Das Krankenhaus als Risiko? - St. Josef Krankenhaus Moers

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Das Krankenhaus als Risiko?
Die Risikoerfassung im Rahmen der Pflegeanamnese in der Pflegedokumentation
Damit die Patienten das Krankenhaus nicht kränker verlassen, als sie es betreten haben, ist es
wichtig auch die Risikofaktoren zu kennen, die nicht unmittelbar mit der Erkrankung zu tun
haben. Daher kommt der Risikoerfassung in der Dokumentation des St. Josef Krankenhauses
in Moers besondere Bedeutung zu. Die pflegerische Dokumentation spielt ohnehin eine zentrale Rolle, spiegelt sie doch den Zustand der Patienten, die notwendige Behandlung und den
Verlauf der Genesung wider.
Das St. Josef Krankenhauses in Moers stellte bereits seine Erfahrungen im Umgang mit der
Dokumentation und der PPR-Erhebung (Pflege-Personal-Regelung) in „Der Pfleger/Die
Schwester“ vor. Die Anforderungen an die Dokumentation haben sich seitdem verändert. Sowohl der Gesetzgeber als auch die Kostenträger stellen immer wieder neue Ansprüche. Parallel dazu sind vom Deutschen Netz für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) die Nationalen Expertenstandards entwickelt worden. Damit sind nachvollziehbare und überprüfbare
Qualitätsparameter vorgegeben, welche die Pflegeereignisse messbar und bewertbar machen.
Orientiert sich das pflegerische Handeln daran, ist man auf der rechtlich sicheren Seite. Auch
die Dokumentation muss den entwickelten Standards angepasst werden. Die im St. Josef
Krankenhaus für den Pflegealltag entwickelte Dokumentation dient als Grundlage für ein umfangreiches Riskomanagement. Die Basis dazu bildete die bestehende Dokumentation in der
mit Hilfe der Waterlow-Skala das Dekubitusrisiko ermittelt und entsprechend in die Pflegeplanung aufgenommen wurde. Die weiteren pflegerischen Risiken (Thrombose, Pneumonie
usw.) wurden individuell von der den Patienten aufnehmenden Pflegekraft in die Pflegeplanung aufgenommen.
Die pflegerische Risikoeinschätzung
Als klassische Risikoerhebung gilt die Einstufung des Dekubitusrisikos mithilfe einer Skala
z.B. Norten-Skala, erweiterte Norten-Skala, Waterlow-Skala, Braden-Skala. Die hausinterne
Arbeitsgruppe „Pflegedokumentation“ hat die Risikoerhebung um die pflegerischen Themen
„Ernährung“ und „Sturzrisiko“ erweitert und das Entlassungsmanagement mit einbezogen. In
der Risikoeinschätzung gibt es Skalen zur Bemessung der jeweiligen Risiken.
Das Dekubitusrisiko
Das Dekubitusrisiko wird mittels der Waterlow-Skala ermittelt. Aus der Waterlow-Skala leiten sich drei Risikograde ab. Bei bestehendem Risiko wird eine entsprechende Spezialmatratze eingesetzt. Die Bewegungsförderung und Lagerung des Patienten wird dem individuellen
Bedarf entsprechend geplant und ausgeführt. Die pflegerische Dokumentation findet auf dem
dafür vorgesehenen Formular statt. Besteht ein Risiko so gibt es einen Standard für das weitere pflegerische Handeln. Angemessen an die Höhe und die Art des Dekubitusrisikos gibt es
Risikoerfassung_Pflegedokumentation.doc
farblich codierte Matratzen und Auflagensysteme zur Dekubitusprophylaxe. Mit den Patienten und seinen Angehörigen wird der im Haus entwickelte Flyer zum Thema „Dekubitus“
besprochen. In diesem Flyer sind Hinweise zur Entstehung, zu Risiken und zur Prophylaxe
des Dekubitus zusammengefasst.
Die Ernährungssituation
Die Ernährung des Patienten spielt eine zentrale Rolle. In Folge von Krankheit, Behinderung
und Alter kommt es häufig zu Störungen im Bereich Essen und Trinken. Die Ernährung trägt
zum Wohlbefinden bei. Es ist bekannt, dass die Menge im Ess- und Trinkverhalten bei einem
stationären Aufenthalt nach kurzer Zeit immer weiter abnimmt. Dies betrifft im besonderen
schwer kranke und betagte Menschen. Es werden die ernährungsrelevanten Probleme wie z.B.
