Einleitung Weltweit gehören die Tumoren des Kopf-Hals

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Einleitung
Weltweit gehören die Tumoren des Kopf-Hals-Bereiches zur sechsthäufigsten malignen Erkrankung.
Etwa 1/4 bis 1/3 der betroffenen Patienten verstirbt schließlich an dieser Erkrankung (Jamal et al.,
Cancer statistic 2006). Der Genuss von Tabak und Alkohol gehört zu den wichtigsten Risikofaktoren.
Zusätzlich kommt der Einfluss von chemischen Substanzen in Betracht. Nasopharynxkarzinome
können mit dem Ebstein-Barr Virus und Oropharynxkarzinome mit humanen Papilloma-Viren
assoziiert sein.
Klassifikation
Hinsichtlich der anatomischen Subkompartimente, in denen das Tumorereignis auftreten kann, wird
unterschieden
-
in die Mundhöhle,
Nasopharynx,
Oropharynx,
Hypopharynx,
Larynx,
Trachea.
Begriffsbestimmung, Staging
Die Ausdehnung der Tumorerkrankung erfolgt nach der TNM Klassifikation
T-Klassifikation (Primärtumor)
TX
Primärtumor kann nicht beurteilt werden
T0
Kein Anhalt für Primärtumor
Tis
Carcinoma in situ
T1-4
Zunehmende Größe und/oder lokale Ausdehnung des Primärtumors
N-Klassifikation (regionäre Lymphknotenmetastase)
Alle Kopf-Hals-Tumoren außer Haut, Nasopharynx und Schilddrüse
NX
Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden
N0
Keine regionären Lymphknotenmetastasen
N1-3
Zunehmender Befall regionärer Lymphknoten
N1
Metastase in solitären, ipsilateralen Lymphknoten, 3 cm oder weniger in größter
Ausdehnung
Metastase in solitären, ipsilateralen Lymphknoten mehr als 3 cm, aber nicht mehr als 6 cm
in größter Ausdehnung
Metastasen in multiplen, ipsilateralen Lymphknoten, keiner mehr als 6 cm in größter
Ausdehnung
Metastasen in bilateralen oder kontralateralen Lymphknoten, keine mehr als 6 cm in größter
Ausdehnung
Metastase(n) in Lymphknoten, mehr als 6 cm in größter Ausdehnung
N2a
Nb
N2c
N3
M-Klassifikation (Fernmetastase)
MX
Fernmetastasen können nicht beurteilt werden
M0
Keine Fernmetastasen
M1
Fernmetastase
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Grundlegende therapeutische Vorgehensweisen
Nach histologischer Sicherung der Tumorerkrankung orientiert sich die anschließende Therapie an
einer Vielzahl von Faktoren, die bei der Therapieentscheidung berücksichtigt werden müssen. Hierzu
gehört die Größe und Ausdehnung des Tumors, die Lokalisation des Tumors sowie das Alter und der
Allgemeinzustand des Patienten. Ferner gehören hierzu auch soziale Belange unter Einschluss der
Therapiecompliance der betroffenen Patienten. Als Therapiemaßnahmen stehen zur Verfügung:
-
Operation,
Strahlentherapie,
Chemotherapie
sogenannte Targeted-Therapie.
Generell können die betroffenen Patienten in 3 Gruppen unterteilt werden:
1. Patienten mit einer ausschließlich lokalisierten Erkrankung
2. Patienten mit einer locoregionären Tumorausbreitung und
3. Patienten mit Rezidiven oder einer metastatischen Erkrankung.
In der Regel ist bei der Therapie auf eine ausreichende Supportivtherapie zu achten, nicht zuletzt, weil
die Patienten häufig aufgrund ihrer Vorgeschichte (Alkohol- und Zigarettenabusus) zusätzliche
gesundheitliche Beeinträchtigungen aufweisen, häufig begleitet von einem sehr schlechten
Ernährungszustand. Die Komorbidität beeinflusst nicht selten die Therapieentscheidung.
