Laser-basierte Protonenbeschleunigung mit ultradünnen Folien und ultrahohem Kontrast Arbeit zur Erlangung des akademischen Grades Master of Science Friedrich-Schiller-Universität Jena Physikalisch-Astronomische Fakultät vorgelegt von: geboren: Studienfach: Jena, 15.04.2015 Jan Reislöhner am 17.02.1991 in Nürnberg Physik M. Sc. Erstgutachter: Prof. Dr. rer. nat. Malte C. Kaluza Institut für Optik und Quantenelektronik Friedrich-Schiller-Universität Jena Zweitgutachter: Dr. rer. nat. Marco Hornung Helmholtz-Institut Jena Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1 2 Laser-Materie-Wechselwirkung 4 2.1 Plasmaphysik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 2.2 Absorption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.3 Beschleunigungsmechanismen für Ionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 3 Experimenteller Aufbau 3.1 POLARIS-Laser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Erzeugung der zweiten Harmonischen in der Targetarea 3.3 Target . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Protonendiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Übersicht wichtiger experimenteller Parameter . . . . . . . . . . 4 Experimentelle Ergebnisse 4.1 Spektrum der Protonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Einfluss der Targetdicke auf die Protonenbeschleunigung 4.3 Transversales Protonenprofil . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Ringmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 28 30 38 40 43 . . . . . 45 45 47 49 58 61 5 Zusammenfassung 63 Literatur 65 1 Einleitung 1 Einleitung Vor weniger als einem Jahrhundert begannen Physiker geladene Teilchen auf hohe Energien zu beschleunigen (Wideröe (1928)). Seit dem wurde mit großem Ehrgeiz die Forschung und der Bau von Teilchenbeschleunigern vorangetrieben. Kollisionen von Elementarteilchen und die damit verbundene Teilchenphysik eröffnen den Weg die Materie aus der wir und unsere Umwelt bestehen im Detail zu verstehen (Beringer et al. (2012)). Hochenergetische Teilchen dienen nicht nur der Grundlagenforschung, es gibt heutzutage eine Vielfalt von Anwendungen. Dazu gehören bildgebende Verfahren, wie X-ray phase contrast imaging (Kneip et al. (2011)) und submicron ionography of nanostructures (Faenov et al. (2009)). Ein Konzept bei der Entwicklung von Fusionsreaktoren ist die Trägheitsfusion. Hierbei zünden Laserpulse direkt die thermonukleare Reaktion. Sie ist anfällig für Instabilitäten (Macchi et al. (2013)). Eine Weiterentwicklung ist die fast ignition (Tabak et al. (1994)), bei der Laser-getriebene Ionenpulse fokussiert werden. Im Rahmen des LIGHT-Projekts wird gezeigt, dass laserbeschleunigte Protonen in eine konventionelle Beschleunigerstruktur eingestrahlt und weiter beschleunigt werden können (Busold et al. (2014)). Auch in der Medizin werden Teilchenbeschleuniger benötigt, z. B. zur Herstellung radioaktiver Isotope (Kasbollah et al. (2013)) und zur Strahlungstherapie (Bulanov et al. (2002), Bin et al. (2012)). Hochenergetische Protonen und Ionen haben ein einzigartiges Bremsverhalten in Materie, was durch den sogenannten Bragg-peak beschrieben werden kann. Das macht es möglich tieferliegende Tumore zu bestrahlen, wobei die Beschädigung des darüberliegenden Gewebes geringer ist als bei der Verwendung von Elektronen- oder Röntgenstrahlung. Für die Bestrahlung eines Tumors in 25 cm Tiefe werden Protonen mit einer kinetischen Energie von 200 MeV benötigt (Linz & Alonso (2007)). Die Arbeitsgruppe „relativistische Laserphysik“ am Institut für Optik und Quantenelektronik und Helmholtz-Institut Jena forscht innerhalb des Verbundprojekts „Hochintensitätslaser für die Radioonkologie“ (onCOOPtics) an der Laser-getriebenen Ionenbeschleunigung für die medizinische Anwendung. Diese ist eine Alternative zu herkömmlichen Beschleunigern, wie Linearbeschleuniger, Zyklotron und Synchrotron, die sehr große und kostenaufwendige Anlagen sind. Allerdings ist sie zur Zeit noch in der Forschungsphase. Für die effektive Teilchenbeschleunigung werden relativistische Intensitäten im Bereich von 1019 W/cm2 benötigt. Die Entwicklung von Hochleistungslasern mit Spitzenleistungen von TW bis PW, mit denen nach der Fokussierung solche Intensitäten erreicht werden 1 1 Einleitung können, ist durch die Erfindung der chirped pulse amplification (CPA) durch Strickland & Mourou (1985) möglich geworden. Bei der Interaktion eines sehr intensiven Laserpulses mit Materie entsteht ein Plasma. Dabei laufen eine Vielzahl von Prozessen ab. Sie machen die Laser-Plasma-Beschleunigung möglich und sind zum Teil noch unverstandenen. Das erste Experiment, bei dem hochenergetische Protonen beobachtet werden konnten, gelang Snavely et al. (2000), bei dem eine Protonenenergie von 60 MeV erreicht wurde. Heute liegt der veröffentlichte Rekord bei 80 MeV (Kim et al. (2014)). Das einfachste Modell zur Ionenbeschleunigung ist die target normal sheath acceleration (Abk. TNSA, Wilks et al. (2001)). Die Effizienz der Protonenbeschleunigung bzw. √ die maximal erreichbare Energie ist typischerweise proportional zu Iλ2 . Bei einfachen Folien als Target ist das Spektrum der Protonen in longitudinaler Richtung thermisch. Das bedeutet, dass nur ein kleiner Anteil der insgesamt beschleunigten Teilchen eine hohe Energie hat. Diese Energieverteilung ist ungünstig für die meisten Anwendungen. Mit Hilfe von komplexeren Targets können quasi-monoenergetische Protonenpulse erzeugt werden (Schwoerer et al. (2006a), Hegelich et al. (2006)). Ein weiterer Ansatz der Lasergetriebenen Ionenbeschleunigung ist die Ausnutzung des Strahlungsdrucks. Bei der so genannten light-sail radiation pressure acceleration (LS-RPA) treibt der Laserpuls eine Schockfront an (Esirkepov et al. (2004)). Die Erzeugung monoenergetischer Protonen ist hier schon mit einfachen Folientargets möglich. Weiterhin ist die maximale Protonenenergie bei RPA direkt proportional zu Iλ2 . Somit ist diese Art der Beschleunigung ab einer bestimmten Intensität effizienter als TNSA. In dieser Arbeit wird RPA experimentell untersucht. Um LS-RPA experimentell erforschen zu können, sind ultradünne Folientargets von einigen Nanometer Dicke notwendig. Das stellt eine besondere Herausforderung an den Laserkontrast. Dieser muss ausreichend hoch sein, um sicherzustellen, dass die Folie beim Auftreffen des Hauptpulses noch existiert und nicht schon von der verstärkten spontanen Emission (engl. Abk. ASE für amplified spontaneous emission) bzw. Vorpulsen zerstört worden ist. In Jena konnte dieses Experiment durchgeführt werden, da ein einzigartiger Laser zur Verfügung steht, der POLARIS-Laser. Er hat eine Zentralwellenlänge von λ = 1030 nm. Die Pulse erreichen auf dem Target eine Energie von bis zu E = 15 J bei einer Pulsdauer von τF W HM = 150 fs. Das entspricht einer Leistung von P0 = 100 TW. Fokussiert mit einer F/2 off-axis Parabel beträgt die Intensität I0 = 5 · 1020 W/cm2 bei einer Fokusfläche von AHM = 8 µm2 . Der Kontrast ist 2 1 Einleitung I[10 ps vor Hauptpuls]/Imax = 10−7 und die Repetitionsrate beträgt 1/120 Hz (Hornung et al. (2014)). Um den Kontrast weiter zu verbessern wurde ein experimenteller Aufbau zur Erzeugung der zweiten Harmonischen (engl. Abk. SHG für second harmonic generation) geplant und realisiert. In der POLARIS-Targetkammer wurde die zweite Harmonische (SH) erzeugt, von der Grundwelle separiert und auf das Target fokussiert. Als Targetfolie wurden aufwendig hergestellte und präparierte, ultra-dünne Folien aus diamantähnlichem Kohlenstoff (engl. Abk. DLC für diamond-like carbon) und Plastikfolie verwendet. Das transversale Profil der beschleunigten Protonen wurde auf einem Szintillator beobachtet, wobei das Protonenspektrum in einem Thomson-Parabel-Spektrometer (TPS) gemessen wurde. Dabei lag das Augenmerk auf der Auswertung der Protonen. Zur Erklärung der Ergebnisse wurde ein neues Modell zur Protonenbeschleunigung entwickelt. Die Arbeit ist folgendermaßen gegliedert: In Kapitel 2 werden die für diese Arbeit relevanten Grundlagen zu Plasmen und der Laser-basierten Ionenbeschleunigung erläutert. Der experimentelle Aufbau des durchgeführten Experiments wird in Kapitel 3 beschrieben. Die Ergebnisse werden in Kapitel 4 gezeigt und diskutiert. Zur Erklärung der Resultate wurde ein neues Modell entwickelt, die experimentellen Ergebnisse wurden darüber hinaus mit numerische Simulationen verglichen. 3 2 Laser-Materie-Wechselwirkung 2 Laser-Materie-Wechselwirkung In diesem Kapitel werden die Grundlagen, die für die Auswertung der experimentellen Ergebnisse notwendig sind, dargestellt. Dabei werden die wichtigsten Parameter zur Charakterisierung von Plasmen und Laserpulsen erklärt. Weiterhin wird die Absorption des Lasers durch die Elektronen eines Plasmas beschrieben. Sie bildet die Grundlage für die Beschleunigungsmechanismen der Ionen, die den Schwerpunkt dieses Kapitels bilden. 2.1 Plasmaphysik Bei der Interaktion eines Laserpulses mit Materie entsteht ein Plasma, wenn die Intensität ausreicht um Atome zu ionisieren. Der von Einstein beschriebene Photoeffekt gilt nur im Limes kleiner Intensitäten. Bei Intensitäten von mehr als 1012 W/cm2 treten Prozesse wie Mehrphotonen- [Rhodes (1985), Wolff et al. (1988)], Tunnel- und over-the-barrierIonisation (Mulser & Bauer, 2010, S. 270 ff.) auf. Ein Plasma besteht aus geladenen Teilchen (kann auch ungeladene enthalten), ist quasineutral und zeigt kollektives Verhalten im Bezug auf die elektromagnetische (EM) Wechselwirkung (Chen, 1984, S. 3). Wichtige Parameter zur Charakterisierung eines Plasmas (Piel, 2010, S.29 ff.) sind die Debye-Länge s λD = 0 kB Te e2 ne0 und die Plasmafrequenz s ωpe = e2 ne0 . 0 me (1) Dabei bezeichnet e die Elementarladung, ne0 die Teilchendichte der Elektronen, 0 die Permittivität des Vakuums, kB die Boltzmann-Konstante, Te die Temperatur der Elektronen und me die Masse eines Elektrons. Auf Längenskalen, die größer sind als λD , ist ein ideales Plasma quasineutral. Die Plasmafrequenz ist die Eigenfrequenz der Elektronenschwingung im Plasma. 4 2 Laser-Materie-Wechselwirkung Ein Parameter zur Charakterisierung von Laserpulsen ist die Amplitude des normierten Vektorpotentials. Sie ist definiert als a0 = eEL , ωL me c wobei EL die Amplitude des elektrischen Felds und ωL die Winkelfrequenz des Lasers ist (Sarachik & Schappert (1970)). Der Zusammenhang zwischen der Intensität und dem normierten Vektorpotential ist: a0 ≈ v u u I0 [ W2 ] · λ[µm]2 t cm 1, 4 · 1018 . Deshalb wird ab 1018 W/cm2 häufig von relativistischer Intensität gesprochen (typische Wellenlänge: λ = 1 µm), welche die untere Schranke für die relativistische Optik bildet. 2.1.1 Interaktion Elektron - Elektromagnetische Welle In einer ebenen, elliptisch polarisierten Welle mit Wellenvektor ~kL = 2πc/ωL êz befinde sich ein Elektron. Das Vektorpotential sei gegeben durch (Sarachik & Schappert (1970)): cos φ √ ~ t) = A0 · 1 − 2 sin φ A(z, . 0 Hierbei ist φ = ωL t − kL z die Phase und ist die numerische Exzentrizität. Bei linearer √ Polarisation ist gleich 0 oder ±1 und bei zirkularer Polarisation gilt = ±1/ 2. Das elektrostatische Potential Φ ist im Vakuum gleich null. Die relativistischen Bewegungsq gleichungen mit dem Lorentzfaktor γ = 1/ 1 − v 2 /c2 können analytisch gelöst werden: d~pe ~ + ~ve × B ~ , bzw. = −e E dt (c sin φ + v sin φ) z d eE0 √ (γ~v ) = − 1 − 2 (−c cos φ + vz cos φ) . dt me c √ −vy 1 − 2 cos φ − vx sin φ 5 2 Laser-Materie-Wechselwirkung ~ ~ = − ∂A , Hierbei sind die Felder folgendermaßen mit dem EM Potential verknüpft: E ∂t ~ ~ ~ E0 = A0 ωL , B = ∇× A und B0 = E0 /c. Zum Zeitpunkt t = 0 befindet sich das Elektron in Ruhe im Koordinatenursprung. Die Lösungen im Laborkoordinatensystem für die Impulse lauten (Sarachik & Schappert (1970)): px (φ) = me ca0 cos φ √ py (φ) = me ca0 1 − 2 sin φ pz (φ) = me c i a20 h 1 + (22 − 1) cos 2φ , 4 (2) (3) und für den Ort folgt durch Integration: c a0 sin φ ωL c √ y(φ) = − a0 1 − 2 cos φ ωL " # c a20 22 − 1 z(φ) = φ+ sin 2φ . ωL 4 2 x(φ) = (4) (5) Bei der Elektron-Laser-Wechselwirkung wird die Abstrahlung des beschleunigten Elektrons vernachlässigt. Die transversalen Komponenten enthalten nur einen mit ωL oszillierenden Teil und sind proportional zu a0 . In longitudinaler Richtung gibt es einen quasistatischen und einen mit 2ωL oszillierenden Beitrag. Die Amplitude ist proportional zu a20 und bei zirkularer Polarisation verschwindet die oszillierende Komponente. Der maximal erreichbare Impuls der z-Komponente ist somit abhängig von der Polarisation. Bei linearer Polarisation ergibt sich aus der zeitlichen Mittlung von Gl. 5 die Driftgeschwindigkeit: * + ~vd = ~z t = a20 c~ez . 4 + a20 Sie nimmt im Limes a0 → ∞ den Grenzwert c an und strebt für a0 → 0 gegen null. Wird die Bahn des Elektrons aus einem mit der Driftgeschwindigkeit mitbewegten Koordinatensystem betrachtet, so bewegt es sich scheinbar auf einer „8“. Diese Bewegung ist für verschiedene Werte in Abb. 1 dargestellt. Wenn eine ebene Welle angenommen wird, die in longitudinaler Richtung eine gaußförmige Einhüllende hat, dann ergibt sich aus der bisherigen Betrachtung, dass sich das Elektron nach der Interaktion wieder in Ruhe befindet und nur um eine endliche Strecke in Laser- 6 2 Laser-Materie-Wechselwirkung 1 kL 4 x 2 z - vd t -2 1 -1 2 1 kL -2 -4 Abbildung 1: Typische „8“-Bahn eines Elektrons in einer ebenen linear polarisierten Welle aus der Sicht des mit der Driftgeschwindigkeit vd mitbewegten Koordinatensystems für die Werte a0 = 1 (blau), a0 = 2 (rot) und a0 = 4 (schwarz). richtung verschoben wird. Im Lawson-Woodward Theorem wird zusammengefasst unter welchen Bedingungen sich ein Elektron nicht beschleunigen lässt (Esarey et al. (1995)): 1. der Laserpuls propagiert im Vakuum, 2. das Interaktionsgebiet ist unendlich ausgedehnt, 3. Abwesenheit von statischen elektrischen und magnetischen Feldern, 4. Vernachlässigung ponderomotiver Effekte. Mindestens einer dieser Punkte muss verletzt werden, damit eine effektive Beschleunigung von Elektronen mit Laserpulsen möglich wird. 7 2 Laser-Materie-Wechselwirkung 2.1.2 Ponderomotive Kraft Ein intensiver Laserpuls ist nicht unendlich ausgedehnt, sondern sowohl in longitudinaler als auch insbesondere in transversaler Richtung beschränkt. Die Intensität eines idealen Gaußpulses ist: I(x, y, z, t) = I0 · e−2π x2 +y 2 A2 · e−4 ln 2 (z/c−t)2 τ2 . Dabei ist A die Fläche bei Normierung auf 1/e2 und τ die FWHM1 -Pulsdauer. Die maximale Intensität Imax lässt sich bei gegebener Pulsenergie E folgendermaßen berechnen: Imax = 1, 88 · E/(τ A). Dabei wird die Spitzenleistung Pmax = 0, 94 · E/τ erreicht. Wird ein Elektron in einen räumlich begrenzten Puls gesetzt, so können auch für diesen Fall die Bewegungsgleichungen gelöst werden. Das Ergebnis ist die so genannte ponderomotive Kraft F~pond bzw. das ponderomotive Potential Φpond . Sie sind im nichtrelativistischen Limes gegeben durch [(Kaluza, 2004, S. 9 ff.), (Mulser & Bauer, 2010, S. 195 ff.)]: ~ 0 (z)2 und ~ pond = − 1 me c2 ∇a F~pond = −∇Φ 4 1 2 2 Φpond = me c a0 (z) . 