Gelungenes Beispiel für nachhaltige Baukultur

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1 Der Neubau des Hauptsitzes der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) in Gülzow erinnert an einen zweigeschossigen Holzstapel auf einem massiven, gemauerten Sockelpodest.
Fassade aus Recycling-Holz umhüllt Verwaltungsbau
Gelungenes Beispiel
für nachhaltige Baukultur
Er hat Vorbildcharakter für nachhaltiges und ökologisches Bauen – der neue Hauptsitz der Fachagentur
Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) in Gülzow, einem kleinen Ort nahe der Barlachstadt Güstrow. Mit
dem überwiegend aus nachwachsenden Rohstoffen gebauten Bürogebäude haben die FNR als Projektträger des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) und das
Land Mecklenburg-Vorpommern als Bauherr im öffentlichen Bauwesen all das an Innovation und effizientem Umgang mit Energie und Ressourcen umgesetzt, wofür derzeit eher private Bauherrn stehen.
Highlight ist die komplett aus recyceltem Eichenholz realisierte Fassade.
Text: Christian Blauel
Fotos: Michael Nast, Güstrow / FNR
Zeichnungen: matrix architektur
Seit über 70 Jahre wird auf dem Landgut Gülzow Pflanzenzüchtung
und Agrarforschung betrieben. Auf dem ehemaligen Gutsgelände hat
noch heute die Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern ihren Sitz. Seit 1994 befindet sich
im Herrenhaus Gülzow auch die Geschäftsstelle der 1993 gegründeten Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR). Als die Bürokapazitäten für die wachsende Mitarbeiterzahl der FNR nicht mehr
ausreichten, fiel die Entscheidung für einen Neubau in direkter Nachbarschaft des Herrenhauses. Der Betrieb für Bau und Liegenschaften des Landes Mecklenburg-Vorpommern (BBL M-V) bereitete die
Planung und Umsetzung des Bauvorhabens vor. Mit finanzieller Hilfe
des Bundes und des Landes Mecklenburg-Vorpommern wurde der
Neubau realisiert. In dem Bundesland mit unterdurchschnittlicher
Holzbauquote fanden sich auch kompetente Architekten, Fachplaner
und Handwerker, die das Projekt gemeinsam umsetzen konnten.
Pilot-, Modell- und Vorbildprojekt
Die Aufgabenstellung für das beauftragte Architekturbüro matrix
architektur, architekten BDA, Rostock, war der Entwurf eines Bürogebäudes für 31 Mitarbeiter der FNR, die an temporär eingerichteten Dienststellen außerhalb Gülzows arbeiteten.
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2 Längsschnitt
3 Querschnitt
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Das Gebäude sollte nicht nur in wesentlichen Teilen aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen, sondern in seiner Gestaltung
erkennbar die Ziele und inhaltliche Arbeit der FNR verkörpern. Das
Projekt wurde so zu einem Pilotprojekt des Landes MecklenburgVorpommern mit dem Ziel, den Einsatz von nachwachsenden
Rohstoffen zu demonstrieren und die Wirtschaftlichkeit anhand
eines gebauten Beispiels zu überprüfen. Dazu wurden parallel zur
Entwurfsplanung eine Lebenszyklusanalyse und eine Ökobilanzierung durchgeführt. Zur Berechnung wurde das FNR-geförderte
Software-Programm LEGEP (www.legep.de) verwendet. Das Programm erlaubt genaue Aussagen über die Performance eines Gebäudes in energetischer und stofflicher Hinsicht sowie langfristige
Prognosen der Betriebskosten.
Zusätzlich handelt es sich um ein Modellprojekt zur Umsetzung
von Niedrigstenergie-Standards im Verwaltungsbau des Landes.
Ziel ist der Nachweis der Wirtschaftlichkeit für Maßnahmen, die
die aktuellen Energiestandards der EnEV 2009 unterschreiten.