Strahlentherapie
Die Anwendung der Strahlentherapie wird im Rahmen der interdisziplinären Zusammenarbeit mit der
Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde und der Klinik für Zahn-, Mund- und Kieferchirurgie
durchgeführt. Die Entscheidung zur Therapie erfolgt vor dem Hintergrund der Leitlinien der einzelnen
Fachgesellschaften. Die Entscheidungen müssen im Individualfall an den nicht selten vorkommenden
Komorbiditäten berücksichtigen.
Bei der Durchführung der Strahlentherapie werden folgende klinische Eckpunkte beachtet:
•
•
•
Kurative Therapieoptionen
a)Definitive simultane Radiochemotherapie
b)Induktionschemotherapie + Radio(chemo)therapie oder ggf. Salvage-Operation
c) Operation + adjuvante Radio(chemo)therapie
d)EGF-Rezeptor-Antagonisten + Radio(chemo)therapie
Palliatives Behandlungsziel: Beherrschung von vorliegenden Symptomen, z. B. Schmerzen.
Schluckbeschwerden, Behinderung der Nahrungsaufnahme,
Strahlentherapie bei Rezidiv im vorbelasteten Gebiet.
Die Auswahl von Zielvolumen und Dosisverschreibung orientieren sich im wesentlichen an diesen
Faktoren. Generell wird bei kurativer Zielsetzung das primäre Tumorgebiet und die regionären
Lymphabstromgebiete bestrahlt. Hieraus ergibt sich ein sehr irreguläres Zielvolumen mit zahlreichen
Riskikoorganen in unmittelbarer Nähe zu den zu bestrahlenden Gebieten. Hierunter zählen die
Speicheldrüsen, das Rückenmark ferner der Plexus cervicalis brachialis.
Bei Tumoren der Schädelbasis (Nasopharynxkarzinom) liegen zusätzlich die Hypophyse, das Chiasma
opticum sowie der Hirnstamm und die Augen in der Nähe des Bestrahlungsgebietes. Das Zielvolumen
sollte mit der erforderlichen Dosis zu 100% abgedeckt werden, während die benachbarten Risikoorgane
möglichst geschont werden sollen.
Demzufolge werden heute modernste Strahlentherapietechnologien, vor allem die intensitätsmodulierte
Radiotherapie (IMRT) eingesetzt, um diesen Anforderungen gerecht zu werden.
Die computergestützte, dreidimensionale Bestrahlungsplanung gehört damit heute zum
Therapiestandard. Unter Palliativaspekten beschränkt sich die Bestrahlung auf das aktuell vorliegende
Tumorgeschehen. Die angewandten Technologien sind in dieser klinischen Konstellation in der Regel
deutlich einfacher. Üblicherweise kann Normalgewebe ausreichend geschont werden, so dass die in der
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kurativen Therapie üblichen Nebenwirkungen einer Mukositis in einer nur milden, nicht belastenden
Form auftreten.
Definitive Radiochemotherapie
60% der Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren zeigen zum Diagnosezeitpunkt eine lokal bzw. regionär
fortgeschrittene Tumorerkrankung. Die alleinige Strahlentherapie war lange Zeit der Standard für die
nichtchirurgische Behandlung der fortgeschrittenen Erkrankung. Heute haben sich hyperfraktionierte
und akzelerierte Strahlenbehandlungen in Form eines Concomitant Boost etablieren können. Diese
neuen Strategien haben zu einer Verbesserung der locoregionären Tumorkontrolle von 7 – 10% geführt.
Trotz dieser Verbesserung führt die alleinige Strahlentherapie zu lokalen Tumorkontrollraten zwischen
50 und 70% bei erkrankungsfreien Überlebensraten zwischen 30 und 40%.
Die Kombination mit einer zusätzlichen Chemotherapie hat eine weitere Verbesserung der
therapeutischen Ergebnisse erreichen können, so dass die Kombination heute zum Therapiestandard
gehört (Fu et al. 2000, RTOG 9003-Studie, Horiot et al. 1997 EORTC 22851-Studie).
