Arzneimittel für Kinder und Senioren Altersgerechte

Werbung
Medikamente und Alter
?Arzneimittel für Kinder und Senioren
Altersgerechte Dosierung
Foto: iStockphoto/killerb10
56
Arzneien für
Kinder und Senioren
Dass nicht jedes Medikament für groß und klein gleich gut ge­
eignet ist, leuchtet ein. Babys brauchen ganz andere Arzneien
als ältere Menschen. Dabei kommt es nicht nur auf die Dosie­
rung an. Auch der Wirkstoff selbst und natürlich die Darrei­
chungsform des Medikaments, ob Zäpfchen, Tropfen, Saft oder
Tablette, sind vom Lebensalter abhängig. Nicht jeder Wirkstoff
wird in jedem Alter optimal vertragen. Deshalb gibt es spezielle
Kindermedikamente, aber auch spezielle Einschränkungen
bei Medikamenten für Senioren.
Kindermedikamente
So wie
ältere Menschen
brauchen auch
Kinder besondere
Medikamente.
Um Arzneimittel für Kinder auf den Markt zu bringen, genügt
es nicht, die für Erwachsene passende Dosierung herunter­
zurechnen und ein wohlschmeckendes Fruchtaroma einzu­
arbeiten. Vielmehr müssen die Medikamente hinsichtlich
der geeigneten Dosierung neu untersucht und ihre Wirksam­
keit und Unbedenklichkeit in eigenen Studien nachgewiesen
werden. Häufig ist auch noch die Entwicklung einer eigenen
kindgerechten Darreichungsform (z.B. eines Saftes) notwendig.
Medikamente für Erwachsene dürfen daher ebenfalls niemals
ohne fachliche Beratung an Kinder verabreicht werden. Auch
wenn es derzeit noch relativ wenige Kindermedikamente gibt,
Tipp
Nur unter Aufsicht
Kinder dürfen Medikamente niemals alleine einnehmen. Es muss sich
immer ein Erwachsener vergewissern, ob das Medikament auch richtig
eingenommen wurde. Tropfen und Säfte für Säuglinge und Kleinkinder
ziehen Sie am besten mit einer Pipette auf und lassen sie direkt in den
Mund Ihres Kindes fließen. Ältere Kinder können flüssige Arzneimittel
vom Löffel nehmen. Niemals direkt aus der Flasche trinken lassen!
Medikamente und Alter
57
wird sich aufgrund einer neuen europäischen Verordnung für
Kinderarzneimittel, die Ende Januar 2007 in Kraft getreten ist,
die Zahl der jährlichen Zulassungen für Kinderpräparate in
den nächsten Jahren vervielfachen.
Datenbank für Kinderarzneimittel
Noch gibt es nicht genug Kindermedikamente. Kinderärzte
müssen daher auf Medikamente zurückgreifen, die für Kinder
gar nicht zugelassen sind (Off-Label-Use). Um für Kinder pas­
sende Arzneimittel schnell und sicher zu finden, steht den
Ärzten seit Oktober 2006 die Datenbank ZAK® (Zugelassene
Arzneimittel für Kinder) zur Verfügung. Sie bietet Informa­
tionen für derzeit etwa 1700 Arzneimittel an. Unter www.zakkinderarzneimittel.de hat jeder Arzt die Möglichkeit, Medika­
mente für verschiedene Altergruppen nach Indikationsgruppe,
Wirkstoff und geeigneter Darreichungsform zu ermitteln. Der
Arzt erfährt auf diesem Weg rasch, ob das Arzneimittel tatsäch­
lich schon für Säuglinge zugelassen ist oder welche Wirkstoffe
zur Behandlung eines Kleinkindes mit einer seltenen Erkran­
kung zur Verfügung stehen.
Achtung: Für Laien ist diese Website nicht gedacht. Nur wer
eine nachweisbare medizinische Ausbildung hat, kann sich
hier einloggen.
Dosierung
Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Sie dürfen daher auch
nicht auf die Idee kommen, eine Erwachsenendosierung ein­
fach zu halbieren. Vielmehr sollte darauf Rücksicht genommen
werden, dass sowohl Niere als auch Leber, die wichtigsten
Ausscheidungsorgane des Körpers auch für Arzneistoffe, z.B.
bei Neugeborenen noch nicht vollständig ausgebildet sind.
Medikamente werden deshalb langsamer abgebaut als beim
Erwachsenen und wirken daher wesentlich stärker. Die Dosis
muss also entsprechend angepasst werden, damit keine Ne­
benwirkungen zu erwarten sind.