ungewollter Gewichtsverlust, dementielle Veränderungen, Appetitlosigkeit und Wundheilungsstörungen eingeschätzt. Außerdem wird der Body-Mass-Index (BMI) ermittelt. Der BMI
wird altersentsprechend gewichtet. Mit steigendem Lebensalter sollte auch der BMI-Wert
angepasst werden. Trifft einer der Punkte zu, findet sich im Standard wieder, welche Handlung zu erfolgen hat. Auf jeden Fall wird ein Ess- und Trinkprotokoll angelegt. Die gegessene
und getrunkene Menge des Patienten wird für die ersten drei Tage dokumentiert, und es werden die bevorzugten Speisen und Getränke des Patienten festgehalten. Ab dem vierten Tag bis
zur Entlassung wird die Menge jeder Mahlzeit und die Trinkmenge in einem Ess- und Trinkverlaufsprotokoll dokumentiert. Somit ergibt sich eine umfassende Ist-Analyse. Bei erkannten
Defiziten wird adäquat gehandelt. Dazu zählen z.B. die Wunschkost und die Bereitstellung
bilanzierter hochkalorischer Nahrungsergänzung.
Das Sturzrisiko
Der alte Mensch im Krankenhaus oder in einer Pflegeinrichtung ist aufgrund des Ortswechsels, der Veränderung seines sozialen Umfeldes und wegen seiner Erkrankung gefährdet zu
stürzen. Um dieses Risiko direkt bei der Aufnahme des Patienten zu erkennen, wird er mit der
Sturzrisikoskala nach Henderson (diese findet sich auch in dem nationalen Expertenstandard
„Sturzprophylaxe“) kategorisiert. Weiterhin sind wesentliche Faktoren, die das Sturzrisiko
erhöhen, in der Pflegeanamnese aufgeführt. Bei bestehendem Risiko wird nach dem Standard
vorgegangen. Die Pflegekraft informiert den Betroffenen und dessen Angehörige über das
Sturzrisiko und händigt den Sturzflyer aus. In diesem Flyer sind Hinweise zur Entstehung, zu
Risiken und zur Prophylaxe des Dekubitus zusammengefasst. Falls es zu einem Sturz kommt,
wird ein detailliertes Sturzereignisprotokoll erstellt. Seit November 2003 gibt es zusätzlich
eine hausinterne Sturzstatistik. Hier sind unter anderem die Zeit, die Ursache und die Folgen
des Sturzes differenziert erfasst. Aus dieser Statistik ist abzulesen auf welchen Stationen und
zu welchen Uhrzeiten bestimmte Sturzereignisse gehäuft stattfinden. Diese Ursachen werden
durch interne Fortbildungen und durch mögliche Organisationsveränderungen so weit wie
möglich behoben.
Risikoerfassung_Pflegedokumentation.doc
Das Entlassungsmanagement
Damit es bei der Entlassung der Patienten keine Verzögerungen gibt, ist ein Entlassungsmanagement im St. Josef Krankenhaus eingerichtet worden. Direkt bei der Aufnahme der Patienten wird der zu erwartende poststationäre Pflegeaufwand eingeschätzt. So werden zeitnah die
benötigten Hilfsmittel beantragt. Es wird eine geeignete Struktur für die weitere poststationäre
Versorgung der Patienten organisiert, und es wird, bei Einhaltung der vorgegebenen Fristen,
eine angemessene Pflegestufe beantragt.
Risikoeinschätzung
Jeder Patient wird bei der Aufnahme innerhalb von 30 Minuten durch pflegefachlichen Sachverstand und mittels der unterschiedlichen Skalen auf die verschiedenen Risiken eingeschätzt.
Zur kontinuierlichen Folgeerhebung wird die Risikoeinschätzung alle sieben Tage und bei
Verlegungen oder bei gravierenden Veränderungen des Patientenzustandes neu erhoben.
Hierzu gibt es ein zentrales Formular. Über die ermittelten Risiken wird der behandelnde Arzt
informiert. Die in der Pfleganamnese festgestellte Situation und die ermittelten Risiken bilden
die Grundlagen der Pflegeplanung. Daraus leitet sich das pflegerische Handeln ab. In alle beschriebenen pflegerischen Maßnahmen sind die Patienten und die Angehörigen einbezogen.
Die Pflegeplanung
Seit der Einführung der geplanten Pflege gibt es Diskussionen über den Umfang und den
Grad der Ausdifferenzierung der Pflegeplanung. Einige Autoren der Lehrbücher sprechen von
der didaktischen (in der Krankenpflegeschule) und der praktischen (auf der Station) Pflegeplanung. Bei kontinuierlich verringerten Verweilzeiten, diese liegen naturgemäß in der intensivsten Krankheitsphase der Patienten, braucht man eine Pflegeplanung und Pflegedokumentation die übersichtlich ist, aber alle nötigen Informationen beinhaltet. Im St. Josef Krankenhaus wird deswegen die Pflegeplanung und die Dokumentation der erbrachten pflegerischen
Leistungen auf einem gemeinsamen Formular festegehalten. Erst bei längeren Krankenhausaufenthalten und bei komplexen Pflegesituationen wird eine differenzierte Pflegeplanung erstellt. Die Pflegeplanung wird am St. Josef Krankenhaus alle sieben Tage evaluiert.