Die überwiegende Mehrheit der randomisierten klinischen Studien zeigen eine Überlegenheit der
kombinierten Radiochemotherapie im Vergleich zur alleinigen Strahlentherapie. Eine Metaanalyse von
Patientendaten von mehr als 10.000 Teilnehmern an 63 klinischen Studien, die vor 1993 durchgeführt
wurden zeigte, dass die zusätzliche Chemotherapie sowohl als definitive Behandlungsmaßnahme als
auch im adjuvanten, postoperativen Setting zu einer 12%igen Reduktion des Risikos, an einem KopfHals-Tumor zu versterben bzw. zu einer Verbesserung der 5-Jahre-Überlebensraten von 4% (MACHNC, Pignon et al, Lancet 2000) führt.
In einem Update, das zusätzlich 24 weitere Studien einschloss, verbesserte sich der Vorteil auf eine
19%ige Abnahme, an der Tumorerkrankung zu versterben. Die Verbesserung der 5-JahreÜberlebensrate stieg auf 8% (Pignon et al. 2005).
Außerdem wurden zahlreiche Studien durchgeführt, die den Effekt einer geänderten Fraktionierung der
Bestrahlung untersuchten. Eine Metaanalyse von 15 Studien mit insgesamt 6515 Patienten konnte für
alternative Fraktionierungsschemata einen absoluten Überlebensvorteil von 3,4% nach 5 Jahren
gegenüber der konventionellen Bestrahlung nachweisen (Bourhis et al. 2006).
Obwohl zu dieser Fragestellung bisher keine direkten randomisierten Studien vorliegen, scheint deshalb
die Kombination von einer Chemotherapie mit einer hyperfraktionierten, akzelerierten Strahlentherapie
z. B. im Sinne eines Concomitant-Boost die besten Ergebnisse in der definitiven Radiochemotherapie
fortgeschrittener Kopf-Hals-Tumoren zu erreichen.
Randomisierte Studien mit akzellerierter oder hyperfraktionierter
simultaner Chemotherapie bei fortgeschrittenen Kopf-Hals-Tumoren.
Studie
N
Dobrowsky et al., 2000
239
Jeremic et al., 2000
Cooperative Studie
Jugoslawien
130
Budach et al., 2005
ARO
384
Strahlentherapie
und
Radiotherapie
Chemotherapie
Arm 1 . alleinige RT
70 Gy / 35 Fraktionen (2 Gy)
n=81 Pat.
Arm 2 : 55.3 Gy (2 x 1.65 Gy)
nur V-CHART n: 78 Pat.
Arm 3 : 55.3 Gy (2 x 1.65 Gy)
n=80
77 Gy / / 70 Frakt /35 Tage
(1.1Gy)
Arm 1 : n=65
Arm 2 . n=65
Arm 1 (n=
RT/CT: 70.6Gy/ 6 Wochen
RT: 77.6 Gy/6 wk
-
Ergebnis alleinige RT
RT/Chx. / p- Wert
Lokale Kontr.
ÜL
31%
24%
-
32 %
MMC (Tag
5)
Arm 1 : Arm 2
CDDP 6
mg/m²/d
MMC
5-FU
48%
42%
p=0.05
0.03
Arm 1 Arm2 p-W
LK: 36%
50% 0.04
DFÜ: 25% 46% 0.007
ÜL: 25% 46%
0.007
LK: 45% 61% 0.001
ÜL: 24% 29%
0.009
31%
Die Optimierung mit Kombination von anderen Chemotherapieprotokollen unterliegt derzeit
prospektiven Studien.
Induktionschemotherapie
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Mit dem Ziel einer Reduktion der Fernmetastasierungsrate und Verbesserung des Gesamtüberlebens
durch eine höher dosierte Chemotherapie wird seit längerem der Stellenwert einer
Induktionschemotherapie diskutiert. In der ersten Veröffentlichung der bereits oben genannten
Metaanalyse konnte für die Induktionschemotherapie mit Cisplatin und 5-Fluorouracil ein signifikantes
Ansteigen der Überlebensrate nachgewiesen werden (HR 0,88 [0,79-0,97]) (Pignon et al. 2000).
Inzwischen liegen die Ergebnisse von 3 großen randomisierten Studien vor, die den Effekt einer
zusätzlichen Taxan-Gabe (Paclitaxel oder Docetaxel) untersuchten (Hitt et al. 2005; Posner et al.