4 Dabei ist a0 (z) die ortsabhängige Amplitude des Vektorpotentials. Bei der Herleitung dieser Gleichungen wird der Gradient des elektrischen Felds linearisiert. Ein Weg die ponderomotive Kraft zu veranschaulichen ist folgender: Ein Elektron oszilliert im inhomogenen elektrischen Feld und wird in ein Gebiet geringerer Intensität beschleunigt. Dort ist die Amplitude der Oszillation geringer und das Elektron wird deshalb nicht mehr an den Ausgangspunkt zurückkehren. Es wird entgegen dem Gradienten der Intensität aus dem Laserpuls heraus beschleunigt. Die über eine Laseroszillation gemittelte kinetische Energie eines Elektrons hpz cit entspricht genau der Energie des ponderomotiven Potentials. Also gilt der Energieerhaltungssatz und folglich ist Ekin + Φpond eine Konstante. Das heißt, bei der Beschleunigung eines Elektrons wird Energie des EM Felds in kinetische Energie umgewandelt und umgekehrt. 1 FWHM ist die Abk. für full width at half maximum 8 2 Laser-Materie-Wechselwirkung 2.1.3 Elektromagnetische Wellen in Plasmen In diesem Abschnitt wird die Ausbreitung von EM Wellen in Plasmen untersucht (Piel, 2010, S.133 ff.). Aus den Maxwellgleichungen folgt die Wellengleichung ~ 1 ∂ 2E ∂~j ~ ∇ × (∇ × E) + 2 2 = −µ0 c ∂t ∂t mit der Lichtgeschwindigkeit c, der magnetischen Feldkonstante µ0 und der Stromdichte ~ ~j. Es gilt das Ohmsche Gesetz ~j(ω) = σ(ω)E(ω) mit der Leitfähigkeit σ. Für die zeitliche ~ ~ Ableitung der dielektrischen Verschiebung D(ω) = 0 (ω)E(ω) gilt: ~ ~ ~ ∂E ∂E ∂D = 0 + ~j = 0 (ω) . ∂t ∂t ∂t Die Fouriertransformation dieser Gleichung ist: (ω) = 1 + i σ(ω). ω0 Die Wellengleichung nimmt damit in Fourierdarstellung die Form # " 2 ~k~k − k I + ω (ω) · E ~ =0 c2 2 an. Hier ist (ω) ein 3 × 3-Tensor und I die Einheitsmatrix. Die allgemeine Dispersionsrelation ist somit: " # ω2 det ~k~k − k I + 2 (ω) = 0. c 2 Nun werden EM Wellen im unmagnetisierten Plasma unter Vernachlässigung von Druckeffekten genauer behandelt. Als Richtung des Wellenvektors ~k wird die z-Richtung ge2 ee wählt. Aus dem Drude-Modell folgt die Leitfähigkeit σ = nωm . Der dielektrische Tensor e 9 2 Laser-Materie-Wechselwirkung ω2 reduziert sich zu xx = yy = zz = 1 − ωσ0 = 1 − ωpe2 . Alle anderen Komponenten sind null. Die Wellengleichung hat für diesen Spezialfall die Form: 2 −k + ω2 c2 0 1− 2 ωpe ω2 0 −k 2 + ω2 c2 0 0 1− 2 ωpe ω2 0 ω2 c2 0 1− 2 ωpe ω2 E x · Ey = 0. Ez Im Fall Ez 6= 0 und Ex = Ey = 0 ergeben sich longitudinale Wellen mit ω = ωpe . Diese können sich nicht ausbreiten, da ihre Dispersionsrelation unabhängig von ~k ist. Sie werden Plasmaoszillationen genannt. Falls Ex 6= 0 und Ey = Ez = 0 (äquivalent für Ey 6= 0), so ergeben sich transversale Wellen mit der Dispersionsrelation (siehe Abb. 2): 2 ω 2 = ωpe + k 2 c2 . Das bedeutet, dass ein Laserpuls mit ω = ωL < ωpe nicht in das Plasma eindringen kann, sondern reflektiert bzw. absorbiert wird. Für ωL > ωpe kann eine EM Welle durch das Plasma propagieren. Es lässt sich die so genannte kritische Dichte nc definieren nc = 2 0 me ωpe , e2 die aus Gl. 1 folgt. Ist die Teilchendichte der Elektronen ne eines Plasmas größer als nc , wird es überkritisch genannt, im anderen Fall ne < nc ist es unterkritisch. Als Brechungsindex eines Plasmas ergibt sich η= v u u t1 − 2 ωpe , ωL2 der im Fall ωL > ωpe reell ist und zwischen null und eins liegt. Mit ihm lässt sich die Phasen- und Gruppengeschwindigkeit ausdrücken durch: c ωL = , k η dωL = = ηc. dk vph = vgr 10 2 Laser-Materie-Wechselwirkung Die Phasengeschwindigkeit einer EM Welle im Plasma ist immer größer als die Lichtgeschwindigkeit, die Gruppengeschwindigkeit ist immer kleiner. Ω 2.0 Ω pe 1.5 vgr 1.0 vph 0.5 ck Ωpe 0.0 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 Abbildung 2: Dispersionsrelation einer EM Welle im Plasma (blaue Linie). Im Vergleich dazu die Dispersionsrelation im Vakuum (schwarze gestrichelte Linie) und die Konstruktion der Phasen- und Gruppengeschwindigkeit. 2.2 Absorption Um mit Laserpulsen Elektronen oder Protonen bzw. Ionen effektiv zu beschleunigen muss ein möglichst großer Anteil der Energie des elektrischen Felds in kinetische Energie der Teilchen umgewandelt werden. In diesem Unterkapitel werden die bekannten Absorptionsmechanismen erläutert [Wilks & Kruer (1997), (Pfotenhauer, 2009, S. 16 ff.)]. 2.2.1 Stoßabsorption Durch Stöße kann Energie absorbiert werden, wie z. B. durch inverse Bremsstrahlung (Absorption eines Photons von einem Elektron während einer Kollision mit einem Ion oder einem anderen Elektron) und stimulierte Brillouin- bzw. Raman-Streuung (inelastische Streuung von Photonen an Plasmawellen). Die mittlere freie Weglänge eines Elektrons im Plasma ist definiert als lmf p = (ni σ)−1 (Piel, 2010, S.78 f.). Dabei bezeichnet ni die Teilchendichte der Ionen eines vollkommen ionisierten Plasmas und σ den Wirkungsquerschnitt. Die Kollisionsfrequenz wird bestimmt durch das Verhältnis ν = ve /lmf p , wobei ve 11 2 Laser-Materie-Wechselwirkung die Elektronengeschwindigkeit ist. Die Kollisionsfrequenz zwischen Elektronen und Ionen hat die Größenordnung (Mulser & Bauer, 2010, S. 21 ff.): νie ≈ (1 − 2) · 10−5 Z 2 ni [cm−3 ] Hz. (Te [eV])3/2 (6) Für die Verhältnisse von νie , νii (Kollision zwischen Ionen) und νee (Kollision zwischen Elektronen) kann abgeschätzt werden: νee : νii : νei ∼ 1 : Z s 4 me me : Z2 . mi mi Für ν ωL ist die Stoßabsorption vernachlässigbar. Das ist der Fall bei Plasmen hoher Temperatur, wie aus Gl. 6 folgt. Bei relativistischen Intensitäten ist die Stoßabsorption nicht der dominante Absorptionsmechanismus (Mulser & Bauer, 2010, S. 62). 2.2.2 Resonanzabsorption Um effektive Resonanzabsorption zu erreichen, muss der Laserpuls schräg auf ein überdichtes Target fokussiert werden. Dabei sollte die Polarisation linear und parallel zur Einfallsebene sein (p-Polarisation), welche durch die Targetnormale und den Wellenvektor aufgespannt wird. Typischerweise wird das Target schon kurze Zeit (ps bis ns) bevor der Hauptpuls auf das Target trifft durch die ASE bzw. Vorpulse ionisiert. Es entsteht ein Vorplasma dessen Dichte exponentiell mit dem Abstand von der Targetoberfläche abfällt: ne ∼ e|z|/ls . Es ist charakterisiert durch die Skalenlänge ls = cs t mit der Schallgeschwindigkeit der Ionen (Huba (2004)): s cs = κZkB Te . mi Dabei ist κ der Isentropenexponent. Die Effizienz der Resonanzabsorption ist abhängig vom Einfallswinkel und ls . Das elektrische Feld bildet dadurch, dass der Puls reflektiert wird, eine stehende Welle aus. Die Elektronen beginnen in ihr in zum Target senkrechter Richtung zu oszillieren. Dabei entsteht eine Plasmawelle, welche am ausgeprägtesten ist, wenn die Laserfrequenz mit der Plasmafrequenz übereinstimmt (Gibbon, 2005, S. 155 f.). 12 2 Laser-Materie-Wechselwirkung Bei schrägem Einfall wird der Puls schon vor Erreichen der kritischen Dichte reflektiert (siehe Abb. 3). Jedoch kann das elektrische Feld bei einer kurzen Skalenlänge ls bis zur kritischen Dichte tunneln und somit trotzdem resonant Plasmawellen erzeugen. Die Plasmawelle kann viel Energie in das Target hinein transportieren. Dies geschieht zum einen durch Stöße oder aber durch wave breaking (Kruer (1988)). Abbildung 3: Ein Laserpuls fällt schräg auf ein Vorplasma eines überkritischen Targets ein. Er wird schon vor Erreichen der kritischen Dichte reflektiert. Trotzdem ist Resonanzabsorption durch das evaneszente Laserfeld möglich. Die Anharmonische Resonanzabsorption findet bei ne < nc statt. Es wurde gezeigt, dass bei relativistischen Intensitäten resonante Oszillationen der Elektronen auch schon bei einer geringeren Plasmadichte als nc angeregt werden können (Mulser et al. (2005)). Dieser Effekt ist als anharmonische Resonanzabsorption in der Literatur zu finden. 13 2 Laser-Materie-Wechselwirkung 2.2.3 Vakuum-Heizen Auch beim sogenannten Vakuum-Heizen sollte der Laserpuls, genau wie bei der Resonanzabsorption, wieder schräg auf ein überdichtes Target einfallen und p-polarisiert sein. Jedoch ist nun wichtig, dass die Skalenlänge ls sehr klein ist (Gibbon, 2005, S. 156 ff.). Sie sollte kleiner sein als die Amplitude der Elektronenschwingung (vgl. Gl. 4): δ= ca0 eE0 = . 2 me ωL ωL Aus Gl. 2 folgt der maximale Impulsübertrag an ein Elektron. Er ist proportional zu √ a0 ∼ Iλ2 . Die Elektronentemperatur basiert auf dieser Abhängigkeit. Einige Elektronen können dem oszillierenden elektrischen Feld folgen und werden in der ersten Hälfte einer Oszillation aus dem Plasma heraus ins Vakuum beschleunigt. In der zweiten Hälfte werden sie von dort zurück in Richtung Target beschleunigt. Das ist der Grund für die Namensgebung: Vakuum-Heizen, welches in der Literatur häufig auch als Brunel-Heizen bezeichnet wird. Die heißen Elektronen dringen in den Bereich des Targets ein, in dem das elektrische Laserfeld evaneszent abfällt. Dort spüren sie eine geringere rücktreibende Kraft, da die elektrische Feldstärke exponentiell mit der Eindringtiefe abfällt. Elektronen können so in das Target hinein beschleunigt werden. 2.2.4 „j x B“-Heizen und ponderomotive Absorption Das so genannte „j ×B“-Heizen ist sehr ähnlich zum Vakuum-Heizen. Allerdings ist es am effektivsten bei senkrechtem Einfall der Laserpulse auf das Target. „j×B“-Heizen wird erst ~ ~ im relativistischen Regime interessant (a0 > 1), da hierbei das Magnetfeld B = E /c verantwortlich für die effektive Beschleunigung der Elektronen ist (Gibbon, 2005, S. 166). Die resultierende Kraft kann durch folgende Proportionalitäten veranschaulicht werden: ~ ×B ~ ∼ ~v × B ~ ∼ ~j × B. ~ E Der Betrag dieses Vektors ist natürlich von der Zeit abhängig, aber seine Orientierung zeigt zu allen Zeiten in Richtung des Wellenvektors. Die Bewegung eines Elektrons in einer EM Welle wurde schon detailliert im Abschnitt 2.1.1 beschrieben. Die Gl. 5 hat zwei Komponenten, einen langsam veränderlichen und einen mit 2ω-oszillierenden. Der 14 2 Laser-Materie-Wechselwirkung oszillierende Anteil erzeugt bei diesem Absorptionsmechanismus die heißen Elektronen durch den gleichen Prozess, der schon im Abschnitt 2.2.3 erklärt wurde. Der maximale Impuls ist proportional zu a20 ∼ Iλ2 , wohingegen Vakuum-Heizen nur proportional zu √ Iλ2 ist (vgl. Gl. 2 und 3). Die Resonanzabsorption, das Vakuum- und „j × B“-Heizen sind nur bei linearer Polarisation effektiv, bei zirkularer Polarisation geht ihre Effizienz gegen null. Es gibt jedoch einen Absorptionsmechanismus, der unabhängig von der Polarisation des Lasers ist. Der langsam veränderliche Anteil der Gl. 5 entspricht der ponderomotiven Kraft. Bei relativistischen Intensitäten können, durch den Gradienten der Intensität, Elektronen effektiv in das Target hinein beschleunigt werden. Die ponderomotive Beschleunigung ist auch bekannt als Radiation Pressure Acceleration. Der Zusammenhang zwischen dem ponderomotiven Potential und dem Strahlungsdruck wird im Folgenden hergeleitet (Mulser & Bauer, 2010, S. 210). Der Druck berechnet sich aus der ponderomotiven Kraft durch das Integral: pL = Z ne F~pond · ~ez dz = − Z 2 0 ωpe (z) ∂ ~ ~ ∗ E E dz. 2 4ωL ∂z (7) Es wird angenommen, dass das Target den Halbraum z ≥ 0 einnimmt und eine beliebige ~ 0 (kz − ωt) Dichteverteilung ne (z) hat. Die EM Welle setzt sich aus einem einfallenden E ~ r (−kz − ωt) Anteil zusammen. Wird nun die Wellengleichung und reflektierten E 2 ~ ωpe (z) ~ ∂ 2E 2 + k 1 − E=0 2 ∂z ωL2 ! ~ ∗ und ihr komplex konjugiertes mit ∂z E ~ multipliziert und deren Summe in Gl. 7 mit ∂z E eingesetzt, so folgt ~ ∂E ~∗ 0 Z ∞ ∂ ~ ~ ∗ 1 ∂E dz, pL = − EE + 2 4 z<0 ∂z k ∂z ∂z 15 2 Laser-Materie-Wechselwirkung ~E ~ ∗ = E∂ ~ zE ~∗ + E ~ ∗ ∂z E ~ Gebrauch gemacht worden ist. wobei von der Produktregel ∂z E Nun kann das Integral gelöst werden, nur die untere Grenze ist ungleich null. 0 4 0 = 2 pL = h ~0 + E ~r E ~ 2 E 0 ~0 − E ~r ~ r∗ + E ~ 0∗ + E E ~ r∗ ~ 0∗ − E E i z<0 2 ~ r + E I = (1 + R) . c (8) ~ 2 Die Intensität ist I = 21 0 c E 0 . Gl. 8 gibt den Strahlungsdruck an, der auf ein Target mit Reflektionskoeffizienten R wirkt. Sie kann um die Transmission T und Absorption A mit R + A + T = 1 erweitert werden: pL = (1 + R − T ) Ic = (2R + A) Ic . 