Außerdem können viele Kinder Tabletten und Dragees
nicht gut schlucken. Es gibt daher die wichtigsten Arzneimittel
Eine eigene
Datenbank
hilft Ärzten
bei der Auswahl
von Arzneimitteln
für Kinder.
58
für Kinder meist in Saftform und zwar mit den entsprechenden
Dosierungsanweisungen pro kg Körpergewicht.
Selbst wenn ein Medikament in Saftform Ihrem Kind nicht
schmeckt, sollten Sie die Arznei nicht mit Wasser verdünnen.
Anders verhält es sich hingegen mit Tropfen. Viele flüssige Arz­
neimittel enthalten Alkohol. Nicht so viel, dass es einem Kind
schaden könnte, allerdings gerade so viel, dass Kinder die Ein­
nahme verweigern. Den scharfen, alkoholischen Geschmack
können Sie hier sehr gut durch Verdünnen mit Wasser mildern.
Ist Ihr Kind noch klein, sind Zäpfchen die ideale Medika­
menteform. Auch wenn Ihnen das Zäpfchen im Vergleich zur
Zartheit Ihres Kindes riesig vorkommt, sollten Sie das Medi­
kament nicht halbieren: In den meisten Fällen zerbricht das
Zäpfchen beim Versuch, es mit einem Messer zu zerschneiden.
Mit zunehmendem Alter wird die Verabreichung von Zäpfchen
immer schwieriger. Vor allem viele ältere Kinder verweigern es
schlicht.
Kindersichere Verpackung
Foto: Waldhäusl
Dass Medikamente in einer kindersicheren Verpackung auf
den Markt kommen, ist mittlerweile eine Selbstverständlich­
keit. Viel wichtiger als der kindersichere Verschluss ist die
kindersichere Verwahrung von Medikamenten. Bewahren Sie
alle Arzneimittel stets so auf, dass sie von Kinderhänden nicht
erreicht werden können. Am besten eignet sich dafür ein ab­
schließbarer Schrank in einer Höhe von über 150 cm. Selbst
wenn sich ein neugieriges Kind auf einen Sessel stellt, darf es
nicht an die Hausapotheke herankommen!
Seniorenmedikamente
Ein kindersicherer
Verschluss ist wichtig,
noch wichtiger die
kindersichere Verwahrung
von Arzneimitteln.
Die Lebenserwartung ist im vergangenen Jahrhundert enorm
angestiegen und hat sich von 40 auf über 80 Jahre mehr als
verdoppelt. Während aber über 60-Jährige im Durchschnitt
täglich drei Medikamente einnehmen, sind es bei den über
70-Jährigen bereits acht. Bei diesen Altersgruppen treten aber
Medikamente und Alter
siebenmal häufiger unerwünschte Arzneimittelwirkungen
auf als bei jüngeren Patienten. Das Risiko von arzneimittelbe­
dingten Klinikeinweisungen ist zwei- bis dreifach so hoch.
Mundtrockenheit und leichter Schwindel sowie akute Ver­
wirrtheitszustände werden bei älteren Patienten oft fälsch­
licherweise als altersbedingt angesehen. Viel eher kann es
sich dabei aber um Nebenwirkungen von Medikamenten
handeln. In Deutschland läuft gerade eine groß angelegte
Studie an über 6.000 älteren Menschen, bei der die Verträg­
lichkeit und das Nebenwirkungsprofil von Medikamenten
ermittelt werden. Besonderes Augenmerk wird dabei auf Pa­
tienten gelegt, die mehr als fünf verschiedene Medikamente
einnehmen, denn dann ist das Risiko von unerwünschten
Nebenwirkungen besonders hoch.
59
Je mehr
Medikamente
eingenommen
werden, umso höher
das Risiko von
Nebenwirkungen.