2007; Vermorken et al. 2007). Es konnte jeweils eine signifikante Verbesserung des
Progressionsfreien Überlebens und Gesamtüberlebens nachgewiesen werden. Allerdings stehen
verlässliche Ergebnisse von Phase-III-Studien, welche die Induktionschemotherapie mit einer
alleinigen simultanen Radiochemotherapie vergleichen, noch aus. In der aktuell veröffentlichten
Metaanalyse ist die simultane Radiochemotherapie der Induktionschemotherapie bezüglich der
lokoregionären Kontrolle (HR 0,77 [0,64-0,92]) und dem ereignisfreiem Überleben (HR 0,81 [0,690,96]) signifikant überlegen (Pignon et al. 2009). Außerdem war ein Trend zum besseren Überleben
nach simultaner Radiochemotherapie nachweisbar (HR 0,9 [0,7-1,04]). Es besteht daher aktuell keine
Evidenz für die Anwendung einer Induktionschemotherapie außerhalb klinischer Studien.
Definitive Radiotherapie / Radiochemotherapie zum Larynxerhalt
Eine Sonderrolle spielt hierbei die Strahlentherapie in Kombination mit einer Chemotherapie zum
Larynxerhalt bei fortgeschritteneren Larynx- aber auch Hypophyranxkarzinomen. Die alleinige
Strahlentherapie beim glottischen Larynxkarzinom T1 und T2N0 erreicht eine 5-JahreTumorkontrollrate zwischen 76% (T2b) und 95% (T1a) unter Anwendung konventionell-fraktionierter
oder hyperfraktionierter Konzepte (Mendenhall et al., JCO 2001). Von einer hyperfraktionierten
Strahlentherapie scheinen vorwiegend die Stadien ab T2 zu profitieren. Die Qualität der Stimme scheint
gegenüber der Laserchordektomie möglicherweise überlegen zu sein (Mc. Guirt et al. 1994, Rydell et al
1995). In einer Analyse von Krengli et al 2004 lagen Funktionsdefizite, gemessen mit Stroboskopie und
Stimmanalyse in 25% der Fälle nach definitiver Radiotherapie vor, im Gegensatz zu 65 bzw. 70% nach
Laserchordektomie.
In den fortgeschrittenen Stadien scheint die simultane Radiochemotherapie gegenüber der alleinigen
Strahlentherapie bzw. der Chemotherapie gefolgt von der Strahlentherapie in der lokalen
Tumorkontrolle und beim Larynxerhalt überlegen zu sein. Ein Larynxerhalt wurde nach kombinierter,
simultaner Radiochemotherapie in 88% der Fälle erreicht (Forastiere et al, New England Journal of
Medicine 2003). Nach den Leitlinien der ASCO von 2006 sollte vor dem Hintergrund der bisher
publizierten Daten in den Stadien T3 und T4 ohne Tumorinvasion durch den Schildknorpel in das
Weichteilgewebe eine Radiochemotherapie zum Lanrynxerhalt empfohlen bzw. durchgeführt werden
(Pfister et al. 2006). Neuere Daten zeigen jedoch auch, dass Spättoxizitäten nach simultaner
Radiochemotherapie den Therapieerfolg gerade im Hinblick auf Organ- und Funktionserhalt
beinträchtigen können. Eine Analyse der Ergebnisse von 3 prospektiven RTOG-Studien zeigte bei 43%
der Patienten mit lokaler Tumorkontrolle nach simultaner Radiochemotherapie eine schwerwiegende
Spättoxizität. Diese war als Grad 3 oder 4 Larynx-/Hypopharynx-Toxizität entsprechend der RTOGKriterien, Notwendigkeit einer PEG länger als 2 Jahre oder behandlungsassoziierter Tod definiert
(Machtay et al. 2008).
Die Optimierung dieses Konzeptes auch unter Verwendung neuerer neoadjuvanter Therapieansätze
unterliegt derzeit prospektiven Studien (DELOS-Gruppe).