2.3 Beschleunigungsmechanismen für Ionen Es gibt in der Literatur eine Menge verschiedene Ansätze, wie Ionen effizient beschleunigt werden können [Snavely et al. (2000), Esirkepov et al. (2004), Schlegel et al. (2009), Nishihara et al. (2001), Yin et al. (2006)]. Oft werden analytische Modelle entwickelt, die durch Simulationen bestätigt werden, jedoch fehlt häufig das Experiment. Die verbreitetsten Modelle sind TNSA und RPA. 2.3.1 Target Normal Sheath Acceleration Die Target Normal Sheath Acceleration (TNSA) wurde analytisch und numerisch ausführlich untersucht [Wilks et al. (2001),Mora (2003),Schreiber et al. (2006)] und die Skalierung der beobachtbaren Parameter wurde im Experiment bestätigt [Snavely et al. (2000),Kaluza et al. (2004),Fuchs et al. (2005)]. Häufig werden einige Mikrometer dicke Folien als Targets verwendet aus denen Protonen (bzw. andere Ionen) in Richtung der Targetnormalen beschleunigt werden. Sie sind in Bezug auf den relativistischen Laserpuls überkritisch und können sowohl senkrecht als auch unter einem Winkel beschossen werden. Die Laserpulsenergie geht durch die verschiedenen Absorptionsmechanismen zum Teil in die kinetische Energie der Elektronen über. Diese muss nun möglichst effizient auf Protonen übertragen werden. Das TNSAModell kann in mehrere Phasen unterteilt werden. Zunächst werden im Vorplasma auf 16 2 Laser-Materie-Wechselwirkung der Targetvorderseite heiße Elektronen erzeugt, so wie es im Unterkapitel 2.2 beschrieben wurde. Wenn das Target dünn genug ist, können die beschleunigten Elektronen auf der Rückseite wieder austreten (siehe Abb. 4). Sie bilden im Target kurzzeitig einen Strom der Größenordnung 106 A. Der Anstieg des von den relativistischen Elektronen getragenen Stroms und die damit verknüpfte Änderung des magnetischen Flusses induziert nach der Lenzschen Regel einen Rückstrom, der den Gesamtstrom neutralisiert. Weiterhin bildet sich eine Elektronenwolke auf der Targetrückseite aus. Da sich durch die Ladungstrennung auf der Targetrückseite ein positiver Ladungsschwerpunkt bildet, wird ein Großteil der Elektronen in der Wolke gefangen. Nur die schnellsten Elektronen können entkommen. Dabei treten elektrische Felder von der Größenordnung 1012 V/m auf. Das reicht aus, um Atome auf der Targetrückseite zu ionisieren. Die Ionen werden in diesem Feld in Richtung der Targetnormalen beschleunigt. Dabei sind Teilchen mit einem großen q/m-Verhältnis am schnellsten. Das Elektronen-Ionen-Plasma expandiert mit hoher Geschwindigkeit ins Vakuum. Das quasistatische elektrische Feld, in dem die Ionen beschleunigt werden, ist proportional zur Temperatur der Elektronen [Daido et al. (2012), Macchi et al. (2013)]. Die Effizienz des Beschleunigungsprozesses ist definiert als das Verhältnis von der gesamten kinetischen Energie der Protonen (bzw. der untersuchten Ionenspezies) zu der Laserpulsenergie. Abbildung 4: Schematische Darstellung des TNSA-Modells mit Vorder- und Rückseitenbeschleunigung der Ionen. 17 2 Laser-Materie-Wechselwirkung Der eigentliche Beschleunigungsprozess des TNSA-Mechanismus findet auf der Rückseite statt. Jedoch entsteht bei sehr hohen Intensitäten auch an der Vorderseite ein elektrisches Feld durch die fehlenden heißen Elektronen, welches groß genug sein kann um Ionen zu beschleunigen. Diese Vorderseitenbeschleunigung wird noch genauer im Abschnitt 2.3.2 untersucht und trägt in der Literatur den Namen hole boring. Die von der Rückseite beschleunigten Ionen sind zum größten Teil Protonen und Kohlenstoffionen unabhängig vom Targetmaterial. Die Ursache dafür sind Verunreinigungen im Vakuum. Bei Drücken von 10−5...6 mbar befindet sich eine Kohlenwasserstoff- bzw. Wasserschicht auf allen Oberflächen. Diese Kontaminationsschicht kann mit einem passenden Laser durch Ablation abgelöst werden (Schwoerer et al. (2006b)). Die Teilchenzahl eines Ionenspektrums nimmt über der Energie exponentiell ab (BoltzmannStatistik), wobei es eine scharfe cutoff -Energie gibt. Es können Protonenenergien von ei√ nigen MeV erreicht werden. Typisch für das TNSA-Modell ist die Iλ2 -Abhängigkeit der maximal zu erreichenden Protonenenergie [Daido et al. (2012), Macchi et al. (2013)]. Der Grund dafür ist, dass in den meisten Experimenten der Heizungsprozess der Elektronen √ proportional zu Iλ2 ist (siehe Abschnitte 2.2.2 und 2.2.3). Das Ziel vieler Experimente ist es, monoenergetische Protonen zu erzeugen. Um das zu erreichen, werden komplexere Targets beschossen, wie z. B. speziell präparierte Folien, aus denen Protonen nur aus einem radial beschränkten Gebiet austreten können (Schwoerer et al. (2006a)). Ein weiteres interessantes Target sind Wasserstofftröpfchen, die den Vorteil haben, dass ihre Masse limitiert ist und sie ein reines Protonen-Elektronen-Plasma bilden. Ein solches Plasma aus zwei Teilchenarten ist einfacher zu modellieren. Optimierung des TNSA-Prozesses: Es wurde in Experimenten herausgefunden, dass es für eine bestimmte Dauer des ASEKontrasts2 eine optimale Dicke des Targets gibt, bei der die Protonenenergie ein Maximum annimmt (Kaluza et al. (2004)). Es kann mit der Theorie zur Vorder- und Rückseitenbeschleunigung erklärt werden. Diese ist für die experimentellen Parameter zusammen mit experimentellen Daten in Abb. 5 dargestellt. Die Dauer des ASE-Kontrasts beträgt 2, 5 ns. Ist ein Target dünn (d < 10 µm), so wird die Rückseitenbeschleunigung durch den 2 Als Kontrast eines Laserpulses wird das Verhältnis der momentanen zur maximalen Intensität bezeichnet. 18 2 Laser-Materie-Wechselwirkung ASE-Kontrast beeinflusst. Durch einen langen Vorpuls bilden die „nicht-so-heißen“ Elektronen ein vorzeitiges Plasma auf der Rückseite, wodurch das elektrische Feld der „heißen“ Elektronenwolke verringert wird. Die Vorderseitenbeschleunigung wird nicht beeinflusst. Die schnellsten Ionen tragen also die Energie des hole boring Regimes. Ist ein Target dick (d > 10 µm), so wird das elektrische Feld für die Rückseitenbeschleunigung durch den Einfluss der Divergenz der Elektronen auf ihrem Weg durch das Target verringert. Die auf der Vorderseite beschleunigten Ionen werden im Target abgebremst. Deshalb entsteht bei einer bestimmten Dicke ein Optimum (d = 10 µm). Abbildung 5: Vergleich der TNSA-Theorie mit experimentellen Daten (Kaluza et al. (2004)). Es ergibt sich bei einer bestimmten Targetdicke ein Maximum der Protonenenergie. 2.3.2 Radiation Pressure Acceleration Der Strahlungsdruck ist bei relativistischen Intensitäten nicht mehr vernachlässigbar. Er wurde schon im Abschnitt 2.2.4 aus der ponderomotiven Kraft hergeleitet. Sie oszilliert nicht schnell, sondern ändert sich langsam zusammen mit der Intensität. Die englische Bezeichnung für die Beschleunigung durch den Strahlungsdruck ist radiation pressure acceleration (RPA). Es wird zwischen zwei unterschiedlichen Regimen unterschieden: sehr dünne Folien mit d < 1µm wurden von Esirkepov et al. (2004) durch das 19 2 Laser-Materie-Wechselwirkung sogenannte light sail Regime beschrieben, hingegen gilt für dickere Folien das hole boring Regime (Schlegel et al. (2009)). Light sail Regime: Das light sail Regime (LS-RPA), dass in der Literatur auch unter dem Namen laser piston Regime zu finden ist, wird bei sehr hohen Intensitäten (∼ 1020 W/cm2 ) und bei sehr dünnen Folien d < 1 µm erreicht. Die Elektronen werden durch „j × B“-Heizen und den Strahlungsdruck in Vorwärtsrichtung auf relativistische Energien beschleunigt. Im Idealfall sind alle Elektronen daran beteiligt. Die Ionen sind träge und werden im elektrischen Feld der Ladungstrennung von der entstandenen Elektronenschicht hinterher gezogen. Die Elektronen bilden einen Plasmaspiegel für den Laserpuls, der sich fast mit Lichtgeschwindigkeit bewegt (Abb. 6). Selbst wenn das überkritische Target zu Beginn der Interaktion wegen des Effekts der relativistischen Transparenz transparent ist, so wird es bei relativistischer Geschwindigkeit stark reflektierend (Esirkepov et al. (2004)). Die Ursache hierfür ist die Frequenzverschiebung zu kleineren Frequenzen durch den Dopplereffekt. Bei der Reflexion am Plasmaspiegel wird das Licht um den Faktor ωr = c−v ω0 c+v frequenzverschoben. Hierbei ist v die Geschwindigkeit mit der sich der Plasmaspiegel von der Laserquelle wegbewegt. Das bedeutet, dass bei relativistischer Geschwindigkeit der Elektronen fast die gesamte Energie des Strahlungsfelds an das Plasma übergeht. Der Strahlungsdruck für die Reflexion der Photonen am bewegten Target unter Vernachlässigung der Absorption und Transmission ist mit Hilfe der Gl. 8: pL = c − v 2I0 . c+v c Die maximal erreichbare Energie ist bei diesem Modell proportional zu a20 , d. h. sie ist proportional zur Intensität. Das ist ein wesentlicher Vorteil gegenüber dem TNSA-Modell, √ welches nur mit I skaliert (Daido et al. (2012)). Die maximale kinetische Energie der 20 2 Laser-Materie-Wechselwirkung Abbildung 6: Schematische Darstellung des light sail Regimes. a Der Laserpuls interagiert mit den Elektronen. Durch die Ladungstrennung entsteht ein elektrostatisches Feld, indem die Ionen beschleunigt werden. b Damit ergibt sich ein sich mit dem Laserpuls mitbewegender, relativistischer, quasi-neutraler Plasmaspiegel. Protonen kann analytisch berechnet werden (Esirkepov et al. (2004) und Bulanov et al. (2005)): Ei,max = 2mp c2 (µsNL )2 , 1 + 2µsNL (9) mit dem Verhältnis von Elektronen zu Protonenmasse µ = me /mp ≈ 1/1836, s = a20 /σ und der Anzahl der Laserzyklen NL = cτ /λ. Im Gleichgewicht während des Beschleunigungsprozesses ist der Strahlungsdruck gleich dem elektrostatischen Druck pE = 12 ene dE|| . Für eine stabile Beschleunigung der Ionen ist es notwendig, dass das elektrische Feld der Ladungstrennung E|| größer ist als das Laserfeld. Anderenfalls könnten die Ionen nicht mit den Elektronen „mithalten“. Das hätte eine Coulomb Explosion (siehe Abschnitt 2.3.3) zu folge, die hier zu vermeiden 21 2 Laser-Materie-Wechselwirkung ist. Um eine stabile Beschleunigung zu gewährleisten hat Yan et al. (2008) damit die Optimalitätsbedingung a0 ≈ σ = ne d nc λ (10) mit der normierten Flächendichte σ aufgestellt. Es sollte angemerkt werden, dass in diese Formel die Geschwindigkeit des Plasmaspiegels, also der Faktor c−v , nicht eingeht. In Abb. c+v 7 ist eine 3D-PIC-Simulation3 des LS-Regimes von Esirkepov et al. (2004) zu sehen. Es werden monoenergetische Protonenenergien im GeV-Bereich vorhergesagt. Die zur Zeit experimentell zugängliche maximale Intensität ist zwei Größenordnungen kleiner, als die in der Simulation angenommene. Zusammenfassend kann das LS-Regime in drei Phasen dargestellt werden: 1. Gleichrichtung des oszillierenden transversalen Felds in ein statisches longitudinales Feld durch ponderomotive Vorwärtsbeschleunigung der Elektronen, 2. Ladungstrennung und Beschleunigung der Ionen auf relativistische Geschwindigkeit, 3. Übertragung der Energie 1 − spiegel. c−v c+v Ep vom Laserpuls auf den mitbewegten Plasma- Abbildung 7: 3D-PIC-Simulation des light sail Regimes bei folgenden Parametern: λ = 1 µm, a0 = 316, I = 1, 37 · 1023 W/cm2 , ne0 = 5, 5 · 1022 /cm3 = 49nc und lineare Polarisation. Die Ionendichte-Isofläche ist in grün zur Zeit t = 40 · 2π/ωL ; a n = 8nc ; b n = 2nc dargestellt. Die schwarze Kurve zeigt die Ionendichte entlang der Ausbreitungsrichtung (Esirkepov et al. (2004)). 3 PIC steht für particle in cell. 22 2 Laser-Materie-Wechselwirkung Hole boring Regime: Für das hole boring Regime (HB-RPA) wird häufig auch der Begriff collisionless shock acceleration verwendet [Schlegel et al. (2009), Macchi et al. (2013), Daido et al. (2012)]. Es geht im Gegensatz zu LS-RPA von einem unendlich dicken Target aus. Das bedeutet, dass die Beschleunigung durch HB-RPA beschrieben werden kann, solange die Targetrückseite noch nicht erreicht ist. Das Heizen der Elektronen erfolgt zunächst genau so wie im LS-Regime. Die Elektronen bilden eine dünne, sehr dichte Schicht vor dem Puls aus. Es wird angenommen, dass der Puls vollständig von der Elektronenfront reflektiert wird. Die Ionen werden in der entstehenden Raumladungszone beschleunigt und bilden eine zweite dichte Front, wie in Abb. 8 zu sehen ist. Die Ionen, die sich zwischen den beiden Fronten befinden (also noch ungestört sind), werden aus der Sicht eines mitbewegten Koordinatensystems an der Ionenfront reflektiert. Hinter der Ionenfront befinden sich im Idealfall keine Teilchen mehr (daher die Bezeichnung hole boring). Abbildung 8: Schematische Darstellung des hole boring Regimes. Es entsteht in der Folie ein „Loch“, dass sich mit der HB-Geschwindigkeit in die Folie bohrt. Dieser Prozess kann auch mit der Theorie zu Schockwellen behandelt werden (Mulser & Bauer, 2010, S. 54 ff.). Der Laserpuls wirkt dabei als Kolben. Er bewegt sich mit der so genannten hole boring Geschwindigkeit vHB in das Target. Diese ist größer als die Schallgeschwindigkeit cs im Plasma. Deshalb kann sich die Welle nicht im Medium ausbreiten. Das ungestörte Plasma ist gekennzeichnet durch die Dichte ρ0 , die Temperatur T0 und den Druck p0 . Für die komprimierte Schockfront gelten die Bezeichnungen ρ1 , T1 und p1 . Die 23 2 Laser-Materie-Wechselwirkung Geschwindigkeit der schnellsten Ionen vi wird als Schockgeschwindigkeit bezeichnet. Die Machzahl M ist definiert durch das Verhältnis M = vi /cs . Das Kompressionsverhältnis für ein vollständig ionisiertes Plasma ist (Mulser & Bauer, 2010, S. 54 ff.) K= κ + 1 M2 ρ1 M 1 κ + 1 = , − −−→ ρ0 κ − 1 M2 + 2 κ−1 dabei bezeichnet κ = 1 + 2/f den Isentropenexponent bei f Freiheitsgraden. Im eindimensionalen Fall (f = 1) und hoher Machzahl ist das Kompressionsverhältnis K = 2. Der Zusammenhang zwischen der Schockgeschwindigkeit und der HB-Geschwindigkeit ist somit gegeben durch: vi = vHB = 2vHB . 1 − κ1 Bei relativistischer Rechnung ergibt sich vi = 1+v2v2HB/c2 (Schlegel et al. (2009)). Die HBHB Geschwindigkeit kann aus dem Gleichgewicht von Strahlungsdruck und dem Impuls des 2 2 Ionenflusses pi = 2ρ0 vHB γHB berechnet werden: pL = pi 2I c − vHB 2 2 = 2ρ0 vHB γHB c c + vHB 2 /c2 vHB I 1 − vHB /c = 2 ρ0 c3 1 + vHB /c 1 − vHB /c2 vHB B c mit B = = 1+B s I . ρ 0 c3 (11) Die schnellsten Ionen haben somit die Energie: 2 2 i = mi c2 (γi − 1) = 2mi vHB γHB = 2mi c2 B2 . 