Altersgerechte Dosis
Altern ist mit vielen physiologischen Veränderungen im
Körper verbunden, die die Wirkung von Arzneimitteln be­
einflussen. So kann z.B. die Wirkdauer von Arzneistoffen
durch verschiedene Faktoren im fortgeschrittenen Alter deut­
lich verlängert werden. Ein wesentlicher Faktor ist dabei die
Durchblutung der Leber, die mit den Jahren kontinuierlich
abnimmt. Dadurch wird auch der Abbau eines Arzneistoffes
verzögert, er kann im Körper länger wirken. Ähnliches gilt
auch für die Niere, deren Filtertätigkeit im Alter ebenfalls ab­
Dosis reduzieren
Bei diesen Medikamentengruppen muss die Dosis altersgemäß verringert werden:
• starke Schmerzmittel
• Betablocker (Blutdruck- und Herzmedikamente)
• Nifedipin, Verapamil, Diltiazem, Metoprolol, Nitrate und Digoxin (Herzmedikamente)
• Theophyllin (gegen Atemnot)
• Ofloxacin und Vancomycin (spezielle Antibiotika)
• Aciclovir (Medikament gegen Fieberblasen und Gürtelrose)
• Hydrochlorothiazid (Entwässerungsmittel, wird vor allem zur Blutdrucksenkung eingesetzt)
• Metformin (Medikament bei Diabetes-Mellitus-Typ II)
• Allopurinol (gegen Gicht)
60
nimmt. Zusätzlich sinkt der Anteil des Körperwassers, wäh­
rend der Fettanteil zunimmt: Fettlösliche Arzneistoffe werden
daher besser gespeichert und wirken wie ein Depot. Anderer­
seits weiß man aber auch, dass ältere Menschen auf manche
Arzneistoffe weniger gut ansprechen als jüngere Erwachsene.
Mehr Nebenwirkungen
Keine Experimente
mit Arzneien, die
jemand anderem
verordnet wurden.
Manche Medikamente können bei älteren Patienten vor allem
Nebenwirkungen im zentralen Nervensystem verursachen. Ver­
änderungen des Schlaf-Wach-Rhythmus bis hin zu Wahnvor­
stellungen, die mitunter zur Einweisung ins Spital führen, sind
dafür typische Beispiele. Sie dürfen daher keinesfalls Medika­
mente, die der Arzt Ihnen selbst oder einem anderen Angehö­
rigen verschrieben hat, ohne ärztliche Rücksprache Ihren alten
Eltern geben. Gut gemeint kann hier fatale Folgen haben!
Hürden beim Einnehmen
Medikamente werden nicht immer vorschriftsmäßig einge­
nommen. Vor allem, wenn sie auf Dauer eingenommen werden
müssen, liegt hier ein großes Problem. Wird der Patient vom
Arzt und Apotheker nicht genau über das wann und wie der
Einnahme aufgeklärt, nimmt er das oft lebenswichtige Medi­
kament meist falsch oder gar nicht ein.
Die winzige Schrift im Beipacktext überfordert nicht
selten die Sehkraft älterer Menschen. Ähnlich aussehende
Erhöhte Nebenwirkungen
Bei diesen Medikamenten müssen Sie im Alter mit erhöhten Nebenwirkungen rechnen:
• Nichtsteroidale Antirheumatika (Schmerzmittel)
• Benzodiazepine (Beruhigungs- und Schlafmittel)
• Phenothiazine (Medikamente gegen psychische Beschwerden aber auch Antiallergika und Medikamente gegen Übelkeit und Schwindel)
• Trizyklische Antidepressiva
• Gyrasehemmer (spezielle Antibiotika v.a. für Harnwegsinfekte)
Medikamente und Alter
61
Ver­packungen, die durch das Prinzip der Corporate Identity
immer mehr den Markt überschwemmen, sorgen außerdem
für Verwechslungsgefahr. Selbst das aus Kostenersparnis mitt­
lerweile sehr beliebte Verschreiben von halben Tabletten stellt
für viele alte Menschen eine große Herausforderung dar. Wenn
Ihnen das Halbieren der Tabletten schwer fällt, fragen Sie Ihren
Arzt, ob es das entsprechende Medikament nicht auch in einer
niedrigeren Dosis gibt, sodass das Tablettenteilen nicht mehr
nötig ist. Oft will der Arzt durch diese Verschreibungen näm­
lich nur helfen, Kosten zu sparen.
Für viele ältere Patienten ist es üblich, die Wochenration an
Medikamenten vorzubereiten. Dafür gibt es spezielle Medika­
menten-Dispenser, bei denen für jeden Tag vier Fächer mit der
Einteilung früh – mittags – abends – nachts vorhanden sind.
Die korrekte Einschlichtung der Medikamente nach der ärztli­
chen Verordnung übernehmen viele Apotheken gerne.
Die im Spital üblichen Dispenser für nur einen Tag sind
hingegen für daheim weniger geeignet, da bei ihnen der Wo­
chentag nicht markiert ist. Kleine Pillendosen sind nur prak­
tisch, wenn Medikamente unterwegs eingenommen werden
müssen. Viele Apotheken bieten diese kleinen Pillendosen
sogar gratis an.
Foto: i.g.
Medikamente vorbereiten
In einen Dispenser
korrekt eingeschlichtete
Medikamente erleichtern
dem Patienten die
Einnahme.
Herunterladen