Mineralogisches Museum Universität Würzburg Nördlinger Ries und Steinheimer Becken Was geschah nach dem Impakt? Im primären Krater rutschten schon unmittelbar nach Ende der Auswurftätigkeit die Kraterwände nach, verursacht durch Ausgleichsbewegungen des Untergrundes. Im Zentrum des Kraters entstand der innere kristalline Ringwall. Danach bildete sich in dem ursprünglich 700800 Meter tiefen Krater ein rund 400 Quadratkilometer großer See (vgl. Bodensee 540 km2). In den 2 Millionen Jahren, während derer der See bestand, wurden 300 m mächtige Tone mit kleinen Braunkohle-Flözchen abgelagert. An den Kraterrändern und den Aufragungen des kristallinen Ringwalles entstanden fossilreiche Riessee-Kalke mit Algen-Riffen oder Schneckenkalken. Bereits im jüngsten Tertiär begann die Abtragung der ursprünglich mehr als 100 m über die heutige Ries-Ebene hinausreichenden SeeAblagerungen. Vor allem der höhergelegene Teil der weichen Tone im Rieskessel sowie der größte Teil der ausgeworfenen Trümmermassen auf dem Albvorland wurden ausgeräumt. Dadurch wurde allmählich die heutige Kraterform herauspräpariert. Der Meteoriteneinschlag verursachte auch außerhalb des Rieses immense Eingriffe in die Landschaft Süddeutschlands, z.B. mit der Umleitung und dem Aufstau zahlreicher Flüsse wie des Ur-Mains und der Ur-Altmühl. Es entstanden mehrere Stauseen, deren größter der RezatAltmühl-See war. Er reichte nach Norden bis in die Gegend von Ansbach und Nürnberg. Riessee und Rezat-Altmühl-See im Blockbild Das heutige geologische Bild des Rieses Zahlreiche geophysikalische Untersuchungen und geologische Geländeaufnahmen ermöglichten die Konstruktion des abgebildeten West-Ost-Querschnittes durch den RiesKrater. Im nebenstehenden geologischen Profil ist die Lage der Forschungsbohrung Nördlingen von 1973 (Endteufe 1.206 m) mit eingetragen, von der einige Bohr-kerne in der Vitrine gezeigt werden. Geologisches Profil durch das Nördlinger Ries Die Grafik zeigt die typische Dreiteilung der Gesteine im Kraterinneren: Kristallin – Suevit – Riessee-Sedimente. Der 5-6 km vom Zentrum entfernte innere Ring besteht aus Kristallingestein. Markant ist auch die Megablock-Zone ausgebildet, die sich in 6-12 km Entfernung vom Kraterzentrum zwischen dem inneren Ring und dem Kraterrand erstreckt. Sie ist aus Bunter Breccie und aus transportierten Schollen aller Gesteinseinheiten des ehemaligen RiesUntergrundes zusammengesetzt. Über den Kraterrand hinaus bedeckt die teils abgetragene Auswurfdecke ein Gebiet mit einem Verbreitungsradius bis über 40 km. Sie besteht aus Bunter Breccie und größeren Gesteinsschollen, den Bunten Trümmermassen. Wann wurde das Ries als Meteoriten-Einschlagskrater erkannt? Schon seit mehr als 200 Jahren beschäftigen sich Wissenschaftler und interessierte Laien mit den im Ries beobachteten besonderen Gesteinsarten. Lange Zeit wurde eine vulkanische Entstehung angenommen, aber auch ein „Riesgletscher“ wurde postuliert, um die ortsfremden Gesteine und die Schliff-Flächen zu erklären. Bereits 1904 äußerte E. Werner die Vermutung, dass das Ries durch den Einschlag eines kosmischen Körpers entstanden sein könne. Aber erst 1961 wurden eindeutige Beweise für einen Meteoriteneinschlag gefunden. Die Amerikaner E.T.C. Chao und E.M. Shoemaker wiesen im Suevit die Minerale Coesit und Stishovit nach. Das sind HochdruckModifikationen von Quarz, die bei 3 bzw. 9 Gigapascal (30 und 90 kbar) entstehen. In jüngster Zeit wurden in Impakt-Gesteinen des Rieses sogar winzige Diamanten als Zeugen des extrem hohen Druckes nachgewiesen. Die wirtschaftliche Nutzung des „Schwabensteins“ Suevit Der Suevit aus dem Nördlinger Ries wurde schon in der Römerzeit, dann besonders im Mittelalter und noch bis in das 20. Jahrhundert hinein als Baustein benutzt. Bekannte Beispiele sind die Festung Ingolstadt und das Wahrzeichen Nördlingens, der als „Daniel“ bezeichnete 90 m hohe Turm der St. Georgskirche (Foto rechts). Der Turm zeigt heute einen wesentlichen Nachteil dieses Baumaterials, die hohe Anfälligkeit für Verwitterung. Seit Beginn des 19. Jahrhunderts wird Suevit auch als Zuschlagsstoff für die Herstellung von hydraulischem Zement und zur Verbesserung der Eigenschaften von Beton verwendet.