1 + 2B Verknüpfung von hole boring- und light sail-Regime: Die Verbindung von hole boring- und light sail-Regime liefert eine dem Experiment nähere Theorie. Von Qiao et al. (2009) wurden zwei Stabilitätsbedingungen für diese Kombination gefunden. Das grundlegende Problem beim Übergang vom HB- zum LS-Regime ist, dass es zu einem Sprung des Strahlungsdrucks kommt von (2I/c)[(c − vHB )/(c + vHB )] zu (2I/c)[(c − vi )/(c + vi )]. Das führt zu einer Diskontinuität bzw. Instabilität der Beschleu- 24 2 Laser-Materie-Wechselwirkung nigung, da vi = 2vHB . Der Übergang wird jedoch „ruckfrei“, wenn die Ionen an dieser Stelle schon relativistische Geschwindigkeiten erreicht haben. Als erste Bedingung kann hierfür mit Hilfe von Gl. 11 B & 12 angegeben werden. Als zweite Kondition muss die Gl. 10 erfüllt sein. Die analytische Theorie ist mit 2D-Simulationen verglichen worden. Dabei wird ein Laserpuls mit zirkularer Polarisation und I0 = 6, 3 · 1021 W/cm2 angenommen, der senkrecht auf eine 350 nm dicke Folie trifft. Das Target hat eine Dichte von ne = 100nc . Bei zirkularer Polarisation ist die schnell oszillierende j × B-Komponente null und es wirkt nur die quasistatische ponderomotive Kraft. Das ist wichtig, damit die Folie nicht „zerfließt“, sondern im Ganzen beschleunigt wird. In Abb. 9 ist die Elektronen- und Ionendichte zu verschiedenen Zeiten dargestellt. Die Teilchendichte nimmt nur um einen Faktor zwei während der Propagation ab. Sie sollte möglichst hoch bleiben, um während des gesamten Beschleunigungsprozesses eine hohe Reflektivität des Plasmaspiegels zu garantieren. Abbildung 9: 2D-PIC-Simulation einer stabilen Beschleunigung im hole boring- und light sail-Regime. Elektronen- und Ionendichte sind für verschiedenen Zeiten dargestellt. (Qiao et al. (2009)). Die Abb. 9 zeigt auch, dass der Beschleunigungsprozess von Instabilitäten beeinflusst wird. Sie sind am ausgeprägtesten im Elektronendichteplot nach 107 fs. Die Dichteschwankungen an den Rändern sind typisch für die transversale Rayleigh-Taylor-Instabilität und 25 2 Laser-Materie-Wechselwirkung Weibel-Instabilität (Qiao et al. (2009) undPalmer et al. (2012)). Sie wachsen bei relativistischer Betrachtung um den Lorentzfaktor γ langsamer. Das ist ein weiterer Grund für die Notwendigkeit eines möglichst relativistischen Prozesses. Experimenteller Beleg für RPA: Die Veröffentlichung von Henig et al. (2009) gibt einen ersten experimentellen Beleg für das RPA-Regime. Es wurde mit linearer und zirkularer Polarisation auf DLC-Folien geschossen. Diese hatten Dicken von 2, 9 nm bis 40 nm. Ihre Dicke wurde mit einem Rasterkraftmikroskop (engl. Abk. AFM für atomic force microscope) vermessen. Die Dicke der Kontaminationsschicht beträgt rund 1 nm, sie wurde mit Hilfe der Technik „Elastische Rückstreudetektionsanalyse“ (engl. Abk. ERDA für elastic recoil detection analysis) abgeschätzt. Die Pulsenergie liegt bei 0, 7 J und die erreichte Intensität beträgt 5 · 1019 W/cm2 . Der 10 ps-Kontrast wurde von 10−7 mit zwei Plasmaspiegeln auf rund 10−11 verbessert. Abbildung 10: Experimentelle Bestätigung des RPA-Regimes. a Es ist die maximale Energie der Protonen und Kohlenstoffionen C 6+ über der Foliendicke bei linearer und zirkularer Polarisation aufgetragen. b Zugehörige Elektronenspektren der 5, 3 nm dicken Folie (Henig et al. (2009)). Ein Teil der Ergebnisse von Henig et al. (2009) wird in Abb. 10 gezeigt. Es ist in Abb. 10 a die maximale Energie der Protonen und Kohlenstoffionen C 6+ über der Foliendicke bei linearer und zirkularer Polarisation aufgetragen. Es gibt bei einer bestimmten Foliendicke ein Maximum der Ionenenergien genau wie im Experiment von Kaluza et al. (2004). Hier kann das Optimum allerdings nicht vom ASE-Kontrast abhängen. Dieses Optimum ergibt sich durch die Gleichgewichtsbedingung (Gl. 10). Die maximal erreichte Energie der Ionen 26 2 Laser-Materie-Wechselwirkung ist bei zirkularer Polarisation geringer als bei linearer Polarisation. Das widerspricht der LS-RPA-Theorie. In Abb. 10 b sind die Elektronenspektren bei linearer und zirkularer Polarisation für die optimale Dicke abgebildet. Es ist zu sehen, dass die Erzeugung heißer Elektronen bei zirkularer Polarisation deutlich unterdrückt wird im Vergleich zu linearer Polarisation. 2.3.3 Coulomb Explosion Wenn eine Folie mit einem Laserpuls ultrahoher Intensität I > 1021 W/cm2 beschossen wird, so werden alle Elektronen eines kleinen Bereichs des Targets auf einer extrem kurzen Zeitskala heraus beschleunigt. Die Ionen reagieren auf Grund ihrer Trägheit erst zeitverzögert. Sie besitzen plötzlich auf Grund der hohen Ladungsdichte extrem viel potentielle Energie und fliegen explosionsartig auseinander. Die so genannte Coulomb Explosion wurde von Nishihara et al. (2001) durch ein analytisches Modell erklärt und durch Simulationen belegt. 2.3.4 Break-out Afterburner Dieses Modell zur Ionenbeschleunigung ist eine Erweiterung des TNSA-Modells (Yin et al. (2006)). Es wird mit RPA kombiniert. Den Simulationen von Yin et al. (2006) zufolge können monoenergetische Kohlenstoffionen im GeV-Bereich erzeugt werden. Sie haben dafür eine Intensität von 1021 W/cm2 und eine Pulsdauer von mehr als 150 fs angesetzt. In der ersten Phase werden heiße Elektronen (wie bei TNSA) ins Target hinein beschleunigt. Der Puls wird an der überkritischen Oberfläche reflektiert. In einer zweiten Phase dringt nun ein Teil des Laserpulses in das Plasma ein. Das funktioniert, da bei sinkender Elektronendichte auch die Plasmafrequenz sinkt und die Tunnellänge die Größenordnung der Targetdicke erreicht. Durch die ponderomotive Kraft werden alle Elektronen aus der Target Vorderseite herausgedrückt (vgl. mit Abschnitt 2.3.2 zu HB). Im erzeugten elektrischen Feld werden monoenergetische Protonenpulse erzeugt, ohne der Notwendigkeit komplexer mehrschichtiger Targets. In der dritten Phase (Laser break-out Afterburner Phase) propagiert der Laserpuls mit der Ionenfront mit und erhöht abermals das longitudinale elektrische Feld. 27 3 Experimenteller Aufbau 3 Experimenteller Aufbau In der POLARIS-Targetkammer wird die zweite Harmonische der Pulse erzeugt, die anschließend auf das Target fokussiert werden. Die Laserpulse werden zum Teil online charakterisiert. Das transversale Profil der beschleunigten Protonen wird auf einem Szintillator beobachtet, wobei das Protonenspektrum des zentralen Teils des Protonenstrahls in einem Thomson-Parabel-Spektrometer gemessen wird. 3.1 POLARIS-Laser Die Zielstellung des POLARIS-Lasersystems ist 1 PW-Spitzenleistung bei hoher Repetitionsrate zu erreichen [(Schwoerer et al., 2006b, S. 47 ff.), Hornung et al. (2014)]. Mit der letzten Verstärkerstufe (A5) können derzeit Pulse mit einer Energie von E = 15 J auf dem Target und einer Pulsdauer von τF W HM = 150 fs bei einer Repetitionsrate von einem Schuss alle zwei Minuten erzeugt werden. Die Pulse können mit einer F/2 off-axis Parabel auf die Fläche4 AHM = 8 µm2 fokussiert werden. Sie wird durch das halbe Maximum begrenzt und enthält q ≈ 40 % der Pulsenergie. Der q-Parameter gibt den Anteil der Pulsenergie an, der innerhalb der Fokusfläche liegt. Bei einem gaußförmigen Puls kann er höchstens 50 % sein. Die Intensität wird im Experiment mit Hilfe der Formel I0 = qE AHM τF W HM (12) berechnet. Das entspricht nicht der maximalen sondern der über die Fläche AHM gemittelten Intensität. Für diese ergibt sich I0 = 5 · 1020 W/cm2 und eine Spitzenleistung von P0 = 100 TW. Die für diese Pulsenergien hohe Wiederholfrequenz wird durch den Einsatz von Laserdioden als Pumpquelle erreicht. Bisherige Lasersysteme, die vergleichbare (oder höhere) Pulsenergien erreichen, verwenden Blitzlichtlampen als optische Pumpquellen. Die Kühlung dieser Systeme limitiert die Wiederholfrequenz bei großen Laseranlagen auf ungefähr einen Schuss pro Stunde. Der Übergang von elektrischer zu optischer Energie bei Dioden ist mit > 70 % sehr effizient. Sie haben eine geringe Bandbreite von rund 3 nm und bei guter Anpassung von Diode und Verstärkermedium ist der Quantendefekt klein 4 Die Fläche wird durch das halbe Maximum begrenzt (Bezeichnung: AHM ). 28 3 Experimenteller Aufbau (von 940 nm auf 1030 nm). Somit kann die im Material deponierte Wärme gering gehalten werden. Jedoch sind Laserdioden vergleichsweise teuer und ihr transversales Profil ist nicht gaußförmig, sodass das Pumpprofil mit einigem Aufwand homogenisiert werden muss. Abbildung 11: Schematische Darstellung des POLARIS-Lasersystems. Als aktives Medium wird auf Grund der langen Fluoreszenzlebensdauer (> 1 ms) und des breiteren Absorptions- und Emissionsspektrums Ytterbium dotiertes Fluorid-PhosphatGlas und auch Calciumfluorid eingesetzt. Fluorid-Phosphat-Glas weist eine negative thermische Linse auf, welche dem nichtlinearen Effekt der Selbstfokussierung entgegenwirkt. Es hat einen geringen nichtlinearen Brechungsindex von n2 = 2 · 1016 W/cm2 . Der POLARIS-Laser besteht aus einem fünfstufigen Verstärkersystem (siehe Abb. 11). Sein Herzstück ist ein Moden gekoppelter Ti:Saphir Oszillator. Er ist kommerziell erhältlich (Mira 900 von Coherent), wurde aber auf die folgenden Spezifikationen hin optimiert: 76 MHz Umlauffrequenz, 20 nm Bandbreite und 1035 nm Zentralwellenlänge. Die kurzen Pulse werden mit einer Frequenz von 1Hz ausgeschnitten und im folgenden Strecker auf 20 ps gestreckt. Der erste Verstärker (A1) ist ein regenerativer Verstärker, der die Pulsenergie von 6 nJ auf 2 mJ anhebt. Die hohe Verstärkung von rund 106 und das Verstärkungsspektrum des aktiven Mediums haben zur Folge, dass die Bandbreite auf 13 nm reduziert wird und die Zentralwellenlänge zu 1030 nm verschoben wird. Die Pulse werden im ersten Kompressor verkürzt auf 130 fs. Mit Hilfe eines nichtlinearen Prozesses dritter Ordnung, der sogenannten cross-wave polarization (XPW), wird der Kontrast verbessert. 29 3 Experimenteller Aufbau Danach werden die Pulse auf 2, 5 ns gestreckt und durchlaufen eine Kette unterschiedlicher Verstärker. Nach der vierten Verstärkerstufe (A4) haben die Pulse eine Energie von 4 J, wobei sie eine Bandbreite von 11 nm haben. Die Pulse können mit einer Repetitionsrate von 1/40 Hz direkt in den Kompressor geschickt oder in der letzten Verstärkerstufe (A5) auf die Pulsenergie 20 J angehoben werden. Der A5 enthält als Verstärkermedium kein Fluorid-Phosphat-Glas sondern einen Ytterbium dotierten Calciumfluorid Kristall. Die hochenergetischen Pulse werden im tiled-grating Kompressor auf 150 fs verkürzt und stehen dann in der Targetkammer für Experimente zur Verfügung. 3.2 Erzeugung der zweiten Harmonischen in der Targetarea Die im Experiment verwendeten Folien sind zwischen 5 nm und 800 nm dick. Der Laserkontrast muss ausreichend gut sein, damit das Target beim Eintreffen des Hauptpulses W noch existiert. Im Fokus erreicht der Hauptpuls Spitzenintensitäten von rund 1020 cm 2 . Als W untere Schranke für das Einsetzen von Ionisation kann 1012...13 cm 2 angesetzt werden (Freeman & Bucksbaum (1991)). Unter der Annahme, dass sich die ASE bzw. Vorpulse ähnlich gut wie der Hauptpuls fokussieren lassen, folgt daraus, dass im aufgeweiteten Laserpuls die Intensität der ASE bzw. Vorpulse mindestens acht Größenordnungen kleiner sein muss, als die des Hauptpulses, um keinen Einfluss auf das Target zu haben. Bei einige Mikrometer dicken Targets, bei denen die Ionenbeschleunigung vor allem durch den TNSA-Prozess stattfindet, ist ein Vorplasma erwünscht, da es die Laserabsorption und die Effizienz der Elektronenbeschleunigung erhöhen und die Beschleunigung der Ionen somit verbessern kann. Nur eine dünne Schicht auf der Vorderseite des Targets ist dabei am Vorplasma beteiligt und der größte Teil des Targets bleibt quasi unverändert. Bei Targets von wenigen Nanometer Dicke bestünde das Vorplasma aus dem gesamten Target. Zum Zeitpunkt des Auftreffens des Hauptpulses wäre nur noch ein unterkritisches, also transparentes Target vorhanden. Eine effektive Ionenbeschleunigung ist dann unmöglich. Deshalb ist ein extrem guter Kontrast des Laserpulses notwendig. Der Kontrast des POLARIS-Lasers wird zum einen durch die XPW-Anordnung in der Doppel-CPA-Stufe verbessert. Die zeitliche Charakterisierung hierfür wurde schon in Abb. 12 gezeigt. Der 10 ps-Kontrast beträgt am Eingang der Targetkammer somit rund 10−7 und der 1 ps-Kontrast ungefähr 10−4 . Zum anderen wird der Kontrast durch die Erzeugung der SH weiter verbessert, um den Beginn der Ionisation auf weniger als 10 ps vor den Hauptpuls zu verkürzen. Der Kontrast der SH wird im Idealfall durch den nichtlinearen Prozess zweiter Ordnung quadriert. Die SH muss 30 3 Experimenteller Aufbau von der Grundwelle separiert werden, um den Kontrast auf dem Target zu verbessern. Das geschieht in zwei aufeinander folgenden speziell beschichteten Spiegeln. Die maximal erreichbare Kontrastverbesserung wird im aktuellen Aufbau durch diese Spiegel beschränkt. In Abb. 12 ist die zeitliche Charakterisierung der SH zu sehen. Die Spitzenintensität ist auf eins normiert. Durch Kombination verschiedener Messverfahren ist der Puls mit einer hohen Dynamik über einen Bereich von Millisekunden und gleichzeitig guter Auflösung bis zu 4 fs charakterisiert worden. Die Messung wurde mit der Grundwelle bei 1030 nm durchgeführt. Die Umrechnung auf die SH geschah unter Berücksichtigung der quadratischen Abhängigkeit der Nichtlinearität und der Effizienz der dichroitischen Spiegel. Die front-end ASE ist mit einem Kontrastverhältnis von 10−18 vernachlässigbar. Die ansteigende Flanke des Hauptpulses wird von der SH bestimmt. Die erste Ionisation auf dem Target findet 2 ps vor dem Hauptpuls statt (bei einer Spitzenintensität von 1020 W/cm2 ist ein relativer Intensitätskontrast von 10−8 notwendig). Abbildung 12: Es ist die zeitliche Charakterisierung der SH dargestellt. Die Messung wurde mit der Grundwelle durchgeführt. Die Umrechnung auf die SH geschah unter Berücksichtigung der quadratischen Abhängigkeit der Nichtlinearität und des Löschungsverhältnisses der dichroitischen Spiegel. Negative Zeiten sind zeitlich vor dem Hauptpuls. 