Pharma • Forum Im Pharma Forum erscheinen Mitteilungen der pharmazeutischen Industrie. Für die Beiträge übernimmt die Redaktion keine Verantwortung Fortschritte in der Darmkrebs-Behandlung Neue medikamentöse Optionen bei fortgeschrittenem Dickdarmkarzinom In den letzten Jahren wurden bei der Behandlung der Dickdarmtumoren grosse Fortschritte gemacht, was die American Society of Clinical Oncology (ASCO) veranlasst hat, erstmalig einen Kongress allein den Magen-Darm-Tumoren zu widmen. Lange Zeit stand nur das Chemotherapeutikum Fluorouracil im Kampf gegen den Dickdarmkrebs zur Verfügung. In den letzten zehn Jahren konnten fünf neue Medikamente die Überlebenszeit wesentlich verlängern und die Lebensqualität deutlich verbessern. Die neue Ära der verbesserten Therapiemöglichkeiten beim fortgeschrittenen Dickdarm® krebs läutete Campto (Irinotecan) ein. Noch vor wenigen Jahren stand für die Behandlung dieser häufigsten Tumorerkrankung in der westlichen Welt nur ein einziger Wirkstoff zur Verfügung, nämlich das Fluorouracil. Fluorouracil wurde bereits um 1957 in den klinischen Gebrauch eingeführt. In den folgenden Jahrzehnten wurde vor allem die Verabreichungsart dieses Medikamentes optimiert. So hat es fast 40 Jahre gedauert, bis man bewiesen hatte, dass die kontinuierliche Infusion die Wirkung von Fluorouracil bei besserer Verträglichkeit erhöht. Der Zusatz eines Vitamins, Leucovorin, konnte die Effektivität noch weiter verbessern. Diese kontinuierlichen Infusionen machen allerdings den Einsatz von Port-Systemen und tragbaren Medikamentenpumpen notwendig,damit die Therapie ambulant verabreicht werden kann. ® Das Medikament Xeloda (Capecitabine) wird Fluorouracil in Zukunft wahrscheinlich 42 ONKOLOGIE 2/2004 ersetzen können. Capecitabine wird als Tablette verabreicht und baut sich erst im Körper des Patienten und dort vor allem im Tumorgewebe zum aktiven Medikament Fluorouracil um.In Zusammenarbeit mit anderen Tumorspezialisten ist unsere Arbeitsgruppe dabei, den Vorteil der Chemotherapie in Tablettenform in Kombination mit anderen neuen Tumormedikamenten bei Patienten mit fortgeschrittenem Dickdarmkrebs zu untersuchen. In San Francisco wurde auf dem ASCO eine Untersuchung der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung (SAKK) vorgestellt, welche die gute Verträglichkeit und Wirkung der Kombination von ® Capecitabine mit Campto zeigt (1). Campto ist das erste Medikament, welches nach Fluorouracil beim Dickdarmkrebs eine wesentliche Wirkung hat.Verschiedene Untersuchungen in den Neunzigerjahren haben nachgewiesen, dass Campto mit Fluorouracil kombiniert und so das Leben der Patienten verlängern kann (2, 3). Campto kann auch eingesetzt werden, wenn Fluorouracil nicht mehr wirkt. Auch in dieser Situation führt die Behandlung zu einer Verlängerung des Lebens und – das ist fast noch wichtiger – zu einer Verbesserung der Lebensqualität (4, 5). Nach einer langen Durststrecke hat Campto eine neue Ära der verbesserten Therapiemöglichkeiten beim Dickdarmkrebs eingeläutet. ® Fast gleichzeitig wurde mit Eloxatin (Oxaliplatin) ein anderes viel versprechendes Medikament entwickelt. Auch Oxaliplatin verbessert die Überlebenschancen dieser Patienten. Eloxatin und Campto haben eine vergleichbare Wirkungsstärke, wenn auch das Nebenwirkungsprofil dieser Medikamente unterschiedlich ist.Beide neuen Chemotherapeutika können ambulant gegeben werden. Sie wirken wahrscheinlich am besten, wenn sie in Kombination mit Fluorouracil und Leucovorin verabreicht werden. Die