Entwurf und Raumprogramm mit Corporate Identity
Die Grundidee des Neubaus verkörpert einen zweigeschossigen
Holzstapel auf einem massiven, gemauerten Sockelpodest. Der
Entwurfsansatz setzt das Material Holz aber nicht nur konstruktiv ein, sondern auch als Ausgangspunkt der Gestaltung und führt
zur Übereinstimmung von innerer und äußerer Wahrnehmung.
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Objektdaten
Projekt: Neubau des Hauptsitzes der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR), OT Gülzow, Hofplatz 1, 18276 Gülzow-Prüzen, www.fnr.de, www.
nachwachsende-rohstoffe.de
Bauherr/Auftraggeber: Betrieb für Bau- und Liegenschaften MecklenburgVorpommern, Neubrandenburg
Nutzer: Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR)
Architekt: matrix architektur gmbh architekten BDA, Rostock
Gebäudedaten
Büroarbeitsplätze: 31
Bruttogrundfläche: 923 m2
Der Neubau hat eine fast quadratische Grundfläche von 17 x 16,5
Metern und ist zehn Meter hoch. Er ist vom „Alten Institut“ in der
Nachbarschaft abgerückt und bildet als einladende Geste für den
Haupteingang vor seiner Südfassade eine kleine Platzsituation.
Nettogrundfläche: 732 m2
Bruttorauminhalt: 3.256 m3
Hauptnutzfläche: 533 m2
Bürofläche: 357 m2
Das Sockelgeschoss nutzt die Hanglage des Geländes und ist zur
Hälfte eingegraben. Damit fügt sich der Bau in Baukörperhöhe
und Geschossigkeit in die bestehende Umgebungs-Bebauung ein.
Archiv und Technik: 179 m2
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Atrium, Flure, Treppenhaus: 195 m2
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4 Westansicht
5 Nordansicht
6 Südansicht
7 Fassadenschnitt
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In dem teilweise unterirdischen fensterlosen Erdgeschoss befinden sich ein großer Archiv-Raum mit Rollregalen als Zentralarchiv
für die FNR sowie ein Lagerraum. Ebenerdig mit dem Außengelände schließen sich an der Nordseite Büro- und Technikräume sowie
das Treppenhaus an. Südlich vorgelagert liegt unterirdisch unter
dem Eingangsvorplatz eine Zisterne mit 196 Kubikmetern Löschwasserreserve für die gesamte Liegenschaft. Sie dient gleichzeitig
als Pufferspeicher innerhalb des Energiekonzeptes. Aufgrund vieler
erdberührender Bauteile wurde das Erd- bzw. Sockelgeschoss in
Massivbauweise ausgeführt.
Der Hauptzugang zum Gebäude befindet sich an der Südseite im
1. Obergeschoss und führt in ein atriumartiges Foyer, das über eine
zweigeschossige Holz-Glasfassade in der südlichen Außenwand
und über drei Lichtbänder in den Sheddächern belichtet wird. Vom
Foyer aus gelangt man in einen großen Besprechungsraum, der
auch für öffentliche Veranstaltungen genutzt werden kann, sowie
in Einzelbüros. Die Büro- und Besprechungsräume im 1. Obergeschoss können rollstuhlgerecht erreicht werden. Im 2. Obergeschoss
befindet sich neben Einzelbüros ein Großraumbüro für Projektgruppen, das über eine Galerie mit dem Foyer räumlich verbunden ist.
Das Foyer kombiniert beide Obergeschosse zu einer durchgehenden
Nutzungseinheit. Die vertikale Erschließung ermöglicht ein Treppenhaus auf der Gebäudenordseite. In Abstimmung zwischen Bauherren und Nutzer wurde auf einen Aufzug verzichtet.