31 3 Experimenteller Aufbau 3.2.1 Targetkammer Der experimentelle Aufbau in der Targetkammer ist maßstabsgetreu in den Abb. 14 und 15 dargestellt. In Abb. 14 ist der Hauptstrahlengang der POLARIS-Laserpulse und in Abb. 15 die Beleuchtung und Beobachtung des Targets abgebildet. Die Frequenzkonversion findet in einem 2 mm dicken KDP-Kristall statt. Der Kristall ist in allen drei Drehrichtungen justierbar. Das ist notwendig um die Phasenanpassung optimieren zu können. Der Kristall ist so geschnitten, dass er bei einer Eingangswellenlänge von 1030 nm senkrecht zum Wellenvektor in den Strahlengang gestellt werden kann. Der Phasenanpassungswinkel beträgt θ = 41, 16 ◦ . Abbildung 13: Blick in die Targetkammer. Zu sehen ist der KDP-Kristall, in dem die SH erzeugt wird und der erste dichroitische Spiegel (Durchmesser: 10 Zoll), der die SH von der Grundwelle trennt. Es folgen zwei dichroitische Spiegel um die SH von der Grundwelle zu separieren (Sie werden im folgenden als 2ω-Spiegel bezeichnet.). Die Vorderseite dieser Spiegel ist für 515 nm high reflective (HR) beschichtet und anti reflective (AR) bei 1030 nm. Auch die Rückseite ist AR für 1030 nm beschichtet. Das Verhältnis zwischen der Reflektivität von 515 nm und der Transmission für 1030 nm beträgt 103 . Damit wird pro Reflexion die 1ωIntensität um drei Größenordnungen unterdrückt und der Kontrast kann pro Spiegel um drei Größenordnungen verbessert werden. In Abb. 13 ist ein Foto des KDP-Kristalls und 32 3 Experimenteller Aufbau des ersten dichroitischen Spiegels zu sehen. Am rechten Rand des Bilds ist noch der erste Umlenkspiegel in der Targetkammer mit HR-Beschichtung für 1030 nm zu erkennen. Das Lecklicht des zweiten 2ω-Spiegels wird mit einer Sammellinse (f = 450 mm) innerhalb der Targetkammer fokussiert. Außerhalb der Targetkammer wird damit online die Energie und die Fokusform der SH-Pulse gemessen. Die Abbildung des Fokus erfolgt mit einer Sammellinse (f = 100 mm). Die verwendete CCD-Kamera ist mit einem Bandpassfilter für 515 nm abgefiltert worden, um die Grundwelle zu blocken. Bevor der Puls fokussiert wird, kann wahlweise eine λ/4-Platte in den Strahlengang eingebaut werden, um die Polarisation der Pulse zu verändern. Die SH-Pulse sind hinter dem Kristall senkrecht polarisiert. Mit der Phasenplatte kann eine beliebige elliptische und im speziellen natürlich zirkulare Polarisation erzeugt werden. Die Phasenplatte besteht aus Glimmer. Sie ist 25 µm dick und hat für 515 nm eine Absorption von 12 %. Eine F/2 off-axis Parabel fokussiert den Laserpuls auf das Target. Der Targethalter wird senkrecht zum Wellenvektor des Lasers in beiden transversalen Richtungen ausgerichtet. Das transversale Profil der beschleunigten Protonen wird auf einem Szintillator beobachtet. Außerdem wird das Protonen- bzw. Ionenspektrum des Teils des ProtonenStrahlprofils in einer Thomson-Parabel gemessen, der in Laser-Vorwärtsrichtung steht. Das TPS befindet sich innerhalb einer separaten, evakuierten Kammer, die durch eine Durchführung mit der Targetkammer verbunden ist. Die Ionen aus einem Raumwinkelbereich von Ω = 0, 4 µsr gelangen durch den Szintillatorkasten hindurch in das Spektrometer. Die Targetfolien sind, wie im Unterkapitel 3.3 noch genauer beschrieben wird, auf kleinen Lochplatten aufgebracht. Die Löcher haben einen Durchmesser von 500 µm. Nach jedem Schuss muss das Target neu positioniert werden. Deshalb ist es notwendig das Target beobachten zu können. 33 3 Experimenteller Aufbau Abbildung 14: Experimenteller Aufbau: Erzeugung und Fokussierung der SH des POLARIS-Lasers und online-Pulsdiagnostik. 1: POLARIS-Laserpuls, 2: Spiegel mit HR-Beschichtung für 1030 nm, 3: online-Beobachtung des 1ωFernfelds, 4: KDP-Kristall erzeugt SH, 5: 2ω-Spiegel, 6: Strahlblock, 7: Pulsdiagnostik, 8: λ/4-Platte, 9: Silberspiegel, 10: F/2 off-axis Parabel, 11: Target in Halterung auf xyz-Tisch mit µm-Positioniergenauigkeit, 12: Szintillatorkasten mit Durchführung zum TPS (13). 34 3 Experimenteller Aufbau Ein aufgeweiteter Justagelaser5 mit einer Wellenlänge von 532 nm wird in den Hauptstrahlengang von hinten durch den ersten für 1030 nm HR-beschichteten Spiegel eingekoppelt. Die 2ω-Spiegel reflektieren auch diese Wellenlänge. Der Laser dient zur Justage. Außerdem lässt er sich mit einer Rayleigh-Länge von lR ≈ 40 µm mit der off-axis Parabel fokussieren. Nach der Anpassung der Divergenz der POLARIS-Laserpulse und des Justagelasers kann das Target auf diese Genauigkeit vorjustiert werden. Die auf wenige Mikrometer genaue Positionierung des Targets in die Fokusebene geschieht über eine Beleuchtung des Targets und Beobachtung des transmittierten Lichts mit einer CCD-Kamera. Zur Beleuchtung des Targets wird das Licht einer weißen LED mit einer Linse kollimiert und von hinten durch den zweiten 2ω-Spiegel in den Strahlengang eingekoppelt. Die Vorderseite6 des Targethalters wird auf einer CCD-Kamera abgebildet, die außerhalb der Kammer steht. Das Sichtfeld deckt mehrere Löcher auf dem Target ab. Somit ist es leichter die Übersicht über die Targets zu behalten. Auf der Rückseite des Targethalters befindet sich ein Objektiv7 , das zum einen zur Fokusbeobachtung herangezogen werden kann und zum anderen zur Abbildung der Folientargets dient. Die Justage läuft folgendermaßen ab: zunächst wird der Fokus ohne Target8 so scharf wie möglich durch Translation des Objektives auf der CCD-Kamera abgebildet. Danach wird das Objektiv nicht mehr bewegt und das Target wird herein gefahren. Das Sichtfeld der Rückseitenbeobachtung ist wesentlich geringer als das der Vorderseitenbeobachtung (nur rund 100 × 100 µm2 ). Durch die Beleuchtung mit der LED werden in Transmission durch die dünne Folie hindurch Verunreinigungen bzw. Strukturen sichtbar, wenn sie im Fokus steht. Das Target wird so lange verfahren bis diese Strukturen am schärfsten erscheinen. Dann befindet sich das Target mit einer Genauigkeit von rund 5 µm in der Fokusebene. 5 Ein Frequenzverdoppelter Nd:YAG-Laser mit einem Strahldurchmesser von rund 2 mm wird in einem selbstgebauten Strahlaufweiter (engl. beam expander) auf 40 mm expandiert. 6 Als Vorderseite wird die der Parabel zugewandte Seite bezeichnet. 7 Mitutoyo Objektiv,Vergrößerung: 10x, Arbeitsabstand: 33, 5 mm, Schärfentiefe: 3, 5 µm. 8 Die Targethalterung ist auf Linearverstellern (xyz-Tisch) mit Verstellwegen von 15 cm montiert. 35 3 Experimenteller Aufbau Abbildung 15: Experimenteller Aufbau: Targetbeleuchtung und -beobachtung von der Vorder- und Rückseite, 1: aufgeweiteter Justagelaser (532 nm) mit 40 mm Durchmesser, 2: weiße LED zur Targetbeleuchtung, 3: Objektiv auf xyzTisch mit µm-Positioniergenauigkeit, 4: Beobachtung des Fokus bzw. der Targetrückseite, 5: Beobachtung der Targetvorderseite. 36 3 Experimenteller Aufbau 3.2.2 Charakterisierung der zweiten Harmonischen Die Charakterisierung der SH muss auf Grund der Nichtlinearität bei voller Laserenergie durchgeführt werden. Die Abbildung des Fokus auf eine CCD-Kamera ist deshalb nicht direkt möglich. Als Alternative zur Messung hinter der Parabel wurde eine Messstrecke außerhalb der Kammer zur Pulsdiagnostik aufgebaut. Hierfür wird der kleine Teil des Laserpulses verwendet, der den zweiten 2ω-Spiegel durchdringt (siehe Nr. 7 in Abb. 14). Die Pulsenergie wird um fünf Größenordnungen abgeschwächt. Die zeitliche Charakterisierung der SHG wird ausführlich in der Bachelorarbeit von Lennart Bock beschrieben (Bock (2014)). Die Pulsdauer der SH verkürzt sich gegenüber der Grundwelle um den √ Faktor 2. Da die Pulsdauer der Grundwelle, die online gemessen wird, im Mittel 180 fs beträgt, ist die Pulsdauer der SH somit τp = 125 fs. Jedoch konnte in der Messstrecke ein „äquivalenter Fokus“ zu jedem Schuss gemessen werden. Zur Fokussierung diente eine Linse mit einer Brennweite von f = 450 mm. In Abb. 16 wird der „äquivalente Fokus“ der SH mit einer Fokusfläche von AHM = 7, 1 µm2 bei einem q-Faktor von 0, 41 gezeigt. Dieser Fokus ist ähnlich groß wie der gemessene Fokus bei 1030 nm (Pulse aus dem Verstärker „A2“ sind mit der off-axis Parabel fokussiert worden.). Die SH sollte durch die kleinere Wellenlänge auf eine kleinere Fläche fokussierbar sein. Dem wirkt jedoch entgegen, dass die Aberrationen der Wellenfront um den gleichen Faktor größer werden. Es ist somit auch zu erwarten, dass die Fokusgröße sich kaum Abbildung 16: „Äquivalenter Fokus“ der SH zeigt eine Fokusfläche von AHM = 7, 1 µm2 bei einem q-Faktor von 0, 41. 37 3 Experimenteller Aufbau ändert. Im Durchschnitt ist der Fokus AHM = (8 ± 1) µm2 groß und hat einen q-Faktor von 0, 4. Weiterhin wurde die Pulsenergie und die Effizienz der SH kalibriert. Die Effizienz ist hierbei definiert als das Verhältnis der Pulsenergie der Grundwelle zur SH. In Abb. 17 ist die Effizienz (links) und die Pulsenergie (rechts) der SH in Abhängigkeit der Pulsenergie der Grundwelle vor dem Kristall dargestellt. Die Effizienz erreicht bei der Energie von (6 ± 1) J ihr Maximum und fällt oberhalb dieser Energie leicht ab. Anscheinend wird das Regime erreicht, indem ein Teil der Energie der SH wieder zurück in die Grundwelle konvertiert wird. Die Pulsenergie der SH nimmt bis zur maximalen Energie von 11 J zu. Der Anstieg nimmt jedoch oberhalb von 8 J ab. Während des Experiments wurde im Durchschnitt eine Pulsenergie der SH von E = (2, 5±0, 3) J erreicht. Die Effizienz der SHG beträgt dabei 30 %. Die durchschnittliche Leistung im Experiment ist somit P0 = 20 TW und die Intensität beträgt 1 · 1020 W/cm2 . Abbildung 17: Effizenz (links) und Pulsenergie (rechts) der SH in Abhängigkeit der Pulsenergie der Grundwelle vor dem Kristall. Die rote gestrichelte Linie dient der Augenführung. 3.3 Target Um das RPA-Regime zu erreichen, müssen die Targetfolien extrem dünn sein. Die dünnste Folie ist 5 nm dick. Bei einer Dicke von 1 Å pro Atomlage ergibt das 50 Atomlagen. Nur sehr stabile Verbindungen, wie diamantähnlicher Kohlenstoff und gewisse Polymere, eignen sich dabei für freitragende Folien. Die Targets sind an der LMU München unter 38 3 Experimenteller Aufbau der Leitung von Wenjun Ma hergestellt worden. Eine Übersicht über die im Experiment verwendeten Targets wird in Tabelle 1 gegeben. Die Abkürzung CH steht für das Polymer Cellulosehydrat. Es hat die Summenformel 6C6 H10 O5 +H2 O, besteht also aus Wasserstoff, Kohlenstoff und Sauerstoff (Dumitriu, 2005, S. 41 ff.). Der Fehler der Dicke wird bei den Folien, die dünner als 50 nm sind, mit 20 % und bei allen dickeren Folien mit 10 % abgeschätzt. Die Ursache für die Unterscheidung liegt im Herstellungsprozess. Material CH DLC Dicke in nm 800 400 200 100 20 40 20 10 5 Dichte in nc 90 90 90 90 90 180 180 180 180 σ 140 70 35 17,5 3,5 14 7 3,5 1,8 Protonenanzahl in 1010 28 14 7 3,5 0,7 - Tabelle 1: Übersicht zu den Eigenschaften der Folien. Die Protonenanzahl ist die gesamte Zahl von Protonen, die im Volumen gegeben durch die Fokusfläche und Foliendicke vorhanden sind. Die Folien sind auf Subhaltern aufgebracht und halten darauf per Adhäsion. Bis zu vier dieser Subhalter können in die Targethalterung gelegt und in ihr eingespannt werden (siehe Abb. 18). Pro Subhalter stehen maximal 60 Schuss zur Verfügung. Im Experiment wurden bei einem Schuss auf ein Loch häufig auch die Folien in benachbarten Löchern beschädigt, sodass typischerweise 20 Schuss pro Subhalter möglich waren. Die Anzahl, der zur Beschleunigung zur Verfügung stehenden Protonen, kann wie folgt abgeschätzt werden. Es gibt einen vom Target unabhängigen Anteil, der durch die Verunreinigung der Oberflächen im Vakuum gegeben wird. Ein 1 nm dicker Wasserfilm enthält bei Betrachtung der Fläche des Laserfokus 5 · 108 Protonen. Neben dieser Kontaminationsschicht bestehen die Plastikfolien selbst zum großen Teil aus Wasserstoffatomen. Ihre Anzahl ist bei Betrachtung des Fokusvolumens9 abhängig von der Targetdicke. Sie ist in der letzten Spalte von Tab. 1 berechnet worden. DLC-Folien enthalten bis auf Verunreinigungen keinen Wasserstoff. Bei den CH-Folien stehen somit rund zwei Größenordnungen mehr Protonen zur Beschleunigung zur Verfügung als bei DLC-Targets. 9 Volumen definiert durch Laserfokus × Foliendicke. 39 3 Experimenteller Aufbau Abbildung 18: In die Targethalterung (links) können vier Subhalterungen (rechts) eingespannt werden. 3.4 Protonendiagnostik Der Beschleunigungsprozess der Ionen bzw. die Laser-Plasma-Interaktion findet in einem sehr kleinen Bereich von einigen zehn bis ein paar hundert Mikrometer hinter dem Target statt. Gemessen wird das Ergebnis der Laser-Plasma-Interaktion in einem viel größeren Abstand von einigen zehn Zentimetern. Das transversale Profil der Protonen wird auf einem 20 × 20 cm2 großen Szintillator beobachtet. Er steht 20◦ zur Vertikalen geneigt und befindet sich im Mittel 34 cm hinter dem Target. Der Szintillator ist auf der Vorderseite mit einer 18 µm dicken Aluminiumfolie abgeschirmt. Diese hat einerseits die Aufgabe Laserlicht und im Plasma erzeugte Photonen zu absorbieren bzw. zu reflektieren und andererseits Elektronen10 zu stoppen, welche gleichzeitig mit den Protonen den Szintillator erreichen und diesen anregen würden. Diese Elektronen haben eine relativ geringe Energie von einigen keV, sie können also von der 18 µm dicken Aluminiumfolie gestoppt werden. Die Aluminiumfolie blockt auch die hochenergetischen Kohlenstoff-Ionen11 . So wird garantiert, dass innerhalb des beobachteten Zeitintervalls nur Protonen den Szintillator anregen. Er leuchtet im nahen UV-Bereich bei 380 nm. Die Abklingzeit beträgt ungefähr 1 ns12 . Die Beobachtung des 10 Das Bremsvermögen von hochenergetischen Elektronen in Festkörpern ist mit der Freeware ESTAR berechenbar. 11 Die Berechnung der Eindringtiefe von Ionen in Festkörpern erfolgte unter Verwendung der Freeware SRIM von James F. Ziegler. 12 Herstellerangaben des verwendeten „BC-422Q Premium Plastik Szintillators“ von Saint-Gobain Crystals. 40 3 Experimenteller Aufbau Szintillators erfolgt mit zwei g-CCD’s13 . Diese eignen sich aufgrund ihrer minimal möglichen Belichtungszeit von 0,2 ns und einem sehr geringen Jitter von 0, 01 ns14 für zeitbzw. energieaufgelöste Aufnahmen des Protonenprofils. Die Energieauflösung ist im Abstand von ∼ 30 cm möglich, da der Flugzeitunterschied innerhalb des Protonenspektrums zwischen 1 MeV und 20 MeV einige Nanosekunden beträgt. Mit zwei Kameras können pro Target zwei Protonenprofile zu verschiedenen Zeiten für verschiedene ProtonenenergieIntervalle gemessen werden. Die g-CCD’s stehen außerhalb der Targetkammer und bilden die Szintillator-Rückseite ab. Normale CCD-Kameras können dafür nicht verwendet werden, da sie eine zu lange Belichtungszeit haben. Mit einem Thomson-Parabel-Spektrometer wird das Spektrum der Ionen gemessen, die sich in einem kleinen Raumwinkelbereich befinden. Das verwendete TPS wurde während der Diplomarbeit von Jens Heymann entwickelt und charakterisiert (Heymann (2009)). Ein TPS nutzt die Ablenkung von geladenen Teilchen im elektrischen und magnetischen Feld aus. Diese ist abhängig von dem Impuls und der kinetischen Energie der Teilchen. Eine Thomson-Parabel besteht im Wesentlichen aus einem Kondensator und zwei Permanentmagneten. Sie sind so angeordnet, dass sich die Felder parallel überlagern und in x-Richtung verlaufen (vgl. Abb. 19). Die Teilchenspuren werden dahinter mit einer MCP detektiert. Auf der MCP ist die Ablenkung in y-Richtung proportional zum B-Feld und umgekehrt proportional zum Impuls p der Teilchen. Die Ablenkung in x-Richtung ist proportional zum E-Feld und umgekehrt proportional zur kinetischen Energie der Teilchen. Damit ergibt sich für jede Teilchenart mit einem gegebenen q/m-Verhältnis eine Parabel (q: Ladung, m: Teilchenmasse). Die Gleichungen für die Ablenkung eines Protons können leicht hergeleitet werden, sie lauten (Choi et al. (2009)): eELE LE + LE 2p 2 eBLB LB y= + LB . pp 2 x=− Der Abstand vom Target zur Blende beträgt 1, 4 m. Es stehen verschiedene Blendendurchmesser zur Verfügung, im Experiment wurde eine Blende mit 1 mm Durchmesser gewählt. Das entspricht einem Raumwinkelbereich von Ω = 0, 4 µsr. Der Kondensator 13 Eine g-CCD („g“ steht für gated) ist eine Kamera bestehend aus einer schnell schaltbaren MCP mit einem Leuchtschirm, die auf eine CCD-Kamera montiert ist. 14 Herstellerangaben der verwendeten „4 Picos ICCD Kamera“ von Stanford Computer Optics. 