Die Pflegebereichsleitervisite
Alle Veränderungen, die im Formularwesen, bei der Pflegeorganisation oder bei der Durchführung dienen letztendlich der Verbesserung der Ergebnisse der pflegerischen Leistungen.
Die werden bei den Pflegebereichsleitervisiten kontrolliert und dokumentiert. Die Pflegebereichsleitervisiten werden von einem Bereichsleiter, einem Mitarbeiter der Station und dem
Leiter der innerbetrieblichen Fortbildung durchgeführt. Sie sichten die Pflegedokumentationen von zwei Patienten. So wird gewährleistet, dass die Situation der Patienten in der Dokumentation sach- und fachgerecht abgebildet ist. Nach der Visite wird im Gespräch der KenntRisikoerfassung_Pflegedokumentation.doc
nisstand der Mitarbeiter in Bezug auf z.B. die Dekubitus- und Sturzprophylaxe festgestellt
und eventueller Nachschulungsbedarf eruiert. Die Pflegebereichsleitervisite findet in einem
Rhythmus von vier bis sechs Wochen pro Station statt.
Externe Überprüfungen
Die eigene Wahrnehmung kann durch „Betriebsblindheit“ getrübt sein. Um dem entgegenzutreten, ist ein Benchmarking in Form von Audits sinnvoll. Wir sind diesen Schritt gegangen
und haben u.a. bei den CLINOTEL-Audits wichtige Rückmeldungen erhalten wo unsere Stärken und Schwächen liegen.
Fazit aus Sicht des Pflegemanagements
Die Kosten im Gesundheitssystem machen es notwendig, qualitativ hochwertig und trotzdem
schnell und effizient zu arbeiten. Denn auch Fehler in der pflegerischen Versorgung reißen
Löcher in das Krankenhausbudget. Die Risiken, die Patienten mitbringen, müssen daher frühzeitig erkannt werden. Die Patientensicherheit hat oberste Priorität.
Mit den Expertenstandards und den damit verbundenen neuen Anforderungen an die Berufgruppe Pflege müssen wir weiterhin offen umgehen. Die Thrombose-, Pneumonie- und Kontrakturenprophylaxe wird zurzeit im Rahmen der Pflegeplanung bearbeitet. Für die Arbeitsgruppe „Entwicklung der Pflegequalität im St. Josef Krankenhaus“ heißt das, die Pflegedokumentation so weit zu entwickeln, dass auch diese Pflegeprobleme für jeden Patienten erfasst und der Grad des Risikos beurteilt werden können. Darüber hinaus werden Informationsmaterialien für die Patienten und ihre Angehörigen entwickelt und in den Pflegalltag eingebunden, so dass der Patient und seine Angehörigen jederzeit über die pflegerischen Risiken
informiert sind.
Muss in Zeiten von allgemeinem Personalabbau im Krankenhaus, steigender Patientenzahlen
mit immer höherem pflegerischen Aufwand und steigenden Anforderungen an die pflegerische Dokumentation diese Risikoeinschätzung auch noch zusätzlich wirklich sein? Um eine
professionelle Pflege zu gewährleisten, die Patientensicherheit zu erhöhen und die Mitarbeiter
vor Fehlern zu schützen, ist es unabdingbar zu Beginn des Krankenhausaufenthaltes eine umfassende Risikoerhebung schriftlich zu fixieren. Nur wenn die Pflegerisiken für alle Beteiligten (Patienten, Angehörige, Pflegekraft, Arzt) professionell erhoben werden und somit transparent sind, können wirksame Maßnahmen ergriffen werden.
Die Verfasser:
Michael Roitzsch:
Michaela Weigelt:
Oliver Wittig:
Leitung der Abteilung Innerbetriebliche Fort- und Weiterbildung
Pflegerische Bereichsleitung
Pflegedienstleitung
Risikoerfassung_Pflegedokumentation.doc
Anschrift:
St. Josef Krankenhaus GmbH Moers
Asberger Str. 4
47441 Moers
Telefon : 0 28 41 / 107 1
E-Mail: [email protected]
www.st-josef-moers.de
Risikoerfassung_Pflegedokumentation.doc
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