Postoperative adjuvante Bestrahlung
Bei lokal fortgeschrittenen Tumoren (T3, T4), multiplen Lymphknotenmetastasen bzw. ungünstiger
Tumorlokalisation liegt nach alleiniger Operation ein erhöhtes, lokoregionäres Rückfallrisiko vor. Im
Gefolge hat sich die postoperative Strahlentherapie in kurativer Intention fest etablieren können. Bei
Hochrisikopatienten kann eine zusätzliche Chemotherapie das Rückfallrisiko und das Gesamtüberleben
verbessern, ohne dass jedoch das Fernmetastasierungsrisiko hierbei maßgeblich beeinflusst wird.
Zu dieser Fragestellung wurden weltweit 3 prospektive, randomisierte Studien durchgeführt. In der
EORTC 22931-Studie (Bernier et al. 2004) wurde bei pT3/4-Tumoren unabhängig von der nodalen
Beteiligung und bei frühen Stadien mit pT1/2 und Lymphknotenbeteiligung bzw. bei Vorliegen von
Risikofaktoren eine Strahlentherapie von 2 Gy Einzeldosis bis zu einer Dosis von 66 Gy durchgeführt
im Vergleich zur identischen Strahlentherapie mit zusätzlicher Gabe von Cisplatin 100 mg/m² an den
Tagen 1, 22 und 43. Das 5-Jahre erkrankungsfreie Überleben lag nach Radiochemotherapie bei 47%
im Vergleich zu 36% nach alleiniger Bestrahlung. Das Gesamtüberleben lag bei 53% bzw. 40%.
In einem ähnlichen Protokoll der RTOG (RTOG 9501/Cooper et al. 2004) lagen die korrespondierenden
Werte bei 37% erkrankungsfreies Überleben nach kombinierter Radiochemotherapie im Vergleich zu
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30% nach alleiniger Bestrahlung bzw. beim Gesamtüberleben bei 45% (Radiochemotherapie) und 40%
(alleinige Bestrahlung). In der deutschen ARO-Studie 96/3 (Fietkau et al. 2006) lagen die 5-Jahre
progressionsfreien Überlebensraten bei 62,4% (Radiochemotherapie) und 50,1% nach alleiniger
Bestrahlung bei einer 5-Jahre Gesamtüberlebensrate von 58,1% versus 48,6%.
Eine Subgruppenanalyse der EORTC- und RTOG-Daten konnte nur die Lymphknotenmetastasierung
mit extrakapsulärem Wachstum und die Resektion mit unzureichendem freiem Resektionsrand (<0,5
cm) als unabhängige Risikofaktoren mit signifikantem Vorteil durch simultanen Radiochemotherapie
aufzeigen (Bernier et al. 2005). Für diese Risikofaktoren kann die Indikation zur adjuvanten simultanen
Radiochemotherapie als gesichert angesehen werden. Zur Beurteilung anderer Risikofaktoren, wie
z.B. L1, V1, Pn1 oder multiple Lymphknotenmetastasen sind weitere Untersuchungen erforderlich.
Eine Indikationsstellung zur simultanen Chemotherapie anhand dieser Risikofaktoren kann aktuell
noch nicht empfohlen werden.
Der Gewinn durch kombinierte Radiochemotherapie wird jedoch mit einer erhöhten Akut- und
Spättoxizität erkauft.
Ergebnisse prospektiver Studien zum Stellenwert der postoperativen Radiochemotherapie im Vergleich
zur alleinigen postoperativen Bestrahlung
Studie
Pat. (n)
Primär- Adj.
ther.
Therapie
Op
RChT (P)
versus
RT
Toxizität
Gr. 3 & 4
Akut:
41% vs. 21%
Chronisch:
kein Unterschied
LCR
Erhöht?
Ja
82% vs. 69%
(5 Jahre)
p=0,007
ÜL durch RChT
verbessert?
OS: Ja
HR=0,7/p=0,02
DFS: Ja
HR=0,75/p=0,04
EORTC 22931
Bernier et al.
(2004),N. Engl.J.
Med. 350:194552
334
(167/167)
(mit
Risikofaktoren)
RTOG 9501
Cooper et al.
(2004) N Engl.J.