SAKK hat unter meiner Leitung unter anderem die Kombination von Campto mit Capecitabine bei fortgeschrittenen bösarti- Prof. Markus Borner gen Dickdarmtumoren getestet. Die Kombination führt beim Arm der wöchentlichen Gabe zu einem medianen Überleben von länger als 17 Monate. Die Verabreichung von Campto plus Capecitabine alle drei Wochen führt gar zu einem medianen Überleben von fast 24,7 Monaten. Auch im Nebenwirkungsprofil war die dreiwöchentliche Campto-Gabe vorteilhaft. Vor allem gefährliche Durchfallepisoden waren seltener als bei wöchentlicher Gabe. Unbehandelte Patienten leben im Durchschnitt nur wenige Monate,und auch mit der bisherigen Therapie mit Fluorouracil und Leucovorin haben die Patienten leider meist weniger als ein Jahr überlebt. Zurzeit laufen weltweit mehrere Studien, die untersuchen,wie wirksam Campto oder Oxaliplatin mit Capecitabine kombiniert werden können. Sollten die CapecitabineKombinationen mindestens gleich wirksam und gleich gut verträglich sein wie die Kombination mit der Fluorouracil-Infusion und Leucovorin, so könnte in Zukunft auf die Infusions-Ports und Medikamentenpumpen zugunsten der Tablettengabe verzichtet werden. Dies würde wesentlich zur Patientenfreundlichkeit und auch zur Kostensenkung dieser Therapien beitragen. Ein weiterer Quantensprung bei der Behandlung der Dickdarmtumoren wurde letzten Herbst in der Schweiz in Montreux gezeigt. Dort wurde das Medikament Erbi® tux (Cetuximab) vorgestellt, welches nicht mehr zur Klasse der Chemotherapeutika Pharma • Forum Im Pharma Forum erscheinen Mitteilungen der pharmazeutischen Industrie. Für die Beiträge übernimmt die Redaktion keine Verantwortung Fortschritte in der Darmkrebs-Behandlung nen diese neuen Medikamente nicht nur bei der Behandlung der fortgeschrittenen Tumoren, also bei Vorliegen von bereits sichtbaren Ablegern, eingesetzt werden. Zunehmend zeigen Forschungsergebnisse, dass sie auch prophylaktisch eingesetzt werden können und so die Rückfallshäufigkeit nach Operation eines Dickdarmtumors gesenkt werden kann. Professor Dr. med. Markus Borner Leitender Arzt Institut für Medizinische Onkologie Inselspital Bern ® Abbildung: Campto verbessert die Therapieerfolge bei der Behandlung von Dickdarmkrebs deutlich. Quellen: 1 Borner M et al.: Proc GI-ASCO 2004; abstr 194. gehört. Cetuximab ist ein künstlich hergestellter Antikörper. Er greift auf der Tumoroberfläche Strukturen an, welche für das Tumorwachstum wichtig sind – so genannte Wachstumsfaktor-Rezeptoren. Werden diese Rezeptoren durch Cetuximab besetzt, verliert die Tumorzelle ihren Wachstumsanreiz und stirbt ab. Dieses Medikament hat parallel in einer grossen amerikanischen und in einer europäischen Studie bei Patienten, welche nicht mehr auf die Campto-Therapie (s. oben) ansprachen, wieder zu einem Rückgang des Tumorleidens geführt. Das Ansprechen war besser, wenn die Campto-Therapie trotzdem weitergeführt und Cetuximab nicht allein gegeben wurde. Ein Pluspunkt des neuen Medikaments Cetuximab ist, dass es die bekannten Nebenwirkungen einer Chemotherapie wie Haarausfall oder Erbrechen nicht verstärkt (6, 7). Die Schweiz ist das erste Land weltweit, welches dieses Medikament für Patienten mit Dickdarmtumoren registriert hat, die auf eine CamptoTherapie nicht mehr genügend ansprechen. Die Krankenkassen übernehmen seit kurzem die Bezahlung dieser Therapie mit zwei Limitatio. Die SAKK arbeitet an einem Protokoll, welches Cetuximab in Kombination mit Oxaliplatin mit Capecitabine anwendet und das noch