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Politische Systeme der
Gegenwart
Staatsrecht II
Vorlesung vom 20. April 2010
Frühjahrssemester 2010
Prof. Christine Kaufmann
Ziele
• Unterschiede zwischen
parlamentarischen und präsidialen
Regierungssystemen kennen
• Beispiele für die verschiedenen Formen
• Mischformen kennenlernen
• Besonderheiten des schweizerischen
Regierungssystems verstehen
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Parlamentarisches System: Merkmakle
(1/2)
• Regierungschef von Parlament gewählt
oder vom Staatsoberhaupt ernannt
– Parlament konstituiert und kontrolliert die Regierung
• Regierung vom Vertrauen des Parlaments
abhängig
– Häufig Personalunion Regierungschef/Mehrheitsführer
– Vertrauensfrage/Misstrauensvotum
• Fraktionsdisziplin
• Opposition: Kontrolle der Regieurng
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Vorlesung vom 20. April 2010
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Parlamentarisches System: Merkmale
(2/
2)
• Regierungschef oder Staatsoberhaupt
kann Parlament auflösen
• Keine Unvereinbarkeit Ministeramt –
Parlamentsmitglied
• Neutrale Rolle des Staatsoberhaupts
– Präsident oder Monarch
– „pouvoir neutre“
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Parl. System: Verbreitung, Entstehung
• Verbreitung
– In Europa das am meisten verbreitete System
– Alle EU-Staaten ausser Frankreich und Finnland
• Entstehung
– Im Vereinigten Königreich
– „Magna Charta“ 1215, „Bill of Rights“ 1689
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Parlamentarisches System: Würdigung
• Würdigung
– Bewährtes System für gefestigte Demokratien
– Hohe Transparenz der politischen
Verantwortlichkeit
– Nachteile?
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Vereinigtes Königreich
• Premierminister formell nicht vom Parlament
gewählt, sondern von der Queen ernannt
• Opposition bildet jeweils ein
„Schattenkabinett
• Rolle der Krone
• Zweikammerparlament: House of Commons
und House of Lords
• Laufende Reformbestrebungen
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Bundesrepublik Deutschland
•
•
•
•
Erfahrungen der Weimarer Republik
Konstruktives Misstrauensvotum
Starkes Bundesverfassungsgericht
Einflussmöglichkeiten für die Opposition
– Etwa die Hälfte der Gesetze bedarf der Zustimmung des
Bundesrates
– Verfassungsänderungen benötigen in Bundestag und
Bundesrat je eine Zweidrittelmehrheit
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Parl. Systeme: Beispiele
• Italien
– Regierung ist vom Vertrauen beider
Parlamentskammern abhängig
– Traditionell grosse Parteienzersplitterung
– Tiefe Hürden für Misstrauensvotum
• Nur einfaches, nicht absolutes Mehr
• Negatives statt konstruktives Misstrauensvotum
– Folge: Über 50 verschiedene Regierungen seit
1947
– Suspensives Vetorecht des Präsidenten
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Präsidialsystem: Merkmale
• Vollständige objektive und subjektive Gewaltenteilung
– Gleichzeitig auch starke Gewaltenhemmung, da die Gewalten trotz
Gewaltenteilung zusammenarbeiten müssen
– Folge: „Checks and balances“
•
•
•
•
•
•
Präsident nicht vom Vertrauen des Parlamentes abhängig
Kein Parlamentsauflösungsrecht des Präsidenten
Personalunion von Präsident und Regierungschef
Schwache Stellung der „Minister“
Volkswahl/Quasivolkswahl des Präsidenten
Gegenseitige Hemmung der Gewalten (checks and
balances)
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Präsidialsystem: Verbreitung, Entstehung
• Verbreitung
– USA
– Zahlreiche lateinamerikanische Staaten
– Zahlreiche Entwicklungs- und Schwellenländer
• Entstehung
– 1787 in den USA begründet
– Starker Einfluss der Gewaltenteilungslehren von
Locke und Montesquieu
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Präsidialsystem: USA
(1/
3)
• Institutionelle und personelle Trennung
der drei Gewalten
– Ausnahme: Vizepräsident steht dem Senat vor
• Kongress (Repräsentantenhaus und Senat)
direkt vom Volk gewählt
• Präsident quasidirekt vom Volk gewählt
– Wahl von Elektoren in den einzelnen Staaten
– „The winner takes all“
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Präsidialsystem: USA
(2/3)
Wichtige Rechte des Parlamentes
– Gesetzgebung
– Budgetgenehmigung
– Genehmigung des Abschlusses völkerrechtlicher Verträge (2/3Mehrheit im Senat erforderlich)
– Bestätigung der Ernennung wichtiger Amtsträger durch den
Präsidenten (insbesondere: Richter des Supreme Courts)
– Parlamentarische Untersuchungskommissionen
– Impeachment-Verfahren
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Präsidialsystem: USA
(3/
3)