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Konstruktion und Baumaterialien aus nachwachsenden Rohstoffen
Auf dem Sockel in klassischer Massivbaukonstruktion aus Beton
und Ziegeln ist ab dem 1. Obergeschoss komplett in Holz gebaut,
wobei unterschiedliche Konstruktionen eingesetzt wurden. Die
Außenwände und ein Teilbereich des Daches bestehen aus einer
Holzrahmenkonstruktion mit Zellulose- und Holzfaserdämmstoffen. Einige Innenwände, die Zwischendecke und die Sheddächer
sind als Massivholzkonstruktion aus Brettstapelelementen gebaut, die in vielen Bereichen sichtbar bleiben. Auch das Treppenhaus besteht über alle drei Geschosse komplett aus Massivholz.
Dem Brandschutz wird mit einer Innenverkleidung aus Gipskarton
und einer REI-30-Unterhang-Decke genüge getan.
Im Foyer wurden neben Holz ebenfalls massive Baustoffe verwendet. Die zentral im Gebäude stehende, zwei Geschosse hohe
Stampflehmwand mit ihren mehrfarbigen Schichten und mit
Einschlüssen verschiedener Materialen bildet das zentrale Gestaltungselement im Atrium. Sie ist darüber hinaus durch ihre Masse
als thermisches Speicherelement ein wichtiger Bestandteil des
Energiekonzeptes. Eine in die Wand eingelegte Bauteilaktivierung
unterstützt diese Funktion. Lehmbaustoffe zählen zu den mineralischen Naturbaustoffen, deshalb ergänzen sich Lehm und Holz bei
historischen wie bei modernen Bauweisen sehr gut – hier jedoch
nicht in einer Verbundkonstruktion, sondern als funktional einge-
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bundenes massives Wandelement. Auch die Klinkerpflasterung
des Foyers ist nicht nur gestaltendes Element, sondern dient der
Wärmespeicherung.
Lebendige Fassade aus Recycling-Holz
Die imposante Fassade besteht vollständig aus recyceltem Eichenholz. Um die Idee des Langholz-Stapels zu unterstützen, ist sie nur
an Nord- und Südfassade glatt besäumt, Ost- und Westfassade
haben dagegen eine lebhaft profilierte Struktur. In die horizontal gegliederte Fassade sind vertikale Lochfenster eingeschnitten,
deren Leibungen in Anlehnung an die farbigen Holzfenster der
bestehenden Gebäude des alten Gutes mit grün gefärbtem Glas
eingefasst sind. Auch der massive Sockel nimmt mit der rotbunten
Klinkerfassade Bezug auf die historischen Bauten der Umgebung.
Die für die Fassade verwendeten Balken waren bereits für viele
Jahrzehnte – wenn nicht sogar Jahrhunderte – Bestandteile von
Gebäuden. Die Fassadenkonstruktion verdeutlicht hervorragend
den Kreislaufgedanken beim Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen. Die Dauerhaftigkeit des Eichenholzes hängt mit seinem
hohen Gerbsäuregehalt zusammen. Wird diese Säure im baulichen Einsatz ausgewaschen, so kann es zu unschönen Verfärbungen von betroffenen Bauteilen kommen. Bei Recycling-Holz ist die
Ausspülung der Gerbsäure bereits durch Vorverwitterung deutlich
reduziert.
1. Dachaufbau
1-lagige Kunststoffbahn mit PV-Einlagen, 1-lagige Bitumenbahn, 30 mm EPS
Dämmung unter PV-Modulen, 24 mm
Sparschalung, 0-220 mm Gefällekeilung,
Holzbalken 0-220/60 mm mit Zellulosedämmung WLG 040, 240/60 mm Holzbalkendecke mit Zellulosedämmung
WLG 040, feuchtadaptive Dampfsperre
sd > 100, 18 mm OSB/4
20. Wandaufbau Außenwand, Holzbau
(West/Ost)
bis 160 mm Eichholzfassade, Insektengitter, 40/80 mm Lattung als Element
mit Eichenholz, Windfolie, 60 mm
Holzweichfaserplatte, Stöße winddicht
verklebt, WLG 045, 240 mm Holzrahmenbauwand mit 80/240 mm Holzstützen mit Zellulosedämmung, WLG 040,
15 mm OSB/4 (Dampfsperre), 12,5 mm
Gipskartonplatte
25. Wandaufbau Außenwand, Mauerwerk
115 mm Verblendklinker, 40 mm Luftschicht, 160 mm Holzweichfaserdämmung/ EPS Dämmung WLG 035, 175 mm
Poroton, 10 mm Lehmputz
41. Trespa-Platte 10 mm auf Holz UK
42. Elektrokanal 67/210 mm
Die Eichenholzfassade wurde in Zusammenarbeit mit Prof. Dr.