Med.350:
1937-44
459
(206/210)
(mit
Risikofaktoren)
Op
RChT(P)
versus
RT
Akut:
77% vs. 34%
Chronisch:
kein Unterschied
Ja
82% vs. 72%
(2 Jahre)
p=0,01
OS: Nein
HR=0,84/p=0,19
DFS: Ja
HR=0,78/p=0,04
ARO 96-3
Fietkau et al.
(2006) ASCO
2006
440
(214/226)
(mit
Risikofaktoren)
Op
RChT(PF) Akut:
versus
25% vs. 13%
RT
Chronisch:
keine Angaben
Ja
89% vs. 72%
(5 Jahre)
p=0,0026
OS: Nein
58% vs. 49%
PFS: Ja
62% vs. 50%
EGF-Rezeptor-Inhibition
Wie auch bei anderen Tumorerkrankungen stellt der EGF-Rezeptor-Pathway einen interessanten
neuen Behandlungsansatz bei Kopf-Hals-Tumoren dar. Eine randomisierte multizentrische Phase-IIIStudie, die die Bestrahlung mit oder ohne simultaner Cetuximab-Gabe verglich, konnte eine
signifikante Verbesserung der medianen lokoregionären Tumorkontrolle von 14,9 Monaten bei
alleiniger Bestrahlung auf 24,4 Monate im experimentellen Arm sowie der medianen Überlebenszeit
von 29,3 auf 49,0 Monate nachweisen (Bonner et al. 2006).
Eine Phase-II-Pilot-Studie untersuchte die simultane Anwendung von Cetuximab und Cisplatin zur
Bestrahlung bei lokal fortgeschrittenen Kopf-Hals-Tumoren (Pfister et al. 2006). Bei einer medianen
Nachbeobachtungszeit von 52 Monaten lag das 3 Jahre-Gesamtüberleben bei 76% und das 3-Jahre
progressionsfreie Überleben bei 56%. Auch wenn die Untersuchung wegen schwerwiegender
unerwünschter Ereignisse, darunter zwei Todesfällen, vorzeitig beendet wurde, sind die erzielten
Ergebnisse bemerkenswert und haben zur Initiierung einer Phase-III-Studie geführt. Die Ergebnisse
der Studie und Aussagen zur Therapiesicherheit bleiben abzuwarten. Allerdings ist die CetuximabAnwendung bei Kontraindikationen für eine simultane Chemotherapie auch heute schon denkbar.
Gesamtbehandlungszeit
Die Gesamtbehandlungszeit der Radiotherapie scheint bei Kopf-Hals-Tumoren von ausschlaggebender
Bedeutung zu sein. Es muss daher in der täglichen Anwendung auf eine konsequente Durchführung
der Strahlentherapie unter Einsatz maximaler supportiver Therapien geachtet wird. Toxizitätsbedingte
Unterbrechungen sind möglichst zu vermeiden
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In der randomisierten Studie der dänischen Arbeitsgruppe DAHANCA mit 1476 Patienten war bei 6
Behandlungstagen pro Woche die lokoregionäre Kontrolle gegenüber 5 Behandlungstagen pro Woche
signifikant überlegen (70% gegenüber 60%), (Overgaard et al. 2003). Analysen der EORTC 22791Studie und der RTOG 9003-Studie zeigten, dass eine Gesamtdosis von über 70Gy oder eine
Gesamtbehandlungszeit von weniger als 7 Wochen relevant die Tumorkontrolle beeinflusst.
Strahlentherapie bei Rezidiv
Bei Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren stehen bei progredienter Tumorerkrankung die lokoregionären
Rückfälle im Vordergrund. 50% der betroffenen Patienten werden schließlich im Gefolge am
lokoregionären Rückfall versterben (Garofalo et al 2002).
Prinzipiell sollte eine erneute Strahlenbehandlung Berücksichtigung finden. Bei der
Therapieentscheidung kommen folgende Faktoren zum Tragen:
-
Resektabilität des Tumors vor erneuter Strahlentherapie,
die Dosisbelastung im Rezidivgebiet sowie in dem benachbarten Normalgewebe,
das Intervall zwischen initialer Bestrahlung und erneuter Radiotherapie und
die Bereitschaft, etwaige Toxizitäten in Kauf zu nehmen.