41 3 Experimenteller Aufbau Abbildung 19: Schematische Darstellung des Thomson-Parabel-Spektrometers, 1: Verbindung mit Targetkammer, 2: Blende, 3: Kondensator und Magnete, 4: verfahrbarer Nullpunktblock bzw. CR-39, 5: MCP mit Phosphorschirm, 6: Beobachtung mit CCD-Kamera durch Fenster von außen, 7: Vakuumkammer ist LE = 20 cm lang und der Plattenabstand beträgt 2 cm. Die angelegte Spannung ist . Die Magnete sind U = 16 kV, das führt zu einer elektrischen Feldstärke von E = 800 kV m LB = 10 cm lang und das magnetische Feld beträgt B = 0, 62 T. Der Abstand des Kondensators bzw. der Magnete von der MCP ist LF = 10 cm. Die MCP hat eine Größe von 72 mm×93 mm. Die relative Energieauflösung des Spektrometers hängt von mehren Faktoren ab: von der Blende, dem magnetischen Feld15 , dem Abstand LF , der Pixelgröße der MCP und der Abbildung auf die CCD-Kamera. Ein grundsätzliches Problem eines TPS ist, dass die relative Auflösung mit zunehmender Energie deutlich abnimmt, da die Ablenkung durch die Felder immer geringer wird. Bei den gewählten Parametern ergibt sich bei einer Protonenenergie von 1 MeV eine Auflösung von 0, 04 MeV und bei 6 MeV eine Auflösung von 0, 7 MeV. Das gilt unter der Annahme, dass die Auflösung nur von der Blende bestimmt wird. Die Auflösung könnte bei größeren Energien durch Vergrößerung des Abstands LF auf Kosten der Dynamik verbessert werden. 15 Die Auswertung der Protonenenergie erfolgt nur über das magnetische Feld, das elektrische Feld dient der Aufspaltung in verschiedene q/m-Verhältnisse. 42 3 Experimenteller Aufbau CR-3916 wird als Kernspurdetektor17 verwendet, um quantitative Aussagen zur Anzahl der gemessenen Protonen treffen zu können (Cassou & Benton (1978)). Die Kamerabilder des Szintillators und des TPS sind gegenüber der Teilchenzahl nicht kalibriert. Wird eine Platte CR-39 vor den Szintillator oder vor die MCP der Thomson-Parabel gestellt, so ist eine Kalibrierung möglich. Wenn ein hochenergetisches Teilchen (z. B. Proton) in den Detektor eindringt, bricht es Kohlenstoffketten des Polymers auf. Nach der Verwendung wird das CR-39 mit Natronlauge angeätzt. Die Einschussstellen ätzen schneller, als das umgebende Material. Die Anzahl der so gebildeten Krater pro Flächeneinheit werden mit Hilfe eines Mikroskops ausgezählt. Die Auszählprozedur hat Georg Becker in seiner Masterarbeit ausführlich beschrieben (Becker (2014)). Sie läuft automatisiert mit Hilfe der Software Samaica der Elbek GmbH. 3.5 Übersicht wichtiger experimenteller Parameter Dieses Unterkapitel soll dazu dienen die wichtigsten Parameter des Experiments schnell überblicken zu können. Sie sollen als Richtwert dienen. SH des POLARIS-Lasers auf dem Target bei linearer Polarisation: • Wellenlänge: λ = 515 nm • Pulsenergie auf dem Target: E = 2, 5 J • Pulsdauer: τF W HM = 125 fs • Fokusfläche: AHM = 8 µm2 • q-Faktor: q = 0, 4 • effektive Blendenzahl der Fokussierung: F # = 2, 3 • Rayleigh-Länge: lR = 10 µm • Leistung: P0 = 20 TW • Intensität: I0 = 1 · 1020 W cm2 • normierte Amplitude des Vektorpotentials: a0 = 4, 4 16 CR-39 ist die Bezeichnung für das Polymer Polyallyldiglycolcarbonat (PADC). Es wird auch zur Herstellung von Brillengläsern verwendet. 17 Kernspurdetektor ist im Englischen als solid state nuclear track detector (SSNTD) bekannt. 43 3 Experimenteller Aufbau Plasma-Parameter (am Bsp. eines vollständig ionisierten CH-Targets): • Debyelänge: λD = 20 nm • Plasma-Skalenlänge18 : ls = 60 nm • Plasmafrequenz: ωp = 20 PHz • Kollisionsfrequenz19 : νpe = 1 ps−1 • kritische Dichte: nc = 4 · 1021 cm1 2 • Elektronendichte: ne = 90 · nc • Plasma-Schallgeschwindigkeit20 : cs = 30 nm ps • Keldysh-Parameter21 : γK = 0, 002 • Amplitude der Elektronenschwingung bei „j × B“-Heizen: δ = 0, 15 µm • Strahlungsdruck: pL = 67 Gbar • hole boring Geschwindigkeit: vHB = 5 · 10−3 c • HB-Tiefe während τp : sHB = 300 nm 18 Annahme: Annahme: 20 Annahme: 21 Annahme: 19 Ionisation 2 ps vor Hauptpuls Kollisionen zwischen Protonen und Elektronen im Plasma der Temperatur Te = 1 MeV 10 eV Vorplasma bestehend aus Elektronen und Protonen Ionisation von atomarem Wasserstoff bei der maximal erreichten Intensität I0 44 4 Experimentelle Ergebnisse 4 Experimentelle Ergebnisse In diesem Kapitel werden die experimentellen Ergebnisse gezeigt und diskutiert. Als erstes werden die Resultate des TPS dargelegt. Dabei liegt das Augenmerk auf der Auswertung der Protonen. Danach werden die transversalen Protonenprofile untersucht, die mit dem Szintillator aufgenommen wurden. Zur Erklärung der Ergebnisse wird ein neues Modell zur Protonenbeschleunigung vorgestellt. 4.1 Spektrum der Protonen Alle gemessenen Spektren der Protonen sind sich sehr ähnlich. Beispielhaft ist ein Schuss in Abb. 20 dargestellt. Die Teilchenzahl N nimmt in Abhängigkeit der kinetischen Energie p exponentiell ab. Bei einer gewissen Energie endet das Spektrum abrupt. Diese Energie wird als cutoff -Energie bezeichnet und stellt die maximal erreichte Protonenenergie dar. Abbildung 20: Spektrum einer 20 nm CH-Folie bei zirkularer Polarisation mit Fit zur Bestimmung der Temperatur (Tp = 1, 5 MeV). 45 4 Experimentelle Ergebnisse Ein exponentieller Abfall der Teilchenzahl über der Energie entspricht einer BoltzmannVerteilung. Dieser kann eine Temperatur zugeordnet werden. Dementsprechend wird von einem „thermischen Spektrum“ gesprochen. Die Protonentemperatur Tp entspricht der mittleren kinetischen Energie der Protonen in longitudinaler Richtung. Sie ist folgendermaßen definiert: N (p ) = N (0) · e−p /(kB Tp ) , wobei N (0) die Teilchenzahl bei p = 0 ist. Um Tp in Einheiten der Energie angeben zu können, wird kB gleich eins gesetzt. Die Temperatur ist unabhängig von der Teilchenzahl und wird nicht von der Sensibilität des Detektors beeinflusst. Sie wird über einen Fit an das gesamte Spektrum bestimmt (siehe Abb. 20). Im weiteren wird die Temperatur und nicht die cutoff -Energie zur Auswertung verwendet. Bei allen Targetdicken (auch bei den dünnsten) wurde ein thermisches Spektrum gemessen. Das steht in Konflikt mit dem LS-Regime, bei dem sich zumindest bei zirkularer Polarisation ein quasi-monoenergetisches Spektrum ergeben sollte. Dieses Problem wird ausführlich in Henig et al. (2009) diskutiert. Ein gaußförmiger Fokus kann die Plasmaoberfläche während der Beschleunigung deformieren. Dadurch steht das elektrische Feld nicht mehr senkrecht auf der Plasmaoberfläche. Somit können heiße Elektronen erzeugt werden. Selbst wenn durch RPA zunächst ein schmalbandiges Spektrum entsteht, kann es durch eine solche TNSA-ähnliche Nachbeschleunigung verbreitert werden. Weiterhin könnten Instabilitäten, wie sie bei den 5 nm und 10 nm dicken DLC-Targets beobachtet wurden, die Ursache haben. Bei dem in Abb. 20 dargestellten Schuss wurden 1000 Protonen im gemessenen Raumwinkelbereich von 0, 4 µsr im Energieintervall (7 ± 0, 05) MeV beschleunigt. Im Spektrometer wurden oberhalb von 1, 2 MeV insgesamt 5, 2 · 105 Protonen gemessen. Durch Vergleich mit den transversalen Protonenprofilen des Szintillators kann dieser kalibriert werden. Die Fläche des Protonenstrahlprofils einer 200 nm dicken CH-Folie beträgt ungefähr 50 cm2 . Sie wird von der Hälfte des Maximums begrenzt. Damit ergeben sich ungefähr 5 · 1010 Protonen, die insgesamt auf eine Energie von mehr als 1, 2 MeV beschleunigt werden. Das sind mehr Protonen als in der Kontaminationsschicht nach der Berechnung im Unterkapitel 3.3 zur Verfügung stehen. Protonen, die auf der Targetrückseite beschleunigt 46 4 Experimentelle Ergebnisse werden, können auf Grund der Divergenz der Elektronen aus einem größeren Bereich als der Fokusfläche beschleunigt werden. Zusätzlich können bei Plastikfolien Protonen aus dem Inneren der Folie beschleunigt werden. 4.2 Einfluss der Targetdicke auf die Protonenbeschleunigung Im Experiment wurden Folien unterschiedlicher Dicke geschossen. Pro Dicke wurden ungefähr zwanzig Schuss bei nahezu gleichen Bedingungen aufgenommen. Von diesen wurden die fünf Schuss ausgewählt, die die höchste Temperatur haben. Alle anderen Messwerte wurden vernachlässigt. Die Auswahl der besten fünf Schuss wird mit der Unvollständigkeit der Messdaten begründet. Es gibt viele Parameter, die einen großen Einfluss auf den Beschleunigungsprozess haben. Dazu gehören die Laserpulsparameter, aber auch Targetparameter sowie die Kontaminationsschicht des Targets. Die Laserparameter werden bei der Messung aufgezeichnet. Ein Schuss der deutlich von anderen abweicht kann aussortiert werden. Aber z. B. für die Dicke eines Targets gibt es genau einen Wert pro Subhalter. Sie wird nicht bei jedem Schuss gemessen. Die Dicke wird somit als konstant über das gesamte Target hinweg angenommen, wobei eine Schwankung natürlich möglich ist. Der Mittelwert der Temperaturen der ausgewählten fünf Schuss stellt die zu erwartende Temperatur bei optimalen Parametern da. Ihre Standardabweichung wird als Maß für den Fehler genutzt. Der Einfluss der Targetdicke auf die Protonenbeschleunigung ist über einen großen Bereich vermessen worden. Die dünnsten Targets bestehen aus DLC, die dickeren sind aus CH. Die beiden Materialien haben eine unterschiedliche Dichte. Um die Ergebnisse von beiden Materialien besser vergleichen zu können, ist es sinnvoll die im Abschnitt 2.3.2 zu LS-RPA eingeführte Größe, die normierte Flächendichte σ, zu verwenden. Die Protonentemperatur ist in Abb. 21 in Abhängigkeit der normierten Flächendichte bei zirkularer (links) und linearer (rechts) Polarisation des Lasers dargestellt. Die beiden Grafiken unterscheiden sich, d. h. es gibt eine Abhängigkeit von der Polarisation. In Abb. 21 (links) ist ein deutliches Maximum bei σ = 5 ± 2 zu erkennen. Die Optimalitätsbedingung für das LS-Regime (Gl. 10) besagt, dass der Beschleunigungsprozess am effektivsten abläuft, wenn a0 ≈ σ gilt. Die Amplitude des normierten Vektorpotentials beträgt a0 = 4, 4. Somit wird die Bedingung für gleiche Drücke experimentell bestätigt. Henig et al. (2009) waren die ersten, die dieses Optimum im Experiment gezeigt haben. 47 4 Experimentelle Ergebnisse Abbildung 21: Es ist die Protonentemperatur in Abhängigkeit der normierten Flächendichte σ bei zirkularer (links) und linearer Polarisation (rechts) dargestellt (schwarz: DLC, rot: CH). Die gestrichelten Linien zeigen nur den Trend. Bei optimaler Targetdicke wird eine Temperatur von Tp,max = (1, 6 ± 0, 1) MeV erreicht. Hin zu dickeren Folien nimmt die Temperatur deutlich ab. Bei σ = 140 hat sich die Temperatur fast halbiert. Auch bei linearer Polarisation ist ein Maximum bei a0 ≈ σ zu sehen. Die maximale Temperatur ist innerhalb der Messgenauigkeit genau so groß wie bei zirkularer Polarisation. Allerdings ist durch die Absorption der Phasenplatte die Pulsenergie bei zirkularer Polarisation um 12 % geringer. Bei linearer Skalierung auf die gleiche Pulsenergie würde sich bei zirkularer Polarisation eine Temperatur von Tp,max = (1, 8 ± 0, 1) MeV ergeben. Das bestätigt die theoretische Vorhersage von Qiao et al. (2009), die schon im Abschnitt 2.3.2 dargestellt wurde und die besagt, dass das LS-Regime bei zirkularer Polarisation besser funktioniert. Auch das Experiment von Kim et al. (2014) bestätigt die Theorie diesbezüglich. Im Experiment von Henig et al. (2009) war die maximale Protonenenergie bei zirkularer Polarisation geringer als bei linearer. Es gibt bei linearer Polarisation eine Erhöhung der Temperatur im Vergleich zu zirkularer Polarisation bei den Plastikfolien. Dieses zweite Maximum ist bei σ = 30 ± 10. In Unterkapitel 2.2 wurden die wichtigsten Absorptionsmechanismen der Laser-PlasmaWechselwirkung dargestellt. Bei senkrechtem Einfall des Lasers auf dem Target gibt es zwei dominante Absorptionsmechanismen, „j × B“-Heizen und ponderomotive Absorption. Bei zirkularer Polarisation wird „j × B“-Heizen unterdrückt (siehe Gl. 3). Die Ursache für den Unterschied zwischen den beiden Grafiken in Abb. 21 kann somit durch das Hinzu- 48 4 Experimentelle Ergebnisse kommen des „j ×B“-Heizens bei linearer gegenüber zirkularer Polarisation erklärt werden. Das ist ein erstes Indiz dafür, dass bei diesen Targetdicken die Beschleunigung über den TNSA-Mechanismus effizienter wird. Die höchste gemessene Protonenenergie beträgt 10 MeV. Sie wurde z. B. bei der 200 nm CH-Folie und zirkularer Polarisation erreicht. Die maximal erreichbare Energie des LSRegimes (Gl. 9) mit den im Experiment gegebenen Parametern ist 45 MeV. Der große Unterschied zwischen dem Experiment und der Theorie könnte zum einen durch Instabilitäten erklärt werden. Zum anderen sollte beachtet werden, dass das LS-Regime die Divergenz des Lasers vernachlässigt. Im Experiment wird die benötigte Intensität durch harte Fokussierung erreicht (F # = 2, 3). Die Rayleigh-Länge lR ≈ 10 µm hat die gleiche Größenordnung wie die Beschleunigungsstrecke der Folie τp vLS ≈ 5 µm. Hierbei bezeichnet vLS die durchschnittliche Geschwindigkeit der Folie. Die Interaktionszeit des LS-Regimes ist auf Grund der Beschleunigung des Targets