Klaus Dreiner von der HNE Hochschule für nachhaltige Entwicklung (FH) Eberswalde entwickelt. Um die Umsetzung dieser Experimentalfassade zu überprüfen und die Konstruktion zu optimieren,
wurde ein 1:1-Modell einer Fassadenecke angefertigt. Es stellt den
Konstruktionsaufbau von Wänden und Decke vollständig dar und
kann auch weiter als Demonstrationsmodell benutzt werden. Auf
Empfehlung der HNE Eberswalde konnte bei den gewählten Querschnitten von 10/4 bis 14/16 Zentimetern auf chemischen Holzschutz vollständig verzichtet werden. Auf den sonst üblichen konstruktiven Holzschutz durch geneigte Ablaufflächen wurde hier
aufgrund der Lebenszyklusbetrachtung ebenfalls verzichtet. Der
ursprünglich geplante rhombische Zuschnitt wurde verworfen, da
der hierdurch entstehende Mehraufwand in keinem Verhältnis zur
geringfügigen Verlängerung der Haltbarkeit der Balken steht. Die
gesamte Konstruktion ist luftumspült. Auf der Oberseite der Attika
sind die Hölzer durch ein Blech abgedeckt.
60. Deckenaufbau 2. Obergeschoss
10 mm Teppich, 70 mm Zementestrich
mit Fußbodenheizung, PE-Folie, 80 mm
Holzweichfaserplatte, 200 mm Brettstapeldecke gem. Statik
Die Balken wurden aufgesägt, von hinten mit einer Unterkonstruktion aus Latten zu vorgefertigten Segmenten zusammengefügt und als Fertigteile mit Hilfe eines Montagekranes montiert.
Elemente im Spritzwasserbereich auf dem Plateau sind so ausgeführt und montiert, dass einzelne „Opferhölzer“ bei Bedarf ausgetauscht werden können.
69. Holzakustikdecke
Das Konzept Niedrigstenergiegebäude geht auf
Das Gebäude wurde entsprechend den Vorgaben als Niedrigstenergiegebäude konzipiert. Ziel war die Unterschreitung des Standes
der EnEV 2009 um 30 Prozent. Durch das sehr gute Messergebnis
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61. Deckenaufbau 1. Obergeschoss
10 mm Teppich, 70 mm Zementestrich
mit Fußbodenheizung, PE-Folie, 80 mm
Holzweichfaserplatte WLG 040, 200 mm
Filigranstahlbetondecke
64. Deckenaufbau Erdgeschoss
10 mm Bodenbelag, 70 mm Estrich
mit Fußbodenheizung, PE-Folie, 80
mm Holzweichfaserplatte, 1-lagige
Bitumenabdichtung, 250 mm Stahlbetonsohlplatte, 160 mm druckfeste Perimeterdämmung, XPS WLG 035,
Bettungspolster gem. Bodengutachten
und Statik
76. Fußleiste, Eichenholz 60x20 mm
91. Eichenholzfenster
3-fach Isolierverglasung, UW-Wert 1,1 W/(m2K)
92. Eichenholzfenster Festverglasung
3-fach Isolierverglasung UW-Wert 1,1 W/(m2K)
93. Glasleibung
grün, 10 mm ESG mit UK und Glashalter
100. Fensterbrett MDF anthrazit, 20 mm
102. Raffstore mit Flachlamellen 60 mm
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Planen
8 Fassade – Querschnitt
Westaußenwand mit Fenster
9 Fassade – Längsschnitt
mit Decke Erdgeschoss/1. OG
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Solare Wärmegewinne über die Südfassade und
Speicherung in massiven Bauteilen