in diesem Frühjahr aktiviert werden soll. Mit einem anderen Antikörper wurden ebenfalls bereits höchst interessante Resul- ONKOLOGIE 2/2004 tate erzielt. Bevacizumab blockiert die Aktivität eines Faktors, welcher für die Neubildung von Blutgefässen wichtig ist. Bevacizumab wird wie auch Cetuximab biologisch hergestellt. Die neuen Antikörper werden als mehrstündige Infusionen ambulant verabreicht, wobei die Patienten wegen der seltenen allergischen Nebenwirkungen, die gegen jedes biologische Produkt auftreten können, zu Beginn gut überwacht werden müssen.Auch Bevacizumab wurde zuerst in Kombination mit Campto in den Vereinigten Staaten getestet und hat in einer grossen Studie das Leben der Patienten mit Dickdarmtumoren wesentlich verlängert (8). Ab Sommer 2004 soll das Medikament im Rahmen von Studienprotokollen auch in der Schweiz an verschiedenen Zentren angewendet werden. Wie Cetuximab scheint auch Bevacizumab gut verträglich zu sein, der optimale chemotherapeutische Kombinationspartner wird zur Zeit noch getestet. Innerhalb der letzten zehn Jahre haben also fünf neue Medikamente die Behandlung der bösartigen Dickdarmtumoren wesentlich verbessert. Analysen der bisherigen Erfahrungen zeigen, dass sich die Lebensdauer dieser Patienten nach Diagnose noch vor dem Einsatz von Bevacizumab mehr als verdoppelt hat (9). Interessanterweise ist das Leben dieser Patienten umso länger,je mehr verschiedene Medikamente für die Therapie zur Verfügung stehen. Wahrscheinlich kön- 2 Douillard JY et al.: Lancet 2000: 355(9209): 1041– 1047. 3 Saltz L et al.: N Engl J Med 2000; 343(13): 905–914. 4 Rougier P et al.: Lancet 1998; 352(9138): 1407–1412. 5 Cunningham D et al.: Lancet 1998; 352(9138): 1413– 1418. 6 Van Cutsem E et al.: Eur J Cancer Suppl 2003; 1(5): S325; abstr 1086. 7 Saltz L et al.: Proc ASCO 2001; abstr 7. 8 Hurwitz H et al.: Proc ASCO 2003, abstr 3646. 9 Tournigand et al.: J Clin Oncol 2004; 22(2): 1–9. Irinotecan ist in der Schweiz unter dem Namen ® Campto (Aventis Pharma AG) im Handel erhältlich. Aventis Onkologie, Herostrasse 7, 8048 Zürich Tel. 01-434 26 05, www.aventisoncology.ch ® CAMPTO ACTIVE INGREDIENT: Irinotecan hydrochloride trihydrate. INDICATIONS: Treatment of patients with advanced colorectal cancer in combination with 5-FU/FA (1st line therapy). As monotherapy after failure of a 5-FU containing treatment regimen (2nd line therapy). POSOLOGY i.v. in adults: As combination either «weekly» 80 mg/m2 (AIO) or «every two weeks» 180 mg/m2 (de Gramont). As monotherapy either «every 3 weeks» 350 mg/m2 or «weekly» 125 mg/m2. CONTRAINDICATIONS: Chronic inflammatory bowel disease, bowel obstruction, history of hypersensitivity reactions versus the excipients of Campto, bilirubin values > 3 times the ULN , severe bone marrow failure, WHO performance status >2. WARNINGS AND PRECAUTIONS: Should only be used by physicians who are experienced in the use of anticancer chemotherapy. PREGNANCY: Category D. UNDESIRABLE EFFECTS very common (> 10%): Neutropenia incl. febrile neutropenia, anemia, thrombocytopenia, severe diarrhoea incl. delayed diarrhoea, severe nausea, severe vomiting, alopecia, acute cholinergic syndrome, fever, increase of transaminase, AP, or bilirubin. PRESENTATIONS: 40 and 100 mg vials (20mg/ml). List A. [200301] For further information, see Arzneimittelkompendium der Schweiz (www.kompendium.ch) Aventis Pharma AG, Oncology Herostrasse 7 8048 Zürich Tel. 01-434 26 05 Fax 01-434 26 00 Internet: www.aventis.ch www.aventisoncology.ch 43