Üblicherweise wird die Operation als erste Therapieoption in Erwägung gezogen. Sollte nach dem
operativen Eingriff ein erneut hohes Risiko für einen lokalen Rückfall bestehen, würde ebenso eine
erneute Strahlenbehandlung in Erwägung gezogen werden. In der Regel liegen sehr individuelle
Erkrankungskonstellationen vor, so dass für die Therapien keine eindeutigen Empfehlungen
abgegeben werden können. Korrespondierend existieren nur wenige Patientenserien mit homogenen
Patientenkollektiven, die eine verlässliche Schlussfolgerung zur Stellung der erneuten Strahlentherapie
zulassen.
Inoperable Tumoren zeigen in Kombination mit einer Chemotherapie offenbar ein gutes Ansprechen in
bis zu 80% der Fälle bei einer vollständigen Remission in bis zu 30% der Fälle. Üblicherweise kann ein
medianes Überleben von ca. 1 Jahr erreicht werden (Nagar et al. 2004). Auch alternierende
Radiochemotherapiekonzepte scheinen sinnvoll zu sein (Hehr et al. 2005). Üblicherweise werden in
diesen Studien moderate Konzepte appliziert, die 30 – 40 Gy nicht überschreiten. Kann eine
Dosiseskalation zum Beispiel mit IMRT durchgeführt werden, scheinen die lokoregionalen
Tumorkontrollraten sich zu verbessern. In einer Serie von 78 Patienten, die eine Rebestrahlung mit
IMRT und einer medianen erneuten Bestrahlungsdosis von 60 Gy erhalten haben, lag das 2-Jahre
Überleben bzw. die lokoregionale Kontrollrate bei 58 bzw. 64%. Schwere, strahlentherapiebedingte
Toxizitäten traten bei 15 Patienten (20%) auf (Sulman et al., 2009).
Supportivtherapie
Unter der Bestrahlung treten vor allem bei den kurativen Radiochemotherapiekonzepten
Nebenwirkungen vor allem in Form einer Mukositis und Dermatitis auf, die nicht selten die
Nahrungsaufnahme gegen Ende der Bestrahlung behindern, gelegentlich auch vollständig verhindern.
Je nach Bestrahlungsgebiet, -Volumen und Dosisverschreibung erfolgt daher die Anlage einer
perkutanenen Gastroentereostomie (PEG) um die Ernährung auf physiologischer Basis sicherzustellen.
Zur Schleimhaut und Zahnpflege erfolgt parallel eine intensive Begleittherapie.
Weiteres Informationsmaterial.
Für weitere Informationen empfiehlt sich die Präsentation Konzepte zur Strahlenbehandlung von
Kopfhals-Tumoren und des Larynxkarzinoms
In der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie werden folgende Konzepte
angeboten:
Zur reproduzierbaren Lagerung wird eine thermoplastische Gesichtsmaske angefertigt. (Link - Foto).
Generell erfolgt eine computergestützte Bestrahlungsplanung . Zur Planung wird ein sequentieller,
kontinuierlicher Datensatz generiert, auf dem die Zielgebiete, regionäre Lymphabstromgebiete und
Risikoorgane konturiert werden. Die Konturierung beziehungsweise Erfassung der
Lymphabstromgebiete orientiert sich an den anatomischen Subkompartimenten definiert nach Leveln
(Robins et al. Arch Otolaryngol Head Neck Surg 1991; Gregoire et al. , Radiotherapy and Oncology
2000). Nach Empfehlungen der EORTC / RTOG werden diese gemäß aktuelle vorliegendem
Ausbreitungsmuster erfasst. Das Zielgebiet (makroskopischer Tumor erhält die Maximaldosis (in der
Regel 70 bis 72Gy), benachbarte Lymphknotenstationen 60 bis 64 Gy und die restlichen nicht
befallenen regionären Lymphknotenstationen 50Gy.