• Starke Stellung des Präsidenten
– Monokratische Exekutive: Präsident als dominierende
Einzelperson innerhalb der Exekutive
– „Staatssekretäre“ als blosse Berater des Präsidenten
– Ernennung von Richtern
– Suspensives Veto gegen Gesetze und Beschlüsse des
Kongresses; Überstimmung nur mit 2/3-Mehrheit in
beiden Kammern
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Präsidialsystem: Würdigung
• Bewährtes System, sofern zur Exekutive
genügend starke Gegengewichte bestehen
• Hohe Stabilität als Pluspunkt
• Jedoch: Gefahr einer Präsidialdiktatur
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Mischform: Merkmale
• Hauptmerkmale
– Zweigeteilte Exekutive mit Präsident und Regierungschef
– Starke Stellung des vom Volk gewählten Präsidenten
• Weit gehende Ernennungsrechte (insbes. Regierungschef)
• Parlamentauflösungsrecht
– Abhängigkeit der Regierung vom Parlament
(Misstrauensvotum)
– Personelle Gewaltenteilung
– z.T. Plebiszitäre Züge (Frankreich)
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Mischform: Verbreitung, Entstehung
• Verbreitung
– Frankreich, Finnland, Russland
– Einige weitere osteuropäische Staaten
• Entstehung
– In Frankreich 1958
– Entstanden auf Grund von schlechten
Erfahrungen mit den wenig stabilen Systemen
zwischen 1871-1940 und 1946-1958
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Mischform: Frankreich
(1/2)
• Starke Stellung des Präsidenten
– Ernennung des Premierministers und – auf dessen
Vorschlag – der Minister
– Parlamentsauflösungsrecht
– Möglichkeit zur Anordnung eines Referendums
(„Plebiszit“)
– Verfügungsgewalt über Atomwaffen
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Mischform: Frankreich
(2/2)
• Abhängigkeit der Regierung vom
Parlament
– Misstrauensvotum benötigt absolute Mehrheit
der Parlamentarier
• Strikte Gewaltenteilung
– Regierungsmitglieder können nicht gleichzeitig
dem Parlament angehören
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Mischform: Würdigung
• Würdigung der Mischform
– Idee der Verbindung von zwei Regierungssystemen ist
einleuchtend
– Die Idee der Machtverteilung funktioniert jedoch nur
zu Zeiten der „Cohabitation“ optimal
• Machtbalance zwischen Regierung, Parlament und
Präsident
• Verfügt der Präsident über Parlamentsmehrheit, hat er eine
relativ dominante Stellung – zumal er den Premierminister
und die Minister ernennen kann
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Schweizerisches System:
Merkmale
• Volk kann Oppositionsrolle durch
direktdemokratische Rechte wahrnehmen
• Wahl der Regierung durch das Parlament
– Diskussion um Volkswahl des Bundesrats
– Vorzeitige Abwahl nicht möglich
• Kollegialregierung ohne Staatsoberhaupt
• Bundespräsident als „primus inter pares“,
kein Staatsoberhaupt
• Vielparteienregierung („Konkordanzsystem“)
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Schweizerisches System: Ausgestaltung (1/2)
• Stellung von Parlament und Regierung
– BV betont das demokratische Prinzip
• Überordnung der Bundesversammlung über den Bundesrat
• Direktdemokratische Rechte des Volkes
–
–
–
–
Bundesrat ist ein gleichberechtigtes Kollegium
Wahl der einzelnen Bundesräte alle vier Jahre
Strikte personelle Gewaltenteilung
Wichtigsten Einflussmöglichkeiten des Parlaments
•
•
•
•
Wahl der Bundesräte (und der Bundesrichter)
Gesetzgebung
Budgetrecht
Untersuchungskommissionen
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Schweizerisches System: Ausgestaltung
(2/2)
• Konkordanzdemokratie als Folge
direktdemokratischer Rechte (Referendum)
– Vorlagen müssen mehrheitsfähig ausgestaltet werden
– Die grossen Parteien müssen in die Regierung
eingebunden werden, weil sie sonst durch ständige
Referenden die Politik blockieren könnten
– Auch Regierungsparteien können Referendum
ergreifen
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Schweizerisches System:
Würdigung
• Macht wird – anders als im parlamentarischen
System – auf die wichtigsten Parteien aufgeteilt
• Trägheit des Systems infolge der breiten
Aufteilung der Macht sowie des
Referendumsrechts
• Initiativrecht kann politische Veränderungen
anstossen
• Grosse Beteiligungsmöglichkeiten des Volkes
• Zwang zu breiter Abstützung von politischen
Lösungen
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Europäische Union
Europäische Union
EG
Euratom
[EGKS]
Gemeinsame
Aussen- und
Sicherheitspolitik (GASP)
Supranationale
Struktur
Integration
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Polizeiliche
und justizielle
Zusammenarbeit (PJZS)
Völkerrechtliche Struktur
Kooperation
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