Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition Prof. Dr. Simon Hahnzog © hahnzog 2012 hahnzog – organisationsberatung Prof. Dr. Simon Hahnzog Ringseisstr. 12 (Rgb.) 80337 München Tel.: 089 – 66 66 06 00 E-Mail: [email protected] Web: www.hahnzog.de © hahnzog 2012 Soziale Kognition oder Informationsverarbeitung im sozialen Kontext Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 3 Soziale Kognition Inhaltsübersicht 1. Soziale Kognition - Grundlagen 2. Der Einzelne im sozialen Kontext: Persönlichkeit und Identität 3. Soziale Wahrnehmung 4. Attribution 5. Automatische Prozesse 6. Stereotype 7. Eindrucksbildung 8. Urteilsbildung Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 4 Soziale Kognition Grundlagen Definition: „Soziale Kognition untersucht die Schritte im Strom der Gedanken, die sich Menschen über andere Menschen machen.“ (Fiske 2004) Anhand Untersuchungen zur sozialen Kognition wird Verhalten in sozialen Situationen als Folge von Informationsverarbeitungsprozessen betrachtet: o Wie wird eine „objektive Situation“ in eine „subjektive Realität“ transformiert? o Wie können wir andere Menschen einschätzen? o Warum können sich solche Beurteilungen ändern oder als „falsch“ herausstellen? o Welche Prozesse bedingen diese Einschätzungen? usw. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 5 Soziale Kognition Grundlagen Wichtige Konstrukte: • Kategorie: Das Ergebnis der Kategorisierung von Objekten (Objektkategorie) oder Menschen/-gruppen (soziale Kategorie). • Dafür werden Prototypen gebildet: Mentale Modelle der typischen Eigenschaften von Elementen einer Gruppe. Prototypen beschreiben ‚das typische Mitglied‘ einer Kategorie, ein Mitglied, das diese Kategorie am besten repräsentiert. häufig synonym: Schema: Unsere Erwartungen über Objekte oder soziale Gruppen. • Kategorisierung: Die Tendenz, der wir unterliegen, Objekte (einschließlich Menschen) aufgrund gemeinsamer charakteristischer Merkmale in diskrete Gruppen einzuteilen. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 6 Soziale Kognition Grundlagen Wichtige Konstrukte: • Soziale Kategorie: Eine soziale Kategorie „ist die Gruppierung zweier oder mehrerer unterscheidbarer sozialer Objekte, die als gleich behandelt werden.“ (Leyens & Dardenne, 1996, 113). • Stereotyp: Soziale Prototypen werden als Stereotype bezeichnet: Generalisierung über eine Gruppe von Menschen, bei der man praktisch allen Mitgliedern der Gruppe identische Eigenschaften zuschreibt, ohne Beachtung gegebener Variation unter den Mitgliedern. Bestehende Kategorien/Schemata beeinflussen die Information, die wahrgenommen wird, indem der Mensch bereits vorhandene Informationen in seinem kognitiven System aktiviert. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 7 Soziale Kognition Grundlagen Soziale Kategorien: o Primitive und umfassende Kategorien werden immer automatisch aktiviert (Geschlecht, Alter, Ethnizität). o Eine Unterscheidung in Ingroup- und Outgroup-Kategorien ermöglicht soziale Orientierung. o Kategorisierung ist auch in hohem Maße kontextabhängig: Das Maß der Salienz eines Reizes bestimmt die Ausprägung der Kategorisierung. o Kategorisierungsprozesse sind ebenfalls von Motivations- und Aufmerksamkeitsfaktoren abhängig. o Funktionen sozialer Kategorien: – Strukturierung neuer Informationen – Reduktion von Komplexität – Gewinnung von Bedeutung: Beziehungen zwischen Merkmalen – Erleichterung der Erinnerung und Rekonstruktion vergangener Ereignisse sowie Erwartungen über zukünftige Ereignisse Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 8 Soziale Kognition Grundlagen Begrenzung der Verarbeitungskapazität: • Um den Grenzen der Kapazität der Informationsverarbeitung zu begegnen nutzen Menschen verschiedene Strategien, um diese zu kompensieren: o Es wird nur eine stark begrenzte Menge des Wahrnehmungsinputs verarbeitet: selektive Aufmerksamkeit und selektive Erinnerung. o Es werden Prozesse genutzt, die eine Vereinfachung erlauben: Top-Down-Verarbeitung, Urteilsheuristiken, Stereotypisierungen. • Prozesse werden entsprechend der Zielorientierung des Verhaltens gesteuert: bottom-up-Verarbeitung. • Es werden eher die Informationen genutzt, die leicht verfügbar sind: Accessibility (Zugänglichkeit) = Leichtigkeit, mit der Informationen abgerufen werden können. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 9 Soziale Kognition Grundlagen Rolle von Vorwissen: • Häufig ist das soziale Verhalten und Erleben stärker von Vorwissen und damit verbundenen Vorannahmen geprägt, als durch aktuellen Wahrnehmungsinput. • Die soziale Wahrnehmung geht daher häufig über „objektive“ Informationen hinaus: „Going beyond the information given.“ (Bruner, 1957) • Spezifisches Vorwissen wird abhängig von der Zugänglichkeit und der Passung genutzt: Die Zugänglichkeit von Informationen ist dabei unter anderem abhängig von der Häufigkeit (frequency) und der Kürzlichkeit (recency) der Nutzung. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 10 Soziale Kognition Grundlagen Warnehmungsakzentuierung: • Werden Objekte in einer kontinuierlichen Serie wahrgenommen, so kann die Wahrnehmung der Objekte zu einer verzerrten Kategorisierung der Reize führen: o Unterschiede zwischen den Kategorien werden akzentuiert (die Zwischenvarianz wird größer) o Unterschiede innerhalb der Kategorien werden minimiert (die Binnenvarianz wird kleiner) Dieser Effekt tritt auch bei Objekten ohne bedeutenden Informationswert auf und wird auf die soziale Kategorisierung im Bereich der Gruppenwahrnehmung und der Stereotypisierung übertragen. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 11 Soziale Kognition Grundlagen Wahrnehmungsakzentuierung: Experiment von Tajfel & Wilkens (1963): • Verlauf: Vpn wurde eine Serie von Linien dargeboten, die kontinuierlich an Länge zunahmen, deren Bezeichnung jedoch eine vermeintliche Kategorisierung darstellte. AV: Schätzen der Linienlängen. Dargebotene, objektive Längen: a a a a b b b b Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition Geschätzte Längen: a a a a b b b b © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 12 Soziale Kognition Grundlagen Automatische und kontrollierte Prozesse: • Informationsverarbeitungsprozesse können kontrolliert verlaufen: Bei konkreten Fragestellungen und deren Beantwortung, beispielsweise bei Kundenbefragungen, Klausuren, Testverfahren etc. • Informationsverarbeitungsprozesse können automatisch verlaufen: o Stereotype, Assoziationen, Automatismen etc. Diese werden beispielsweise in prozessorientierten Assessments untersucht. o Funktionalität automatischer Prozesse: schnelle Reaktion, geringer Verbrauch kognitiver Ressourcen, z.B. erleichtern Stereotype die Personwahrnehmung bzw. situations- oder personspezifische Reaktionen. Häufig Mischform zwischen beiden Prozessen. Außerdem: Bei wiederholter Ausführung von kontrollierten Verarbeitungsprozessen kommt es zu einer Prozeduralisierung und dadurch einer möglichen Automatisierung dieser Prozesse ( Training). Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 13 Soziale Kognition Inhaltsübersicht 3.1 Soziale Kognition - Grundlagen 3.2 Der Einzelne im sozialen Kontext: Persönlichkeit und Identität 3.3 Soziale Wahrnehmung 3.4 Attribution 3.5 Automatische Prozesse 3.6 Stereotype 3.7 Eindrucksbildung 3.8 Urteilsbildung Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 14 Soziale Kognition Persönlichkeit und Identität Leitfrage: „Wer bin ich?“ • Ich und Selbst - „I and me“ Sich selbst zu untersuchen und zu hinterfragen - diese reflexive Fähigkeit des Menschen ermöglicht es ihm, zugleich Objekt seiner Untersuchungen (Kant (1781): empirisches Ich, William James (1890): Me) und Forscher (Kant: reines Ich, James: I) zu sein. Das Selbst erkennen wir erst in einem Alter von ca. 2 Jahren. • Persönlichkeit (häufig synonym: Identität, Charakter, Selbst): „Summe der Eigenschaften, die dem einzelnen sine charakteristische, unverwechselbare Individualität verleiht.