Zweiter wichtiger Punkt des Energiekonzeptes ist die aktive und
passive Nutzung der Sonnenenergie. In den Übergangsmonaten
im Frühjahr und Herbst funktioniert das Foyer als Sonnenfalle. Die
über die verglaste Südfassade einstrahlende Sonnenenergie wird
in den massiven Bauteilen des Fußbodens und der Stampflehmwand an der Rückseite des Foyers gespeichert und zeitversetzt
wieder abgegeben. Um eine Überhitzung zu vermeiden, sieht die
Planung an der Südfassade einen festen Sonnenschutz mit Photovoltaikelementen vor. Er wurde allerdings zunächst aus Kostengründen zurückgestellt und soll bei Bedarf nachgerüstet werden.
Dritter Punkt des Energiekonzeptes ist die Speicherung von Wärme. Hierzu dient – neben der Masse der Stampflehmwand – die
196 Kubikmeter große Löschwasserzisterne, die zu den zwingenden Forderungen des Brandschutzkonzeptes gehört. Die Zisterne
wurde in einer separaten Infrastrukturmaßnahme parallel zum
vorliegenden Bauvorhaben realisiert. Sie befindet sich direkt südlich des Archivs im Anschluss an das Gebäude. In den Wasserspeicher wird nicht nur die überschüssige Wärme aus den Räumen im
Sommer, sondern vor allem auch die Abwärme des Servers abgeleitet. Hier fallen in der Spitzenlast bis ca. vier Kilowatt Wärmeleistung an. Diese Energie wird mittels eines speziellen Serverschrankes direkt an der Entstehungsstelle abgenommen und dann über
Wasserleitungen und einen Wärmetauscher in die Zisterne eingebracht. Der Temperaturbereich des Wassers in der Zisterne bewegt
sich zwischen 0 und 20 °C.
Haustechnik – geplant für ein klimaneutrales Gebäude
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zur Gebäudedichtheit nach den Blower-Door-Tests und mit Anrechnung des selbst erzeugten PV-Stroms wird die EnEV 2009 sogar
um 50 Prozent unterschritten. Das Gebäude wird einen Primärenergieverbrauch für die Beheizung von 26 kWh/(m2a) erreichen.
Das entspricht einem Stromverbrauch für die Heizung von 10 kWh/
(m2a) und damit einem 1-Liter-Haus. In der Planungsphase wurde
berechnet, dass hierfür Mehrinvestitionskosten von ca. 12 Prozent
gegenüber einem konventionellen Gebäude notwendig werden. Die
Amortisation dieser Mehrkosten wurde nachgewiesen.
Um diesen Energiestandard zu erreichen, war eine hoch wärmegedämmte Gebäudehülle notwendig, die sich an den Bauteil-Anforderungen des Passivhausstandards orientiert. Lediglich die Fenster
unterschreiten diese Anforderungen, da hier aus Kostengründen
auf gedämmte Rahmen verzichtet wurde. Mit den verwendeten
3-fach-Scheiben erreichen die Fenster insgesamt einen Uw-Wert
von 1,1 W/(m2K). Die Blower-Door-Tests ergaben eine gemessene
Luftwechselrate von n50 = 0,3 l/h.
Beheizt wird das Gebäude mit einer Wasser/ Wasser-Wärmepumpe, die die Energie aus der Löschwasserzisterne bezieht. Für
die Leistungsspitzen bei Heizung und Kühlung stehen zusätzlich
oberflächennahe geothermische Kompaktsonden zur Verfügung.