1. Definitive Radiochemotherapie
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Es erfolgt eine Bestrahlung mit concomitant boost. Dabei erfolgt zunächst die Bestrahlung der
Tumorregion und cervikalen Lymphabflussgebiete mit Einzeldosis 1,8 bis 2,0 Gy, 6 x wöchentlich, bis
ca. 30 Gy. Anschließend wird eine 2x tägliche Behandlung appliziert mit einer die Tumorregion und
cervikalen Lymphabflussgebiete erfassenden Morgenfraktion und einer Boostbestrahlung
der
Regionen mit makroskopischem Tumor am Abend.
Simultan erfolgt eine Chemotherapie mit
Cisplatin 20 mg/m² KOF i.v. als Kurzinfusion Tag 1-5, 29-33
5-FU 800mg/m² KOF i.v. als 24 h Dauerinfusion Tag 1-5, 29-33
Oder
Cisplatin 40 mg/m² KOF 1x wöchentlich
2. Adjuvante Bestrahlung
Die Bestrahlung erfolgt in konventioneller Fraktionierung jedoch größtenteils 6x wöchentlich. Das
Tumorbett bzw. befallene Lymphknotenlevel mit Kapseldurchbruch erhält 64 Gy, befallene
Lymphknotenlevel ohne Kapseldurchbruch 56-60 Gy und benachbarte Lymphknotenstationen 50 Gy.
Liegen Risiskofaktoren vor erfolgt eine zusätzliche Chemotherapie.
Cisplatin 20 mg/m² KOF i.v. als Kurzinfusion Tag 1-5, 29-33
5-FU 600mg/m² KOF i.v. als 24 h Dauerinfusion Tag 1-5, 29-33
3. Bestrahlung bei Rezidiv im vorbestrahlten Gebiet.
Aufgrund der in der Regel sehr individuellen Erkrankungskonstellation können keine Standards
vorgegeben werden. Zunächst wird die Resektabilität geprüft. Das Intervall zwischen erster und zweiter
Bestrahlung sollte mindestens 1 Jahr betragen. Es erfolgt grundsätzlich eine computergestützte
Bestrahlungsplanung, die mit dem initialen Plan fusioniert wird, um die kumulativen Dosierungen vor
allem im Bereich der Risikoorgane zu kalkulieren. Es werden nach Möglichkeit Dosierungen von 50 Gy
im adjuvanten Setting bzw. 60 Gy bei makroskopischem Tumor angestrebt.
Bietet sich die Möglichkeit einer Resektion bei zu erwartender R 1 Resektion können auch intraoperativ
Brachytherapiekatheter eingelegt werden. In diesem Fall werden hyperfraktioniert mit 2x 1.5Gy pro Tag
zwischen 15 und 21 Gy appliziert. Anschließend erfolgt eine Aufsättigung perkutan in konventioneller
Fraktionierung bis 40 Gy, so dass Gesamtdosierungen im Hauptrisikogebiet von 60 Gy erreicht werden
können. Hierbei wird benachbartes Gewebe, vor allem Risiskoorgane optimal geschont. Nach eigenen
Erfahrungen an 13 Patienten konnte mit dieser Therapie ein mittleres progressionsfreies Überleben von
12,8 Monaten (4-27 Monate) erreicht werden (Schiefke et al. 2008). 7 der Patienten waren bei einer
mittleren Nachbeobachtungszeit von 25,1 Monaten (2,5-43,8 Monate) weiterhin tumorfrei. Das mittlere
Überleben lag bei 22,8 Monaten (2,4 – 43,8 Monate) mit einer 2-Jahres-Überlebensrate von 59,8 %. 8
Patienten entwickelten höhergradige Akuttoxizitäten, wobei insbesondere Wundheilungsstörungen
auftraten. Bei 2 Patienten trat eine Osteoradionekrose und bei einem eine Weichteilnekrose auf. Alles in
allem waren die Komplikationen beherrschbar. Damit liegen die Ergebnisse im vergleich zur alleinigen
perkutanen bestrahlung (Daten siehe oben, hier eingeben und diskutieren)
Sprechzimmer 1 (Dr. S. Dietzsch):
- Hals-Nasen-Ohren-Tumoren (incl. Mund-Kiefer- und Gesichtschirurgie)
Sprechzeiten: nach telefonischer Vereinbarung unter der Tel.-Nr. 0341-9718471 täglich ab 8.00 Uhr
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