen Strom verursacht j erzeugt Magnetfeld Hs Hs und HM sind entgegengesetzt gerichtet ―> Abstoßung 117 Um Strom zu erzeugen, muss Arbeit geleistet werden. ∮ E ⋅ d r ist positiv (festgelegt durch Skizze) d d = ∫ B ⋅d f dt dt Faraday`sches Induktionsgesetz negativ d d E ⋅d r = = − ∫ B ⋅d f ∮ dt dt 22. September 1791 Newington Butts † 25. August 1867 bei Hampton Court Ui =∮ E ⋅d r = induzierte Spannung hat anderes Vorzeichen als früher r2 U r1 − U r2 = −∫ E ⋅d r r1 Grund: Induzierter Strom verursacht Spannung früher: Spannung verursacht Strom 118 Anwendung des Stokes'schen Satzes d E ⋅d r = rot E ⋅d f = − B ⋅d f ∮ ∫ ∫ dt rot E = −̇ B Die differenzielle Form besitzt nicht die vollständige Information. Zeitliche Änderungen von B verursachen einen Wirbel von E, aber auch die Fläche kann zeitlich veränderlich sein. ∫ ̇B df wäre nicht ausreichend, aus rot E = − ̇ B ist dies nicht zu sehen. Experimenteller Befund: d B ⋅d f ∫ dt ist richtig (Generator) Stromerzeugung (Dynamo, Generator) 1866/7 technische Realisierung durch Siemens Ernst Werner von Siemens 13. Dezember 1816 in Lenthe bei Hannover; † 6. Dezember 1892 in Berlin 119 5.3. Das System der Maxwell'schen Gleichungen rot H = j ̇ D div D= rot E = − ̇ B div B=0 Achtung: Den Inhalt dieser Seite sollten Sie zur Prüfung wissen. Er ist absolut notwendig (aber nicht hinreichend). Statik: alle Zeitableitungen Null, j = 0 Stationäre Ströme: alle Zeitableitungen Null, j ≠ 0 Materialgleichungen: D = 0 E P E B = µ0 H M H j = j E Näherungen D = E B = µ H j = E Kontinuitäts-Gleichung folgt direkt aus den Maxwell'schen Gleihungen: rot H = j ̇ D ̇ div j = 0 Kraft: Lorentz-Kraft F = q E q v × B 120 Die Maxwell'schen Gleichungen wurden zwischen 1861 bis 1864 von James Clerk Maxwell entwickelt. Sie beschreiben in einer geschlossenen Form die Erzeugung von elektrischen und magnetischen Feldern durch Ladungen und Ströme, sowie deren Wechselwirkung und bilden die theoretische Grundlage der Elektrodynamik und der Elektrotechnik. Die Maxwell'schen Gleichungen beinhalten: ● das Ampère'sche Gesetz, ● das Faraday'sche Gesetz ● das Gauß'sche Gesetz Das Zusammenfassen dieser Gesetze in eine einheitliche Theorie und die Erkenntnis der Notwendigkeit des Maxwell'schen Verschiebungsstromes aus theoretischen Überlegungen stellt eine der herausragendsten Leistungen dar. 1931, zum hundertsten Jahrestag von Maxwells Geburt, beschrieb Einstein das Werk Maxwells als „das Tiefste und Fruchtbarste, das die Physik seit Newton entdeckt hat“. James Clerk Maxwell 13. Juni 1831 in Edinburgh † 5. November 1879 in Cambridge 121 5.4. Energie(erhaltungs)satz Maxwell'sche Gleichungen rot H = j ̇ D rot E = −̇ B ∣ ⋅ E Skalarprodukt ∣ ⋅ H Subtraktion der Gleichungen E ⋅rot H − H ⋅rot E = j⋅ E E ⋅̇ D H ⋅̇ B Es gilt: −div E × H= E ⋅rot H − H ⋅rot E −div E × H= j ⋅ E E ⋅̇ D H ⋅̇ B Joule'sche Wärme Falls D = ε E und B = µ H (falls nicht: siehe Landau/Lifschitz: Elektrodynamik der Kontinua VIII) 122 −div E × H = E ⋅̇ E µ H ⋅̇ H da d H ⋅ H = ̇ H ⋅ H H ⋅̇ H = 2 H ⋅̇ H dt −div E × H= 2 1 = 2 d E⋅ E µ dt 2 d E⋅D 1 dt 2 d H ⋅H dt d H ⋅B dt elektromagnetische Energiedichte: w = w el w mag = 1 1 E ⋅D H ⋅ B 2 2 ẇ div E × H = − Energiesatz der Elektrodynamik 123 Definition: Poynting-Vektor S = E × H John Henry Poynting 9. September 1852 in Monton † 30. März 1914 in Birmingham Für Nichtleiter σ = 0 -> ν = 0 ẇ div S = 0 Energieerhaltungssatz Die Energiedichte kann sich nur ändern, wenn ein Energiestromes fliesst. —> Poynting-Vektor = Energiestromdichte in Richtung des Energieflusses In isotropen optischen Medien ist der Poynting-Vektor parallel zum Wellenvektor. In anisotropen optischen Medien, zum Beispiel in doppelbrechenden Kristallen, gilt dies im allgemeinen nicht. (Der Poynting-Vektor beschreibt 3 der 10 unabhängigen Komponenten des EnergieImpuls-Tensors des elektromagnetischen Feldes in der Relativitätstheorie.) ν ≠ 0 Elektromagnetische Energie kann in Wärme umgewandelt werden Damit existiert kein Erhaltungssatz für elektromagnetische Energie. 124 5.5. Die Wellengleichung Radiowellen -> Licht -> Röntgen -> Gamma-Strahlung sind elektromagnetische Wellen Voraussetzungen für die Herleitung der Wellengleichung: ● µ, ε sind zeitliche und räumliche skalare Konstanten ● ρ = 0 keine freien Ladungen ● σ = 0 keine Leiter (nicht leitfähig) D = E, B = µ H aus Maxwell: rot H = ̇ E rot E = −µ ̇ H div E =0 div H =0 - eine der Gleichungen mit rot nehmen und rot rot bilden rot rot E = − µ rot ̇ H = −µ ̈ E E = grad div E − rot rot E 0 2 2 ∂ E 1 ∂ E E = µ 2 = 2 ∂t c ∂ t2 1 Lichtgeschwindigkeit = µ in Medien mit ε, µ} c2 1 = 0 µ0 Vakuum c 2 c Wellengleichung 125 2 2 ∂ E 1 ∂ E E = µ 2 = 2 ∂t c ∂ t2 Lösung einer linearen, partiellen Differenzialgleichung; allgemeine Lösung ist eine ebene Welle E r ,t = E 0 e i k⋅r − t Re E : physikalisch sinnvoll x x E0 selbst kann komplex sein: E 0 = ∣E 0 ∣⋅e i x , E 0y = ∣E 0y ∣⋅e i , y E 0z = ∣E 0z ∣⋅e i z ∣E 0x ∣= Re E 0x 2 Im E 0x 2 Damit gilt ausführlich Re E E x r , t = ∣E 0x∣cos k⋅r −t x E y r ,t =∣E 0y∣cos k⋅r − t y E z r , t = ∣E 0z∣cos k⋅r − t z 126 Überprüfen unseres Lösungsansatzes: ∂ E = −i E ∂t E= E 0 ei k⋅r − t ∂ E = i k x E ∂x ∇⋅ E =i k⋅ E 2 2 E = ∇ E = −k E Damit folgt für unsere Wellengleichung E= 1 −k 2 E = 2 - 2 E c 1 ̈ E 2 c 2 k 2 − E=0 2 c 2 2 k = 2 c Wir suchen eine nichttriviale Lösung mit E ≠ 0 = c∣k∣ für beliebige Vektoren k , E0 127 Bedeutung von ω: z. B. x-Komponente Re E x E x r , t = ∣E 0x∣cos k⋅r −t x Der Kosinus ist eine periodische Funktion, die Periode ist τ: = 2 Kreisfrequenz ω: f = 1 Frequenz 2 = = 2 f Bedeutung von k: Wir wählen ein k = k x , 0 , 0 cosk x x − t x Die Wellenlänge λ ergibt sich aus kx λ = 2 π kx = 2 falls k in x-Richtung 128 Allgemein gilt: 2 ∣k∣= k = = c k ⇒ 2 f = c Ebene Wellen 2 f =c E= E 0 ei k⋅r− t Warum wird die obige Lösung ebene Welle genannt? Für konstante Zeit t: k gegeben k⋅r = const. 