sogar größer als die Pulslänge. Somit sinkt die Laseramplitude während der Beschleunigung. Der POLARIS-Laser hat dementsprechend noch nicht die optimalen Parameter für das LS-Regime. Es ist in Zukunft geplant die Dauer der POLARIS-Pulse auf 110 fs bis 120 fs zu verkürzen, was ein Vorteil für weitere Experimente wäre. 4.3 Transversales Protonenprofil Das transversale Protonenprofil der DLC-Folien unterscheidet sich deutlich von dem der CH-Folien. Deshalb werden sie getrennt behandelt. Die Ergebnisse bei linearer Polarisation des Lasers werden miteinander verglichen und die Ursache für die Unterschiede werden dargelegt. Die Ergebnisse bei zirkularer Polarisation werden nicht gezeigt, da sie sich kaum von der linearen Polarisation unterscheiden. Lediglich die Intensität des Signals ist bei Plastikfolien deutlich geringer. Das entspricht dem Ergebnis des Spektrometers, dass bei Plastikfolien und zirkularer Polarisation die Teilchenzahl und auch die Temperatur geringer ist. Mit Hilfe des Szintillators wurde zu jedem Schuss das transversale Protonenprofil gemessen. Der Szintillator wird auf zwei g-CCD’s abgebildet. Eine Energieauflösung wird auf Grund der geschwindigkeitsabhängigen Flugzeit der Teilchen vom Target zum Szintillator möglich. Beide Kameras wurden auf das gleiche delay 22 eingestellt. Als Start-Zeitpunkt 22 Das delay gibt den Beginn der Messung vor. 49 4 Experimentelle Ergebnisse wurde der gewählt, zu dem die 10 MeV-Ionen den Szintillator anregen. Bei einer der beiden g-CCD’s wurde das gate 23 so eingestellt, dass sie das gesamte integrierte Spektrum detektieren konnte. Die langsamsten Protonen, die auf den Szintillator gelangen, haben eine Energie von p = 1, 2 MeV. Alle Protonen, die eine geringere Energie haben, können nicht durch die Abschirmung gelangen. Somit ist auch garantiert, dass die Kohlenstoffionen den Szintillator nicht erreichen. Die andere g-CCD beobachtet in der Regel nur die Protonen, die 3 MeV und mehr haben. Ihr gate ist also kürzer. Zur Kalibrierung beider Kameras wurden zwei delays gewählt, die in einer festen zeitlichen Beziehung zum Laserpuls stehen. Das war zum einen das erste Leuchten des Szintillators nach dem Auftreffen des Laserpulses auf dem Target. Es entspricht der Flugzeit des Lichts. Der zweite Zeitpunkt ist die letzte Anregung des Szintillators mit den 1, 2MeV Protonen. Somit kann mit dem gate und delay auf die Flugzeit der Protonen und den beobachteten Energiebereich zurückgeschlossen werden. Der Zusammenhang zwischen der Flugzeit tof 24 und der Protonenenergie p ist bei relativistischer Berechnung tof = s s =s vp 1− 1 2 1+ p 0 ·c , wobei s = 34 cm der Abstand vom Target zum Szintillator und 0 = mp c2 die Ruheenergie des Protons ist. 4.3.1 DLC-Folien Das transversale Protonenprofil der DLC-Folien bei linearer Polarisation ist in Abb. 22 für verschiedene Targetdicken dargestellt. Die Bilder sind gemittelt über alle Schüsse der jeweiligen Targetdicke. Es ist jeweils der gesamte Szintillator zu sehen, der eine Größe von 20 cm×20 cm hat und 34 cm hinter dem Target steht. Bei der 20 nm (Abb. 22 c) und 40 nm (Abb. 22 d) dicken Folie ist das Protonenprofil im Zentrum am intensivsten und fällt radial ab. Die einzelnen Schüsse haben ein sehr ähnliches Profil (siehe Abb. 23 rechts). Die Divergenz25 beträgt bei diesem Schuss θ = (15 ± 1) ◦ . Die Lage des Maximums streut kaum. 23 Das gate entspricht der Belichtungszeit. Indizes stehen für die engl. Bezeichnung time of flight. 25 Der Divergenzwinkel wird über die FWHM definiert. 24 50 4 Experimentelle Ergebnisse Abbildung 22: Transversales Protonenprofil bei DLC-Folien gemittelt über alle Schüsse der jeweiligen Dicke, a: 5 nm, b: 10 nm, c: 20 nm, d: 40 nm. Bei den 5 nm (Abb. 22 a) und 10 nm (Abb. 22 b) dicken Targets sieht das Protonenprofil hingegen inhomogener aus. Das liegt daran, dass die Ausbreitungsrichtung der Protonenbündel von Schuss zu Schuss schwankt (∆ϕ ≈ 7 ◦ ) und die einzelnen Schüsse sehr gut kollimiert sind (siehe Abb. 23 links). Dafür gibt es zwei Erklärungen: Der Beschleunigungsprozess wird bei diesen Folien von Instabilitäten beeinflusst, d. h. ist anfällig gegenüber kleinen Änderungen der Anfangsbedingungen. Eine Instabilität konnte auch beobachtet werden, dieses Ergebnis wird in diesem Unterkapitel noch diskutiert. Zweitens ist nicht garantiert, dass die Targetoberfläche eben ist. Das Experiment hat gezeigt, dass die Ionen 51 4 Experimentelle Ergebnisse normal zur Oberfläche beschleunigt werden, sowohl bei den dünnsten als auch bei den dickeren Folien. Die Divergenz beträgt bei dem in Abb. 23 links dargestellten Schuss θ = (6 ± 1) ◦ . Von Bin et al. (2013) wurde schon experimentell gezeigt, dass Protonenprofile von ultradünnen DLC-Folien gut kollimiert sind. Sie konnten einen kleinsten Öffnungswinkel von θ = 4 ◦ messen. Im Vergleich dazu ist bei einigen Mikrometer dicken Metallfolien die Divergenz der Protonen mit θ = 25 ◦ deutlich größer (Fuchs et al. (2003)). Abbildung 23: Transversales Protonenprofil einzelner Schüsse, 10 nm (links) und 20 nm DLC-Target (rechts). Weiterhin wurde die Transmission des Lasers durch das Target qualitativ gemessen. Dafür wurde die Aluminiumfolie vor dem Szintillator von der Vorderseite mit einer CCD-Kamera beobachtet. Sie ist mit einem Bandpassfilter für die Wellenlänge des Lasers abgefiltert. Somit detektiert die Kamera Laserlicht, das von der Aluminiumfolie gestreut wird. In Abb. 24 wird das Protonenprofil und die Lasertransmission eines Schusses einer 5 nm dicken DLC-Folie gegenüber gestellt. Der Laserpuls ist anscheinend durch die Folie hindurch gedrungen. Das ist z. B. mit der Rayleigh-Taylor-Instabilität zu erklären. Sie tritt auf, wenn eine dünne (hier: Photonen) und dichte (in diesem Fall: Elektronenplasma) Flüssigkeit Druck aufeinander ausüben (Dickinson et al. (1962)). √ Die Wachstumsrate der transversalen RTI ist gegeben durch Γ = kRT α (Grun et al. (1987)). Dabei bezeichnet kRT = 2π/λRT den Wellenvektor der Instabilität und α ist die 52 4 Experimentelle Ergebnisse Abbildung 24: Transversales Protonenprofil (links) und vom Szintillator gestreutes Licht des Lasers, das durch die Folie transmittiert ist (rechts), eines einzelnen Schusses einer 5 nm DLC-Folie. Beschleunigung des Targets. Die Wellenlänge der RTI wird der Abb. 24 (rechts) entnommen. Sie ist λRT = 0, 5 µm und stimmt mit der Laserwellenlänge überein. Zur Bestimmung wurde eine ballistische Expansion des Plasmas angesetzt, wobei der Durchmesser des leuchtenden Teils des Szintillators dem Fokus-Durchmesser entspricht. Die Beschleunigung des Targets wird abgeschätzt durch α = v[Tp = 1, 5 MeV]/τp = 1, 4 · 1020 m/s2 . Somit ergibt sich für Γτp ≈ 5. Das bedeutet, dass die Instabilität hier um einen Faktor proportional zu eΓτp = e5 während der Interaktion mit dem Laserpuls zunimmt (vgl. Palmer et al. (2012)). In der Veröffentlichung von Wu et al. (2014) wird gezeigt, dass es eine optimale elliptische Polarisation gibt, bei der RTI unterdrückt wird. Nur bei der 5 nm und 10 nm dicken DLC-Folie konnte eine Transmission des Lasers durch das Target beobachtet werden, bei allen anderen Targets nicht. In Abb. 24 fällt auf, dass an Stellen hoher Lasertransmission auch der Szintillator am Intensivsten leuchtet. Das lässt sich nicht mit der RTI erklären, bei der eine Antikorrelation zu erwarten ist (vgl. Palmer et al. (2012)). Es muss zwischen zwei Mechanismen für die Lasertransmission unterschieden werden. Zum einen ist das zu den Protonen unkorrelierte Signal durch RTI zu sehen. Zum anderen wird das Target, dort wo die meisten Protonen beschleunigt werden, transparent. 53 4 Experimentelle Ergebnisse 4.3.2 CH-Folien Das transversale Protonenprofil der CH-Folien ist bei linearer Polarisation in Abb. 25 für verschiedene Targetdicken dargestellt. Auch hier wurde wieder über alle Schüsse der jeweiligen Targetdicke gemittelt. Besonders auffällig ist im Vergleich mit den DLC-Targets die Ringstruktur, die auf die Protonenprofile aufgeprägt ist. Diese ist bezogen auf den Ort sehr stabil. Einige Eigenschaften des Rings werden im folgenden dargestellt. Die Ringe sind nicht perfekt kreisförmig. Bei allen vier Dicken ist die obere Kante etwas breiter als die untere, was den Ring etwas trapezförmig aussehen lässt. Weiterhin ist ein Hotspot, z. B. in der linken oberen Ecke, zu erkennen. Diese eingeprägte Struktur ist unabhängig vom Target. Es ist naheliegend, dass die Ursache beim Laserfokus liegt. Es ist anzunehmen, dass ein ideal gaußförmiger Laserpuls einen perfekten Ring erzeugen würde, da es dann keinen Grund für ein nicht radialsymmetrisches Protonenprofil gäbe. Auch bei zirkularer Polarisation ist diese eingeprägte Ringstruktur vorhanden, allerdings ist das Signal auf dem Szintillator deutlich geringer. 54 4 Experimentelle Ergebnisse Abbildung 25: Transversales Protonenprofil bei CH-Folien gemittelt über alle Schüsse der jeweiligen Dicke bei linearer Polarisation, a: 100 nm, b: 200 nm, c: 400 nm, d: 800 nm. Auffällig ist, dass der Ringdurchmesser mit zunehmender Targetdicke abnimmt. Der zugehörige Öffnungswinkel des Kegels, auf dem sich die meisten Protonen befinden, ist in Abb. 26 (links) dargestellt. Der Öffnungswinkel beträgt θ = (14, 4 ± 0, 5) ◦ bei 100 nm und θ = (12, 1 ± 0, 5) ◦ bei 800 nm CH-Folien. Die Divergenz der Protonen in Abhängigkeit der Targetdicke ist z. B. von d’Humières et al. (2005) in Simulationen untersucht worden. Sie zeigen in dieser Veröffentlichung äquivalente Ergebnisse. 55 4 Experimentelle Ergebnisse In Abb. 26 (rechts) ist der Öffnungswinkel der Ringe bei unterschiedlichen Intensitäten einer 400 nm dicken CH-Folie bei linearer Polarisation dargestellt. Im Experiment ist hierfür die Pulsenergie variiert worden. Bei einer höheren Intensität nimmt der Öffnungswinkel bzw. der Durchmesser der Ringe zu. Abbildung 26: Der volle Öffnungswinkel der Ringe ist für unterschiedliche Targetdicken (links) und bei unterschiedlichen Intensitäten einer 400 nm dicken CH-Folie bei linearer Polarisation dargestellt (rechts). Die roten gestrichelten Linien dienen der Orientierung. Weiterhin wird die Stärke des Rings in Abhängigkeit der Protonenenergie betrachtet (siehe Abb. 27 links). Die Messung erfolgte über eine Abtastung des delays bei kurzem gate. Somit konnten schmalbandige Protonenprofile (∆E < 1 MeV) zu verschiedenen Energien gemessen werden. Die Ringstärke ist bei niedrigeren Energien geringer als bei höheren Energien, wobei der Ringdurchmesser für alle Energien konstant bleibt. Das führt dazu, dass das Protonenprofil bei Betrachtung ausreichend hoher Energien keine Ringstruktur aufweist. Als Kriterium für die Energie, bei der kein Ring mehr zu beobachten ist, kann angesetzt werden: die Ringstärke entspricht dem halben Ringdurchmesser. Am Beispiel der 200 nm Folie ist das oberhalb einer Protonenenergie von 4 MeV der Fall. Das stimmt gut mit den Beobachtungen überein. Die Protonen konnten durch Drehung des Targets um die Achse der Laserpolarisation (die vertikale Achse) abgelenkt werden. Die Beschleunigung der Ionen erfolgt normal zum Target (siehe Abb. 27 rechts). Das ist untypisch für die RPA-Beschleunigung, die im Idealfall alle Teilchen in Laser-Vorwärtsrichtung drückt. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass bei den Plastikfolien nicht der RPA-, sondern der TNSA-Prozess dominiert. 56 4 Experimentelle Ergebnisse Abbildung 27: Links: Die Ringstärke der Protonen ist über der Protonenenergie bei einem 200 nm CH-Target aufgetragen. Die rote gestrichelte Linie dient der Orientierung. Rechts: Ablenkung der Protonen bei der Drehung des Targets um die Achse der Laserpolarisation mit linearem Fit bei einem 400 nm CH-Target. Der für den Anstieg ermittelte Wert weicht 2 % von der Targetnormalen ab. Dieser geringe Fehler kann an der Kalibrierung der Messdaten liegen. Das ringförmige Protonenprofil konnte auch auf einer Platte CR-39 nachgewiesen werden. Es ist vor dem Szintillator angebracht worden und wurde genauso wie der Szintillator mit 18 µm dicker Aluminiumfolie abgeschirmt. Der Szintillator wird nur zum Teil vom CR-39 verdeckt. In Abb. 28 ist ein Bild des Szintillators abgebildet, wobei der abgeschattete Bereich mit einem Foto des zu diesem Schuss gehörenden CR-39 ersetzt wurde. Es ist eine halbe Stunde in 80 ◦ heißer und 6, 25-molarer Natronlauge geätzt worden. Die Stellen, die auf dem Foto des CR-39 schwarz erscheinen, sind mit Kratern von Protonen gesättigt. Es sind auch unter dem Mikroskop keine einzelnen Einschläge mehr zu erkennen. Deshalb kann die Anzahl der beschleunigten Protonen nicht direkt ausgezählt werden. Das ringförmige Protonenprofil ist somit auch auf dieser zweiten Diagnostik experimentell belegt. 57 4 Experimentelle Ergebnisse Abbildung 28: Einzelner Schuss einer 100 nm dicken Plastikfolie bei linearer Polarisation. Der Ring im Protonenprofil ist auf dem Szintillator und auf dem CR-39 zu sehen. 4.4 Ringmodell Da sich die beschleunigten Protonen normal zur Targetoberfläche ausbreiten, kann BOA nicht zur Erklärung des Rings herangezogen werden. Es wird ein neues Modell vorgestellt, mit dem die Ringstruktur im transversalen Protonenprofil erklärt wird. Der Ansatz hierfür ist eine quasi-statische Betrachtung der Überlagerung von TNSA und HB-RPA. Bei linearer Polarisation bilden heiße Elektronen, die durch „j × B“-Heizen beschleunigt werden, ein sheath auf der Rückseite des Targets. Währenddessen bohrt sich der Laserpuls in das Target durch ponderomotive Beschleunigung der Elektronen (hole boring). Nach einer bestimmten Zeit erreicht das HB-Plasma die Rückseite des Targets und beeinflusst lokal das TNSA-sheath. Diese Störung der Rückseite verringert das elektrische Feld in dem Protonen beschleunigt werden. Am Rand der Störung (auf einem Ring) ist das elektrische Feld nun am größten. Dort werden die meisten Protonen beschleunigt, wodurch der Ring entsteht. Eine schematische Darstellung zu diesem Modell befindet sich in Abb. 29. 