“ (Peters 2000, 402) Das Konstrukt beinhaltet also drei sich überschneidende Bereiche: o „allgemein-menschliche Universalien o individuelle Unterschiede und o individuelle Einmaligkeit“ (Pervin et al. 2005, 30) Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 15 Soziale Kognition Persönlichkeit und Identität Funktionen des Selbst/der Persönlichkeit: • Strukturierende Funktion: Ein wichtiges Schema, das uns hilft Informationen über unsere eigene Person und auch über die soziale Welt zu erinnern und zu interpretieren. • Exekutive Funktion: Durch einen beständigen Abgleich unseres Selbst mit dem aktuellen Zustand, unseren Idealvorstellungen und den sozialen Erwartungen erfüllt das Selbst eine ausführende bzw. Regulierungsfunktion. Das Selbst trifft Entscheidungen, schmiedet Pläne, reguliert Verhalten • Emotionale Funktion: Ist das Selbst ausgeglichen, sind wir entspannt und ruhig, wenn nicht dient das Selbst zur Steuerung unserer emotionalen Reaktionen. Diese Funktionen benötigen Energie. Ist diese erschöpft („egodepletion“) werden die Funktionen vorübergehend verringert. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 16 Soziale Kognition Persönlichkeit und Identität Grundlagen: • Selbstkonzept: Das Wissen über das, wer wir sind - der Inhalt der Persönlichkeit: Es setzt sich aus den Elementen zusammen, mit denen sich ein Mensch selbst beschreibt. Dadurch werden Voraussagen über das Verhalten und eine persönliche Orientierung ermöglicht. • Selbstaufmerksamkeit: Der Vorgang des „Über-sich-Nachdenkens“ und „Sich-Bewusstwerdens“. • Selbstwirksamkeit: Die Einschätzung, wie gut man eine Aufgabe glaubt bewältigen zu können. • Selbstwert: Die Wertschätzung, die wir gegenüber unserem Selbst empfinden. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 17 Soziale Kognition Persönlichkeit und Identität Grundlagen: • Selbstwirksamkeit („self-efficacy“): Die Regulationsfähigkeit der Persönlichkeit hängt stark von der Überzeugung ab, die Umwelt kontrollieren und wichtige Ziele erreichen zu können vgl. Untersuchungen zum „locus of control“ ( 4.): Menschen, die sich als internal kontrolliert erleben, sind in Schule und Beruf erfolgreicher als solche mit eher externaler Kontrollüberzeugung. • Collective-Efficacy: Bezeichnet den Umstand, dass eine Gruppe glaubt, stärkeren Einfluss auf ein Ereignis zu haben als einzelne („Gemeinsam sind wir stark“: Demonstrationen; Streiks; Rebellionen etc.). Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 18 Soziale Kognition Persönlichkeit und Identität Soziale Identität: „Jener Teil des Selbstkonzepts einer Person, der sich aus dem Wissen über die Mitgliedschaft in einer sozialen Gruppe ableitet, einschließlich des Werts und der emotionalen Bedeutung, die mit dieser Mitgliedschaft verbunden sind. Soziale Identität umfasst die Selbstdefinition als austauschbares Gruppenmitglied im Sinne der Unterscheidung zwischen Eigengruppe und Fremdgruppe (‚wir‘ im Unterschied zu ‚sie, die anderen‘).“ (Turner in: Jonas et.al 2007) Persönliche Identität: „Selbstdefinition als einzigartiges Individuum im Sinne von interpersonellen oder intergruppalen Unterschieden (‚ich‘ oder ‚mich‘ versus ‚du‘ oder ‚dich‘ bzw. ‚ihr‘ oder ‚euch‘).“ (ebd.) Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 19 Soziale Kognition Persönlichkeit und Identität Selbstkategorisierung: Die kognitive Konstruktion von Kategorien und Gruppen die auf der einen Seite die eigene Person und zugehörige Gruppenmitglieder und auf der anderen Seite „andere“ Gruppen und Personen umfasst, z.B.: Wir Deutschen Ihr Italiener Wir Bayern Ihr Hessen Wir Münchner Ihr Nürnberger Wir Giesinger Ihr Schwabinger Ich, mich Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 20 Soziale Kognition Persönlichkeit und Identität Es gibt unterschiedliche Motive für die Weiterentwicklung des Selbstkonzepts, u.a.: Veränderung oder • Selbstbewertung/-beurteilung („self-assessment“, „self-evaluation“): Bedürfnis nach aktuellem und zutreffendem Wissen über sich selbst. • Selbst-Bestätigung („self-verification“): Bedürfnis nach Bestätigung seiner Überzeugungen bzw. seines subjektiven Selbstbildes • Selbsterhöhung („self-enhancement“): Bedürfnis nach positivem Feedback für seine Überzeugungen bzw. sein subjektives Selbstbild. Die Gewichtung der einzelnen Motive sind von Person zu Person, von Kultur zu Kultur und je nach sozialer Situation unterschiedlich. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 21 Soziale Kognition Persönlichkeit und Identität Selbstwert: Der Selbstwert/das Selbstwertgefühl („self-esteem“) ist skalierender Ausdruck der Selbstbewertung, diese umfasst: Bewertung des eigenen Verhaltens, des körperlichen Erscheinungsbildes, der eigenen Fähigkeiten und anderer persönlicher Merkmale anhand internalisierter Standards oder sozialer Normen (Jonas et.al. 2007). Untersuchungen von Smith & Petty (1995): • Werden Menschen mit niedrigem Selbstwert in eine negative Stimmung versetzt, so können sie vermehrt negative Ereignisse aus ihrem Leben erinnern. • Menschen mit niedrigem Selbstwert interpretieren mehrdeutige Bilder in negativer Stimmung negativer als Menschen mit hohem Selbstwert. • Menschen mit hohem Selbstwert versuchen hingegen sich selbst wieder in positive Stimmung zu versetzen, indem sie sich an positive Ereignisse erinnern. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 22 Soziale Kognition Persönlichkeit und Identität Methoden zur Selbstwerterhaltung und –erhöhung: 4 Strategien zur Selbstwerterhaltung nach Tesser (1988), in: Jonas et.al (2007, S. 168) Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 23 Soziale Kognition Persönlichkeit und Identität Methoden zur Selbstwerterhaltung und -erhöhung: • Selbstwertdienliche Verzerrung („self-serving-bias“): Erfolge werden auf internale Faktoren (Anstrengung, Wissen, Fertigkeiten) und Misserfolge auf externale Faktoren (Zufall, Pech etc.) zurückgeführt. • Selbstbehinderung („self-handicapping“): Bereits vor dem möglichen Eintreten einer Niederlage werden Bedingungen geschaffen, die im Nachhinein eine Begründung durch externale oder temporäre Faktoren ermöglichen - man sabotiert sich selbst. Stellt sich dann doch ein Erfolg ein, ermöglicht dies zudem eine Selbstwertsteigerung. • Soziale Erwünschtheit und „Fishing for compliments“: Wenn eine negativere Selbsteinschätzung vorgegeben wird, als eigentlich existent: „Ich war ja so schlecht in der Klausur.“ - „Die neue Frisur steht mir ja überhaupt nicht.“ etc.. Durch dieses sozial erwünschte Verhalten stellt man sich bescheiden dar, obwohl man insgeheim Erfolge auf die eigenen Fähigkeiten und Bemühungen zurückführt (auch: falsche Bescheidenheit). Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 24 Soziale Kognition Persönlichkeit und Identität Methoden zur Selbstwerterhaltung und -erhöhung: • Selbstbestätigung: Erleben Menschen die Bedrohung eines wichtigen Anteils ihrer Persönlichkeit, so werden andere, positiv konnotierte Anteile / Verhaltensweisen in den Vordergrund gestellt und betont. Dadurch wird ein positives Gesamtbild der Persönlichkeit wieder hergestellt, z.B.: „Ich kann vielleicht schlecht Fußballspielen, dafür aber hervorragend Skifahren.“ • Abwärtsgerichtete soziale Vergleiche: Wird der Selbstwert bedroht, werden Vergleiche mit anderen gezogen, die in Bezug auf den bedrohten Persönlichkeitsaspekt unterlegen sind, z.B.: „Ich habe zwar nur eine 4.0, es gibt aber viele mit einer 5,0.“ • Selbstdarstellung: Das Bestreben, in sozialen Situationen dem Gegenüber ein möglichst positives Bild unserer Persönlichkeit zu vermitteln. Maßstab sind dabei vorhandene und vermutete soziale Werte wie auch das eigene Idealbild. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 25 Soziale Kognition Inhaltsübersicht 3.1 Soziale Kognition - Grundlagen 3.2 Der Einzelne im sozialen Kontext: Persönlichkeit und Identität 3.3 Soziale Wahrnehmung 3.4 Attribution 3.5 Automatische Prozesse 3.6 Stereotype 3.7 Eindrucksbildung 3.8 Urteilsbildung Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 26 Soziale Kognition Soziale Wahrnehmung Zentrale Frage: • „Wie bildet sich der Einzelne einen Eindruck von anderen Personen?