Die Verteilung der Energie im Haus erfolgt über ein Rohrsystem,
das sowohl in den Estrichen – vergleichbar einer konventionellen
Fußbodenheizung – als auch in den massiven Speicherbauteilen
des Foyers – Lehmwand und Fußboden mit Klinkerpflaster – eingebaut ist.
Ein weiterer wichtiger Baustein des Gebäude-Energiekonzepts ist
die kontrollierte Lüftung mit Wärmerückgewinnung. Die Lüftungsanlage versorgt alle Büros im Bereich der Fassade mit Frischluft.
Dadurch kann in der Heizperiode auf die Fensterlüftung verzichtet werden, was die Lüftungswärmeverluste verringert. Die Abluft
wird oberhalb des Atriums und in den Nebenräumen abgezogen.
Ihre Wärme wird über einen Kreuz-Gegenstromwärmeüberträger mit einem Wirkungsgrad von bis zu 93 Prozent im Zentrallüftungsgerät für die Frischluft bereitgestellt, dadurch werden die
Lüftungswärmeverluste verringert. Die Frischluft wird über einen
Erdwärmetauscher unterhalb des Gebäudes angesaugt, der die
Luft vorkonditioniert und im Winter erwärmt sowie im Sommer
abkühlt. Damit ist auch die Frostsicherheit der Anlage gesichert.
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10I11 Holzfassade und Positionsplan der Fassadenelemente aus RecyclingEichenholz
Die aktive Nutzung solarer Energien durch Photovoltaik ergänzt
das Konzept. Eine Kunststoffdachabdichtung mit integrierten Photovoltaik-Zellen erreicht einen Ertrag von ca. 2.483 Kilowattstunden pro Jahr. Auf den Sheddachflächen wurde die Wirtschaftlichkeit einer Photovoltaikanlage ebenfalls nachgewiesen, sie ließ sich
jedoch aus Kostengründen vorerst nicht realisieren. Um eine Nachrüstung zu ermöglichen, ist die Anschlussinstallation vorgesehen.
Im Falle der Nachrüstung von Photovoltaikmodulen auf den Sheds
könnte aus dem FNR-Bürogebäude ein klimaneutrales Gebäude
werden, wie von der Bundesregierung bis 2050 gewünscht.
Nachhaltigkeit und Komfort
gibt es nicht zum Nulltarif
Für die Gesamtkosten der Baumaßnahme stand unter Berücksichtigung des Einsatzes nachwachsender Rohstoffe und eines Energiestandards unter EnEV 2009 ein Kostenrahmen von zwei Millionen Euro zur Verfügung. Die Mittel wurden zu einem Viertel vom
Eigentümer der Liegenschaft, dem Land Mecklenburg-Vorpommern, und zu drei Vierteln vom Bund aus Mitteln des Konjunkturpaketes II zur Verfügung gestellt.
Bereits in der Planungsphase war es wichtig zu klären, wie hoch
die Kosten für den verstärkten Einsatz von Baustoffen aus nachwachsenden Rohstoffen auch im Ausbau des Gebäudes sein würden, damit die Gesamtbaukosten nicht aus dem Ruder laufen.
Ohne Berücksichtigung der Hüllkonstruktion, die in die Kosten
des Energiestandards einfloss, ergaben sich Mehrkosten von ca.
vier Prozent. Dem gegenüber steht ein Mehrwert in Bezug auf ein
verbessertes Raumklima, niedrigere Instandhaltungskosten und
Vorteile bei den späteren Entsorgungskosten im Lebenszyklus der
Bauteile.
Die Mehrkosten für den besseren Energiestandard setzen sich zusammen aus den Mehrkosten für
a) die Baukonstruktion, vor allem die besser gedämmte Hüllkonstruktion, und
b) zusätzliche Maßnahmen und Investitionen in die Haustechnik.