1 lineare Gleichung für x, y, z Ebenengleichung k ist ein konstanter Vektor auf der Ebene, der e = k in Ausbreitungsrichtung der Welle zeigt. 129 t = beliebig: E ist konstant auf einer Ebene, die sich mit Geschwindigkeit c in Richtung k bewegt. k⋅r = k⋅r0 = t da r0 ∥ k k r 0 = t r0 = t = ct k unendlich ausgedehnter Lichtstrahl Eine ebene Welle ist eine Welle, deren Wellenfronten Ebenen konstanter Amplitude sind,die sich geradlinig ausbreiten. 130 Allgemeine Lösung: Durch Überlagerung von ebenen Wellen lassen sich beliebige andere Wellen darstellen. Die Superposition ist möglich, da die Maxwell'schen Gleichungen lineare DGL sind, so dass die Summe von Lösungen wieder eine Lösung ist. E r ,t = ∫ E 0 k e i k⋅r −t d 3 k E0(k) ist die Amplitude, welche von Richtung und Frequenz abhängen kann. Welchen Charakter (transversal oder longitudinal) haben die Wellen? Es gilt immer noch ε = skalar = const. und ρ = 0. =0 div E = ∇⋅ E =i k⋅E k⋅ E =0 E ⊥ zur Ausbreitungsrichtung Ebene Wellen sind transversale Wellen, das elektrische Feld schwingt senkrecht zur Ausbreitungsrichtung. 131 Bemerkungen ● ● Röntgen hielt seine Strahlen noch für longitudinales Licht. Falls ε ein Tensor k E = 0 i. Allg. k nicht senkrecht zu E anisotropes Medium (nicht kubischer Einkristall) Wellen haben longitudinale Anteile —> Doppelbrechung ● ρ ≠ 0 (z. B. Ionosphäre) div E= i k⋅E = --> longitudinale Schwingungen --> „Plasma-Schwingungen“ Wilhelm Conrad Röntgen 27. März 1845 in Lennep (heute Stadtteil von Remscheid) † 10. Februar 1923 in München Nobelpreis Physik 1901 Wellen werden charakterisiert durch: ● Amplituden: |E0x|, |E0y|, |E0z| Nur zwei sind unabhängig, da E⋅ k = 0, in Ausbreitungsrichtung ist die Amplitude Null. ● Wellenlänge λ und Frequenz ν ● 2 Phasen ● Polarisation (linear, zirkular, elliptisch) 132 Polarisation elektromagnetischer Wellen a) linear polarisiert mit k || z E0y y Phasen αx = αy x x E0 E x r , t = ∣E 0x∣cos k⋅r −t x E y r ,t =∣E 0y∣cos k⋅r − t y E = E 0x ex E 0y ey E x =∣E 0x∣cos k⋅r −t E y =∣E 0y∣cos k⋅r − t = ∣E 0x∣ex ∣E 0y∣ey cos k⋅r− t E orts- und zeitunabhängig feste Richtung von E (Polarisations-Richtung) y tan = ∣E 0∣ ∣E 0x∣ 133 b) zirkular (Phasen αx – αy = ± π/2) x y ∣E 0∣=∣E 0∣= E E = E cos k x− t e x ∓sin k z −t für fester Raumpunkt = Parameter-Darstellung Kreis = k aus Eheu =− 2 2 x Blickrichtung im pos. z E-Vektor durchläuft einen Kreis vom Radius E mit Winkelgeschwindigkeit ω in einer Ebene senkrecht zur Ausbreitungsrichtung c) elliptisch: beliebige Phasendifferenz, x z k x ∣E 0∣ ≠ ∣E 0∣ 134 Wie sieht das H-Feld aus? =−µ ̇ rot E H = ̇ rot H E = rot Ė =−µ ̈ rot rot H H =grad div − H rot rot H H 0 2 1 ∂2 H ∂ H H =µ = 2 2 ∂t c ∂ t2 mit der