58 4 Experimentelle Ergebnisse Dieses Modell liefert ein anschauliches Bild für die Erzeugung des Rings. Es gibt keine quantitativen Aussagen, stimmt aber qualitativ gut mit den Beobachtungen überein. Es wird zur Erklärung der experimentellen Ergebnisse herangezogen und wird im Folgenden als „Ringmodell“ bezeichnet. Abbildung 29: Schematische Darstellung zur Entstehung des Rings im Protonenprofil der Plastikfolien. Rechts ist das resultierende elektrostatische Feld, in dem die Protonen beschleunigt werden, aufgetragen. Diskussion experimenteller Ergebnisse am Ringmodell: Mit diesem Modell ist es zunächst möglich die Entstehung einer Ringstruktur im Protonenprofil zu erklären. Zusammengefasst liegt die Ursache in der lokalen Störung des sheath auf der Targetrückseite und dem daraus folgenden ringförmigen elektrostatischen Feld, das die Protonen beschleunigt. Bei der dynamischen Betrachtung des TNSA-Prozesses strebt das Plasma bei der Expansion ins Vakuum einem thermischen Gleichgewicht entgegen. Das ist ein Grund für die Stabilität der Beschleunigung und somit für die räumliche Stabilität des Rings. Diese ist nicht mit RPA zu erklären, die von Instabilitäten beeinflusst wird [Palmer et al. (2012), Qiao et al. (2009)]. Weiterhin zeigt das TNSA-Feld senkrecht zur Targetoberfläche und nicht in Laservorwärtsrichtung. Im Experiment konnte eine Beschleunigung der Protonen normal 59 4 Experimentelle Ergebnisse zur Targetoberfläche beobachtet werden. Das ist ein Grund für die Annahme, dass die meisten Protonen an der Targetrückseite beschleunigt werden. Die Messungen haben bei den 100 nm bis 800 nm dicken Folien ergeben, dass bei linearer Polarisation Protonen mit höherer Temperatur entstehen als bei zirkularer Polarisation. Das bedeutet, dass das TNSA-sheath bei zirkularer Polarisation eine geringere Temperatur hat. Das kann damit erklärt werden, dass bei zirkularer Polarisation „j × B“-Heizen nahezu vollständig unterdrückt wird. Neben der ponderomotiven Absorption ist „j × B“Heizen der dominante Heizungsmechanismus bei linearer Polarisation. Die Elektronen werden auf eine Temperatur geheizt, die proportional zu Iλ2 ist. Beim TNSA-Prozess ist die maximal erreichbare Protonenenergie proportional zur Elektronentemperatur. Es wird hier somit eine Möglichkeit vorgestellt, wie eine hohe Effizienz (∼ Iλ2 ) und Stabilität im TNSA-Prozess vereint werden können. Nur die CH-Folien weisen ein ringförmiges Protonenprofil auf. Wie schon in Abb. 22 gezeigt, ist dies bei den DLC-Folien nicht der Fall. Die beiden Folienarten unterscheiden sich vor allem in ihrer atomaren Zusammensetzung. Während DLC im Wesentlichen reiner Kohlenstoff ist, bestehen CH-Folien aus sechs Teilen Kohlenstoff, fünf Teilen Sauerstoff und zehn Teilen Wasserstoff. Das Verhältnis zwischen schweren (C und O) und leichten Ionen (p) ist somit ungefähr 1 : 1. Die Plastikfolien enthalten sehr viele Protonen. Eine Abschätzung zu ihrer Anzahl wurde schon in Tabelle 1 gegeben. Wenn es notwendig ist, dass die Folie selbst Protonen enthält, damit der Ring entsteht, dann ist eine mögliche Erklärung die folgende: Zuerst werden durch das TNSA-sheath Ionen aus der Kontaminationsschicht beschleunigt. Solange die Störung26 noch nicht die Targetrückseite erreicht hat, werden die ersten Ionen mit einem radial abfallenden, transversalen Profil beschleunigt. Sie werden im maximalen elektrischen Feld beschleunigt und erreichen somit die cutoff -Energie. Nach einer bestimmten Zeit ist die Kontaminationsschicht vollständig abgetragen. Dann werden Ionen aus der Folie beschleunigt. Bei der DLC-Folie werden nun nur noch Kohlenstoffionen beschleunigt und bei der CH-Folie ein Mix aus schweren Ionen und Protonen. Irgendwann während dieses Prozesses führt die Störung zu der Bildung eines ringförmigen sheath. Mit der Zeit wird die Störung in lateraler Richtung immer größer. Die Protonen, die zu einem späteren Zeitpunkt beschleunigt werden, befinden sich also zum einen auf einem Ring mit abnehmender Stärke und haben zum anderen eine geringere Energie. Wenn die Anzahl der Protonen, die sich auf dem Ring befinden, groß 26 Als Störung wird das HB-Plasma bezeichnet, sobald es die Targetrückseite erreicht. 60 4 Experimentelle Ergebnisse ist gegenüber der, die eine radial abfallende Verteilung haben, dann ist letztendlich ein Ring zu sehen. Daraus folgt direkt, dass die cutoff -Energie auf dem Ring ungefähr die gleiche ist, wie im Inneren des Rings. Das stimmt mit dem Experiment überein. Auch die Abhängigkeit der Ringstärke von der Protonenenergie ist somit erklärt. Diese nimmt im Experiment mit der Energie zu und oberhalb einer bestimmten Energie ist das Protonenprofil nur noch radial abfallend. Die Abhängigkeit des Durchmessers der Ringe von der Targetdicke ist mit dem TNSAProzess erklärbar. Bei einem dickeren Target haben die Elektronen einen längeren Weg durch das Target zurückzulegen. Die Divergenz der Elektronen ist unabhängig von der Targetdicke. Deshalb ist das TNSA-sheath bei einem dickeren Target in lateraler Richtung weiter ausgedehnt. Somit ist die radiale Komponente des quasi-statischen elektrischen Felds bei dünneren Folien größer. Das bedeutet, dass auch der Ring bei dünneren Folien größer ist. Weiterhin nimmt der Ringdurchmesser mit zunehmender Intensität zu. Eine höhere Intensität bedeutet eine höhere HB-Geschwindigkeit. Die Störung erreicht somit schneller die Rückseite. Das führt zu einem größeren Ringdurchmesser. Die Erklärung ist äquivalent zur Diskussion der Ringstärke. Die Ringe sind nicht homogen rund. Sie weisen eine eingeprägte Struktur auf, die bei der Mittelung über mehrere Schüsse und bei Vergleich verschiedener Targetdicken erhalten bleibt (vgl. Abb. 25). Der mögliche Zusammenhang zwischen dieser Struktur und dem Laserfokus wurde schon diskutiert. Wenn sich der Fokus in das HB-Plasma und somit in die Störung einprägt, dann würde in das Protonenprofil eine zum Fokus inverse Struktur abgebildet werden. Dort wo der Fokus schwächer ist, werden mehr Protonen beschleunigt. 4.5 Simulation Es wurden 2D-PIC-Simulationen von H. Wang zu diesem Experiment gerechnet. Als erstes Ergebnis kann die Abb. 30 gezeigt werden. Es wird in den beiden Dimensionen ein gaußförmiger Puls angenommen. Das Target ist schon zu Beginn der Simulation ionisiert. Die CH-Folie wird modelliert durch das Verhältnis der Ionen. Es wird angenommen, dass die Folie 1 : 1 aus Protonen und schweren Ionen (Kohlenstoff) besteht. Außerdem wird die Kontaminationsschicht durch eine 1 nm dicke Schicht aus Protonen an Vorder- und Rückseite simuliert. 61 4 Experimentelle Ergebnisse In der Abb. 30 ist die normierte Anzahl der Protonen über dem Winkel der Protonenimpulse für vier unterschiedlich dicke Plastikfolien aufgetragen. Bei jeder Foliendicke sind zwei Maxima zu sehen. Ihre Positionen sind symmetrisch zur Null. In drei Dimensionen entspräche das einer Ringstruktur. Die Maxima sind bei dickeren Folien bei kleineren Winkeln. Das stimmt qualitativ mit den experimentellen Beobachtungen überein. Der Öffnungswinkel der Simulation kann jedoch nicht quantitativ mit den gezeigten Ergebnissen verglichen werden. Die Erzeugung der Ringstruktur im Experiment ist ein mehrdimensionaler (3D) Effekt. Er kann in zwei Dimensionen nur näherungsweise beschrieben werden. In der Simulation sind Artefakte zu sehen, die sich auf die Numerik zurückführen lassen. Dazu gehören die Sprungstellen bei 0 ◦ und die weiteren Unstetigkeiten. Abbildung 30: Die normierte Anzahl der Protonen ist über dem Winkel der Protonenimpulse für 100 nm, 200 nm, 400 nm und 800 nm dicke Plastikfolien aufgetragen. Die 2D-PIC-Simulation ist von H. Wang gerechnet worden. 62 5 Zusammenfassung 5 Zusammenfassung In dieser Arbeit wird ein Experiment vorgestellt, das am POLARIS-Laser in Jena durchgeführt wurde. Es ist der experimentelle Aufbau beschrieben und die experimentellen Ergebnisse sind dargestellt und diskutiert worden. Es wurde ein Experiment aufgebaut, indem die SH erzeugt und von der Grundwelle separiert wurde, um den Laserkontrast zu verbessern. Die Effizienz der SHG betrug im Mittel 30 %. Somit enthielten die frequenzverdoppelten Pulse eine Energie von 2, 5 J bei einer Pulsdauer von 125 fs. Es wurde ein Kontrast von 10−8 zwei Picosekunden vor dem Hauptpuls erreicht. Dieser war ausreichend um Protonen einer 5 nm dicken Folie zu beschleunigen. Die mit dem TPS erhaltenen Spektren wurden ausgewertet. Sie zeigen bei allen verwendeten Targetarten und -dicken eine thermische Verteilung. Somit konnte die Temperatur der Protonen in Abhängigkeit der Foliendicke bzw. der normierten Flächendichte bestimmt werden. Dabei wurde die Optimalitätsbedingung für das LS-Regime sowohl bei linearer als auch bei zirkularer Polarisation bestätigt. Bei den gegebenen Laserparametern beträgt die optimale, normierte Flächendichte 5 ± 2. Die dabei erreichte Temperatur der Protonen ist Tp = (1, 6±0, 1) MeV. Die Temperatur ist bei zirkularer Polarisation genau so hoch wie bei linearer Polarisation, obwohl die Laserpulsenergie durch die Phasenplatte 12 % geringer ist. Bei linearer Polarisation ergibt sich ein zweites Maximum bei σ = 30 ± 10. Dieses Maximum existiert nicht bei zirkularer Polarisation. Verantwortlich für diese Polarisationsabhängigkeit ist möglicherweise das „j × B“-Heizen. Dieser Absorptionsmechanismus verschwindet bei zirkularer Polarisation. Die Protonen werden hier durch eine Überlagerung aus RPA und TNSA beschleunigt. Weiterhin wurden die mit dem Szintillator erhaltenen transversalen Protonenprofile ausgewertet. Durch die Beobachtung des Szintillators mit zwei g-CCD’s war es möglich das Protonenstrahlprofil des gesamten integrierten Spektrums und eines weiteren ausgewählten Energieintervalls parallel messen zu können. Bei den dünnsten DLC-Folien von 5 nm und 10 nm Dicke wird der Beschleunigungsprozess von der Rayleigh-Taylor-Instabilität beeinflusst. Das transversale Protonenprofil hat bei aufeinanderfolgenden Schüssen keine stabile Form. Der volle Öffnungswinkel beträgt ungefähr θ ≈ 7 ◦ . Dabei streut das Zentrum von Schuss zu Schuss um ∆θ ≈ 7 ◦ . Bei den 20 nm und 40 nm dicken DLC-Folien ist das 63 5 Zusammenfassung Protonenprofil deutlich reproduzierbarer. Es ist radialsymmetrisch. Der volle Öffnungswinkel beträgt θ = (15 ± 1) ◦ . Bei den Plastikfolien ist das transversale Protonenprofil ringförmig. Der Öffnungswinkel des Rings nimmt mit zunehmender Foliendicke ab und beträgt bei der 400 nm Folie θ = (12, 8 ± 0, 5) ◦ . Weiterhin nimmt der Öffnungswinkel mit der Laserintensität zu. Die Stärke des Rings nimmt mit zunehmender Protonenenergie zu. Die beschleunigten Protonen breiten sich normal zur Targetoberfläche aus. Deshalb kann BOA nicht zur Erklärung des Rings herangezogen werden. Es wurde ein neues Modell entwickelt, in dem der Ring durch eine Kombination aus TNSA und HB-RPA erklärt wird. Die Ursache liegt in der lokalen Störung des TNSA-sheath auf der Targetrückseite durch das HB-Plasma und dem daraus folgenden ringförmigen elektrostatischen Feld, in dem die Protonen beschleunigt werden. Erste 2D-PIC-Simulationen bestätigen qualitativ die experimentellen Ergebnisse. Als Ausblick für zukünftiger Experimente werden folgende Vorschläge aufgeführt: • Die Pulsdauer des POLARIS-Lasers könnte verringert werden. Die Beschleunigungsstrecke τp vLS sollte kürzer sein als die Rayleighlänge, um das LS-Regime so effizient wie theoretisch möglich ausnutzen zu können. Dieses Kriterium wird bei den angegebenen Parametern nur näherungsweise eingehalten. • Die Folien können mit Kohlenstoffnanoröhren beschichtet werden, die in Bezug auf den Laserpuls ein unterkritisches Plasma bilden. Der Laserpuls wird dadurch stärker fokussiert durch relativistic self-focussing und wie in einer optischen Faser geführt ohne zu divergieren. Somit wird die Intensität erhöht und das oben genannte Problem umgangen. Solche beschichteten Folien wurden von Stephan Kuschel während der Messkampagne untersucht, in der auch die Experimente für diese Arbeit durchgeführt wurden. • Die Laser-Plasma-Interaktion könnte mit einem Probepuls visualisiert werden (Schwab et al. (2013)). Da sich im LS-Regime eine für die Wellenlänge des POLARIS-Lasers überdichte Plasmafront ausbreitet, müsste noch an einer geeigneten Modifikation gearbeitet werden. 64 Literatur Literatur Wideröe, R. Über ein neues Prinzip zur Herstellung hoher Spannungen. Archiv für Elektrotechnik 21, 387 (1928). 1 Beringer, J. et al. Review of particle physics. Physical Review D 86 (2012). 1 Kneip, S. et al. X-ray phase contrast imaging of biological specimens with femtosecond pulses of betatron radiation from a compact laser plasma wakefield accelerator. Applied Physics Letters 99 (2011). 1 Faenov, A. Y. et al. Submicron ionography of nanostructures using a femtosecond-laserdriven-cluster-based source. Applied Physics Letters 95 (2009). 1 Macchi, A., Borghesi, M. & Passoni, M. Ion acceleration by superintense laser-plasma interaction. Rev. Mod. Phys. 85, 751 (2013). 1, 2.3.1, 2.3.1, 2.3.2 Tabak, M. et al. Ignition and high gain with ultrapowerful lasers. 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Dank gilt auch Georg für die Betreuung des Experiments, das unter seiner Leitung exzellent verlaufen ist. Weiterhin danke ich dem „Laserteam“, also Alex, Frank, Hartmut, Marco, Marco und Sebastian, die für eine ausgezeichnete und gleichzeitig lebhafte Zusammenarbeit an der Schnittstelle Laser-Experiment gesorgt haben. Ich bedanke mich bei Malte dafür, dass ich mit meinen vielen Fragen und Ideen immer zu ihm kommen und somit seine guten Ratschläge in die Auswertung des Experiments einbeziehen konnte. Abschließend danke ich meiner Familie und meinen Freunden für die Unterstützung während des gesamten Studiums. 71 Eidesstattliche Erklärung Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Masterarbeit mit dem Titel „Laser-basierte Protonenbeschleunigung mit ultradünnen Folien und ultrahohem Kontrast“ selbstständig und nur unter Verwendung der angegebenen Literatur angefertigt habe. Jena, 15. April 2015 ................... Meinerseits bestehen keine Einwände, die vorliegende Arbeit für die öffentliche Nutzung in der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek zur Verfügung zu stellen. Jena, 15. April 2015 ................... 72