Eine mit nachwachsenden Rohstoffen gedämmte Hüllkonstruktion bedeutet eine Verbesserung des sommerlichen Wärmeschutzes
gegenüber herkömmlichen Dämmmaterialien und somit einen
Komfortgewinn sowie geringere Kühllasten für das Gebäude in
der Sommerzeit. Die für den Energiestandard erforderliche Lüftungsanlage verbessert zudem die Luftqualität erheblich und ermöglicht auch in kleinen Büros eine ausreichende Frischluftzufuhr.
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Energiedaten
Heizenergiebedarf (inkl. Lüftung): 15,9 kWh/(m2a)
Nutzenergie Heizung: 34,6 kWh/(m2a)
Nutzenergie Beleuchtung: 9,4 kWh/(m2a)
Gesamtenergiebedarf: 56 kWh/(m2a)
Vergleich Anforderungswert EnEV 2009: 112 kWh Primärenergie/(m2a)
Unterschreitung der EnEV 2009: um 50 %
CO2-Emission: 14 kg/(m2a)
U-Wert Außenwand: 0,15 W/(m2K)
Fenster UW-Wert: 1,10 W/(m2K)
Konstruktion Außenwand
1./2. Obergeschoss: Holzrahmenbau mit Dämmstoffen aus
Zellulose- und Holzfaserdämmstoffen
Erdgeschoss: Ziegelmauerwerk mit Holzfaserdämmstoff
(im nicht erdberührten Bereich)
Fassade
1./2. Obergeschoss: Eichenaltholz
Erdgeschoss (Sockelgeschoss): Klinkerfassade
Baukosten
KG 300 + 400
Gesamtbaukosten: 1.584.622 €
KG 300 + 400 Mehrkosten
für nachwachsende Rohstoffe: 62.502 € (4,10 %)
Bauzeit: 6.4.2010 – 10.5.2011
Christian Blauel
Jg. 1966; Dipl.-Ing. Architekt BDA; 1988-1995 Architekturstudium an der Universität Kaiserslautern; 1994-1995 Studium am Royal Melbourne Institute of Technology (Australien); 1995/1996 Freiberufliche Wettbewerbstätigkeit; 1996-2001 Architekten-Contor Funck in Rostock; 2001 Beier
& Partner in Rostock; 2001 Gründung des matrix-Netzwerkes; 2002 Gründung des Büros matrix architektur als Motor des Netzwerkes; 2006
Berufung in den BDA; 2007 Berufung in den AKJAA (ArbeitskreisJunger Architekten u. Architektinnen) im BDA; 2008-2012 Stellvertretender Landesvorsitzender BDA Mecklenburg-Vorpommern. www.matrix-architektur.de
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Planen
Insgesamt belaufen sich die Mehrkosten für den niedrigeren Energiestandard auf ca. 12 Prozent, wobei die Investitionen in die Haustechnik einen Anteil von etwa sieben Prozent ausmachen.
Alle Maßnahmen zusammen ergeben wesentlich geringere Betriebskosten in der Nutzung des Gebäudes. Die Wirtschaftlichkeit
beruht stets auf den Annahmen zur Energiepreisentwicklung.
Bauzeit 12 Monate – mit Bauelementen aus nachwachsendenden Rohstoffen
Dank des hohen Grades an Vorfertigung konnte das gesamte Gebäude innerhalb von 12 Monaten errichtet werden. Der Rohbau
der beiden Obergeschosse dauerte nur wenige Tage. Neben kurzen
Montagezeiten durch die Verwendung von Fertigteilen wirkte sich
vor allem die deutliche Reduzierung der Baufeuchte positiv auf die
Bauzeit aus. Und wenn dann auch noch das Zusammenspiel zwischen allen Baubeteiligten stimmt wie in diesem Fall, kann auch
ein solches öffentliches Modellvorhaben in der vorgesehenen Bauzeit realisiert werden. z
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