ebenen Welle als Lösung r ,t = H 0 e i k⋅r −t H =0 wegen div H k⋅H =0 mit =c∣k∣ ⊥ k H Ausbreitungsrichtung Zusammenhang zwischen E und H: =−µ ̇ rot E H = 1 k × E H µ =i µ H i k × E ⇒ ⊥ k und H ⊥E H 135 Für den Betrag von |H| gilt damit: k∣∣E∣ ∣ µ ∣ ∣E ∣ E∣ ∣ ∣H∣= = = = ∣E µ µ µ µ c Für die Energiestromdichte erhalten wir: k × E 1 S= E × H = E × = E × k × E µ µ = −C Es gilt: A× B×C B A⋅C A⋅B 2 heißt hier Re E E ⋅Re E 1 2 k 2 k 2= 1 E 2 e S= [ k E − E k⋅E ]= E = e E µ µ µ cµ 0 µ µ 2 D=E E⋅ D= H H =µ H =H B= H⋅ B 1 1 ⇒ w el =w mag = w w= E ⋅D H⋅B 2 2 1 = e c w S = e E⋅D = e c E⋅D µc Elektromagnetische Energie strömt mit Lichtgeschwindigkeit in Ausbreitungs136 richtung der Welle. Definition: Brechungsindex n c vak 1 1 1 c= = = r r 0 0 n n= r r Der Brechungsindex n ist das Verhältnis zwischen der Geschwindigkeit des Lichtes im Vakuum und seiner Geschwindigkeit c im jeweiligen Medium. Meta-materialien = Material mit negativem Brechungindex 1964 sagte der sowjetische Physiker Victor Veselago die Existenz von Materialien mit negativen Brechzahlen voraus. Würde die Herstellung eines solchen Materials gelingen, könnte man damit Linsen herstellen, deren Auflösungsvermögen weit besser wäre als das von Linsen aus gewöhnlichen optischen Werkstoffen. Forschern um Srinivas Sridhar von der Northeastern University in Boston gelang es, einen Verbundwerkstoff herzustellen, der ein feines Gitter aus Metalldrähten enthält, das für Mikrowellen eine negative Brechzahl zeigt. Im Oktober 2003 hat eine Gruppe um Yong Zhang in Colorado entdeckt, dass Kristalle aus einer Legierung von Yttrium, Vanadium und Sauerstoff eine negative Brechzahl für Lichtwellen eines großen Frequenzbereichs aufweisen. Der Kristall besteht aus zwei ineinander geschachtelten Kristallgittern mit symmetrischen optischen Achsen. Die negative 137 Lichtbrechung tritt aber nur in einem gewissen Winkelbereich des Einfallswinkels auf. Ändert sich beim Durchgang zu einem anderen Medium die Wellenlänge λ oder die Frequenz f? Die Frequenz bleibt konstant, da E ~ eiωt. Um die Randbedingungen für alle Zeiten t zu erfüllen, muss deswegen gelten ωinnen = ωaußen. --> λ ändert sich, da w=ck gilt erhalten wir c vak k vak =c k (im Stoff z.B. Glas) k =n k vak vak = Wellenlänge wird kürzer, n > 1 n 138 Der Wellenwiderstand charakterisiert, wie sich eine Welle in einem Medium fortpflanzt. Bildlich entspricht dies der Härte oder Weichheit, die das Medium der sich ausbreitenden Welle entgegensetzt. E µ = H µ Z 0 = 0 =377 0 Def. Wellenwiderstand: Z = Vakuum: Aus dem Zusammenhang zwischen E und H erhalten wir: k × E = µ H k E= µ H E µ µ µ = = µ c= = H k µ Widerstandstypen: ● Ohmscher Widerstand ● Wechselstromwiderstände (Kapazitäten, Induktivitäten, Impedanz) ● Wellenwiderstand bei Hohlleitern (wichtig für Anpassung damit es nicht zu Reflexionen kommt, z.B. Netzwerke 50 Ω) 139