“ • Notwendige Voraussetzung hierfür: implizite Persönlichkeitstheorien o Spezifische Schemata, die verwendet werden, um verschiedene Persönlichkeitsmerkmale des Gegenübers zu gruppieren. o Die ~ werden genutzt, um die meist lückenhaften Informationen über die andere Personen zu einem Ganzen zusammenzufügen. ( Gestaltpsy.) o Dieser induktive Schluss dient dazu, dem wahrgenommenen Bild des Gegenübers eine ganzheitliche Bedeutung zu geben. o Die Persönlichkeitsmerkmale haben dabei eine unterschiedliche Gewichtung. Den zentralen Persönlichkeitsmerkmalen kommt dabei eine hohe integrative Bedeutung zu wohingegen periphere Persönlichkeitsmerkmale die soziale Wahrnehmung nicht bedeutsam beeinflussen. (vgl. auch 7.) Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 27 Soziale Kognition Soziale Wahrnehmung Dem nonverbalen Verhalten kommt in der sozialen Wahrnehmung eine bedeutende Rolle zu: • Insbesondere für den ersten Eindruck werden vor allem sensorische Informationen verarbeitet (vgl. 3.7): Gestik, Mimik, Stimmfärbung, Körperbewegung und -haltung, Berührung und Blickkontakt sind die wichtigsten Informationskanäle • Den nonverbalen Informationen liegen folgende Funktionen zugrunde: o Erleichterung der verbalen Kommunikation o Ausdruck von Emotionen o Betonung eigener Persönlichkeitsmerkmale Stimmen nonverbales und verbales Verhalten nicht überein, kommt es zu Verwirrung der sozialen Wahrnehmung (double-bind). Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 28 Soziale Kognition Soziale Wahrnehmung Exkurs – Kommunikation: Folgende Kommunikationskanäle werden i.d.R. differenziert: 1. Verbale Kommunikationsmittel: Inhalt, Wortschatz, Sprachstil (Grammatik etc.) 2. Nonverbale Kommunikationsmittel: Nähe- und Distanzverhalten, Körperkontakt, Haltung, Gestik, Mimik, Bewegungen, Blickkontakt. Gelegentlich noch dazu gezählt: Staffage, Setting, Kleidung, Schmuck, Statussymbole, Raumgestaltung etc. 3. Paraverbale (Vokale) Kommunikationsmittel: Sprachfluss, Stimmlage, Tonfall, Melodie, Atmung,… Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 29 Soziale Kognition Soziale Wahrnehmung Exkurs – Kommunikation: Zusammenspiel der Kommunikationskanäle: • Wir senden und empfangen Botschaften im Allgemeinen auf mehreren Kommunikationskanälen gleichzeitig: Sprache, Blick, Gesichtsausdruck, Gesten, Stimmqualität, Kleidung, Make-up, Distanzverhalten usw. • Isolierte Botschaften gibt es nicht, und das Ganze ist auch hier mehr als die Summe seiner Teile ( Gestaltpsychologie). • Für die Interpretation einzelner Botschaften ist der Kontext, entscheidend z.B. Lächeln aus Freundlichkeit oder Verlegenheit. • Die Wichtigkeit und Häufigkeit der Verwendung der unterschiedlichen Kommunikationskanälen ist sehr abhängig von Kulturen und Subkulturen. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 30 Soziale Kognition Soziale Wahrnehmung Exkurs – Kommunikation: Zirkuläres Prozessmodell der Kommunikation: „Gemeintes“ Absicht Kodierung Dekodierung „Gehörtes“ „Gesagtes“ Sender Übermittlung Dekodierung Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition Empfänger Kodierung Absicht © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 31 Soziale Kognition Soziale Wahrnehmung Self-Fullfilling-Prophecy • Definition: Die SFP (Selbsterfüllende Prophezeiung) ist eine Vorhersage, die sich nur aufgrund der Tatsache erfüllt, dass die Personen, die sie wahrnehmen, daran glauben und sich entsprechend verhalten. „Das was geschieht, wenn eine Überzeugung eine entsprechende Realität hervorbringt.“ (Jonas et al, 2007, S. 74), • Verlauf: 1. Erwartung an eine andere Person bzgl. Persönlichkeit und Verhalten 2. eigenes Verhalten wird so gezeigt, dass es mit diesen Erwartungen konsistent ist. 3. Gegenüber reagiert auf das gezeigte Verhalten 4. Das Verhalten des Gegenübers wird als Beweis für die Erwartungen bei 1. gesehen … Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 32 Abb. aus: Aronson et al. 2008, S. 71 Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 33 Soziale Kognition Soziale Wahrnehmung Self-Fullfilling-Prophecy • Baskerville-Effekt (Philipps et al. 2001): o Eine Untersuchung der Sterbedaten von US-Amerikanern aus den Jahren 1973 - 1998 ergab, dass am 4. eines Monats Amerikaner chinesischer oder japanischer Abstammung überproportional häufig einem plötzlichen Herztod erlagen - im Vergleich mit anderen Monatstagen um durchschnittlich 7%, bei chronischen Herzleiden sogar um 13% häufiger. Bei Amerikanern anderer Herkunft ließ sich dieser Effekt nicht beobachten. o Hintergründe: Die 4 gilt in Japan und China als Unglückszahl, der 4. des Monats als Unglückstag, auf Mandarin, Kantonesisch und Japanisch klingen die Worte „Tod“ und „vier“ ausgesprochen nahezu gleich. Durch den Stress, den dieser Tag mit sich bringt, so der Rückschluss, erhöht sich wiederum die Anfälligkeit für Herzerkrankungen, was wiederum den Aberglauben stützt - eine selbst-erfüllende Prophezeiung. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 34 Soziale Kognition Inhaltsübersicht 3.1 Soziale Kognition - Grundlagen 3.2 Der Einzelne im sozialen Kontext: Persönlichkeit und Identität 3.3 Soziale Wahrnehmung 3.4 Attribution 3.5 Automatische Prozesse 3.6 Stereotype 3.7 Eindrucksbildung 3.8 Urteilsbildung Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 35 Soziale Kognition Attribution Grundlagen: • Zentrale Frage: „Warum?“ oder „Wie erklären sich Menschen die Gründe für ihr eigenes Verhalten oder das Verhalten anderer?“ Ist der Beobachter dieselbe Person wie der Handelnde, spricht man von Selbstattribution (des eigenen Verhaltens). • Bedeutung: Attribution bedeutet „Ursachenzuschreibung“. Die Bezeichnung Kausalattribution hat genaugenommen eine erweiterte Bedeutung (≈ „Gründe für die Ursache“), wird jedoch meist synonym verwendet. • Ziel: Wahrgenommene Ursachen werden interpretiert - diese können von den tatsächlichen abweichen. Es geht also nicht um objektive Ursachen für Handlungen und Ereignisse, sondern um die Vermutungen der Menschen. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 36 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 36 Soziale Kognition Attribution Grundlagen: • Anfänge: Geprägt wurde das Konstrukt von Fritz Heider (1958). Er untersuchte hierzu auf einer gestaltpsychologischen Basis, wie sich Menschen das Verhalten ihrer Mitmenschen erklärten – insbes. in Bezug auf deren Dispositionen: „Wenn wir das Verhalten von Menschen verstehen und vorhersagen wollen, müssen wir wissen, was die Menschen glauben und denken, weil das ihr Verhalten steuert.“ (Fritz Heider) Das Verhalten wird in seiner Theorie einerseits auf Persönlichkeitsvariablen (internale Faktoren) und andererseits auf Umgebungsvariablen (externale Faktoren) zurückgeführt, z.B.: „Sie schimpft ihn,“ (bzw. „Er schimpft sie,“) : weil sie (er) schnell verärgert ist (internaler Faktor) er ihren Hochzeitstag (sie sein Fußballspiel) vergessen hat ;-) (externaler Faktor). Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 37 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 37 Soziale Kognition Attribution Attributionsmodell nach Heider (auf Basis der Feldtheorie Lewins): Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 38 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 38 Soziale Kognition Attribution Dimensionen der Attribution: • Lokation/Personabhängigkeit (internal vs. external): Liegt die Ursache für ein Verhalten oder Erleben in der Person (internale Faktoren) oder in der Situation (externale Faktoren)? • Stabilität über die Zeit (stabil vs. variabel): Ist die Ursache für ein Verhalten oder Erleben über die Zeit stabil (z.B. Fähigkeiten, Schwierigkeit) oder variabel (z.B. Anstrengung, Zufall)? • Kontrollierbarkeit (kontrollierbar vs. machtlos): Unterliegt das Verhalten oder Erleben der willentlichen Kontrolle des Handelnden oder ist es ein automatischer/willkürlicher Prozess? • Globalität (global vs. spezifisch): Ist eine Ursache für ein Verhalten oder Erleben über viele Situationen hinweg wirksam oder nur in bestimmten Situationen. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 39 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 39 Soziale Kognition Attribution Theorie der leistungsbezogenen Attribution (Weiner 1979): • Erfolge und Misserfolge veranlassen uns in hohem Maße zu Attributionen und somit auf künftige Erwartungen, Motivationen oder Emotionen. Drei grundlegende Kausalfaktoren bestimmen diesen Prozess: Lokation, Stabilität und Kontrollierbarkeit. Internale Ursache Externale Ursache stabil kontrollierbar: Fertigkeit unkontrollierbar: Begabung kontrollierbar: soziale Kontakte unkontrollierbar: Aufgabenschwierigkeit variabel kontrollierbar: Anstrengung unkontrollierbar: Stimmung, Energie kontrollierbar: Rat, Unterstützung unkontrollierbar: Glück und Zufall Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 40 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 40 Soziale Kognition Attribution Kovariationstheorie (Kelley 1967) - 3 Arten von Informationen: • Distinktheitsinformationen Informationen darüber, wie sich die Person bei verschiedenen Stimuli verhält: hohe Distinktheit: Die Person reagiert auf verschiedene Stimuli anders. • Konsistenzinformationen Informationen darüber, wie der Handelnde - bezogen auf den gleichen Stimulus - in verschiedenen Situationen reagiert: hohe Konsistenz: Die Person reagiert auf diesen Stimulus auch in verschiedenen Situationen auf die gezeigte Art und Weise. • Konsensusinformationen Informationen darüber, ob und wie sich andere Menschen in derselben Situation verhalten: hoher Konsensus: Andere Personen reagieren auf den gleichen Stimulus in der gleichen Art und Weise. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 41 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 41 Soziale Kognition Attribution Theorie der erlernten Hilflosigkeit (Seligman 1975): • Erleben Menschen sich und ihre Handlungen als wirkungslos, so kann die Erwartungshaltung entstehen, dass auch zukünftige Handlungen keine Auswirkungen haben werden. Entwickelt als lerntheoretische Erklärung für Depressionen. Kontingenz von Handlung und deren Erfolg stehen im Fokus. Abb. aus: Jonas et al. 2007, S. 87 Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 42 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 42 Soziale Kognition Attribution Attributionsfehler und -verzerrungen • Attributionen werden häufig nicht ausschließlich rational getätigt, so dass es zu Verzerrungen (engl. bias) in der Informationsverarbeitung kommen kann. • Insbesondere unter Zeitdruck bzw. bei schnellen und kurzfristigen Attributionen kommt es Attributionsverzerrungen (vgl. „erster Eindruck“ Kap. 7 oder Gefühlsheuristik Kap. 8). • Die bekanntesten Attributionsverzerrungen sind: Selbstwertdienliche Verzerrung (self-serving-bias; vgl. Kap. 2) Korrespondenzverzerrung oder Fundamentaler Attributionsfehler Akteur-Beobachter-Divergenz Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 43 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 43 Soziale Kognition Attribution Attributionsfehler - Korrespondenzverzerrung: • Definition: Die Tendenz, das Verhalten anderer Menschen überwiegend anhand von Persönlichkeitsmerkmalen (internale Faktoren) zu erklären und dabei die Macht des sozialen Einflusses (externale Faktoren) zu unterschätzen. • Experiment von Jones & Harris (1967): TN sollten einschätzen, wie eine Person zu Fidel Castro eingestellt ist. Hierzu sollten sie einen Aufsatz lesen, in dem sich diese Person (ein Kommilitone der teilnehmenden Studierenden) für Castro aussprach. Der 1. TN-Gruppe wurde mitgeteilt: „Der Kommilitone konnte sich frei zu einer Haltung entscheiden.“ Bei der 2. Gruppe sei der Kommilitone zu einer pro-Castro Haltung aufgefordert worden. Trotz der Verpflichtung zur pro-Castro Haltung wurde in der 2. Gruppe in der Mehrheit eine solche zugeschrieben. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 44 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 44 Soziale Kognition Attribution Attributionsfehler - Korrespondenzverzerrung: Experiment von Ross, Amabile & Steinmetz (1977): • Simulation einer Quizshow. Randomisierte Zuweisung der Rollen des Quizmasters, des Kandidaten und des Beobachters an die TN. • Der Quizmaster sollte sich 10 Fragen zur Allgemeinbildung ausdenken, die herausfordernd, aber nicht unlösbar sein sollten. Sowohl die Kandidaten selbst als auch die Quizmaster bewerteten die Kandidaten signifikant schlechter als die Quizmaster. Abb. aus: Jonas et al. 2007, S. 93-93 Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 45 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 45 Soziale Kognition Attribution Korrespondenzverzerrung: Experiment von Ross, Amabile & Steinmetz (1977): • Kandidaten und Beobachter bewerteten den Unterschied zwischen Quizmaster und Kandidaten deutlich größer als die Quizmaster • In einem unabhängigen „Kontrollquiz“ aller Teilnehmer wurde kein signifikanter Fähigkeitsunterschied zwischen den Untersuchungsteilnehmern festgestellt. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition Abb. aus: Jonas et al. 2007, S. 94 46 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 46 Soziale Kognition Attribution Attributionsfehler - Korrespondenzverzerrung: Kulturelle Abhängigkeiten - Untersuchung von Miller (1984) • Befragte Kinder, Jugendliche und Erwachsene in Indien und den USA, bezüglich Erklärungen, die diese für abweichendes und prosoziales Verhalten gaben. Im Laufe der Entwicklung scheinen US-Amerikaner zu lernen, dispositionale Erklärungsansätze zu bevorzugen, im Gegensatz zu hinduistischen Indern. Vgl. Sozialisation in Foliensatz zur Soziale Gruppen Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition Abb. aus: Jonas et al. 2007, S. 97 47 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 47 Soziale Kognition Attribution Attributionsfehler - Akteur-Beobachter-Divergenz: • Definition: Menschen neigen dazu, ihr eigenes Verhalten eher auf die Situation und das Verhalten anderer eher auf deren Dispositionen zu attribuieren. • Gründe sind u.a.: 1. Jeder verfügt über ein großes Spektrum an Konsistenzinformationen zu seiner eigenen Person. Dadurch wird eher die aktuelle Situation mit anderen verglichen, um das eigene Verhalten zu attribuieren. Die Bandbreite der Informationen über den beobachteten Akteur in unterschiedlichen Kontexten ist dagegen eher gering, daher wird eher auf die Persönlichkeit als auf die Situation geschlossen. 2. Die Beobachtung eines Akteurs verlangt vom Beobachter einen gewissen Grad an Aufmerksamkeit ( perzeptuelle Salienz). Werden andere Personen fokussiert, verringern sich die wahrgenommenen Details der Situation. Ist man selbst Akteur ist die Aufmerksamkeit hingegen stark auf die Umgebung ausgerichtet. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 48 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 48 Soziale Kognition Attribution Attributionsfehler - Akteur-Beobachter-Divergenz: Experiment von Storms (1973): Ausgangshypothese: Die divergierende optische Perspektive von Akteur und Beobachter führt zu unterschiedlichen Attributionen. Experimentelles Design (vgl. Abb. nächste Folie): 1. Phase: Zwei TN sollten ein Kennenlerngespräch führen, dabei wurde jeder von einem weiteren TN beobachtet. Zusätzlich wurden die beiden Gesprächspartner jeweils einzeln gefilmt. 2. Phase: Experimentelle Manipulation: Gruppe 1 erhält keine weitere Beeinflussung, Gruppe 2 sieht das aufgenommene Video mit gleichem Blickwinkel an und Gruppe 3 sah das Video aus veränderter Perspektive. 3. Phase: Attribution des Verhaltens der Akteure durch die Beobachter und sich selbst, bezogen auf den Anteil persönlicher und situativer Variablen. Die Verwendung situativer Attributionen hängt stark von der Beobachtungsperspektive ab. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 49 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 49 Soziale Kognition Attribution Akteur-Beobachter-Divergenz - Storms (1973) : Abb. aus: Jonas et al. 2007, S. 99 Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 50 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 50 Soziale Kognition Attribution Attributionsfehler - Akteur-Beobachter-Divergenz: Experiment von Storms (1973) - Ergebnisse: Die Verwendung situativer Attributionen hängt stark von der Beobachtungsperspektive ab. Unaufmerksamkeit gegenüber situativen Faktoren kann korrigiert werden, indem die Perspektive bzw. die Aufmerksamkeit manipuliert wird. Abb. aus: Jonas et al. 2007, S. 100 Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 51 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 51 Soziale Kognition Inhaltsübersicht 3.1 Soziale Kognition - Grundlagen 3.2 Der Einzelne im sozialen Kontext: Persönlichkeit und Identität 3.3 Soziale Wahrnehmung 3.4 Attribution 3.5 Automatische Prozesse 3.6 Stereotype 3.7 Eindrucksbildung 3.8 Urteilsbildung Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 52 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 52 Soziale Kognition Automatische Prozesse Eigenschaften automatischer Prozesse (Bargh, 1994): • Bewusstheit: Wie explizit wird ein gegebener Reiz und/oder dessen Einfluss auf das eigene Denken, Fühlen und Verhalten wahrgenommen? • Intentionalität: Wird ein Verhalten gezielt ausgelöst oder läuft es ohne vorangegangene Absicht ab? • Effizienz: Konsumiert ein Prozess in starkem Maße kognitive Ressourcen, oder verläuft er mit wenigen kognitiven Kosten? • Kontrollierbarkeit: Wie stark ist der Verlauf eines Prozesses durch die Person selbst beherrschbar und lenkbar? Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 53 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 53 Soziale Kognition Automatische Prozesse Nachweis automatischer Prozesse: Der empirische Nachweis erfolgt meistens nach dem gleichen Schema: 1. Aktivierung von kognitiven Konzepten (Priming) durch Verfassen von Essays, Betrachten komplexer Stimuli oder subliminaler Präsentationen unterhalb der Wahrnehmungsschwelle, z.B.: Fotos von Farbigen und Weißen zur Untersuchung ethnischer Stereotype. 2. Anwendung der kognitiven Konzepte durch Präsentation eines weiteren Reizes, der bestimmten Kategorien zugeordnet werden muss, z.B.: Beschreibungen positiver und negativer Eigenschaften. 3. Retrospektive Introspektion: Nach dem Experiment werden die Teilnehmer zu Wahrnehmung der Untersuchungssituation befragt. Sind nachweisbare Zusammenhänge zwischen Aktivierung und Anwendung des Konzepts vorhanden, ohne dass die Vpn die Aktivierung bemerken, so wird auf einen automatischen Prozess geschlossen. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 54 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 54 Soziale Kognition Automatische Prozesse Exkurs: Priming • Unterschwellige Wahrnehmung: Annahme: Reize, die nicht bewusst erkannt oder entdeckt werden können, haben trotzdem Einfluss auf das Erleben und Verhalten. Bsp.-“Experiment“: Vicary-Studie : Unterschwellige Werbung zur Anregung von Cola- und Popcornkonsum? Ergebnisse tatsächlich durchgeführter Studien: Langanhaltende konkrete Verhaltensänderungen konnten nicht nachgewiesen werden. Einfluss der unterschwelligen Beeinflussung wirkt äußerst kurzfristig und verblasst schnell (häufig innerhalb einer/weniger Sekunden). Unterschwellige Werbung erzielt keine besseren Ergebnisse gegenüber überschwelliger Werbung. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 55 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 55 Soziale Kognition Automatische Prozesse Exkurs: Priming Nachweis unterschwelliger Wahrnehmung: Versuch zum affektiven Priming (Fazio et al. 1968): Versuchsablauf: Bearbeitung einer Reihe von Zielwörtern am Computerbildschirm. Jeweils Entscheidung, ob es sich um ein positiv oder negativ besetztes Wort handelt: Tastendruck so korrekt und schnell wie möglich. Vor den Zielwörtern werden für einige Millisekunden Primewörter eingeblendet, die nicht bewusst wahrgenommen werden können. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 56 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 56 Soziale Kognition Automatische Prozesse Exkurs: Priming Nachweis unterschwelliger Wahrnehmung: Versuch zum affektiven Priming (Fazio et al. 1968): • Struktur: Dabei ergeben sich kompatible Wortpaare (z.B.: Primewort = freudig, Zielwort = friedlich, bzw. feige und fies) und inkompatible Wortpaare (z.B. freudig und feige oder fies und friedlich). AV: Zeit und Passung/Fehleranzahl der Prime-Zielwort-Zuordnung. • Ergebnis: Bei Durchgängen, in denen Prime- und Zielwort übereinstimmen kommt es zu signifikant weniger Fehlern als bei inkompatiblen Wortpaaren (Affektiver Priming-Effekt). Experimentelle Kontrolle: Sollen die Primewörter klassifiziert werden, findet man eine Leistung, die einer zufälligen Ratewahrscheinlichkeit entspricht! Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition • 57 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 57 Soziale Kognition Automatische Prozesse Exkurs: Priming Priming im engeren Sinne: • Kognitive Konzepte oder Verhaltenskonzepte werden voraktiviert und ihre Auftretenswahrscheinlichkeit dadurch größer, z.B.: Sie haben kürzlich einen Film über die Feuerwehrmänner von Ground Zero gesehen. Zweideutiges Verhalten einer anderen Person werden Sie mit höherer Wahrscheinlichkeit als hilfsbereit interpretieren denn als aggressiv. Insbesondere leicht zugängliches Vorwissen (auch im Sinne von Zielen, Erwartungen, Verhaltensweisen etc.) sowie kürzlich erlebte Inhalte beeinflussen die neue Informationsverarbeitung und somit aktuelle Verhaltensweisen ( vgl. Verfügbarkeitsheuristik Kap. 8). Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 58 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 58 Soziale Kognition Automatische Prozesse Automatisches Verhalten: • Häufig passen wir gezeigtes Verhalten an Geschehnisse in der Umgebung an. Bargh & Chartrand (1999) zeigten, dass Vpn dann häufiger an ihren Augen rieben oder mit den Füßen wippten, wenn ein Konfident dieses Verhalten zeigte. Bei einer Nachbefragung konnten sich die Vpn nicht an diese Nachahmung erinnern. • Experiment von Bargh et al. (1996) zur Konzeptaktivierung auf die Verhaltenssteuerung: Verlauf: Zunächst wurden durch Priming die Konzepte „höflich“ oder „rüde“ bzw. in einer KG kein Konzept aktiviert. Anschließend sollten die Vpn den VL in einem Nebenraum aufsuchen, wo dieser gerade einem Konfidenten eine Aufgabe erklärte und die Vpn ignorierte. Ergebnis:20% der „höflich“ geprimeten, 40% der neutralen und 60% der „rüde“ geprimeten Vpn unterbrachen den VL. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 59 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 59 Soziale Kognition Automatische Prozesse Normaktivierung und automatisches Verhalten: Experiment von Aarts & Dijksterhuis (2003): Hypothese: Gesellschaftliche Normen beeinflussen bei Aktivierung als automatischer Prozess das Verhalten. Verlauf: 1. Darbietung von Photos (darunter 4 edle Restaurants) mit jeweiliger Präsentation einer Verhaltensweise (z.B. sich-gut-benehmen). Anschließend Angabe, ob die Verhaltensweise der Norm der auf dem Foto gezeigten Situation angemessen ist. Messung der Reaktionszeiten zum Nachweis der Verinnerlichung der jeweiligen sozialen Norm. 2. Einen Monat später weiterer Versuch mit den Vpn: Präsentation des Fotos eines edlen Restaurants oder eines Bahnsteigs. Anschließend sollten die Teilnehmer einen Keks essen, der dabei sehr bröselte. AV: Häufigkeit, mit der die Vpn die Krümel vom sauberen Tisch wischten. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 60 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 60 Soziale Kognition Automatische Prozesse Normaktivierung und automatisches Verhalten: Experiment von Aarts & Dijksterhuis (2003): Ergebnis: Häufigkeit des Tisch-Reinigens korrelierte sowohl mit dem Prime (in 2. entweder Bahnhof oder Restaurant), als auch mit der Verinnerlichung der restaurant-spezifischen Normen (in 1.) und mit der Interaktion zwischen Priming und Normen. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 61 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 61 Soziale Kognition Inhaltsübersicht 3.1 Soziale Kognition - Grundlagen 3.2 Der Einzelne im sozialen Kontext: Persönlichkeit und Identität 3.3 Soziale Wahrnehmung 3.4 Attribution 3.5 Automatische Prozesse 3.6 Stereotype 3.7 Eindrucksbildung 3.8 Urteilsbildung Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 62 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 62 Soziale Kognition Stereotype Stereotyp, Vorurteil und Diskriminierung: • Alle drei Konstrukte beinhalten Einstellungen gegenüber oder Bewertungen einer oder mehrerer Personen auf der Grundlage der Zugehörigkeit zu einer Fremdgruppe. • Die drei Konstrukte unterscheiden sich hinsichtlich folgender Komponenten: Kognitive Komponente: Steht bei der Funktionalität der Stereotype im Vordergrund. Affektive oder emotionale Komponente: Beim Vorurteil werden insbesondere affektive Erlebensmuster aktiviert. Verhaltenskomponente: Verhalten auf der Grundlage von Stereotypen für zu Diskriminierung. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 63 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 63 Soziale Kognition Stereotype Funktion von Stereotypen: • Stereotype sind generische Wissensstrukturen, die uns helfen: – neue Informationen zu strukturieren – neue Informationen zu vereinfachen – neue Informationen zu interpretieren und über sie hinaus zu gehen – vergangene Ereignisse zu rekonstruieren – Erwartungen über die Zukunft zu entwickeln – unser Selbstwertgefühl aufrecht zu erhalten vgl. abwärts gerichtete soziale Vergleiche Stereotype beeinflussen die Aufmerksamkeit während Kodierung, Enkodierung, Verarbeitung und Abruf von Informationen. Stereotype sind oft nicht so „fehlerhaft“, sondern stimmen scheinbar häufig mit „tatsächlichen Unterschieden“ überein. Allerdings Kausalität schwer zu bestimmen ( Selbsterfüllende Prophezeiung!) Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 64 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 64 Soziale Kognition Stereotype Stereotype und Eindrucksbildung: Police Officers‘ Dilemma (Payne 2001): • Auslöser: Bei einer Personenkontrolle 1998 wird ein Schwarzer mit 41 Schüssen getötet: Trotz „Don‘t Move!“ wollte er seinen Pass aus der Tasche ziehen, was als Ziehen einer Waffe von den Polizisten interpretiert wurde. Frage: Hätten Polizisten bei einem Weißen anders gehandelt? • Verlauf: Vpn wird zunächst als Prime ein Foto eines weißen bzw. eines schwarzen Mannes gezeigt (200ms). Nach Unterbrechung durch eine Maske am Bildschirm wird ein Bild einer Pistole oder eines Akkuschraubers gezeigt (200ms). Die Vpn sollen entscheiden, ob es sich bei dem zweiten Bild um eine Waffe oder ein Werkzeug handelt. AV: Korrekte Zuordnung und Dauer zwischen Bild und Entscheidung. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 65 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 65 Soziale Kognition Stereotype Stereotype und Eindrucksbildung: Police Officers‘ Dilemma (Payne 2001): Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 66 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 66 Soziale Kognition Stereotype Entstehung von Stereotypen und Vorurteilen: • Soziale Kategorisierung: Stereotype fungieren als Hilfsmittel der sozialen Wahrnehmung. Um die komplexen Informationen der Umwelt erfassen zu können, organisieren diese die Umwelt, indem sie einzelne Objekte zu Gruppen zusammenfassen. • Rechtfertigungstheorie: Vorurteile können aufgrund entstehen des verschiedenen sozialen oder ökonomischen Status von Menschen und Gruppen entstehen und dienen der ranghöheren Gruppe als Rechtfertigung für ihr Position. • Ingroup-Bias: Überbewertung der eigenen bei gleichzeitiger Abwertung der Fremdgruppe. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 67 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 67 Soziale Kognition Stereotype Entstehung von Stereotypen und Vorurteilen: • Frustration und Aggression: Durch Angsterleben und Frustration kann Feindseligkeit entstehen, wenn für diese Leidenssituation kein Verantwortlicher zu benennen ist (vgl. Kap. 5.). Dann werden „Sündenböcke“ gesucht, auf die die aggressiven Verhaltensweisen übertragen werden (displaced aggression o. „scapegoating“), z.B.: Ausländer die den Deutschen die Arbeitsplätze „wegnehmen“. • Realistic Group Conflict Theory (vgl. Sherif in Kap. 1): Vorurteile entstehen aus der Konkurrenz von mehreren Gruppen um knappe Ressourcen. Je größer die Knappheit umso mehr Vorurteile entstehen. • Bedürfnis nach Status und Gruppenzugehörigkeit: Um das eigene Selbstbild als überlegen wahrzunehmen, sind andere Menschen notwendig, die unterhalb des eigenen Ranges sind. vgl. Bedürfnispyramide nach Maslow Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 68 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 68 Soziale Kognition Stereotype Entstehung von Stereotypen und Vorurteilen: • Illusion der Reaktanz auf Andersartigkeit ( vgl. Spotlight-Effekt): Menschen gehen fälschlicherweise davon aus, dass andere auf ihre empfundene Andersartigkeit reagieren. Experiment von Kleck & Strenta (1980): Verlauf: Zunächst werden Vpn „verunstaltet“ (mit Schminke übertrieben im Gesicht angemalt). Anschließend wird diese „Verunstaltung“ wieder rückgängig gemacht (Abschminken) und daraufhin sprechen die Vpn mit einer neutralen Person (Konfident). KG wurde nicht „verunstaltet“. Ergebnis: Die EG beschreibt das Verhalten ihres Gesprächspartner als herablassend, distanziert und angespannt. Anders als die KG, die in ihrer Beschreibung des Gegenübers eher neutral blieb. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 69 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 69 Soziale Kognition Stereotype Entstehung von Stereotypen und Vorurteilen: • durch Verfügbarkeitsheuristiken ( vgl. 3.8): Extreme können leichter aus dem Gedächtnis abgerufen werden und können daher das Bild einer Gruppe dominieren. • Korrelationsillusion: Treten zwei ungewöhnliche Ereignisse gleichzeitig auf, so zieht dies mehr Aufmerksamkeit auf sich, als Situationen mit nur einem oder keinem ungewöhnlichen Ereignis. Zwischen beiden Ereignissen wird ein Zusammenhang vermutet und daraus ein Stereotyp abgeleitet. • Das „Gerechte-Welt-Phänomen“ (Lerner 1980): Bezeichnet die Tendenz des Menschen, zu glauben, dass die Welt „gerecht“ ist und jeder bekommt, was ihm zusteht. Vergleiche auch: Blaming-the-Victim-Phänomen. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 70 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 70 Soziale Kognition Inhaltsübersicht 3.1 Soziale Kognition - Grundlagen 3.2 Der Einzelne im sozialen Kontext: Persönlichkeit und Identität 3.3 Soziale Wahrnehmung 3.4 Attribution 3.5 Automatische Prozesse 3.6 Stereotype 3.7 Eindrucksbildung 3.8 Urteilsbildung Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 71 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 71 Soziale Kognition Eindrucksbildung Zentrale Frage: • Wie werden verschiedene Einzelinformationen über eine Person zu einem Gesamteindruck zusammen gesetzt? Je nachdem wie bewusst verfügbar diese Informationen sind, müssen unterschiedliche Messmethoden zur empirischen Untersuchung genutzt werden Direkte Maße: • Sie erfordern die bewusste und explizite Beurteilung einer Person. • Beispiele sind: – Bewertung (Rating) – Freie Beschreibung (Abstract) – Zuordnung (Assignment) Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 72 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 72 Soziale Kognition Eindrucksbildung Beispiel für Ergebnisse direkter Eindrucksmessung: • Den zentralen Eigenschaften „warm-“ und „kalt(herzig)“ konnte Asch (1946) folgende Beziehung zu peripheren Eigenschaften zuordnen: Abb. aus: Jonas et al. 2007, S. 72 Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 73 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 73 Soziale Kognition Eindrucksbildung Beispiel für Ergebnisse direkter Eindrucksmessung: • Auch die Reihenfolge der Darbietung von Eigenschaften spielt bei der Eindrucksbildung eine Rolle. Experiment von Asch (1946): Verlauf: Alle Pbn erhalten die gleiche Liste mit Eigenschaften, jedoch in verschiedener Anordnung. Ergebnis: Primacy-Effekt auch bei der Eindrucksbildung. Der Gesamteindruck einer Person ist signifikant positiver, wenn die positiven Eigenschaften (z.B. intelligent/fleißig) am Anfang der Darbietung stehen. signifikant negativer, wenn die negativen Eigenschaften (z.B. neidisch) am Anfang der Darbietung stehen. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 74 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 74 Soziale Kognition Eindrucksbildung Zentrale Ergebnisse von Aschs Untersuchungen: • Nach Asch ist die Eindrucksbildung von folgenden Faktoren abhängig: Hierarchienbildung: Eigenschaften können zentrale oder auch periphere Bedeutung im Gesamteindruck erhalten. Zeitliche Strukturierung: Die Anfangsinformationen haben ein stärkeres Gewicht und beeinflussen die Bedeutung der nachfolgenden Informationen. Einbettung in den Kontext: Bedeutungsunterschiede einzelner Eigenschaften in Abhängigkeit von anderen Eigenschaften. Der Mensch bildet sich aus wenigen Eigenschaften einen Gesamteindruck seines Gegenübers. Dem „ersten Eindruck“ kommt dementsprechend eine zentrale Bedeutung in der Eindrucksbildung zu ( vgl. Gestalttheorie). Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 75 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 75 Soziale Kognition Eindrucksbildung Indirekte Maße zur Eindrucksmessung: Indirekte Maße zur Eindrucksforschung wurden insbesondere in neueren Studien ab den 90er Jahren verwendet. Diese erfordern keine bewusste und ausdrückliche Beurteilung einer Person. Priming-Effekte und Zugänglichkeit zu Informationen sowie die kontextuelle Bedeutungszuschreibung spielen bei diesen Methoden eine große Rolle. Zentrale Ergebnisse: Personeneigenschaften werden automatisch aus Verhaltensbeschreibungen geschlossen. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 76 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 76 Soziale Kognition Eindrucksbildung Indirekte Maße zur Eindrucksmessung: • Vorteile: geringe Verfälschbarkeit der Daten hohe Auswertungsobjektivität im Vergleich zu anderen, älteren indirekten Messverfahren (z.B. Rohrschach-Test) soziale Erwünschtheit kann relativ gemindert werden • Nachteile: Zusammenhang zwischen Operationalisierung und Konstrukt ist nicht immer deutlich: Wird wirklich der Eindruck gemessen? (geringe Konstruktvalidität) Auch die Reliabilität der Messverfahren ist relativ gering Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 77 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 77 Soziale Kognition Eindrucksbildung Beispiel und Ergebnisse indirekter Messverfahren: Lexikalische Entscheidungsaufgabe: Verlauf: Den Vpn wird auditiv ein Satz (Situationsbeschreibung) dargeboten, z.B.: EG: „John tritt seiner Freundin beim Tanzen auf die Zehen *.“ KG: „Der Fernseher steht in der hinteren Ecke des Zimmers *.“ Bei * wird den Vpn visuell ein Zielreiz dargeboten, z.B.: „tapsig“. Anschließend muss per Tastendruck eine Frage beantwortet werden, z.B.: „Ist der Zielreiz ein Wort?“ AV: Reaktionszeit zwischen Zielreiz und Tastendruck. Ergebnis: Reaktionszeit von EG: 1310 ms, von KG: 1430 ms Stimmen Eindruck und Zielreiz überein, gelingt der Zugriff auf bekannte sprachliche Bedeutungsmuster schneller. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 78 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 78 Soziale Kognition Eindrucksbildung Beispiel und Ergebnisse indirekter Messverfahren: Wortstamm-Ergänzungsaufgaben (Whitney et al. 1990): Verlauf: Den Vpn wird ein Satz dargeboten, z.B.: EG: Satz mit Verhaltensbeschreibung (dispositionale Implikation): „John löst jedes Schachproblem in kurzer Zeit.“ KG: Neutraler Satz: „Der Apfelbaum trägt in diesem Jahr viele Früchte.“ Anschließend sollen die Vpn ein Wort ergänzen, z.B.: IN_________ Ergebnis: Dispositionale Eigenschaften, die mit dem gegebenen Reiz in Zusammenhang gebracht werden (z.B. „intelligent“) werden bei EG deutlich häufiger (im Beispiel 31% der Nennungen) als bei KG (im Beispiel 10%) genannt. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 79 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 79 Soziale Kognition Eindrucksbildung Beispiel und Ergebnisse von Gedächtnismaßen: Experiment zum Inkonsistenzeffekt (Hastie & Kumar 1979): Verlauf: Vpn erhalten eine Personenbeschreibung in Form einer Eigenschaftsliste (intelligent, gescheit, schnell, sachkundig, ...). Anschließend werden verschiedene Verhaltensweisen der Person geschildert. 3 mögliche Beziehungen zwischen Eigenschaften und Verhaltensweisen: o kongruent (z.B. „Gewinnt ein Schachturnier.“) o inkongruent (z.B. „Machte dreimal den gleichen Fehler.“) o irrelevant (z.B. „Bestellte einen Cheeseburger zum Essen.“) AV: Abruf der Verhaltensweisen durch freie Reproduktion Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 80 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 80 Soziale Kognition Eindrucksbildung Beispiel und Ergebnisse von Gedächtnismaßen: Experiment zum Inkonsistenzeffekt (Hastie & Kumar 1979): − Ergebnisse: Abb. aus: Jonas et al. 2003 Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 81 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 81 Soziale Kognition Eindrucksbildung Zentrale Ergebnisse der Untersuchungen mittels Gedächtnismaß: • Das Personengedächtnis beeinflusst den Eindruck von einer Person in hohem Maße. • Dabei können inkonsistente Personenmerkmale besser erinnert werden als konsistente Informationen (Inkonsistenzeffekt). • Je weniger inkonsistente Eigenschaften präsentiert werden, desto besser können diese erinnert werden. Gedächtnislücken werden durch Raten in Richtung der Erwartungskonsistenz gefüllt (stereotyp-basiertes Raten, vgl. Zeugenaussagen). Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 82 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 82 Soziale Kognition Inhaltsübersicht 3.1 Soziale Kognition - Grundlagen 3.2 Der Einzelne im sozialen Kontext: Persönlichkeit und Identität 3.3 Soziale Wahrnehmung 3.4 Attribution 3.5 Automatische Prozesse 3.6 Stereotype 3.7 Eindrucksbildung 3.8 Urteilsbildung Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 83 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 83 Soziale Kognition Urteilsbildung Zur Urteilsbildung (= Vorgang, der zur Feststellung eines Ergebnisses führt) werden auch im sozialen Kontext Heuristiken zu Hilfe genommen: Definition Heuristik: Eine Heuristik ist „eine kognitive Faustregel, die Menschen verwenden, um zu einem Urteil zu gelangen. Heuristiken liefern zwar häufig zutreffende Ergebnisse, wegen ihres vereinfachenden Charakters aber nicht immer. Soziale Stereotype können als Beispiele für Heuristiken angesehen werden.“ (Jonas et al. 2007, 114) Anhand der Regeln und Prinzipien, die durch Heuristiken repräsentiert werden, sind wir in der Lage schnelle soziale Urteile zu fällen, die jedoch nicht immer korrekt sein müssen. Heuristiken werden vor allem dann deutlich, wenn sie versagen, also wenn Urteilsverzerrungen und -fehler auftreten. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 84 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 84 Soziale Kognition Urteilsbildung Zu den häufigsten Heuristiken zählen u.a.: • Repräsentativitätsheuristiken • Ankerheuristiken • Verfügbarkeitsheuristiken • Gefühlsheuristiken Zudem wird die Urteilsbildung von Framing-Effekten und der Logik der Konversation beeinflusst. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 85 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 85 Soziale Kognition Urteilsbildung Repräsentativitätsheuristik • Def. Repräsentativität: Repräsentativität ist der geschätzte Grad an Übereinstimmung zwischen einer Stichprobe und der dazugehörigen Grundgesamtheit. • Repräsentativität und Eindrucksbildung Vgl. Erwartungskonstistenz, z.B.: Oktoberfest/Maibaumfest: Mann mit Lederhose und großem Bierglas in der Hand Der Mann ist ein Bayer Der Mann spricht bayerischen Dialekt Der Mann kann Schuhplattln ... • Repräsentativität und Urteilsbildung: Im sozialen Urteil lassen wir uns häufig von Repräsentativitätsheuristiken leiten und vernachlässigen zusätzliche Informationen (vgl. zentrale und periphere Merkmale). Dabei werden die Regeln der Wahrscheinlichkeit verletzt, wenn konjunkte Eigenschaften für wahrscheinlicher gehalten werden als einzelne Eigenschaften. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 86 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 86 Soziale Kognition Urteilsbildung Ankerheuristik • Def. Anker: Vorhandene Elemente einer kognitiven Operation beeinflussen deren Ergebnis, indem neue Informationen untergewichtet werden. Diese vorhandenen Elemente bilden Verankerungspunkte der Urteilsbildung, an denen die Operation festgemacht wird. • Beispiel: Anker und juristische Urteile (Englich & Mussweiler, 2001): Verlauf: 16 Richtern mit langer Berufserfahrung, wird ein Vergewaltigungsdelikt geschildert. Zudem wurde Ihnen mitgeteilt, dass ein Informatikstudent ein Strafmaß von 12 Monaten (Gruppe 1) bzw. von 32 Monaten (Gruppe 2) vorschlagen würde. Die Richter sollten vorgeblich die Angemessenheit des Vorschlags beurteilen. AV: Richter setzen selbst ein Strafmaß fest. Ergebnis: Niedriger Anker: 28 Monate, hoher Anker: 35 Monate. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 87 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 87 Soziale Kognition Urteilsbildung Ankerheuristik Beispiel: Anker und Verhandlungen (Mussweiler & Galinsky 2002): Grundlage: Verhandlungssituationen sind typischerweise von großer Informationsunsicherheit geprägt. Ankerheuristik beliebiger Wert beeinflusst Ergebnis der Verhandlungen. Effekt ist robust gegen Expertise und Plausibilität! Untersuchungsdesign: 38 Dyaden (MBS-Studenten an einer amerikanischen Business-School) verhandeln Verkauf eines Pharmakonzerns. Dabei übernehmen sie entweder die Rolle des Käufers oder die des Verkäufers. Informationen für beide: Kaufpreis 15 Mio $ vor 3 J.; Schätzwert vor 2 Jahren 19 Mio $; ähnliches Objekt ist gerade für 26 Mio $ verkauft worden Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 88 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 88 Soziale Kognition Urteilsbildung Ankerheuristik Beispiel: Anker und Verhandlungen (Mussweiler & Galinsky 2002): 2x2 Design ( 4 mögliche Paarungen): Erstes Gebot durch Käufer Verkäufer Ja BATNA Nein „Best alternative to a negotiated agreement“ (BATNA), hier: Für Käufer: Neubau kostet 25 Mio, dauert 1 Jahr Für Verkäufer: Abwicklung bringt 17 Mio. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 89 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 89 Soziale Kognition Urteilsbildung Ankerheuristik Beispiel: Anker und Verhandlungen (Mussweiler & Galinsky 2002): Ergebnis: Erstes Angebot durch Käufer Ø-Ergebnis: ca. 20 Mio. $ Niedriges Angebot durch Käufer (Ø: 16,5 Mio.$): Verkäufer assoziiert zunächst die Argumente, die einen niedrigen Preis rechtfertigen. Auf diesem Wissen basiert anschließend die Verhandlung. Erstes Gegenangebot durch Verkäufer: Erstes Angebot durch Verkäufer Ø 22,9 Mio.$ (ohne BATNA) Ø 24,8 Mio.$ (mit BATNA) Ø-Ergebnis: ca. 25 Mio. $ Hohes Angebot durch Verkäufer (Ø 26,6 Mio.$): Käufer assoziiert zunächst die Aspekte, die für einen hohen Preis sprechen. Erstes Gegenangebot durch Käufer: Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition Ø 21,3 Mio.$ (ohne BATNA) Ø 18,2 Mio.$ (mit BATNA) 90 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 90 Soziale Kognition Urteilsbildung Verfügbarkeitsheuristik • Definition: Sollen Urteile gefällt werden, orientieren sich Menschen häufig an den schnell verfügbaren Informationen. Dabei wird jedoch nicht immer berücksichtigt, ob diese Informationen auch auf einer repräsentativen Auswahl bestehen. • Die Verfügbarkeit ist u.a. von folgenden Effekten abhängig: Recency-Effekt Informationen, die erst vor kurzem aktiviert wurden Frequenz-Effekt Informationen, die häufig aktiviert werden Kontext-Effekt Information wurde in ähnlichem Kontext aktiviert Priming-Effekte Primes rufen korrelierende Informationen hervor Peak-End-Rule Längere Ereignisse werden im Nachhinein vor allem nach besonderen Einzelereignissen und Ereignissen am Ende beurteilt Moodcongruent-Recall In schlechter Stimmung können eher negat. Erinnerungen abgerufen werden, u. umgek. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 91 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 91 Soziale Kognition Urteilsbildung Verfügbarkeitsheuristik Beispiel: „Famous Name“-Experiment (Tversky & Kahnemann 1973) • Verlauf: Liste mit Namen von Männern und Frauen wird dargeboten. Gleich viele Männer und Frauen. Dabei werden die männlichen Namen mit Namen von Prominenten gemischt, die Frauennamen sind unbekannt – und umgekehrt. AV: Einschätzen, ob die Liste mehr Männer- oder mehr Frauennamen enthält. • Ergebnis: Vpn überschätzen (bis zu 80%) den Anteil der Gruppe, die mit prominenten Namen vermischt wurde. Zudem ist auch die Leichtigkeit, mit der verfügbare Informationen abgerufen werden können ausschlaggebend für die Anwendung von Verfügbarkeitsheuristiken. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 92 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 92 Soziale Kognition Urteilsbildung Gefühlsheuristik • Definition: Urteile, die unter Zeitdruck oder starkem sozialen Einfluss gefällt werden müssen, werden häufig eher auf der Basis von Emotionen denn auf Basis rationeller Überlegungen getroffen. • Beispiel: Spotlight-Effekt (Gilovich et al. 2000): Verlauf: Vpn sollten mit auffälligem T-Shirt (Portrait von Barry Manilow) in Seminarraum gehen. Zuvor Einschätzung, wie vielen Personen das T-Shirt auffallen würde. Anzahl weit überschätzt (Emotionen als Anker). Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 93 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 93 Soziale Kognition Urteilsbildung Weitere Einflüsse auf die Urteilsbildung: • Framing-Effekte: Das Antwortverhalten bei gezielte Fragestellung und das damit verbundene Urteil kann stärker von der Formulierung und der Einbettung in die Fragestellung abhängen, als von den konkreten Inhalten. • Logik der Konversation: Wenn Menschen Fragen beantworten und Urteile fällen sollen, dann gehen sie auch immer auf die vermutete Intention des Fragestellers ein. Diese Intention erschließen sie aus dem Kontext der Kommunikation. • Soziale Erwünschtheit: Auch in Urteilen streben Menschen danach, bestimmten Normen und Regeln gerecht zu werden. Daher werden auch Urteilsheuristiken von diesen Effekten beeinflusst. Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 94 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 94 Soziale Kognition Literatur Lehrbücher: • Aronson, E., Wilson, T.D. & Akert, R.M. (2008). Sozialpsychologie. München: Pearson Studium. • Baron, R. A., Branscombe, N. & Byrne, D. (2008). Social Psychology. Boston: Pearson. • Bierhoff, H.-W. & Frey, D. (Hrsg.)(2006). Handbuch der Sozialpsychologie und Kommunikationspsychologie. Göttingen: Hogrefe. • Gerrig, R. & Zimbardo, P. (2008). Psychologie. München: Pearson. • Jonas, K., Stroebe, W. & Hewstone, M. (Hrsg.) (2007). Sozialpsychologie. Heidelberg: Springer. • Marmet, O. (2006). Ich und du und so weiter. Kleine Einführung in die Sozialpsychologie. Weinheim: Beltz. • Werth, L. & Mayer, J. (2008). Sozialpsychologie. Berlin: Spektrum. Weitere Quellen und Literatur erhalten Sie gerne auf Anfrage oder in unseren Literaturempfehlungen unter www.hahnzog.de Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition 95 © hahnzog 2012 – Prof. Dr. Simon Hahnzog – Folie 95 hahnzog – organisationsberatung Prof. Dr. Simon Hahnzog Ringseisstr. 12 (Rgb.) 80337 München Tel.: 089 – 66 66 06 00 E-Mail: [email protected] Web: www.hahnzog.de © hahnzog 2012